Mittwoch, 29. September 2021

Der Elefant im Raum

Mein Gewicht heute früh nach zwei von vier Fastentagen: 91,7 Kilogramm. Noch 800 Gramm über meinem letzten Niedrigstgewicht, und 1,8 Kilogramm von meinem Ziel der Woche, nämlich einer Zahl, die mit einer 8 beginnt, entfernt. In zwei Fastentagen sollte das Ziel eigentlich auch erreichbar sein (zweimal 900 Gramm Abnahme hatte ich so gut wie immer), aber es wird vielleicht doch ein wenig knapper als gedacht. Oder schlägt ausgerechnet diesmal Murphys Gesetz zu und ich muß doch noch zum Äußersten schreiten und noch einen Fastentag anhängen?

Eigentlich wollte ich ja in diesem Blogbeitrag ein paar Worte über Benjamin Bikman und sein Buch "Warum wir krank werden" schreiben, aber das muß ich bis zum nächsten Mal verschieben, mir fehlt die Zeit, einen ausreichend langen Anlauf zu nehmen.

Dafür bin ich erneut mit dem Thema Adipositaschirurgie konfroniertiert worden. Im Stuttgarter Karl-Olga-Krankenhaus ist der zuständige Chirurg ein gewisser Dr. Matthias Raggi. Das Interessante an ihm ist, daß er selbst ein ganz schöner Brocken ist - und zwar, wie ich beim Bildervergleich über Google feststellte - einst und jetzt -, hat er den Löwenanteil seines Übergewichts im Lauf der letzten ca. 6 Jahre zugelegt. 

Die Zunahme ist dem Augenschein nach ganz beträchtlich. Ich frage mich gerade, welchen BMI dieser Mann wohl haben mag (mein Tip: um die 40) und wie seine Blutwerte aussehen. Ich würde auch wahnsinnig gerne wissen, wie Dr. Raggi mit dieser Entwicklung umgeht, die ihn ja kaum kaltlassen kann. Hat er Diäten ausprobiert? Und ob er insgeheim in Erwägung zieht, am eigenen Leib das umzusetzen, was er bei seinen Patienten macht? Und wenn nicht, warum nicht? 

Was ein Arzt macht, wenn er - innerhalb seines eigenen Spezialgebiets - selbst krank wird, ist ja immerhin ein wichtiger Hinweis darauf, was von seinen Therapieempfehlungen für seine Patienten zu halten ist. Sollte er selbst etwas anderes machen, wenn es um sich selbst geht, dann würde ich von seinen Behandlungen vorsichtshalber die Finger lassen. 

Mich beschäftigt diese Sache, weil ich sie zwiespältig sehe. Ein Adipositasmediziner, der selbst so starkes Übergewicht hat, bietet einem als Patienten ja einerseits die Gewißheit, daß er weiß, wovon er spricht, wenn es um Adipositas geht. Das wäre mir eigentlich lieber als so eine lebenslanger Hungerhaken, der von dem, was mich belastet, spricht wie ein Blinder von der Farbe. Aber Dr. Raggis starkes Übergewicht ist bezüglich seiner Therapien natürlich nicht gerade vertrauenerweckend. Beide Voraussetzungen erfüllen könnte ein Arzt, der vor Jahren sein Übergewicht erfolgreich bekämpft hat und seitdem normalgewichtig ist. 

Da Dr. Raggi seine Brötchen damit verdient, anderen Übergewichtigen den Magen zu verstümmeln, wüßte ich, wenn er sich ebenfalls zu so einer OP entschließen würde, zumindest das eine, nämlich daß er selbst dieser Art von Operation vertraut und keine bessere Lösung weiß. Wahrscheinlich wäre es dann aber besser für ihn, er würde auf mich stoßen und es zuvor erst noch mit meiner Methode probieren.

Auf Dr. Raggi stieß ich zunächst hier. Mir fiel an diesem Interview unangenehm auf - das ansonsten ganz konventionell war, eben ein typisches Interview mit einem Adipositaschirurgen -, daß die Interviewerin zu höflich war, um ihn auf sein Körpergewicht anzusprechen, und er genausowenig aus eigenem Antrieb darüber sprach. Eigentlich würde ich so etwas nämlich schon erwarten, wenn jemand selbst bereits sichtlich zur Zielgruppe seiner eigenen Operationen zählt. Gut, als "Normalzuschauer" kann man nicht wissen, daß diese Gewichtszunahme dem Herrn Doktor erst im Laufe der wenigen letzten Jahre zugestoßen sein muß, aber da ich es weiß, nehme ich an, daß dieses sichtbare Zeichen nicht der einzige Hinweis auf einen entgleisenden Stoffwechsel ist. Es wäre seltsam, wenn ihn dies nicht beunruhigen würde. Und noch seltsamer fände ich es, wenn er sich bei solchen Interviews nicht ein bißchen komisch vorkäme.

Ich würde schon gerne wissen, worauf er selbst sein Übergewicht zurückführt und warum ihm dieses Wissen nicht geholfen hat, es zu verhindern, und es ärgert mich, daß niemand ihn danach gefragt hat. Das alles müßte man ja nicht in aggressiv-polemischer Weise vorbringen, sondern könnte es nach allen Gesetzen der Höflichkeit tun. Außerdem sollte es Dr. Raggi doch eigentlich klar sein, daß die Leute, denen er gegenübertritt, Augen im Kopf haben. Sein Übergewicht ist sichtbar und wirft Fragen auf, die sich offenbar niemand zu stellen traut.

Was mir dazu außerdem noch einfiel: Ich finde es immer wieder eigenartig, daß das (starke) Übergewicht von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, insbesondere in der Politik, in der Regel immer erst dann zu einem Medienthema wird, wenn sie gerade einen Abnahmeerfolg verzeichnet haben. Berichte über Sigmar Gabriels Magenverkleinerung oder Angela Merkels Diät gab es zum Beispiel massenhaft. 

