Mittwoch, 25. März 2020

Der Corona-Tsunami.

Mein Gewicht heute morgen nach dem ersten Fastentag dieser Woche: 99,5 Kilogramm. Meine zwei Fasten-Zweierserien scheinen also doch nicht ganz wirkungslos geblieben zu sein; daß ich im Anschluß an das Wochenende nach einem einzigen Fastentag schon Uhu-Besuch bekommen habe, ist bislang erst ein einziges Mal vorgekommen. Was das Fasten betrifft, läuft bei mir gerade alles weitgehend normal. Unnormal wird es mittlerweile aber beim Einkaufen. Am Montagfrüh bin ich um Viertel nach acht mit einer am Sonntag erstellten Liste losgegangen in der Hoffnung, alle notierten Artikel in maximal zwei Ladengeschäften zu bekommen, um daraufhin die nächsten mindestens eine Woche, lieber noch etwas länger, gar nicht mehr einkaufen zu müssen und somit die Verbreitung des Virus nicht unnötig zu begünstigen. Am Ende waren es sage und schreibe sechs Läden geworden, die ich abklappern mußte.

Von den Mangelwaren Mehl, Trocken- oder Frischhefe und Klopapier (die ich glücklicherweise nicht akut benötige, aber mitgenommen hätte, falls sie da gewesen wären) war in keinem der sechs Läden auch nur das kleinste Fitzelchen zu sehen. Neben Laden Nr. 2 befand sich ein DM Drogeriemarkt, vor dem gegen 8.45 schon eine lange Schlange auf die Öffnung um 9 Uhr wartete; dort hätte ich wohl welches bekommen können, aber so wichtig war es mir auch wieder nicht. Relativ kurz nach neun Uhr bin ich dort noch einmal vorbeigekommen und hätte wohl nachgesehen, ob sie noch Klopapier haben, wäre nicht dieser Hinweiszettel an der Tür geklebt mit dem Hinweis, daß sie während der Corona-Ausgangsbeschränkung erst um 10 Uhr öffnen. So lange wollte ich dann doch nicht warten. Die Schlange hatte sich auch in alle Winde zerstreut.

Was mir angenehm auffiel, war ein weiterer schriftlicher Hinweis des Drogeriemarkts, daß pro Person nur eine Packung Klopapier abgegeben werde. Das behalte ich mal im Hinterkopf, sollte sich das Problem bis zum nächsten erforderlichen Einkauf nicht von alleine gelöst haben, also die Regale dann schon wieder voll sein. Erforderlichenfalls stehe ich das nächste Mal bei denen um exakt 10.05 Uhr auf der Matte und hoffe zuversichtlich, das Objekt, nach dem gerade alle Käufer zu lechzen scheinen, heimtragen und dort der üblichen profanen Verwendung zuführen zu können, ohne vorher Schlange stehen zu müssen.

Aber natürlich arbeite ich mittlerweile auch schon an einem Plan B für den Fall, daß die Versorgungsengpässe mit manchen Artikeln auch noch bestehen werden, wenn ich das nächste Mal einkaufen gehe, denn spätestens, wenn es auf Ostern zugeht, werde ich mindestens Mehl und Hefe wirklich benötigen. Bei eBay wird Trockenhefe mittlerweile gewissermaßen mit Gold aufgewogen, und das gibt mir jetzt doch ein wenig zu denken. Wobei Frischhefe mir eigentlich sowieso lieber wäre, aber die fand ich am Montag auch nirgends mehr vor. Trockenhefe habe ich eigentlich nur für Notfälle im Haus. Ein Paket des ganz normalen Weizenmehls von Aldi, das sonst 39 Cent kostet, steht in einer anderen Auktion auch schon bei 1,50 Euro, und wer weiß, wo das noch endet.

Nur für den Fall, daß irgendwer sich fragt, was die Hamsterer mit all dem Mehl angefangen haben, das sie ergatterten. Nach wie vor glaube ich aber nicht daran, daß diese "Konjunktur" allzu lange Bestand haben wird, aber trotzdem bin ich froh, daß ich frühestens in zwei Wochen ernsthafte Probleme mit dem Mehlnachschub bekommen werde.

Um hier Engpässe zu vermeiden, habe ich heute beim Backen ein bißchen experimentiert. Fürs Frühstück habe ich Bauernpogatschen gemacht. Das zugehörige Rezept fand ich im Internet nirgends (die Rezepte dort sind alle mit Hefe, aber meine Oma hat das immer ohne gemacht), aber es ist ganz einfach: 200 Gramm Mehl, 1 Becher saure Sahne, ca. 100 Gramm Butter, ein halber Teelöffel Salz.  Heute habe ich die Hälfte des Mehls durch teils Grieß, teils Kartoffelstärke ersetzt, und den Teig etwas länger ruhen lassen, damit der Grieß ein bißchen quellen kann. Das Ergebnis schmeckte genauso gut wie immer. Ebenso bin ich mit dem Bananenkuchen verfahren, in dem ich drei überreif gewordene Bananen verarbeitet habe, und auch der hat völlig normal geschmeckt. Mit Kuchen sind wir jetzt bis zum Sonntag versorgt, und die übriggebliebenen Pogatschen sichern mir am Freitag mein Frühstück. Da werde ich am Samstag dann bloß noch die Briegel zu backen haben, und auch bei denen werde ich mal ausprobieren, wie sich ein Anteil Grieß, Kartoffelstärke oder Buchweizenmehl  auf das Ergebnis auswirkt.

Auf diese Weise komme ich mit dem vorhandenen Mehl besser aus, und falls ich nächste Woche immer noch nirgends normales Weizenmehl kriegen sollte, weiß ich auch schon, was alles als Beimischung oder Alternative außerdem noch in Frage kommen würde.


Weder auf den Straßen noch in den sechs Läden, in denen ich war, waren gestern allzu viele Leute unterwegs; mit dem ersten hatte ich gerechnet, aber mit dem zweiten nicht. Immerhin wurden gestern abend die Regelungen noch einmal verschärft, also war ich auf hohen Andrang am frühen Morgen gefaßt. Den gab es aber nicht, mit Ausnahme der Menschenansammlung vor dem Drogeriemarkt. Man merkte auch, daß die Leute auf Abstand bedacht waren. Einige trugen Masken oder hatten sich eine andere Art von Mund-Nasen-Schutz umgebunden, und einmal wurde ich von einer älteren Dame gerügt, die das Gefühl hatte, ich wäre ihr zu nahe gekommen. Ich hatte mir selbst ein Halstuch umgebunden, das ich mir eigentlich auch über die Nase ziehen wollte, aber dafür erwies es sich doch als zu rutschig. Immerhin bedeckte es den Mund. Für meine nächste Expedition ins feindliche Coronaland werde ich mir wohl irgendwas anderes ausdenken müssen.

Rückblickend kann ich nicht sicher sagen, ob es wirklich eine schlaue Idee gewesen, ist meinen Einkauf am Montagmorgen zu machen. Gut daran war, daß tatsächlich wenig Leute unterwegs waren und ich zu den meisten die meiste Zeit den nötigen Abstand halten konnte. Aber da ich in so vielen Geschäften war, hatte ich doch zu mehr Leuten, vor allem Kassierern und Kassiererinnen relativ nahen Kontakt, was sicherlich nicht optimal war. Vielleicht hätte ich meinen ursprünglichen Plan mit den zwei Läden umsetzen können, wenn ich noch ein oder zwei Tage gewartet hätte.

Aber hinterher ist man natürlich immer schlauer.

Ansonsten wird die Corona-Krise für mich zunehmend eine Übung in Differenzierungsvermögen. Eine Menge Leute, von deren Urteil zu Ernährungsfragen ich gewohnt bin, viel zu halten, zeigen sich bei diesem Thema nämlich auf eine Art und Weise skeptisch, die mich unangenehm berührt, und ich merke daran, wie schwierig es ist, den Reflex, entweder alles oder gar nichts am Urteil eines anderen gutzuheißen, zu unterdrücken. Das zwingt mich ein bißchen in einen emotionalen Spagat. Aber da muß ich jetzt wohl durch.

Gleichzeitig begreife ich auch, daß diese Leute in Teilbereichen genau denselben Reflexen folgen, und es enttäuscht mich, daß ihr Urteilsvermögen nicht ausreicht, um dies zu erkennen:
  • Reflex Nr. 1 ist die Erkenntnis, daß die Gesundheitspolitik seit Jahrzehnten falsche Empfehlungen propagiert. So jemandem traut man dann natürlich auch in anderen Fragen nicht mehr.
  • Reflex Nr. 2 ist der sogenannte "confirmation bias", die Erwartung eines bestimmten Ergebnisses, die einen dem zuwiderlaufende Ergebnisse nicht mehr erkennen läßt.
  • Reflex Nr. 3 ist das übermäßige Vertrauen in die papierne Parallelwelt der Studien, deren Aussagekraft sich eigentlich immer erst aus der Kombination mit der Realität ergibt. 
Vor Reflex Nr. 3 bin ich als Nichtwissenschaftler glücklicherweise sicher, weil mein gesundes Mißtrauen gegenüber dem Public-Health-Establishment (Reflex Nr. 1) auch die Aussagekraft von Studien mit einschließt. Darauf, daß ich sofort erkannt habe, daß ein bestimmter, von einer Unzahl von Low-Carb-Verfechtern mit wissenschaftlichem Anspruch und medizinischem Background verlinkter Medienbericht, laut dem 70 Prozent der schweren Corona-Fälle übergewichtig oder adipös gewesen seien, nicht das bedeutet, was man spontan meinen sollte, bin ich aber ein bißchen stolz. Denn eigentlich hätte auch ich es naheliegend gefunden, wenn solche Patienten überrepräsentiert wären.

Nur, das war nicht der Fall. Vielmehr spiegelte es - die betroffenen Altersgruppen mitberücksichtigt - ziemlich exakt die Verbreitung von Übergewicht und Adipositas in der britischen Gesellschaft wider, die darin ja ebenfalls überrepräsentiert sind. Mit anderen Worten: Schlanke und Dicke waren bei den bisherigen stationär behandelten Corona-Patienten in Großbritannien einfach nur entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil vertreten. Falls das Risiko für Dicke wirklich höher sein sollte, bietet die Übersicht, auf die sich die Daily Mail bezog, dafür keinen Anhaltspunkt.

Auf Twitter versuche ich schon seit einer Weile, mit meinen bisherigen Helden der Ernährungswissenschaft über solche Dinge ins Gespräch zu kommen, aber entweder bin ich ihnen zu popelig oder mein Englisch ist zu schlecht oder die mögen es genausowenig wie das Establishment, sich mit eigenen Fehlern befassen zu müssen.

Um auf Reflex Nr. 3 zurückzukommen: Die Studien mit kritischen Einwänden gegen die "Corona panic" kommen teils von Leuten, von denen ich eigentlich eine hohe Meinung habe, etwa  John Johannidis (der mit der These bekannt wurde, 90 Prozent aller Studienergebnisse seien falsch). Ich habe sein bei Twitter schon unzählige Male verlinkten Papier überflogen und bin ein bißchen erschüttert darüber, wie wenig überzeugend es ist. Vermutlich ist noch nicht einmal irgendetwas daran wirklich falsch, es geht nur am Kern des Problems vorbei. 

