Mein Gewicht heute früh nach dem ersten von zwei Fastentagen: 99,5 Kilogramm. Morgen werde ich wohl bei um die 98 Kilo liegen, was mich schon ein bißchen enttäuscht, denn ich fiebere ja gerade der symbolträchtigen Zahl 50 entgegen, und das sind halt doch wieder nur 49 Kilo Abnahme. Andererseits besitze ich seit letzter Woche ein Kleid in der Größe 40/42, das mir perfekt paßt und supertoll an mir aussieht, das bestätigt mir in ausreichendem Maße, daß trotzdem nichts Grundsätzliches bei mir falsch läuft und ich mein Herz nicht zu sehr an die Zahl auf der Waage hängen muß.
Natürlich ist diese Kleidergröße ein Ausreißer nach unten; Kleidergrößen darf man genausowenig wie die Zahl auf der Waage für bare Münze nehmen. Ich habe noch drei weitere Kleider in derselben Größe gekauft (alle, ohne sie vorher anzuprobieren), von denen sind zwei ein bißchen zu knapp und eines deutlich zu klein. Die warten nun im Kleiderschrank darauf, daß meine Körperform sich so weit verändert hat, daß sie an mir so toll aussehen werden wie das erste. Nur bei dem letzten gehe ich davon aus, daß ich noch bis zum nächsten Jahr warten muß, die beiden anderen sollten schon im Hochsommer - für den sie auch gedacht sind - für mich tragbar sein. Mein schrumpfender Oberkörper macht's möglich.
Ich habe nicht die leiseste Ahnung, an welchen Körperteilen sich das Gewicht, das ich dort verloren habe, jetzt gerade gemütlich zu machen versucht, da die Waage es ja immer noch anzeigt, aber es hat doch gewisse Vorzüge gegenüber der umgekehrten Situation, die ich anfangs erlebt hatte. Die ersten fast dreißig Kilo Abnahme fanden nämlich nur auf der Waage statt. Das erste Mal, daß ich kleinere Kleidergrößen kaufen konnte, war im Sommer 2018, also 15 Monate nach Beginn meiner Abnahme.
Seitdem habe ich immer mindestens ein Kleidungsstück in Reserve, das mir noch zu klein ist, und bislang hat es bei keinem länger als ein Jahr gedauert, bis ich es anziehen konnte. Ich hatte auch nicht ernsthaft damit gerechnet, das bewußte Kleid jetzt schon tragen zu können, da hatte ich wohl Glück mit dem Schnitt. Trotzdem ist es ein geiles Gefühl: mein erstes Kleid in Größe 40/42 seit meiner Schwangerschaft im Jahre 1987.
Aber eigentlich poste ich heute aus einem ganz anderen Grund. Vor ein paar Tagen geriet ich nämlich in eine Diskussion über eines der populärsten Abnehmbücher überhaupt. Dessen Autorin polarisiert: Die einen sind von ihr begeistert, die anderen hassen sie aus tiefster Seele. Über die Bestsellerautorin Nadja Hermann habe ich mir schon länger meine eigenen Gedanken gemacht, und dazu muß ich zu weit ausholen für eine Forumsdiskussion, also schreibe ich es hier.
Nadja Hermann gilt als Expertin
dafür, wie man abnimmt, denn ihr selbst ist das eindrucksvoll gelungen: von 150
auf 63 Kilogramm, noch dazu in einer rekordverdächtig kurzen Zeit von 15
Monaten. Ergänzend zum erbrachten praktischen Beweis ist sie, was die Theorie
betrifft, außerdem Verhaltenstherapeutin „mit ernährungswissenschaftlichem
Hintergrund“ und hat einen Doktortitel – wobei sie diesen Doktortitel,
wohlgemerkt, nicht in Ernährungswissenschaften hat, was dem betonten „Dr. Nadja Hermann“, mit dem der
Ullstein-Verlag auf dem Umschlag auftrumpft (und das bei den Autorenangaben an
dieser Stelle eigentlich nicht üblich ist), einen Spin in Richtung „knapp an
der Wahrheit vorbei“ verleiht.
Trotzdem: Noch mehr Expertise als bei einem Menschen, hinter dessen Hochschulbildung Intelligenz und Wissen vermuten werden darf, und der einen solchen Erfolg bei der eigenen Abnahme vorweisen kann, sollte man wohl kaum irgendwo finden
können.
Der Rat dieser Expertin läßt sich so zusammenfassen: „Alles
hängt beim Abnehmen ausschließlich von den Kalorien ab, und wer etwas anderes
behauptet, macht sich nur etwas vor“ – der sitze nämlich einer sogenannten
„Fettlogik“ auf. Diese Fettlogik sei es, die ihn am Abnehmen hindere, indem sie
ihn davon abhalte, das ihrer Meinung nach offensichtlich Notwendige zu tun. Jeder,
der seine Energiezufuhr geringer halte als den Verbrauch, könne nämlich abnehmen
und sein Wunschgewicht anschließend auch halten, und zwar, indem er seine
Kalorienzufuhr nicht mehr höher als seinen Kalorienverbrauch werden läßt.
