Sonntag, 31. Dezember 2023

Thomas Seyfried: Cancer as a Metabolic Disease

Mein Gewicht heute früh nach zwei nicht zusammenhängenden Fastentagen diese Woche, der zweite davon vorgestern: 79,3 Kilogramm. Zu meinem Verdruß fing ich den ersten dieser beiden Fastentage doch wieder mit einem Gewicht über 80 Kilogramm an, nämlich mit 80,2. Das waren 2,8 Kilogramm mehr als vor dem letzten langen Fastenintervall in der Low-Carb-Phase, eigentlich hätte ich mit maximal 2 Kilo wasserbedingter Zunahme gerechnet. Ich glaube allerdings nicht, daß diese 2,8 Kilogramm auch eine nennenswerte "echte" Zunahme enthalten, denn dafür war meine Abnahme an den einzelnen Fastentagen, die ja auch vor allem aus Wasser besteht, mit 2,3 und 1,9 kg jeweils am Tag nach dem Fasten meinem Gefühl nach zu hoch. Eigentlich hatte ich auch mit einer so hohen Gewichtsschwankung nicht gerechnet.

Na ja, im Grunde ist das halb so wild, nicht mehr als ein kleiner Schönheitsfehler kurz vor dem Endspurt. Mit allem unter 80 (also auch 79,9, 300 Gramm weniger, als ich tatsächlich maximal hatte) wäre ich voll und ganz zufrieden gewesen und hätte einen Haken an das erreichte Ziel gemacht, und den Herbst über sah es ja ohnehin lange Zeit gar nicht so aus, als könnte ich es erreichen. Ich konnte mein Glück ja gar nicht fassen, als ich zum Ende der LC-Phase doch noch nach vier Fastentagen erstmals weniger als die angestrebten 73,5 Kilogramm wog. Jetzt lasse ich mich mal überraschen, ob ich am Dienstag, dem ersten Fastentag im neuen Jahr, die 80 wieder überschreiten werde oder das doch eine Überreaktion auf die Ernährungsumstellung gewesen ist. Und da ich in der zweiten Januarwoche mein erstes langes Fastenintervall habe und in der Woche darauf wieder Low Carb starten werden, ist die 80 sowieso bald nur noch Geschichte. 

Letztes Jahr habe ich LC mit einem Startgewicht von 91,6 Kilogramm begonnen. Diesmal liege ich so oder so mehr als zehn Kilo darunter, und das hätte ich letzten Januar nicht zu hoffen gewagt.

Ein anderes wichtiges Ziel habe ich außerdem auch noch erreicht: Ich habe glücklicherweise genügend Muße gehabt, um das Buch von Thomas Seyfried fertigzulesen. Damit ich das, wie gehofft, noch vor dem Jahreswechsel abschicken kann, hier ohne weitere Vorreden, was ich daraus mitgenommen habe: 

Thomas Seyfried: Cancer as a Metabolic Disease

Krebs als Erkrankung der Gene?

"Krebs ist eine Krankheit der Gene", schreibt das Deutsche Krebsforschungszentrum, und die Deutsche Krebsgesellschaft ergänzt: "Die Entstehung von Krebs ist ein komplexer Vorgang. ... Der Ausgangspunkt von Krebserkrankungen ist das Erbgut. In den Genen, den Trägern der Erbanlagen, entstehen Schäden, die nicht mehr repariert werden können. ... Zwischen Onkogenen und Tumorsuppressorgenen entsteht dann ein Ungleichgewicht, das ein unkontrolliertes Wachstum von Zellen nach sich zieht. ... Die Ursache für die Krebsauslösung ist jeweils eine Änderung des Erbguts oder der Regulation der entsprechenden Gene."

So stellt die Fachwelt uns wissensdurstigen Normalsterblichen derzeit dar, was auf Zellebene geschieht, wenn jemand Krebs bekommt. Diesen Vorgang exakt genug zu dechiffrieren, um daraus therapeutische Lösungen zu entwickeln, die zu einer Heilung beitragen, ist einstweilen aber noch nicht so richtig geglückt. Fortschritte in Sachen Krebs werden eher in anderen Bereichen aufgezählt:

  • Prävention: durch Verbot oder Vermeidung von erkannten und vermuteten Kanzerogenen wie Tabakrauch, Asbest und anderem und Bekämpfung von Viren, die krebsauslösend sein können, etwa Helicobacter pylori (Magenkrebs) oder HPV-Impfung (Gebärmutterhalskrebs)
  • Screenings: zur möglichst frühzeitigen Erkennung bestimmter Krebsarten, etwa Brustkrebs oder Darmkrebs, mit dem Ziel, Krebserkrankungen erfolgversprechender behandeln zu können
  • Antikörpertherapien (einschlägige Subtanzen erkennbar an der Endung "-mab" für "monoclonal antibodies": Trastuzumab, Pembrolizumab ...): einstweilen allerdings bei einem beträchtlichen Teil der Krebsarten noch ohne Verbesserung des Überlebens - hier kommt aber weiterhin immer wieder Neues hinzu
  • Downsizing: Die Abkehr vom Prinzip "Viel hilft viel" bei der Dosierung der Chemotherapie verringert Nebenwirkungen und zusätzliche Schäden, die erst durch die Behandlung einer Krebserkrankung entstehen
  • Wechsel der Chemotherapie-Substanzen nach einigen Zyklen: verringert die Chancen der Tumorzellen, sich an eine Substanz anzupassen

Das meiste davon sind allerdings eher Optimierungen von Herangehensweisen, die es grundsätzlich schon lange gibt, als echte Innovationen. Nur die Antikörpertherapien stellten vor etwa einem Vierteljahrhundert einen (seitdem ebenfalls ständig in der Wirkung verbesserten) therapeutischen Durchbruch dar, der vor allem die Behandlung von Melanomen und des HER2-positiven Brustkrebs sehr viel erfolgversprechender gemacht hat. Was die Prävention betrifft, klopft man sich aber nach wie vor wegen der Rückgänge beim Lungenkrebs selbst auf die Schulter, während andere Krebsarten ständig mehr werden und beunruhigenderweise ausgerechnet bei jüngeren Menschen die Krebsinzidenz insgesamt zunimmt, und zwar weltweit. Die Wirkung des Screenings auf die Überlebensaussichten wiederum kann man mit dem einen oder anderen Fragezeichen versehen. Die merkwürdige Entwicklung der Brustkrebsinzidenz seit dessen Einführung und was sie möglicherweise bedeuten könnte, habe ich in früheren Beiträgen bereits angesprochen. 

Die Entschlüsselung des menschlichen Genoms, von dem sich die Forschung so viel versprochen hatte, hat hingegen einstweilen nur in einem sehr speziellen Ausnahmefall die erhofften Durchbrüche gebracht. Die Erkenntnis, daß das BRCA-Gen mit einem besonders hohen Risiko für Brust- und Eierstockkrebs verbunden ist, bietet dagegen keinen echten therapeutischen Ansatzpunkt, sondern stellt vor allem (noch) gesunde Trägerinnen dieses Gens vor dieselbe unangenehme Wahl wie vor einigen Jahren auch Angelina Jolie. Insgesamt machen die Krebserkrankungen mit irgendwelchen genetischen Ansatzpunkten außerdem nur einen winzigen Bruchteil aller Krebsfälle aus. Irgendwie kommt man in dieser Richtung also nicht so recht weiter. 

Krebs als Erkrankung des Stoffwechsels?

Der Biologe Prof. Thomas Seyfried (Boston College, USA) vertritt die Auffassung, man sei mit der Suche nach Behandlungsansätzen in dieser Richtung sowieso auf dem Holzweg. Vor mehr als zehn Jahren, 2012, publizierte er ein Buch, in dem er eine andere Krebsentstehungstheorie vertritt: "Cancer as a Metabolic Disease", also "Krebs als Stoffwechselerkrankung". Merkwürdig, daß ich erst vor etwa einem halben Jahr auf ihn gestoßen bin und noch dazu von meinem Mann auf ihn aufmerksam gemacht werden mußte, denn man sollte eigentlich erwarten, daß es über seine Annahmen in Wissenschaft wie Gesellschaft eine lebhafte Debatte gibt. Falls es das intern in der Krebsforschung geben sollte, ist es bislang allerdings unter meinem Radar geblieben, obwohl ich seit meiner Krebsdiagnose ja großes Interesse an aktuellen Entwicklungen habe. Noch eigenartiger kommt es mir aber vor, daß sogar in der Keto-Szene relativ wenig von ihm die Rede ist und ich nicht einmal dort darauf gestoßen bin, obwohl die theoretischen Grundlagen beider Bereiche so gut zusammenpassen würden, daß alleine dies mir schon nahelegte, mich näher mit Seyfrieds Buch zu befassen.

  • Erstens ahnt man bei einem solchen Ansatz gleich einen Zusammenhang zwischen Krebs und anderen Stoffwechselerkrankungen, von Adipositas über Diabetes und den zugehörigen Folgeerkrankungen ... zu denen bekanntlich auch Krebs gehören kann. 
  • Zweitens umfassen Seyfrieds Vorschläge einer darauf basierenden therapeutischen Herangehensweise unter anderem auch genau die Ernährungsweise, von deren Wirkung auf meinen Stoffwechsel ich mich bereits persönlich überzeugen konnte. Das macht den Gedanken, daß dieselbe Ernährung auch noch weitere gesundheitlich nützliche Wirkungen haben könnte, ziemlich naheliegend.
  • Drittens besteht der besondere Charme von Seyfrieds Erklärungsansatz darin, daß plötzlich vieles von dem, was Krebs so schwer zu verstehen und damit auch so beängstigend macht, auf einmal eine rationale Erklärung und darauf basierende Handlungsmöglichkeiten fände.

Falls Thomas Seyfried mit seiner Theorie richtig liegen sollte, bekäme man meiner Meinung nach eine Grundlage, um Krebs zu einer "normalen" Krankheit zu machen, gegen die man normal vorsorgen und die man normal bekämpfen und vor der man sich - ja, natürlich - auch normal fürchten kann. Ungefähr so, wie vor einer Blinddarmentzündung oder Herzrhythmusstörungen. Also ohne all diese irrationalen Versatzstücke, die trotz aller Bemühungen, sie wissenschaftlich wirken zu lassen, mich immer ein bißchen an Geisterbeschwörungen erinnern. Auch Dr. Rainer Klement hat es in seinem Buch über Krebs ja nicht lassen können, seine Leser auch mit solchen Dingen zu langweilen, obwohl er in anderen Teilen dann wieder den stocknüchternen und völlig rational auf Ursachen und Wirkungen fokussierten Seyfried zur Grundlage seiner eigenen Annahmen gemacht hatte. 

Das ist nämlich der große Unterschied zwischen Seyfried und Klement: Seyfried argumentiert ausgehend von einer von ihm angenommenen maßgeblichen Ursache hin zu den daraus logisch resultierenden verschiedenen Wirkungen und wie man im Fall einer daraus entstehende Krebserkrankung steuernd in sie eingreifen kann, um die Krankheit wirksam zu behandeln. Es ist möglich und sogar ziemlich wahrscheinlich, daß er sich im Lauf der Zeit noch in manchen Details korrigieren und seine Annahmen anpassen muß, aber alles, was er sagt, ist in sich so logisch, daß es für mich auch in ästhetischer Hinsicht etwas Befriedigendes hatte, mich damit vertraut zu machen. Klement ist diese Erklärung aus einem Guß nicht gelungen. Vor allem seine evolutionsbiologische Erklärung und dieser ganze spirituelle Kram stecken so sehr voller innerer Widersprüche und an manchen Stellen wohl auch Wunschdenken, daß ich davon Kopfschmerzen und üble Laune bekomme.