Geradezu zum Fremdschämen finde ich die Einlassung von Peter Goetzsche. An einer Stelle schreibt er: 
We don’t know how reliable this estimate is, or how reliable estimates of Coronavirus deaths are, but so far, 4 months into the pandemic, the estimate is around 17,000 deaths. Why then the extreme panic, with non-evidence-based draconian measures in many countries restricting seriously people’s lives?
In diesen beiden Sätzen verbergen sich gleich mehrere grobe Fehler. Die zwei wichtigsten:
  1. Wir reden hier nicht von den üblichen relativen Risiken, die auf irgendwelche Gesamtzahlen hochgerechnet werden, die stimmen können oder vielleicht auch nicht und mit denen man deshalb alle möglichen Kunststücke bei der Interpretation anstellen kann. Es handelt sich nicht um Schätzungen, sondern um gezählte Todesfälle von Patienten, die am Corona-Virus erkrankt waren. Wir reden von Leuten, von denen Namen, Adressen, Geburtstag und Todestag bekannt sind.
  2. Daß man ihm die Antwort auf seine Frage geben muß und er sie also nicht selbst weiß, ist eigentlich schon schlimm genug, denn sie ist selbsterklärend, sobald man die Zahlen laufend verfolgt, also tut er das offenbar nicht. Die Antwort lautet: Weil die Zahl der Todesfälle in der Provinz Hubei (wo sich die Stadt Wuhan befindet, in der die ersten Infektionen auftraten) zum Zeitpunkt des dortigen Lockdowns 25 betrug und zwei Monate später 3000, also das Hundertzwanzigfache. Wenn jetzt 17.000 Tote weltweit gezählt werden und jetzt drakonische Maßnahmen erfolgen, dann ist trotz der drakonischen Maßnahmen bei ungefähr gleichem Verlauf also in zwei Monaten weltweit höchstwahrscheinlich ebenfalls in etwa mit 17.000 x 120 Toten zu rechnen, also mit ungefähr 2 Millionen Toten. 
Sollte es nicht so weit kommen, bin ich wirklich der letzte, der sich darüber beschweren wird. Aber einen plausiblen zu erwartenden "Game-Changer" sehe ich aktuell nicht; die Zeit von zwei Monaten ist dafür einfach zu knapp.

Nur damit das Wichtigste nicht untergeht: Wir reden hier nicht von 2 Millionen Toten in dem üblichen Zeitraum, mit dem in Studien gerne gerechnet wird und den uns auch Goetzsche vorrechnet, nämlich einem Jahr,  sondern innerhalb der nächsten zwei Monate, und das nicht im Falle des Verzichts auf "drakonische Maßnahmen" , sondern obwohl diese getroffen wurden. Daß es dabei tatsächlich auf jeden Tag hin oder her ankommt, sieht man am besten an den Ländern, die zu lange versucht haben, auf solche Maßnahmen zu verzichten, etwa Italien und Spanien.

Kollabierende Gesundheitssysteme verschlechtern die Behandlungsmöglichkeiten, also erhöht das die Mortalität unabhängig von der höheren Zahl an Infizierten. Und dabei sind die Todesfälle durch alle diejenigen, die das Pech haben, ausgerechnet in diesem Zeitraum an etwas anderem zu erkranken und ebenfalls nicht angemessen behandelt werden können, noch gar nicht mit inbegriffen.

Erinnert sich hier noch jemand an den Tsunami 2004? An diese gruseligen Videos von lachenden Menschen am Strand, die die Welle vom Weitem kommen sahen und einfach nicht begriffen, daß sie sterben würden, wenn sie nicht auf der Stelle um ihr Leben liefen, weshalb Tausende dann auch tatsächlich starben? Genau dasselbe passiert gerade bei COVID-19. Es verstört mich, Leute wie Johannidis und Goetzsche unter ihnen zu sehen.


Sonntag, 22. März 2020

Corona-Alltag: Mangelware, Einkaufsstrategien und die Klopapier-Massenpsychose

Mein Gewicht heute früh: 99,3 Kilogramm, nachdem ich gestern - wie zuvor bereits befürchtet - mit 98,4 Kilogramm nicht, wie noch zu Wochenbeginn gehofft, die 98 unterschreiten konnte. Daß ich von gestern auf heute nun wiederum nur 900 Gramm mehr auf die Waage gebracht habe, kam ein wenig überraschend, da ich nach zweitägigen Fastenintervallen meistens nach einem Tag Essen deutlich mehr als ein Kilogramm mehr zu verzeichnen habe, und gar nicht so selten sogar mehr als 2 Kilogramm, aber das nehme ich natürlich gerne mit und werte es als weiteres Zeichen, daß ich nichts Grundsätzliches an meiner Herangehensweise verändern muß. Über den Grund für die geringe Zunahme kann ich nur spekulieren; möglicherweise hat es mit dem Temperatursturz gestern zu tun, aber das ist nur aus dem Kaffeesatz gelesen. Und es ist außerdem ziemlich wahrscheinlich, daß der Sprung um weitere 2 Kilogramm dann eben von heute auf morgen geschieht.

Meine Alltagspläne bezüglich COVID-19 haben aktuell eine ähnlich geringe Halbwertzeit wie die der Bundesregierung; ich habe mich nämlich umentschieden, was meinen Plan vom Mittwoch betrifft, nächste Woche gar nicht einzukaufen. Stattdessen will ich gleich am Montag früh einkaufen gehen. Der Grund ist das Hackfleisch, das ich am Mittwoch nicht bekommen habe und das ich vermutlich vorläufig nirgends bekomme, wenn ich zu meinen üblichen Einkaufszeiten losgehe, also will ich ausprobieren, ob das besser funktioniert, wenn ich es so früh wie möglich morgens nach dem Kaffee mache. Ich kaufe eigentlich immer zwei, drei Päckchen Hackfleisch und friere die dann ein. (Einstweilen kaufe ich das immer noch im Discounter.) Weil ich aber keine Ahnung habe, wie der Arbeitsanfall nächste Woche sich im Timing gestalten wird, also morgen der einzige Tag ist, bei dem ich ganz sicher weiß, daß ich keine superdringende Deadline am Vormittag einzuhalten habe, mache ich es doch am besten gleich dann.

Natürlich habe ich, wenn ich schon einmal losgehe, dann auch eine Reihe anderer Artikel notiert, die für meinen Haushalt "systemrelevant" sind und bei denen die Grenze zur "strategischen Reserve" unterschritten wurde. Das mache ich im Prinzip immer, weil ich es hasse, auf den letzten Drücker losrennen zu müssen, nur habe ich gemerkt, daß mein "Nachkaufen!"-Frühwarnsystem den aktuellen Verhältnissen nicht ausreichend angepaßt ist. Wenn man heute nicht sagen kann, was nächste Woche vielleicht auch nicht mehr zu bekommen ist, sollte man mindestens bis übernächste Woche ausreichend Vorräte haben, und das habe ich jetzt auf einige weitere Zutaten ausgedehnt, auf die ich notfalls ggf. vorübergehend verzichten könnte, aber ohne Notfall nicht verzichten möchte, zum Beispiel Parmesan, Schlagsahne und Vanillezucker.

Da ich gestern und heute ohnehin den Kühlschrank und mein Regal mit den Lebensmittelvorräten geputzt habe, hatte ich mit Ausnahme der Tiefkühlsachen alles einmal in der Hand, was gerade vorhanden ist, und fand, daß ich manches doch noch aufstocken sollte. Außer dem Hackfleisch ist glücklicherweise nichts dabei, das gerade als "Mangelware" zu betrachten ist, also bin ich guter Hoffnung, das auch alles zu bekommen.

Zusätzlich werde ich natürlich, da ich schon einmal so früh einkaufe, auch nach einigen Artikeln Ausschau halten, die man neuerdings kaum noch bekommt: Mehl, Trockenhefe und Klopapier. Bin mit allem eigentlich noch im grünen Bereich, aber was das Klopapier betrifft, fängt mein Mann jetzt auf einmal auch an, Panik zu schieben. Gestern wurde ich von ihm gerügt, weil ich seiner Meinung nach im Anschluß an meine Verrichtung zu viel davon verbrauche. Ich wies ihn auf die noch fast volle XXL-Packung Küchentücher hin, die er sich vor Monaten eingebildet hatte, unbedingt kaufen zu müssen und auf die man im Notfall ja auch noch zurückgreifen könnte (und dann würde sie immerhin nicht mehr all diesen Platz wegnehmen, also wäre das aus meiner Sicht gar kein so unerwünschtes Szenario), aber das half nichts.

Dieses Land hat mittlerweile echt eine Klopapier-Psychose. In Stuttgart bekommen mindestens die Drogeriemärkte neuerdings tatsächlich Polizeischutz durch eine Streife, allerdings nur, bis das Klopapier alle ist (was nach ungefähr einer Viertelstunde der Fall sein sollte). Ein Händler im Westerwald hatte die bislang beste Idee, um Klopapier-Hamstern zu unterbinden: Er verlangt für die zweite und jede weitere Packung Klopapier, die von einer Person gekauft wird, einen gesalzenen Aufschlag. Einbrecher haben neben Geld und Schmuck Klopapier als stehlenswerte Wertsache entdeckt. Nur unsere Bundeskanzlerin, die bekanntermaßen - und zum Erstaunen internationaler Beobachter - selbst einkaufen geht und dies auch in Zeiten von Corona weiterhin tut, fand in ihrem Supermarkt das begehrte Gut, anders als wir normalen Sterblichen, offenbar weiterhin ganz selbstverständlich noch im Regal vor. Mein Mann, zu dessen Zeit als Werktätiger in der DDR vor Betrieben schon mal die unansehnlichen Rasenflächen grün gefärbt wurden, wenn der Besuch eines höheren Würdenträgers bevorstand, und der sich mit unerklärlichen Phänomenen dieser Art deshalb auszukennen behauptet, nickte nur wissend und mutmaßte, das volle Klopapier-Regal, aus dem Frau Merkel auswählen durfte, sei vermutlich ins Lager zurückgefahren worden, gleich nachdem sie mit ihrem Einkaufswagen in die nächste Reihe gegangen war.

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Update gegen 20 Uhr: Frau Merkel, erfuhr ich inzwischen, mußte sich nun selbst in häusliche Quarantäne begeben, nachdem der Arzt, der sie gegen die bei COVID-19 gefürchtete mögliche Komplikation einer Pneumokokken-Infektion geimpft hatte, nun selbst positiv getestet wurde. Von hier aus die besten Wünsche, daß sie sich nicht infiziert haben möge!

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Also, aus meiner Sicht ist die strategische Reserve an Klopapier in unserem Haushalt noch längst nicht unterschritten, und wenn wir Küchentücher und Tempos auch noch mit einbeziehen, sollten wir frühestens Mitte/Ende Juni zu Zeitungspapier übergehen müssen, was ich aber auch noch nicht als Untergang der Zivilisation betrachten würde. Ich seh also das Problem nicht so recht. Aber sollte ich morgen früh wider Erwarten tatsächlich auf gefüllte Klopapier-Regale stoßen, greife ich zu, damit der Hausfrieden und der ruhige Nachtschlaf meines Mannes gewahrt bleiben. Aber mehr als ein Paket nehme ich nicht. Klopapier horten ist nun wirklich unter meiner Würde. Außerdem weckt man damit im Moment wahrscheinlich unnötig die Aufmerksamkeit von Straßenräubern.

Mit dem morgendlichen Beginn der Öffnungszeiten von Discountern und Supermärkten hatte ich mich zuvor noch nie befaßt, also hat es mich umgehauen, als ich die zwei Läden recherchierte, die ich morgen früh heimzusuchen gedenke: Machten die schon immer morgens um 7 Uhr auf oder ist das neu und coronabedingt? Wie auch immer, das bringt mich in die glückliche Lage, morgen früh tatsächlich in Ruhe kurz vor den Sieben-Uhr-Nachrichten aufzustehen, gemütlich meinen Kaffee zu trinken, mich anzuziehen und dann so zwischen 8 und halb neun in aller Ruhe loszugehen. Damit hoffe ich einerseits den Ansturm der Klopapier-Jäger zu vermeiden, andererseits aber mein Hackfleisch noch zu bekommen; falls nicht im ersten, dann in dem zweiten Laden. Und weil ich schon einkaufen gehe, werde ich nachher noch den auf die achtzig zugehenden Nachbarn im ersten Stock anrufen und sagen, falls ich ihm irgendwas mitbringen soll, soll er morgen früh einfach einen Zettel an seine Türklinke hängen.

