Mittwoch, 31. Januar 2024

Fast Fashion für Fortgeschrittene bei schrumpfenden Kleidergrößen

Mein Gewicht heute früh am zweiten von drei nicht zusammenhängenden Fastentagen diese Woche: 77,5 Kilogramm. Diese Woche habe ich mit den Fastentagen umdisponiert - ich faste Montag, Mittwoch und Freitag, weil mein Mann wegen Erkrankung eines Kollegen eine außerplanmäßige Spätschichtwoche einlegen muß, und da schien es mir nützlich, das für einen Zusatzfastentag zu nutzen, um vielleicht nächste Woche mit einem etwas niedrigeren Startgewicht ins lange Fastenintervall einsteigen zu können. Bis jetzt sieht die Sache vielversprechend aus: Am Montag startete ich mit 78,1 und ich träume gerade davon, nächste Woche am Montag mit weniger als 78 Kilo einzusteigen und am Freitag vielleicht doch wieder wenigstens in der Nähe meines alten Niedrigstgewichts aufzuschlagen. Gerne natürlich auch bei einem neuen Tiefstgewicht.

Beim Umräumen fielen mir ein paar schwarze Leggings in Größe S in die Hände, die ich letztes Frühjahr noch nicht vernünftig über die Hüften bekam und deshalb einlagerte. Jetzt passen sie. Die Versionen in Größe M kann ich also aussortieren, und das ist gut so, weil sie sowieso langsam schäbig werden, nachdem ich sie gewissermaßen zu Tode geliebt habe. Ich zieh die Dinger das ganze Jahr hinweg zu allem möglichen an, gerade im Winter gerne zu Kleidern, sonst friert man sich ja zu Tode. Die Leggings sind der einzige Grund, warum ich gelegentlich den Primark heimsuche, denn deren Basic-Leggings für vier Euro und ein paar Zerquetschte sind irgendwie anders als die, die man anderswo bekommt (aber auch anders als andere Varianten bei Primark), der Stoff ist ein bißchen dicker, sie sitzen besonders komfortabel und sie halten super. Komischerweise gibt es diese Leggings aber nicht in jedem Primark und auch online habe ich sie nicht gefunden, als ich letztes Jahr nach dem vergeblichen Anprobieren von Größe S neue in Größe M kaufen wollte und hoffte, mir den Umweg in den richtigen Primark sparen zu können.

Eigentlich mag ich den Primark überhaupt nicht, und das nicht, weil er das Sinnbild für billige "Fast Fashion" ist. Fast Fashion ist ein ideologischer Kampfbegriff, der mir inhaltlich nicht einleuchtet, denn daß Kleidung umso länger tragbar ist, je teurer man sie einkauft, wie das die Propaganda zwischen den Zeilen suggeriert, ist in Wirklichkeit erstunken und erlogen. Gar nicht davon zu reden, daß echte Fashionistas ihren Krempel sowieso jede Saison neu nach den aktuellen Modediktaten erwerben und den alten größtenteils nicht mehr tragen wollen. Wo sie gekauft wurden und was dafür bezahlt wurde, hängt dann von den finanziellen Möglichkeiten und elitären Ansprüchen ab. Fast Fashion ist also Ausdruck einer Einstellung der Käufer und hängt keineswegs vom Preis ab. Der niedrige Preis bedeutet auch meiner Erfahrung nach aus sich selbst heraus keine schlechte Qualität - manchmal zieht man zwar eine Niete, aber das passiert einem in allen Preislagen. Und erzeugt wird das meiste in denselben Billigproduktionsländern, bloß führt die Kalkulation bei Massenprodukten gemäß dem "Ikea-Prinzip" zu geringeren Preisen, und bei teuren Marken, die in genau derselben Fabrik entstehen, zahlt man natürlich auch für den Namen und eine höhere angestrebte Gewinnspanne mit.

Qualitativ fand ich an Kleidung von Primark bislang nichts zu meckern, was mich daran viel mehr abschreckt, sind die langen Schlangen an den Kassen. Aber für die Leggings nehme ich sie halt in Kauf. Manchmal frage ich mich, wie ich wohl reagieren werde, falls Primark sie einmal aus dem Programm nehmen sollte. Womöglich fange ich dann ja an, im Laden zu randalieren. Ich bin ja auch ziemlich leicht zu verstören, wenn ich beim Lebensmitteleinkauf feststelle, daß ein gewohnter Artikel aus dem Programm genommen wurde, so daß ich, sowie ich den Verdacht habe, daß von ihm nur noch Restbestände abverkauft werden, einen Vorrat kaufe - was mir dann, nebenbei bemerkt, meistens mehr Probleme neu schafft als löst und sich häufig als gar nicht nötig erweist. Das sollte ich mir wohl wieder abgewöhnen.

Bei den Leggings habe ich aus ähnlichen Erwägungen heraus damals neben Größe L, mit der ich einmal angefangen habe, auch einige in M und S erworben, weil ich befürchtete, die werde es, wenn ich mein Zielgewicht erreicht habe, gar nicht mehr geben. Keine Ahnung, ob sie womöglich seit letztem Frühjahr doch noch aus dem Programm genommen wurden, aber für dieses Jahr jedenfalls bin ich noch versorgt. 

Was mir außerdem noch auffiel, ist, daß meine Jeans an den Oberschenkeln für meinen Geschmack auch schon zu locker sitzt. Auf eine kleinere Größe derselben Marke - die ich schon seit Größe 52 trage - umsteigen, ist in diesem Fall sinnlos, hier benötige ich einen anderen Schnitt. Aber ich glaube, da experimentiere ich nicht mit meinem angestammten Versandhändler, sondern bemühe mich wirklich mal in eine Umkleidekabine bei einem einschlägigen Einzelhändler und probiere ein paar Paßformen durch, bis ich mit dem Ergebnis wirklich zufrieden bin. Spoiler: An Primark denke ich dabei nicht.

Im Moment verscherble ich gerade auch wieder einige Kleidungsstücke auf eBay, die mir zu groß geworden sind oder die sich als Fehlkäufe erwiesen haben, obwohl ich eigentlich gar nicht mehr vorgehabt hatte, mir für die paar Euro fuffzig, mit denen man dort rechnen kann, den Aufstand mit dem Fotografieren, Einstellen, Verpacken und zur Post latschen nochmal anzutun. Seit ich auf Flohmärkten wieder eine realistische Chance habe, Kleidung zu finden, die mir paßt, habe ich es mit Spontankäufen an den Klamottenständen aber erheblich übertrieben - zumal ich auf Flohmärkten zum Leichtsinn neige, mich zu sehr auf mein Augenmaß verlasse und oft auf das Anprobieren verzichte. Das kann dann auch mal ins Auge gehen. Da werde ich mir dieses Jahr etwas mehr Selbstdisziplin angewöhnen müssen, obwohl Kleidungskauf auf Flohmärkten ja eigentlich auch von Fast-Fashion-Kritikern einen Daumen hoch bekommen sollte. Aber Fehlkäufe gibt es auch bei dieser Bezugsquelle, wie bei jeder anderen auch. Auch das hat gar nichts mit Fast Fashion zu tun, wie das die Journaille immer unterstellt, sondern damit, daß man sich in der Einkaufssituation die Alltagsgelegenheiten, das Gekaufte zu tragen, falsch vorstellt oder nicht an die Frage dachte, wie man das erworbene Stück kombinieren kann, oder vielleicht auch von einem Begleiter bequatscht wurde (oh ja, mein Mann tut solche Dinge tatsächlich!) , und daheim vor dem Spiegel sieht man erst ein, daß man auf das eigene Bauchgefühl hätte hören und den Kauf hätte bleiben lassen sollten. 