Inzwischen dürfte Frau Merkel mehr wiegen als vor ihrer damals, 2014, so enthusiastisch bejubelten Diät, aber ich kann mich nicht erinnern, darüber jemals wieder etwas gelesen zu haben. Ich frage mich wirklich, was sie selbst darüber denkt. Theoretisch sollte sie als Naturwissenschaftlerin stutzig werden, wenn die Sache mit dem Abnehmen in der Realität gar nicht so abläuft, wie es der Theorie nach sein müßte. Vielleicht hat sie die Auseinandersetzung damit ja auf den Ruhestand verschoben. Vielleicht glaubt sie aber auch - wie das schon so vielen eigentlich gescheiten Leuten erfolgreich weisgemacht worden ist -, ihre Wiederzunahme wäre ihre eigene Schuld gewesen, und hat sich vor allem vorgenommen, es nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt noch einmal in aller Ruhe von vorne anzufangen mit dem Diäthalten.

Eigenartig ist es schon, nach "Merkel Diät" zu googeln und im Jahre 2021 immer noch all diese begeisterten Jubelberichte von 2014 zu lesen, aber keine Silbe darüber, daß ihr im Anschluß an ihren Erfolg genau dasselbe passiert ist wie fast allen Abnehmenden. Ich finde das sogar geradezu verstörend. Es ist, als wäre das Wieder-dick-Werden ein schmutziges Geheimnis, obwohl es doch jeder sehen kann, der Augen im Kopf hat.

Was ich außerdem noch vermisse, sind Berichte über diejenigen, die seit vielen Jahren mit extremem Übergewicht herumlaufen und entweder nichts dagegen zu tun versuchen oder dabei erfolglos sind. Aus der Politik fällt mir dazu Peter Altmaier ein, ebenso Helge Braun. Ebenso der Stiko-Vorsitzende Mertens. Mertens ist ebenso wie Raggi Mediziner, sollte also auch das nötige Bewußtsein haben und hätte dazu noch ein Vorbildfunktion. Aber Adipositas bei wichtigen Personen ist wie der sprichwörtliche Elefant im Raum; es wird so getan, als gäbe es da nichts zu sehen.

Mein eigener Hausarzt kämpft nach eigener Aussage schon seit Jahren mit seinem Gewicht. Als ich das letzte Mal bei ihm war (Herbst 2019), hätte ich ihm das nicht angesehen, aber ich weiß nicht, wie es heute wäre; die Methode seiner Wahl ist Sport, aber immerhin legt er einen Fastentag pro Woche ein, ist aber fest davon überzeugt, daß es die dabei eingesparten Kalorien sind, auf die es ankäme. Ob ein Fastentag die Woche stoffwechseltechnisch alleine ausreicht, falls er sonst "normal" ißt, bin ich mir aber nicht sicher. Und ich glaube, Normalgewicht hatte er auch vor zwei Jahren nicht. Er sagte nämlich zu mir: "Leute wie Sie und ich kommen niemals wieder auf Normalgewicht." Ich habe ihm daraufhin versprochen, ihm, was meine Person betrifft, das Gegenteil zu beweisen. Auch wenn mein Zielgewicht leicht über der Grenze zum Normalgewicht liegt, sollte eine Abnahme von mehr als 70 Kilogramm ja wohl überzeugend genug sein. 

Ich habe meinem Arzt bei meinem letzten Besuch ja noch das Buch "Die Schlankformel" von Dr. Fung geschenkt, aber sofort gesehen, wie bei ihm die Klappe runtergegangen ist, auch wenn er eine höflich-diplomatische Antwort gab. Das wirkte auf ihn wohl so, als wäre ich ihm mit Dr. Rath oder einem vergleichbaren Scharlatan gekommen. Schade, aber im Grunde kann ich ihn verstehen. Ich hätte doch lieber die englische Ausgabe kaufen sollen; die deutsche Ausgabe wirkt so - nun ja, unseriös. Alleine schon der Titel! Vermutlich war mein Geschenk rausgeschmissenes Geld, er wird es nicht gelesen und wenn ich richtiges Pech habe, nicht einmal aufgehoben, sondern sofort an Oxfam gespendet haben. Dabei war das als Ausdruck meiner Wertschätzung gedacht. Das hat er bestimmt auch verstanden, deshalb antwortete er ja diplomatisch. Er hielt aber erkennbar nicht viel von meinem Urteilsvermögen in dieser Frage.

Genau deshalb will ich ihn auch spätestens bei Erreichen meines Zielgewichts wieder aufsuchen. Falls ich krank werden sollte, natürlich schon früher, aber in den letzten zwei Jahren hatte ich dafür ja nie einen Grund, also kann ich unter Umständen durchaus noch zwei weitere Jahre lang keinen Grund haben. Sobald ich bei 73,5 Kilogramm angekommen bin, gehe ich aber auch einmal grundlos zu ihm, um ihm das Ergebnis meiner Strategie nach Dr. Fung zu präsentieren. Vielleicht ärgert er sich dann, das Buch verschenkt zu haben.