Freitag, 20. März 2020

Der Corona-Wolf und die "alte Umweltsau".

Mein Gewicht heute früh: 99,7 Kilogramm. Davon bin ich ziemlich enttäuscht. An meinem Jubiläumstag hätte ich mir eine bessere Ausgangsbasis gewünscht, um morgen das erste Mal eine Zahl mit 97 auf der Waage zu sehen, und das ist jetzt leider ziemlich unwahrscheinlich geworden. Denn kann ich ernsthaft damit rechnen, von heute auf morgen 1,8 Kilogramm abzunehmen? Ich glaube das nicht, lasse mich aber gerne angenehm überraschen.

Auch wenn die ungewöhnlich starke Zunahme von Mittwoch auf Donnerstag um 2,2 Kilogramm (von 98,5 auf 100,7 kg) und nach meinem gestrigen ersten Fastentag des momentanen 2-Tages-Intervalls eine ungewöhnlich geringe Abnahme um nur ein Kilogramm letztlich nur auf Wasser-Schwankungen zurückzuführen sein werden und die Zahlen auf der Waage ohnehin nicht gar zu wörtlich genommen werden müssen: An so symbolträchtigen Tagen würde man sich "schöne" Zahlen wünschen, und die braucht man ja auch für das Gemüt. Gerade jetzt, wo außen herum alles immer bedrückender wird.

Drei Jahre Intervallfasten habe ich heute also hinter mir, und wenn ich den heutigen Gewichtsstand als Zahl einfach mal wörtlich nehme, habe ich in diesem Zeitraum somit 47,3 Kilogramm abgenommen. Als Zwischenbilanz ist das so schlecht auch wieder nicht. Eine weitere bedeutsame Zahl ist mein Brustumfang, bei dem habe ich angefangen mit 140, jetzt sind es 114 cm, und davon 6 cm Minus seit Anfang Dezember; es ist also nicht so, daß ich über den Winter keine wichtigen physischen Veränderungen erlebt hätte, obwohl es auf der Waage so wenig Fortschritte gab. Alles in allem kann ich mich echt nicht beklagen, nur weil an einem symbolträchtigen Termin eine symbolträchtige Zahl nicht exakt so ausgefallen ist, wie mir das am besten in den Kram gepaßt hätte. Aber natürlich wäre es viel schöner gewesen, wenn ich heute mit 98,7 Kilogramm in den Fastentag hätte gehen können.

In meinem Blog, das ich vor genau einem Jahr begonnen habe, hatte ich bis heute 4053 Besucher, die meisten davon aus Deutschland und den deutschsprachigen Nachbarstaaten, dann aus der EU-Region, aber auch etliche aus den USA, einige aus der Ukraine, Thailand und so weiter, überraschenderweise sogar ein paar aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Die meisten kamen über meinen Twitter-Account, und im Forum abnehmen.de habe ich auch ein paar treue Leser, aber auch Google ist zunehmend mitvertreten. Anfangs war mein Blog bei Google ja kaum zu finden, aber das ändert sich langsam. Mein Sohn meinte, wenn ich keine Kopfstände machen wolle, um für mehr Traffic zu sorgen (und dafür fehlt mir auch schlicht die Zeit), dann bräuchte ich vor allem ausreichend Zeit, müsse also einfach stur weiterposten. Daran soll es auch nicht fehlen, denn ich bin von meinem Zielgewicht ja immer noch (Stand heute) 26,2 Kilogramm entfernt. Zwei bis drei Jahre werde ich sicherlich noch brauchen, um es zu erreichen.

Daß ich vorgestern meinte, künftig werde mich Corona wohl nicht mehr so sehr beschäftigen, war wohl doch ein bißchen naiv. Am Mittwoch war ich einkaufen und fand immer noch bei manchen Produkten fast oder ganz leere Regale vor: Es gab in drei verschiedenen Läden NIRGENDS auch nur ein Stäubchen Mehl, keine Trockenhefe, keinen Reis, fast keine Nudeln, nur ein extrem dezimiertes Angebot an Konserven, merkwürdigerweise auch kein Hackfleisch und natürlich kein Desinfektionsmittel und kein Klopapier, das ich momentan aber sowieso nicht gebraucht hatte. Wieso spinnen die Leute ausgerechnet beim Klopapier dermaßen? Es geht um COVID-19, nicht um die Cholera. Dauerdurchfall ist nicht zu erwarten, also sollte man doch meinen, eine Klopapiermenge, mit der man erforderlichenfalls zwei Wochen Quarantäne durchstehen würde, wäre für jeden ausreichend.

Meine Schwester erzählte mir gestern am Telefon, in ihrem örtlichen Supermarkt bekämen die Käufer nur noch eine Packung auf einmal, und bei meinem Mann am Arbeitsplatz laufen Gerüchte um, daß Polizeischutz für Supermärkte in Vorbereitung sei. Kolportiert vom üblichen Schwager eines Kollegen, der im vorliegenden Fall angeblich im Innenministerium tätig sei, also eine klassische Gerüchtequelle, die man nicht unbedingt für bare Münze nehmen muß. Wobei ich mir durchaus vorstellen kann, daß im Innenministerium alle möglichen Extremszenarien durchgespielt werden, um von ihnen nicht unvorbereitet erwischt zu werden. Daß solche Maßnahmen tatsächlich eintreffen werden, glaube ich aber erst, wenn ich sie live miterlebe.

Zum Glück praktiziere ich von Haus aus eine vernünftige Vorratshaltung und habe nur meine Mehlvorräte letzte Woche ein bißchen über das gewohnte Maß hinaus aufgestockt (wir reden hier von vier Kilogramm zusätzlich bei einem Verbrauch von ein bis zwei Kilogramm pro Woche). Auf mein selbstgebackenes Brot morgen zum Frühstück freue ich mich jetzt schon. Frische Hefe habe ich noch, und ein bißchen Trockenhefe, die ich eigentlich eher selten verwende, auch noch. Für den Fall, daß mir das alles noch ausgehen sollte, werde ich notfalls Backpulver verwenden. Herzhafte Muffins statt Brot? Grieß anstelle von Mehl? Ich glaube nicht, daß es notwendig wird, aber ich spiele auch gerne Extremszenarien durch und mir fallen da eine Menge Ausweichmöglichkeiten ein, von denen ich erforderlichenfalls Gebrauch machen werde.

Ansonsten habe ich zwar meinen Kühlschrank am Mittwoch mehr als üblich vollgekriegt, aber eigentlich vor allem deshalb, weil ich hungrig einkaufen gegangen war, und das, was ich gekauft habe, kriegen wir nächste Woche ja auch alles locker verbraucht. Nächste Woche will ich mir das Einkaufen nämlich ganz sparen können, falls sich nicht doch noch herausstellt, daß ich irgendetwas Elementares vergessen habe - was mir aber ganz ähnlich sehen würde, das passiert mir andauernd. Auch gestern bin ich gar nicht aus dem Haus gegangen, und heute habe ich es ebenfalls nicht vor.

Mir leuchtete die Empfehlung nämlich ein, einstweilen im Zweifelsfall zu Hause zu bleiben. Seit dem letzten Wochenende war ich lediglich am Sonntag einmal draußen spazieren (und das alleine) und am Mittwoch beim Einkaufen. Ich dachte, ich höre nicht recht, als mir gestern meine vierundachtzigjährige Mutter in aller Selbstverständlichkeit erzählte, sie sei gerade beim Friseur gewesen, weil das "mal wieder dringend nötig" gewesen wäre, und meine Schwester berichtete, sie hätte am kommenden Wochenende einen schon länger verabredeten Besuch bei einer Freundin in einer anderen Stadt wahrscheinlich gemacht, wenn die ihr nicht selbst abtelefoniert hätte. Die haben offenbar beide den Schuß noch nicht gehört. Immerhin, meine Mutter verzichtet auf den Gang zur Beerdigung eines Mannes aus der Nachbarschaft, worüber sie verständlicherweise erst noch nachdenken mußte, weil man ja erst mal im Geiste aussortieren muß, ob die hinterbliebene Witwe vielleicht über das unsolidarische Verhalten gekränkt wäre. Aber heutzutage ist man solidarischer, wenn man sich bei so was fernhält. Sich selbst oder jemand anderen ausgerechnet bei einem Begräbnis mit Corona anzustecken, wäre wirklich der Gipfel der makaberen Ironie.

Ich habe mich jedenfalls bemüht, beiden zu vermitteln, worin das Problem liegt, das sie vielleicht noch nicht so genau erkannt haben:

Wir haben Stand heute um die 17.000 bekannte Infektionsfälle. Diese Leute, von denen wahrscheinlich ein großer Teil vor allem deshalb getestet wurde, weil sie bereits Krankheitssymptome hatten, haben sich aber schon früher infiziert. Die Inkubationszeit kann bis zu 14 Tage ausmachen. Rechnen wir aber der Einfachheit halber mit einer Woche (und übergehen dabei auch die Dunkelziffer) für eine sehr grobe Überschlagsrechnung: Vor einer Woche hatten wir erst um die 3000 Fälle, das heißt, diese 3000 vor einer Woche Infizierten haben im Rahmen dessen, was sie in ihrem Alltag so machen, bei der Arbeit, in der Freizeit, in Schule, Sport und in der Kneipe, die anderen 14.000 angesteckt, also durchschnittlich jeder von ihnen vier bis fünf andere. 17.000 Infizierte könnten somit locker bis in einer Woche, also dem 27. März, für die Ansteckung von 70- bis 80.000 weiteren Menschen sorgen, und die hätten eine weitere Woche später, am 3. April, ungefähr 350.000 weitere angesteckt. Bis zum 10. April wären auf diese Weise 1,5 Millionen Menschen infiziert und am 17. April 7 Millionen. Noch eine Woche später wäre die halbe Bevölkerung angesteckt.

Mit anderen Worten: Ab Ende April würde die Anzahl der weiteren Zunahmen abflauen, einfach deshalb, weil immer weniger Menschen übrig wären, die noch keine Ansteckung hinter sich hätten. Da ungefähr 10 Prozent der Infizierten schwerwiegende Krankheitssymptome entwickeln und im Krankenhaus behandelt werden müssen, liegt es aber auf der Hand, daß wir es so weit nicht kommen lassen dürfen. Andernfalls bringen wir unsere Krankenhäuser zum Kollabieren.

10 % von 17.000 Infizierten bedeutet 1700 stationäre Patienten, das ist beherrschbar.
10 % von 80.000 Infizierten bedeutet 8000, das ist auch noch zu stemmen.
10 % von 350.000 Infizierten wären aber schon 35.000 schwer Erkrankte, und damit würde die Zahl der stationär behandlungsbedürftigen Infizierten die der in Deutschland vorhandenen Intensivbetten (28.000) bereits am 3. April, also in gerade mal zwei Wochen, übersteigen. Auch wenn nicht jeder stationär behandelte Corona-Kranke ein Intensivbett benötigt, so müssen sie in jedem Fall von anderen Patienten, die ja nebenbei auch nicht einfach schlagartig aus den Kliniken verschwinden, isoliert werden.

Als vor einer Woche - bei 3000 Infizierten - der "Shutdown" erfolgt ist, ließ sich deshalb bereits - pi mal Daumen - hochrechnen, daß wir in spätestens drei Wochen Szenen wie in Norditalien zu erwarten hätten, falls nichts unternommen würde. Im Grunde wäre das sogar schon eine Woche früher - um den 5. März herum - möglich gewesen (und einige Experten forderten das, glaube ich, schon zu diesem Zeitpunkt), als die Zahlen der Infizierten plötzlich täglich im dreistelligen Bereich anstiegen. Aber zu diesem Zeitpunkt wären solche Maßnahmen vermutlich noch nicht politisch durchsetzbar gewesen, und wären sie erfolgt, dann wären jetzt noch mehr Verschwörungstheoretiker unterwegs als ohnehin schon. Ich erwähnte jetzt mit Absicht keinen einzigen namentlich, weil ich für gemeingefährliche Irre keine Werbung machen will.

