Montag, 22. April 2019

Urlaubsfreuden und Fastenpause

Noch ein letzter Post, bevor ich in meinen Osterurlaub verschwinde, und ein Winken in Richtung Athrael aus dem Forum abnehmen.com, dem ich ein Update meiner Studienunterseite und eine Antwort im Forum bis nach dem Urlaub schuldig bleiben muß. Leider waren die letzten Tage, ganz anders als geplant, für mich extrem hektisch, und ich muß wohl froh sein, daß ich überhaupt alle Urlaubsvorbereitungen noch rechtzeitig auf die Reihe gekriegt habe.

Aktuelles Gewicht heute früh: 109,2 Kilogramm; kein schlechter Wert für den Tag, der normalerweise der erste Fastentag meiner Woche wäre, also der maßgebliche Wert für mein tatsächliches Körpergewicht. Seit dem Start dieses Blogs am 19.3. habe ich, was diesen maßgeblichen Wert betrifft, 1,2 Kilogramm verloren. Eigentlich hätte ich mit ein bißchen mehr gerechnet, aber solange die Richtung noch stimmt - und das tut sie ja -, finde ich das nicht weiter dramatisch. Sollte ich bei einer Hochrechnung meiner Gewichtsabnahme der letzten drei Monate auf ein ganzes Jahr einmal bei weniger als 10 Kilogramm pro Jahr herauskommen, werde ich mir Gedanken machen, ob und wie ich meinen Fastenrhythmus modifieren sollte. In den letzten drei Monaten waren es 4,2 Kilogramm, also liege ich da locker darüber.

Nun werde ich also eine Woche lang nicht fasten und bin schon sehr gespannt, ob das wieder dieselbe Wirkung haben wird wie beim Frühjahrsurlaub letztes und vorletztes Jahr. Beide Male habe ich nämlich in dieser Woche nicht zugenommen und im Anschluß hat sich meine Gewichtsabnahme beschleunigt. Falls das diesmal wieder so sein sollte, werde ich im Juni noch einmal eine Woche lang mit dem Fasten aussetzen, um herauszufinden, ob sich diese Wirkung auch dann erzielen läßt, wenn ich ganz normal daheimbleibe. Im Urlaub ist ja doch manches ein bißchen anders, und ich werde auch wandern.

Das genieße ich gerade im Frühjahr sehr, wenn die Obstbäume blühen und alles voller Vogelgezwitscher ist. Einzige Bedingung: Ich muß ein Ziel haben, zu dem ich hinwill, nicht einfach nur eine Strecke ablaufen, damit ich eben gelaufen bin, weil man das "aus Gesundheitsgründen" so machen soll. Bewegung nur um der Bewegung willen bin ich zeitlebens immer verständnislos gegenübergestanden. Aber für eine Strecke, die ich normalerweise mit dem Zug fahren würde, stattdessen eine schöne Route mit demselben Ziel auswählen und ablaufen, weil es Frühling ist und schönes Wetter, weshalb es schade darum wäre, dies nur aus dem Zugfenster heraus erahnen zu können, das mache ich tatsächlich mit großer Begeisterung.

Und jetzt breche ich also auf. Bis nächste Woche! 😎





Donnerstag, 18. April 2019

Insulin als Schlüsselfaktor beim Abnehmen

Mein Gewicht heute morgen zu Beginn des zweiten Fastentags der Woche (des letzten Fastentags vor meinem Osterurlaub): 108,3 Kilogramm. Das sind 200 Gramm mehr als vorgestern, allerdings hatte ich mir am Montag den Magen verdorben und ziemlich viel Zeit auf dem stillen Örtchen verbracht, deshab hatte ich schon geahnt, daß das passieren würde. Ich hatte gestern früh auch nur 1 Kilogramm verloren wegen des damit verbundenen Flüssigkeitsverlusts, lag damit aber immerhin nach dem ersten Fastentag der Woche bei gar nicht so schlechten 107,1 Kilogramm.

Mit meinen "alten" Magen-Darm-Beschwerden hatte das nichts zu tun, denn mein Mann hatte genau dasselbe, und es war auch nach einem halben Tag wieder alles in Ordnung. Wir haben wohl was Falsches gegessen. Mal sehen, wie mein Gewicht morgen früh aussieht. Ich hoffe ja hartnäckig weiter auf unter 107 Kilogramm noch vor Ostern. Und normalerweise wiege ich nach dem zweiten Fastentag der Woche auch weniger als nach dem ersten.

Vor ein paar Tagen habe ich mich in einem Diskussionsforum zum Thema Abnehmen angemeldet und mich, wie das in Diskussionsforen ja auch sein sollte, in eine Diskussion verwickeln lassen. Das kostet mich zwar Zeit, aber als Einzelkämpfer hat mir bislang der Widerspruch gefehlt, um mir überhaupt darüber klar zu werden, was wichtig ist und was nicht. Ich möchte mich ja nicht länger als nötig mit Nebensächlichkeiten aufhalten, wenn ich mich mit der Theorie hinter meiner Praxis befasse.

Ich interessiere mich sehr für die Gründe, warum ich abnehme, weil meine Methode eigentlich gar nicht funktionieren dürfte. Ich mache nichts von dem, wozu Experten für gewöhnlich raten, auch und gerade in Zusammenhang mit Intervallfasten. Ich treibe keinen Sport (im eigentlichen Sinne), ich zähle keine Kalorien, ich bemühe mich nicht um eine "ausgewogene" Ernährung, ich verzichte nicht auf Zucker, ich esse alles, worauf ich Lust habe, und so viel davon, wie ich will. Und es funktioniert. Vielleicht ließe sich meine Gewichtsabnahme noch optimieren, wenn ich eines oder mehrere dieser Dinge machen würde, aber wozu eigentlich? "Never touch a running system", wie es so schön heißt.