Außerdem werde ich ihm dann eine Tafel Schokolade mitbringen. Ich weiß, daß er eine Schublade voller Schokoladentafeln hat; er hat es mir verraten. Ich gönne ihm sein Laster. Und wenn er es richtig anfängt, wird er davon ja auch nicht zunehmen. 😎


Montag, 27. September 2021

Jason Fung: Krebs verstehen, bekämpfen, heilen ("The Cancer Code", deutsche Übersetzung)

Mein Gewicht heute früh zu Beginn des langen Fastenintervalls: 95,1 Kilogramm - immerhin 1,4 Kilogramm weniger als vor den letzten langen Fastenintervall. Das sieht ein weiteres Mal sehr vielversprechend aus. Höchstwahrscheinlich werde ich schon am Freitagmorgen unter 90 Kilogramm liegen. Das ist auch deshalb erfreulich, weil ich nächsten Samstag - sofern er stattfindet und das Wetter mitspielt - wieder auf den Flohmarkt möchte. Direkt nach einem langen Fastenintervall kann es aber riskant werden, kein Klo in der Nähe zu haben. ;-)

Am Freitag werde ich also höchstwahrscheinlich nicht mehr fasten müssen und damit meinen ersten Low-Carb-Tag zelebrieren können, den ich wohl damit beginne, ein Low-Carb-Brot zu backen, denn ich bin rasend neugierig, ob mir die Rezeptur mit den Kartoffelfasern gelingt und ob sie auch schmecken wird. Aber natürlich gibt es dennoch fürs Fastenbrechen meine traditionellen Quarkpfannkuchen mit Salat. Bis das Brot fertig ist, dauert es ja ein Weilchen. Das werde ich dann zum Abendessen anschneiden. 

Da wir an Flohmarkttagen immer auswärts essen gehen, wird der Samstag, falls das Wetter flohmarkttauglich ist, etwas kniffeliger, aber vielleicht ja auch eine gute Übung. Wir peilen ein bosnisches Restaurant an, das ich schon länger mal besuchen wollte, weil ich schon seit einer halben Ewigkeit nicht mehr jugoslawisch gegessen habe - irgendwie werden diese Lokale immer seltener. Fleisch nur mit Gemüsebeilage wird sicherlich ein wenig Verwunderung hervorrufen, aber genau das habe ich vor, und da es sich bei der bosnischen um eine ziemlich fleischlastige Küche handelt, sollte es kein unlösbares Problem sein. Und statt wie sonst Bier bestelle ich Weinschorle, das ist ja auch etwas Gutes und ich trinke es im Grunde viel zu selten, obwohl ich es gerne mag, weil ich halt von Haus aus und mehr oder weniger aus Gewohnheit eher ein Biertrinker bin.

Fürs Protokoll auch meine ungefähre durchschnittliche Kalorienzufuhr in den letzten 22 Tagen, von denen 8 Fastentage mit einer Zufuhr von null Kalorien gewesen sind: 1800 Kalorien. Mittlerweile kann ich sicher sagen, daß meine Kalorienzufuhr an einem typischen Eßtag um die 3000 Kalorien liegt. Es gab ein paar Ausreißer nach unten (teils krankheitsbedingt) auf weniger als 2000 Kalorien - einmal waren es sogar unter 1600 Kalorien, was mich einigermaßen überrascht hat - und einen nach oben auf ca. 4000 Kalorien am Tag nach meinem letzten langen Fastenintervall; der Durchschnitt bei allen Eßtagen lag bei zwischen 2800 und 2900 Kalorien. 

Die Annahme, daß eine so hohe Kalorienzahl mit einem hohen Fettkonsum einhergeht, kann ich bestätigen, denn ich dosiere das Olivenöl großzügig und die Butter auch. 

Vermutlich wird mein Low-Carb-Experiment die durchschnittliche Kalorienzufuhr eher erhöhen, aber das nur fürs Protokoll, weil ich es nicht für maßgeblich halte. Viel mehr interessiert mich die Entwicklung beim Konsum der Makronährstoffe. 

Aktuell nehme ich an Eßtagen im Durchschnitt 230 Gramm Kohlenhydrate zu mir. Je nach Low-Carb-Modell werden unterschiedliche Mengen als Limit angegeben, die bis zu 150 Gramm ausmachen können. Rechne ich nicht nur die Eßtage, sondern auch die Fastentage mit, liege ich interessanterweise schon jetzt bei dieser Obergrenze der lässigsten Low-Carb-Varianten. Das sollte es eigentlich sehr leicht möglich machen, die Kohlenhydrate - Fastentage mitgerechnet - auf unter 50 Gramm zu reduzieren, der Maximalwert für die Low-Carb-Varianten der ketogenen Ernährung, die aber teils durchaus auch noch weniger Kohlenhydrate verlangen können. 

Für den Anfang werde ich aber tatsächlich mal ausprobieren, ob ich auch an Eßtagen ohne anstrengende Klimmzüge unter 50 Gramm Kohlenhydrate kommen kann. Ich lege nämlich Wert darauf, daß mir das Ausprobieren dieser Ernährungsweise und der von mir gesammelten Rezepte auch Spaß macht. Mich in entsagender Verzichtleistung zu üben, fange ich gar nicht erst an. Fall ich also anfange, jede Nacht im Traum Mehl, Brot und Nudeln zu verspeisen, war ich zu radikal und werde höchstwahrscheinlich etwas zurückrudern. ;-) 

Jason Fung: The Cancer-Code (dt. Fassung: "Krebs verstehen, bekämpfen, heilen")

Ich bin mir Dr. Fungs Buch zum Thema Krebs jetzt durch und möchte meine Erkenntnisse aus der Lektüre kurz zusammenfassen - wobei sie in etwa dem entsprachen, was ich mir vorher vage vorgestellt hatte. Aber im Detail bin ich wirklich schlauer geworden. 

Dr. Fungs Theorie baut einerseits auf den bislang bestehenden Krebstheorien auf, andererseits aber auch auf seiner Diabetes-Theorie, entwickelt beides weiter und diskutiert bestehende und mögliche neue Behandlungsansätze auf Basis dieser Annahmen. 

Diese Theorie fußt auf einer interessanten Annahme. Krebszellen entstehen ja aus unseren normalen Körperzellen. Fung vermutet, daß Krebszellen eine Art evolutionären Rückschritt darstellen, der auf Ebene der jeweils einzelnen Körperzelle vollzogen wird, und zwar dann, wenn sie zu stark beschädigt ist, um sich wieder zu einer normal funktionierenden, auf ihre jeweilige Funktion spezialisierten Zelle zu regenieren, aber dann doch wieder nicht so stark, daß sie sofort abstirbt. Es handelt sich um eine Art Notprogramm der Zelle, um zu überleben. Dabei greift die Zelle auf ihr evolutionär ältestes Programm zurück, das noch aus Einzeller-Zeiten stammt und unter normalen Umständen durch eine Reihe von neueren, spezifischeren Programmen überlagert wird.