Daß die Grippe weitaus tödlicher sei als Corona, kann zum Beispiel nur behaupten, wer vor lauter statistischen Daten die Welt um sich herum nicht wahrnimmt. Und vielleicht ist die Tatsache, daß diese Klugschwätzer mit ihren schiefen statistischen Vergleichen in den letzten Wochen aus allen möglichen Löchern gekrochen kamen (je höher die Infektionszahlen, desto weniger werde sie glücklicherweise, und in wenigen Wochen, zum Höhepunkt der Infektionswelle, werden sie hoffentlich ganz verschwunden sein), das, was man den einschlägigen Wissenschaftlern, den Epidemiologen und Public-Health-Größen, am ehesten zum Vorwurf machen kann. Denn dieses pseudowissenschaftliche Malen nach Zahlen hat sich die Verschwörungsriege ja nicht selbst ausgedacht, damit haben die Wissenschaftler angefangen. Und ich würde auch niemals behaupten, daß Zahlen unwichtig wären (dazu betrachte ich sie selbst mit zu viel Interesse), nur gehören sie immer und zwingend in ein Gesamtbild gestellt. Das erfolgte aber in den letzten zwei Jahrzehnten auch in der Epidemiologie viel zu selten, weil man ja mit vielen Daten und Zahlen so schön Marketing für irgendwelche Ziele machen kann, wen kümmert es dabei, wenn die Wahrheit dabei ein bißchen "begradigt" wird? Jeden Tag werden wir doch mit angeblichen wissenschaftlichen Erkenntnissen von zweifelhaftem Wert überschüttet, die mit statistischen Ergebnissen fragwürdiger Relevanz begründet werden. Als relativ aktuelles Beispiel fällt mir dazu die Stickoxid-Debatte ein.

Dieser gewohnheitsmäßige Mißbrauch von statistischen Daten fällt den Experten jetzt gerade auf die Füße, weil denjenigen, denen schon nicht aufgefallen ist, was die Wissenschaftler bei ihren Kalkulationen falsch gemacht haben, die Zahlen von Scharlatanen genauso einleuchtend vorkommen können. Das erinnert mich irgendwie an die alte Fabel von dem Hirten, der zu oft rief "Der Wolf kommt!"

Diesmal kommt der Wolf aber leider tatsächlich - wer rechnen kann, dem sollte das klar sein. Was den Vergleich mit der Grippe betrifft, aus meiner Sicht sind dies hier die wesentlichen Faktoren:

Gemeinsamkeiten:
  • Beide Krankheiten töten zum großen Teil Menschen mit schwerwiegenden Vorerkrankungen, die auch ohne die Infektion nur noch eine begrenzte Lebenserwartung gehabt hätten, sprich: Sie verkürzen das Leben der an ihnen Verstorbenen im Durchschnitt nur geringfügig. 

Unterschiede:
  • Gegen Grippe gibt es Vorsorgemaßnahmen (Grippeschutzimpfung), gegen Corona noch nicht.
  • Zur Behandlung von Grippe gibt es Medikamente, für Corona noch nicht.
  • Die Ansteckungsgefahr ist bei Corona höher als bei Grippe. 
  • Dies bewirkt eine raschere Ausbreitung von Corona im Vergleich zu Grippe.
  • Die Gefahr schwerwiegender Krankheitsverläufe ist bei Corona höher als bei Grippe.
  • Beides kombiniert führt zu einer Ballung der schwerwiegenden Krankheitsverläufe innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums. 
  • Dies überlastet die Behandlungsinfrastruktur und führt - wie in Norditalien gesehen - zu Todesfällen auch bei Patienten, die eigentlich noch hätten geheilt werden können.
  • Dieselbe Überlastung führt zu mehr Todesfällen auch bei anderen Erkrankungen, die ja auch noch weiter behandelt werden müssen. 
  • Sie führt weiterhin zu höheren Infektionsraten bei Ärzten und Pflegekräften und löst damit eine Kettenreaktion aus, weil sie die Überlastung noch weiter verschlimmert. 
All das geschieht bei der alljährlichen Grippewelle nun einmal nicht. Wer das auf die leichte Schulter nimmt, der sollte sich einmal selbst ernsthaft fragen, wie ihm zumute wäre, falls er sich in Norditalien aufhielte und dort einen Blinddarmdurchbruch erleiden sollte.

Ich habe weiterhin den Eindruck, daß die politischen Maßnahmen in Deutschland vernünftig und auch, relativ gesehen, erfolgreich sind. Das zeigt alleine schon der Vergleich der Relationen zwischen Infektionen und Todesfällen in verschiedenen Ländern, die alle vor einer Woche noch sehr viel wenige Infizierte zu beklagen hatten als Deutschland und nun aber schon im Stadium angelangt sind, in dem ab jetzt dreistellige Zahlen von Todesfällen pro Tag zu erwarten sind:

Deutschland: 17.000 Infizierte/44 Todesfälle
USA: 14.000 Infizierte/217 Todesfälle
Frankreich: 11.000 Infizierte/372 Todesfälle
UK: 3267 Infizierte/144 Todesfälle

Natürlich gibt es in jedem dieser Länder auch eine Dunkelziffer nicht getesteter Infizierter, und den Anteil der Todesfälle an allen Infizierten eines Landes weiß niemand, weil auch niemand weiß, wie viele Leute wirklich infiziert sind. Das gilt für alle vier Vergleichsländer. Ich habe aber den Verdacht, in Deutschland wird mehr getestet als in diesen drei Vergleichsländern, deshalb hat es unter den bei uns erfaßten Infizierten einen höheren Anteil milder oder sogar ganz symptomfreier Krankheitsverläufe. Der Vorteil dabei ist, daß dieser Teil der Infizierten bei uns aus dem Verkehr gezogen wurde, sich also in Quarantäne befindet, während sie in den drei Vergleichsländern häufig ahnungslos ihrem Alltag nachgehen und dabei ständig weitere Menschen anstecken. Mit anderen Worten: In Wirklichkeit sind in allen drei Vergleichsländern wahrscheinlich weitaus mehr Menschen infiziert als bei uns. Nur fällt bei ihnen die "Spitze des Eisbergs", der Teil der Infektionen, den man sehen kann, kleiner aus als der unter dem Wasser verborgene Teil. Und: In allen Ländern nimmt die Zahl der Infizierten weiter zu, aber je mehr Infizierte bekannt und in Quarantäne sind, desto langsamer geschieht das. Mit anderen Worten: Höchstwahrscheinlich steigt die Zahl der Infizierten in UK, USA und Frankreich erheblich schneller als bei uns.

Machen wir uns aber nichts vor: Die Zahl der gemeldeten Infektionen wird auch bei uns noch mindestens eine weitere Woche lang ständig weiter steigen, sogar dann, falls nach der neuerlichen Verschärfung der bisherigen Regelung auch noch eine komplette Ausgangssperre kommen sollte (die ich angesichts der Dummheit vieler Leute langsam nicht mehr ausschließe), und ebenso wird die Zahl der Todesfälle zunehmen. So bequem wird uns die Kalkulation nämlich nicht gemacht, daß diese Todesfälle unmittelbar nach der Diagnose "COVID-19" stattfinden würden. In China lag der durchschnittliche Zeitraum zwischen erstem Auftreten der Krankheitssymptome und Tod bei 18,5 Tagen. Die Symptome wiederum entwickeln sich erst nach einer Inkubationszeit von mehreren Tagen, die bis zu zwei Wochen dauern kann. 

Die 44 Todesfälle, die es in Deutschland bislang gegeben hat, sind somit, was den Zeitpunkt ihrer Infektion betrifft, höchstwahrscheinlich mehrheitlich einem Zeitraum zuzurechnen, in dem einschließlich Dunkelziffer erst eine dreistellige Zahl von Infektionsfällen bestanden hatte.
Jeder rechne sich nun bitte selbst eine vergleichbare Relation der jetzigen 17.000 Infektionsfälle (plus Dunkelziffer) zu den bei uns zu erwartenden Todesfällen in drei Wochen aus. Ich nehme an, auch wir werden eine Zeitlang dreistellige Zahlen pro Tag haben. Leider. Aber das wird voraussichtlich später sein und früher wieder aufhören als in den drei Vergleichsländern.

Ich betone nochmals: Das alles sind ganz grobe Überschlagsrechnungen. Bei ihnen geht es mir nicht um eine korrekte exakte Zahl, sondern um eine zu erwartende Größenordnung, innerhalb der sich die korrekte Zahl dann befinden wird. Und eine Menge an Corona-Infektionen in der oben überschlagenen Größenordnung in zwei bis drei Wochen kann niemand ernsthaft riskieren wollen, der noch bei Verstand ist.

Jede Infektion, die jetzt vermieden werden kann, muß also unbedingt vermieden werden, sonst haben wir in einem Monat so viele Todesanzeigen in unseren Zeitungen wie letzte Woche in Bergamo. Das ist kein Witz, das ist keine Desinformation, das ist auch keine interessengesteuerte politische Kampagne, wie das manche Dummköpfe behaupten. Es ist angewandtes logisches Denken und ein paar bescheidene Kenntnisse in noch nicht einmal Mathematik, sondern allenfalls "Rechnen für den Alltagsgebrauch". Nicht mehr, als die sprichwörtliche "schwäbische Hausfrau" an geistigem Rüstzeug benötigt, um ihren Alltag zu bewältigen.

Es gibt kein besseres Mittel als möglichst umfassende Vermeidung von Situationen, in denen man selbst andere anstecken oder von ihnen angesteckt werden könnte, um das oben skizzierte Szenario vom 3. April mit mehr schwer Erkrankten als Intensivbetten in den Krankenhäusern, zu vermeiden. Umso mehr ärgere ich mich über all die überwiegend jugendlichen Vollidioten, die sich offenbar einbilden, daß sie gerade nicht zur Schule müssen bedeute zusätzliche Ferien und mit ihren Freunden Party zu machen. Am Sonntag war ich spazieren und sah sie in hellen Scharen in Parks, auf öffentlichen Plätzen und in der Außengastronomie fröhlich zusammensitzen. Auch die Spielplätze waren rappelvoll.

Das Interessante daran ist, wie sie das dann begründen: Sie seien doch jung und könnten mit einem harmlosen Krankheitsverlauf rechnen. Na, toll. Und ob ihre Mutter, der Opa, die alte Frau von nebenan oder der Mann mit dem Rollator im Bus von ihnen angesteckt werden, darauf kommt es wohl nicht an. Oder sind manche in dieser "Generation Greta" zynisch genug, um das sogar für einen positiven Nebeneffekt zu halten?

Der letzte Satz war starker Tobak, das weiß ich selbst. Ich habe kurz überlegt, ob ich ihn wieder löschen soll, aber eigentlich gehört er in die Rubrik "Das muß mal gesagt werden". Wir sollten uns nämlich alle beim Blick auf die noch kürzlich so in Sachen Weltrettung, vegane Ernährung und Minderheitenschutz auf dem hohen moralischen Roß sitzenden jungen Leute, die für ein bißchen Chillen mit den Kumpels nun auf einmal bereit sind, ihre eigene Großmutter über die Klinge springen zu lassen, doch mal selbstkritisch die Frage stellen: Was haben wir da eigentlich für eine Generation herangezogen?