Die Gentheorie hat ebenfalls nichts dazu beigetragen, die irrationalen Elemente im Bild, das man von Krebserkrankungen hat, zu verringern, eher im Gegenteil, und alleine schon deshalb würde ich ihr keine Träne nachweinen, falls man sie tatsächlich einstampfen könnte. Alles daran ist nahezu undurchschaubar, auch wenn ihre Verkünder gerne so tun, als hätten sie genau verstanden, wie das alles funktioniert, und dies mit so viel hohepriesterlichem Gehabe vortragen, daß die meisten Leute, obwohl sie bei deren Erklärungen nur Bahnhof verstehen, überzeugt davon sind, die Experten selbst wenigstens würden die Sache ganz genau durchschauen. In Wirklichkeit verstehen aber auch die Experten natürlich nur Bahnhof. Wäre es anders, dann hätte es ihnen mittlerweile ja gelingen müssen, auf Basis ihrer Erklärungen auch Therapien zu entwickeln, durch die Krebspatienten geheilt werden können. Die spannende Frage dabei: Liegt das nun daran, daß die Sache so kompliziert ist, oder müßten sie, wie Seyfried das behauptet, ihre Annahmen erst einmal vom Kopf auf die Füße stellen? 

Legt man die aktuell für richtig gehaltenen Annahmen aus obigen Zitaten zugrunde, lösen Kanzerogene Krebs aus, indem sie in die Zelle eindringen und mit unserem Erbgut irgendwelche merkwürdigen Dinge anstellen, bei denen dann außerdem bei zwei verschiedenen Personen mit gleicher Art von Tumor ganz unterschiedliche Genveränderungen herauskommen können. Warum das so ist, kann einem keiner dieser Experten erklären. Thomas Seyfried setzt im Gegensatz dazu an der einen Sache an, die alle Tumore trotz der Verschiedenheit ihrer Genmutationen gemeinsam haben: Praktisch immer weisen ihre Zellen (in mehr oder weniger hohem Umfang) beschädigte Mitochondrien auf. Das bestreitet übrigens auch niemand, es gilt allerdings in der aktuell gültigen Aufassung als Folge der Genmutationen. Aber eigentlich ist der Gedanke naheliegend, daß sich in der Art von Schäden, die alle Arten von Krebszellen aufweisen, auch die Ursache von Krebs verbergen müßte.

Wer ist das eigentlich: Thomas Seyfried?

Seyfried ist Biologieprofessor am Boston College. Dort forscht er vor allem zum Thema Krebs als Stoffwechselerkrankung. Als Wissenschaftler hat er eindeutig keinen Außenseiterstatus, vertritt keine abgehobenen esoterischen Vorstellungen und ist Autor von mehr als 150 wissenschaftlichen Fachartikeln. Ein Mediziner ist er also nicht und behandelt auch nicht persönlich Patienten, allerdings arbeitet er mit einigen Ärzten zusammen, etwa die Ärzte einer Istanbuler Klinik, die ich weiter unten verlinkt habe. Falls sich nicht in den letzten zwei, drei Jahren die Dinge dramatisch geändert haben sollten, werden auch bis heute Krebspatienten nirgends exakt so behandelt, wie es gemäß seiner Annahme optimal wäre. Die von ihm für richtig gehaltene Herangehensweise basiert nämlich nicht auf praktischen Erfahrungen mit Patienten, sondern auf einer durch seine biologischen Forschungsergebnisse (Labor- und Tierversuche) gestützten Theorie, nach deren innerer Logik sie erfolgreich angewandt werden können sollte. 

Das ist wichtig zu wissen, denn genau hierin - und obwohl gerade das mir besonders gut an der Sache gefällt - kann sich auch ein Pferdefuß in der ganzen Sache verbergen. Die innere Logik kann, genau wie die der Kalorienlogik, völlig einleuchtend wirken, aber dennoch Fehlschlüsse enthalten, die sich erst auftun, wenn bei der praktischen Anwendung andere Ergebnisse herauskommen, als sie der Theorie nach eigentlich zu erwarten gewesen wären. Es ist also keineswegs fahrlässig, daß sich die Krebsbehandler nicht sofort mit Hurrageschrei auf Seyfrieds Theorie gestürzt und sie umgehend flächendeckend eingesetzt haben, denn so etwas kann natürlich auch böse ins Auge gehen. Es wäre auch übertrieben, zu behaupten, daß seine Argumente gänzlich ungehört verhallen würden, denn tatsächlich werden viele Elemente seiner Arbeit in anderen, auf therapeutische Einsatzmöglichkeiten abzielenden Forschungen wieder aufgegriffen und die Wirkung auf die Krebsbehandlungsleitlinien kann dann auch noch aus diesen Richtungen kommen. Trotzdem wären im therapeutischen Einsatz manche Dinge ohne übermäßig hohe Risiken für die Patienten und mit wenig Aufwand erprobbar. Was da bislang zustandegekommen ist, finde ich tatsächlich unbefriedigend wenig.

Es gibt dennoch bereits Ärzte und Kliniken, die Seyfrieds Grundannahmen aufgegriffen haben und in kleineren oder größeren Teilen umsetzen, je nach eigener Traute und den Spielräumen innerhalb der im betreffenden Land geltenden Behandlungsvorschriften. Daß speziell in Deutschland in der Uniklinik Würzburg und dem Städtischen Krankenhaus Leopoldina in Schweinfurt der eine oder andere im Prinzip aufgeschlossen für Seyfrieds Annahmen zu sein scheint, konnte ich dem kürzlich rezensierten Buch von Dr. Rainer Klement entnehmen, der in beiden Kliniken auch bereits selbst tätig war. Klement selbst scheint neuerdings leider eher in Richtung Esoterik davonzuschweben und als Heilpraktiker künftig primär Patienten behandeln zu wollen, die im Großen und Ganzen noch gesund sind, aber Angst davor haben, irgendwann vielleicht Krebs zu bekommen, und seine Herangehensweise ist dabei m.E. auch nur in manchen Teilbereichen überzeugend.

Falls jemand noch weitere Ärzte und/oder Kliniken kennt, die den Seyfriedschen Ansatz kennen und bereit sind, Patienten bei dessen Anwendung bestmöglich zu unterstützen -> bitte unter dem Blogbeitrag in die Antworten schreiben, denn bestimmt freut sich irgendwann mal jemand darüber, den es bei der Suche nach genau solchen Informationen in mein bescheidenes Blog verschlagen hat. Ich jedenfalls hätte mich gefreut, wenn ich letzten Herbst so etwas gefunden hätte.

Auf die Rolle des Stoffwechsels bei Krankheiten stieß Seyfried nach Abschluß seines Studiums in den siebziger Jahren, als er sich zunächst mit Epilepsie befaßte, die vor der Entwicklung von wirksamen Medikamenten erfolgreich mit ketogener Ernährung behandelt werden konnte, ein Konzept, das vorübergehend in Vergessenheit geraten war, mittlerweile aber in bestimmten Fällen, vor allem bei Kindern mit schweren Epilepsieleiden, wieder angewandt wird. Aus dieser Forschungsrichtung heraus gelangte er im Lauf der Zeit in den Bereich Krebs und zu der Überzeugung, daß es sich dabei um eine Erkrankung des Stoffwechsels handelt. 

Daß in der Arbeit von Thomas Seyfried ein Bindeglied zu anderen möglichen Anwendungen von ketogener/Low-Carb-Ernährung und/oder Intervallfasten fehlt, ist ein bißchen schade, aber nachvollziehbar: Die Forschung an Krebs sollte eine Wissenschaftler-Berufsbiographie ja leicht auch alleine füllen können. Trotzdem habe ich das Gefühl, daß hier ein gedanklicher Schritt in die Gegenrichtung - die Krebs-Risikofaktoren und welche anderen Gesundheitsrisiken mit ihnen noch verbunden sind - gefehlt hat, so, wie Jason Fung, der mit Intervallfasten als therapeutische Möglichkeit für seine Arbeit als Nephrologe begonnen hat, dadurch auf Diabetes, Adipositas und schließlich auch Krebs gekommen ist und sich in jedes dieser neuen Themen mit derselben Intensität neu eingefuchst zu haben scheint. Mich berührte es unangenehm, daß Seyfried im Gegensatz dazu die Bedeutung dieses Zusammenhangs gar nicht erkannt zu haben scheint und beispielsweise in der Frage, wie Adipositas als Krebspräventionsmaßnahme zu bekämpfen sei, an einer Stelle wortwörtlich das Dogma "Eat less, move more" nachbetet, mit dem man dauerhafte Gewichtsreduktionen ja sowieso nur sabotieren kann. 

Es wäre sicherlich zuviel verlangt, daß Thomas Seyfried sich nun auch noch die Präventionsfrage auf die eigenen Fahnen schreibt, aber man möchte sich doch wünschen, daß er sich mit der Frage auseinandersetzt, welche Präventionskonzepte eigentlich zu seiner Krebstheorie passen würden und welche nicht, und wer die Leute sind, die sie vertreten.

Was ist das eigentlich: Mitochondrien?

Die Mitochondrien erzeugen innerhalb jeder einzelnen Körperzelle aus Nährstoffen und Sauerstoff die Energie, durch die wir am Leben erhalten werden. Sie werden deshalb gerne als das zelleigene Kraftwerk bezeichnet. Die Energieerzeugung innerhalb der Zelle ist ein streng reguliertes System: Wenn die Menge der erzeugten Energie nicht dem Bedarf entspricht, droht der Zelltod. Wird sehr schnell zusätzliche Energie benötigt (etwa bei großen körperlichen Anstengungen), können die Zellen neben der üblichen "Verbrennung" mit Sauerstoff (Fachausdruck: "oxidative Phosphorylierung", abgekürzt OxPhos) deshalb auch auf eine zweite Möglichkeit zurückgreifen, die Glykolyse ("Fermentierung"), für die kein Sauerstoff, aber dafür besonders viel Glukose benötigt wird. Ein Abfallprodukt der Glykolyse ist Milchsäure (Laktat), die bei Verbrennung nicht entsteht. Der Vorteil der Fermentierung besteht darin, daß die Energieerzeugung besonders schnell einsetzt. Dem steht als Nachteil gegenüber, daß dabei eine geringere Menge Energie als mit der Verbrennung erzeugt wird. Deshalb werden knapp 90 Prozent der Energie im menschlichen Organismus durch die viel effizientere Verbrennung erzeugt. Die Glykolyse ist eine Art Zusatzgenerator, der nur in bestimmten Situationen angeworfen wird, wenn die benötigte Energiemenge sonst nicht ausreichen würde.

Krebszellen verhalten sich aber anders als normale Zellen. Sie erzeugen ihre Energie trotz der geringeren Effizienz dieser Methode überwiegend bis vollständig durch Fermentierung von Glukose, also ohne Zuhilfenahme von Sauerstoff, und zwar auch dann, wenn durch eine sauerstoffreiche Umgebung die Rahmenbedingungen für Verbrennung eigentlich viel günstiger wären. Nach seinem Entdecker, dem deutschen Biochemiker Otto Warburg, wird dies als "Warburg-Effekt" bezeichnet. Auch in diesem Fall entsteht Laktat als Abfallprodukt. Thomas Seyfrieds Arbeit baut auf der Annahme des Nobelpreisträgers Warburgs auf, daß Krebszellen sich deshalb so verhalten, weil sie wegen einer Beschädigung der Mitochondrien den Sauerstoff gar nicht nutzen können, also gezwungen sind, auf Glykolyse auszuweichen, um den durch ein Energiedefizit drohenden Zelltod zu vermeiden. 

Eine Zelle, die sich in eine Krebszelle verwandelt hat, wird auf diese Weise zu einer Art Zombie: Normale Zellen können nur eine begrenzte Anzahl Zellteilungen vornehmen, bevor sie sterben. Für Krebszellen gilt das aber nicht. Sie sind gewissermaßen unsterblich und könnten sich im Prinzip bis zum Jüngsten Tag immer weiter teilen und dabei immer wieder neue exakte Kopien von sich selbst herstellen, wenn sie uns auf diese Weise nicht früher oder später umbringen würden. Denn in einem sonst so streng regulierten System wie einem menschlichen Organismus, wo jede Zelle ihren richtigen Platz einnehmen, sich nur auf Befehl teilen und in der abgemessenen Zeit sterben sollte, nehmen die ständig wachsenden Zusammenballungen von unsterblichen Krebszellen anderen Zellen den Platz weg, und früher oder später behindern sie damit die Funktion lebenswichtiger Organe. Übersteigt das gewisse Ausmaße, hören diese Organe irgendwann ganz auf zu funktionieren. Und daran stirbt man dann. 