Als ich nur eines oder mehrere dieser von Experten empfohlenen Dinge tat, funktionierte es mit dem Abnehmen außerdem nicht. Präziser gesagt: Es funktionierte immer nur vorübergehend, gefolgt von einer Wiederzunahme. Und ich konnte mich zwischenzeitlich auch davon überzeugen, daß das fast jedem passiert, der das tut, wozu Experten für gewöhnlich raten. Damit das jeder andere auch kann, habe ich eine Unterseite in diesem Blog eingerichtet, auf der ich alle einschlägigen Studien sammle und kommentiere. Diese Unterseite ist ein "Work in Progress", noch bin ich nicht mit allen Studien durch, die ich bereits kenne, und ich habe bestimmt auch noch nicht alle Studien gefunden, die es gibt. Das Blog selbst will ich nicht zu wissenschaftslastig machen; mir geht es vor allem darum, zu dokumentieren, was geschieht, wenn ich die Theorie mit dem Insulin, der ich folge, praktisch anwende. Man könnte sagen, ich tue so, als ob die Theorie wahr wäre, und beschreibe, was dann tatsächlich passiert.

Mir ist gestern in einer Diskussion zum ersten Mal so richtig klargeworden, was mich - und zwar ziemlich schlagartig - ursprünglich davon überzeugt hat, daß Insulin der Schlüsselfaktor beim Abnehmen sein muß. Das war keine der vielen wissenschaftlichen Studien, die Dr. Fung, von dem die Theorie stammt, anführen konnte, um seine Thesen zu untermauern, und auch nicht deren große Anzahl, sondern eine leicht überprüfbare simple Tatsachenbehauptung über die Wirkung von Insulin und fehlendem Insulin.

Der Einfachheit halber übernehme ich jetzt mal meinen gestrigen Text aus dem Forum: 

Es gibt ja zwei Arten von Diabetes, Typ 1 und Typ 2, und das verleitet zu der Annahme, es sei irgendwie fast dieselbe Krankheit. In Wirklichkeit sind sie einander diametral entgegengesetzt. Was sie verbindet, ist dasselbe Leitsymptom: der hohe Blutzucker. Der hohe Blutzucker kommt in beiden Fällen davon, daß zu wenig Insulin vorhanden ist, um den Zucker im Blut der sachgemäßen Verwendung, also der Verbrennung in den Körperzellen, zuzuführen. Aber die Gründe dafür sind unterschiedlich.

Bei Diabetes Typ 1 stellt die Bauchspeicheldrüse kein Insulin her. Wird kein Insulin von außen zugeführt, magern die Erkrankten bis aufs Skelett ab und sterben schließlich, egal, wieviel Nahrungsenergie man ihnen zuführt.

Bei Diabetes Typ 2 übersteigt die verzehrte im Blut vorhandene Menge an Zucker die Kapazitäten an Insulin. Die Betroffenen nehmen in der Regel stark zu, bevor sich die Erkrankung entwickelt. Behandelt man sie mit zusätzlichem Insulin, reduziert das den Blutzucker, aber nehmen noch mehr zu.

Es gibt eine Ernährungsstörung namens Diabulimie bei Diabetikern vom Typ 1. Sie besteht darin, sich absichtlich weniger Insulin zu spritzen, als eigentlich nötig wäre - weil man damit abnimmt.

Warum also sollte es bei Nicht-Diabetikern nicht dieselbe Wirkung auf das Körpergewicht haben, wenn sie ihre Insulinausschüttung reduzieren?

Es wäre schlicht und einfach plausibel, wenn das geschehen würde, egal, wie genau die Wirkungsweise physiologisch erklärt werden kann, und ebenso egal, welche Rolle die Kalorien in dieser Erklärung spielen würden.

Nicht-Diabetiker haben dabei den großen Vorteil, daß sie damit keine Gesundheitsrisiken eingehen. Diabulimie ist lebensgefährlich; man riskiert dabei schwerwiegende Gesundheitsschäden bis hin zum Tod. Steuert man als Gesunder die Insulinausschüttung, indem man keinen Zucker oder gar nichts ißt oder irgendetwas anders tut, das sie wahrscheinlich reduziert, geht man dieses Risiko nicht ein, weil man damit ja auch den Blutzucker entsprechend reduziert. Das Schlimmste, was passieren könnte, ist, daß die erhoffte Wirkung geringer ausfällt als erwartet, oder ganz ausbleibt.

Mir ging zur Diabulimie noch etwas anderes durch den Kopf, deshalb hat mich interessiert, ob das ein eher seltenes oder doch häufigeres Problem ist, also habe ich danach mal gegoogelt. Wenn ich nach dieser Studie hier gehe, ist es erschreckend weit verbreitet und betrifft unter jüngeren Diabetikern, vor allem aber bei jungen Frauen, jeden Dritten.

Warum gehen diese jungen Menschen solche extremen Gesundheitsrisiken ein, um ihr Gewicht zu kontrollieren? Die meisten Leute, die abnehmen, sagen, sie tun das - ausschließlich oder zum Teil -, um gesund zu bleiben. In diesen Fällen können Gesundheitsgründe aber aus offensichtlichen Gründen keine Rolle spielen.

Ich habe auch insgesamt Zweifel daran, daß Gesundheitsgründe beim Abnehmen - jedenfalls bei jüngeren Leuten - ernsthaft eine Rolle spielen. Ausnahmen mag es geben, vor allem bei Leuten, die sich durch eine Erkrankung tatsächlich konkret in ihrem Alltag beeinträchtigt fühlen oder die große Angst davor haben, dies zu erleben. Es gab da nämlich einmal diese Studie in den USA, deren Teilnehmer unter anderem gefragt wurden, ob sie lieber zehn Lebensjahre verlieren als fettleibig sein würden. Von den Übergewichtigen stimmten zehn Prozent zu, und von den Untergewichtigen sogar mehr als ein Drittel.

Irgendwas ist da schiefgelaufen mit den Gesundheitskampagnen gegen Übergewicht, wenn am Ende dabei herauskommt, daß Menschen bereit sind, um nicht übergewichtig zu sein, umgekehrt ihre Gesundheit und ihr Leben aufs Spiel zu setzen.