Es ist noch nicht so lange her, da habe ich dieses Tweet in einem anderen Blogbeitrag verlinkt, den ich schrieb, nachdem das öffentlich-rechtliche Fernsehen einen Kinderchor mit einem angeblich satirisch gemeinten Lied über die Oma als "alte Umweltsau" auftreten ließ und ich in der gesamten dazu geführten Debatte einen beunruhigenden Unterton wahrzunehmen glaubte:




In diesem Blogbeitrag schrieb ich dazu folgendes:

Wie groß ist eigentlich der gedankliche Schritt zwischen der Überlegung, daß wir "Omas und Opas qua Generation", erstens, alle Umweltsäue sind und zweitens sowieso schon mit einem Bein im Grab, zu der Frage, ob man bei dem anderen Bein da vielleicht ein bißchen nachhelfen könne, zum Wohle der Umwelt und so, der die Oma in dem Fall dann wenigstens nicht weiter all die gräßlichen Dingen antun könne, die sie andernfalls vielleicht noch jahrelang machen wird.
Es ist doch, wenn man diesen Faden noch einmal aufnimmt und unter dem Eindruck der aktuellen Entwicklung weitspinnt, ganz praktisch, wenn man als sogenannter Millennial auf der hehren Mission, die Welt zu retten, gar nichts aktiv tun muß, um uns alte Umweltsäue zu beseitigen, sondern es schon ausreicht, sich einfach genauso zu verhalten wie immer. Warum sollte man ausgerechnet auf die Leute nun Rücksicht nehmen, die man in den letzten Monaten wieder und wieder für die Hauptschuldigen an allen Übeln der Welt erklärt und sie beschuldigt hat, sie würden ihnen ihre Zukunft klauen? Unsere Zukunft ist, siehe den abgebildeten Tweet, ja ohnehin nur noch so kurz. Kommt es da noch darauf an, wenn sie nun noch ein kleines bißchen kürzer ist?


...

Beruhigen Sie sich. Natürlich glaube ich nicht im Ernst, daß wir es bei der kollektiven Leckt-mich-am-Allerwertesten-Haltung der selbsternannten Weltretter von gestern gegenüber dem Ansteckungsrisiko, dem sie andere Leute ungefragt aussetzen, gerade mit einer Verschwörung mit dem Ziel des möglichst zahlreichen vorzeitigen Ablebens unserer Generation zu tun haben. Aber wenn dieselben Kreise es nun offenbar irre komisch finden, COVID-19 als "Boomer Remover" zu bezeichnen, dann sehe ich ein weiteres Mal gar keinen Grund zum Mitlachen, sondern überlege mir ernsthaft, ob ich nicht versuchen sollte, eine eigene Twitter-Kampagne zu kreieren, in der Hoffnung, daß sie viral geht. Deren Hashtag würde lauten: "DuBistEnterbtArschloch".

Mittwoch, 18. März 2020

Ein bißchen wie bei Stephen King: Einkaufen in Zeiten von Corona

Mein Gewicht heute früh, am Morgen des ersten Eßtags nach zwei Fastentagen: 98,5 Kilogramm. Das sind beachtliche 4,4 Kilogramm minus, was darauf hindeutet, daß die 102,8 am Montag - mit denen ich ja auch nicht so recht warm werden konnte - aus irgendeinem Grund überzeichnet waren. Ich habe mal mit früheren zweitägigen Fastenintervallen verglichen. Meistens hatte ich eine Gesamtabnahme, die irgendwo zwischen 3 und 4 Kilogramm lag. Nur beim allerersten Mal - im Oktober letzten Jahres - lag meine Abnahme mit 5,1 Kilogramm noch höher, sogar ziemlich deutlich. Aber da hatte ich auch übers Wochenende einen besonders ungewöhnlich hohen Sprung nach oben gehabt, und das kann ich für diesmal nicht behaupten.

Ich bin ganz optimistisch, morgen in die zweite Zweierserie von Fastentagen mit einem Startgewicht unter 100 Kilo zu starten. Und dann mal sehen, wo ich am Samstag früh aufschlagen werde.

Heute habe ich, weil meine Vorräte eines strategisch unverzichtbaren Artikels, nämlich Zigarettenhülsen, unter mein Frühwarn-Limit gefallen waren, mehrere Supermärkte und Discounter hintereinander aufgesucht. Im ersten gab es keine Hülsen mehr, im zweiten fand ich nur noch die letzten armseligen Reste, und nahm mir dann bloß zwei Packungen, damit der Nächste, der kommt, auch noch zum Zuge kommt. Damit bin ich aber wieder für eine Weile versorgt, und ich bin ganz optimistisch, daß die Hamsterphase bereits vorbei sein wird, wenn ich wieder Nachschub benötige. Hamstern ist ein menschlicher Trieb, der unweigerlich spätestens dann ein Ende findet, wenn man seine Wohnung vollständig mit gehamstertem Zeug zugestellt hat.

Den dritten Laden, einen Discounter, habe ich dann nur deshalb auch noch heimgesucht, weil er direkt an der Bushaltestelle liegt und ich wissen wollte, ob es bei ihm genauso aussieht. Am Ende habe ich dort dann aber auch noch mehr als 30 Euro liegengelassen - wie das eben so läuft, wenn man hungrig einkaufen geht und außerdem einen kleinen Mann im Ohr hat, der einem dauernd zuflüstert: Wenn du das nicht jetzt kaufst, kriegst du es nächste Woche vielleicht nicht mehr.

Es waren aber alles Sachen, die ich wirklich brauchte. Gut, der große Serrano-Schinken am Stück hätte vielleicht doch nicht sein müssen, aber der hatte mich schon in den Prospekten so angemacht. Seit einiger Zeit kaufe ich Schinken und Salami am liebsten am Stück und schneide sie zum Wochenendfrühstück dann erst auf. Serrano-Schinken hatten wir dabei noch nie.

Dieser Einkaufsvormittag war ein ziemlich surreales Erlebnis. Das galt ganz besonders für den zweiten Supermarkt, den ich aufsuchte, der im Untergeschoß eines Kaufhauses sitzt. Das Kaufhaus selbst war geschlossen, aber an einem der Eingänge wurde man von - immerhin wirklich freundlichem - Wachpersonal und Absperrbändern zum Rest der Verkaufsfläche durch den größtenteils unbeleuchteten EG-Bereich - ein leicht gruseliger Anblick, der an Stephen-King-Dystopien denken ließ - zur Rolltreppe geschleust.

In allen drei Läden sind dieselben Artikel komplett ausverkauft:

- Klopapier
- Desinfektionsmittel
- Druckerpapier
- Mehl (alle Sorten einschließlich mittlerweile auch Bio und Vollkorn)
- Trockenhefe
- Reis
- Hackfleisch

(Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Manche Lücken waren so groß, daß man sie beim besten Willen nicht übersehen konnte, andere fielen mir auf, weil ich die betreffenden Artikel gekauft hätte, wären sie erhältlich gewesen.)

Fast komplett ausverkauft waren:
- Konserven fast aller Art
- Nudeln


Ich bin eigentlich mit allem, was ich brauche, gut versorgt, also bereitet mir das keine schlaflosen Nächte. Das einzige, was mich etwas beunruhigt, ist das Druckerpapier, denn das sollte ich demnächst wirklich wieder aufstocken, andernfalls bekomme ich Probleme. Bei mir brummt der Laden nämlich gerade eher noch mehr als sonst, was vielleicht damit zu tun hat, daß ich von Haus aus im Home Office arbeite. Verglichen mit anderen Leuten hat sich deshalb an meinem Alltag weniger geändert als bei den meisten. Und auch meine Kunden fragen so zahlreich bei mir an wie sonst auch.

Beide Supermärkte waren ziemlich spärlich besucht, wie überhaupt auch die Straßen auffallend menschenleer waren. Mir fielen einige kleine Läden auf, die offen hatten, obwohl sie eigentlich hätten geschlossen sein müssen, aber die meisten hatten zu, und die geöffneten werden angesichts der wenigen Leute auf der Straße kaum einen Vorteil gehabt haben. Eine kleine Kneipe weckte im Vorbeilaufen deshalb meine Aufmerksamkeit, weil sie die Fenster verdeckt hatte. Ob sich da die Stammgäste vielleicht trotz des Verbots heimlich treffen? Vorstellen könnte ich mir das schon, und vermutlich ist das noch nicht einmal tragisch, auch wenn es für den Wirt Ärger geben wird, falls es herauskommen sollte. Wenn das nämlich Leute sind, die vor der Schließung auch schon jeden Tag beisammen waren, werden sie sich gegenseitig schon längst angesteckt haben.

Ich denke gar nicht daran, "soziale Kontrolle" (sprich Denunzieren) in solchen Fällen als meine Bürgerpflicht zu betrachten, obwohl das in meiner Tageszeitung mehr oder weniger zu einer solchen erklärt worden ist. Bin ich denn ein Blockwart? In den Medien wird von manchen Kommentatoren mittlerweile schon nach Ausgangssperren gerufen, "weil sich sonst niemand an die Regelungen hält". Tatsache ist, auch gegen Ausgangssperren würde es Übertretungen geben, denn wie sollte man das konsequent kontrollieren können? Der einzige Unterschied bestünde darin, daß manche Leute Bußgelder bezahlen müßten, und die wären mehr oder weniger willkürlich ausgewählt.

Mit einer gewissen Anzahl an Leuten, die sich unvernünftig verhalten, muß man einfach leben. Ich halte es da mit Professor Alexander Kekulé, der - ohne die Lage zu bagatellisieren - empfiehlt, es auch nicht umgekehrt zu übertreiben mit den Schutzmaßnahmen. Sofern man nicht zu einer Risikogruppe oder zum medizinischen Personal gehört, sind 90 Prozent vom Optimum des Schutzes seiner Meinung nach völlig ausreichend. Das gilt meiner Meinung nach nicht nur für jeden persönlich, sondern auch für die Gesellschaft als Ganzes, und deshalb halte ich Ausgangssperren als generelle Maßnahme für falsch. (Punktuell, also räumlich auf kleinere Gebiete begrenzt, könnte es unter bestimmten Voraussetzungen vorübergehend sinnvoll sein.)

Kekulé hat seit ein paar Tagen beim MDR täglich einen ca. halbstündigen Podcast, den ich sehr empfehlen kann, auch weil man aus ihm sehr viele Zusammenhänge erfährt, die in den Medien untergehen oder mißverständlich beschrieben werden, deshalb hier auch ein Link zu diesem Podcast. Ich habe aus ihm schon viel Informatives erfahren, das ich bis dahin nicht gewußt hatte, zum Beispiel, daß es egal ist, ob man sich die Hände mit kaltem oder warmem Wasser wäscht, solange man Seife verwendet und darauf achtet, nicht nur alle Finger, sondern auch die Handgelenke zu waschen. Jetzt mal ehrlich: Wer von euch hat bislang beim Händewaschen auf die Handgelenke geachtet? Also, ich nicht. Aber jetzt, da ich es gehört habe, fällt es mir jedes Mal sofort ein, sobald ich die Seife in die Hand nehme. Wahrscheinlich hat sich die Art, wie ich meine Hände wasche, für immer verändert.

Nicht zur Schließung verdonnert, sondern unter Auflagen mit eingeschränkten Öffnungszeiten weiter offen sind Restaurants, allerdings haben die nicht viel davon, denn die Gästezahlen müssen heftig eingebrochen sein. Ein Teil hat sich deshalb schon jetzt entschlossen, lieber ebenfalls vorübergehend zu schließen. Das wichtigere Geschäft ist für Restaurants ja ohnehin abends, und wenn das (bei Schließung um 18 Uhr) wegfällt, können es viele Lokale genausogut ganz bleiben lassen. Ich lief heute aber auch an einem McDonalds vorbei, der zu meinem Erstaunen gähnend leer war. Den hatte ich, egal zu welcher Tageszeit, noch nie anders als gut voll bis brechend voll erlebt.

Der Discounter dagegen war so voll wie immer, was vermutlich mit seiner strategischen Lage direkt an der Haltestelle zu tun hatte. Da gehe ich normalerweise meistens nur dann rein, wenn ich irgendwas beim eigentlichen Einkauf Vergessenes beschaffen muß.

