Montag, 26. April 2021

Nie mehr über 100

Mein Gewicht heute früh zu Beginn des dreitägigen Fastenintervalls: 98,5 Kilogramm. 800 Gramm weniger als vor zwei Wochen und 2,5 Kilogramm weniger als vor vier Wochen - wobei das Gewicht, mit dem ich vor vier Wochen ins Fasten gestartet bin, unerwartet hoch ausgefallen war, also vielleicht irgendwie überzeichnet ist und das Bild verzerrt. Über die letzten acht Wochen betrachtet ist der Abwärtstrend recht eindrucksvoll: 

Am Donnerstag wird die Grafik noch eindrucksvoller aussehen, da es vom heutigen neuen oberen Endpunkt natürlich bis dahin wieder steil nach unten gehen wird. Weil ich nicht vier, sondern nur drei Tage faste, werde ich aber vermutlich keinen neuen Gewichtstiefstand erreichen. Oder vielleicht doch? Im Moment läuft es manchmal tatsächlich wieder besser als erwartet, also ist es nicht völlig ausgeschlossen. Aber ich bin auch zufrieden, falls ich wieder bei knapp über 94 Kilo landen sollte. Wichtiger wäre es mir, in zwei Wochen dann mit einem Startgewicht von weniger als 98 Kilo in die nächste viertägige Fastenwoche gehen und damit rechnen zu können, daß ich im Anschluß an sie dauerhaft unter 97 Kilo (= 50 Kilogramm Abnahme) bleiben werde und hinter diesen Meilenstein wie geplant im Mai einen Haken machen kann.

Wie auch immer, die 100 immerhin scheint jetzt endgültig Geschichte zu sein. Das wurde allerdings auch wirklich mal Zeit, denn eigentlich hätte das schon letzten Sommer passieren sollen. Und eines will ich dazu auch noch festhalten: Ich habe nicht die Absicht, jemals wieder ein Gewicht im dreistelligen Bereich zu erreichen, bis zum Herbst will ich deshalb in so sicherem Abstand von diesem Wert sein (am besten so um die 90 Kilo herum), daß ich auch im Winter davor sicher bin. Falls mein Fastenrhythmus von 2-3-2-4 Fastentagen pro Woche dafür nicht ausreichen sollte, wechsle ich im Juni wieder in 2-4-2-4. Irgendwie ist der Zeitraum von März bis September, in dem das Fasten zuverlässig genug funktioniert, ja doch ziemlich kurz, da kann ich, falls sich meine Abnahme im Mai wieder verlangsamen sollte, nicht allzu lange zuwarten.

Gestern habe ich meine Sommerkleider herausgeholt, gesichtet und anprobiert. Obwohl ich im Vergleich zum letzten Herbst, als ich beim Einpacken der Sommerklamotten auch schon aussortiert hatte, mit gerade mal 1,5 Kilo minus so viel auch wieder nicht abgenommen und außerdem auch ein paar zu große Teile absichtlich behalten habe, weil ich mir im Spiegel mit ihnen noch gut gefallen habe - ein bißchen weit und flatterig kann ja sehr gut aussehen -, sind auch diesmal wieder ein paar Teile in den Altkleidersack gewandert, bei deren Schnitt das komisch und unförmig wirkt, ebenso wie ein paar Teile aus den Wintersachen, von denen ich manche Teile aus demselben Grund auch nicht mehr aufheben wollte. 

Auf Altkleidersammlungen werde ich einstweilen wohl noch vergeblich warten, denn wie man hört, hat Corona überall für überfüllte Lager bei Altkleiderverwertern gesorgt. Aber vielleicht ergibt sich ja im Sommer noch eine Gelegenheit für einen Flohmarktstand, um die schönsten Teile loszuwerden. Meine rote Kunstlederjacke verscherble ich dann wahrscheinlich auch, denn die ist inzwischen auch ziemlich geräumig geworden und lange werde ich sie bestimmt nicht mehr tragen können, ohne daß sie komisch an mir aussieht - die gibt dann einen schönen Blickfang für meinen Stand. Wegen Corona ist das ja alles noch in der Schwebe, aber ich bin ganz optimistisch, daß sich im Sommer die Lage endlich ausreichen entspannt, um solche Veranstaltungen im Freien wieder durchführen zu können. Bis dahin sollten die Impfungen so weit fortgeschritten sein, wie sie es im Moment in Großbritannien sind (50 % der Bevölkerung), und dort sind Infektionszahlen wie Todesfälle sehr stark zurückgegangen.

Von den Sachen, die mir letzten Sommer noch zu klein waren, kann ich bis auf das eine Kleid, das wesentlich kleiner als die anderen damals gekauften Sachen ausgefallen war, jetzt alle tragen und sogar die Leinenhose, die ich wahnwitzigerweise in Größe 38 gekauft hatte, paßt jetzt im Prinzip, allerdings sitzt sie eine Spur enger, als das eigentlich bei diesem Modell vorgesehen wäre. Bis zum Sommer hat sich das hoffentlich auch gegeben. Dasselbe gilt für den kleineren der beiden Trägerröcke, die ich in 46 und 44 habe und die beide letzten Sommer zu meiner Überraschung noch deutlich zu eng waren, obwohl ich sonst Hosen und Röcke längst fast alle in 42 (nur vereinzelt in 44) kaufe. Den 46er trage ich neuerdings und fühle mich wohl darin, und der 44er ist mir nur noch geringfügig zu eng. Hinein komme ich schon, nur finde ich, es sieht noch nicht richtig gut aus, und auch die Bequemlichkeit läßt noch ein bißchen zu wünschen übrig. Aber viel fehlt auch bei diesem Rock nicht mehr. 

Wenn ich nicht so ein Modemuffel wäre, müßte ich jetzt eigentlich shoppen bis zum Umfallen, denn mein Klamottenbestand hat sich trotz des Nachschubs an zu klein gekauften Teilen doch ziemlich dezimiert. Aber für den Hausgebrauch bin ich eigentlich noch ausreichend versorgt, und solange der Corona-Lockdown andauert, fehlt es mir an Motivation. Außerdem kommt jetzt ja demnächst eine große Handwerker-Rechnung, für die ich genügend Reserven benötige, da ist jetzt sowieso der falsche Moment für größere Shopping-Orgien. 

Tja, dieser Handwerker. Ich bin heilfroh, wenn ich dieses Kapitel mal abhaken kann, aber wie befürchtet konnte ich die Arbeiten bislang doch noch nicht abnehmen; am Freitag wird es soweit sein. Ich schlage drei Kreuze, wenn ich das hinter mir habe. Aber heute habe ich immerhin bei der Besichtigung der Baustelle - zusammen mit meinem Mann - gesehen, daß nicht mehr viel fehlt, also der Termin Freitag realistisch ist, und daß das Gemachte auch ordentlich aussieht. Das ist ein Fall von "Augen zu und durch", und anschließend schnellstmöglich abhaken. Beauftragen werde ich diesen Mann bestimmt nicht noch einmal, dafür hat er mich zu viele Nerven gekostet.





Freitag, 23. April 2021

Zielmarken und ein paar Luftschlösser

Mein Gewicht heute früh zu Beginn des zweiten Fastentags der Woche: 97,9 Kilogramm. (Das erste Mal gefastet hatte ich am Dienstag.) Das sieht vielversprechend aus, denn ich würde gerne am Montag mit einem Gewicht von um die 98 Kilo in die Fastenwoche starten, die diesmal aus drei Fastentagen bestehen soll, in Form eines dreitägigen Fastenintervalls von Montag bis Mittwoch. Da ich vor Beginn dieses Fastenintervalls nur noch die zwei Tage des Wochenendes habe, sollte das eigentlich klappen. Vielleicht liegt mein Gewicht sogar, wie heute, ein bißchen unter 98. Wie auch immer, weniger als 99 Kilo hatte ich zu Fastenbeginn noch nie; vor zwei Wochen die 99,3 Kilo waren ja auch ein Vorher-Niedrigstgewicht.

Falls es übers Wochenende nicht doch noch eine unangenehme Überraschung geben sollte, fange ich am Montag somit mit immerhin um die 4 Kilogramm weniger mit dem Fasten an als vor acht Wochen. Das übertrifft meine Erwartungen recht deutlich, und im Vergleich zum selben Tag im Vorjahr liege ich jetzt auch wieder bei einem Minus von 6 Kilogramm, dieser Wert steigt also auch in zufriedenstellendem Maße weiter an. 