Das Buch von Nadja Hermann, „Fettlogik überwinden“, war
lange in den Bestsellerlisten. Unzählige begeisterte Rezensionen bei Amazon
bestätigen, daß eine Botschaft, die ausdrückt, jeder könne aus eigener Kraft
etwas gegen sein Übergewicht tun, vielen zuvor Entmutigten gereicht hat, um wieder
daran zu glauben, daß ihnen noch zu helfen ist, und, wahrscheinlich noch
wichtiger, daß sie sich selbst helfen können. Über ein Buch mit so
motivierender Wirkung würde ich gerne auch nur Positives sagen können, aber die
Sache hat leider einen Haken: Nadja Hermann liegt mit ihrer zentralen These
falsch, und das auch noch auf eine ganz besonders fiese Art. Daß die Autorin mit einigen der von ihr aufs Korn genommenen
„Fettlogiken“ tatsächlich blanken Unsinn oder nur halb Verstandenes aufspießt,
manches davon unausrottbare Mythen schon seit anno Köhnlechner oder noch länger,
macht die Anwendung der Empfehlungen in diesem Buchs nicht
erfolgversprechender. Es liegt nämlich in
der Natur der Sache, daß bei einer gewissenhaften Umsetzung ihrer Empfehlungen alles
zunächst wie versprochen funktioniert, aber mit Zeitverzögerung – wir reden
hier von Zeiträumen zwischen sechs Monaten und ca. zwei Jahren – bei der
Mehrheit auch derer, die zunächst erfolgreich abgenommen hatten, das Einsetzen einer
Wirkung zu erwarten ist, die als Jojo-Effekt berüchtigt ist. Sie nehmen also
wieder zu.
Genau dies war auch Nadja Hermann, in deren gesamtem Leben der Kampf
um ihr Körpergewicht – das kann man ihrem Buch entnehmen – eine Art roter Faden
gewesen war, unzählige Male passiert, aber zum Zeitpunkt, als sie ihr Buch
geschrieben hatte, war sie sich völlig sicher, daß ihr das nun nie wieder
passieren würde, weil sie nun ja die Fettlogiken erkannt und überwunden hatte,
die ihr bis dahin den Weg versperrt hatten. Inzwischen ist das allerdings auch
schon wieder ein paar Jahre her. Ob ihr Optimismus, was sie persönlich
betrifft, berechtigt war oder nicht, darüber kann man leider nur spekulieren,
denn auch wenn die Autorin nach einer längeren Online-Pause wieder in den
sozialen Medien aktiv ist: Ihr
derzeitiges Gewicht ist ein so gut gehütetes Geheimnis, daß niemand sie auch nur danach zu fragen scheint.
Nun könnte man argumentieren, es sei doch ihre Privatsache,
ob sie sich zu diesem Thema äußert oder nicht. Aber ist es das wirklich noch,
nachdem man so viel Geld daran verdient hat, ein angeblich für jeden
und jederzeit funktionierendes Konzept zu publizieren? Eigentlich hätte jeder, der ihr Buch heute kauft, eine Auskunft darüber
verdient, ob ihr das Gewichthalten seit Erscheinen des Buches wirklich gelungen
ist, und wenn ja, ob dies tatsächlich so einfach war, wie sie es vermutet
hatte.
Ich komme auf diese Frage später noch einmal zurück. Einstweilen
stelle ich nur einmal fest, daß man im Web zwar weiterhin geradezu Horden von
überzeugten Jüngern ihrer Herangehensweise findet, darunter allerdings
praktisch niemand, der den versprochenen dauerhaften Erfolg tatsächlich
vorweisen kann. Nadja Hermanns Jünger der ersten Stunde stecken also längst
zum großen Teil in einer neuen „Fettlogik“-Falle, denn nach Meinung der Autorin
können sie ja nur selbst daran schuld sein, wenn das Abnehmen bei ihnen
mißlungen ist.
„Fettlogik überwinden“ selbst zu lesen war ich lange Zeit gar
nicht interessiert, da die Methode, mit der ich innerhalb von ca. drei Jahren fast
fünfzig Kilogramm abgenommen habe und von der ich erwarte, in gemächlicherem
Tempo als Nadja Hermann, aber dafür so lange ich will weiter abnehmen und nach
Erreichen meines Zielgewichts dieses auch tatsächlich dauerhaft halten zu
können, a) im klaren Widerspruch zur Methode der Autorin steht und b) nach wie
vor funktioniert und dies hoffentlich auch weiter tun wird. Aber als ich
anfing, über ein eigenes Blog nachzudenken, war mir natürlich gleich klar, daß bei diesem Thema früher oder später Nadja-Hermann-Fans auftauchen und mir einen vom Pferd erzählen
würden. Also habe ich das Buch am Ende doch gelesen. Man möchte ja auf
Augenhöhe kommunizieren können.