Möglicherweise habe ich mir COVID-19 sogar schon selbst eingefangen, denn ich hatte letzte Woche tatsächlich einen leichten, aber im Lauf der Woche zunehmenden Reizhusten mit Höhepunkt am Wochenende und einem leichten Krankheitsgefühl am Montagmorgen, was beides inzwischen aber wieder abgeklungen ist. Mit unserer derzeitigen Seuche hatte ich das gar nicht in Verbindung gebracht, weil ich ja in meinem Home Office nicht so wahnsinnig viele Kontakte habe, bis mir mein Mann gestern früh erzählte, bei ihm am Arbeitsplatz gäbe es einen Corona-Verdachtsfall. Schutzmaßnahmen im Betrieb? Nada. So lange sich der Verdacht nicht bestätigt, läuft alles so weiter wie immer. Ich mache mich darauf gefaßt, daß mein Mann vielleicht im Lauf der nächsten Tage zur Quarantäne verdonnert werden könnte, und habe im Geiste schon eine Liste an zu erledigenden Arbeiten im Haus erstellt, mit der er sich dann befassen darf. 😏

Aber falls ich tatsächlich Corona gehabt haben sollte, waren die Symptome harmlos, und ich sollte die ansteckende Phase auch schon hinter mir haben: Laut Robert-Koch-Institut sind acht Tage nach Beginn der Symptome keine vermehrungsfähigen Viren mehr vorhanden. Und wer weiß, vielleicht war es ja doch nur eine stinknormale Erkältung. Sollte der Coronaverdacht beim Kollegen meines Mannes sich bestätigen, werde ich vielleicht ja auch getestet, andernfalls werde ich es wohl nie erfahren.

Ab morgen wird für mich dann die Wirkung meiner bevorstehenden beiden Fastentage dann doch wieder interessanter sein als die aktuelle Corona-Lage.



Montag, 16. März 2020

Pandemie, Politik, Propaganda und Panik - was mir zum Coronavirus einfällt

Mein Gewicht heute morgen zu Beginn des ersten Fastentags der Woche: 102,8 Kilogramm, das ist so lala. Am Freitag ist mein dritter Intervallfasten-Jahrestag und ich hatte eigentlich noch im Januar darauf gehofft, zu diesem Termin den Uhu dauerhaft bei mir zu haben. Das ist leider nichts geworden. Weil ich die Sache aber wenigstens ein bißchen beschleunigen und an meinem Jubiläumstag eine schöne Zahl sehen will, die mit einer 9 anfängt und mit einer 7 vor dem Komma aufhört, habe ich mich entschieden, diese Woche wieder zweimal zwei Fastentage einzulegen.

Trotzdem bin ich eigentlich nicht unzufrieden mit meiner Entwicklung, weil die körperlichen Veränderungen weitergehen und ich dadurch sehe, daß ungeachtet der Hartnäckigkeit, mit der meine Waage mir höhere Zahlen zeigt, als ich sie eigentlich sehen möchte, alles weiterhin in die richtige Richtung läuft. Gestern beim Abendessen sagte mein Mann ganz unerwartet zu mir, mein Gesicht sei so viel schmäler geworden, wenn er nicht wüßte, warum, würde er anfangen, sich um meine Gesundheit Sorgen zu machen. Schon vor einer Weile hat er mir außerdem bestätigt, daß auch mein berüchtigtes Schnarchen nachgelassen habe.

Darauf wartete ich schon seit geraumer Zeit! Noch vor ca. einem Jahr sagte er mir, als ich ihn mal direkt danach fragte, alles sei so wie immer. Aber das scheint sich im Lauf der letzten zwölf Monate geändert zu haben. Er könne nicht einmal sagen, ob das plötzlich oder schleichend gekommen sei, aber jedenfalls sei ich des Nachts jetzt merklich weniger geräuschvoll.

Ansonsten habe ich viel Arbeit, was in Zeiten, in denen man möglichst daheim bleiben sollte, um sich nicht am kollektiven Virenschleudern zu beteiligen, nicht die schlechteste Sache ist.

COVID-19 zeigt mal wieder deutlich, wie rasch es gehen kann von der vermeintlichen Normalität zum Ausnahmezustand, und wer weiß, ob es sich nicht irgendwann als Glücksfall herausstellen wird, daß dies mit einer Krankheit geschehen ist, bei der die Sterblichkeit - bei aller Dramatik, die sich entwickelt, wenn die Zahl der Krankheitsfälle wie in Italien die medizinischen Kapazitäten zu sprengen beginnt und dies dann zu weiteren, eigentlich vermeidbaren Todesfällen führt - vergleichsweise gering ausfällt. Man stelle sich nur vor, die Ebola-Epidemie vor einigen Jahren mit ihrer Sterblichkeit von um die 70 % hätte sich aus ihren afrikanischen Ursprüngen heraus zu einer Pandemie entwickelt.

Ich bin eigentlich ganz optimistisch, daß die jetzt in Deutschland getroffenen Maßnahmen sich als recht wirkungsvoll erweisen werden. Im internationalen Vergleich gehört Deutschland zwar zu den Ländern mit den meisten gemeldeten Infizierten, aber die Anzahl der Todesfälle wie auch die Anzahl der Patienten in bedenklichem Zustand liegt wesentlich niedriger als in vergleichbar stark betroffenen Ländern, das scheint mir darauf hinzudeuten, daß im Umgang mit der Krankheit vieles richtiger als anderswo gemacht wurde. Es ist ja immer einfach, die Politik zu kritisieren, nachdem eine Situation einmal eingetroffen ist, die man auch selbst nicht kommen sehen hatte. Aber wer hätte Maßnahmen wie Schulschließungen akzeptiert, als die Zahl der Infektionen noch gering war?

Daß sich im Lauf der Zeit dennoch die meisten von uns anstecken werden, macht eine Verzögerung noch lange nicht nutzlos. Zeit gewinnen hilft zum einen, die ernsteren Krankheitsverläufe angemessen behandeln zu können, weil sie nicht alle auf einmal kommen, gibt aber auch Zeit, die Behandlung zu verbessern und neue Medikamente zu entwickeln. Und irgendwann wird es natürlich auch einen Impfstoff geben.

Großbritannien hätte sich ja um ein Haar entschieden, sich die Infektionsvermeidung, wie sie sonst überall in Europa das Ziel ist, ganz zu sparen, in der Annahme, daß es besser sei, die Sache rasch hinter sich zu bringen und anschließend "Herdenimmunität" erreicht zu haben. Ein britischer Statistiker schriebe dazu gestern, am 15.3., einen interessanten Blogartikel. Basierend auf den offiziellen Infektionszahlen von gestern (1372 Infizierte in UK) ging er von 10.000 Infizierten bis zum 23.3. aus, 100.000 bis zum Ende des Monats März, einer Million bis zum 9.4., 10 Millionen bis zum 18.4. und bis zum 24.4. wäre die gesamte Bevölkerung, 66 Millionen, infiziert.

Wenn man annimmt, daß nach der Wiedergenesung Immunität gegen das Virus besteht, hätte Großbritannien die Epidemie also wohl spätestens Ende Mai überstanden, aber um den Preis einer sehr hohen Zahl von Todesfällen in sehr kurzer Zeit. Je Million Infizierte bedeutet auch eine Sterblichkeit von scheinbar niedrigen 1 % 10.000 Tote, und das mal 66. Hinzu kommt aber außerdem, daß die Behandlung der schwer Erkrankten in einem Zeitraum von gerade mal fünf bis sechs Wochen das Gesundheitssystem so überlasten würde, daß die Sterblichkeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sehr viel höher als 1 % liegen würde. In Italien, wo genau das geschehen ist, liegt die Sterblichkeit am Virus nach aktuellem Stand bei über 6 %.

Nur zum Vergleich: In einem "normalen" Jahr liegt die Anzahl der Todesfälle in UK bei etwas über 600.000, und auch wenn ein Teil der COVID-19-Toten auch ohne das Virus wenig später an ihren Vorerkrankungen gestorben wäre, darf man davon ausgehen, daß die "Augen zu und durch"-Methode, mit der die britische Regierung dem Virus beizukommen hoffte, nur mit viel Glück lediglich zu einer Verdoppelung dieser Zahl im laufenden Jahr geführt hätte, mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit aber zu einer Vervielfachung. Was genau die Gründe waren, warum die Regierung Boris Johnson dies vorübergehend für ein geringeres Übel hielt, ist mir nicht bekannt. Jedenfalls hat sie ihre Meinung inzwischen geändert und bemüht sich nun, wie andere Länder auch, um eine Verlangsamung der Infektionsgeschwindigkeit.

Merkwürdig und sogar ein bißchen kläglich fand ich die Reaktion der Weltgesundheitsorganisation. Alle möglichen nicht übertragbaren Leiden hat sie in der Vergangenheit bereits gewohnheitsmäßig als "global epidemic" bezeichnet, etwa Rauchen und Übergewicht, was dann zwar nicht von ihr selbst, aber in Fachpublikationen durchaus gerne als "pandemic" übersetzt wurde, womit die Begriffszusammensetzung einer "globalen Epidemie" auch völlig korrekt umschrieben ist. Ehrlicherweise hätte man beide Begrifflichkeiten aber nie dafür verwenden dürfen; sie sind als reine Propagandvokabeln zu werten, als Marketingbegriffe, die wohl vor allem Dringlichkeit suggerieren und den Weg zu drastischen Bekämpfungsmaßnahmen ebnen sollten. Was eine wirkliche Pandemie ist, können wir aber jetzt gerade live verfolgen: eine ansteckende Krankheit, die sich in hoher Geschwindigkeit weltweit verbreitet ... und wir stehen dabei immer noch ziemlich am Anfang, vor allem, was unser Wissen über die Anzahl der Infektionen betrifft. Denn eine niedrige Infiziertenzahl, wie sie etwa aus Ländern wie Rußland oder UK bekannt ist, bedeutet nicht unbedingt eine tatsächlich niedrige Zahl von Infizierten. Vielleicht wird zu wenig getestet, oder vielleicht wählt man auch die zu Testenden nach falschen Kriterien aus. Bevor die ersten Krankheitszeichen einsetzen, läuft jeder nicht Getestete, der infiziert ist, noch über eine Woche lang herum und steckt andere Leute an.

Gerade in diesem Fall ließ sich die WHO aber erstaunlich viel Zeit, bevor sie sich dazu entschließen konnte, die weltweite Ausbreitung von COVID-19 als das zu bezeichnen, was es tatsächlich ist: eine Pandemie. Wie kann es sein, daß die Weltgesundheitsorganisation sich erst am 11. März dazu durchringen konnte, als bereits 114 Länder betroffen waren? Schon Wochen vorher war bereits abzusehen, daß dieser Geist nicht mehr in die Flasche zurückzubekommen war. Im Grunde schon, als in Südkorea ab Mitte Februar die Zahlen unkontrollierbar nach oben schnellten, spätestens aber, als wenige Tage später im Iran und Italien dieselbe Entwicklung zu verzeichnen war. Wer hätte zu jenem Zeitpunkt denn immer noch im Ernst daran glauben können, diese Infektionen ließen sich auf die vier hauptbetroffenen Länder begrenzen?

Die WHO, habe ich den Eindruck, ist so verstrickt in all die Aktivitäten, die mit ihrem Kampf gegen das Rauchen und "falsche" Ernährung verbunden sind und die mehr mit Marketing als mit Medizin zu tun haben, daß sie eine echte weltweite medizinische Krise erst erkennt, wenn sie von ihr in die Nase gebissen wird. Das wirft für mich Fragen auf, denn eigentlich hätte sie spätestens aus dem Ebola-Ausbruch vor ein paar Jahren (2015, wenn mich nicht alles täuscht), bei dem die WHO ebenfalls gar nicht gut aussah, sich an die Ausarbeitung von Notfallplänen machen müssen, wenn sie über so etwas wie Selbsterhaltungstrieb verfügen würde. Ich erinnere mich noch, daß Frau Chan, während in Afrika gerade Kranke wie die Fliegen starben, ausgerechnet nach Rußland reiste, um Putin, der gerade in der Ukraine einen verdeckten Krieg führte, aber andererseits zum Entzücken der WHO in Rußland Rauchverbote verhängt hatte, in einen gewissen Körperteil zu kriechen.