So dürfte es auch gerne dauerhaft weitergehen, nur nehme ich nicht an, daß ich jetzt bis zum September pro Monat mit zwei Kilo Abnahme rechnen darf - so schön das natürlich wäre, denn dann wäre ich bis zum Start meines Low-Carb-Experiments ja sogar schon stabil unter 90 Kilogramm. Aber ich bin immerhin inzwischen ganz optimistisch, daß ich im Laufe des Monats Mai ein Vorher-Gewicht von 97 Kilo und beim Nach-Fasten-Gewicht bis spätestens zum Juli erstmals die 90 unterschreiten werde, beides Zielmarken von symbolischem Wert, denn wenn ich ein Vorher-Gewicht unter 97 Kilo haben sollte, kann ich endlich wahrheitsgemäß von mir behaupten, mehr als 50 Kilogramm abgenommen zu haben, und der Symobolwert der runden Zahl 90 ist ja selbsterklärend.

Die nächste spannende Zielmarke danach sind die 87 Kilo, und das in doppelter Hinsicht: 87 Kilo, das entspricht einerseits einer Abnahme von 60 Kilogramm, aber außerdem gelte ich dann auch nicht mehr als adipös. Mit diesem Gewicht hätte ich außerdem ein niedrigeres Gewicht, als ich es seit den späten achtziger Jahren, in den ersten Jahren nach der Geburt meines Sohnes, gehabt habe. Wann ich diese Zielmarke wohl zum ersten Mal - als Nach-Fasten-Gewicht - erreichen werde? Ich hoffe, noch vor dem Herbst.

Aber ich sollte damit aufhören, meine Luftschlösser gar zu kunstvoll zu konstruieren, denn der nächste Rückschlag kommt ja bestimmt, obwohl ich finde, ich hätte nach diesem langen und mühsamen Winter jetzt schon ein paar rückschlagfreie Monate wirklich verdient.

Kein Ahnung, welche Rolle das frühere Abendessen bei dieser auf einmal wieder so beschleunigten Abnahme spielt, aber falls diese zwei Stunden hin oder her bei der letzten Mahlzeit des Tages die Sache auf doppelte Abnehmgeschwindigkeit beschleunigt haben sollten, wäre das schon spektakulär. Überflüssig zu erwähnen, daß wir auch um 18 Uhr eine anständige Portion essen, die sicherlich jedem Ernährungsberater die Haare zu Berge stehen ließe, also nirgends eine Kalorieneinsparung dahinterstecken kann. Unter der Woche gehen wir dabei mehr und mehr zu einem kalten Vesper über, Brot, Wurst, Käse, dazu Radieschen, Paprika und Gurken, Oliven und, neu als Suchtstoff entdeckt: Frühlingszwiebeln. Gestern gab es anschließend auch noch einen Nachtisch, eine opulente Mascarpone-Creme mit Erdbeeren, die ich öfter mit unterschiedlichen Obstsorten mache und von der eine Portion alleine schon ihre 700 bis 800 Kalorien haben dürfte. Aber auch der Käse - aus dem französischen Delikatessengeschäft, das ich vor Ostern entdeckt hatte - hat es ganz schön in sich.

Diese Woche war für mich geprägt von Handwerkerärger, der sich aber vorgestern abend wundersamerweise in Luft auflöste, als wäre nie etwas gewesen. Ich hatte den Handwerker schon von einem anderen Projekt gekannt und dabei eigentlich ganz gute Erfahrungen mit ihm gemacht, deshalb war ich nicht darauf gefaßt, daß er versuchen würde, mich abzuzocken. Aber genau das tat er.

Lessons learned: 

1) Erteile niemals einen Auftrag ohne aussagekräftiges Angebot für ALLE Bestandteile des Auftrags (der Handwerker sollte mehrere Gewerke koordinieren), in dem auch der Erledigungszeitraum enthalten ist. Falls ein Teil fehlt, gibt es so lange keine Auftragserteilung, bis sie nachgeliefert ist.

2) Laß dir im Zweifelsfall gerade dann, wenn sich - angeblich durch unglückliche Umstände - die Sache verzögert, immer die nötige Zeit für mindestens ein weiteres Angebot, damit kein Zeitdruck durch den Verhandlungspartner aufgebaut werden kann. Das bessere Angebot ist außerdem nicht das billigste, sondern das transparenteste.

3) Es bricht dir kein Zacken aus der feministischen Krone, wenn du im taktisch richtigen Moment in den Telefonhörer flötest: "Übrigens möchte mein Mann mal mit Ihnen sprechen" und darauf den Hörer an selbigen zu übergeben. Die Wirkung übertraf nämlich meine kühnsten Erwartungen. 

4) Gehe niemals - NIEMALS - schon auf Mietersuche, noch bevor die Sanierung abgeschlossen ist im Vertrauen auf den Fertigstellungstermin, der dir versprochen wurde.

Diesmal hat sich gerade deshalb am Ende aber alles gut gefügt, denn eine der Mietaspirantinnen wollte den Termin nicht bis zur Fertigstellung verschieben, sondern die Wohnung gleich sehen, obwohl sie noch eine Baustelle war, und war dann so hingerissen von ihr, daß sie sie in jedem Fall haben wollte, auch wenn die Fertigstellung bis zum 1.5. nicht klappen sollte. Weil die Chemie zwischen uns auch sonst stimmte, konnte ich allen anderen Interessenten absagen. Im Moment sieht es nun sogar so aus, als würden wir es doch noch vor dem Monatsende schaffen mit dem Vertragsbeginn, meinem Mann und seinem Einsatz in den Verhandlungen sei dank. 

Nachdem ich also in diesem Bereich wieder aufatmen konnte, erschreckte mich gestern eine Art Krankheitsrückfall bei meiner Mutter, der es in letzter Zeit wieder recht gut gegangen war. Es sieht mittlerweile aber so aus, als gäbe es da Entwarnung. Meine Mutter trinkt immer zu wenig, und nach Meinung des Arztes war das der Hauptgrund dafür, daß es ihr gestern vorübergehend wieder richtig schlecht ging, also sich total schwach fühlte und sich sogar einmal übergeben mußte, als sie aufzustehen versuchte. Natürlich hat er aber auch Blut abgenommen, um eine Rückkehr der fiesen Infektion ausschließen zu können, aber es sieht so aus, als müßten wir uns keine gar zu großen Sorgen machen. Man merkt halt schon, daß der Genesungsprozeß nach einer so ernsthaften Erkrankung im Alter von Mitte achtzig ziemlich langwierig ist und nicht so gleichmäßig verläuft, wie man sich das wünschen würde. Heute abend werde ich ihr wahrscheinlich wieder am Telefon vorlesen können, denn heute morgen war sie nach Meinung meiner Schwester schon wieder ganz munter und antwortete auf die Frage "Na, wie geht's uns denn heute?" mit einem kecken: "Mir geht es gut, und dir?"

Das Leben ist schon eine Art Hürdenlauf, aber im Moment bin ich gerade auf allen wichtigen Ebenen ganz gut im Rennen.






Freitag, 16. April 2021

Die Adipositas-Phänotypen

Mein Gewicht heute früh: 94,1 Kilogramm - neues All-time-Low. Na also. Der Winter ist nun also endlich auch auf der Waage vorbei, obwohl man es nicht glauben sollte, wenn man das Fenster aufmacht und sofort eiskalt angepustet wird. :-)

Gleichzeitig hatte ich mit 5,1 Kilogramm die niedrigste Abnahme überhaupt an einem viertägigen Fastenintervall, aber daran muß ich mich wahrscheinlich gewöhnen, denn seit wir früher zu Abend essen, scheint mein Wasserhaushalt geringere Schwankungen aufzuweisen als vorher, und das müßte jedenfalls am ersten Fastentag mit ca. 500 Gramm geringerer Abnahme zu Buche schlagen, weil mein Vorher-Gewicht weniger "wasserlastig" ist. Letztlich kann mir das egal sein, es hat nur dazu geführt, daß ich die 94-Kilo-Grenze diesmal noch nicht gerissen habe.

Verglichen mit dem Freitag vor zwei Wochen, nach meinem letzten langen Fastenintervall, wiege ich 700 Gramm weniger, aber damals muß ich deutlich mehr Wasser als dieses Mal verloren haben. Ich nehme deshalb an, die tatsächliche Abnahme (also Verringerung von Fettmasse, überschüssiger Haut und Bindegewebe) zwischen dem zweiten April und heute liegt eher ein bißchen höher, so zwischen 800 Gramm und einem Kilo.