So was kann einem aber auch mit einem Gucci-Modell passieren. Das ist nicht anders, nur teurer.

Normalerweise hätte ich statt eBay einfach von der Altkleidersammlung Gebrauch gemacht und mir den mit Verkäufen verbundenen Aufwand gespart, aber seit letztes Frühjahr gab's so was bei uns gar nicht mehr (ich frage mich, was der Grund dafür sein kann) und ich habe deshalb mittlerweile den dritten Altkleidersack anfangen müssen. Jetzt habe ich alle drei wieder ausgeräumt, alle Teile kritisch gesichtet, die vermutlich unverkäuflichen im Hausmüll entsorgt, die noch gut tragbaren fotografiert und angefangen, sie bei eBay einzustellen.

Eigentlich ist mir eBay mit der Versenderei ja viel zu umständlich, aber wenigstens kann ich das selbst vernünftig takten. eBay-Kleinanzeigen oder den Online-Verschenkmarkt nutze ich nicht gerne, weil das viel chaotischer im Ablauf ist und ich dauernd meinen Alltag auf Abholer abstimmen müßte. Da stelle ich lieber Sachen zum Verschenken vors Haus, aber für Klamotten mach ich das nicht. Winterklamotten brauche ich beim Flohmarkt, den ich im Sommer natürlich wieder machen werde, aber gar nicht erst anzubieten. Da die einzige übrigbleibende Alternative der Mülleimer wäre, für den diese Sachen doch noch zu schade sind, probiere ich es halt doch bei eBay mit Startpreis ein Euro, immer nur drei, vier Auktionen auf einmal, damit ich nicht zu viel Aufwand mit dem Verpacken und Versenden habe, und habe auch gar kein Problem damit, wenn ein Teil dann auch zu diesem Preis weggeht - mir geht es ja nur darum, die Sachen nicht einfach wegwerfen zu müssen, und für vieles davon habe ich ja selbst nur ein paar Euro bezahlt. 

Angesichts der Preiserhöhungen auch bei Klamotten aus berüchtigten "Fast Fashion"-Shops finde ich es bemerkenswert, daß die Inflation auf Flohmärkten jedenfalls bis letzten Herbst noch nicht angekommen war und man die tollsten Sachen für teils sehr geringe einstellige Eurobeträge bekommen konnte, auch solche, die erkennbar ungetragen waren. Mal sehen, ob das dieses Jahr immer noch so ist, wenn die Saison losgeht. Aber, wie erwähnt, ich werde mich bremsen müssen. Weil ich die feste Absicht habe, bis Ende April, wenn es losgeht, mein Zielgewicht und damit auch die Figur erreicht zu haben, für die jedes Kleidungsstück gefälligst auf der Stelle passend sein sollte, muß ich in jedem Fall ab sofort alles anprobieren, bevor ich mich zu einem Kauf entschließe - das alleine sollte schon die Menge des Gekauften reduzieren.

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Am Wochenende habe ich einen Nachmittag geopfert, um mich bei einer Veranstaltung zum Thema Photovoltaikanlagen auf Mehrfamilienhäusern mit Miet- und Eigentumswohnungen über die Modalitäten und Möglichkeiten schlau zu machen. Heimgebracht habe ich vor allem die Erkenntnis, daß es kompliziert ist, zumal bei einem unter Denkmalschutz stehenden Haus wie bei uns. Ich habe erhebliche Zweifel, ob das jedenfalls im Moment bei uns in der WEG mehrheitsfähig ist, jedenfalls solange das Dach nicht sowieso neu gedeckt wird und man zusätzlich eine Solaranlage entweder anbringen muß oder (je nach Denkmalschutz-Rechtslage) weiterhin nicht darf. In jedem Fall werde ich aber mal den Schritt Null vornehmen und mal bei der Denkmalbehörde anfragen, ob so was überhaupt genehmigungsfähig ist und wenn ja, welche Vorgaben dafür bestehen. Als Schritt 1 werde ich bei der Eigentümerversammlung dazu berichten, und danach sieht man weiter. Mindestens können wir ja schon mal für die eines wenn auch noch relativ weit entfernten Tages sowieso anstehende Dachneueindeckung vorausplanen, indem wir die Rücklagenzuführung etwas erhöhen, um etwaige Sonderumlagen im Fall, daß wir irgendwann doch müssen, zu vermeiden bzw. wenigstens zu verringern. Daß es für unser Rücklagenkonto jetzt auch wieder Zinsen gibt, bietet dafür ja auch einen gewissen Anreiz. 

Die Generation Greta - man sollte sie vielleicht umtaufen in Generation "Ich bin da nicht zuständig" - glänzte bei dieser gut besuchten Veranstaltung, bei der es um sehr konkretes eigenes Handeln ging (neben Miteigentümern in WEGs waren ausdrücklich auch Mieter angesprochen), übrigens vollständig durch Abwesenheit. Sie war vermutlich zu beschäftigt damit, im Louvre die Mona Lisa mit Suppe zu beschütten, auf Anti-Israel-Demos "Free, free Palestine" im Chor zu brüllen oder hatte vielleicht auch einfach keine Lust, sich die angenehmeren Freitzeitvergnügungen bei dem schönen Wetter am Wochenende mit einer lästigen Indoor-Versammlung zu verderben. Anwesend waren neben einem älteren Ehepaar, das ungefähr im Alter meiner Mutter war, und einem Mittdreißigerpaar, das gerade vor einem Hauskauf stand, ausschließlich Angehörige meiner eigenen Generation, Leute zwischen 50 und 70. 

Daran sind wir Boomer (als Generation) wohl selber schuld. Hätten wir unsere Kinderlein nicht andauernd ohne Widerworte und notfalls auch auf Zuruf im Elterntaxi durch die Gegend kutschiert, würden sie sich nicht bis heute einbilden, daß wir selbstverständlich auch für die mühsame Kärrnerarbeit bei steuernden Maßnahmen in Sachen Klima etc. alleinzuständig seien und ihr Job dabei nur darin bestehe, uns nebenbei zu beschimpfen, weil's für ihren Geschmack nicht schnell genug geht.

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Apropos Geschmack: An der Front der Low-Carb-Gaumengenüsse kann ich vermelden, daß der LC-Pogaca-Teig aus gemahlenen Mandeln, geraspeltem Mozzarella und Ei, den ich vor zwei Blogbeiträgen erwähnte, auch in einer apfelgefüllten süßen Version ausgezeichnet schmeckt - allerdings sollte man sie einen Tag vorher machen und über Nacht durchziehen lassen. Ganz zufrieden bin ich auch noch nicht mit der Teigdicke, ich will ihn eigentlich noch ein bißchen dünner machen, aber dann zerbröselt er mir dauernd. Deshalb gibt es die Dinger am Wochenende noch einmal, am Samstag werde ich also experimentieren.

Na, sowas - das war jetzt ja ein total krebsfreier Blogbeitrag. Wie ist mir denn das passiert? ;-)





Freitag, 26. Januar 2024

Die kleine Hobby-Onkologin

Mein Gewicht heute früh nach dem vierten von vier aufeinanderfolgenden Fastentagen: 74,7 Kilogramm - damit bin ich sehr zufrieden. Exakt fünf Kilo minus nach vier Tagen Fasten - noch dazu mal wieder ohne flotten Otto - ist für eine Low-Carb-Phase überdurchschnittlich. Freilich, ob ich bereits nach dem nächsten langen Fastenintervall ein neues Tiefstgewicht haben werde, da bin ich noch skeptisch. Vermutlich erst nach dem übernächsten. Einen Grund zu meckern habe ich aber nicht. 