Ein weiteres makaberes "Highlight" war die Rüge, die die Weltgesundheitsorganisation Syriens Machthaber Assad 2016 erteilte, aber  nicht etwa, weil er Aleppo gerade in einen Trümmerhaufen bombte und seine Bevölkerung in hellen Scharen aus dem Land floh, sondern weil ihr seine Tabakbekämpfungsmaßnahmen nicht ausreichten. Egal, für wie dringend man den Kampf gegen das Rauchen hält: Den Syrern drohten in jenem Jahr weiß Gott akutere Gesundheitsgefahren als ausgerechnet diese; fast eine halbe Million von ihnen waren im Bürgerkrieg schon zu Tode gekommen, und zwar in ihrer deutlichen Mehrheit durch die Aktivitäten genau desselben Mannes, der nach Meinung der WHO seiner Bevölkerung im Grunde nichts weiter als einen energischeren Kampf gegen das Rauchen schuldete. 

Wer setzt in dieser Organisation eigentlich die Prioritäten und nach welchen Kriterien? Hat man sich dort schon so daran gewöhnt, die eigenen Verlautbarungen für die einzig wichtige Realität zu halten, daß man die "echte" Realität nicht mehr so richtig wahrnimmt, solange niemand einen dazu zwingt?

Daß Marketing und Propaganda bei COVID-19 wirkungslose Instrumente sind, sobald die Gefahr aus den Medienberichten in den Krankenhäusern und bei eigenen Freunden, Kollegen und Nachbarn angekommen ist, sieht man aber am besten an den USA, für deren Politelite wie auch für das Wirtschafts- und vor allem das Gesundheitssystem diese Krankheit demnächst zu einer Stunde der Wahrheit werden wird, und es ist unwahrscheinlich, daß sie diese Herausforderung gut genug bestehen werden, um unverändert bestehenzubleiben. In den USA wurde viel zu lange möglichst wenig getestet, weil es der Politik vor allem auf die Zahlen ankam ... ohne zu begreifen, daß dies mit weitaus schlimmeren Zahlen als nötig in wenigen Wochen erkauft wurde. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ist in den USA keine Selbstverständlichkeit, ebensowenig wie eine Krankenversicherung vor allem bei Niedriglohnbeschäftigten. Hinzu kommt der hohe Bevölkerungsanteil an bereits in China als Risikogruppen Erkannten: Herzkranken, Diabetikern, an Bluthochdruck Leidenden und Krebskranken. Die USA steuern gerade auf eine Situation zu, wie sie dieses Land seit der spanischen Grippe vor hundert Jahren nicht mehr erlebt hat, und es ist zu befürchten, daß ihre Bevölkerung schlimmeren Schaden nehmen wird als die so manches Drittweltlands, denn die letzteren können zumindest auf den Vorteil weniger schwerer Krankheitsverläufe durch eine junge Bevölkerung hoffen.

Ich habe absichtlich von der "Politelite" geschrieben, nicht nur von Donald Trump. Denn daß die Präsidentschaft dieser unsäglichen Gestalt nun schon über drei Jahre andauert, geht auf das Konto der beiden großen politischen Lager, und zwar der Demokraten nicht allzu viel weniger als der Republikaner, für die Trump 2016 angetreten ist. Die Unfähigkeit und Unwilligkeit gerade der Demokraten zu einer ernsten Gewissenserforschung, was sie selbst dazu beigetragen haben, daß jemand wie Trump überhaupt mehrheitsfähig wurde, zeigte sich ja während der gesamten letzten mehr als drei Jahre, zuletzt auch in den Vorwahlen. Die Republikaner wiederum haben viel mehr Angst davor, politische Macht an die Demokraten zu verlieren, als vor den Folgen der Regierung Trump, und zwar innen- wie außenpolitisch.

Heute in einem Jahr wird Trumps Präidentschaft Geschichte sein, das ist aber nur ein kleiner Trost. Noch vor ein paar Wochen glaubte ich, daß Donald Trump die Wiederwahl schaffen könnte; jetzt bin ich mir völlig sicher, daß COVID-19 ihn im Herbst aus dem Amt fegen wird. 

Gemessen an all diesen Fehlleistungen bin ich geneigt, den deutschen Verantwortlichen, von Bundeskanzlerin über den Gesundheitsminister bis zu Behörden, etwaige Fehleinschätzungen aus den letzten Wochen zu verzeihen. Wie gesagt, wenn man die deutschen Zahlen mit denen anderer Länder vergleicht, scheint hierzulande um einiges weniger falsch entschieden worden zu sein als anderswo.

Was mich persönlich betrifft: Ob mit oder ohne Uhu, ich bin in der glücklichen Lage, keiner Risikogruppe anzugehören (unter anderem dank Intervallfasten, das mich wahrscheinlich vor Diabetes bewahrt hat), und fühle mich auf diese Weise ziemlich sicher, auch im Fall einer etwaigen eigenen Ansteckung. An die Ermahnungen, vermeidbare Sozialkontakte zu vermeiden, halte ich mich vor allem, um die Krankheit keinesfalls versehentlich weiterzureichen.

Bleibt gesund! Verhaltet euch so, daß ihr im anderen Fall möglichst nicht andere Leute anstecken könnt! Kauft mir nicht das ganze Klopapier weg. Aber vor allem: Keine Panik! ;)






Donnerstag, 5. März 2020

Nudging: Wenn ihr nicht endlich aufhört, mich zu schubsen, haue ich zurück!

Mein Gewicht heute morgen nach dem zweiten Fastentag der Woche: 98,6 Kilogramm. Nicht auszuschließen also, daß ich am Samstag zum ersten Mal bei 97 und ein bißchen was landen werde - was aber auch langsam mal an der Zeit ist, wenn ich bis Ende dieses Monats nur noch in Ausnahmefällen zu Wochenbeginn eine dreistellige Zahl sehen möchte. Das wird voraussichtlich der Fall sein, wenn ich als All-time-Low bei 96 und ein bißchen was angelangt sein werde. Sollte mein Stoffwechsel sich nun endlich vom Winter- in den Frühjahrsmodus begeben haben, könnte das durchaus klappen.

Ach, übrigens: Sobald ich unter 97 Kilo bin, habe ich eine Gewichtsabnahme von mehr als 50 Kilogramm zu verzeichnen. Hätte mir vor drei Jahren jemand gesagt, daß ich zu einer solchen Abnahme in der Lage sei, hätte ich ihm an einem guten Tag den Vogel gezeigt und an einem schlechten die Freundschaft aufgekündigt. So was hätte ich nicht einmal als Scherz akzeptieren können, weil meine Humorfähigkeit bei diesem Thema ziemlich eingeschränkt war. Wenn man einem Problem so hilflos gegenübersteht, kann man weder Scherzkekse noch Besserwisser gebrauchen.

Jetzt bin ich aber nicht mehr hilflos, und was daran noch schöner ist: Ich habe keinerlei Zweifel, daß ich erstens eine Wiederzunahme nicht zu befürchten habe und zweitens bis zu einem von mir selbst gewählten Punkt im Normalgewichtsbereich problemlos weiter abnehmen und anschließend dieses Gewicht dauerhaft halten kann, ohne mir dies mit permanenter Anstrengung, Selbstdisziplinierung und Selbstbeobachtung erkämpfen zu müssen. Meinen Humor habe ich wiedergefunden, aber gegenüber den Besserwissern schwankt meine Haltung noch ein bißchen; das hängt von ihrem Aufteten ab. Mir selbst können sie ja nichts mehr, aber es gibt Momente, in denen wird es mir kotzübel, wenn ich ihren Umgang mit anderen beobachte, Leuten, die das Problem noch habe, das ich für mich lösen konnte.

Mein selbstgewählter Punkt lautet: 73,5 Kilogramm, und gewählt habe ich ihn eigentlich nur deshalb, weil das 50 % meines Ausgangsgewichts sind und somit eine symbolträchtige Zahl ist. Sein Gewicht halbieren, das ist schon eine Ansage. Zwischen zwei und drei Jahre werde ich wohl noch brauchen, bis ich an diesem Punkt bin, und würde mir das schwerfallen, was ich mache, käme ich wohl allmählich in Versuchung, früher aufzuhören, weil ich mich längst wieder in meinem physischen Wohlfühlbereich befinde und somit aus dieser Richtung keine drängenden Gründe bestehen, die mich zum Weitermachen nötigen würden. Wenn ich Eitelkeiten mit in Betracht ziehe, läge meine Grenze wohl bei ungefähr 90 Kilogramm ... sagen wir 89, weil bei der Eitelkeit ja auch eine Rolle spielt, welche Zahl vorne steht. Da ich jetzt schon bei Kleidergröße 44 angekommen bin, bei Hosen teils auch schon 42, wäre ich mit zehn Kilo weniger als jetzt auch aus dem "niedrigen Übergrößenbereich" vollständig raus.

Aber warum sollte ich aufhören mit etwas, das mir keinerlei Mühe macht?

Meine Welt wäre gerade völlig in Ordnung, wenn das, was ich mache und womit ich ein lebenslang unlösbares Problem in den Griff bekommen habe, nicht so ziemlich das Gegenteil von dem wäre, was "die Wissenschaft" so empfiehlt und ich tagtäglich den zugehörigen Schwachfug zu lesen bekäme, Ernährungswissenschaftlerweisheiten, wie etwas diese hier von einer Professorin im einschlägigen Bereich:

Wie trägst du dazu bei, dass die Menschheit sich gesünder ernährt und/oder die Umwelt nachhaltiger gestaltet wird?

Ich versuche durch angewandte Forschung wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zu generieren, die bei der Umsetzung zu einem gesünderen und auch nachhaltigen Ernährungsverhalten unterstützen. Die Schwierigkeit besteht häufig darin, dass das Wissen vorhanden ist, die Umsetzung aber nicht gelingt. Zurzeit sind neue Ansätze in der Diskussion und im Gespräch, die dem Bereich der Verhältnisprävention zuzuordnen sind, wie z.B. die Förderung gesunder Quartiere oder auch Nudging. Zudem ist es mir ein Anliegen, die zukünftigen Generationen von ÖkotrophologInnen zu sensibilisieren, im Zeitalter von „Fake News“ die Wissenschaftlichkeit richtig einschätzen und interpretieren zu können. Wir brauchen die Wissenschaft, um eine fundierte und vor allem seriöse Grundlage für Handlungsempfehlungen für eine gesündere und nachhaltigere Ernährungsweise zu haben.
Das Traurige an solchen Aussagen ist, daß ich sie für durchaus ernst gemeint halte, einschließlich der Zielsetzung. Richtig erkannt ist hier, daß die Umsetzung der "wissenschaftlich fundierten Erkenntnisse" nicht gelingt - wobei "häufig" aber schon ein Euphemismus ist, denn in Wirklichkeit gelingt sie "in den meisten Fällen" nicht. Dies anzuerkennen wäre ein wichtiger erster Schritt, um zu der weiteren Erkenntnis zu gelangen, daß die Erkenntnisse, die sie meint, fehlerhaft und deshalb von vornherein gar nicht umsetzbar sind. Wäre es nämlich anders, könnten mehr als nur ein kleiner Bruchteil unter den Anwendern das, was auf dem Papier als richtig verbreitet wird, in der wirklichen Welt tatsächlich umsetzen.

Allein schon, daß die Frau Professorin diese Schlußfolgerung nicht zieht, macht ihre Bemühungen darum, neue Mittel und Methoden zur Vermittlung ihrer fehlerhaften Empfehlungen zu finden, zu einem traurigen Witz.