Nachtrag: Wie der Zufall so spielt, las ich gerade hier etwas sehr Interessantes über Zwillingsschwestern, davon eine Diabetikerin vom Typ 1 und die andere nicht. Sie haben in einem Selbstversuch (natürlich ärztlich begleitet) getestet, ob man als Typ-1-Diabetiker fasten kann oder nicht.

Spoiler: Ja, es geht - aber natürlich keinesfalls auf eigene Faust und nur mit engmaschiger ärztlicher Überwachung. Das hätte ich, ehrlich gesagt, gar nicht erwartet. Ich dachte immer, mit Diabetes Typ 1 stünde einem diese Möglichkeit von vornherein nicht zur Verfügung. Besser als Diabulimie wäre es allemal, um sein Gewicht zu kontrollieren.







Montag, 15. April 2019

Fasten und Fastenpausen

Nachdem ich am Wochenende davor mehr zugenommen hatte als erwartet, ist dieses Wochenende genau das Gegenteil passiert. Heute früh wog ich 108,2 Kilogramm, damit sollte ich meinen morgigen Fastentag deutlich unter 110 Kilogramm beginnen können. Und vielleicht schaffe ich es ja damit diese Woche endlich, wieder mit einem Wert unter 107 Kilogramm ins Wochenende gehen zu können.

Nächste Woche faste ich wegen Urlaub nicht. Wenn ich nach meinen Erfahrungen der letzten beiden Jahre gehe, sollte das aber, da Frühjahr, keinen Einfluß auf mein Gewicht haben. Außerdem ist dieser Urlaub mit Wandern verknüpft, da kann es mit ein bißchen Glück sogar eine Winzigkeit weiter runter gehen, letztes Jahr hatte ich das schon mal.

Letztes Jahr war dieser Urlaub im Frühjahr mein einziger und damit auch meine einzige Fastenpause, aber dieses Jahr werde ich wahrscheinlich noch mindestens zweimal pausieren. Vielleicht bilde ich mir das ja doch nur ein, aber ich hatte vorletztes Jahr, als ich im Frühjahr/Sommer andauernd unterbrechen mußte, schon das Gefühl, daß anschließend meine Gewichtsabnahme deutlich schwungvoller verlief. Dieses Jahr will ich mir endlich mal ein fundiertes ein Urteil darüber bilden, ob Pausen beim Fasten meiner Gewichtsabnahme wirklich zuträglicher sind, als meinen Rhythmus nonstop umzusetzen, und auch deshalb will ich mir zusätzlich zu meinem im August geplanten Sommerurlaub noch eine weitere Pause gönnen. Wahrscheinlich im Juni.

Wie schon anderswo erwähnt, im Winter funktioniert so etwas jedenfalls zweifelsfrei nicht. In der falschen Jahreszeit führten Fastenpausen bei mir bislang immer zu einer Gewichtszunahme.








Mittwoch, 10. April 2019

Waagen-Achterbahnfahrten



Nachdem ich vorgestern nicht etwa, wie am Sonntag erwartet, knapp unter 110, sondern vielmehr 110,5 Kilogramm gewogen hatte, begann ich den gestrigen Tag mit durchaus erfreulichen 108,2 Kilogramm, sogar nach Frühstück. Heute waren es wieder 109,5 – was okay ist, aber es hätte gerne auch ein bißchen weniger sein dürfen. Mal schauen, ob ich morgen wieder einen Grund zur Freude bekommen werde. Dafür sollten es weniger als 108 Kilogramm sein; je weniger, desto erfreulicher natürlich. Die 106,3 werde ich zwar so schnell nicht wieder erreichen, und das war mir ja von vornherein klar, aber unter die 107 möchte ich in absehbarer Zeit schon wieder kommen, vorzugsweise gleich diese Woche am Samstag. 

Normalerweise frühstücke ich morgens nicht sofort nach dem Aufstehen und habe auch frühestens zwischen 9 und 10 Uhr ein echtes Bedürfnis danach, sondern trinke nur zwei große Tassen Kaffee. Mein Mann wurde aber, und zwar „bis auf weiteres“, zu Dauer-Nachtschichten verdonnert, und das gemeinsame Frühstücken, bevor er sich nach seiner Schicht schlafen legt, ist bei Nachtschichten – die gar nicht zu seinem normalen Schichtplan gehören, aber manchmal notfallmäßig für einige Wochen angeordnet werden – eine uns liebgewordene Tradition, die ich außerhalb meiner Fastentage nicht missen möchte. Ich hätte gar nichts dagegen, wenn er auch an den Tagen, an denen ich nicht mitesse, Brötchen zum Frühstück für sich selbst mitbringen würde. Aber alleine zu essen macht ihm keinen Spaß. Essen ist nun einmal mehr als nur Nahrungsaufnahme, und auf unsere gemeinsamen Mahlzeiten legen wir beide großen Wert. 

Eigentlich mache ich das mit dem Wiegen nicht so richtig „nach Vorschrift“, denn auch die zwei Tassen schwarzer Kaffee, mit denen ich jeden Tag, auch Fastentage, beginne, erhöhen mein Gewicht ein wenig im Vergleich zu dem Gewicht, das ich hätte, wenn ich mich vor dem Kaffeetrinken wiegen würde. Aber meine Waage steht eine Etage tiefer, einerseits, weil ich dort den nötigen Platz dafür habe, und andererseits, weil ich das Fasten ja anfangs meinem Mann verheimlicht habe und deshalb auch die Waage an einer unauffälligen Stelle aufstellen mußte. 