Daß der Krebs dabei unweigerlich selbst mitstirbt, weil es ja in Wirklichkeit eine ganz dumme Idee von einem im Prinzip Unsterblichen ist, ausgerechnet die Person umzubringen, von der sein eigenes Überleben dennoch abhängt, geschieht ihm zwar ganz recht, ist aber irgendwie kein so richtiger Trost. 

Ist der Warburg-Effekt längst widerlegt?

Otto Warburgs Ansichten waren von Beginn an umstritten. Schon zu seinen Lebzeiten gaben sich die Gegner seiner Hypothese alle Mühe, die von ihm aufgeworfenen Fragen im Wissenschaftsbetrieb gar nicht erst Fuß fassen zu lassen. Das ist wohl auch der Grund dafür, warum bis heute so viele Wissenschaftler und Mediziner sich daran zu erinnern glauben, Warburg sei doch "schon lange widerlegt", und abwinken, wenn die Sprache auf den Warburg-Effekt kommt. Tatsächlich ist die Frage nach dem Warburg-Effekt ein Schachtelteufelchen: In jeder Wissenschaftlergeneration zaubt sie irgendwer wieder neu aus seinem Zylinder. Aktuell ist es Thomas Seyfried, der sie ein weiteres Mal neu aufgeworfen hat. Er ist nicht der Meinung, daß Warburg widerlegt werden konnte. Ein großer Teil seines Buches umfaßt seine Beweisaufnahme in dieser Sache: 

  • Beweismaterial aus der Wissenschaft (eigene Arbeiten wie auch frühere Studien), das für seine Mitochondrien-Theorie spricht
  • Beweismaterial, das gegen die aktuell vertretene Gen-Theorie spricht
  • Beweismaterial, das zwar für die Gen-Theorie vorgebracht wurde, aber dennoch die Mitochondrien-Theorie ebensowenig ausschließt

Das umfaßt beispielsweise etliche Male den Vorwurf fehlerhafter Versuchsanordnungen beim Versuch, Warburg zu widerlegen. Beispiele: in einem Fall sei ein Mäusetumor mit menschlichem gesundem Gewebe, in einem anderen seien zwei verschiedene Tumoren zwar miteinander, aber nicht mit gesundem Gewebe verglichen worden. Oder es sei darauf verzichtet worden, die Energieerzeugung des Gewebes sowohl in sauerstoffarmer als auch sauerstoffreicher Umgebung zu überprüfen. Warburg-Gegner sollen außerdem selektiv nur Studien zitiert haben, die ihre Annahmen bestätigten, und Indizien für das Gegenteil ignoriert oder heruntergespielt. In einer ganzen Reihe von Fällen hält Seyfried mindestens eine Wiederholung von Versuchen für erforderlich, bei denen bestimmte nicht berücksichtigte Fragen mituntersucht werden müßten, um auf Basis der Ergebnisse den Warburg-Effekt beurteilen zu können.

Auch die am plausibelsten erscheinenden Einwände der Warburg-Gegner hält Seyfried näher betrachtet nicht für stichhaltig. So gab es beispielsweise eine Reihe von Untersuchungsergebnissen, in denen herausgekommen war, daß Krebszellen keineswegs weniger Sauerstoff verbraucht haben sollten als gesunde Zellen. Damit schien Warburg widerlegt. Die Frage, auf welche Weise dieser Sauerstoffverbrauch entstanden ist, blieb dabei allerdings unbeantwortet, es wurde einfach vorausgesetzt, daß in den untersuchten Krebszellen mit dem Sauerstoff dasselbe geschehen sei wie in einer gesunden Zelle. Gemäß Seyfried  ist das aber nicht zwangsläufig der Fall. Bei der Verstoffwechslung von Glutamin, einer Aminosäure, die in Proteinen enthalten ist und im Krebsstoffwechsel ebenfalls von Bedeutung ist (dazu später noch mehr), spielt Sauerstoff eine bedeutende Rolle, aber eine andere als bei dem Stoffwechsel einer gesunden Zelle.

Der aus meiner nichtwissenschaftlichen Außenperspektive überzeugendste Teil der Beweisaufnahme (deshalb hier auch der Link zu der Quelle) bestand darin, daß Krebszellen, denen der Zellkern entnommen und gegen einen anderen ausgetauscht worden war, zu 97 Prozent die Entwicklung eines Tumors auslösten, während dies mit bis dahin gesunden Zellen, denen die Zellkerne von Krebszellen implantiert wurden, in immerhin 83 Prozent der Fälle nicht geschah. 83 Prozent krebsfrei nach Implantation der Zellkerne von Krebszellen - das sind fünf von sechs Fällen, und das spricht in der Tat dafür, daß die Rolle des Zellkerns bei der Entstehung von Krebs überschätzt wird. Den Auslöser der meisten Krebskrankheiten müßte man wohl an anderer Stelle innerhalb der Zelle suchen. Die beschädigten Mitochondrien drängen sich dann als neue Hauptverdächtige geradezu auf. (Die 17 Prozent Tumore im zweiten Fall müssen allerdings auch irgendwo herkommen, also behalte ich außerdem im Hinterkopf, daß die Krebsentstehung beim sechsten von sechs Fällen vielleicht doch irgendwie anders verlaufen sein kann.)

Ich bin mir nicht sicher, ob sich das für jeden spontan von selbst versteht, deshalb noch einmal ausdrücklich: Seyfried behauptet nicht, daß es überhaupt keine Verbrennung zur Energieerzeugung innerhalb von Krebszellen gibt. Die Gesamtzahl der Mitochondrien pro Zelle ist ja ziemlich hoch. Sie hängt von der Art der Zelle ab, und generell benötigen Zellen, die viel Energie bereitstellen können müssen - etwa in der Muskulatur - mehr Mitochondrien als andere. Typisch scheint eine vierstellige Zahl von Mitochondrien pro Zelle zu sein. Wieviele von ihnen geschädigt sein müssen, damit die Zelle sich in eine Krebszelle verwandelt, läßt sich nicht präzise benennen (Warburg ging davon aus, es müsse die Mehrheit, also mehr als 50 % aller Mitochondrien, betroffen sein). Es wäre jedenfalls aber naheliegend, zu vermuten, daß auch in einer Krebszelle ein Teil der Mitochondrien weiterhin "verbrennt", also der zugehörige Sauerstoffverbrauch auch gemessen werden kann (nur eben in entsprechend geringerem Umfang), während umgekehrt in grundsätzlich gesunden Zellen einige Mitochondrien geschädigt sein können, dann fermentieren und dabei auch das Abfallprodukt Laktat in entsprechend geringer Menge entsteht. Damit sind Einwände, die stichhaltig wären, falls es bei der Energieerzeugung von Krebszellen nur um ein "Ganz oder gar nicht" für eine der beiden Methoden gehen würde, von vornherein gegenstandslos.

Daß Krebszellen unterschiedlich "aggressiv" sein können und ein Zusammenhang damit besteht, wie "undifferenziert" sie im Vergleich zu normalen Gewebezellen sind, gehört wahrscheinlich mit zu den ersten Dingen, die jemand nach einer Krebsdiagnose erfährt oder selbst in Erfahrung bringt. Mein eigener Tumor wurde im Laborbericht als "gering differenziert" bezeichnet. Nach Warburg steht diese Entdifferenzierung in Zusammenhang mit fortschreitenden Schäden an den Mitochondrien und einem zunehmenden Anteil an Fermentierung zur Energieerzeugung der Zelle. Lege ich das zugrunde, muß ich davon ausgehen, daß mein Tumor, dieser Mistkerl, so heftig fermentiert hat, daß ich mit ihm Sauerkraut hätte einlegen können.

Im Podcast von Peter Attia erwähnte Thomas Seyfried das in diesem Zusammenhang interessante Detail, daß Krebs in Gewebe, das typischerweise eine überdurchschnittliche Zahl von Mitochondrien aufweist, etwa die Muskulatur, seltener auftritt als in solchem mit einer vergleichsweise niedrigen. Also ist es wohl um so schwieriger, die Zelle in einen Zellzombie zu verwandeln, je mehr Mitochondrien sie von Haus aus aufweist. Im Buch wiederum wurde eine Fachpublikation erwähnt, nach der Krebszellen "signifikant"* weniger Mitochondrien als gesunde Zellen des Ausgangsgewebes aufwiesen und diese sich auch in einigen anderen Punkten, etwa Größe und Form, von den Mitochondrien gesunder Zellen unterschieden. Seyfried erwähnt es an dieser Stelle nicht ausdrücklich, aber das läßt darauf schließen, daß in Krebszellen nicht nur ein Teil der Mitochondrien nicht mehr richtig "atmen" kann, sondern ein weiterer Teil so viel stärker geschädigt wurde, daß sie einfach abgestorben sind.

*  In Fachpublikationen sind die Autoren entschuldigt, wenn sie diese von mir sonst so gerne belästerte Vokabel verwenden, da sie untereinander alles Recht der Welt haben, ihr fachliches Rotwelsch zu gebrauchen. Als Laie lese ich diese Art von Büchern ja nicht nur in inhaltlicher, sondern auch in sprachlicher Hinsicht "auf eigene Gefahr". ;-)

Liegt Seyfried nun richtig oder falsch oder irgendetwas dazwischen?

Beurteilen kann ich das fachlich natürlich nicht, ob bzw. in welchen Punkten Seyfried in seiner Beweisaufnahme recht hat oder ob er an dieser oder jener Stelle auch falsch liegen könnte. Immerhin ist er auch nur ein Mensch und damit irrtumsfähig, und daß es mir selbst jedenfalls so vorkommt, als hätte das, was er schreibt, Hand und Fuß, beweist natürlich erst mal überhaupt nichts. Was ich aber beurteilen kann, ist daß Seyfried jedenfalls fachlich qualifiziert ist, die Argumente aus der einschlägigen Debatte seit den fünfziger Jahren zu verstehen und zu beurteilen. Wer Seyfried in diesem Teil seines Buches fachlich widerlegen will, muß sich dafür selbst mit den von ihm ausgewerteten Studien der früheren Debatten zum Warburg-Effekt befassen und darlegen, an welchen Stellen Seyfried sich aus seiner Sicht irrte. 

Seyfried selbst scheint das ähnlich zu sehen:

I challenge anyone in the cancer field to provide
definitive evidence showing that the respiration
of cancer cells is no different from that of their
species-matched normal cell counterparts when
compared in growth environments that favor
respiration and not fermentation.

faßt er am Ende des Kapitels zur Kontroverse um den Warburg-Effekt nämlich zusammen und fährt fort: 

While we were
able to transition nontumorigenic astrocytes
from growth in high glucose media to survival in
Iew glucose media containing ketone bodies as
a major respiratory fuel, all of our mause tumor
cells died when we attempted to transition them
to this respiratory media (36, 37). Johannes
Rieger and colleagues reported similar findings
in a series of human brain tumor lines (38). Most
cells with normal respiratory capacity can make
this transition, but few if any cancer cells can
make the transition. If respiration is normal in
tumor cells, then the utilization of ketone bodies
for energy should be similar in tumor cells and in
normal cells.