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In den letzten Wochen hat es mir an berichtenswerten Neuigkeiten ein bißchen gefehlt  - dafür mache ich unter anderem Twitter verantwortlich (und nein, ich lehne es ab, dessen neuen Namen zu verwenden), dessen gewohnte Nutzbarkeit für zeitnahe Hinweise auf Studien und anderes aus meinem Interessenspektrum, seit Elon Musk es als Spielzeug auserkoren hat, dramatisch gelitten hat. Aber sowie ich an anderer Stelle auf etwas aufmerksam werde, kann sich das durch Folgefunde bei Recherchen schnell ändern. Auf einmal stoße ich beispielsweise jetzt fast jeden Tag auf etwas, von dem ich spontan denke: Das muß ich im Blog ansprechen.  

Die Videosammlung auf dem YouTube-Kanal von Virta zum Thema Keto und Krebs, mit der ich gerade leider nur langsam vorankomme, hat mich nämlich bereits im nächsten Video, das ich sah, auf eine Sache stoßen lassen, die mir in dieser Form neu war und wichtig vorkommt. In diesem Video wurde erwähnt, daß das PIK3CA-Gen bei immerhin 40 Prozent aller metastasierten Fälle von Brustkrebs mutiert sei, und das ist eine Mutation, die durch ketogene Ernährung unter Umständen wirkungsvoll verhindert werden kann bzw., wenn die Metastasierung bereits geschehen ist, therapeutisch auch Potenzial hat. An anderer Stelle fand ich heraus, daß diese Mutation offenbar speziell bei hormonpositivem Brustkrebs mit 40 bis 50 % besonders häufig ist, der freilich auch den größten Teil aller Brustkrebsfälle ausmacht. Bei HER2-positiv liegt der Anteil mit 25 bis 40 % niedriger und bei triple-negativ nur bei 7 bis 15 %. Das Eigenartige daran ist, daß eigentlich ja HER2-positiv und triple-negativ bis zur Erfindung der Antikörpertherapie die Krebsvarianten mit dem viel höheren Metastasierungsrisiko waren, aber dennoch von diesen Genmutationen, die bei Metastasierung so auffallend häufig vorliegen, seltener betroffen sind. Das legt nahe, zu vermuten, daß dieser Faktor jedenfalls nicht der bedeutendste die Metastasierung auslösende verbindende Faktor sein kann - die Frage ist außerdem, ob es Ursache oder Wirkung ist. Aber es könnte durchaus auch ein eigener auslösender Faktor bzw. ein Symptom sein, das von dem eigentlichen auslösenden Faktor wiederum ausgelöst wird.

Erst habe ich mich außerdem gewundert, daß bei mir dies nicht untersucht worden ist, und ich nahm mir vor, meinen Doc beim nächsten Nachsorgetermin mal anzusprechen. 25 bis 40 Prozent ist nun ja wirklich auch nicht wenig. Aber dann fiel bei mir der Groschen: HER2-positiv plus hormonnegativ liegt höchstwahrscheinlich von der Wahrscheinlichkeit her näher an triple-negativ, hier sind wohl vor allem die Fälle von HER2-positiv plus hormonpositiv für den hohen Anteil verantwortlich. Schade, daß ich auf die Schnelle nicht herausfinden konnte, wie häufig unter den HER2-positiven Fällen hormonpositiv und -negativ ist, das hätte mich in diesem Zusammenhang noch interessiert. 

Nachtrag am Abend des 26.1.: 

Ich fand jetzt eine Dissertation, in der 795 Brustkrebs-Patientinnen untersucht wurden, bei denen die Verteilung folgendermaßen ausfiel: 

HR+ / HER2- 618 (76,7)
HR+ / HER2+ 74 (9,2)
HR- /  HER2+ 36 (4,5)
HR- /  HER2- 78 (9,6)

HR-negativ macht also unter den HER2-positiven Fällen nur ca. ein Drittel aus, HR-positiv plus HER-positiv kommt doppelt so häufig vor - falls die Verteilung in dieser Arbeit repräsentativ sein sollte.

Ich habe gerade auch nicht die Zeit, mir eine Bestätigung für diese grobe Voreinschätzung zu suchen (noch habe ich also nicht entschieden, ob ich meinen Doc dazu hochnotpeinlich verhören werde oder nicht), aber das scheint vermutlich doch vor allem die hormonpositiven Brustkrebsfälle zu betreffen, und dann hätte mein Doc alles richtig gemacht, wie ich das auch von ihm erwartet hätte. Sandra, falls das bei dir noch nicht untersucht wurde, wäre das aber eine Frage, die du bei deinen Doctores mal aufbringen könntest, denn für dich ist das eindeutig relevant.

Danke außerdem für den Hinweis auf die Studie zum höheren Schutz vor Metastasierung, wenn bei der Operation zusätzlich eine Lokalanästhesie mit Lidocain verwendet wird - und immerhin 4 Prozentpunkte Differenz sind da schon ein Wort. Auch das Gesamtüberleben ist um mehr als 3 Prozent höher - und es gibt etwas weniger Lokalrezidive, die Differenz ist nicht ganz so eindrucksvoll, aber jedenfalls vorhanden. 

Das ist wirklich eine bedeutsame Studie, weil Metastasierung so sehr des Teufels ist, daß man sie noch viel dringender als Lokalrezidive verhindern sollte, und gerade diese Wirkung hat die Sache. Nicht zuletzt macht deine Entdeckung außerdem noch interessant, daß die Wirkung auf alle Arten von Patientinnen und alle Arten von Brustkrebs zuzutreffen scheint: 

The impact of LA was similar in subgroups defined by menopausal status, tumor size, nodal metastases, and hormone receptor and human epidermal growth factor receptor 2 status.

Da die Studie wenige Tage vor meiner OP erst publiziert wurde, muß ich meinem Doc jedenfalls nicht grollen, daß er dies nicht ebenfalls aufgegriffen hat. Aber für jede Patientin, die jetzt nach Faktoren sucht, die sie gerne bei ihrer OP umgesetzt haben möchte, ist das echt eine wichtige Sache, denn man kann nicht damit rechnen, daß das jeder Chirurg von alleine aufgreift, solange es nicht in den Leitlinien geschrieben steht, daß er es aufgreifen solle.

Erst war ich ja ein bißchen verwundert über diese Wirkung einer zusätzlichen Lokalanästhesie (neben einer Vollnarkose), weil ich mir den Mechanismus, der diese Risikoreduktion bewirkt, nicht so richtig vorstellen konnte. Aber natürlich muß es einen geben. Gehe ich nach dieser Quelle hier, aktiviert Lidocain bestimmte Bittergeschmacksrezeptoren, von denen bereits bekannt war, daß sie Krebszellen abtöten können. Das wirft die Frage auf, welche anderen bereits gebräuchlichen Medikamente dieselbe Wirkung vielleicht auch noch haben könnten, und laut der Quelle gibt es da noch einige, die man nun auf die Möglichkeit einer solchen "Zweitnutzung" prüfen könnte. 