Ich bin dabei geblieben, auch wenn keine Geheimniskrämerei mehr nötig ist, denn das Platzproblem hat sich in den letzten zwei Jahren eher verschlimmert als verbessert. Die Veränderungen bei meinem Gewicht sind außerdem auch auf diese Art vergleichbar. Nur dann, wenn ich, wie in den letzten Wochen, unter der Woche (an Wochenenden haben wir wieder andere Gewohnheiten und Rituale) außerhalb meiner Fastentage frühstücke, sind es, über den Daumen gepeilt, noch einmal um die 200 Gramm mehr, als der Kaffee alleine ausmachen würde. Ich notiere das Gewicht trotzdem so, wie es angezeigt wird, und bemühe mich, mein Hirn nicht mit sinnlosen Herumkalkulierereien zu belasten.
Man sollte sich von seiner Waage außerdem nicht über Gebühr terrorisieren lassen, denn die Schwankungen im Gewicht von einem Tag auf den nächsten sagen gar nichts über Erfolg oder Mißerfolg beim Abnehmen aus. Irgendwo im Web las ich mal den schönen Satz: „Wenn du ein Kilo Brokkoli ißt zeigt die Waage ein Kilo mehr an.“ Das faßt sehr gut zusammen, daß und warum die Zahl auf der Waage nicht das ist, worauf es eigentlich ankommt. 

Die verbreitete Annahme, diese oder jene „Sünde“ vom Vortag müsse für ein oder zwei Pfund scheinbare Gewichtszunahme von heute verantwortlich sein, ist vor allem ein Ausdruck des schlechten Gewissens, das wahrscheinlich jedem, der Diäten hält, mehr oder weniger stark im Nacken sitzt, weil es in der Natur der Sache liegt, daß niemand immer so heilig ist, wie er eigentlich sein zu müssen glaubt. Immer hätte man sich noch mehr sportlich betätigen oder auf irgendein Lebensmittel verzichten können. Nicht einmal ich bin davon völlig frei, obwohl ich gerne und häufig und aus Überzeugung sündige und mir im Zweifelsfall noch eine Extra-Sünde gönne, wenn ich mich bei solchen destruktiven Gedanken ertappe. 😇 Die „Sünde“ vom Vortag befindet sich am Morgen nach einer abendlichen Schlemmerei noch im Magen-Darm-Trakt, und was sie dort wiegt, ist – siehe den Brokkoli – nicht das zu lösende Problem, sondern vielmehr, wie man verhindert, daß sie es sich auf den Hüften und unseren anderen Problemzonen gemütlich macht und dort eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis beantragt. 

Die Waage lügt einen manchmal aber auch an, wenn sie Erfreuliches kundtut. Habe ich etwa gerade zwei Stunden lang schwitzend Möbel geschleppt, zeigt die Waage unmittelbar danach meistens einen höchst erfreulichen Wert an. Dummerweise drückt dieser Wert aber vor allem den Wasserverlust durch die Anstrengung und das Schwitzen aus, nicht etwa „abgearbeitetes“ Speicherfett.

Dazu kommen außerdem noch zyklische Schwankungen im Gewicht, die ebenfalls gar nichts mit wachsenden Fettpolstern zu tun haben, sondern eher mit dem Wasserhaushalt. Das kann bei Frauen mit dem Menstruationszyklus zusammenhängen, der ja auch hormonell gesteuert ist, und obwohl ich mich jenseits der Menopause befinde, habe ich doch den Eindruck, daß da noch das eine oder andere bei mir aktiv ist, denn meine Gewichtsabnahmen kommen manchmal ziemlich abrupt in Ein- bis Zwei-Kilo-Sprüngen. (Allerdings ist das nicht immer so. Dann wäre die Sache wohl zu einfach zu durchschauen …) Außerdem spielen bei mir auch die Jahreszeiten eine Rolle. Letzten Winter hatte ich beispielsweise eine wochenlange Stagnationsphase beim Gewicht, aber meine Jeans schlotterten trotzdem immer stärker und Ende Dezember bin ich bei immer noch fast dem gleichen Gewicht, bei dem ich Ende September die nächstniedrigere Größe – noch viel zu eng – gekauft hatte, auf diese neue Jeans umgestiegen, weil sie nun paßte. Übrigens hat diese Stagnation kaum etwas mit Vorweihnachtssünden zu tun, denn ich bin kein großer Fan von Weihnachtsgebäck und dergleichen, und zu Weihnachten nahm ich schon wieder ab. 

Die Zuverlässigkeit von Waagen läßt außerdem meist zu wünschen übrig. Schwankungen von bis zu 300 Gramm plusminus sind völlig normal und auch zulässig, wenn es sich um normale, ungeeichte Personenwaagen handelt, aber die zahlreichen entsprechenden Beschwerden bei Amazon und ähnlichen Portalen lassen vermuten, daß das gemessene Gewicht bei vielen handelsüblichen Waagen noch erheblich weiter abweichen kann. 

Das gilt vor allem für Digitalwaagen, und noch mehr, wenn man wie ich in einem Gründerzeit-Altbau mit diesen schönen alten Holzdielenböden wohnt. Die sind nämlich nie hundertprozentig eben, und so etwas irritiert Digitalwaagen ganz furchtbar. Als ich noch ein solches Modell benutzte, bin ich oft mehrere Male hintereinander draufgestiegen, und meistens bekam ich dann mehrere verschiedene Gewichtsangaben, jedenfalls dann, wenn ich ihr dazwischen ein oder zwei Minuten Zeit gelassen habe, die vorherige Anzeige, die irgendwie gespeichert wird, vorher wieder zu „vergessen“. Stellte ich die Waage an eine andere Stelle im Raum, waren die Schwankungen noch erheblicher. Wählte ich versehentlich eine Stelle aus, die der Waage besonders uneben vorkam, bekam ich nur noch Zahlensalat: Die Waage konnte sich nicht entscheiden und sprang manchmal eine halbe Minute lang oder noch länger zwischen verschiedenen Werten hin und her, und das konnte dann auch leicht zwanzig Kilogramm hin oder her ausmachen. 