Krebszellen verhalten sich, so Dr. Fung, nämlich in vieler Hinsicht wie Einzeller, die ja vor Jahrmilliarden einmal der Ursprung des Lebens gewesen sind. Einzeller haben keinen Vorteil davon, sich kooperativ zu verhalten, wie es das Überlebensprogramm eines mehrzelligen und arbeitsteilig organisierten Organismus zwingend erforderlich macht. Ihr Erfolgsprogramm lautet vielmehr, so viel zu wachsen und sich zu vermehren wie möglich, ohne Rücksicht auf andere und notfalls über deren Leichen.

Die Verwandlung einer beschädigten Zelle in eine Krebszelle hat also ungefähr denselben Effekt, wie wenn ein bislang braver Staatsbürger anfängt, Amok zu laufen. 

Krebs ist in gewisser Weise ein Erfolgsprogramm, denn Krebs gibt es schon, seit es mehrzellige Wesen gibt, die Evolution hat also offenbar für keinen Organismus ein Mittel gefunden, um Krebs zu verhindern. Andererseits trägt dieser Erfolg aber von vornherein den Keim des Scheiterns in sich. Denn auch der erfolgreichste Krebs stirbt mit dem Tod seines Wirts. Ansteckend ist Krebs nämlich nicht, das heißt, er hat keine Möglichkeit, auf einen neuen Wirt überzugehen. Je schneller der Krebs erfolgreich ist, desto näher also auch sein eigenes Ende. 

Krebs könnte man deshalb fast schon als Parabel auf gewisse neoliberale Dogmen sehen, in denen - wie für die Krebszelle - jeder sich selbst der Nächste ist und auch sein muß. Aber, und das gibt in der Analogie sogar noch mehr zu denken: Keine Zelle verwandelt sich einfach nur aus einer Laune heraus in eine Krebszelle. Vorausgegangen ist immer eine Notfallsituation, in der diese Verwandlung die einzige Alternative zum Zelltod darstellt. So betrachtet, fallen mir dazu auch die Zombie- und Vampirmythen ein. Und ist es nicht eigenartig, daß ausgerechnet Vampire in den letzten ca. zwanzig Jahren so in Mode gekommen sind und unzählige Bücher, von Anne Rice aufwärts, im Leser Sympathien für sie zu erwecken versuchen und sie als romantische Gestalten darstellen?

Für Krebszellen Mitgefühl und Sympathie zu empfinden, fände ich dann aber doch übertrieben. Aber zu verstehen, was sie sind und warum sie sich so verhalten, wie sie es tun, ist trotzdem sinnvoll und nützlich.

Die Zellen höher entwickelter Lebewesen enthalten, wie weiter oben erwähnt, Programme zur Kooperation mit den anderen, ebenfalls spezialisierten Zellen des Organismus, damit alle ihre jeweiligen Aufgaben erfüllen können, und sie folgen in Fragen von Wachstum und Vermehrung dem Bedarf des Gesamtorganismus. Das wird sehr präzise gesteuert, anders könnte ein mehrzelliger Organismus ja auch gar nicht existieren. Wachstum findet statt, wann und wo es vorgesehen ist.

Neben dem Wachstum in der Kindheit, die spontan jedem als Erstes einfällt, gilt das beispielsweise auch bei der Wundheilung. Als ich mir neulich das Knie aufgeschlagen habe, war meine komplette rechte Kniescheibe aufgeschürft und blutete. Mittlerweile ist es fast komplett abgeheilt und von neuer Haut bedeckt, nur ein kleines Stückchen ist immer noch verschorft; die Stelle, an der mir der Schorf mehrmals sehr hartnäckig bei jedem Wechsel des Verbands noch einmal aufgebrochen ist und deshalb wieder eine, wenn auch immer kleiner werdende, nässende Wunde entstand. Aber auch hier ist es jetzt endlich abgeheilt. Dafür verantwortlich ist ein Wundheilungsprogramm, das genau so lange funkelnagelneue Zellen herstellt, bis mein Knie wieder normale Haut aufweist. Sobald diese Aufgabe erfüllt ist, hört die Produktion neuer zusätzlicher Zellen auf. Davon unabhängig ist natürlich die Produktion von neuen Zellen, die dazu gedacht sind, alte Zellen nach ihrem Zelltod zu ersetzen, die regelmäßig nach einem festen Plan stattfindet. Beides ist eine verblüffende Kooperationsleistung.

Einzeller profitieren aber, wie ebenfalls schon erwähnt, nicht von Kooperation, sondern vielmehr von möglichst aggressiver Expansion, von möglichst hohem Wachstum und möglichst höher Vermehrung. Genau von dem also, was Krebszellen tatsächlich tun. Das ist einer der beiden Gründe, warum ich Dr. Fungs Theorie für in höchstem Maße plausibel halte. Auf den zweiten der aus meiner Sicht besonders überzeugenden Gründe komme ich später noch zu sprechen. 

Hat vielleicht jeder von uns die ganze Zeit Krebs?

Nur, weil bei jemandem noch keine Krebserkrankung diagnostiziert worden ist, bedeutet das noch lange nicht, daß es in seinem Körper zu diesem Zeitpunkt bislang keine Krebszellen gibt. Aller Wahrscheinlichkeit gibt es sie nämlich zu jedem beliebigen Zeitpunkt längst haufenweise. Nur, die meisten dieser Krebszellen überleben nicht lange genug, um irgendwelchen Schaden anzurichten. Die überwältigende Mehrheit der neu entstandenen Krebszellen wird vom der körpereigenen Immunsystem - das darauf programmiert ist und nicht lange fackelt - umgehend vernichtet. Eine Krebserkrankung entsteht erst, wenn dies dem Immunsystem nicht mehr vollständig gelingt. Sei es, weil das Immunsystem - dauerhaft oder vorübergehend - nicht richtig funktioniert, oder sei es, weil die Zahl der neu entstehenden Krebszellen so übermäßig hoch ist, daß ihre Vernichtung vom eigentlich intakten Immunsystem nicht mehr bewältigt wird. 