Ich tat noch mehr als nur das, ich habe mir auch von einer Auswahl
der darin angegebenen Quellen einen eigenen Eindruck verschafft, wie ich das
auch bei anderen mir als wissenschaftliche Beweise verkauften Thesen schon seit
mindestens zwanzig Jahren gewohnheitsmäßig mache. Hermanns Umgang mit Quellen erwies
sich als, nun ja: selektiv: Was ihr nicht ins Konzept paßte, ignorierte sie, und
zwar sogar dann, wenn es in genau denselben Quellen nachgelesen werden kann, von
denen sie die Teile zitiert, die ihr besser ins Konzept paßten. Eine ziemlich verbreitete und menschlich bis zu einem gewissen Grad verständliche Fehlleistung - aber außerdem noch harmlos angesichts der Abgründe, die sich in
den Quellen selbst zum Teil auftaten, wenn man sie sich mal näher vornahm.
Ich will diesen Blogbeitrag, der ohnehin ziemlich lang ausfallen
wird, nicht zu sehr ausufern zu lassen und auch nicht über jede Kleinigkeit
nörgeln, mit der ich in dem Buch nicht einverstanden war. Aber das ist auch gar
nicht nötig. Alles Bedeutende, das ich falsch fand, ist wegen desselben zentralen Fehlers der Autorin falsch,
den ich hier wörtlich zusammenfassend wiedergebe: „Fazit: Abnehmen funktioniert. Diäten funktionieren. 100 Prozent der
Menschen sind in der Lage abzunehmen.“ (S. 151, Kapitel „95 Prozent aller
Diäten scheitern!“)
Was daran falsch ist:
In der Tat gelingt es mit praktisch jeder Art von Diät einem gar nicht so
kleinen Teil der Abnehmenden, ein selbst gewähltes Zielgewicht zu erreichen.
Voraussetzung ist, daß sie diszipliniert dranbleiben. Eine Diät definiert sich aber
nicht nach ihrem Ergebnis unmittelbar nach Erreichen des Zielgewichts als
„erfolgreich“ oder „gescheitert“, sondern nach dem, was auf längere Sicht von
diesem Ergebnis noch bzw. nicht mehr übriggeblieben ist. Daß Diäten, auch dann,
wenn sie zunächst „funktionieren“, in ihrer überwältigenden Mehrheit in einer
längerfristigen Perspektive scheitern, bestätigen aber sogar die Wissenschaftler,
die Nadja Hermann in ihrem Buch zu Kronzeugen für das Gegenteil erklärt hat. In
einer der von ihr herangezogenen Studien fand ich etwa folgende recht
erstaunliche Definition für den Erfolg von Diäten:
„However, research has shown that 20% of
overweight individuals are successful at long-term weight loss when defined as
losing at least 10% of initial body weight and maintaining the loss for at
least 1 y.”
Mit anderen Worten:
- Eine angewandte Methode wird als „erfolgreich“ definiert, auch wenn bis zu 80 Prozent ihrer Anwender schon im ersten Jahr mit ihr scheitern.
- Die angewandte Methode gilt als erfolgreich, wenn 20 Prozent ihrer Anwender ein Jahr lang nicht scheitern. Auch dann, falls sie später ebenfalls noch scheitern sollten.
- Die angewandte Methode gilt als erfolgreich, auch wenn das Zielgewicht, das üblicherweise im Normalgewichtsbereich liegt, nicht erreicht, geschweige denn gehalten wird.
Diese Definition von „Erfolg“ drückt vor allem eines aus: Die typischen Ziele des typischen
Abnehmenden werden, und dies für nahezu
jeden, von den Autoren dieser Formel für von vornherein völlig unerreichbar
gehalten. Somit kann aber auch Nadja Hermanns Fazit „Abnehmen funktioniert“
aus Sicht ihrer vermeintlichen Zeugen nur dann gelten, wenn man beim Abnehmen auf
Ziele wie „Ich will den Normalgewichtsbereich erreichen und dauerhaft
normalgewichtig bleiben“ verzichtet und sich stattdessen mit den wesentlich
bescheideneren Zielen gemäß obiger Definition zufrieden gibt. Aber sogar diese zweifelhafte Art von meist
nur vorübergehendem „Erfolg“ ist nach Einschätzung von Nadja Hermanns
Kronzeugen nur für einen von fünf Abnehmenden zu erwarten.
Jede der in dem betreffenden Kapitel von „Fettlogik
überwinden“ angeführten Studien krankt an diesem Grundproblem – mit einer einzigen Ausnahme. Aber genau dieser einen Studie, von der Nadja Hermann prompt behauptete,
sie spiegle am ehesten die reale Erfolgsquote wider,
liegen auch die unbrauchbarsten Daten zugrunde, nämlich solche, die durch eine telefonische
Umfrage bei Zufallskandidaten erhoben worden waren.