Daß irgendjemand in den letzten knapp zwölf Jahren diesen Fehdehandschuh aufgenommen hätte, davon ist mir aber nichts bekannt. Tatsächlich habe ich generell noch wenig Kritik an Thomas Seyfrieds Annahmen gelesen; er wird von einschlägigen Meinungsführern wie beispielsweise meiner speziellen Freundin, der Professorin Jutta Hübner, eher totgeschwiegen. Sie hält sich lieber an Warburg, der 1970 gestorben ist, bei dem man also Wissen, das nach seiner Tätigkeit entstand, nicht mitberücksichtigen mußte, weil er selbst es ebenfalls noch nicht berücksichtigt hatte. Das spricht zu Seyfrieds Gunsten, denn wäre er leicht zu widerlegen, hätte sich bestimmt längst jemand aus dem Kreise derer, die die Mitochondrien-Theorie als dummes Zeug abtun, mit dieser Trophäe zu schmücken versucht.

Einer der schärfsten Warburg-Kritiker bezeichnete dessen Thesen noch zu Warburgs Lebzeiten als "zu simplizistisch". Offenbar nahm dieser Mann, ein gewisser Sidney Weinhouse, vor allem Anstoß an dem Gedanken, Krebs könne zu einfach zu erklären sein (und ihm dadurch Herrschaftswissen verlorengehen?). Was mir außerdem schon durch den Kopf gegangen ist: Könnte es sein, daß die Kontroverse um den Warburg-Effekt, die von den fünfziger Jahren an und bis heute teils hitzig geführt wurde und wird, ihren Ausgangspunkt darin hatte, daß Warburg selbst gegenüber anderen Wissenschaftlern kein besonders angenehmer Kollege gewesen zu sein scheint? Der irrationale menschliche Einflußfaktor auf die ach so rationale Wissenschaft wird meiner Meinung nach ja generell gewaltig unterschätzt. 

Druck "von unten" entsteht aber ebenfalls. Das zeigt sich in den Ernährungsfragen, die in Seyfrieds aus seiner Theorie abgeleiteten Behandlungsansätzen die wichtigste Stellschraube sind. In der einen oder anderen Form habe ich  schon von erstaunlich vielen Mitpatientinnen die Sache mit den Krebszellen und dem Zucker gehört. Der zugehörige zweite Faktor, die Ketonkörper - das, was gesunde Zellen anstelle des Zuckers verstoffwechseln können, aber die Krebszellen nicht -, ist dagegen weit weniger bekannt. Und vom Glutamin haben die meisten überhaupt noch nie etwas gehört. Genau dieser Faktor ist aber wichtig, denn er kann dazu führen, daß ketogene Ernährung mit dem Ziel, den Krebs "auszuhungern", auch wenn sie noch so sorgfältig umgesetzt wird, doch weniger Wirkung zeigt, als man sich das erhofft.

Gehen wir einstweilen dennoch unbesorgt davon aus, daß Tumorzellen eine Menge Glukose verstoffwechseln, denn das bestreitet ja niemand, nicht einmal Jutta Hübner, und daß wir ihnen ihr zerstörerisches Werk in unserem Inneren wahrscheinlich unnötig erleichtern, wenn wir einen Tumor loswerden wollen, aber gleichzeitig auch viele Kohlenhydrate zu uns nehmen. Solange ich nicht mehr als das Wort der Frau Professorin Jutta Hübner für das Gegenteil habe, unterstelle ich außerdem, daß Krebszellen mit Ketonkörpern und Fettsäuren nichts anfangen können, wie das Professor Seyfried behauptet. Proteine sind allerdings ein komplizierterer Fall. Sie enthalten die Aminosäure Glutamin, und mindestens sie - eventuell aber auch noch andere Aminosäuren, dazu konnte Seyfried jedenfalls in seinem Buch noch nichts Konkretes angeben - können von Tumoren auch zur Energieerzeugung genutzt werden.Ob das bestimmte Arten von Tumoren oder vielleicht auch frühe Krebsstadien in nur geringem Maße oder eventuell auch überhaupt nicht betreffen könnte, fand ich nicht heraus, und vielleicht liegt das ja daran, daß es auch sonst noch niemand so genau sagen kann. Festzustehen scheint jedenfalls, daß Glutamin bei fortgeschrittenem Krebs eine besonders wichtige Rolle spielt, die dann sogar noch bedeutender als die Glukose ausfallen kann. 

Was man garantiert nicht haben möchte: Krebszellen auf Abwegen

Metastasierung ("Metastase": altgiechisch: "Wanderung") bedeutet, daß Krebszellen den Ursprungstumor verlassen, über das Lymphsystem in die Lymphknoten und die Blutbahn eindringen, sich in anderen Körperregionen ansiedeln und dort neue Tumore ("Tochtergeschwülste") bilden. Dabei müssen sie das Immunsystem überwinden. Weil mich die Begrifflichkeit "Metastasen" verunsichert hat, als meine Krebsdiagnose noch neu war: Auch der Befall der Lymphknoten, wie in meinem Fall, wird vielfach als "Metastasen" bezeichnet. Das ergibt angesichts der Begriffsbedeutung einen Sinn, da die Krebszellen ihren Ursprungssitz verlassen haben, also gewandert sind. Aber solange das Immunsystem an dieser Stelle seinen Aufgaben noch pflichtgemäß nachkommt und ihnen die Weiterreise verweigert, handelt es sich weiterhin um einen "lokal begrenzten" Fall von Krebs.

Thomas Seyfried hat auch zur Metastasierung eine durchaus bedenkenswerte neue Idee zu bieten. Er hält sie nämlich nicht für normale Krebszellen auf Abwegen, sondern für das Ergebnis einer Fusion von Krebszellen mit Zellen, die eigentlich dem Immunsystem angehören, den sogenannten Makrophagen ("Freßzellen"). Deren eigentliche Aufgabe besteht darin, Infektionen zu bekämpfen, Verletzungen zu heilen und dergleichen mehr. Sie sind ein Mittelding aus Security und Sanitätstrupp und haben außerdem den großen Schlüsselbund, mit dem sie überallhin im Körper gelangen können. Sie können einiges, was "normale" Krebszellen eigentlich nicht können dürften (wie Seyfried aufzählt: "... tissue invasion, release of proangiogenic molecules/cytokines, survival in hypoxic and necrotic environments, intravasation into the circulatory/lymphatic systems, and extravasation from these systems at distant locations"). So betrachtet, ist auch einleuchtend, warum die "Metastasen" in den Lymphknoten noch nicht dieselbe Gefährlichkeit haben wie die eigentlichen, die Fernmetastasen. Die Makrophagen haben sicherheitskritische Aufgaben, also haben wir ein schwerwiegendes neues Problem, wenn sie zum Feind übergelaufen sind. 

Während Seyfrieds Mitochondrien-Theorie von Otto Warburg herstammt und vergleichsweise häufig in der Wissenschaft Erwähnung findet, habe ich noch nirgends einen Fall gesehen, in dem auch diese Möglichkeit (die der Autor ausdrücklich als Hypothese bezeichnet, also eine unbewiesene Annahme) zur Sprache kam. Nicht einmal Rainer Klement sprach sie an. Dennoch kann Seyfried auch dafür ein paar interessante Indizien vorweisen. Etwa, daß es in bestimmten dokumentierten Einzelfällen wirklich zu solchen Fusionen gekommen ist sowie, daß Metastasen wirklich makrophagentypische Eigenschaften hatten. Besonders gefährdet für die Niederlassung von Metastasen sind außerdem Organe, die ohnehin regelmäßig die Tätigkeit von Makrophagen benötigen, etwa Leber, Lunge oder Knochenmark, ebenso chronische Entzündungsherde. Es wurden aber auch schon Metastasenzellen in frischen Wunden entdeckt, etwa in der eines gerade gezogenen Zahns, und auch das hat wohl etwas mit den eigentlichen Aufgaben der Makrophagen zu tun, in diesem Fall nämlich mit ihrer Zuständigkeit für die Wundheilung. 

Daher rühren auch Seyfrieds Bedenken, was Biopsien betrifft, mit denen krebsverdächtiges Gewebe untersucht werden muß, um aus dessen Eigenschaften die richtige Behandlung bestimmen zu können. Das damit verbundene Risiko, eine Metastasierung erst auszulösen, sagt er selbst, sei nicht besonders hoch, aber wozu es eingehen? Das hat allerdings den Hauptgrund, daß Seyfried mit aller Selbstverständlichkeit davon ausging, daß im Anschluß an die Biopsie als nächste Behandlungsstation eine Operation erfolgen werde, und so betrachtet, ergibt sein Einwand schon einen Sinn: Alles, was man über die Eigenschaften eines Tumors wissen möchte, kann man auch erfahren, nachdem man ihn herausoperiert hat. Wenn aber eine neoadjuvante Chemotherapie als erstes auf dem Programm steht, kann man auf die vorherige Biopsie natürlich nicht verzichten, da sie die Grundlage für die Zusammensetzung der weiteren Behandlung, auch der Chemotherapie, ist. In Seyfrieds Buch kommt neoadjuvante Chemotherapie aber schlicht nicht vor, und das spiegelt wahrscheinlich auch die gebräuchliche Herangehensweise vor zwölf Jahren auch bei Brustkrebs ganz richtig wider. Für Brustkrebs ist die neoadjuvante Behandlung aber, glaube ich, mittlerweile bereits der Regelfall. Und das auch nicht aus einer Mode heraus, sondern deshalb, weil sich diese Herangehensweise in vielen Fällen als die erfolgreichere erwiesen hat. Ein etwaiges geringes Zusatzrisiko durch die Biopsie sollte das mehr als aufwiegen. Deshalb hätte ich, wäre mir Seyfried letzten Herbst schon bekannt gewesen, kaum schlaflose Nächte wegen seiner Bedenken gehabt.

Tatsächlich nachgedacht habe ich aber über die Frage der Radiotherapie, die nach Seyfried ebenfalls das Risiko für Metastasierung erhöhen soll, weil ich noch vor meiner Bestrahlung auf ihn gestoßen war. Die Bestrahlung hat seiner Darstellung nach in der Fünf-Jahres-Betrachtung zwar einen nachweisbaren Überlebensvorteil, auf längere Sicht gesehen könnte sich das aber auch in einen Nachteil verwandeln. Für die Bestrahlung entschieden habe ich mich dann, weil ich davon ausging, daß die parallel erfolgende und im Anschluß noch ein halbes Jahr andauernde Antikörpertherapie eigentlich gegen dieses erhöhte Risiko, falls es wirklich bestehen sollte, ausreichend Schutz bieten sollte. 

Die nächste Frage ist, auf welche Weise man herausfinden kann, ob die Hypothese zur Metastasierung wirklich zutrifft, die übernächste wäre es, wie man mit diesem Wissen die Metastasierung verhindern kann, und Nr. 3 dann wohl, welche über die bisher von ihm entwickelten therapeutischen Maßnahmen hinausgehenden Ansatzpunkte für die Behandlung man daraus gewinnen könnte.

Wie würde Sun Tsu Krebs behandeln?

Die Frage ist nur rhetorisch. Natürlich täte er es genau so, wie Professor Seyfried es vorschlägt: die Schwächen der Krebszellen, die sich aus der zugrundegelegten Theorie ergeben, zu deren möglichst effektiver Bekämpfung zu nutzen. Die Hauptschwäche von Krebszellen ist ihre im Vergleich zu gesunden Zellen geringere Flexibilität bei der Erzeugung von Energie. Darauf, ihr die Energieerzeugung zu erschweren, idealerweise sie ganz unmöglich zu machen und dadurch Krebszellen an Energiemangel sterben zu lassen, zielt Seyfrieds Herangehensweise ab. Bevor ich auf die zugehörigen Einzelheiten eingehe, noch ein Wort zu der Frage, wie sie eigentlich mit einer konventionellen Krebsbehandlung vereinbar ist. Die korrekte Antwort lautet: Vorgesehen ist sie von ihrem Entwickler dafür gar nicht. Idealerweise läßt man also aus Seyfrieds Sicht Chemotherapie, Bestrahlung und sogar Antikörpertherapie einfach ganz bleiben. Nur die operative Entfernung des Tumors findet auch in seiner Herangehensweise statt.