Als dritte Möglichkeit plädiere ich außerdem dafür, auch dem Faktor "Pech" eine gewisse Rolle zuzugestehen, denn je älter ich werde, desto überzeugter bin ich davon, daß der glückliche und der unglückliche Zufall die beiden meistunterschätzten Faktoren der Weltgeschichte sind - und falls das so wäre, was spräche dann dagegen, dies auch für Gesundheit und Krankheit anzunehmen? "Pech" im Falle von Krebs meine ich in dem Sinne, daß ein unglücklicher Zufall verschiedene Faktoren zu einem bestimmten Zeitpunkt zusammentreffen läßt, die den Krebszellen im falschen Moment - vielleicht nur für kurze Zeit - die nötigen Rahmenbedingungen bietet, unter denen sie einen Tumor bilden und somit quasi das nächste Level mit höheren Überlebenschancen erreicht und nun auf den nächsten günstigen Moment warten können, der ihnen weitere Entwicklungsmöglichkeiten bietet.

Daß Krebs eine ausgesprochene Alterskrankheit ist, also sehr selten Kinder und junge Erwachsene unter einem Alter von 40 Jahren erkranken, läßt Dr. Fung annehmen, daß die Zellschädigungen sich im Lauf der Zeit immer stärker anhäufen, bis sie irgendwann zu viele für das Immunsystem werden. Das klingt für mich durchaus plausibel, allerdings habe ich eine zweite Möglichkeit bei ihm vermißt, die entweder stattdessen oder zusätzlich dazu auftreten können sollte: Den Alterungsprozeß selbst als Verursacher der Zellschädigungen. 

Es ist ja schließlich nicht so, daß der Alterungsprozeß nicht in zahlreichen physischen Veränderungen beobachtet werden könnte, von den grau werdenden Haaren über die Falten, Altersweitsichtigkeit und alles mögliche mehr. All dies zeigt ja deutlich, daß die Prozesse auf Zellebene in zunehmendem Altern in immer mehr Bereichen nicht mehr so funktionieren wie in jungen Jahren. Genausogut könnte es meiner Meinung also auch sein, daß unabhängig von äußeren Einflüssen die Zellteilung im Körper immer häufiger irgendwelche potentiell in Krebs umschlagbaren Kopierfehler enthält.

An der typischen Altersverteilung von Krebserkrankungen ließe sich dann wohl auch ablesen, ab welchem Alter wir auf Zellebene physisch anfangen nachzulassen.

Krebszellen, die sich irgendwo im Körper zu einer Gruppen zusammenhängender Zellen zusammengefunden haben, also einen - zunächst noch sehr kleinen - Tumor gebildet haben, entwickeln bessere Mittel als einzelne Krebszellen, um sich gegen die Attacken des Immunsystems zur Wehr zu setzen: Ihr spezifischer Stoffwechsel, der sich von dem normaler Körperzellen unterscheidet schwächt die Abwehrmechanismen des Immunsystems durch die Erzeugung von Milchsäure und verbessert dadurch gleichzeitig auch die eigenen Wachstumschancen. 

Dieser spezifische Stoffwechsel ist der zweite Grund, warum mir Dr. Fungs Annahme so plausibel vorkommt, daß Krebszellen einen evolutionären Rückschritt in uralten Zeiten darstellen. Denn anders als unsere normalen Körperzellen läuft dieser Stoffwechsel komplett ohne die Mitverwendung von Sauerstoff ab, rein auf Glukosebasis, obwohl dies um einiges ineffizienter ist. Das spricht meiner Meinung nach dafür, daß es sich um eine sehr alte Stoffwechselvariante handelt, denn zur Zeit der Entstehung des Lebens gab es ja praktisch noch keinen Sauerstoff, also konnte er zu jener Zeit auch noch nicht in den Stoffwechsel eingebaut werden. 

Auch eine durch das saure Milieu geschwächte Immunabwehr ist aber immer noch verflixt gut in der Erfüllung ihrer Aufgaben. Jede Krebszellen erzeugt alle ein bis zwei Tage eine neue Zelle. Eigentlich müßte ein Tumor also seine Größe innerhalb dieses Zeitraums verdoppeln können. In Wirklichkeit beträgt die Verdoppelungszeit von Tumoren aber 60 bis 200 Tage, also ist es nicht so, daß das Immunsystem bei einem bereits so großer Tumor, daß er entdeckt werden konnte, längst aufgegeben hätte.

Die Chancen, einen Tumor nach seiner Entdeckung, wenn er eine entsprechende Größe erreicht hat, restlos zu beseitigen und den Patienten damit zu heilen, würden mit den heutigen Mitteln eigentlich gar nicht so schlecht stehen, wenn es nur bei ihm alleine bleiben würde. Was Krebserkrankungen so tödlich macht, sind die Metastasen, also die Ausbreitung der Krebszellen in andere Regionen des Körpers, wo sie dann Tochter-Tumoren bilden. Es ist noch eine ziemlich neue Erkenntnis, daß diese Metastasen sich keineswegs erst in einem relativ späten Krebsstadium bilden, wie das früher angenommen wurde, sondern vielmehr schon von sehr kleinen, noch nicht bei Untersuchungen nachweisbaren Tumoren ständig Expeditionen von Schwärmen von Krebszellen aufbrechen ins Unbekannte, um sich an anderer Stelle im Körper anzusiedeln. Es gibt sogar Krebserkrankungen, bei denen die Primärtumore gar nicht mehr existieren, also vom Immunsystem besiegt worden sind, aber die Metastasen sich so weit entwickeln konnten, daß sie eine Krebserkrankung auslösten.