Was habe ich gegen eine solche Datengrundlage? Vor allem
frage ich mich, warum Hermann nichts gegen sie hatte. Ich darf beispielhaft aus ihrem Buch
Seite 34 zitieren: „Wer also nicht weiß, daß Selbstauskünfte in Sachen
Ernährung ganz direkt ausgedrückt kompletter Unfug sind, der hört allerlei
erstaunliche Forschungsergebnisse zu Ernährung …“ Diese Meinung kommt noch an anderen Stellen vor, und im Prinzip teile ich sie. Aber ausgerechnet bei in Zufalls-Telefoninterviews von wildfremden
Callcenter-Agenten ohne Vorwarnung erhobenen und völlig unüberprüfbaren Daten soll
man sich nun auf einmal voll und ganz auf die Angaben der Befragten verlassen
können? Noch dazu bei so intimen Fragen wie Erfolg oder Mißerfolg von Diäten?
Noch einmal zurück zur ersten Studie. Bei ihr gibt es
nämlich, näher betrachtet, ein ganz ähnliches Problem. Es handelt sich bei
dieser Studie um eine Auswertung von Daten aus der National Weight Control Registry (NWCR) in den USA. Aus
diesem Datenmaterial sind bislang 37 Studien zu den unterschiedlichsten
Aspekten der Gewichtsreduktion entstanden.
In der Datenbank, die Grundlage jener Studien ist, werden seit
1993 Fälle erfolgreicher Gewichtsreduktion gesammelt. Verlangtes Minimum, um
als „erfolgreiche Gewichtsreduktion“ zu gelten: 30 pound, also 13,6 kg
Gewichtsabnahme und das Halten dieser Abnahme für mindestens ein Jahr. Die
erhobenen Daten basieren auf Eigenangaben von durch Werbemaßnahmen rekrutierte
Personen (offenbar nicht zwangsläufig US-Bürger: Gehe ich nach dem Registrierungsformular,
müßte ich mich dort ebenfalls registrieren lassen können; ausprobiert habe ich
es aber nicht). Dabei werden – oder wurden zumindest anfangs – auch so etwas
ähnliches wie Nachweise, etwa in Form von Vorher/Nachher-Fotos, erbeten. Wohl kein
ernsthaftes Hindernis für Scherzkekse und Wirrköpfe, aber immerhin eine kleine
Hürde. Knapp 20 Prozent der Teilnehmer wurden allerdings, und zwar bereits in
der Anfangszeit, in die Datenbank aufgenommen, obwohl sie sogar diese Minimal-Hürde
gerissen, also keinerlei Nachweis erbracht hatten. So ist dies der allerersten,
1997 erschienenen Studie auf Basis dieser Daten zu entnehmen.
“Subjects
unable to provide documentation did not differ significantly from others with respect
to the primary variables under investigation; therefore, they were included in
the sample”, wurde dies begründet. Welche Auswirkungen es aber auf die
Datenqualität hatte, zeigt sich daran, daß ich in einem runden Dutzend von auf
diesem Datenmaterial basierenden Studien immer wieder auf sonderbare Detailangaben
gestoßen bin. In einer Studie zum Beispiel war unter den 40
Teilnehmern, die aus der Registry ausgewählt worden waren, mindestens eine
Person, deren behauptete Gewichtsabnahme schon 43 Jahre zurücklag. Rechnet man nur diesen einen Teilnehmer aus der
Gesamtzahl heraus, sinkt der durchschnittliche Zeitraum seit der
Gewichtsabnahme für die 39 anderen um ein volles Jahr im Vergleich zu dem ermittelten
Durchschnittswert für alle 40. Diese Durchschnittswerte sind also ungefähr so
aussagekräftig, als würde ich bei der Ermittlung der Durchschnittstemperatur
meiner Wohnräume auch die Innentemperatur des Gefrierschranks mit einschließen.
Merkwürdig fand ich auch, daß nicht einmal begründet
wurde, warum solche extremen „Ausreißer“ mit eingeschlossen wurden. Man sollte
doch meinen, 40 Kandidaten für diese eine Untersuchungen hätten sich innerhalb einer
vierstelligen Gesamtzahl an Registrierten auch dann noch auftreiben lassen,
wenn man Gewichtsabnahmen, die schon vor der ersten Mondlandung stattgefunden
haben sollen, dabei ausgeklammert hätte.
Daß bei jedem Follow-up ein beträchtlicher Teil der Teilnehmer
einfach nicht mehr reagiert, ist bei Studien über längere Zeiträume ein
typisches Problem. Auch im vorliegenden Fall liegt es nicht sonderlich nahe, zu
vermuten, dies wären ausgerechnet die erfolgreichsten unter den Registrierten gewesen.
Die hohe Zahl der Drop-outs führt deshalb zu Ergebnissen, die höchstwahrscheinlich
positiver ausfallen, als sie es bei vollzähliger weiterer Beteiligung der
anfänglichen Teilnehmer wären. Das läßt sich nicht vermeiden, es sei denn, man
bezieht die mutmaßliche Entwicklung bei den Drop-outs als fiktive Berechnung
mit ein, wie ich das auch schon gesehen habe, was aber ebenfalls nicht ganz
unproblematisch ist.