Verglichen mit dem gleichen Zeitpunkt im letzten Jahr (präziser, Samstag, 18.4.2020 im Anschluß an damals drei Fastentage) wiege ich 4,9 Kilogramm weniger, auch das ist erfreulich. Ich hoffe, daß ich diesen Abstand zum Vorjahr im Laufe des Jahres noch deutlich vergrößern kann, da es letztes Jahr ja wirklich eher bescheiden lief und dieses Jahr hoffentlich besser wird. Ich werde jetzt allerdings erst mal damit aufhören, alle zwei Wochen ein viertägiges Fastenintervall einzulegen, sondern das nur noch alle vier Wochen machen - jedenfalls bis auf weiteres. Schon die letzten beiden waren ja nur dem plötzlich so erreichbar wirkenden All-time-Low gewidmet, und jetzt, da ich es habe, will ich wieder in meinen normalen Rhythmus zurückkommen.

Auf Peter Attias Website hörte ich gestern einen mehr als zweistündigen, aber sehr interessanten Podcast, in dem Attias Gesprächspartner Paul Grewal war, einer unter den Medizinern, deren Interesse am Thema Körpergewicht und Abnahme aus eigenen Gewichtsproblemen resultiert. Grewal war, wie er sagt, schon als Kind stark übergewichtig und schaffte es zweimal, sein Gewicht um zwischen 40 und 50 Kilogramm zu reduzieren; das zweite Mal war zum Interviewzeitpunkt sieben Jahre her, und es war ihm gelungen, sein Gewicht in diesem Zeitraum zu halten, aber seiner eigenen Auskunft nach sei dies ein ewiger Kampf gewesen.

Besonders interessant an diesem Podcast fand ich die "Adipositas-Phänotypen", in die Grewal seine Patienten einteilt, weil bei ihnen seiner Erfahrung nach unterschiedliche Maßnahmen erfolgversprechend sind, obwohl ich zwischendurch den Faden verloren habe, weil die beiden Gesprächspartner einige - allerdings interessante - Abschweifungen eingebaut hatten, und mir deshalb einer von fünfen durch die Lappen gegangen sein muß.

  • Hypercarbic phenotype: Menschen, die mehr Kohlenhydrate essen, als sie verarbeiten können. Lösungsmöglichkeiten: alle Arten von Kohlenhydratreduktion. Erkennbar an Hyperinsulinämie sowie daran, ob Kohlehydratreduktion als Mittel wirkt oder nicht wirkt
  • Hypercortisolemic poor sleeper. Erkennbar daran, daß die Insulinwerte normal sind, aber die Cortisol-Werte in der Nacht durch die Decke gehen. Dieser Phänotyp spricht auf Kohlehydratreduktion schlecht oder gar nicht an. Lösungsmöglichkeiten: Behandlung auf mehr bzw. besseren Schlaf. Hat bei zwei von drei solchen Fällen bei Grewal funktioniert. 
  • Junkfood overeating phenotype: Ernähren sich von zu viel Fastfood und stark verarbeiteten Lebensmitteln in der Kombination "Kohlenhydrate plus Fett". Hier habe ich Gewals Behandlungsvorschlag nicht so richtig mitbekommen, aber es könnte durchaus ebenfalls eine Ernährungsumstellung sein, die zusätzlich zu den Kohlenhydraten auch weniger Fett enthält.
  • Childhood obesity phenotype: Der am schwersten zu behandelnde Phänotyp, zu dem auch Grewal selbst sich zählt, bei dem möglicherweise epigenetische Faktoren also genetische Veränderungen, mit ins Spiel kommen. An einer Stelle erwähnte Grewal, daß beim Abnehmen die Fettzellen schrumpfen, aber beim Wiederzunehmen sich zusätzlich zu ihrem erneuten Wachsen neue Fettzellen bilden. Ich war mir nicht sicher, ob das seiner Meinung nach generell gilt oder vielleicht nur auf diesen Phänotyp zutrifft, weil es wesentlich früher im Gespräch zur Sprache kam, aber mir als genereller Mechanismus ein bißchen zweifelhaft vorkommt. Auch hier bin ich mir nicht so ganz sicher, welche Behandlungsmethoden Grewal anwendet. Er selbst hat seine zweite Abnahme mit Hilfe von Crossfit-Training geschafft.

Ein paar Vorbehalte habe ich gegen Grewals Analyse insgesamt, aber interessant und erwähnenswert fand ich, daß er unterschiedliche Behandlungsansätze für verschiedene Phänotypen empfiehlt, was ihn unter Ernährungsmedizinern ziemlich untypisch macht. 

Noch eine andere Sache bei Grewal finde ich beachtenswert: An einer Stelle, relativ spät im Gespräch, sagt er, er würde lieber sterben als nochmals dick werden. Das ist ein bemerkenswerter Satz, wenn man bedenkt, daß praktisch jeder zu den Gründen, abnehmen zu wollen, seine Gesundheit als eine wichtige Begründung aufzählt (ob er selbst das auch getan hat, müßte ich wohl nochmal nachhören), denn dieser Satz bedeutet ja, daß er auch zu gesundheitsgefährdenden Mitteln greifen würde, um schlank zu bleiben. Damit stellt er also die typischen Gründe der Public-Health-Branche auf den Kopf, die ja - angeblich - zu mehr Gesundheit und einem längeren Leben verhelfen sollen.

In meinem Leben gab es nur eine relativ kurze Zeit, in der ich unter meinem Übergewicht psychisch gelitten habe, und das war kurioserweise eine Phase, in der ich technisch gesehen noch im Normalgewichtsbereich lag, zwischen dem Alter von 13 und 22. Mir ging es nur ebenso wie Grewal das beschreibt, ich fiel aus dem Rahmen, und ich hätte gerne der Norm entsprochen. Ich war 22, als ich entschied, daß ich als frischgebackene Mutter in einem herausfordernden Setting wirklich Wichtigeres zu tun hatte, als mich dauernd mit meinem Gewicht zu befassen. Künftig würde ich mich nehmen, wie ich eben war, und andere sollten das gefälligst auch tun. Das Interessante daran ist, daß ich mich tatsächlich nur aus der Zeit vorher an eine nennenswerte Zahl an schiefen Blicken oder gehässigen Bemerkungen Dritter über mich und mein Gewicht erinnern kann, obwohl es überhaupt nicht sein kann, daß sich da etwas verändert hat. Deshalb vermute ich, daß ich zwischen 13 und 22 eher ein bißchen überempfindlich war und alles, was die Leute sagten, auf die Goldwaage legte. Auch als Kind hatte ich ja kein Problem damit gehabt, mich so zu nehmen, wie ich eben war. Und sogar in den Jahren, als ich mit einem BMI um die und sogar über 50 herumlief, konnte ich unangenehme Erlebnisse mit anderen Leuten, die mit meinem Gewicht zusammenhängen, an den Fingern einer Hand abzählen.

Deshalb nehme ich an, daß Grewals Entsetzen vor der Erinnerung an sein Dicksein wie auch vor der Vorstellung, vielleicht wieder dick zu werden, mit einer ähnlichen psychischen Verfassung zusammenhängt wie bei mir in dieser begrenzten Zeit, als ich mich sehr - heute würde ich sagen: zu sehr - an der Meinung anderer über mich orientierte und deshalb eine fundamentale Unsicherheit spürte, die ich bei ihm auch wahrzunehmen glaube. Das macht ihn mir zu anpassungsbereit, um mich wirklich mit ihm identifizieren zu können. Denn wenn es eines gibt, worüber ich wirklich nur in geringem Maße verfüge, das ist das Anpassungsbereitschaft an Erwartungen von außen. Ich kann mich nämlich nicht erinnern, jemals etwas davon gehabt zu haben, wenn ich mich verbogen haben, um anderer Leute Erwartungen zu erfüllen. Und wenn jemand schon so offen erklärt, er wolle lieber tot als fett sein, wiegt aus seiner Sicht offenbar

Peter Attia ist als Persönlichkeit, finde ich, interessanter und seine Motive sind komplexer, obwohl ich den Teufel tun werde, ihm nachzueifern. Er treibt nämlich ziemlich exzessiv Sport und ist außerdem ein Kontrollfreak, der sich sehr intensiv mit den biochemischen Vorgängen in seinem Körper befaßt, also wie sich seine Blutwerte (auch exotischere, die unsereins nie vom Hausarzt gemessen bekommen) sich entwickeln, wenn er dieses ißt oder jenen Sport treibt oder beides miteinander kombiniert. Interessant ist das natürlich schon und würde mich im Prinzip ebenfalls interessieren (allerdings fehlen mir natürlich seine medizinischen Vorkenntnisse zur richtigen Einordnung). Aber bei ihm hat es etwas Obsessives, das mich an seiner Stelle viel zu sehr dabei behindern würde, einfach einigermaßen normal zu leben. Übrigens finde ich es eigenartig, daß jemand, dessen größeres Erkenntnisziel, innerhalb dessen auch sein Interesse an Adipositas einzuordnen ist, die Frage der maximalen Langlebigkeit ist, so viel Lebenszeit dafür opfert, in der er ja auch einfach leben könnte. Das hat so etwas davon, das eigentliche Leben auf später zu verschieben. Und was, wenn er dann trotz all seiner Forschungen nicht alt oder nicht gesund genug alt wird, um es zu genießen - oder vielleicht gar morgen unter den Bus kommt?