Nun kann ich mich durchaus mit einer Zukunftsperspektive anfreunden, in der all das Giftzeugs von Epirubicin bis Carboplatin einmal gar nicht mehr in der Krebsbehandlung vorkommt. Bei den Antikörpern bin ich mit Seyfried aber spontan doch uneins gewesen. Zum Zeitpunkt, als sein Buch erschien, 2012, waren monoklonale Antikörper schon seit einiger Zeit in Gebrauch, und Seyfried hielt von ihnen gar nichts. Im Wortlaut:

The US Food and Drug Administration (FDA)
has recently approved the immunotherapy drug
ipilimumab, "ipi", for treatrnent of malignant
melanoma ( 1). The adverse effects of ipilimumab
can include severe diarrhea, colitis (colon inflammation),
and endocrine disruption. These adverse
effects are generally treated with steroids (2). ...
Steroids significantly elevate blood glucose levels
thus enhancing tumor cell survival and drug
resistance (Chapter 17). While only 3 out of 540
persons who received ipilimumab became cancer free, 14
persons died from the drug treatment (3). These
findings indicate that the probability of dying
from ipilimumab treatmentwas five times
higher than the probability of receiving a eure.
Patients treated with ipilimumab can be expected
to live on an average for about 4 months longer
than those patients treated with other drugs.
Ipilimumab is administered in four infusions
over a 3-rnonth period with an estimated per
patient c-ost of $120,000 ( 1). Hence, ipipilimumab
does not kill a patient outright, the patient can
be expected to pay about $ 30,000/month to exist
on the planet for about 4 months longer.

Das Argument mit den Kosten besteht natürlich weiterhin. 10 mg  Ipilimumab kostet stolze 3.489 Euro, eine Dosierung von 3 mg pro Kilo Körpergewicht würden bei mir Stand heute fast 240 mg bedeuten, und das in der Beispielrechnung multipliziert mit 4 Zyklen. Im Vergleich dazu wirkt sogar Pertuzumab noch günstig und Trastuzumab wie ein ausgesprochenes Schnäppchen. Keine Ahnung, ob das Zufall ist oder Seyfried bewußt den teuersten ihm damals bekannten Fall herausgesucht hat. Oder vielleicht auch den im Ergebnis am wenigsten überzeugenden? Trastuzumab wurde damals ja auch schon eingesetzt, und das hat sehr wohl dazu geführt, daß sich für Patientinnen mit HER2-positiven Brustkrebs  langfristigere Pläne für ihr weiteres Leben auf einmal wieder lohnen konnten. Ich kann mir nicht vorstellen, daß Sun Tsu auf die Nutzung dieser Mittel verzichtet hätte, nur weil sie in der Tat Geld kosten und die Pharmaindustrie, selbstverständlich, so viel wie möglich daran verdienen möchte.

Die von Seyfried aufgezählten Nebenwirkungen fand ich - mit einer Ausnahme, auf die ich gleich noch zu sprechen kommen werde - ein bißchen dramatischer vorgetragen als nötig. Keine Frage, Nebenwirkungen müssen beobachtet und erforderlichenfalls muß ihnen gegengesteuert werden. Aber bislang ist mir noch niemand über den Weg gelaufen, der unter den Nebenwirkungen von Antikörpern schlimmer als unter der üblichen Chemotherapie zu leiden hatte, und daß Epirubicin und Cyclophosphamid so viel billiger sind als Pertuzumab und Trastuzumab ist kaum ein Trost, wenn man ersteres statt letzterem bekommt. Seyfried vermutete, daß solche Therapien vor allem wirksam seien, sofern sie Fieber erzeugten (eine ebenfalls vorkommende Nebenwirkung), also sollte ich außerdem festhalten, daß ich jedenfalls kein Fieber bekommen habe, und trotzdem fiel die Wirkung auf den Tumor, und gerade im Vergleich mit EC, sehr überzeugend aus. 

Auch wenn ich mich freuen würde, falls Seyfrieds Methode Einzug in die leitliniengerechte Krebsbehandlung halten sollte, gerade auf die Antikörper mit ihrer eindrucksvollen Wirkung würde ich zusätzlich nicht verzichten wollen.

Stoffwechsel auf Steroiden

Zur Frage der Steroide, nämlich in Form des begleitend zur Chemotherapie üblichen Dexamethason, Seyfried im Wortlaut:

1t is well
documented, however, that dexamethasone significantly
elevates blood glucose Ievels ( 6 5, 66).
These elevations become similar to those seen
in patients with type-2 diabetes. Glucose is the
major fuel for normal brain metabolism, but it
also drives glycolysis-dependent tumor cells and
the synthesis of glutamate (46, 4 7). Glycolysisderived
pyruvate also enhances p-g,lycoprotein
activity (67). The p-glycoproteln is responsible
for pumping toxic drugs out of cells, and, when
activated, makes tumor cells resistant to most
chemotherapy (68). By elevating blood glucose
and providing fuel for glycolysis, steroids can
contribute to the drug resistance of tumor cells.
More specifically, the steroid drugs used to reduce
tissue swelling and edema protect the turnor cells
from the chemotherapy used to kill them. Oncologists
should consider th.is information when
prescribing steroids to their patients.
1t is weil documented that the growth of brain
tumor is more accelerated, and prognosis is generally
worse bothin animals andin patienu with
higher than lower circulating glucose Ievels (69 -
71).

Das klingt tatsächlich überzeugend genug, daß ich, hätte ich davon vor meiner Chemotherapie gewußt, bestimmt gezögert hätte, Dexa zu nehmen. Mindestens aber hätte ich bei der wöchentlichen Blutabnahme zusätzlich auch noch den Blutzuckerwert und die Ketone wissen wollen.

Mir fiel dazu außerdem ein, daß ich mich beim Lesen einer Studie zum chemotherapiebegleitenden Fasten darüber gewundert hatte, warum die Patientinnen kein Dexa bekommen hatten. Ich leiste den Studienautoren hiermit Abbitte dafür, daß ich sie verdächtigte, kostendämpfende Krankenkasseninteressen verfolgt zu haben, denn offensichtlich folgten sie in diesem Punkt Seyfrieds Empfehlungen. Allerdings muß ich dann der guten Ordnung halber auch erwähnen, daß die Erwartungen der Autoren sich nicht erfüllt haben (siehe diesen Blogartikel), die sich von der "Fasting Mimicking Diet" plus dem Verzicht auf Dexamethason mehr pathologische Komplettremissionen versprochen hatten. Die Studie zeigt aber auch, daß jemand, der ein ungutes Gefühl wegen des Dexamethasons hat, es vermutlich riskieren kann, es durch mehrtägige Fastenintervalle rund um die Chemotherapie zu ersetzen, ohne deshalb mit stärkeren Übelkeitsproblemen rechnen zu müssen. 

Bei mir ist der Zug abgefahren, und ich werde nie herauskriegen, was in meiner Chemotherapie anders gelaufen wäre, falls ich auf Dexa verzichtet hätte. Das Wunschergebnis pCR haben die Steroide jedenfalls nicht verhindert, und das habe ich vor allem den von Seyfried so kritisierten monklonalen Antikörpern zu verdanken, die in der erwähnten Studie noch keine Anwendung gefunden hatten.

"Es gibt keine Krebsdiät. Es gibt keine Krebsdiät. Es gibt keine Krebsdiät." (© Dr. Michael Schmitz)

Thomas Seyfried, konnte ich seinem Buch entnehmen, hat die meisten Erfahrungen vor allem mit einer ganz bestimmten Form von Krebs gesammelt, nämlich dem Glioblastom, einem Gehirntumor, der die Besonderheit aufweist, daß er die daran Erkrankten typischerweise schon umbringt, noch bevor sich Metastasen bilden. Das Glioblastom, wenn es als Primärtumor auftritt, bedeutet für Patienten eine voraussichtliche Überlebenszeit von 12 bis 14 Monaten. Es gibt aber auch sekundäre Glioblastome, die sich nach der Behandlung von an sich besser behandelbaren Arten von Gehirntumoren entwickeln können. Seyfried hat die zugehörigen Standard-Behandlungen (Operation, Bestrahlung, Chemotherapie) im Verdacht, in solchen Fällen den neuen Tumor überhaupt erst ausgelöst zu haben - dabei sieht er die Bestrahlung besonders kritisch, und obwohl ich mich im Falle meiner Brust dafür entschieden habe, sie machen zu lassen, kann ich schwerwiegendere Bedenken speziell das "Toasten" des Kopfs betreffend, durchaus nachvollziehen. 

Am Ende des Buches erfolgten einige Fallbeschreibungen, die von dritter Seite berichtet worden waren, und bei dieser Lektüre ist mir erst deutlich geworden, wieviel an den therapiebegleitenden Ernährungsempfehlungen Thomas Seyfrieds vor allem diesen Pionieren zu verdanken ist, die sich aus unterschiedlichsten Situationen heraus dazu entschlossen hatten, eine ernährungsbasierte Behandlung ihrer Krebserkrankung zu riskieren, sie im Austausch mit Seyfried anwandten und weiterentwickeln konnten. Daß die meisten Fälle Gehirntumore betrafen, liegt wohl daran, daß dies häufig mit Anfällen verbunden ist, die vergleichbar sind mit denen, die bei Epilepsie - insbesondere bei Kindern - erfolgreich mit ketogener Ernährung behandelt werden können. Für Patienten mit Gehirntumor ist es deshalb naheliegender als für andere an Krebs Erkrankte, die bei Epilepsie hilfreiche Ernährung aufzugreifen. Es handelt sich allerdings um eine so kleine Zahl von Anwendern, daß mir die Überzeugtheit, mit der Seyfried seine Therapievorschläge vorträgt, fast ein bißchen zu viel für eine so dünne und etwas einseitig gehirntumorlastige Datenbasis gewesen ist - auch wenn sie auf Basis der theoretischen Grundannahmen noch so plausibel sein mag! Freilich, ein guter Teil dieser Vorschläge wirkt auf mich andererseits auch nicht sonderlich riskant. 

Die größten Schwierigkeiten sehe ich in der praktischen Umsetzung, insbesondere, wenn man sich als Patient dabei ständig gegen alle möglichen fast immer gut und eigentlich freundlich gemeinten Sabotageakte, sei es von Freunden und Angehörigen, sei es von weiteren involvierten Ärzten, zu erwehren hat. Dazu kann ich nur empfehlen, sich von vorherein darauf einzustellen, daß man dafür Umgangsstrategien entwickeln sollte, denen ein gewisser Egoismus zugrundeliegt und eine Bereitschaft, notfalls auch andere vor den Kopf zu stoßen.

Die von Thomas Seyfried empfohlene Vorgehensweise zielt auf eine Behandlung nur mit Operation ohne Chemotherapie und Bestrahlung ab, das ist also nichts, was Ihr Onkologe am örtlichen Kreiskrankenhaus Ihnen wahrscheinlich empfehlen würde - und der nette Dr. Schmitz schon gar nicht. Eine etwaige Anpassung für diejenigen, die das eine tun wollen, ohne deshalb das andere einfach zu lassen, muß man freihändig selbst vornehmen.

Ich beschreibe es erst mal so, wie es im Buche steht:

Vor der Operation - sofern keine besondere Eile für sie geboten ist - soll der Tumor mit Hilfe einer kalorienreduzierten sowie SEHR kohlenhydratarmen ketogenen Ernährung (unter 12 Gramm KH am Tag, Verhältnis Fett:Protein u. KH 4:1) dazu gebracht werden, erstens zu schrumpfen und sich zweitens klarer gegen die Umgebung abzugrenzen, was beides die Operation und eine rückstandslose Entfernung des Tumors erleichtert. Die ketogene Ernährung ermöglicht beides, da sie erstens Entzündungsprozesse verringert, die das Tumorwachstum begünstigen, zweitens die Bildung von Blutgefäßen, die den Tumor versorgen, verringert und dritten den Zelltod von Krebszellen durch Energiemangel auslöst (aber auf gesunde Zellen keine negativen Auswirkungen hat). 