Auch Befragungen, bei denen man sich auf die Richtigkeit der
Antworten verläßt, ohne sie zu überprüfen, sind außerhalb dieses speziellen
Projekts in der Epidemiologie ziemlich verbreitet. Ob dies sinnvoll ist bzw.
wie man dafür Sorge tragen kann, trotzdem mit den erhobenen Daten ein
annäherndes Abbild der Realität zu schaffen, sei an dieser Stelle dahingestellt.
Was mich in speziell diesem Fall unangenehm berührt hat, ist die Ungeniertheit,
mit der das völlige Fehlen irgendwelcher
Qualitätsstandards beim Sammeln des Datenmaterials wie eine
Selbstverständlichkeit präsentiert wurde, die nicht einmal eine Begründung wert
war. Dabei wäre es naheliegend und weder schwierig noch aufwendig gewesen, ein paar
Minimal-Standards zu definieren und umzusetzen. Zum Beispiel eine Beschränkung
auf Abnehm-Erfolge, die zum Zeitpunkt der Registrierung maximal 3, 4 oder
meinetwegen 5 Jahre her waren. Das hätte alleine schon deshalb viel mehr Sinn als
das tatsächlich gewählte Vorgehen ergeben, weil aus der weiteren
Gewichtsentwicklung nach der Registrierung umso mehr möglicherweise nützliche
Erkenntnisse gewonnen werden könnten, je kürzer der Zeitraum zwischen
Gewichtsabnahme und Registrierung ist.
Daß auf den Erkenntnisgewinn der angestrebten Studien klar verbessernde
und sehr einfach umzusetzende Einschränkungen verzichtet wurde, weckt in mir
einen bösen Verdacht: Dieses gesamte Programm zielte und zielt bis heute
wahrscheinlich gar nicht darauf ab, wissenschaftliche Ergebnisse im
eigentlichen Sinne, also von in der Lebenswirklichkeit von Patienten nutzbaren Erkenntnissen
zu gewinnen. Eher handelt es sich um eine Art Potemkinsches Dorf, in dem
wissenschaftliche Arbeit nur vorgetäuscht wird. Warum? Nun, beispielsweise, um die
Fördergelder zu kassieren, mit denen vom Staat über Stiftungen bis zur
Industrie solche Arbeiten für gewöhnlich finanziert werden. In diesem Fall käme
es von vornherein nicht darauf an, ob die Datengrundlage, mit der man arbeitet,
gut oder schlecht ist, weil es dann ausreichend ist, wenn die produzierten
Studien richtig aussehen, sie also im
üblichen Fachjargon geschrieben werden, typische epidemiologische
Verfahrensweisen mit den vorhandenen Daten angewandt wurden und eine Menge
Fußnoten enthalten.
Auf diesen Gedanken brachte mich nicht nur die demonstrative
Gleichgültigkeit gegenüber der Datenqualität bei diesem Projekt, sondern auch,
daß eine gewisse Maureen McGuire zu den Autoren der ersten auf diesen Daten
basierenden Studie gehörte. Das ist nämlich die Dame, der wir schon glauben
sollten, Telefonumfragen nach dem Zufallsprinzip würden besonders
vertrauenswürdige Angaben über Abnehmerfolge liefern, siehe weiter oben. Hinter
dem Sammeln und Auswerten von Daten fragwürdiger Aussagekraft scheint also Methode
zu stecken. Dasselbe gilt aber auch für das Umdefinieren von Mißerfolgen in
Erfolge. Denn die oben zitierte absurde Erfolgsdefinition für eine "erfolgreiche" Gewichtsreduktion
wird zwar mittlerweile in der Literatur regelmäßig aufgegriffen, ist also
erfolgreich etabliert worden. Es handelt sich aber nicht um eine Formel mit
einer ehrwürdigen und langen Geschichte in der einschlägigen Forschung, für die
es irgendwann einmal einen plausiblen Grund gab. Sie stammt im Original vielmehr
aus der Feder der Leiterin des NWCR-Programms, Rena R. Wing, und ist erst um
die 20 Jahre alt.
Aber tun wir einen Moment lang trotzdem so, als würden wir
die Träger der National Weight Control Registry für eine respektable
wissenschaftliche Institution und die Angaben der Autoren der daraus erstellten
Studien für absolut vertrauenswürdig halten. Denn auch in diesem Fall bieten
sie keine Bestätigung für Nadja Hermanns Optimismus:
„Participants in the registry report having
lost an average of 33 kg and have maintained the minimum weight loss (13.6 kg)
for an average of 5.7 y. Thirteen
percent have maintained this minimum weight loss for more than 10 y. …
Thus, by any criterion, these individuals are clearly extremely successful.” (Wing
and Phelan, Quelle s. oben.)