Eine Wissenschaftler-Karriere wäre wohl wirklich nichts für mich gewesen, ich habe es mehr mit dem praktischen handfesten Erfahrungswissen im Hier und Jetzt, und meine Lösung muß auch nicht perfekt sein, nur einigermaßen funktionieren. Ein bißchen hoffe ich aber darauf, daß meine Erkenntnisse durch Beobachtung, ob und wann ich in der Realität abnehme oder nicht abnehme, sich durch seine Erkenntnisse durch Messung, was bei ihm in bestimmten Situationen für biochemische Reaktionen ablaufen, ergänzen lassen und die Kombination mir weiterhilft, wenn es mal wieder zu einem Stillstand kommt. 

Denn auch wenn ich ganz sicher nicht lieber tot als noch einmal über 100 Kilo wäre, ohne aber wieder auf dieses Gewicht kommen zu wollen, und mit Stand heute 20,6 Kilogramm für meinen Geschmack immer noch viel zu weit von meinem Zielgewicht entfernt bin: Mit meinem aktuellen Gewicht kann ich echt schon leben. Ich möchte ausdrücklich NICHT lieber tot sein, als weiter 94,1 Kilo zu wiegen, und ich würde nicht ALLES tun, um von diesem Gewicht weiter nach unten zu kommen.

Aber das, was ich im Moment mache, kann ich problemlos weitermachen, und ich hoffe, es bringt mich tatsächlich noch um einiges weiter nach unten. Vorzugsweise natürlich die ganzen 20,6 Kilogramm bis zu meinem Zielgewicht.

***

Nachtrag aus der Reihe "Das Hinterletzte vom Tage": In Fachkreisen wird unsereins mitterweile ganz unverhohlen als hirnkrank betrachtet. Na, herzlichen Dank aber auch. Vielleicht sollten Leute wie dieser Professor Dr. Matthias Tschöp lieber mal die Defizite ihrer eigenen Analysefähigkeit, die sie daran hindern, zu begreifen, daß eine Senkung des Blutzuckers an einem Symptom ansetzt, nicht an der Ursache, und daß eine Senkung des Insulins als eigentlich wichtiges Ziel verfolgt werden müßte, bis in ihr eigenes Hirn zurückverfolgen.



Donnerstag, 15. April 2021

Wie und warum - und wann - wirken Low Carb und Intervallfasten?

Mein Gewicht heute früh nach drei von vier Fastentagen: 95,0 Kilogramm. Vor zwei Wochen lag mein Gewicht nach drei Fastentagen noch bei 96,4 Kilogramm, und nach dem vierten waren es nur 200 Gramm weniger, als ich mich heute morgen wog, nämlich 94,8 Kilogramm. Auch wenn dabei ein paar merkwürdige Schwankungen mitberücksichtigt werden müssen, die eine Prognose meines morgigen Gewichts so schwierig machen, daß ich jetzt lieber darauf verzichte: Das sieht recht vielversprechend aus, was nach dem Gewichtstiefststand vor dem Fasten nun auch noch ein mögliches neues All-time-Low nach dem Fasten betrifft, das bei 94,2 Kilogramm oder niedriger liegen müßte. 

Aber: Noch ist es nicht Freitag. Vollzug melden (oder auch nicht) kann ich erst dann. Und ich habe jetzt so lange, über ein halbes Jahr, auf einen neuen Tiefststand warten müssen, daß ich ihn erst glaube, wenn die Waage ihn tatsächlich anzeigt. 😬

Vor ein paar Tagen bin ich auf die Website des US-Mediziners Peter Attia gestoßen, die einen ihrer inhaltlichen Schwerpunkte beim Thema Stoffwechsel hat. Peter Attia ist mir auch schon länger ein Begriff, vor allem hat mich ein Vortrag von ihm beeindruckt, bei dem er vor Scham in Tränen ausbrach, als er schilderte, wie verächtlich er als junger Arzt in einer Klinik über eine Diabetes-Patientin gedacht hatte, die vor einer Amputation stand, weil er zu jener Zeit noch geglaubt hatte, sie habe sich durch eigenes Verschulden in diese Situation gebracht, und erst später durch seine eigene Gewichtszunahme trotz seines gesunden Lebensstils begriff, wie sehr er ihr damit Unrecht getan hatte. Er bat sie am Ende seines Vortrags öffentlich um Verzeihung.

Ich weiß nicht, wie andere Leute so etwas interpretieren. Es hat ja etwas sehr Amerikanisches und erinnert ein bißchen an die öffentlichen Schuldbekenntnisse in Erweckungskirchen und löst damit auch einen Heucheleiverdacht aus. Diese Scham ist aber auch das logische Gegenstück zu der latent ständig vorhandenen Wut in mir, die gelegentlich auch hier im Blog zum Ausbruch kommt. Und zu dieser Wut stehe ich auch, denn sie ist gerechtfertigt. Wie kann das eigentlich sein, daß in Medizin, Medien und Gesundheitspolitik immer noch überwiegend so getan wird, als seien das Problem Übergewichtige, die zu dumm und willensschwach sind, um "das Richtige" zu tun, obwohl das angeblich Richtige über Jahrzehnte hinweg noch nie funktioniert hat? Warum sucht die Wissenschaft in diesem Bereich so hartnäckig ihre Brieftasche unter der Laterne, obwohl sie genau weiß, daß sie sie ganz anderswo verloren hat? Und mit welchem Recht wird daraus dann auch noch ein Massengeschäft gemacht, an dem alle Welt sich auf unsere Kosten eine goldene Nase verdienen kann, je skrupelloser, desto mehr? Ich sage nur "POSE-Verfahren", eine der kostspieligsten, schmerzhaftesten und riskantesten Methoden, um mittelfristig genau denselben Reinfall zu erleben wie mit jeder Feld-Wald-Wiesen-Diät.

Wieso eigentlich sollte ich Organisationen wie der DGE vertrauen, die immer nur dieselben Gebetsmühlen falscher Behauptungen drehen? Was mich manchmal wirklich krank macht, ist der Gedanke, daß diese Leute ihren Lebensunterhalt damit verdienen können, uns Märchen zu erzählen, Märchen ohne Happy End, denn augenscheinlich verbessert es ja weder unsere Gesundheit noch verlängert es unser Leben, wenn wir tun, was uns ihrer Darstellung nach angeblich helfen wird. 

Als ich sah, wie sehr Attia sich schämte (und im Kontext halte ich Heuchelei dabei auch für ausgeschlossen), war meine Wut auf einmal wie weggeblasen. Denn natürlich muß man akzeptieren, daß Fehler nun einmal nicht vermeidbar sind, auch bei Ärzten nicht. Selbst dann, wenn man selbst unter diesem Fehler zu leiden hatte, muß man das als vernünftiger Mensch einsehen und sie ggf. verzeihen können. Aber die Voraussetzung dafür ist natürlich, daß der Fehler erkannt und anschließend eingestanden wird. Das Erkennen ist dabei natürlich vorrangig, und über hartnäckige Erkenntnisverweigerung werde ich wütend. Ich würde nicht so weit gehen, eine Entschuldigung zu verlangen, um meinen Frieden mit einem eingestandenen Fehler machen zu können, aber genau dies vermittelte mir bei Peter Attia am überzeugendsten, daß es ihm auf einer ganz persönlichen Ebene etwas ausmachte, seiner Patientin aufgrund eines eigenen Fehlers vielleicht noch nicht einmal geschadet, wohl aber ihr unrecht getan zu haben.