Das Sahnehäubchen auf der Sache ist, daß die Kosten dieser einmaligen Lidocain-Injektion direkt vor der OP wirklich nicht die Welt sind. Da hätte ich noch nicht einmal Bedenken, sie, wenn die Krankenkasse herumzicken sollte, notfalls lieber privat zu bezahlen als auf sie zu verzichten. Die Wirkungsverbesserung ist schließlich vom Ausmaß her genauso überzeugend wie die, die meinen Doc dazu brachte, mir zusätzlich zu Trastuzmab noch Pertuzumab zu verschreiben, und das hat meine Krankenkasse bei insgesamt fünf Infusionen (vier während der Chemo, einmal vor der OP, als noch unklar war, ob es eine pathologische Komplettremission sein würde oder nicht),  immerhin um die 25.000 Euro zusätzlich gekostet. Ohne pCR hätte ich das Pertuzumab außerdem noch weitere 14 Mal bekommen. Da sollte ein Kleinbetrag für Lidocain doch wohl auch noch akzeptabel sein - zumal metastasierter Krebs ja nicht nur für die Patienten besonders beschissen, sondern auch für die Krankenkassen sehr teuer ist.

Mein bescheidenes Abnehm-Blog wird echt noch eine Art Volkshochschulkurs für Brustkrebspatientinnen, die sich im Gestrüpp an - oft ja auch bereits veralteten und sich gerne auch gegenseitig widersprechenden - Informationen im Web zu ihrer Erkrankung zurechtzufinden versuchen. Da kommt einiges an Schwarmwissen zusammen, falls sich noch ein paar weitere Studienjunkies finden, sei es zu Krebs oder zu Adipositas, die mit dazu beitragen wollen. Jeder stolpert ja im Studiengestrüpp über unterschiedliche Quellen, und ich bin mir nicht sicher, ob ich diese spezielle Studie selbst gefunden hätte. 

Nennen wir diesen Kurs doch mal "Die kleine Hobby-Onkologin". ;-)

Es gibt auch eine Studie zur ketogenen Ernährung von Patientinnen, an der der Vortragende des oben verlinkten Videos, Parker Hyde, beteiligt war, die allerdings nicht die Wirkung auf die Metastasen zum Thema hatte, sondern lediglich die Umsetzbarkeit mit und ohne vorgefertigte Mahlzeiten und die daraus resultierenden Stoffwechseleffekte untersuchte. Es zeigte sich, daß die drei Monate, in denen die Patienten eigenverantwortlich für ihre Ernährung sorgten, die Ketosewirkung nicht schlechter ausfiel als in den drei anfänglichen Monaten. Sechs Monate Studiendauer sind natürlich auch zu wenig, um viel über die längerfristige Wirkung von Ketose auf eine als nur noch palliativ behandelbar geltende Krebserkrankung sagen zu können, die man aber natürlich auch in so einem Fall komplett und idealerweise für den Rest seines Lebens loshaben möchte. Aber vielleicht kommt dazu ja irgendwann noch etwas, denn bestimmt hat man nach den sechs Monaten nicht einfach damit aufgehört, sich für die Patientinnen der Studie zu interessieren. Zur kurzfristigen Wirkung von Ketose auf die Tumore bringt das Video ein paar eindrucksvolle Fallbeispiele. Interessant daran fand ich auch, daß die tumorschrumpfende Wirkung nicht davon abzuhängen scheint, wie nahe man dem Optimum bei den Ketonwerten kommt. Das deckt sich mit meinen Erfahrungen beim Abnehmen - es reicht offenbar in beiden Fällen, wenn man einen gewissen Schwellenwert unterschreitet, um die angestrebte Wirkung zu erzielen.

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Begeben wir uns nun ganz kurz auf die Metaebene:

Es scheint einen Skandal um die Elite der Harvard-Krebsforschung zu geben, in deren Zuge einige Studien zurückgezogen und eine beträchtliche Zahl korrigiert werden müssen: Top Harvard cancer researchers accused of scientific fraud; 37 studies affected. Auslöser war wohl diese Recherche. Da gerade erst die Präsidentin von Harvard, Claudine Gay, wegen nachweislicher Plagiate ihren Hut nehmen mußte, ist zu befürchten, daß es an Harvard schon seit geraumer Zeit ein systemisches Problem mit schlechter wissenschaftlicher Arbeit gibt. Das sollte man im Hinterkopf behalten, wenn man es mit einer Studie aus diesem Hause zu tun hat, jedenfalls, wenn sie in diesem Jahrtausend erschienen ist. 

Die obigen Studien sind nicht von Harvard, also wollen wir mal hoffen, daß es mit ihnen seine Richtigkeit hat. 

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Schöne Bescherung: Da hat man uns andauernd erzählt, Übergewicht erhöhe das Krebsrisiko und wir sollten gefälligst abnehmen, um es zu verringern. Und jetzt ergab eine Studie, daß eine kürzlich (vor zwölf Monaten oder kürzer) erfolgte Gewichtsabnahme von 10 Prozent seines Ausgangsgewichts oder mehr ebenfalls mit einem erhöhten Krebsrisiko verbunden ist - und zwar nicht nur bei unfreiwilligem, sondern explizit auch bei absichtlichem Gewichtsverlust. Da der Volltext der Studie mal wieder hinter einer Bezahlschranke versteckt wurde, hier auch noch der Bericht darüber im Ärzteblatt (im Volltext kostenlos, aber erst nach Anmeldung zugänglich). Wie man es macht, ist es also - bezogen auf Krebs - offenbar falsch. Wobei mich auch noch interessiert hätte, wie die Krebsinzidenz nach Gewichtsabnahme im Vergleich zur Krebsinzidenz mit BMI >30 ausfällt. Vielleicht hätte ich das ja im Volltext gefunden, das Ärzteblatt erwähnt dazu aber nichts. Ich habe gerade nicht den langen Atem, um danach zu suchen, aber ich hätte schon gerne der Angabe

Allerdings war das Krebsrisiko bei Gewichtsabnahme in allen 3 Gruppen erhöht, sowohl bei denjenigen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit absichtlich abgenommen hatten (aRR 1,30), als auch bei denjenigen mit mittlerer (aRR 1,42) und niedriger (aRR 1,95) Wahrscheinlichkeit.

einen BMI-bezogenen Vergleich gegenübergestellt. 

Das ist etwas, das mich an journalistischen Berichten über solche Themen oft so fürchterlich ärgert. Was sie schreiben, wirft aus Perspektive dessen, der herauszulesen versucht, was die Sache in der praktischen Umsetzung einer Risikoreduktion bedeutet, meistens mehr neue Fragen auf, als dafür Antworten zu bieten. Ich nehme mal an, beim Ärzteblatt sind Fachjournalisten am Werk, die eben ihren fachspezifischen Blickwinkel haben - ich würde deshalb anregen, vor der Publikation einige Fachärzte, Allgemeinmediziner und betroffene Patienten den Artikel lesen zu lassen und sie um Rückfragen zu bitten, die Antworten darauf - jedenfalls solche, die mehrmals aufkamen - könnten dann in einem zweiten Arbeitsgang mit eingebracht werden. Das würde die praktische Nutzbarkeit solcher Berichte erheblich verbessern.

Das erhöhte Risiko gilt vor allem für bestimmte Krebsarten: Krebserkrankungen des oberen Gastrointestinaltrakts (Speiseröhren-, Magen-, Leber-, Gallengangs und Pankreas­karzinome), und das gibt wirklich zu denken, denn das sind alles Organe, die von einer Gewichtsreduktion stark betroffen sind. Das spricht für irgendeinen ursächlichen Zusammenhang.

Brustkrebs fiel allerdings nicht durch eine erhöhte Inzidenz* auf, also brauche ich mich jetzt nicht zu fragen, ob ich womöglich meinen höchstpersönlichen Krebs durch meine Gewichtsabnahme selbst ausgelöst habe. Ich tippe sowieso darauf, daß meine unorthodoxe Methode der Gewichtsabnahme das Krebsrisiko nicht erhöht. Daß Bemühungen um ein Energiedefizit, die über mehr als ein halbes Jahr andauern, irgendwie nicht richtig gesund sein können, weil sie zu einem Herunterregeln diverser vom Stoffwechsel als "im Falle einer Hungersnot verzichtbar" eingestuften Körperfunktionen führen (davon, in diesem Zusammenhang bestimmt nicht ganz unwichtig, ist auch das Immunsystem betroffen), habe ich ja schon das eine oder andere Mal angesprochen. Bei meiner nicht auf einem Energiedefizit beruhenden Methode sind negative Wirkungen dieser Art aber mangels Energiedefizit nicht zu erwarten. 