Sofern es der Gesundheitszustand zuläßt, sollte die Ketose mit einem zwei- bis dreitägigen Fastenintervall eingeleitet werden, und zwar in Form von Wasserfasten. Im Anschluß an ein solches Fastenintervall wird die Ketose durch eine sehr restriktive ketogene Ernährung mit sehr niedrigem Kohlenhydratgehalt UND einem Kaloriendefizit aufrechterhalten. Was dabei jeweils gegessen werden kann, hängt von den Blutwerten ab, die täglich gemessen werden müssen: Glukose 3,0 bis 3,5 mM = 55-65 mg/dl; Ketone (4-7 mM). Dies sind die Werte, die nach Seyfrieds Erfahrung, wenn sie gleichzeitig erreicht werden, bei den meisten Patienten ein Schrumpfen des Tumors bewirken, aber wie das meistens so ist: Der olle Stoffwechsel reagiert nicht bei jedem auf dieselben Lebensmittel exakt gleich, das heißt, unter Umständen muß man an der Ernährungs-Stellschraube noch ein bißchen drehen, falls die Werte doch nicht erreicht werden. Die Blutwerte müssen regelmäßig mit einem entsprechenden auch bei Diabetikern eingesetzten Gerät gemessen werden. Eine Supplementierung von Vitaminen und Mineralstoffen ist erforderlich. 

Die Kalorienrestriktion ist erforderlich, weil ohne sie die Glukosewerte nicht im erforderlichen Bereich liegen würden. Die Glukosewerte werden außerdem zusätzlich noch von den verrücktesten weiteren Faktoren beeinflußt, etwa von Kaffee, auf den deshalb auch in Form von schwarzem Kaffee verzichtet werden sollte, was mich echt hart ankäme. Dasselbe gilt - Obacht, Dr. Klement! - aber auch für zu viel Sport, nämlich alles, was mehr ist als "moderate Bewegung": Wegen des Abbaus von Laktat, das zu Glukose umgewandelt wird ("Cori-Zyklus"), erhöhen sich auch durch Sport die Glukosewerte im Blut. Ebenso zu vermeiden ist Streß - was natürlich vertrackt ist, denn wie sollte man mit einer Krebserkrankung nämlich nicht gestreßt sein? In einem Podcast erwähnte Seyfried tatsächlich, daß Patienten mit Yoga und Meditation behandelt werden, um speziell diesen Einflußfaktor auf den Glukosewert in den Griff zu bekommen.

Seyfried steht der onkologentypischen Panik vor Gewichtsabnahmen mit Unverständnis gegenüber, zumal dieselben Leute die Gewichtsverluste ihrer Patienten durch die von konventionellen Behandlungsformen ausgelöste Übelkeit und Appetitlosigkeit dann wieder klaglos hinzunehmen bereit seien. Über die Unterschiede zwischen Gewichtsabnahmen verschiedener Ursachen habe ich eigentlich anderswo schon genug geschrieben. Was ich aber erwähnen sollte: Seyfried geht davon aus, daß eine bereits bestehende Kachexie durch eine Ketose nach seinen Vorgaben sogar verringert werden kann. Diese spezielle Art der Abnahme, die mit Muskelschwund verbunden ist, wird ja durch Stoffwechselsignale ausgelöst, die von dem Tumor ausgehen. Bei erfolgreicher Bekämpfung des Tumors verringern sie sich und bleiben idealerweise irgendwann ganz aus. Das scheint mir auch einen Sinn zu ergeben, denn die Heilung des Krebsleidens gilt ja auch sonst als einzig wirksames Mittel gegen Tumorkachexie. 

Die Frage ist, wie eine "Real-World-Adaption" dieser Vorgaben aussehen könnte, denn ich kann mir nicht so recht vorstellen, daß ein solches Vorgehen bei einem gut behandelbaren Fall wie Brustkrebs mit günstiger Prognose allzu vielen verlockend vorkommen würde. Angenommen, ich hätte dieses Buch letzten Herbst vor meiner ersten Chemo gelesen, dann hätte ich in jedem Fall aus dieser Beschreibung die Messung der Blutwerte in mein Repertoire mit aufgenommen, nur um zu sehen, welche Blutwerte ich mit meiner gemütlicheren Low-Carb-Variante aufweise, und falls sie mich gar zu sehr schockiert hätten, wäre ich womöglich tatsächlich doch noch in etwas weniger gemütliche LC-Bereiche gegangen, und sei es nur, um zu sehen, was dabei mit diesen Blutwerten passiert. Daß ich vermutlich auf Dexa verzichtet hätte, wäre mir dieses Buch bekannt gewesen, hatte ich ja schon erwähnt. Vorstellen könnte ich mir aber auch, daß ich die Sache zum Anlaß genommen hätte, schon während der EC-Chemo doch auch zwischen den Chemos meine gewohnten Fastenintervalle weiterzumachen, denn ich bin mir sicher, daß das meine Glukosewerte regelmäßig an die von Seyfried empfohlenen Werte gebracht hätte ... wenn ich auch sicherlich zwischendurch etwas höhere Werte gehabt hätte.

Das ist überhaupt eine Frage, die mich interessieren würde: Wie wichtig ist es eigentlich in Wirklichkeit, zwischendurch niemals aus der Ketose rauszufallen, um damit zur Tumorschrumpfung beizutragen? Den Fallbeschreibungen im Buch entnahm ich, daß wahrscheinlich jeder von ihnen einige Ausrutscher zu beklagen hatte, aber obwohl man unterhalb des Optimums blieb, war die Wirkung ja bei allen eine positive, solange man willens und in der Lage war, dabeizubleiben. Und das galt ja in allen Fallbeispielen für weit fortgeschrittene Erkrankungen. Wer also die weiter oben beschriebenen Ernährungsvorschriften so abschreckend fand, daß er lieber sterben als sie einhalten würde, aber sowieso noch kurative Therapieoptionen mit ermutigender Prognose hat, für den spricht meiner Meinung nach gar nichts dagegen, den konventionellen Therapievorschlag einfach mit denjenigen Elementen aus Seyfrieds Ernährungsrepertoire zu kombinieren, die er sich selbst währenddessen halbwegs zutraut.

Wie geht es nach der OP weiter?

Im Anschluß an die rückstandslose operative Entfernung des hoffentlich geschrumpften Tumors werden natürlich weiterhin Ernährungsstrategien eingesetzt, aber nicht mehr ganz so extrem wie vor der OP. Etwa "Ernährungs-Cycling" mit Wechsel zwischen hochkalorischer Keto-Ernährung und niedrigkalorischer Ernährung mit niedrigem glykämischem Index, ggf. kombiniert mit Fastenintervallen. Dies soll solange wie möglich aufrechterhalten werden. Speziell bei metastasiertem Krebs formulierte Seyfried als Ziel, die Wahrscheinlichkeit eines Überleben für mindestens 36 Monate zu verbessern. Bei metastasiertem Krebs galt das 2012 als Langzeitüberleben; ich glaube aber, mittlerweile wäre man da wohl etwas ehrgeiziger. Über Fälle wie meinen verliert er in dieser Hinsicht kein Wort, also gehe ich davon aus, daß ich mich aus seiner Sicht als "mutmaßlich geheilt" wieder im "Präventions"-Bereich befinde und dann wohl im Grunde (bis auf das Rauchen, versteht sich, hehe) alles richtig mache.

Neben diesen Ernährungsstrategien spricht Seyfried auch einige Möglichkeiten an, begleitend Medikamente einzusetzen, die auf eine krebsfeindliche Einwirkung auf Glukose und Glutamin abzielen. Was wohl tatsächlich - jedenfalls in den USA, eine Verfügbarkeit in Deutschland habe ich nicht überprüft - aktuell eingesetzt werden kann, ist ein Mittel namens 2-DG (30 bis 40 mg/kg), das den Zuckerstoffwechsel beeinflußt, und Phenylbutyrat (15 g/Tag), das das zirkulierende Glutamin reduziert. Allerdings scheint das letzere Mittel in Deutschland für die Behandlung von Krebs nicht zugelassen zu sein.

Die Reduktion von Glutamin steht auch in der Entwicklung einiger neuer Medikamente im Fokus, allerdings bleiben dabei noch ermutigendere Ergebnisse abzuwarten, als sie bislang zu vermelden waren. Unklar ist im Moment außerdem noch, ob es möglich ist, Ketonkörper auch als eine Form von "Chemotherapie" zu geben, wobei Seyfried davon ausgeht, daß deren Wirkung dann ebenfalls von niedrigen Glukosewerten abhängen würde, die also parallel dazu durch Ernährungsstrategien hergestellt werden müßten. Die Beeinflussung des Blutzuckers ist andererseits aber ebenfalls mit Hilfe von Medikamenten möglich. Metformin, eine eigentlich naheliegende Wahl, erwies sich bei Versuchen mit Mäusen dafür aber als problematisch. Stärker beeindruckt war Seyfried von einer Substanz namens "3-BP" (3-bromopyruvate), die bei Mäusen sehr erfolgreich eingesetzt wurde. Sie fand zu seinem Befremden dennoch nie den Weg in die weitere klinische Forschung. Es wird darüber spekuliert, daß dies daran liegen könne, daß die Substanz nicht patentierbar sei. Ähnliches gelte vielleicht auch für Dichloracetat. Der Einsatz beider insbesondere in Kombination mit ketogener Ernährung wäre aus Seyfrieds Sicht eigentlich vielversprechend, aber einstweilen ist da offenbar nichts konkret in Entwicklung. 

Alles in allem ist hier also vergleichsweise wenig, was man in Eigenintiative aufgreifen könnte, aber immerhin ein paar Sachen, die man ggf. mal seinem Arzt gegenüber ansprechen kann. Immerhin sind fast zwölf Jahre seit Erscheinen des Buches vergangen ... und vielleicht hat man ja das Glück, einen Doc mit ein paar kreativen Ideen zu solchen Dingen erwischt zu haben.

Hyperpare Sauerstofftherapie

Auf das, was Seyfried über die hyperbare Sauerstofftherapie (HBOT) schreiben würde, war ich besonders gespannt, nachdem es im Klement-Buch im Zusammenhang mit ein paar eher obskuren anderen Maßnahmen beschrieben wurde, womit er mich wirkungsvoll in die Flucht geschlagen hatte - dieses Kapitel habe ich nur flüchtig überflogen und wollte lieber erst einmal lesen, was bei Seyfried stand. Meine Überraschung war also groß, als sich nun herausstellte, daß diese Therapie für den Maestro zum damaligen Zeitpunkt noch komplettes Neuland war, auf das er über einen Kollegen gestoßen war, Dr. Dominic D'Agostino, der nicht nur Wissenschaftler, sondern auch Taucher ist. Sie dient dazu, den Sauerstoffgehalt des Körpers zu erhöhen und kann zur Unterstützung der Wundheilung, aber ebenso zur Tumorbehandlung angewandt werden. Hellhörig wurde Seyfried, als d'Agostino erwähnte, die hyperbare Sauerstofftherapie bringe die Mitochondrien in Tumorzellen im Labor "zum Explodieren". In Tierversuchen erbrachte es ganz ähnliche Erfolge gegen das Tumorwachstum wie die ketogene Ernährungsform, die Seyfried empfiehlt.

Deshalb habe ich jetzt doch noch einen weiteren Blick in das Klement-Buch geworfen, wo die Sache genauer beschrieben ist. In aller Kürze: 

HBOT ist eine Überdruckbehandlung in einer luftdichten Kammer, bei der zusätzlich der Volumenanteil des Sauerstoffs in der Atemluft erhöht wird. Unterschieden wird zwischen milder HBOT (Druck zwsichen 1,25 und 1,5 bar, entspricht dem Druck in 2,5 bis 5 m Wassertiefe) und starker HBOT (Druck zwischen 2 und 2,5 bar, entspricht dem Druck zwischen 10 und 15 Meter Wassertiefe). Bei starken HBOT-Anwendungen kann der prozentuale Sauerstoffgehalt auf bis zu 100 Prozent angehoben weden, bei milder HBOT sind es 26 bis 27 Vol-%. Bewirken soll dies eine sauerstoffreiche Umgebung des Tumors und somit dessen Schwächung, da für ihn eher eine im Vergleich zum gesunden Gewebe sauerstoffarme Umgebung normal ist.