Würden einem mehr Wissenschaftler und Ärzte glaubwürdig vermitteln, daß sie sich für die Folgen, die ihre Denkfehler für Leute wie Sie und mich haben, schämen, statt zu glauben, ihnen bräche eine Verzierung ab, wenn sie den Anschein der Unfehlbarkeit nicht unter allen Umständen aufrechterhielten, wäre ich wohl auch nicht annähernd so wütend. Peter Attia halte ich jedenfalls für weitaus vertrauenswürdiger als die meisten Weißkittel, mit denen ich es sonst schon virtuell oder real zu tun hatte, und sein Fachwissen muß immens sein. Auf seine Website gelangte ich durch einen Podcast-Link, den ich anklickte, weil mich das Thema Ketose interessiert sowie die Frage, ob ich mit einer vorübergehenden Umstellung meiner Ernährung, mit der ich auf die Aufrechterhaltung der Ketose nach Fastentagen abziele, meiner Gewichtsabnahme im Herbst einen zusätzlichen Schub geben kann - oder vielleicht doch nicht. 

Die Kurzantwort darauf lautet offenbar: Keine Ahnung.

Anscheinend wirkt Low-Carb-Ernährung (auch in der ketogenen Variante, bei der man dauerhaft in Ketose bleibt) nämlich nicht bei jedem Anwender gleich, und bei manchen ist es offenbar sogar negativ. Sympathisch an Peter Attia finde ich, daß er zugibt, keinen blassen Dunst zu haben, warum das so ist. Das läßt mir jedenfalls mal ausreichend Raum zum eigenen Spekulieren. Bitte also beachten: Das Folgende, soweit es nicht mit einer verlinkten Quellenangabe von hinreichender Beweiskraft versehen ist, ist reine Spekulation meinerseits, basierend auf den Fakten und begründeten Annahmen, bei denen sich meine eigenen Erfahrungen mit den Informationen auf dieser Website überschneiden.

Ein Teil der Wirkung sowohl des Fastens als auch von ketogener Ernährung hat natürlich etwas mit dem niedrigen Insulinpegel zu tun, der von beidem bewirkt wird. Dieser Teil der Wirkung schlägt speziell meiner Vermutung nach aber nur dann zu Buche, wenn die vorherige Ernährung zu konstant überhöhten Insulinpegeln geführt hatte - erkennbar an im Zeitverlauf steigenden Blutzuckerwerten, auch dann, wenn noch kein kritischer Wert erreicht wurde -, oder eine Insulinresistenz, bei der der kritische Wert schon erreicht bzw. überschritten ist. Im Umkehrschluß könnte man aber auch vermuten, daß weder Intervallfasten noch ketogene Ernährung diesen Teil der erhofften Abnahmewirkung erbringen können, wenn das Insulinlevel von vornherein gar nicht überhöht gewesen ist oder im Laufe der Zeit dank der geänderten Ernährungsweise sich wieder normalisiert hat. (Es mag auch noch andere Gründe geben, warum die Insulinwirkung ausbleiben kann (etwa eine geschädigte Bauchspeicheldrüse), aber klammern wir sie hier mal aus.) 

In dem Fall wäre im ersten Fall keine oder nur eine geringe Abnehmwirkung erkennbar, und im zweiten ist dann ein Plateau bei Erreichen der Normalisierung wohl unvermeidlich, es sei denn, es kommen noch andere Faktoren zum Tragen. Aber die gibt es erfreulicherweise auch noch.

Ich nehme übrigens an, daß diese insulinabhängige Wirkung bereits lange vor dem Erreichen der Ketose einsetzt, denn wie hätte ich sonst mit meinen ziemlich kurzen anfänglichen Fastenintervallen (18 bzw. 21 Stunden) schon Gewicht verlieren können - noch dazu so viel, 20 Kilogramm? Daß der Anstieg der Ketone im Blut nach 24 Stunden in der Regel noch nicht ausreichend ist, um eine darauf zurückzuführende Wirkung hervorzurufen, wird bei Peter Attia hier erwähnt. Die 16:8-Variante des Intervallfastens bringt einen normalerweise nicht in Ketose, ebensowenig OMAD ("one meal a day", also eine Mahlzeit am Tag), jedenfalls nicht, ohne dies mit Low Carb zu kombinieren. 

Trotzdem zeigt mein Fall so wie viele andere, daß auf diese Weise spektakuläre Gewichtsabnahmen zustande kommen können. Die müssen irgendeinen Grund haben, und der kann nichts mit Ketose zu tun haben. Ich nehme an, dieser Grund ist das Insulin.

Klar ist in jedem Fall, daß Insulin ein wichtiger Einflußfaktor auf den Stoffwechsel ist, und anscheinend zeigt auch jede Methode, bei der bewußt oder unwissentlich der Insulinausstoß verringert wird, eine mehr oder weniger deutlich meßbare Wirkung bei der Abnahme, vom berühmten Apfelessig aufwärts. Theoretisch könnten auch Medikamente an diesem Wirkfaktor anknüpfen, und möglicherweise gibt es sogar schon welche, bei denen das so ist. Das habe ich nicht überprüft. Ich bin einerseits wenig begeistert von der Vorstellung, daß eine Sache, die durch Low Carb mit geringen Aufwendungen oder Intervallfasten sogar total kostenlos bzw. im Idealfall sogar einer kleinen Einsparung bei den regelmäßigen Kosten für Lebensmittel zu bewerkstelligen ist, in die Klauen der Pharmakonzerne gelangt. Andererseits ist es aber allemal besser, als dieselben Pharmakonzerne ihren Lebensunterhalt durch Diabetesmedikation zu sichern, die für den Patienten alles nur noch schlimmer macht, weil sie am Symptom Blutzucker ansetzt statt an der Ursache Insulin. Hinzu kommt außerdem, daß nicht jeder sich selbst und seinem Körper ausreichend vertraut, um ohne eine verschreibungspflichtige Pille daran zu glauben, daß ihm geholfen werden kann.

Was die anderen wirksamen Faktoren betrifft, argumentiert Peter Attia dabei mit etwas, das dem guten alten "Calories in/Calories out"-Prinzip auf den ersten Blick recht ähnlich sieht - allerdings ausgehend von der einzelnen Fettzelle. In dieser Zelle gibt es einen Zufluß an Fett - das entweder Nahrungsfett sein kann oder auch von der Leber umgewandelte überschüssige Glukose aus Kohlenhydraten - und einen Abfluß an Fett. Fließt mehr zu, als abfließt, vergrößeren sich die Fettzellen. Man nimmt also zu. Fließt mehr ab, als zufließt, verkleinern sie sich, und man nimmt ab. Dabei geht es aber nicht um die Nahrungsenergie allgemein, also die Kalorien, sondern um die beiden Arten von Nährstoffen, die typischerweise in der Fettzelle gebunkert werden, und das ist zum einen Nahrungsfett, das ohne Umweg über die Leber direkt dort hineinfließt, und durch die Leber in Fett umgewandelte Kohlenhydrate. Proteine spielen dabei entweder gar keine oder jedenfalls nur eine sehr untergeordnete Rolle, obwohl auch sie im Prinzip in Glukose (und im Anschluß dann, nehme ich aus Gründen der inneren Logik an, auch in Fett) umgewandelt werden können.

So weit, so logisch. In dem Fall läge es nahe, sowohl Kohlenhydrate als auch Fett in der Ernährung zugunsten von Proteinen zu verringern, um ein Maximum an Sättigung mit einem Minimum von Zuflüssen in die Fettzellen zu verbinden, wie das auch der "Low Fat/Low Carb"-Variante zugrunde liegt. Aber nicht zu früh jubeln: Hier drängt sich nämlich genau dieselbe Frage auf, die auch beim "normalen" Calories in/Calories out sich zwangsläufig stellt: Verringert sich eigentlich nach einiger Zeit auch der Abfluß, wenn der Zufluß dauerhaft niedriger als der Abfluß ausfällt? Auf diese Frage gibt es aktuell wohl noch keine "wissenschaftliche" Antwort, jedenfalls fand ich keine, aber gerade sah ich auch auf Twitter den Ersten, bei dem diese neue Variante von Low Carb nach ein paar Wochen auf einmal aufhörte, wie gewünscht weiterzuwirken. Es könnte also sehr wohl sein, daß das so ist. 