Weil ich gerne eine Waage haben wollte, die mir, wenn ich zweimal hintereinander draufstieg, beide Male dasselbe Gewicht anzeigt, und schon zwei Digitalwaagen mit demselben Problem hinter mir hatte, probierte ich es mit einem mechanischen Modell. Theoretisch hätte sie bis 150 Kilogramm geeignet sein müssen, jedenfalls reichte die Gewichtsanzeige bis dahin, aber in der Praxis muß ihre Belastungsobergrenze unter meinem Gewicht gelegen haben – irgendeine Feder leierte vielleicht aus. Nach kurzer Zeit mußte ich sie nämlich nach jedem Wiegevorgang wieder neu einstellen, weil sie dann nicht die Null anzeigte, sondern ca. ein Kilo plus.

Das verunsicherte mich, was die Höhe meines tatsächlichen Gewichts betraf, und so wechselte ich doch wieder auf die launische Digitalwaage. Die benutzte ich, wenn auch fluchend, bis mein Mann vor ungefähr einem Jahr auf dem Flohmarkt diese alte eichfähige Arztwaage fand, die ich seitdem in Gebrauch habe. Erstens ist sie unkaputtbar und zweitens, behauptet er jedenfalls (und mit diesem mechanischen Kram kennt er sich wirklich gut aus), wie alle Waagen, die nach dem Prinzip der Balkenwaage funktionieren, absolut zuverlässig, auch wenn sie ausweislich eines entsprechenden Aufklebers schon seit den frühen neunziger Jahren nicht mehr geeicht wurde. Alles, was man für zuverlässige Ergebnisse tun muß, ist, sie gelegentlich auf null zu stellen und ggf. nachzujustieren, bis sie im Lot ist. Das mache ich alle paar Monate (meistens, wenn sie ein Ergebnis anzeigt, das für mich positiv oder negativ überraschend ist), und verstellt hatte sich dann jeweils so gut wie gar nichts. Dieser Waage kann ich also endlich vertrauen, auch wenn ich nicht immer zufrieden mit dem angezeigten Gewicht bin. 😲



Vom Kopf her ist mir völlig klar, daß ich die Zahl, die die Waage anzeigt, nur als Momentaufnahme ohne größeren Erkenntniswert betrachten sollte, die nur in einer mehrwöchigen Perspektive anzeigt, ob die Richtung stimmt, in die sich das Körpergewicht bewegt. Aber ich bin halt auch nur ein Mensch. Wenn ich morgens auf die Waage steige, möchte ich gerne – im Rahmen der bei meinem Fastenrhythmus zu erwartenden Schwankungen – ein Erfolgserlebnis haben, und wenn das ausbleibt, habe ich schlechte Laune. Zum Glück ist es bislang nie dauerhaft ausgeblieben.

Sonntag, 7. April 2019

Intervallfasten und das Insulin

Ich habe eine anstrengende Woche mit viel Arbeit hinter mir, aber immerhin war ich wieder gesund, nachdem ich mich fast die ganze vorausgegangene Woche mit meinen Verdauungs-Unpäßlichkeiten herumgeplagt hatte. Seit dieser Woche nehme ich auch wieder Grüntee-Kapseln und beobachte mit Argusaugen, ob das Warnsignal Sodbrennen wieder auftaucht. Bislang war das nicht der Fall, aber vorletzte Nacht habe ich kurioserweise geträumt, ich hätte Sodbrennen. Nach dem Aufwachen war ich mir einen Moment lang unsicher, ob das wirklich ein Traum gewesen war oder ich vielleicht doch echtes Sodbrennen gehabt haben könnte.

Mein Gewicht ist letzte Woche - natürlich - wieder etwas nach oben gegangen. Daß ich nach dem Abklingen meiner Magen-Darm-Sache noch zwei oder drei Tage lang etwas dehydriert war, merkte ich daran, daß ich am Montag und Dienstag ständig Durst hatte, und entsprechend habe ich an den beiden Fastentagen weniger Wasser und damit auch weniger Gewicht verloren, nämlich nur jeweils 1,3 Kilogramm. Heute morgen wog ich 109,4 Kilogramm, und ich hoffe, daß ich morgen früh meinen ersten Fastentag der Woche mit etwas weniger als 110 Kilogramm beginnen kann. Ein schönes Ergebnis wäre es, wenn ich am Samstag, nach dem dritten Fastentag der Woche, bei unter 107 Kilogramm herauskäme. Ob das wirklich passieren wird, bleibt abzuwarten. 

Und nun zu etwas, das ich schon seit dem ersten Beitrag vor mir hergeschoben hatte, nämlich der Theorie, der ich beim Abnehmen folge. Eigentlich will ich dieses Blog ja nicht allzu theorielastig machen. Aber eine Erklärung, auf Basis welcher theoretischen Annahmen ich mein Körpergewicht halbieren zu können glaube, ist schon erforderlich, weil diese Annahmen so sehr im Widerspruch zu allem stehen, was Ärzte, Ernährungsberater und Krankenkassen immer erzählen.

Nun werden natürlich eine Menge Theorien verbreitet, warum das mit dem Abnehmen wie funktionieren soll, und die meisten klingen erst mal irgendwie plausibel, und zu jeder gibt es auch diese eindrucksvollen Erfolgsgeschichten, in der Regel mit Vorher/Nachher-Fotos. Das Ungewöhnliche in meinem Fall ist, daß ich erst nach meiner hohen Gewichtsabnahme – 20 Kilogramm innerhalb von sechs Monaten – eine Theorie gesucht habe, die sie erklären konnte, und auf diese Suche machte ich mich deshalb, weil es rechnerisch völlig unmöglich war, daß die Kalorien dabei eine Rolle gespielt haben könnten.

Wie hier beschrieben, habe ich in diesem ersten halben Jahr eine Schmalspur-Variante des Fastens praktiziert: im wöchentlichen Wechsel Fastenintervalle von 18 bzw. 21 Stunden dreimal wöchentlich. Dazu kommt aber auch noch, daß ich von diesem halben Jahr Unterbrechungen im Umfang von insgesamt ca. sechs Wochen abziehen muß, in denen ich umständehalber (Urlaub etc.) nicht gefastet habe. Wir reden hier also von nur zwanzig Wochen, in denen ich tatsächlich diesen Fastenrhythmus praktiziert habe. Wenn ich ausrechne, wie viele Mahlzeiten ich in diesem halben Jahr insgesamt durch das Intervallfasten ausgelassen habe, komme ich nur auf ca. 100 bis maximal 120. (20 Wochen mal drei Tage pro Woche = 60 Tage, dabei wurden maximal zwei, teilweise aber auch nur eine Mahlzeit pro Fastenintervall ausgelassen.)