Problematisch ist an der starken HBOT, daß sie nicht ganz ungefährlich und mit einem hohen Nebenwirkungsrisiko verbunden ist (so schreibt das Klement, leider ohne dabei eine Quelle angegeben zu haben, auf die ich deshalb auch keinen Blick werfen konnte). Die milde HBOT ist ungefährlicher, allerdings gibt es zu ihr anscheinend noch keine einzige Studie bei der Anwendung durch Krebspatienten. Klement scheint gerade eine solche mit Krebspatienten, die gerade bestrahlt werden, angeleiert zu haben. Was dabei herauskommt, ist noch offen, in seinem Buch scheibt er nicht mehr als das, daß es jedenfalls bislang keinen zusätzlichen Schaden für bestrahlte Patienten bewirkt habe. 

Es gibt aber eine Klinik in der Türkei, die eine Behandlung mit "metabolically supported chemotherapy" (MSCT) anbiete, die aus ketogener Ernährung, Hyperthermie und HBOT besteht. Seyfried ist Co-Autor einiger Studien dieser Klinik, also lohnt sich ggf. auch ein Blick auf diese Studien. 

Alles in allem ist HBOT eine Sache, die man im Auge behalten sollte, weil dazu bestimmt noch weitere Erkenntnisse zu erwarten sind.

Wie gar keinen Krebs bekommen?

Alles, was  über Prävention bekannt ist bzw. zur Debatte steht, kann im Prinzip wie vorher weiter gelten, falls Seyfried richtig liegt. Nur die Art der angestrebten Wirkung von Prävention sähe in diesem Fall etwas anders aus. Ziel der Prävention wäre nunmehr, daß immer möglichst wenige der Mitochondrien auf einmal in ihrer Atmung beeinträchtigt sind, möglichst wenige von ihnen deshalb ganz ausfallen und ihre Zahl sich ggf. noch vermehrt. Am Pferdefuß der Prävention, daß sie zwar das statistische Risiko einer Gruppe von Menschen für Krebs verringen kann, aber man im Einzelfall nicht wissen kann, ob man trotz minimiertem Risiko erkranken wird, ändert sich auch nichts. Darüber, daß ich rauche, hätte Seyfried sich aus Präventionssicht genauso die Haare gerauft wie jeder andere auch, aber daß ich regelmäßig mehrtägige Fastenintervalle und zwei Low-Carb-Phasen im Jahr einlege, hätte bestimmt seinen Beifall gefunden. Er empfiehlt therapeutisches Fasten ausdrücklich als wirksame Präventionsmethode, und zwar entweder ein siebentägiges Fastenintervall pro Jahr oder alternativ zwei bis drei zwei- bis dreitägige, sowie außerdem einen ebenfalls kurzzeitigen Einsatz von ketogener Ernährung für die Dauer einer Woche. Die von ihm empfohlene werde ich auch nach Erreichen meines Zielgewichts locker um ein Mehrfaches überschreiten.

Was ich auch ganz interessant fand, ist, daß Seyfrieds Mitochondrien-Theorie eine mögliche Antwort auf die Frage bietet, ob Handynutzung Krebs erzeugen könne. Auf Basis der Gentheorie als Grundlage ergibt eine solche Vermutung nämlich keinen Sinn, aber sollte Seyfried recht behalten, könnte die Sache doch anders aussehen. Regelmäßige und lange Handynutzung könnte durch Erwärmung des Körpergewebes tatsächlich zu Entzündungsreaktionen im Gewebe und dadurch zur Schädigung der Mitochondrien führen. - Stellen wir diese Frage freilich einstweilen noch zurück. Sollte die Mitochondrien-Theorie sich erhärten, kann man sie unter den zugehörigen Vorzeichen ja erneut auf die Tagesordnung bringen. Bis dahin kann es aber bestimmt nicht schaden, es mit der Handynutzung nicht zu übertreiben. Ich selbst besitze ja gar keines, aber das hat nichts mit Krebsängsten zu tun, sondern damit, daß ich seit Jahrzehnten im Homeoffice arbeite und deshalb gar nicht erreichbar sein möchte, wenn ich außer Haus bin. Aus meiner Sicht lag es nie so richtig nahe, mir ein Handy anzuschaffen, und so ist es bislang auch nicht dazu gekommen.

Eine Art Mittelding zwischen Prävention und Therapie könnte sich aus einer Frage ergeben, die mir außerdem noch in den Sinn kam: ob es wohl möglich ist, eine bereits überschrittene "kritische Masse" fermentierender Mitochondrien in einer Zelle doch wieder zu "überstimmen", indem man die Zahl der verbrennenden Mitochondrien in ihr wieder erhöht, also sozusagen eine Krebszelle in einem relativ frühen Stadium wieder zu einer normalen zu machen. Mittels eines Teilungsprozesses können Mitochondrien nämlich zusätzlich neu gebildet werden, beispielsweise in der Muskulatur, wenn wiederkehrende höhere körperliche Belastungen durch Arbeit oder Sport dies erforderlich machen. Grundsätzlich ist es also möglich, auf die Menge der Mitochondrien in den Zellen selbst einen gewissen Einfluß zu nehmen, aber ob man damit auch seine inneren Zombies wieder in normale Zellen verwandeln kann, bin ich mir nicht sicher.

Und was machen wir nun daraus?

Ein paar Details, die aus meiner bescheidenen Laienperspektive für Seyfrieds Annahmen sprechen: 

  • Die Mitochondrien erfüllen neben der Energieerzeugung noch eine Reihe weiterer Aufgaben in der normalen Funktion der Zelle. Eine davon ist die Mitwirkung an der sogenannten Apoptose, dem programmierten Zelltod, der ein wichtiger Bestandteil innerhalb des streng regulierten biologischen Systems ist. Eine Zelle innerhalb eines so komplizierten arbeitsteiligen Systems wie dem menschlichen Körper darf ja weder ewig leben noch sich nach eigenem Belieben vermehren. Ein bösartiger Tumor zeichnet sich vor allem dadurch aus, daß er die Anweisungen, denen sonst alle Zellen folgen, nunmehr ignoriert, sich unkontrolliert ständig weiterzuteilen beginnt und auch nicht mehr daran denkt, den normalen Zelltod zu sterben. Das legt nahe, daß irgendein Anweisungsgeber dem Zellkern auf einmal entweder falsche oder gar keine Anweisungen mehr gibt, und es könnte für einen Ausfall der an diesen Anweisungen mitbeteiligten Mitochondrien sprechen. 
  • Die zu vermutenden Zusammenhänge zwischen einer Reihe von stoffwechselbedingten Erkrankungen, darunter auch Krebs.Vermutlich treten wir beim Krebs nicht zuletzt deshalb auf der Stelle, weil wir das bei Adipositas deprimierenderweise ebenfalls tun.
  • Für das Immunsystem als Auslöser der Metastasierung spricht, daß Pflanzen kein Immunsystem haben und zwar Krebs bekommen können, aber keine Metastasen.

Eigentlich ließe sich ja auch ziemlich leicht herausfinden, ob es hilfreich ist, bei Krebs therapiebegleitend eine an Seyfried angelehnte Ernährungsstrategie - oder auch eine "harmlosere" Ernährungsmodifikation nach persönlichem Gusto - mit einzusetzen. Die Ernährungsweise müßte einfach in einigen einschlägigen Studien, die verschiedene Arten von Chemotherapien untersuchen, mit abgefragt werden, das müßte man auch gar nicht auf ketogene Ernährung beschränken, sondern könnte die gesamte Palette von Keto bis Vegan damit erfassen, und dann würde man ja sehen, ob und wenn ja bei welchen Ernährungsweisen sich im Langzeitvergleich Vorteile ergeben. So ganz kann ich auch nicht begreifen, warum das nicht einfach mal gemacht wird; niemandem bricht wegen so was eine Verzierung ab und der Mehraufwand, wenn man es mit einer ohnehin geplanten Studie komibiniert, wäre nun wirklich nicht der Rede wert.

Das bestmögliche Einsatzgebiet für das praktische Austesten der Seyfried-Methode wären meiner Meinung nach aber die sehr früh entdeckten Brustkrebsfälle im "Stadium null". Aktuell wird dazu folgendes empfohlen:

 Ihr persönlicher Behandlungsplan für DCIS (Stadium 0)
...

Nach der Diagnostizierung eines DCIS ist der erste Schritt für gewöhnlich ein chirurgischer Eingriff zur Entfernung des DCIS. Im nächsten Schritt gilt es einzuschätzen, wie hoch das Risiko ist, dass der Tumor entweder als DCIS oder als invasiver Brustkrebs in derselben Brust erneut auftritt (dies nennt man Lokalrezidiv). Zusammen mit den Angaben zu Ihrem Alter und Ihrer Krankengeschichte wird diese Beurteilung Ihnen und Ihrem Arzt helfen, die für Sie am besten geeignete Behandlung zu wählen. Es ist auch wichtig, persönliche Belange wie Arbeits-/Lebensschwerpunkte, Fruchtbarkeitsfragen und Risikotoleranz auszuloten. Empfohlene Behandlungen sind beispielsweise:

Strahlentherapie
Antihormontherapie

Hier könnte man, ohne damit die Patientinnen einem erwähnenswerten Risiko auszusetzen, die Seyfried-Herangehensweise vor der Operation als Option anbieten. Das läge so nahe, daß ich mich geradezu darüber wundern muß, warum ich noch nie von einem Vorstoß in dieser Richtung gehört habe. Es wäre doch eine Supersache, falls sich herausstellen sollte, daß das bei einem Teil der Patientinnen so gut funktioniert, daß sich die weitere Behandlung damit erübrigt. Das würde nebenbei, falls es die erwartete Wirkung haben sollte, das Überdiagnosen-Problem des Brustkrebs-Screenings nebenbei auch noch miterschlagen können, und damit wären die Nachteile des Screenings mitbeseitigt und ich wäre mit dieser Früherkennungs-Maßnahme dann wohl vollständig versöhnt.

Auf den in diesen unriskanten Fällen gewonnenen Erkenntnissen könnte man dann weiter aufbauen, was weitere Bereiche in der Krebsbehandlung betrifft, in denen ein Einsatz erprobt werden kann.

Na ja. Man wird ja wohl noch träumen dürfen. ;-) 

***

Seit dem Erscheinen des Buches sind von Seyfried natürlich zahlreiche weitere Fachartikel publiziert worden, nicht zuletzt hat er seine Sache aber auch in etlichen Interviews und Podcasts vertreten. Einer davon weckte die Aufmerksamkeit meines Mannes, und obwohl das verlinkte Video für meinen Geschmack schon in der Betitelung viel zu reißerisch war, bot er mir doch den Anlaß, mir noch andere anzuhören, und dann kam ich an Seyfrieds Opus magnum schließlich auch nicht mehr vorbei. Ich bin auch froh, daß ich es gelesen habe, Podcasts sind zwar gut und schön, aber am Ende fehlt meistens doch der Gesamtzusammenhang, wie er in diesem Buch geboten wurde. Für alle diejenigen, die vor Fachbüchern und -artikeln (oder vielleicht auch, wie ich, vor allem vor den gräßlichen Kindle-Versionen von Fachbüchern) zurückschrecken, aber sich gerne Podcasts anhören, auch wenn sie auf Englisch sind, kann ich drei besonders empfehlen. Bei einem Interesse aus persönlicher Betroffenheit empfehle ich, nicht nur eines, sondern alle drei Videos anzusehen, weil sie für einen Laien an ganz unterschiedlichen Stellen Antworten auf etwaige offene Fragen bieten. 