* Wobei ich mich frage, warum die Inzidenz nicht im Gegenteil niedriger gewesen ist, wie einem das ja immer von anderer Seite als Belohnung für eine Gewichtsreduktion versprochen wird.

Eigentlich sollte ich über diese Studie  weniger überrascht sein, als ich es tatsächlich war, als ich den Ärzteblatt-Artikel las - aber zugegeben: Ich war echt überrascht. Die Risikoerhöhung ist nämlich schon bedeutend:

In den 12 Monaten nach der Gewichtsabnahme lag die Krebsinzidenz bei den Teilnehmenden, die 10% oder mehr ihres Körpergewichts abgenommen hatten, bei 1362/100.000 Personenjahren.

Bei denjenigen ohne entsprechenden Gewichtsverlust betrug die Inzidenz im selben Zeitraum dagegen 869/100.000 Personenjahre. Der Unterschied von 493 Krebsfällen/100.000 Personenjahren zwischen den beiden Gruppen war statistisch signifikant (p<0,001).
Erwähnen muß ich freilich, daß bei dieser Zahl die gewollten und nicht gewollten Gewichtsabnahmen zusammengeschmissen sind, und das ist sinnloser Datensalat. Unfreiwillige Gewichtsabnahmen sind ja eines der typischen Anzeichen für eine Krebserkrankung im fortgeschrittenen Stadium, also bedeuten diese Fälle etwas völlig anderes als die höhere Zahl bei aktiv herbeigeführten Gewichtsabnahmen: Im ersten Fall ist es ein Symptom der Erkrankung, im zweiten wäre zu eruieren, was es bedeutet. Es könnte in der Tat eine direkte Folge der Abnahme sein, beispielsweise, indem ein teilheruntergefahrenes Immunsystem den Krebszellen günstigere Gelegenheiten zum Wuchern und Ausbreiten bietet. Aber wegen der besonderen Häufung im Bereich Magen/Darm/Verdauung müßten in diesen Organen zusätzlich noch weitere Faktoren mit ins Spiel kommen.

Wir sind also am Ende auch nicht schlauer als vorher und dürfen nur von einem neuen Ausgangspunkt aus weiterrätseln, als hätten wir in einem Computerspiel ein neues Level erreicht. Ich frage mich, was für ein "Endboss" uns erwartet, wenn wir eines Tages doch noch kurz vor dem eigentlichen Ziel stehen ...

Mittwoch, 24. Januar 2024

Press-pulse-Verfahren in der stoffwechselbasierten Krebsbehandlung

Mein Gewicht heute früh am dritten von vier aufeinanderfolgenden Fastentagen: 77,1 Kilogramm. Bei einem Startgewicht von 79,7 Kilogramm sind das 2,6 Kilogramm an zwei Tagen und somit ein bißchen enttäuschend, aber das war vorhersehbar, weil ich am Montag die Trastuzumab-Infusion hatte. Die sorgt immer dann, wenn sie an den Beginn eines viertägigen Fastenintervalls fällt, dafür, daß ich einen oder zwei Tage lang weniger Wasser verliere, als es sonst zu erwarten gewesen wäre, also meine Gewichtabnahme danach am dritten Fastentag überdurchschnittlich ausfallen wird. Ein neues Tiefstgewicht ist jedenfalls nach diesem langen Fastenintervall noch nicht zu erwarten. Ich gehe für den Freitag von 75 Kilogramm plusminus ein bißchen was aus - natürlich hoffe ich auf eine Zahl unter 75, denn am Ende des nächsten langen Fastenintervalls möchte ich wieder die 73 sehen! 

Auch weil die Infusionen die Wirkung des Fastens auf das Gewicht unvorhersehbarer machen, ist es gut, daß die Infusion am Montag meine letzte gewesen ist. Aber es ist auch eine Erleichterung, den Zeitaufwand nicht mehr einplanen zu müssen - am Montag und gestern war es völlig unmöglich, wie eigentlich geplant diesen Blogartikel zu schreiben, weil ich ein zeitkritisches Projekt ärgerlicherweise wegen der Infusion unterbrechen mußte, und dann hatte ich das Pech, daß ich anschließend ständig durch Anrufe etc. Unterbrechungen hatte und deshalb langsamer als erwartet vorankam. Auch wenn der Zeitbedarf normalerweise gar kein Vergleich zur eigentlichen Chemotherapie gewesen ist, es ist halt ein weiterer potentieller Störfaktor in meiner Zeitplanung, den ich nun abhaken kann.

Damit ist also die Therapiephase für mich beendet und ich bin nur noch in der Nachsorgephase. Dazu gehört auch, daß ich alle drei Monate meinen Port durchspülen lasse, solange ich ihn noch behalte. Wann ich den rausmachen lasse, entscheide ich frühestens in einem Jahr. Empfohlen wurde mir, ihn "ein bis zwei Jahre" weiter zu behalten. Einstweilen stört er mich nicht, aber vielleicht ändert sich das ja noch. Übrigens finde ich die Anzahl der mit der Nachsorge verbundenen Arzttermine immer noch beachtlich. Eigentlich wollte ich ja demnächst mal das Projekt "Neuen Zahnarzt finden" endlich in Angriff nehmen, aber im Moment trau ich mich noch nicht, weil mein Terminkalender immer so komisch quietscht, wenn ich noch etwas Neues in ihn hineinzuquetschen versuche. Immerhin: Den verdammten Spiegelschrank habe ich endlich gekauft und angebracht. Der war meine zweitälteste Baustelle, die mit dem Zahnarzt ist aber leider die allerälteste. Ich erinnere mich noch daran, wie ich im Sommer 2022 zu meinem Mann sagte: "Jetzt bring ich noch die blöde Mammographie hinter mich, und dann suche ich endlich einen neuen Zahnarzt." Der Rest war bekanntlich Geschichte.

Meine Endspurt-Pläne zum baldigen Erreichen des Zielgewichts habe ich jetzt doch nochmal modifiziert, weil ich fand, so läßt es sich besser in meinen Alltag einpassen: Anstelle von einem Wechsel von jeweils vier Tagen Fasten und Essen beginne ich mit jeweils drei Tagen Fasten und Essen, aber nur während der ersten zwei Wochen nach dem Ende der Low-Carb-Phase. Unter dem Strich bedeutet das sogar mehr Fastentage speziell für diesen Anfangszeitraum (9 vs. 8 Fastentage). Danach passen mir aber die viertägigen Phasen doch besser. Bis Ende März mache ich das im Rhythmus 4 Tage fasten, 4 Tage essen - und falls ich bis dahin mein Zielgewicht noch nicht erreicht haben sollte, verkürze ich die Eßphasen noch um einen Tag. Wie man sieht, ich werde ungeduldig. Keine Ahnung, ob es überhaupt nötig sein wird, den April auch noch hinzuzunehmen, um auf ein Vor-Fasten-Gewicht von weniger als 73,5 Kilo zu bekommen, aber wenn, dann will ich die Sache nicht länger als nötig ausdehnen müssen. In dieser Schlußphase geht mir Tempo vor Bequemlichkeit, und ich will doch hoffen, daß ich nicht den kompletten April für sie einplanen muß und mir dann die bereits eingesetzte Stoffwechselanpassung doch zu hohe Zunahmen über den Sommer beschert.