120 Mahlzeiten geteilt durch 20 Kilogramm Gewichtsabnahme: 6 ausgelassene Mahlzeiten sollen also ein volles Kilogramm Gewichtsabnahme bewirkt haben können? Das ist absurd. Es kann einfach nicht die Wirkung der dabei eingesparten Kalorien gewesen sein. Wäre die „Kalorien-Theorie“ – ich nenne das, was allgemein als Wahrheit gilt, jetzt einfach mal so – richtig, hätte ich mit dieser Methode niemals so viel abnehmen können.

Lege ich stattdessen aber die Insulin-Theorie zugrunde, war meine anfängliche Gewichtsabnahme im Vergleich zu anderen erfolgreichen Intervallfastern zwar immer noch überdurchschnittlich hoch, aber nicht unerklärlich. Insulin ist ja nicht das einzige Hormon, das beim Körpergewicht eine Rolle spielt, und wie die verschiedenen Hormone dabei zusammenspielen und sich gegenseitig beeinflussen, ist individuell verschieden und deshalb kaum vorherzusagen. Ohnehin werden diese Mechanismen allgemein noch längst nicht ausreichend durchschaut, aber hinzu kommt, daß sie nicht das ganze Leben lang gleich bleiben sowie daß Geschlecht, Körpergröße und verschiedene andere Besonderheiten eine Rolle spielen können. Der menschliche Darm beispielsweise kann länger oder kürzer sein; es wäre seltsam, wenn das nicht auch einen Einfluß auf den Stoffwechsel hätte.

Ich vermute vor allem, zwischen der schnellen Zunahme vor Beginn des Intervallfastens und der schnellen Abnahme danach gibt es bei mir irgendeinen Zusammenhang. Wie auch immer dieser Zusammenhang genau aussieht, man braucht ihn aber eindeutig nicht in der Kalorienzufuhr zu suchen; daß das bei – von den Fastenintervallen abgesehen – unverändertem Ernährungs- und Bewegungsverhalten überhaupt nicht sein kann, liegt auf der Hand. Dabei sollte noch mehr zu denken geben, daß ich von Beginn des Intervallfastens mit genau demselben Ernährungs- und Bewegungsverhalten zugenommen hatte, und das in den letzten Monaten im beängstigenden Umfang von ebenfalls mehreren Kilogramm pro Monat.

Meine momentane, nicht mehr ganz so rapide Gewichtsabnahme (durchschnittlich 1,5 Kilogramm im Monat) widerspricht aber ebenfalls der Kalorien-Theorie.

Eine Überschlagsrechnung, um das zu belegen: Daß ich in meinem aktuell praktizierten Fastenrhythmus durchschnittlich etwa jeden dritten Tag null Kalorien zu mir nehme, entspräche, auf eine „normale“ Diät umgebrochen, einem Minus von einem Drittel an Kalorien am Tag, also 33 %, im Vergleich zu vorher. Da ich in diesem Vorher aber ständig zugenommen hatte, muß es einen Kalorienüberschuß in meiner Ernährung gegeben haben. Dieser Überschuß besteht folglich außerhalb meiner Fastenintervalle weiter fort, denn ich habe meine Ernährung, siehe oben, ja nicht verändert. Meine momentane Ernährung ergäbe somit als rechnerischen Tagesdurchschnitt eine Kalorienmenge, die allerhöchstens um die 20 bis 25 % unter dem rechnerischen Energiebedarf liegen kann.

Das entspräche ziemlich genau einer typischen Diät. Kennt ihr Leute, die mit einer Diät dieser Art (also: 1500 bis 1600 Kalorien am Tag – oder meinetwegen auch 1300 oder 1400) in zwei Jahren 25 % ihres Gewichts verloren haben? (Also: von 80 Kilo auf 60 Kilo. Oder von 100 auf 75. Oder zum Beispiel von 147 auf 110.)

Ich nicht. Und die Wissenschaft auch nicht.

Studien verzeichnen bei Diäten dieser Art nach zwei Jahren ausnahmslos einen durchschnittlichen Gewichtsverlust im niedrigen einstelligen Kilogrammbereich, und zwar auch dann, wenn die Diät mit Sportprogrammen, egal ob harmlos oder ambitioniert, kombiniert wurde. Mit jedem weiteren Jahr nähert sich das Gewicht dann wieder dem Ausgangsgewicht an. Beispielhaft die größte Studie überhaupt zu dieser Frage; sollte ich mal viel Zeit haben, werde ich vielleicht eine Linksammlung zu allen Langzeit-Studien anlegen, die online verfügbar sind. Und eines fällt dabei besonders auf: Die Gewichtsabnahme in solchen Studien entstand immer vollständig oder fast vollständig vor Ablauf des ersten Jahres. Im zweiten Jahr tat sich kaum noch etwas.

Alleine schon, daß ich auch im zweiten Jahr weiterhin im zweistelligen Kilobereich jährlich abgenommen habe und nach wie vor durchschnittlich mehr als ein Kilogramm pro Monat abnehme, ist ein auffallender Unterschied zu jeder „normalen“ Diät und jedem Sportprogramm, die jemals wissenschaftlich auf ihre Wirkung untersucht worden sind.

Aus praktischer Erfahrung und mit Hilfe dieser Bestätigung durch die Wissenschaft fühle ich mich deshalb zu folgender ketzerischen Hypothese qualifiziert:

Die den üblichen Abnehm-Empfehlungen zugrundeliegende Prämisse, nämlich die allgemein für wahr gehaltene Vorstellung, beim Abnehmen hänge alles oder wenigstens das meiste von den Kalorien ab, beruht auf einem noch seiner Korrektur harrenden wissenschaftlichen Irrtum.