Nadja Hermann selbst gälte in dieser Studie als „extrem
erfolgreich“, sollte sie im Jahre 2025 ein Gewicht von bis zu 136,4 Kilogramm
mit sich herumschleppen, was wir ihr nicht wünschen wollen und was ganz
bestimmt nicht ihren Wünschen entspricht, ihr aber die Eintrittskarte in den
„Club der extrem erfolgreichen 13 Prozent“ der Teilnehmer in der Registry
locker verschaffen würde. Ein „Erfolg“ wie hier geschildert hat also gar nichts
mit dem zu tun, was den Lesern von „Fettlogik überwinden“ als angeblich
realistische Zielvorstellung vorgegaukelt wird: ein Zielgewicht, das sie einmal
erreicht haben, auch in zehn Jahren noch halten zu können, sofern sie sich nur
diese zehn Jahre lang richtig verhalten.
Die Studie beschreibt eindeutig, daß dies für die
allermeisten nicht zu erwarten ist:
“Findings from the initial follow-up study (15)
indicated that, after 1 y, 35% gained 2.3 kg (5 lbs) or more (7 kg on average),
59% continued to maintain their body weight, and 6% continued to lose weight.”
Schon nach einem einzigen Jahr hatte also bei über einem Drittel
der Teilnehmer eine Wiederzunahme eingesetzt, die durchschnittlich 7 Kilogramm
ausmachte. Knapp 60 Prozent konnten ihr Gewicht zu diesem Zeitpunkt noch halten
oder hatten ihre Zunahme zumindest auf weniger als 2,3 Kilogramm beschränkt –
was an sich im Rahmen normaler Gewichtsschwankungen liegt, aber bei einem Teil wohl
ebenfalls bereits ein Einsetzen der Wiederzunahme signalisiert. Nur 6 Prozent
aller Teilnehmer nahmen zu diesem Zeitpunkt dagegen immer noch ab.
Diese
6 Prozent sind meiner Meinung nach die interessanteste Gruppe von allen, denn
ihre dauerhaften Erfolgsaussichten sind wahrscheinlich die besten. Würde man
herausfinden, worin der Unterschied zwischen diesen 6 Prozent und dem Rest
besteht, käme man vielleicht der Antwort auf die Frage, wie man wirklich
erfolgreich abnimmt, endlich mal ein bißchen näher. Aus irgendwelchen Gründen
hat sie aber unter den Wissenschaftlern, die ihren Lebensunterhalt damit verdienen, mit diesem Datenmaterial Zahlenspiele zu machen, niemand für interessant genug gehalten, um sich näher mit
ihr zu beschäftigen.
„95 Prozent aller Diäten scheitern!“ Das ist also gar keine
„Fettlogik“, sondern umschreibt die wissenschaftlich belegte Situation ziemlich genau. Jedenfalls dann, wenn man „Scheitern“
so definiert, wie ein Leser von Nadja Hermanns Buch es für seinen eigenen Fall
täte: eine Wiederzunahme in bedeutendem Umfang innerhalb weniger Jahre nach der
Gewichtsreduktion anstelle des angestrebten dauerhaften Haltens eines einmal
erreichten Zielgewichts trotz einer dem zu erwartenden Bedarf angepaßten
Ernährung. Natürlich ist es dann ein Trost, wenn man wenigstens immer noch ein niedrigeres Gewicht hat als vor Beginn der Diät, aber es ist nicht das, was man wollte und was Nadja Hermann für erreichbar hält, wenn man es nur ernsthaft und konsequent genug will.
Dafür, daß dies fast jedem
passiert, muß es aber irgendwelche Gründe geben. Wenn niemand diese Gründe
herauszufinden versucht, weil in der Wissenschaft alle viel zu beschäftigt
damit sind, Mißerfolge in Erfolge umzudeuten und sich gegenseitig für diese
„Erfolge“ auf die Schulter zu klopfen, werden diese Gründe auch weiterhin bei
fast jedem fast immer den größten Teil aller Diäterfolge zunichte machen und
die davon Betroffenen zur Verzweiflung treiben.
Aus Perspektive des selbst Betroffenen ist der sogenannte
Jojo-Effekt nicht als Wirkung irgendeiner erkennbaren Ursache erfaßbar, die
einzige halbwegs plausible Erklärung kann deshalb nur eigenes Fehlverhalten sein
– wie das prompt auch fast immer vermutet wird. Von Außenstehenden sowieso,
aber ebenso auch von einem großen Teil der selbst Betroffenen, darunter auch
solche, die sich so eisern disziplinieren, daß sie bereit sind, sich wegen des kleinsten Abweichens vom Pfad der Tugend selbst die Schuld an einer Gewichtszunahme zu geben. Wäre der Grund für
dieses Phänomen aber tatsächlich in persönlichem Fehlverhalten zu suchen, müßte
man schlußfolgern, daß praktisch niemand sich nach einer Diät richtig verhält. Das
steht nicht nur im Widerspruch zu vergleichbar schwierigen Willensleistungen – so gibt es
etwa mittlerweile in Deutschland mehr Exraucher als Raucher –, sondern führt
mich auch zu der anfangs angesprochenen Frage zurück: Ist es dann wenigstens Nadja
Hermann selbst gelungen, sich zwischen dem Ende ihrer Gewichtsabnahme im
Frühjahr 2015 und heute, fünf Jahre später, „richtig“ genug zu verhalten?