Mit Philip Ovadia und Jack Heald: Besonderheit: Ovadia ist Herzchirurg, Jack Heald repräsentiert die Patientensicht und stellt aus dieser Sicht immer wieder Rückfragen bzw. faßt in eigenen Worten zusammen, wie er verstanden hat, was sein Gesprächspartner sagt, und das trägt hervorragend zur Klärung von Fragen bei, von denen Seyfried selbst vielleicht gar nicht gemerkt hätte, daß etwas daran unklar sein könnte.

Mit Eric Berg: Was mir daran so gut gefiel: Dr. Berg schob immer, wenn möglicherweise unklare Fachbegriffe vorkamen, eine kurze Erklärung des Begriffs und/oder des damit beschriebenen Vorgangs durch handschriftliches Aufschreiben an einer Tafel ein.

Mit Peter Attia: Das Wichtige an diesem Podcast besteht darin, daß Attia einen Teil von Seyfrieds Thesen eher kritisch sieht und deshalb an vielen Stellen besonders hartnäckig nachbohrt, die von den beiden anderen einfach für wahr genommen wurden. Es kommt sicher nicht von ungefähr, daß Seyfried ausgerechnet dieses Gespräch auf seiner Universitäts-Website verlinkt hat, denn Attia entlockte ihn eine Menge Details, die andernfalls gar nicht zur Sprache gekommen wären, und hatte deshalb wohl dasselbe Gefühl wie ich, daß es sich um ein besonders interessantes und wichtiges Gespräch gehandelt hat. Ich selbst habe speziell diesen Podcast übrigens schon dreimal angehört, und jedesmal entdecke ich wieder neue Details. 

Damit verabschiede ich mich für 2023, wünsche allen (und ganz besonders Sandra, die Antwort an dich folgt im neuen Jahr!) einen guten Rutsch in das Jahr 2024 und daß das neue Jahr nur erfreuliche Überraschungen bereithalten möge - persönlich, gesundheitlich, aber gerne auch weltpolitisch, denn ich habe die "interessanten Zeiten" jetzt langsam doch satt und hätte gerne mal wieder ein bißchen mehr gediegene Langeweile. ;-)



5 Kommentare:

  1. Liebe Perditax,
    Wahnsinn- dein Blog Beitrag! Ich habe ihn grade regelrecht verschlungen und werde dir meine Gedanken dazu auch noch detailliert hier lassen - parallel zum 2., 3.ten lesen!
    Nur kurz:: mein Tumor ist weiter geschrumpft aber noch nicht „weg“ weshalb die (mittlerweile 4te!!!) Vermesserin der Onkologin das auch so gesagt hat (telefonisch direkt im Anschluss an meine Umtraschall Kontrolle) und die Onkologin mir daraufhin 6 weitere Paclitaxel „empfohlen“ hat.
    Hab erst mal zugesagt und sitze grade nach der ersten der weiteren 6 auf dem Sofa…
    Hab aber schon parallel einen Termin gemacht mit der Strahlenabteilung, um eine mögliche Bestrahlung VOR OP (ggf. parallel zur Chemo) zu besprechen. Entgegen den Gedanken von Seyfried habe ich Studien gefunden, die auf einen Vorteil der Bestrahlung vor OP hindeuten, zumindest aber wohl zeigen, dass der geänderte zeitliche Ablauf nicht nachteilig ist. Studie(Zusammenfassende Metaabalyse) werde ich dir dann verlinken.
    Ebenso werde ich mich zu meinen Keton und Glucose Werten äußern und meiner Schwierigkeit mit denselben derzeit sowie meine Interpretation der Zusammenhänge mit meiner stockenden Tumorschrumpfung ;)
    Dafür muss ich mich aber endlich mal an meinen Rechner setzen. Vom Handy aus hier möchte ich dir nunmehr einfach „nur“ ein gesundes, glückliches und erfolgreiches 2024 wünschen.
    Sei herzlich gegrüßt
    Sandra

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  2. Liebe Sandra,

    wegen der Radiotherapie: Das hier ist mit 30 Jahren der längste Beobachtungszeitraum, den ich je gesehen habe: https://www.ejcancer.com/article/S0959-8049(22)01352-1/fulltext

    (LR = Local Recurrence; OS = Overall Survival)

    Denn wollte ich eigentlich auch im Blogartikel verlinken, aber dummerweise fand ich ihn dann nicht wieder, und ich hatte ja so vieles andere zu schreiben, daß ich dachte, dann laß ich es halt und beschränke mich auf das, was Seyfried sagte. Dir zu Ehren habe ich mich jetzt noch einmal auf die Suche gemacht und fand es doch wieder.

    Aber die Teilnehmerinnen wurden ja bereits Anfang der Neunziger behandelt, das war ja noch in der radio- und chemotherapeutischen Steinzeit, von Antikörpern hat man damals noch nicht einmal geträumt. Trotzdem, daß die Bestrahlten unter dem Strich gar keinen Überlebensvorteil hatten (sogar nach zehn Jahren war das trotz der zunächst weitaus geringeren Rezidivrate ja nur marginal), finde ich verblüffend. Was ich aber den Hammer fand, war, daß auch die Rezidivrate noch zwanzig weitere Jahre lang ständig nach oben gekrochen ist. Mir fehlen hier allerdings ein paar wichtige Einzelheiten, etwa das Alter, denn <70 Jahre würde ja heißen, daß die ältesten Teilnehmerinnen, falls sie noch leben sollten, kurz vor dem hundertsten Geburtstag stünden. Aber die Langzeitperspektive nach einer erfolgreichen Brustkrebsbehandlung ist meiner Meinung nach eines der großen Fragezeichen und ich habe den Verdacht, daß nicht alles jenseits der Zehn-Jahres-Grenze so beruhigend stabil bleibt, wie das uns immer suggeriert wird.

    Bin sehr gespannt auf deine Links! Ich weiß nicht, ob ich die Studie, die dich überzeugt hat, vielleicht auch schon gesehen hatte, aber gegen die 30 Jahre in der schottischen konnte halt sonst nichts anstinken, also suchte ich dann nicht mehr weiter.

    Auch dir alles Gute im Jahr 2024, das nötige Näschen für die richtigen Entscheidungen (man kann ja mit allem und dessen Gegenteil falsch liegen, also braucht's dieses Näschen in jedem Fall), trotzdem aber den nötigen Optimismus und eine gewisse Grundaggressivität für die rückstandslose Beseitigung des geschrumpften Rests des feindlichen Invasoren. Mach ihn fertig, den Mistkerl!

    LG
    Perditax





















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  3. Hallo Perditax,
    ich sitze (seit langem) mal wieder am Rechner und nun stürzt safari ständig ab...
    darum kurz hier der Link zum der Übersichtsarbeit (von 2022), in der ich so vieles nachgelesen habe: https://www.researchgate.net/publication/366208598_Preoperative_RadioChemoTherapy_in_Breast_Cancer_Time_to_Switch_the_Perspective
    Allerdings hat mich das heutige Gespräch mit meiner Gynäkologin O-Ton "Nach allem was ich bislang erlebt habe leben die mit Mastektomie länger" doch wieder in Richtung Mastektomie denken lassen, denn: was, wenn ich vom Rezidiv Metastasen bekomme ? Und wie du auch schreibst.... wie sieht die Prognose NACH 10 Jahren aus???
    Vielleicht ist meine Gynäkologen einfach nur wie deine Oma oder Trochon ? (Der sich übrigens im Prinzip an Seyfrieds Regeln hält!)
    Eine längere Antwort kommt noch wenn ich meinem Rechner wieder vertrauen kann und nun bete ich dass diese Antwort raus geht bevor mein Browser wieder abstürzt.
    Herzlichst - Sandra

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  4. P.S. Danke auch für den Link zu der 30 Jahre Übersichtsarbeit. Ich lese... auch das Video Interview mit Peter Attia und Seyfried habe ich verschlungen. Etwas Angst ja dann schon bekommen als er so gegen Radiotherapie war... auch seine Immunsystem = Metastasenschlüssel Theorie ist logisch und dennoch erschreckend. Laut meinen Studienkenntnidden ist die Theorie ja eher dass das Immunsystem durch die Radiotherapie die geschwächten Krebszellen erkennt und dies wie eine "Impfung" wirkt und nicht sich mit dem Feind verbündet... wer weiß - wahrscheinlich ist alles möglich (in beide Richtungen)
    LG noch mal

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  5. Hallo Sandra,

    hm. Mastektomie, würde ich vermuten, schützt einleuchtenderweise am besten vor Lokalrezidiv. Aber gilt das auch für Metastasen? Einzelne Krebszellen könnten ja auch im Lymphsystem überleben, genau da, wo wir sie gar nicht gebrauchen können, weil sie da ihre feindlichen Übernahmen planen. Und alle Lymphknoten möchtest du nicht rausoperiert bekommen, wenn es nicht sehr gute Gründe dafür gibt, vertrau mir in diesem Punkt.

    Worauf ich eher setzen würde, wäre die Wirkung der noch etliche Monate weiterlaufenden Antikörpertherapie, die ja an allen versprengten überlebenden Krebszellen wieder andockt und sie daran hindert, ein neuer Tumor zu werden, auch solchen, die sich nicht in der Brust befinden (wo auch immer sie sich zusätzlich zu den Lymphknoten noch herumtreiben mögen).

    Das könnte m.E. tatsächlich für eine neoadjuvante Bestrahlung sprechen, denn du bekommst die Antikörper ja ein Jahr lang, und so bekommt die Therapie ein bißchen länger Zeit, feindliche Umtriebe zu unterbinden, die sich vielleicht in Zusammenhang mit alten Krebszellen und neuen Zellschädigungen durch die Bestrahlung ergeben könnten, denn die neuen wären erst mit etwas Zeitverzögerung zu erwarten (die Strahlenmedizinerin sprach von ca. einem halben Jahr in Zusammenhang mit etwaigem Lungenkrebs, der sehr selten, aber manchmal eben doch als Bestrahlungsfolge auftreten kann, weil die Lunge bei der Bestrahlung am Rand noch mitgetroffen wird). So teuer wie dieses Zeug ist, wird das bestimmt nicht länger als ein Jahr gegeben, sonst wäre meine erste Idee gewesen, das im Zweifelsfall noch um ein paar Monate zu verlängern.

    Bestimmt schadet es auch nicht, Seyfrieds Empfehlung mit den zwei bis drei dreitägigen Fastenintervallen pro Jahr aufzugreifen, damit regelmäßig intern die große Kehrwoche gemacht wird.

    Danke außerdem für den Link! Das war echt interessante Lektüre. Die Frage der Antikörper-Doppelblockade plus Radiotherapie in der Langzeitwirkung wird aber wohl frühestens an unserer Patientengeneration festgestellt werden können, denn wie das die Wirkung (kurz- und langfristig) im Zusammenhang mit der Bestrahlung verändert, das kann man im Moment ja nur raten. Ich tippe aber darauf, daß das auch die langfristigen Rezidive deutlich verringert, weil das ja naheliegt.

    Interessant unter den Quellen in den Fußnoten deiner Studie (du weißt ja, ich bin Fußnotenjunkie) fand ich vor allem diese hier, die einzige in der Liste auf S. 9773, in der die Doppelblockade zur Anwendung kam: https://www.mdpi.com/2072-6694/14/18/4531

    "To date, the 100% of patients who completed PCRT are free of local relapse and alive. Median follow-up of this study is 24.2 months (range 4.1–49.4 months)."

    So was liest man doch aber mal richtig gerne, oder?

    Die einzige bedauerliche Nachricht bisher: Eine Patientin entwickelte nach 25 Monaten einen vom vorherigen unabhängigen "Zweitkrebs", aber wenigstens einen, den man lokal behandeln konnte. Wir sollten ein Auge drauf haben, ob es bei denen noch weitere Follow-ups geben wird.

    LG
    Perditax






























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