Aber wie läuft das mit dem Zu- und Abnehmen dann ab?

Ich habe wochenlang ergebnislos im Web herumrecherchiert, und dann bin ich auf die Theorie mit dem Insulin gestoßen und stellte fest, daß sie die mögliche Erklärung für meine Gewichtsabnahme enthält. In kürzestmöglicher Kurzfassung lautet sie, daß sowohl Übergewicht selbst wie auch die meisten dem Übergewicht zugeschriebenen Folgeerkrankungen ein und dieselbe zugrundeliegende Ursache haben, die gar nichts (oder jedenfalls nur wenig) mit der Kalorienaufnahme zu tun hat: eine hormonelle Entgleisung. Dabei spielen verschiedene Hormone eine Rolle. Zentraler Einflußfaktor ist aber das Hormon Insulin.

Die Theorie stammt von einem kanadischen Nephrologen (also Nierenspezialisten), Dr. Jason Fung, und ist hierzulande noch vergleichsweise wenig bekannt. Dr. Fung hat es in seiner Klinik mit nierenkranken, typischerweise also zusätzlich an Diabetes erkrankten sowie stark übergewichtigen Patienten zu tun. Er muß ein guter Arzt im klassischen Sinne sein – einer, dem das Wohl seiner Patienten ernsthaft am Herzen liegt –, denn er gab sich nicht mit den üblichen, auch bei ihm meist zum Scheitern verurteilten Diätprogrammen zufrieden, was gerade für seine bereits schwerkranken Patienten besonders bedenklich war, sondern suchte nach erfolgversprechenderen Lösungen. Als Schlüssel für eine dauerhaft erfolgreiche Gewichtsabnahme erwies sich bei seinen Patienten, so schreibt er, die hormonelle Steuerung der körpereigenen Energieerzeugung mit dem Hormon Insulin als zentralem Faktor.

Die Rolle des Insulins im menschlichen Stoffwechsel ist im Prinzip altbekannt und in ernährungswissenschaftlichen Kreisen neuerdings sogar ziemlich in Mode gekommen: Die ebenfalls in Mode gekommene Verteufelung von Zucker hängt damit zusammen, die im Prinzip auch von Dr. Fung geteilt wird. Neu und anders, sogar revolutionär an Dr. Fungs Theorie sind aber zwei Dinge.

Aus dieser Sicht kommt es nämlich bei der Entwicklung wie auch der Bekämpfung von Diabetes nicht in erster Linie auf den Blutzuckerspiegel an, um den in der Diabetesbehandlung sonst immer alles kreist, sondern auf die Insulinausschüttung, denn beides läuft zwar zum großen Teil, aber nicht vollständig parallel. (Bekanntes Schema: Man ißt Süßes – Blutzuckerspiegel steigt – Insulin wird ausgeschüttet, um den Zucker zu verarbeiten.) Süßungsmittel, die bei vielen als vorteilhaft gelten, weil sie den Blutzucker nicht steigen lassen, führen aber beispielsweise ebenfalls zu einer hohen Insulinausschüttung, teils sogar höher als bei Zucker. Ob Fructose, Aspartam oder Stevia: Jedes Süßungsmittel verursacht eine normalem Zucker ähnliche Insulinreaktion, bei manchen von ihnen fällt sie sogar höher aus.

Sollte Dr. Fung richtig liegen, würde das bedeuten, daß vermutlich gar nicht so wenige Leute ihre Bemühungen um ihr Körpergewicht mit solchen Zuckerersatzstoffen selbst sabotieren. Die Insulinreaktion, so Dr. Fung nämlich, sei es, die das Abnehmen erschwert und auch den Jojo-Effekt verursacht. Außerdem spielen Kalorien in seiner Theorie gar keine Rolle.

Dr. Fung ist Autor mehrerer Bücher zu diesem Thema, die auch ins Deutsche übersetzt wurden. Im meiner Meinung nach wichtigsten davon hat er akribisch und aus den unterschiedlichsten Richtungen heraus wissenschaftliche Belege zusammengetragen, die seine Theorie stützen. Auf Englisch lässt sich alles, was sich in seinen Büchern findet, aber auch kostenlos in seinem Blog nachlesen, und wer Videos bevorzugt, findet auf YouTube eine sechsteilige Vorlesung, die älter als das Buch ist, aber ebenfalls schon die wesentlichen Elemente enthält, die später im Buch dargestellt wurden.

Es sind verblüffend viele Belege, die Dr. Fung gefunden hat, und sie sind oft Studien entnommen, bei denen sie eher als Nebenprodukt abfielen und wahrscheinlich von den Studienautoren selbst oft gar nicht weiter beachtet wurden. Ich habe den Großteil der Belege in Dr. Fungs Buch im Internet recherchiert, um mich persönlich davon zu überzeugen, daß sie auch wirklich das belegen können, was er behauptet, und habe jede einzelne Behauptung, die ich recherchierte, auch bestätigt gefunden. Das hat mich mehrere Tage gekostet, und diese Mühe habe ich mir deshalb gemacht, weil ich Wunderheilern mit Guru-Potential und angeblich ganz einfachen Lösungen ziemlich skeptisch gegenüberstehe, aber auch deshalb, weil man sich meiner Erfahrung nach heutzutage auf rein gar nichts mehr verlassen kann. Schon mehr als einmal habe ich feststellen müssen, daß sich manche Autoren einfach darauf verlassen, daß kein Mensch Quellen überprüft.

Ich gehöre zu den Leuten, die Quellen gewohnheitsmäßig überprüfen, wenn sie sich für etwas ernsthaft interessieren. Dr. Fung hat im Umgang mit Quellen wirklich sehr sauber gearbeitet, das kann ich ihm allermindestens bestätigen.