***

Irgendwie bin ich letzter Zeit nur auf wenige interessante Studien gestoßen - aber dieses Video zur Frage von ketogener Ernährung in Kombination mit hyperbarer Sauerstofftherapie fand ich interessant, nicht nur, weil es sich auch auf Thomas Seyfried berief, sondern ebenso, weil darin der Gedanke zur Sprache kam, dessen "Press-Pulse"-Verfahren - gemeint ist mit "Press" dauerhafte ketogene Ernährung und "Pulse" regelmäßige vorübergehende medikamentöse Glutamin-Hemmung, was in Kombination eine besonders starke Wirkung auf das Tumorwachstum bzw. dessen Schrumpfung erzielen soll - alternativ auch auf die Kombination Keto plus hyperbare Sauerstofftherapie anzuwenden. Ich habe es nur nebenbei angesehen und muß mir das nochmal anschauen, ebenso die anderen Videos zu dieser Veranstaltung der Ohio University, aber ich frage mich auch, warum Virta diesen Ansatz nicht weiterverfolgt zu haben scheint. Hat er sich womöglich doch als Sackgasse erwiesen? 

Hier aber außerdem noch ein wissenschaftlicher Fachartikel von Seyfried zum Press/Pulse-Verfahren in der Krebsbehandlung. Ich muß ihn selbst erst noch lesen, also kann ich zum Inhalt noch nichts sagen, und ich sollte mich heute wegen Arbeitsüberhäufung für meine Verhältnisse sowieso kurz fassen. 

Über Virta habe ich ja schon wiederholt geschrieben, ihr Schwerpunkt ist die Behandlung von Diabetes mit ketogener Ernährung. Merkwürdigerweise scheint die Beschäftigung mit ketogener Ernährung bei Krebs für das Unternehmen aber nur eine kurzlebige Stippvisite vor fünf Jahren gewesen zu sein, jedenfalls gibt es auf der Unternehmenswebsite keine Rubrik zu Krebs. Neu ist allerdings, daß Virta neben Diabetes jetzt auch die Behandlung von Adipositas anzubieten scheint. Ich riskiere die Prognose, daß das ein ähnlich großer Erfolg wird, der nicht nur Virta, sondern auch den behandelten Patienten von Herzen zu gönnen ist. Es ist ein echter Jammer, daß Virta - vermutlich, weil das schlechte PR wäre - immer so zugeknöpft wird, wenn es um Schwächen der Behandlungsmethode geht, und diese schlechte Gewohnheit ist auch der Grund, warum es mich so mißtrauisch macht, daß die Beschäftigung mit Krebs nur eine Eintagsfliege gewesen zu sein scheint. 

Bei der Diabetesbehandlung ist die klare Schwäche der Methode deren stetig nachlassende Wirkung auf längere Sicht, die kein rhetorischer Zuckerguß unsichtbar machen kann, obwohl man genau das bei Virta versucht hat. Die Stärke der Methode sind erstens die mindestens vorübergehenden Erfolge und zweitens, daß sie trotz der Schwäche jeder anderen Diabetesbehandlung überlegen ist.

Eigentlich wäre aber auch für die ketobasierte Behandlung von Diabetes eine Art "Press-Pulse"-Verfahren denkbar, das womöglich erfolgreicher als das bisherige Keto-Programm sein könnte, indem man Keto nicht als dauerhaften Lifestyle, sondern als Keto-Phasen, ggf. kombiniert mit Intervallfasten, anwendet, und in den "Normalphasen" bewußt irgendwie anders ißt - allerdings dabei möglichst auf den Konsum fragwürdiger Fertigprodukte verzichtet. Oder vielleicht auch - ja, warum nicht, wenn man darauf steht? - in den Zwischenphasen Sport treibt. Jedenfalls aber irgendetwas anders macht.

Mein Sohn, der auch etliche überzählige Pfunde loszuwerden versucht, sich aber mit dem Fasten gar nicht anfreunden kann, will übrigens Low Carb jetzt auch mal ausprobieren, und zwar in der Form "intermittierendes Low Carb", weil er sich das dauerhaft genausowenig vorstellen kann. So kam ich auf die Idee, ihm erst mal einen mehrwöchigen Versuch vorzuschlagen, der im Erfolgsfall - ähnlich wie ich das zweimal im Jahr mache -, in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen wiederholt wird. Der kritische Punkt ist die Frage, ob und wenn ja wieviel er zwischen diesen Phasen wieder zunehmen wird. Darauf bin ich schon sehr gespannt - das ist ja ebenfalls eine Press-pulse-Methode. Einstweilen hat er, glaube ich jedenfalls, noch nicht damit angefangen, aber ich werde berichten. 

Ich selbst bin gerade am Überlegen, ob ich mir nicht eines dieser kombinierten Blutzucker/Ketone-Meßgeräte zulegen soll - Sandra, auf diesen Gedanken hast du mich gebracht. Als ich die Ketose über den Urin gemessen habe, fand ich ja keinerlei Einfluß des Grads der Ketose auf meine Abnahme, aber sicherlich sind diese Geräte viel genauer, und speziell im Falle von Krebs las ich ja bei Seyfried, daß in jenem Fall die Wirkung der Ketose auch vom Blutzuckerwert abhängt, der wiederum von allem möglichen beeinflußt werden kann, das ich bis dahin nicht auf dem Schirm hatte. Vielleicht sollte ich das also auch mal beobachten. Oder womöglich wäre es sogar besonders sinnvoll, meinen Sohn das beobachten zu lassen - allerdings habe ich meine Zweifel daran, daß ich ihn dafür begeistern kann. Im Gegensatz zu mir ist er kein Daten-Junkie, aber dafür ist er, wenn ihm etwas nicht in den Kram paßt, genauso stur wie ich. 

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Im kulinarischen Bereich habe ich letztes Wochenende "Keto-Pogaca" entdeckt, bei denen ein türkisches Gebäck in eine Keto-Variante umgewandelt wird. Ich war ja erst skeptisch, aber das Ergebnis schmeckte sehr überzeugend, nur hätte ich den Teig stärker salzen sollen, denn ich habe Mozzarella anstelle von Gouda gewählt. Das war aber andererseits trotzdem eine gute Idee, denn Mozzarella ist so geschmacksneutral, daß mich das auf den Gedanken brachte, daraus könne man ja auch eine süße Variante machen - mit Gouda wäre mir das garantiert nicht passiert. Die süße Version werde ich am Wochenende mal mit einer Apfel-Zimt-Füllung ausprobieren.

Etwas erstaunt war ich darüber, daß diese Pogaca türkisch sind. Ich kenne das als ungarische Gebäckspezialität, die aber der türkischen ähnlich ist. Andererseits war Ungarn im 16. und 17. Jahrhundert mehr als hundert Jahre türkisch besetzt, also wäre die Frage wohl vor allem, ob hier die Türken das ungarische Gebäck so mochten, daß sie es plagiiert haben, oder ob es umgekehrt war. Meine Oma machte die immer, aber sie sprach das Wort so merkwürdig aus, daß ich Jahrzehnte gebraucht habe, um dahinterzukommen, daß das richtig "Pogatschen" hätte heißen müssen, weshalb ich auch erst mit reichlich Verspätung ein Rezept dazu fand. Jetzt habe ich also ein zweites für Keto-Phasen, das ist nicht schlecht.