Dieses frühe "Ausschwärmen" von Krebszellen auf der Suche nach anderen geeigneten Ansiedlungsorten ist es auch, warum auch eine rückstandsfreie operative Beseitigung des ursprünglichen Tumors meistens keine Heilung bringt. Chemotherapien und Bestrahlungen wiederum sind zwar für Krebszellen schädlicher als andere Zellen, aber da jedes solche Behandlung das Immunsystem schwächt, werden die Überlebenden unter den an anderen Stellen lauernde Kolonien von Krebszellen unter Umständen gerade dadurch begünstigt und es kommt nach einiger Zeit zu einem Rückfall.

Krebszellen in sich zu haben, scheint schlicht und einfach normal zu sein. Sogar unentdeckte kleine Tumoren scheine etwas zu sein, was ziemlich häufig unerkannt vorliegt und womit man an und für sich problemlos leben und alt werden kann. Inzwischen lassen sich mittels Früherkennung so kleine Tumoren entdecken, daß Diskussionen darüber aufgekommen sind, ob deren Behandlung eine Übertherapie darstelle, weil sie voraussichtlich niemals gefährlich geworden wären.

Bei der Diagnose und Therapie kann man, wie man sieht, ebenso leicht zu viel machen wie zu wenig, und bei vielen Krebs-Varianten sind die Prognosen schlecht bis sehr schlecht, egal, wofür oder wogegen man sich entscheidet. Die zugehörigen Abwägungen sind aber natürlich extrem schwierig, also ist das ausnahmsweise von mir diesmal nicht als ein Vorwurf an die Medizin gemeint.

Was aber nun tun, um einer Krebserkrankung nach Möglichkeit von vornherein zu entgehen? 

Es gibt drei verschiedene Arten von Krebsursachen. Die erste besteht in einer Reihe möglicher genetischen Veranlagungen, die aus unterschiedlichsten Gründen das Risiko auf bestimmte Arten von Krebserkrankungen erhöhen. Gegen sie kann man nicht viel machen. Die Schauspielerin Angelina Jolie machte vor einigen Jahren Schlagzeilen, als sie wegen eines genetisch erhöhten Risikos auf Brustkrebs beide Brüste entfernen ließ; radikale Lösungen dieser Art lassen sich für manche genetischen Risiken notfalls noch finden, die aber wohl den meisten Leuten doch zu abschreckend sind.

Die zweite Art von Ursachen sind Zellschädigungen, die von außen kommen und von denen man eine ganze Reihe gezielt unterbinden kann. Rauchen ist der bekannteste unter diesen Faktoren. Generell hat es den Anschein, daß chronische Entzündungsprozesse eines relativ niedrigen Levels eine bedeutende Rolle spielen (und Rauchen vor allem in der Lunge solche Entzündungsprozesse bewirkt). Bekannt sind auch chronische Entzündungen durch bakterielle Infektionen wie Helicobacter pylori (häufigster Auslöser von Magenkrebs) sowie virale Infektionen wie etwa den HPV-Virus (häufigster Auslöser von Gebärmutterhalskrebs). Vermutlich spielt Parodontose ebenfalls eine Rolle, aber weil sie keiner spezifischen Krebsart zugeordnet werden kann, wird sie seltener erwähnt. Regelmäßige professionelle Zahnreinigung könnte aber durchaus das Krebsrisiko verringern. Auch Adipositas bzw. Insulinresistenz können auf dieser Ebene eine Rolle spielen; die Entzündungsprozesse, die dem Fettgewebe zugeordnet werden, vor allem dem Viszeralfett, setze ich als bekannt voraus. 

So könnte man theoretisch eine Liste von Kanzerogenen machen und versuchen, im Alltag einen Slalom um jede dieser Substanzen herum zu machen, um mit ihnen möglichst gar nicht oder wenigstens so wenig wie möglich in Kontakt zu kommen. Ehrlicherweise muß dann aber dazugesagt werden, daß es zwar möglich ist, viele der besonders auffallend in Erscheinung tretende Risikofaktoren zu vermeiden und damit weniger neue Krebszellen erwarten zu können, aber man dennoch tagtäglich weiter mit einer Unzahl weiterer Kanzerogene in Kontakt kommen wird, ohne dies verhindern zu können, und ebensowenig läßt sich verhindern, daß durch diese Faktoren und/oder vermutlich auch schlichte Kopierfehler bei der Zellerneuerung Krebszellen entstehen. Und dies mit zunehmendem Lebensalter in zunehmender Häufigkeit. 

Eine Krebserkrankung kann deshalb auch diejenigen treffen, die alles richtig machen. Krebs kann umgekehrt diejenigen verschonen, die alles falsch machen. In der Statistik sieht es ja immer so eindeutig aus, wem welche Sache voraussichtlich passieren wird und wem eher nicht. Riskokalkulationen sind aber immer so eine Sache. Ich bin einmal trotz Spirale und ein weiteres Mal nach einer Sterilisation schwanger geworden; den Unterschied zwischen einem geringen Risiko und absoluter Sicherheit habe ich auf diese Weise am eigenen Leib erfahren. Mein Verhältnis zu statistischen Wahrscheinlichkeiten hat sich davon nie wieder erholt.

Aber die Möglichkeit, es als Präventionsmaßnahme aus einer anderen Richtung, den Krebszellen im eigenen Körper so ungemütlich wie möglich zu machen, finde ich natürlich eine interessante Sache. Das gilt nicht zuletzt deshalb, weil das, was zu tun empfohlen wird, etwas ist, das ich schon längst regelmäßig mache.