Was das "Calories in/Calories out"-Prinzip betrifft, gibt es einen erwähnenswerten Unterschied zwischen Low Carb und Intervallfasten. Low Carb kann eine "normale", aber auch eine wesentlich höhere Kalorienmenge im Vergleich zur vorherigen Ernährung enthalten. Die Kombination mit Kalorienzählen ist möglich, aber, glaube ich jedenfalls, weniger gebräuchlich, weil Low Carb mit seiner eingeschränkten Lebensmittelauswahl ja fast schon dazu zwingt, relativ energiereich zu essen. Hinzu kommt natürlich die praktische Erfahrung, daß es zum Abnehmen nicht nötig ist, die viele bei Low-Carb-Ernährung machen. Beim Intervallfasten nimmt man aber praktisch immer weniger Kalorien zu sich als vorher, und je nachdem, wieviel Nahrungsenergie man zuvor aufgenommen hat, kann das ein Kaloriendefizit erzeugen. Da ein großer Teil derjenigen, die Intervallfasten ausprobieren, routinemäßig und oft schon seit langer Zeit auf ihre Kalorienaufnahme achten, ist es keine allzu verwegene Annahme, daß ein Kaloriendefizit beim Intervallfasten ziemlich häufig ist.

Nicht nur beim Intervallfasten kann auch ein Kaloriendefizit - jedenfalls anfangs - zur Abnahme mit beitragen, und viele, die mit dem Intervallfasten beginnen, haben nie etwas anderes angenommen, als daß es genau dieses Kaloriendefizit sei, dem sie ihre Abnahmeerfolge verdanken. Richtig daran ist natürlich, daß ein Kaloriendefizit tatsächlich zur Gewichtsabnahme führt. Richtig ist aber auch, daß der Stoffwechsel nach einiger Zeit konstanten Defizits den Energieverbrauch drosselt und es immer schwieriger wird, dagegen anzukämpfen, weil das nicht nur dazu führt, daß noch weniger gegessen werden muß, um weiter abzunehmen, sondern auch dazu, daß man ein sehr schwierig zu unterdrückendes Verlangen nach Essen bekommt, wie ich es vor einem Jahr auch einmal erlebt habe, als ich zu viele Fastentage im Wechsel mit zu wenigen Eßtagen kombinierte und deshalb wahrscheinlich ebenfalls ein Kaloriendefizit erlebte. Für den Rest meiner vier Jahre mit Intervallfasten kann ich ein Kaloriendefizit weitgehend ausschließen, sogar jetzt, obwohl ich jetzt schon seit zwei Monaten zwei Tage mehr im Monat gefastet habe, als ich das eigentlich geplant hatte (was ich aber ab jetzt auf einen Tag zusätzlich reduzieren will). Dafür esse ich - wenn ich denn esse, was ich aber auch in den letzten zwei Monaten immerhin an 16 von 28 Tagen getan habe - zu viel und zu gut. Intuitiv habe ich das schon immer gewußt, aber ein eintägiges Experiment mit Kalorienzählen hat es mir dann auch tatsächlich bestätigt.

Trotzdem, ein etwaiges Kaloriendefizit zeigt erst mal eine Wirkung. Der Nachteil besteht darin, daß sie nicht andauert und häufig in einen Jojo-Teufelskreis mündet, aus dem schwer wieder herauszukommen ist.

Ketose hat aber offenbar noch aus einem zweiten plausiblen Grund eine Abnahmewirkung, der mir bislang gar nicht bekannt war: Die Erzeugung der Ketonkörper aus Speicherfett, die Energie für den Körper liefern, kostet den Körper ebenfalls Energie, und das bedeutet, die Aufrechterhaltung der Körperfunktionen in Ketose kostet mehr Energie als bei normaler Ernährung, und zwar rechnerisch in der Theorie ungefähr um 20 %. Deshalb müßte Ketose, wieder der Theorie nach, den Gesamtenergieverbrauch erhöhen. Das würde ziemlich plausibel den steigenden Grundumsatz beim Fasten und bei ketogener Ernährung erklären, wenn auch offenbar ein Beweis dafür bislang nicht erbracht wurde. 

Aber auch hier verbirgt sich doch wieder ein "Aber": Bleibt der Energieverbrauch dann dauerhaft so hoch, oder ist es da genauso, wie das Herman Pontzer für einen Mehrverbrauch an Energie durch höhere körperliche Anstrengung festgestellt hat? Paßt sich der Körper im Lauf der Zeit an?

Womöglich erklärt ja genau solch ein Faktor die berüchtigte Plateaubildung sowohl beim Intervallfasten als auch bei der ketogenen Ernährung. Das könnte aber immerhin bedeuten, daß ich im Herbst, wenn ich Low Carb ja nur zwei Monate lang ausprobieren will, tatsächlich mit einer meßbaren Abnahmewirkung rechnen kann. Denn diesen höheren Energieverbrauch durch Ketose nutze ich mit meinem aktuellen Fastenrhythmus ja vergleichsweise wenig, nämlich zusammengerechnet sechs bis allerhöchstens acht Tage lang, da ich ja erst nach 36 Stunden Fasten die allerersten Spuren von Ketonen im Urin feststellen kann und - nach aktuellem Stand, künftig wird das weniger - nur sechs volle Tage lang in einem Fastenintervall bin, in dem ich diese ersten 36 Stunden überschritten habe. Wenn ich im Herbst darauf achte, auch außerhalb der Fastenintervalle immer möglichst lange in Ketose zu bleiben, müßte dies, sollte die beschriebene Theorie zutreffen, die Abnahmewirkung eigentlich verstärken, und ich nehme außerdem an, mit geplanten zwei Monaten ist mein Experiment auch kurz genug, um keine körperliche Anpassung zu bewirken. 

Im Idealfall würde ich dann im Herbst dieses Jahr zum ersten Mal nicht zu-, sondern abnehmen. Oder, setzen wir die Ziele mal etwas bescheidener: wenigstens mein Gewicht halten. Allerdings hängt das wohl davon ab, wie konsequent ich das umsetze, und ebenso davon, ob der "Bären-Effekt" im Herbst, der mir zwei zusätzliche Kilos aufbürdet, die ich gar nicht haben will, die stärkere Wirkung zeigt oder die Ketose. Falls das im Herbst dieses Jahr wirklich funktionieren sollte, kann ich das wahrscheinlich aber irgendwann später - zum Beispiel im Herbst des Folgejahres - wieder zeitlich begrenzt umsetzen. Das Rätsel um die jahreszeitlichen Schwankungen bei meiner Gewichtsentwicklung selbst bleibt damit zwar einstweilen weiter ungelöst, obwohl es sicherlich auch dafür eine plausible Erklärung gibt, aber immerhin weiß ich nun, daß meine Herbst-Pläne durchaus realistische Erfolgschancen haben.



Montag, 12. April 2021

Der Vorher-Uhu und die keifende Alte

Mein Gewicht heute morgen zu Beginn des nächsten viertägigen Fastenintervalls: 99,3 Kilogramm - das erste Mal überhaupt, daß ich zu Wochenbeginn vor dem Fasten weniger als 100 Kilo wiege. Letzten Oktober zu Beginn des Monats bin ich mit einem Tiefststand von 100,1 noch ganz knapp daran vorbeigeschrammt, und danach ging es ärgerlicherweise wieder aufwärts, wie immer im Oktober. Also ist das heute ein historischer Moment und wichtiger Meilenstein, und darauf stoße ich hiermit mit einem Glas Sprudel an. ;-)

Und, ja, ich bin wirklich erleichtert. Der letzte Winter, in dem so viel länger als erwartet rein gar nichts vorwärtsgehen wollte, hat mich doch gewaltig zermürbt und kurz bevor dann auf einmal alles wieder gut wurde, sogar noch richtig in Selbstzweifel gestürzt.

Bis vor ziemlich genau einem Monat rätselte ich noch herum, warum es nicht richtig abwärts gehen wollte, und jetzt staune ich darüber, wie schnell das auf einmal doch runtergegangen ist. Mein Gewichtsmaximum hatte ich am 15. Februar, also vor ziemlich genau zwei Monaten, mit 102,5 Kilogramm, und vor einem Monat waren es noch 101,3 Kilogramm. Also verzeichne ich gerade 3,2 Kilogramm minus in zwei Monaten, und exakt zwei Kilo minus waren es in den letzten vier Wochen, seit wir angefangen haben, um 18 Uhr zu Abend zu essen. 1,7 Kilogramm weniger sind es im Vergleich zum Montag vor zwei Wochen. Und 800 Gramm minus verzeichne ich wiederum zu meinem alten "Vorher"-Gewichtsminimum.