 

 

Freitag, 12. Januar 2024

Homöopathisch dosierte Einsparungen im Gesundheitswesen

Mein Gewicht heute früh nach dem ersten viertägigen Fastenintervall des Jahres: 76,3 Kilogramm. Ungefähr ein Kilo mehr als das, worauf ich insgeheim spekuliert hatte, aber so isses jetzt halt. Davon muß ich mich in den nächsten Wochen eben herunterarbeiten, und da ich ab Montag wieder Low Carb esse, sollte das auch ziemlich flott gehen. 

Ohnehin müssen in der Blackbox in mir merkwürdige Dinge vorgegangen sein. Meine Vier-Tages-Abnahme betrug nämlich 6,1 Kilogramm, das ist erheblich mehr als üblich, also reg ich mich jetzt nicht auf und mache einfach weiter. Das ist das erste Mal gewesen, daß ich das Gefühl hatte, über die Weihnachtszeit "echt" zugenommen zu haben (wenn auch nicht wahnsinnig viel, das dürfte ein bis 1,5 kg ausmachen), aber falls dem so wäre, ist es immerhin das letzte Mal gewesen, daß das eine ärgerliche Verzögerung auf dem Weg zum Zielgewicht ist, denn künftig werde ich etwaige Zunahmen über Weihnachten ja über die jährlich geplante Low-Carb-Phase in Januar und Februar steuern können und dies, falls es alleine nicht ausreichen sollte, um wieder zum Zielgewicht zurückzugelangen, eben mit zusätzlichen Fastentagen kombinieren. 

Jetzt folgen also nach dem Wochenende erst mal sechs weitere Wochen Low Carb plus den gewohnten Fastenrhythmus und im Anschluß ein Endspurt mit jeweils vier Tagen Fasten und vier Tagen Essen im Wechsel, den ich beenden werde, sobald ich das erste Mal weniger als 73,5 Kilogramm vor dem Fasten wiegen werde. Ob ich das, wie angepeilt, noch vor Beginn des Monats April schaffen kann, bin ich ein bißchen skeptisch - aber mal sehen.

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Sandra, danke für deine Links im Kommentar unter diesem Beitrag. Ich habe mir alle mal angesehen und versucht, mich in die Sache reinzudenken, die ja doch ein bißchen anders ist als in meinem Fall. Die Unterschiede der Brustkrebsarten müssen ja irgendeinen Grund haben, auch wenn wir diesen Grund nicht kennen. Wieso war meiner hormonnegativ und deiner nicht? Ich habe im Moment keine Ahnung. Daß ich die Wechseljahre schon hinter mir habe, kann der Grund nicht sein, denn postmenopausal kommt hormonpositiver Brustkrebs ja nicht seltener vor.

Ich bin jedenfalls der Meinung, worauf man - neben dem Überleben überhaupt sowie dem sogenannten "ereignisfreien Überleben" - besonders achten sollte, ist das Risiko einer Metastasierung. Ein reines Lokalrezidiv, auch wenn man das natürlich ebenfalls vermeiden will, ist doch in jedem Fall wieder in etwa so behandelbar wie der erste Tumor (gerne auch versehen mit den hoffentlich auch künftig zu erwartenden neuen, fortschrittlicheren Behandlungsweisen) und bedeutet eine viel höhere Chance, auch dies wieder in den Griff zu bekommen. Das eigentlich Fiese daran ist ja, daß es wieder dasselbe Risiko einer Metastasierung enthält, das auch schon beim ersten Mal das ist, was man am dringendsten von allem vermeiden möchte, weil es höchstwahrscheinlich viel schlimmere Folgen als ein Lokalrezidiv nach sich zieht.

Ein zweiter Punkt, den man nicht übersehen sollte, ist die Frage, wie das ereignisfreie Überleben im Verhältnis zum Gesamtüberleben aussieht, denn daraus kann man auch jedenfalls erahnen, ob die Behandlungsfolgen problematisch sind.

Ich habe mir die Quellen deines zweiten Links (Fußnoten 39, 40 und  41) deshalb mal angesehen.

In der erstgenannten Quelle (39), in der zwei Gruppen mit zwei verschiedenen Upgrades zusätzlich zu Tamoxifen verglichen wurden, wurde berichtet:

In SOFT, the 8-year disease-free survival rate was 78.9% with tamoxifen alone, 83.2% with tamoxifen plus ovarian suppression, and 85.9% with exemestane plus ovarian suppression ... The 8-year rate of overall survival was 91.5% with tamoxifen alone, 93.3% with tamoxifen plus ovarian suppression, and 92.1% with exemestane plus ovarian suppression (P = 0.01 for tamoxifen alone vs. tamoxifen plus ovarian suppression); among the women who remained premenopausal after chemotherapy, the rates were 85.1%, 89.4%, and 87.2%, respectively.

Das Überleben ist also in allen drei Gruppen ziemlich gleich hoch gewesen, und der letzte Halbsatz würde außerdem für eine medikamentöse (oder evtl. auch chirurgische?) Beseitigung des prämenopausalen Status sprechen. Was von beidem zu bevorzugen ist, kann ich freilich nicht sagen. Weißt du, ob dieser Teil der Medikation nach einer Ovarektomie entfallen würde? Wenn ja, spräche das für die OP, denn das sollte Nebenwirkungen einsparen.

Bei HER2-positiv scheint der Vorteil von Tamoxifen plus "ovarian suppression" außerdem höher als bei den anderen Varianten zu sein. Das "Overall Survival" sowie weitere Teilergebnisse speziell für HER2-positiv findet sich in Tabelle S1 im Supplement, und für diese Variante sehen die Ergebnisse auch besonders ermutigend aus. Das hier fand ich im Supplement außerdem noch als Vergleich, was speziell für HER2-positiv in dieser Studie die besser Therapievariante war. Ist nicht ganz einheitlich, aber auch das spricht wohl eher für Tamoxifen-OS.

Was außerdem noch erwähnenswert ist: HER2-positiv waren nur 14 % der Patientinnen, und die Teilergebnisse für sie wären vermutlich heute noch besser, da im Zeitraum der Teilnehmerrekrutierung (2003 bis 2011) sicherlich ein Teil von ihnen gar keine Antikörper und höchstwahrscheinlich alle kein Pertuzumab bekommen haben. (Es wurde zwar unterschieden zwischen "No Chemo" und "Prior Chemo" - natürlich war das zweite die deutliche Mehrheit -, aber leider kam die Zusammensetzung der Chemo nicht zur Sprache.) Ich bin mir aber ziemlich sicher, daß beides das Metastasierungsrisiko verringert, weil es etwaige überlebende Krebszellen ja plattmacht, wo auch immer im Körper sie sich gerade aufhalten mögen, und sei es im kleinen Zeh. Wo nichts überlebt, kann natürlich auch nichts metasasieren.

Von den beiden anderen Quellen umfaßte (40) viel weniger Patientinnen und (41) einen deutlich kürzeren Zeitraum, deshalb habe ich sie nur kurz überflogen. Die Tendenz ist bei beiden aber in etwa dieselbe wie bei (39). In (41) wurde außerdem näher auf die Zusammensetzung der vorausgegangenen Chemos eingegangen und Antikörper wurden dabei gar nicht explizit genannt. Möglicherweise verbargen sie sich unter "other nontaxane-based regimes", aber das betraf gerade mal vier Patientinnen. Da diese Studie neuer war als (39), nehme ich an, daß du mit deiner Art der neoadjuvanten Behandlung schon mal einen Prognose-Vorteil mitnimmst, den die Patientinnen in allen Studien nicht hatten.

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Die Homöopathiehasser-Fraktion wird heute vermutlich in Triumphgeheul ausbrechen, da unser aller Bundesgesundheitsminister (der mit den kaputten Zähnen) angekündigt hat, diese Leistung aus der Krankenkassenfinanzierung zu streichen. 