Das von ihr dabei so gepriesene in den letzten Jahren in Mode gekommene Nudging finde ich allerdings gar nicht zum Lachen. Als "Nudging", wörtlich "anstupsen", bezeichnet man ja eine Methode, die Leute mit manipulativen Methoden dazu zu bringen, das vermeintlich Richtige zu tun. Neu ist dabei vor allem der Begriff. Im kommerziellen Produktmarketing wird das schon seit Jahrzehnten angewandt. Im Grunde ist es nur folgerichtig, in einer Gesellschaft, die in den letzten ca. zwei Jahrzehnten so gnadenlos durchkommerzialisiert wurde, daß kaum jemand noch bemerkt, wie unlogisch das eigentlich ist, auch dieses Mittel aufzugreifen. Folgerichtig bedeutet allerdings nicht, daß es damit auch sinnvoll ist. Im Gegenteil war schon die Durchkommerzialisierung meiner Meinung nach ein schwerwiegender Fehler. Aber das näher auszuführen, würde an dieser Stelle wohl zu weit führen.

Aus dem Produktmarketing könnten die wohlmeinenden Nudger im Public-Health-Bereich jedenfalls einiges über die Grenzen des Erfolgs solcher Methoden lernen. Denn tatsächlich ist es zwar möglich, durch manipulative Mätzchen Käufer dazu zu verleiten, Dinge zu kaufen, die sie ursprünglich gar nicht kaufen wollten. Was sie aber damit nicht erreichen können, ist, daß diese Käufer sie auch ein zweites Mal kaufen, falls sie ihre Erwartungen nicht befriedigt haben. Alle Manipulation nützt also nur dann etwas, wenn das vermarktete Produkt den Käufer anschließend wirklich ím praktischen Gebrauch überzeugt. Je häufiger ein Produkt nachgekauft werden muß, desto schlechter wirkt Manipulation, auf Dauer gesehen. Kein Wunder also, daß die Nahrungsmittelindustrie ständig neue Produkte einführt und alte wieder vom Markt nimmt.

Nudging als Mittel in einer Präventionsstrategie wird ähnliche Erfahrungen erzeugen. Schlimmer noch: Da die handelsüblichen Ernährungsstrategien von vornherein gar nichts taugen, wird Nudging als Mittel zu ihrer besseren Durchsetzung die Adipositas-Epidemie eher verschlimmern als verbessern.

Ich will das jetzt aber auch nicht vertiefen, denn meine wichtigsten Vorbehalte gegen "Nudging" sind prinzipieller Natur. Ich mag mich nämlich nicht in eine von irgendwelchen Dritten aus welchen Gründen auch immer so gewollte Richtung schubsen lassen. Einmal davon abgesehen, daß die Nudger längst nicht immer realistisch einschätzen können, ob der Schubser, den sie einem geben, für den Geschubsten wirklich in eine Richtung führt, die gut für ihn ist, tut auch der vorsichtigste Stups irgendwann mal richtig weh, wenn das Schubsen einen immer wieder auf dieselbe Stelle trifft. Weil ich die Richtung nun einmal nicht gehen will, in die man mich unermüdlich zu schubsen versucht, reagiere ich auf jeden neuen Schubser immer gereizter.

Was mich aber am meisten ärgert, ist, daß Nudging suggeriert, daß ich nicht fähig bin, meine Entscheidungen selbst zu treffen, sondern dafür der Fürsorge von Fachleuten bedarf, die es dabei für legitim halten, mich so lange auszutricksen, bis ich das tue, was sie für richtig halten. Das betrachte ich, um mit Karl Mays Indianerhäuptlingen zu sprechen, als eine Beleidigung, "die nur mit Blut abgewaschen werden kann". Ich betrachte es als Angriff auf meine Würde als Mensch und erwachsener Staatsbürger, mir die Rechte, Pflichten und Fähigkeiten implizit abzusprechen, die damit einhergehen, und das tut man, wenn man man mich mit sanfter Gewalt in eine bestimmte Richtung zu schieben versucht. Das gilt aber noch mehr, wenn es dabei nicht nur um meinen persönlichen Geschmack geht, sondern wenn ich das, wozu man mich so ausdauernd zu nudgen versucht, ausdrücklich für falsch und unter Umständen sogar gefährlich halte. In Ernährungsfragen ist genau das der Fall. Hätte ich vor drei Jahren einen Experten um Rat gebeten und seine Ratschläge befolgt, dann wäre ich heute mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine schwerkranke Frau ohne realistische Hoffnung auf Genesung.

Für mich gibt es deshalb nur einen einzigen vernünftigen Grund, bei Nudging-Aktivitäten nicht immer und in allen Fällen exakt das Gegenteil des Verlangten zu tun: weil ich mich damit ja genauso manipulieren lassen würde. Ich folge deshalb diesem spontanen Impuls, der in der Fachwelt als "Reaktanz" bezeichnet wird, nicht spontan, sondern mache manchmal trotz des Nudgings das, wozu man mich drängt. Aber ich werde dabei nicht weniger wütend als in den Fällen, in denen ich mich bewußt anders verhalte. Ich habe nämlich längst blaue Flecken an den Stellen, auf die das Nudging bei mir am häufigsten hinzielt, und manchmal möchte ich Leuten, die nach wie vor dafür Propaganda machen, solche Methoden noch viel öfter als bisher anzuwenden, am liebsten eine Tracht Prügel versetzen. Nicht, um sie zu bestrafen oder um sie als Blitzableiter für meine angestaute Wut zu nutzen, sondern hauptsächlich, um sie endlich davon abzuhalten, mich weiter mit ihren ständigen Mikroaggressionen zu terrorisieren.

Die Aggressionen, die alleine der Begriff "Nudging" mittlerweile bei mir auslöst, gar nicht anzufangen von tatsächlich beobachteter Nudging-Praxis in meinem Alltag, brachten mich auf einen weiteren Gedanken, denn wir haben ja in den letzten Jahren eine Art gesamtgesellschaftliches Aggressionsproblem entwickelt, das den Fachleuten Rätsel aufgibt: Was macht das eigentlich mit den Leuten, wenn sie ständig hin- und hergeschubst werden, häufig, ohne daß sie überhaupt merken, was gerade mit ihnen geschieht - wie das ja ausdrücklich beim Nudging Bestandteil des Konzepts ist? Ich behaupte, gerade diejenigen, die nicht merken, was mit ihnen geschieht, entwickeln dennoch das Gefühl, daß die Dinge dauernd auf merkwürdige Weise falsch und anders laufen, als sie das eigentlich wollen. Das alles geschieht unter Rahmenbedingungen, in denen jeder einzelne Bürger täglich in vielen kleinen Begebenheiten zu spüren bekommt, daß in einer Gesellschaft, die sich nach Marktwirtschaftslogik organisiert hat, so ziemlich alles wichtiger ist als seine Bedürfnisse.

Es wäre merkwürdig, wenn das nicht zu aufgestauten Aggressionen führen würde. Gegen wen oder was sie sich richten sollen, wissen die Leute allerdings nicht. Am Ende kommen sie an irgendeiner Stelle zum Ausbruch, die eigentlich gar nicht viel damit zu tun hatte. Es wird bestimmt noch ein Weilchen dauern, bis Ursachen und Wirkungen in solchen Fragen richtig durchschaut werden; hoffentlich geschieht das, bevor ein Bürgerkrieg ausbricht oder das zunehmend irrationale Verhalten der Wähler auf einen Charismatiker aus einem demokratiefeindlichen Lager trifft, der unser trotz allem immer noch in vielen Bereichen hervorragend funktionierendes System schnell mal plattmacht und durch irgendwas Gräßliches ersetzt.


Aber einstweilen ist da nicht auf Veränderungen zu hoffen, und schon gar nicht in einer Gesundheitspolitik, in der Ehrgeizlinge wie Jens Spahn und Wichtigtuer wie Karl Lauterbach das große Wort führen.

Es kommt mir ziemlich irrational vor, wenn dieselben Politiker, die auf Nudging-inspirierte Ideen wie die Widerspruchslösung bei Organspenden gekommen sind (die keine Mehrheit gefunden hat, aber wahrscheinlich in den nächsten Jahren so oft wieder zur Abstimmung gelangen wird, bis das gewünschte Ergebnis herauskommt), sich andererseits so gekränkt darüber zeigen, daß sich die Objekte ihrer paternalistischen Fürsorge von anderen, weniger erwünschten Instanzen, etwa rechtspopulistischen Parteien, genauso leicht manipulieren lassen wie von ihnen selbst. Mein Tip an die Politik: Wenn ihr manipulationsresistente Bürger haben wollt, dann hört vor allem erst einmal selbst damit auf damit, Manipulation, etwa in Form von Nudging, als Instrument zu ihrer Lenkung zu verwenden. Den Menschen seine jeweils eigenen Dummheiten machen zu lassen, soweit anderen kein unmittelbarer Schaden daraus entsteht, ist keineswegs verwerflicher, als ihn mit manipulativen Mitteln zu einem Verhalten zu drängeln, das ihm widerstrebt. Im Falle der Ernährung kommt hinzu, da sich schon seit Jahrzehnten immer eindeutiger als falsch herausgestellt hat, wohin die Leute genudgt werden sollen. Die empfohlenen Mittel zeigen einfach nicht die Wirkung, die sie der Theorie nach zeigen müßten. Mit dem Verstand ist es kaum zu erfassen, wieso die Ernährungs-Gebetmühlen sich trotzdem unbeirrt weiterdrehen. Währenddessen steigen die Ausgaben für Adipositas-Folgekrankheiten ins Unermeßliche, und den Opfern einer falschen Herangehensweise selbst die Schuld an ihren Krankheiten in die Schuhe zu schieben, macht die Sache für die Krankenkassen ja nicht billiger.

Ich gebe Frau Prof. Sibylle Adam gerne hiermit eine Nachhilfestunde in Adipositas-Prävention. Untaugliche von erfolgversprechenden Maßnahmen zu unterscheiden, ist nämlich in Wirklichkeit so einfach, daß man dazu keine Hochschulausbildung benötigt, sondern auch eine "Geringqualifizierte" wie ich sie präzise beschreiben kann:

Hausaufgabe: 

Finden Sie mindestens zehn Personen, die nachweisen können, daß sie
a) mindestens zwanzig Kilo abgenommen haben und damit aus dem Übergewichts- in bzw. in unmittelbare Nähe des Normalgewichtsbereichs gelangt sind,
b) diese Abnahme über fünf Jahre hinweg vollständig oder fast vollständig (maximal 15 Prozent Wiederzunahme) sowie ohne größere Gewichtsschwankungen (maximal 15 Prozent vorübergehende Anstiege) gehalten haben. 


Aus irgendwelchen Gründen wird zwar unheimlich viel über Ernährung, Gewicht und Folgeerkrankungen geschrieben, aber auf die eigentlich so nahe liegende Idee, das nachzumachen, was die wenigen Erfolgreichen getan haben, scheint bislang noch niemand gekommen zu sein. Das einzige Forschungsprojekt dazu, das ich kenne, mißachtet auf geradezu groteske Weise die in Fettdruck von mir hervorgehobenen Qualitätssicherungskriterien und die zugehörige zweistellige Zahl von daraus hervorgegangenen Studien ist deshalb nicht einmal das Papier wert, auf dem sie gedruckt sind. So unglaublich das ist angesichts des medialen Daueralarms, aber niemand scheint sich wirklich dafür zu interessieren, wie Adipositas vermieden werden könnte.

Noch zähle ich mich nicht zu den Erfolgreichen nach den von mir gerade genannten Kriterien. Aber ich wünsche mir, daß bis zu dem Zeitpunkt, an dem sich das ändert, die ermüdend langsame Kontinentaldrift der einschlägigen Institutionen gar nicht mehr von Belang ist, weil es sich unter den von Übergewicht Betroffenen auch ohne deren Zutun herumgesprochen hat, was beim Abnehmen wirklich funktioniert und aus welchem Grund es funktioniert. Nichts auf der Welt ist so schlecht, daß es nicht für irgendetwas gut sein könnte, das gilt auch für versagende Institutionen: Vielleicht lernen wir daraus, uns wieder ein bißchen mehr auf uns selbst zu verlassen und unsere Problem alleine zu lösen.