Konnte sie ihr Gewicht von 63 Kilogramm wie geplant bis heute halten, wenigstens
annähernd?
Da die Autorin ihr Blog vor ca. zwei Jahren für die Öffentlichkeit
unzugänglich gemacht und sich auch sonst nirgends mehr öffentlich zu ihrem
Körpergewicht geäußert hat, kann ich über die richtige Antwort auf diese Frage nur
spekulieren. Irgendwie
glaube ich aber nicht daran, daß ihr das gelungen ist. Daß irgendwas bei Nadja
Hermann nicht mehr ganz nach Plan lief, habe ich am Rande nämlich selbst noch mitbekommen,
als ich im Herbst 2017, nach meinem ersten halben Jahr Intervallfasten und auf
der Suche nach einer Erklärung für meine mir unerklärlich erscheinende 20-Kilo-Abnahme,
beim Recherchieren ihr damals noch öffentliches Blog entdeckte. Ich erinnere
mich an einen Blogbeitrag, in dem sie schrieb, der Energiebedarf von Frauen müsse
in Wirklichkeit niedriger liegen als allgemein angenommen. Ein paar erste hartnäckige
Zusatzpfunde wollten sich mit ihrer zuvor so erfolgreichen Methode einfach nicht
abschütteln lassen, und dafür suchte sie nach einer Erklärung. So jedenfalls
glaube ich mich zu erinnern, aber wann genau dieser Beitrag geschrieben wurde
und ob ich wirklich jedes Detail korrekt im Gedächtnis behalten habe, kann ich
nicht mehr überprüfen, denn das Blog wurde ja zwischenzeitlich für den
öffentlichen Zugang geschlossen.
Ich habe von damals her noch im Kopf, daß die regelmäßig und intensiv Sport
treibende Nadja Hermann einen Kalorienbedarf von ca. 1700 Kalorien als normal
für Frauen wie sie selbst schätzte. Das läge nur noch geringfügig über den Lebensmittelrationen
von 1550 Kalorien, wie sie für Normalverbraucher in den allerersten
Nachkriegsjahren des Zweiten Weltkriegs vorgesehen waren, die als schwer
erträgliche Hungerjahre im kollektiven Gedächtnis unserer Gesellschaft in
Erinnerung geblieben sind. Vor Nadja Hermann ist noch nie jemand auf die Idee
gekommen, daß eine angemessene Energiezufuhr möglichst nahe an der in diesen Hungerjahren
liegen müsse. Deshalb blieb mir dieses Detail im Gedächtnis, obwohl ihr Blog
meine eigenen Fragen nicht beantworten konnte, so daß ich mich dort nicht allzu
lange aufhielt.
In der Folgezeit wird es kaum wieder einfacher für Nadja
Hermann geworden sein. Man kann sich schließlich denken, wie eng das
Verhaltenskorsett geschnürt ist, das sie sich in ihrem Alltag auferlegt hat,
wenn schon ein zweiwöchiger Besuch bei der Familie, wie in ihrem Buch
beschrieben, trotz ihrer Bemühungen, keinen völligen Kontrollverlust zu
erleiden, eine Zunahme von sage und schreibe sieben Kilogramm ausgelöst hat.
Die Vermutung liegt nahe, daß bei Nadja Hermann auch später jede
Abweichung vom erkorenen Pfad der Tugend sofort zu einer unverhältnismäßigen Reaktion
ihres Körpers führte. Wenn es aber eine Konstante
in jedermanns Leben gibt, dann die, daß man solchen Abweichungen nie so konsequent
ausweichen kann, wie man es müßte, um die daraus resultierenden
Gewichtszunahmen zu vermeiden. Genau das ist übrigens auch der rote Faden durch
alle Erklärungen überzeugter langjähriger Nadja-Hermann-Anhänger für ihre
eigenen Mißerfolge: Alles hat prima geklappt, aber dann …
- wurde ich schwanger
- erlebte ich einen Todesfall in der Familie/eine Trennung oder Scheidung
- wechselte ich den Arbeitsplatz
- wurde ich krank/brach mir ein Bein und war lange bettlägerig
… und dann erwies sich der eingeübte Lebensstil als nicht umsetzbar
oder nicht durchzuhalten, worauf umgehend und mit Macht die Zunahme wieder
einsetzte.
Ich halte die Annahme deshalb für realistisch, daß Nadja
Hermann wahrscheinlich schon seit mindestens vier Jahren wieder, wie nach ihrer
ersten Radikaldiät 2003, mit wachsender Frustration gegen ihr steigendes
Gewicht ankämpfen muß.
Um nicht mißverstanden zu werden: Ich möchte Frau Dr.