"Die Homöopathie ist eine Leistung, die keinen wissenschaftlichen Nutzen auf Grundlage des wissenschaftlichen Sachstandes erbringt", sagte Lauterbach am Donnerstag. Die Gesetzlichen Kassen sollten Leistungen, "die nichts bringen, nicht bezahlen", so der SPD-Politiker. "Das können wir uns nicht leisten."

Also, die verfolgte Absicht sehe ich ja ein. Unser Gesundheitssystem ist zwar noch nicht so teuer wie das der USA, aber verflixt teuer. Etwa 265,5 Milliarden Euro betragen die jährlichen Kosten der gesetzlichen Krankenkassen. 

Falls also die Kosten für Homöopathieangebote gestrichen werden können, ohne daß dies die Gesundheit der Versicherten verschlechtert, und falls sie durch andere Medikamente kostenneutral und ohne Gesundheitsverschlechterung ersetzt werden können, von mir aus gerne. Jetzt erwartet uns aber vielleicht ja doch eine überraschende Stunde der Wahrheit. Denn rein theoretisch könnten die Krankenkassen nun belegen, daß ihnen die Finanzierung von Homöopathie Geld spart (was ja unabhängig vom wissenschaftlichen Nachweis der Wirksamkeit nicht völlig ausgeschlossen ist, etwa deshalb, weil Patienten, die sie nehmen, von einem "Abflußreiniger"-Produkt, das wissenschaftliche Nachweise vorzuweisen hat, sich aber in der Praxis trotzdem als  schädlich erweist, verschont bleiben). 

Falls das so wäre, würden wir uns dann aber wirklich Mehrkosten nur wegen so eines blöden fehlenden wissenschaftlichen Nachweises selbst aufbürden wollen? Wäre es nicht die Aufgabe der gesetzlichen KV, bei mindestens gleichbleibendem Gesundheitsstand ihrer Patienten vielmehr die kostengünstigsten Mittel zu finanzieren, und sei deren Wirkung auch nur eine Placebo-Wirkung?

Ich glaube aber eigentlich selbst nicht an eine solche Überraschung, denn ich nehme eher an, ein Teil der Krankenkassen ist vor allem deshalb auf den Homöopathie-Zug aufgesprungen, weil sie damit eine bestimmte gutverdienende Klientel von anderen Krankenkassen abwerben kann, die dieses Angebot nicht finanzieren. Sollte sich die Sache so verhalten, finde ich es eigentlich kein großes Drama, wenn es par "Ordre du Mufti" allen Krankenkassen verboten wird, Homöopathieprodukte zu erstatten. Zumal die betreffenden Präparate ja überwiegend nicht so teuer sind, daß es nicht jedem, der sie trotzdem anwenden möchte, zumutbar sein sollte, sie selbst zu bezahlen.

Die Krankenkassen sanieren kann man mit den eingesparten Kosten natürlich nicht. Zehn Millionen pro Jahr sollen sie ausmachen. Lauterbach selbst phantasiert von bis zu 50 Mio., aber auch falls das realistisch wäre (und das glaub ich erst, wenn ich die betreffende Kalkulationsgrundlage zu sehen bekomme), wäre das nur ein homöopathischer Anteil der Gesamtkosten. Diabetes kostet im Vergleich dazu pro Jahr 7.400 Millionen, also 7,4 Milliarden Euro. Das sind außerdem nur die direkt auf Diabetes zurückzuführenden Kosten, die Kosten der Folgekrankheiten sind nicht enthalten. Merkwürdigerweise ist es hier aber genau umgekehrt: Für das Gesundheitssystem völlig kostenlos umsetzbare Maßnahmen wie Intervallfasten oder Low Carb werden von der Medizin überwiegend boykottiert, weil die damit erzielbaren Erfolge als nicht evidenzbasiert gelten, und das trotz einer mittlerweile ansehnlichen Zahl von Studien, die diese Erfolge belegen können, etwa von Virta und Dr. Unwin. Würden durch ein Ende der aktiven Gegenwehr gegen diese Art von Behandlung (also noch nicht einmal ein aktives Propagieren, sondern lediglich ein Ende der vehementen Ablehnung, auf die Patienten seitens ihrer Ärzte häufig stoßen) auch nur ein Prozent der Diabeteskosten eingespart werden (und ich gehe jede Wette ein, daß das deutlich mehr wäre und nebenbei auch die Kosten in anderen Krankheitsfeldern reduzieren würde), wären das mit 74 Millionen auch schon erheblich mehr, als man durch wissenschaftspopulistische Maßnahmen wie die Streichung von Homöopathie einsparen könnte.

Was die Krankenkassen pro Jahr für Ernährungsberatung speziell für Übergewichtige (nach dem untauglichen Kalorien-Dogma) ausgeben, konnte ich auf die Schnelle leider nicht herausfinden. Ich plädiere aber dafür, sie abzuschaffen, sofern sie nicht "evidenzbasiert" einen Erfolg ihrer Tätigkeit nachweisen können. "Erfolg" hier verstanden als: mindestens 50 % ihrer Patienten schaffen es, bis zum Normalgewichtsbereich abzunehmen und ihre Gewichtsabnahme anschließend über fünf Jahre hinweg zu halten. Das ist eine nicht nur finanziell, sondern auch gesundheitlich höchst relevante Problematik, denn gerade ging wieder eine Alarmmeldung heraus, diesmal von einer Krankenkasse: Jeder Neunte unter ihren Versicherten habe 2022 die Diagnose "Adipositas" bekommen. Dies sei im Vergleich zum Jahr 2012 ein Anstieg um 30 %. 

Das ist außerdem ja nur die Spitze des Eisbergs, denn ich kann mich mit einer Ausnahme nicht erinnern, jemals bei einem Arztbesuch eine solche Diagnose bekommen zu haben (es sei denn, sie erfolgte ohne mein Wissen, also ohne daß ich darauf angesprochen wurde) - kurioserweise fand sich das erstmals ausdrücklich in einem Dokument, das ich zu sehen bekam, im Arztbrief der Kardiologin an meinen Hausarzt vor ca. einem Jahr, als sich mich (auf Basis eines veralteten Gewichtsstands, den ich längst unterschritten hatte) als "beginnend adipös" bezeichnete. Um diese Diagnose zu bekommen, muß man a) überhaupt zum Arzt gehen, was aber gerade Menschen mit Übergewicht häufiger als andere möglichst vermeiden, und b) muß der Arzt eine solche Diagnose im Rahmen des Gesundheitsproblems, das der Grund des Arztbesuchs ist, wohl erst einmal relevant finden, um sie überhaupt zu stellen.

Aber hier geht es halt mal wieder um "So tun, als ob"-Gesundheitspolitik, nicht um ernsthaftes Interesse an unserer Gesundheit oder der Finanzen der Gesundheitsversorgung. Diese Entscheidung wird Lauterbach in "Follow the Science"-Kreisen in jedem Fall Beifall eintragen, und ich nehme an, das war der Grund für sie. Ich nehme außerdem an, Lauterbach will die aktuelle Haushaltsproblematik, in der nun einmal viel Geld kurzfristig eingespart werden muß, so daß gerade an allen möglichen Stellen gleichzeitig die von Einsparungen Betroffenen Wutgeheul anstimmen, als günstige Gelegenheit dazu nutzen, um einen schon die ganze Zeit von ihm ungeliebten Posten in den Krankenkassenausgaben (die damit freilich gar nichts zu tun haben, die werden ja nicht aus Steuermitteln finanziert!) nebenbei auch gleich loswerden zu können.