So darf das gerne nicht nur im Anschluß an das dieswöchige Fastenintervall, sondern von mir aus bis zum Herbst weitergehen. Sollte ich in diesem Tempo bis zum September weiter abnehmen, könnte ich ja sogar noch die 90-Kilo-Grenze als Vorher-Wert knacken, bevor der Oktober mir dann wieder das Leben unnötigerweise schwer macht. 

So, jetzt sollte ich aber wieder ein bißchen auf den Teppich kommen, nicht daß ich dann von der tatsächlichen Entwicklung enttäuschter als nötig bin. Denn es ist kaum zu erwarten, daß ich von nun an dauerhaft mit zwei Kilo Abnahme pro Monat rechnen kann. Schließlich ist gar nichts beim Abnehmen wirklich dauerhaft so weitergelaufen, wie es begonnen hat. :-)

Einstweilen bin ich vor allem gespannt darauf, bei welchem Gewicht ich am Freitag nach dem Fasten herausgekommen sein werde. Für ein neues Niedrigstgewicht müßte ich 94,3 Kilogramm unterbieten. Da das lediglich 5 Kilogramm weniger sind, als ich heute wiege, während ich bei einem typischen viertägigen Fastenintervall bislang durchschnittlich immer so um die 6 Kilogramm verloren habe - zwischen 5,6 und 6,6 genauer gesagt -, kommt mir das ebenfalls sehr wahrscheinlich vor. Aber so ganz traue ich der Sache halt doch noch nicht. In vier Jahren habe ich schon oft genug erlebt, daß meine Erwartungen enttäuscht wurden, um davon eine leichte Paranoia zu entwickeln.

Aber eines jedenfalls steht fest: Herman Pontzer hat Unrecht. Die zwei Kilogramm in den letzten vier Wochen hätte ich nie im Leben abgenommen, wenn die Kalorien dafür maßgeblich gewesen wären. Dafür habe ich an den Tagen, an denen ich gegessen habe, viel zu gut gegessen. Trotzdem werde ich sein Buch lesen, glaube ich jedenfalls. Aber vielleicht sollte ich ihn doch bei Twitter wieder entfolgen, bevor mich dieser Kalorien-Unfug, den er - noch dazu mit einem so dümmlichen Feixen im Gesicht wie in diesem Video - verbreitet, doch noch in die Flucht schlägt. 

Erschwerend kommt hinzu, daß mir bislang nicht so recht klar war, was für ein Büblein der noch ist; auch wenn ich nirgends ein Geburtsjahr fand, ist er aber kaum viel älter als mein Sohn. Aus irgendeinem Grund ärgert mich seine Klugscheißerei damit nämlich noch viel mehr. Mutiere ich gerade in eine keifende Alte, die auf jeden, der ihr widerspricht, mit dem Krückstock losgeht? Jetzt schon? 😳

***

Die ganze Zeit war mir so, als hätte ich etwas Wichtiges vergessen zu ergänzen - und gerade habe ich es wiedergefunden. Eine Fundsache auf Twitter, ein Beitrag von Dr. David Ludwig, dem im Buch eines Arktisforschers die von ihm geschilderte Reaktion auf die (Low-Carb-)Inuit-Ernähung auffiel. 

Sollte dies - nämlich der geschilderte ständige Hunger, wenn Protein nicht mit Fett kombiniert wurde - auch außerhalb sehr kalter Regionen zutreffen und verallgemeinerbar sein, wäre das ein ungutes Zeichen für das Modell "Low Carb + Low Fat". Auch deshalb wird dieser Beitrag gerade recht rege diskutiert.





Freitag, 9. April 2021

Der Fehdehandschuh

Mein Gewicht heute früh zu Beginn des zweiten Fastentags der Woche: 98,9 Kilogramm. Vor zwei Wochen habe ich meinen zweiten Fastentag der Woche schon am Donnerstag statt am Freitag gehabt und ihn mit 98,3 Kilogramm begonnen. Weil ich meinen gestrigen ausgiebigen Bummel über den Wochenmarkt auch genießen wollte, habe ich den zweiten Fastentag diese Woche auf den Freitag verschoben. Durch die zwei Eßtage zwischen den Fastentagen sollte aber auch sichergestellt sein, daß meine Abnahme des zweiten Fastentags nicht wieder bloß frustrierende 500 Gramm beträgt wie vor zwei Wochen, als mir das meine gesamten hoffnungsvollen Spekulationen verdarb. 

Ich habe wieder mit den Gewichtsverläufen der letzten Monate verglichen, und ich bin immer noch auf Kurs, was ein Erreichen oder Unterschreiten meiner Niedrigstwerte von September (niedrigster "Nachher-Wert" nach einem viertägigen Fastentintervall am 18.9.20: 94,3 Kilogramm) bzw. Oktober (niedrigster "Vorher-Wert vor einem viertägigen Fastenintervall: 100,1 Kilogramm am 5.10.20) betrifft. Vielleicht klappt es also nächste Woche endlich damit - hoffentlich bei beiden Werten. Allerdings kann ich im Moment die Gewichtsschwankungen durch Wasserverlust schlecht voraussagen. Sie fallen zwar deutlich geringer aus, aber eben doch immer noch mal etwas höher, mal etwas niedriger.

Die deutlich geringeren Gewichtsschwankungen, seit wir früher zu Abend essen, sind schon auffällig. Geringer sind sie sowohl nach oben wie auch nach unten - aber bei gleichzeitiger Abwärtstendenz insgesamt gesehen: 


Die Grafik setzt ein mit dem 1. Februar; seitdem hatte ich vier lange Fastenintervalle, deren tiefe Ausschläge deutlich erkennbar sind. Das frühere Abendessen gibt es bei uns jetzt seit drei Wochen, und die Abwärtsbewegung insgesamt seit dieser Änderung ist ebenso deutlich erkennbar wie die geringeren Gewichtsschwankungen in den Wochen, in denen ich nur zwei Fastentage habe, im Vergleich zum Zeitraum vorher. 

Das sieht gerade richtig gut aus. Was für ein erstaunlich starker Effekt für eine solche Kleinigkeit wie ein um zwei Stunden vorgezogenes Abendessen - falls dies der Auslöser gewesen sein sollte.

Mit welchem Gewicht werde ich dann wohl das lange Fastenintervall am Montag starten? - Nein, diesmal verzichte ich auf alle Spekulationen, sondern lasse es einfach auf mich zukommen. 😎

Der Twitter-Account der Deutschen Gesellschaft für Ernährung reizt mich wieder einmal zum Widerspruch. Gestern verlinkten sie einen Bericht im "Medical Tribune", der von den angeblich nur vorübergehenden Erfolgen von Low Carb bei der Diabetes-Remission handelte, als Ergebnis einer wissenschaftlichen Arbeit, einer sogenannten Metaanalyse, in der verschiedene Arbeiten zu einem Thema zusammen ausgewertet werden. 

Metaanalysen gehören meiner Meinung nach eigentlich sowieso verboten, denn sie sind sowohl fehler- als auch manipulationsanfällig, und ich traue Ergebnissen, die auf diese Weise ermittelt werden, deshalb nicht weiter, als ich spucken kann. Das eigentliche Problem in diesem Fall war aber die Definition von Low Carb als "bis zu 130 Gramm Kohlenhydrate pro Tag". Damit läßt sich klarerweise nicht herausfinden, welche Wirkung eine Low-Carb-Ernährung, wie sie nach den eigentlich gebräuchlichen Definitionen in unterschiedlichen Varianten praktiziert wird, haben könnte. 

Trotzdem wird in diesem Bericht aber so getan, als wäre genau dies, nämlich die Wirkung eines Low-Carb-Konzepts, wie es typisch ist, durch die Studie ermittelt worden. Manchmal frage ich mich ja schon, wenigstens für einen kurzen Moment, ob das wirklich nur Wurschtigkeit ist, mit der von der Wissenschaft solche Themen bearbeitet werden. Zum Glück bin ich nicht verschwörungstheoretisch veranlagt, deshalb ist mir klar, daß da kaum irgendwelche finsteren Strippenzieher dahinterstecken. Statt dessen vermute ich eher einen Mangel an Leidenschaft für das Thema selbst - daß es einem also im Grunde egal ist, ob in der Praxis irgendwas mit dem Ergebnis angefangen werden kann - in Tateinheit mit dem karrierefördernden Drang, Ergebnisse zu publizieren.