Hermann weder persönlich angreifen noch mich gar über sie lustig machen. Häme finde
ich nicht angebracht bei einem Thema, bei dem wir alle miteinander letztlich im
selben morschen Kahn sitzen, von einer mit realitätsfernen Zahlenspielereien beschäftigten Wissenschaft und einer neoliberalem Gedankengut huldigenden Gesundheitspolitik
verlassen, und uns irgendwie selbst zu helfen versuchen müssen. Daß wir uns
dabei irren und uns vielleicht auch manchmal in etwas verrennen können, ist ja nur
menschlich. Nadja Hermanns meinungsstarkes Auftreten, das auf die einen Leser
so motivierend wirkte und die anderen so erboste, war meiner Meinung nach vor
allem eines: Pfeifen im dunklen Wald. Sie wollte, glaube ich, niemanden
dringender von der Richtigkeit ihrer Schlußfolgerungen überzeugen als sich
selbst. Kann man es ihr verdenken, daß sie unbedingt glauben wollte, nun endlich hätte sie verstanden,
was sie zu tun hatte, und deshalb werde es diesmal auch – im Unterschied zu
allen ihren früheren Versuchen – gelingen, ihr Gewicht dauerhaft zu halten?
Genau mit dieser Botschaft traf ihr Buch so sehr einen gesellschaftlichen
Nerv, daß es zum Bestseller wurde. Auch ihre Leser wünschen sich ja nichts
dringender, als die Sache mit dem Abnehmen endlich richtig zu verstehen, um mit
dieser Hilfe endlich eine von außen gesetzte, aber auch selbst verinnerlichte
Norm erfüllen zu können, an der sie bislang immer wieder gescheitert sind. Die unbändige Wut, mit der ein anderer Teil
der Leser auf dieses Buch reagiert hat, ist die Kehrseite dieser Euphorie. Beides
hat genau dieselbe Wurzel, nämlich die kafkaeske Situation, daß schlank zu sein
einerseits zur Bürgerpflicht erklärt wird, aber andererseits niemand den
Nichtschlanken verraten kann, wie sie das anstellen sollen, ohne daß dabei das
Scheitern praktisch vorprogrammiert ist. Da auch die Wissenschaft, siehe
oben, dazu keine überzeugenden Antworten vorzuweisen hat, werden die
Betroffenen mit einer unlösbaren Aufgabe alleine gelassen und müssen sich darüber
hinaus regelmäßig beschuldigen lassen, zu faul, zu verfressen und zu
undiszipliniert, also: selbst schuld daran zu sein, daß ihnen die Aufgabe
unlösbar erscheint.
Der Unterschied zwischen den Euphorischen und den Erbosten besteht
darin, daß die Euphorischen solche Beschuldigungen als berechtigt akzeptiert
haben, weil es sich im richtigen Leben nun einmal für praktisch jeden als
nahezu unmöglich erweist, immer so heilig zu sein, wie man es der Theorie nach
sein müßte. Nur weil sie an ihr eigenes Fehlverhalten glauben, können sie überhaupt daran
glauben, mit Hilfe dieses Buchs endlich den Schlüssel zur Lösung ihres Problems
gefunden zu haben. Die Erbosten halten die Vorwürfe hingegen für unwahr und begründen das meist mit ihren eigenen Erfahrungen. Nur
deshalb sind sie sich von vornherein sicher, daß die Anweisungen, an die sie
sich halten sollen, den versprochenen Erfolg nicht bringen werden. Wen würde es
denn nicht wütend machen, wenn etwas offensichtlich Sinnloses von ihm verlangt wird? Und wessen Ärger würde sich nicht noch vervielfachen, wenn man sie nebenbei noch der Lüge oder, nur geringfügig weniger beleidigend, des Selbstbetrugs bezichtigt?
Genau das
macht auch den „Bootcamp“-Ton, den die Autorin teilweise anschlägt und den die
Hoffnungsvollen als aufrüttelnd und ermutigend empfinden, für die
Hoffnungslosen so unerträglich.
Gehe ich nach den oben zitierten wissenschaftlichen Belegen, liegen die
Erbosten in der Sache richtig und die Euphorischen werden trotz Nadja Hermanns Anweisungen voraussichtlich nur ein weiteres Mal Schiffbruch beim Abnehmen
erleiden. Das Web wimmelt zwar immer noch von Nadja-Hermann-Enthusiasten, aber
das sind alles Begeisterte nach zwei Wochen bis maximal nach zwei Jahren.
Langzeitschilderungen finden sich kaum, aber von den wenigen, auf die ich
stieß, hat nicht ein einziger sein Gewicht halten können. Keiner von ihnen gibt
aber dem Konzept die Schuld daran, sondern immer nur sich selbst, der eigenen
Schwachheit, weil man halt immer noch zu viel „sündigt“ und zu wenig „Buße tut“.
Diese Art von „Fettlogik“ ist so lange unüberwindlich, wie man Nadja Hermanns
Buch und der darin empfohlenen Herangehensweise als Wegweiser zum erfolgreichen
Abnehmen vertraut.