In meinem letzten oder vorletzten Beitrag habe ich nebenbei erwähnt, daß 90 Prozent aller Raucher NICHT an Lungenkrebs sterben. Das wird meiner Meinung nach viel zu selten erwähnt, denn es ist eigentlich verwunderlich, wenn man bedenkt, daß Rauchen der mit großem Abstand bedeutendste, weil häufigste krebsauslösende Stoff ist und der Zusammenhang zwischen dem Akt des Inhalierens von Zigarettenrauch und einer darauffolgenden Schädigung des Zellgewebes in der Lunge auch unmittelbar plausibel ist.

Rauchen wird natürlich auch noch für eine ganze Reihe weiterer Krankheiten mitverantwortlich gemacht. Mir geht es hier aber um den Bezug des Rauchen auf die Krebsart, bei der Ursache (Rauchen) und Wirkung (Krebs) so eindeutig zueinanderpassen, daß man sich geradezu darüber wundern muß, daß der Krebs durch das Rauchen auch an anderen Stellen ausgelöst werden können soll, bei denen die zugehörigen Abläufe ja viel komplizierter sein müssen. Wenn beispielsweise die Leber durch das Rauchen (bzw. mit durch das Rauchen) einen Tumor entwickelt, während aber die Lunge gleichzeitig verschont bleibt, liegt das dann sicherlich nicht daran, daß die Zellen in der Lunge in diesem Fall nicht ebenfalls geschädigt worden sind, sondern eher daran, daß das Immunsystem in der Lunge vorbildliche Arbeit geleistet hat, während es vielleicht in der Leber wegen irgendeines anderen Faktors weniger effizient arbeiten konnte.

Ich erwähnte die Leber nicht ohne Hintergedanken, denn sie spielt dabei eine Rolle, wenn es darum geht, es den Krebszellen ungemütlich zu machen: Ein dauerhafter oder regelmäßig wiederkehrender vorübergehender Verzicht auf Kohlenhydrate - besonders effektiv durch Fasten, da bei null Nährstoffen die zugeführten Kohlenhydrate zwangsläufig ebenfalls null sind - bewirkt das nämlich gleich in doppelter Hinsicht. 

Erstens durch den Autophagie-Effekt, unsere innere Kehrwoche, die einen Wechsel von der Glukose- und die Fettverbrennung voraussetzt, wie das sowohl bei ketogener Ernährung wie auch beim Intervallfasten geschieht. Wechselt der Stoffwechsel aus der Glukose- in den Fettverbrennung, benimmt sich der Stoffwechsel wie jemand, der kein Geld zum Einkaufen mehr hat und erst einmal alle Reste, die sich noch im Kühlschrank und den Vorratsschränken befindet, verbraucht, bevor er schließlich doch noch seinen Schmuck zur Pfandleihe trägt, um wieder liquide zu sein. Zellschrott wird beseitigt, darunter auch beschädigte Zellen mit dem Potential, sich in Krebszellen zu entwickeln. Dieser Effekt ist auch bei kürzeren Fastenintervallen nicht zu unterschätzen. Speziell mehrtägige Fastenintervalle bewirken aber eine über mehrere Tage ständig weiter zunehmende Autophagie-Aktivität, bis sie dann schließlich nach vier Tagen wieder nachzulassen beginnt.

Zweitens benötigen Krebszellen die Glukose aber für ihren Stoffwechsel viel dringender als unsere normalen Zellen. Unser Körper kann auf Fettverbrennung switchen und diese Energie für alle seine Bedürfnisse nutzen. Die Krebszellen können das nicht, ihr Stoffwechsel ist dafür nicht eingerichtet. Sie müssen also hungern. Das behindert sie beim Wachstum, und es hindert sie außerdem daran, ihre Abwehrmaßnahmen gegen das Immunsystem so effektiv wie sonst aufrechtzuerhalten. Das Immunsystem, das ohnehin durch den Autophagie-Mechanismus aggressiver ist als zu anderen Zeiten, kann ihnen also leichter beikommen.  

Ich rede hier wohlgemerkt nicht über bereits zum Ausbruch gekommene Krebserkrankungen, obwohl auch in diesem Fall Intervallfasten als Bestandteil der Behandlung denkbar ist (was Dr. Fung in seinem Buch ebenfalls erwähnt), sondern eine zweite Herangehensweise bei der Prävention, die mit Sicherheit nicht weniger wirkungsvoll sein kann als die gewohnte. Fung verglich die beiden Arten von Krebspräventionsmaßnahmen mit Samen und der Erde, in die sie gestreut werden. Die klassische Prävention, etwa nicht rauchen, bedeutet, daß sich weniger "Krebssamen" in einem Menschen entwickeln. Die zweite Methode besteht darin, daß diese Samen keinen guten Nährboden bekommen und es ihnen deshalb geht wie den Samen in dem biblischen Gleichnis, die auf dem Weg ausgestreut werden und deshalb nicht keimen und wachsen können. Welche der beiden Methoden effektiver ist, kann im Moment noch niemand sagen, aber es spricht ja auch nichts dagegen, einfach beide anzuwenden.

Wie in seinen früheren Bücheren auch hat Jason Fung für jedes Detail seiner Theorie wissenschaftliche Nachweise gefunden, die sie stützen können. Anders als bei seinem ersten Buch habe ich es mir aber gespart, sie nachzuschlagen; dafür fehlt mir momentan einfach die Zeit, und bei seinem ersten Buch, Die Schlankformel, konnte ich mich ja davon überzeugen, daß alles seine Richtigkeit hatte. 

Empfehlenswert ist Dr. Fungs Buch auch deshalb, weil es gut und unterhaltsam geschrieben ist, auch wenn mir in der Übersetzung ein paar Schnitzer aufgefallen sind (so wurden etwa an zwei Stellen die Pocken mit Windpocken verwechselt), aber das eigentlich Wichtige ist meines Erachtens sein Talent, Zusammenhänge zu erkennen und Faktoren zueinandere in Bezug zu bringen, die vor ihm zwar bereits als Detailwissen bekannt waren, aber bislang noch von niemandem in einen größeren Zusammenhang gestellt wurden. 