Diese Studie liefert jedenfalls keine Erkenntnisse zu einer Low-Carb-Ernährung, wie sie aktuell als solche bezeichnet wird, also ist es irreführend, solche Berichte zu schreiben sowie sie in der von der DGE gewählten Form zu verbreiten. Falls sie also mit ihrem Twitter-Account die Leute nicht absichtlich irreführen will, stimmt da entweder etwas mit dem Fachwissen der Verantwortlichen für diese Tweets nicht oder es wird dort nicht sorgfältig gearbeitet. 

Die Mahnung "Vertraut doch gefälligst den Experten, denn die haben doch die Ahnung und du kannst das doch gar nicht beurteilen" finde ich in so einem Fall unangebracht. Ich mag kein epidemiologisches Fachwissen haben, aber einen groben Logikfehler erkenne ich schon, wenn ich ihn direkt vor der Nase habe.

Immerhin konnte ich dieser Publikation doch noch etwas Interessantes entnehmen, nämlich daß die untersuchte Form von "Beinahe-aber-doch-nicht-ganz-Low-Carb" nach jener Darstellung - sofern sie keine weiteren Fehler enthält, die ich als Laie nicht schon auf den ersten flüchtigen Blick erkennen konnte - genauso wie die in den letzten Jahren immer inflationärer vorgenommenen Magenverkleinerungen häufig nur vorübergehend gegen Diabetes wirkt. Es würde mich echt interessieren, ob das bei Intervallfasten mit kürzeren Fastenintervallen (sagen wir, unter 24 Stunden) vielleicht ebenso ist. Diese Frage liegt nahe, weil ja auch die Abnehmwirkung von kürzeren Fastenintervallen häufig nur zeitlich begrenzt ist und vielleicht zwischen beidem ein Zusammenhang besteht.

Ebenfalls gestern kam die DGE dann auch noch mit einem Link zu einem Bericht über nichtalkoholische Fettleber daher, über den ich mich noch viel mehr geärgert habe. Ich zitiere:

Eine ungesunde Ernährung ... spielt neben dem Alter eine entscheidende Rolle bei der Entstehung der nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung (NAFLD). Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass man über die Ernährung aktiv gegensteuern kann, erklärte Prof. Stefan.

Entscheidender Punkt ist die Gewichtsreduktion: Wem es gelingt, 10 % des Körpergewichts abzunehmen, der hat ... eine Chance von 90 % zur Verbesserung einer nicht-alkoholischen Fettleberhepatitis (NASH) und sogar gute Aussichten auf einen Rückgang der Leberfibrose (81 %).

Der Casus knacksus ist "Wem es gelingt ..." (zum sofortigen Finden im Zitat von mir unterstrichen). Bekanntlich scheitern ja 95 Prozent aller Diäten, also müßte der Herr Professor eigentlich wissen, daß sein Lösungsvorschlag für immerhin 95 Prozent der angesprochenen Patienten in Wirklichkeit gar keiner ist. Genausogut könnte er einem Rollstuhlfahrer versprechen, wieder gesund zu werden, wenn er nur jeden Tag zwei Kilometer weit läuft. 

Was mich so fuchtig macht, ist die hinter kulleräugiger Treudoofheit versteckte Prämisse, daß der vor dem Herrn Professor stehende Patient, bei dem er gerade - zweifellos zu dessen Entsetzen - eine nichtalkoholische Fettleber diagnostiziert hat, wie das gerade Mode geworden ist, es bis dahin vielleicht ja  überhaupt nicht so richtig mitgekriegt hat, daß er Übergewicht hat, und die damit verbundene haltlose Unterstellung, daß er noch nie versucht habe, dieses Übergewicht loszuwerden. Wie in einer Matrjoschka versteckt sich in der ersten auch noch eine weitere Unterstellung: "Ich kann es dir doch ansehen, daß du nicht versuchst, dein Gewicht zu kontrollieren, sonst wärst du ja nicht so fett, wie du bist."

Das ist genau die Sorte Beleidigung, die in einem typischen Karl-May-Roman "nur mit Blut abgewaschen" werden könnte und auf die ich reflexartig mit Blogbeiträgen reagiere, weil ich den Herrn Professor ja schlecht zum Duell fordern kann.

Daß Prof. Stefan aus Tübingen mit diesen ominösen 10 Prozent Gewichtsabnahme daherkommt, erinnert an diese dubiose Definition von "erfolgreichem Abnehmen", die eine gewisse Rena R. Wing von der National Weight Control Registry in den USA erfunden hat: Als erfolgreiche Gewichtsabnahme gilt es aus dieser Sicht, wenn zehn Prozent des Körpergewichts abgenommen werden und diese Abnahme ein Jahr lang gehalten wird. Dabei werden konsequent nicht nur die Frage, welches Ziel der Abnehmer hatte und ob er es erreichen konnte, sondern auch alle Zwischenschritte der Ab- und eventuellen Wiederzunahme ignoriert. Mit ca. 30 Prozent Abnahme gälte ich aus dieser Sicht natürlich als erfolgreich im Sinne der Definition. Dasselbe würde aber immer noch gelten, falls ich dieses Jahr wieder zunehmen würde, und zwar auch dann, wenn ich zum Jahresende bis zu 132 Kilogramm wiegen würde, also zehn Prozent unter meinem Ausgangsgewicht von 2017. 

Ich vermute doch mal stark, daß auch Prof. Stefan nicht behaupten will, daß ich mit einer Gewichtszunahme von über 30 Kilogramm meiner Leber einen Gefallen getan hätte, aber dasselbe dürfte auch bei weitaus geringeren Jojo-Wiederzunahmen gelten, denn ich bin mir mittlerweile ziemlich sicher, daß das eigentliche gesundheitsrelevante Problem nicht das "Ist-Gewicht" ist, sondern der Prozeß des Zunehmens, und zwar egal, ob "von alleine" oder als Jojo-Reaktion nach einer Gewichtsabnahme mit den falschen Mitteln.

Das Wiederzunehmen ist aber nun einmal die Norm, nicht etwa das Gewichthalten, das der Herr Professor mit solcher Selbstverständlichkeit für ein typisches Ergebnis einer Gewichtsreduktion zu halten vorgibt, was er in Wirklichkeit doch kaum selbst glauben kann, denn so richtig gertenschlank ist er ja selbst ausweislich der Fotos, die es im Web von ihm gibt, auch nicht. Sogar nach der absurden Rena-Wing-Erfolgsdefinition scheitern ja 80 Prozent aller Diäthaltenden schon an der vermeintlichen Mini-Hürde, 10 % innerhalb eines Jahres abzunehmen, und von den erfolgreichen 20 % scheitern drei Viertel bis zum Ablauf des zweiten oder dritten Jahres durch eine Wiederzunahme, die dann natürlich auch bedeutet, daß sämtlich gesundheitlichen Vorteile der Abnahme perdü sind, und wenn man Pech hat, vielleicht sogar die gesundheitlichen Probleme verschlimmert, da ja Jojo-Wiederzunahmen im Ruf stehen, den Anteil des Körperfetts im Vergleich zur Situation vor der Abnahme auf Kosten der Muskelmasse zu erhöhen.

Warum, in drei Teufels Namen, werden solche sinnlosen Empfehlungen dann aber überhaupt gemacht, an denen fast alle der Adressaten zwangsläufig nur scheitern können? Steckt dahinter Ahnungslosigkeit oder vielleicht doch so etwas wie Sadismus? Es ist ja schließlich nicht so, daß dieses Scheitern den Scheiternden egal wäre. Sie leiden unter ihrem Übergewicht, sie leiden unter dem Scheitern, und natürlich leiden sie auch unter den Vorwürfen, sie wären selbst daran schuld, sowie zusätzlich auch an ihren Selbstvorwürfen, wenn es gelungen ist, ihnen weiszumachen, sie seien tatsächlich selbst schuld. 

Ich glaube, ich muß den Herrn Professor Dr. Norbert Stefan doch zum Duell fordern - und zwar einem Abnehmduell, denn schaden würde ihm eine Gewichtsabnahme bestimmt auch nicht. Er darf dies gerne als Fehdehandschuh auffassen. 👿