Tatsächlich wirkt seine Theorie aber, wenn man sie erst einmal kennt, ohnehin so naheliegend, daß ich mich darüber wundere, warum sie nicht schon viel früher aufgekommen ist. Kein Fachmann bestreitet beispielsweise, daß von außen zugeführtes Insulin, etwa bei Diabetes-Typ-2-Erkrankungen, zur Gewichtszunahme und fehlendes Insulin, etwa bei unbehandeltem Diabetes Typ 1, zur Gewichtsabnahme führen. (Bei dauerhaft unbehandeltem Diabetes Typ 1 führt das übrigens unweigerlich zu einer Abmagerung bis auf das Skelett und schließlich zum Tod.) Insulin kann das Körpergewicht beeinflussen. Mit Insulin kann man also Zu- und Abnahme steuern. Also kann Insulin bei Übergewicht auch durch nicht von außen gesteuerte körperliche Vorgänge ein wichtiger oder sogar der entscheidende Faktor sein.

Intervallfasten funktioniert nach dieser Theorie also nicht deshalb, weil man durch die ausgelassenen Mahlzeiten weniger Kalorien zu sich nimmt, wie das die meisten glauben, sondern deshalb, weil es die Insulinausschüttung reduziert.

Die Insulinausschüttung wird von einer ganzen Reihe von Faktoren beeinflußt, und zwar von manchen sehr stark, von anderen weniger oder nur ein bißchen. Zu den stärksten Einflußfaktoren zählen Kohlenhydrate, insbesondere Zucker; dies ist der Grund für den momentanen Hype eines „zuckerfreien“ Lebensstils und für Low-Carb-Diäten, von Atkins bis Paleo: Beides verringert die Insulinausschüttung und bewirkt damit der Theorie nach eine Gewichtsabnahme – was die Fans dieser Lifestyle-Diäten auch in der Tat vermelden. Aber im Prinzip löst jede Nahrungsaufnahme, auch wenn die Ernährung kohlenhydratarm ist, eine je nachdem stärkere oder schwächere Insulinantwort aus. Deshalb sollte nach dieser Theorie Fasten eine noch wirksamere Methode sein als zuckerfreie Ernährung oder Low-Carb-Diäten. Daß dies in der Tat bei vielen so ist, die es mit Intervallfasten probiert haben, ist der Grund für den momentanen Hype des Intervallfastens.

Zu den weiteren Faktoren, die die Insulinausschüttung – wenn auch in geringerem Maße – positiv oder negativ beeinflussen können (die meisten davon sind auch schon bei dieser oder jener Gelegenheit von irgendwelchen Gesundheitsgurus als Geheimtipp und Schlüssel zum Abnehmen gehypt worden), zählen unter anderem

  •          Stress (negativ)
  •         Schlafmangel (negativ)
  •         Zuckerfreie Süßstoffe (sehr negativ – alle, von Fructose über Aspartam bis Stevia lösen eine ähnlich hohe Insulinantwort wie Zucker aus)
  •         Essig (positiv)
  •         Grüner Tee (positiv)


Es ist möglich, sich auf Basis dieser Theorie also aus einem ganzen Baukasten von Einflußfaktoren zu bedienen oder sogar sämtliche Klötzchen zu einem Gesamtkunstwerk aufeinander aufzutürmen. Man kann Intervallfasten und außerhalb der Fastenphasen Low Carb essen und grünen Tee trinken und bewußt mehr Essig verwenden und sich Ohropax und eine bessere Verdunklung oder eine Schlafmaske beschaffen, um besser schlafen zu können. Man kann aber auch den einen oder anderen Faktor bewußt weglassen, weil er einem nicht zusagt oder sich nicht ins eigene Leben gut genug einfügt. (Merke: Die Faktoren müssen dem eigenen Leben angepasst werden, nicht umgekehrt. Sein ganzes Leben umzukrempeln, wie das bei ehrgeizigen Abnehmprogrammen oft versucht wird, funktioniert nämlich selten auf Dauer.) Essig, grüner Tee und viel Schlaf werden aber auch zusammengenommen natürlich keine so starke Wirkung haben wie eine Low-Carb-Ernährung oder Intervallfasten.

Eigentlich ist es überflüssig, das eigens zu erwähnen, aber weil in uns allen (auch bei mir, zu meinem Ärger) das Kalorien-Dogma so tief drinsitzt: Zusätzlich Kalorien zu sparen sollte nach dieser Theorie überhaupt keinen Effekt haben, weder positiv noch negativ. Allerdings reagiert unabhängig davon der Körper auf eine zu geringe Energiezufuhr nach einiger Zeit mit Einsparmaßnahmen und reduziert seinen Energieverbrauch; dies bedeutet: Der Grundumsatz des Körpers sinkt. Dies ist der Auslöser des berüchtigten Jojo-Effekts. Deshalb ist Kaloriensparen mit dem Ziel eines Energiedefizits als Zusatzmaßnahme zum Fasten kurzfristig zwar wirksam, aber mittelfristig eher kontraproduktiv.

Soweit also die Theorie. 

An dieser Stelle breche ich für heute mal ab, obwohl ich noch stundenlang weiterschreiben könnte. Aber dieser Blogbeitrag hat ohnehin schon Überlänge und ich muß vermutlich froh sein, falls überhaupt irgendwer ihn bis zu diesem Schlußabsatz durchliest. 

Aber ganz zum Schluß ist mir noch eines wichtig: Niemand sollte eine Theorie einfach deshalb glauben, weil jemand in einem weißen Kittel behauptet hat, sie sei richtig – und schon gar nicht, weil eine anonyme Bloggerin wie ich sie für richtig hält. Mir wird in der Wissenschaft ohnehin viel zu vieles einfach geglaubt, und zwar nicht nur von Laien wie uns, denen oft ja gar nichts anderes übrigbleibt, sondern auch von Fachleuten. Das Schöne an dieser Theorie ist, daß fast jeder - nämlich jeder gesunde Erwachsene - sie ganz leicht selbst überprüfen kann, nämlich indem er ausprobiert, wie die Wirkung bei der Anwendung bei ihm selbst ausfällt.