Ob Jason Fung die Natur der Krebszelle wirklich richtig deutet, weiß ich nicht, aber vorstellbar ist es schon, und vieles daran ist auch spontan viel einleuchtender als das, was ich bei Autoren wie etwa Siddhartha Mukherjee ("Der König aller Krankheiten") über die Krebsvorstellungen gelesen habe, die den Behandlungsansätzen der letzten Jahrzehnte zugrundegelegt wurden. 

Einstweilen spricht jedenfalls auch aus dieser Richtung gar nichts dagegen, mit dem Fasten einfach so weiterzumachen, wie ich mir das in den letzten Jahren angewöhnt habe, wenn ich mit jedem langen Fastenintervall womöglich ein paar Millionen potentielle Krebszellen den Garaus machen kann. 

***

Das Buch von Benjamin Bikman habe ich, getragen vom Schwung und der Faszination von Jason Fungs Buch gleich im Anschluß gelesen und bin mittlerweile auch fertig damit, aber es fiel qualitativ wie auch erzählerisch doch sehr dagegen ab. Um ehrlich zu sein, war ich ein bißchen enttäuscht, denn ich hatte mir mehr davon versprochen, aber vor allem in der ersten Hälfte war mir vieles nicht mehr neu und anderes schien mir wenig praktischen Nutzen zu bieten. 

Aber darüber schreibe ich vielleicht doch lieber in einem eigenen Blogartikel




Dienstag, 21. September 2021

Herbstlektüre

Mein Gewicht heute früh nach vier Eßtagen und zu Beginn des ersten Fastentags von zweien in dieser Woche: erfreuliche 94,5 Kilogramm. Damit kann ich damit rechnen, daß ich nächsten Montag fast mit Sicherheit weniger als 96 Kilogramm wiegen werde, wenn ich meinen Angriff auf die 90-Kilo-Grenze starte. Wenn ich viel Glück habe und deutlich genug unter 96 liege (oder gar unter 95? Mein Mann hat mir diesen Floh ins Ohr gesetzt, und träumen wird man ja noch dürfen), könnten dafür vielleicht sogar vier Fastentage ausreichen, aber wenn nicht, nehme ich in jedem Fall noch einen fünften dazu. Die 8 will ich unbedingt diesen Herbst wenigstens einmal sehen, bevor die Sache mutmaßlich wieder zäh und frustrierend wird. 

Der Herbst läßt sich inzwischen nicht mehr wegdiskutieren. Am Sonntagabend haben wir zwar noch einmal auf dem Balkon zu Abend gegessen, weil mein Mann das unbedingt wollte, aber beide ziemlich gefröstelt. Mein kleines gläsernes Futterhäuschen, das hoffentlich klein genug ist, um nicht wie das andere massenhaft Tauben anzulocken, wird lebhaft von Meisen frequentiert - gestern sah ich drei auf einmal, zwei Kohlmeisen und eine ziemlich aggressive Blaumeise -, und ich muß jeden Tag neue Nüßchen nachfüllen. Inzwischen habe ich auch die Heizung angestellt und meinen Luftwäscher ins Arbeitszimmer gestellt, weil ich das Fenster nicht mehr den ganzen Tag offen habe. Und in dem Wetterhäuschen, das ich am Samstag auf dem Flohmarkt gekauft habe, ist das Schlechtwetter-Männchen draußen. 

Für die Fans von Rezepten habe ich auch etwas Neues, einen YouTube-Fund, den ich am Sonntag zum ersten Mal ausprobiert habe, und weil man kein Fett dafür braucht, wird das Rezept sicherlich auch für die "Andersdenkenden" wohlwollend aufgenommen: 

 


 


Letztlich ist der "Teig" dieser Rolle nichts weiter als Rührei mit geraspelten Zucchini, schuppenartig belegt mit dünnen Zucchinischeiben, und ich war überrascht, daß es wirklich so simpel war, daraus eine Art "Bisquitrolle" herzustellen, wie im Video dargestellt. Die Füllung kann man nach eigenem Gusto variieren, wir haben uns für Thunfisch und Frischkäse entschieden. Außerdem zählt das zu der Art von Essen, bei dem der übriggebliebene Rest am Tag darauf sogar noch besser schmeckte, weshalb ich künftig wohl versuchen werde, so etwas möglichst schon am Vormittag herzustellen, wenn wir es abends essen wollen, damit es mehr Zeit hat, gründlich durchzuziehen. Den Aufwand fand ich sehr überschaubar, nur das Raspeln der Zucchini dauerte mir mit der feinen Raspel zu lang, also habe ich irgendwann stattdessen die grobe verwendet, und die gröbere Version ließ sich dann ebenso gut verwenden. 

Die gesamte Rolle enthielt ca. 1850 Kalorien, aber wir haben zu zweit zwei Tage lang daran gegessen und für heute hat mein Mann auch noch ein letztes Stück fürs Abendessen zurückbehalten, weil er gestern nach zwei Stücken schon satt war. Grob gesagt war das zweimal ein Abendessen mit weniger als 500 Kalorien pro Nase. Der Sättigungsfaktor von Proteinen ist nicht zu unterschätzen! Kein Wunder, daß mein Kaloriendurchschnitt für die letzten 17 Tage (darunter einschließlich dem heutigen Fastentag zusammengenommen 7 Fastentagen) nun auf ca. 1650 pro Tag gesunken ist, was mir eigentlich nicht einmal so besonders recht ist. ;-)

Eigentlich wäre das ja schon ein Low-Carb-Rezept gewesen, aber ich wollte die Zucchini unbedingt verbrauchen, die ich schon so lange liegen habe.

Vor wenigen Tagen ist die deutsche Übersetzung von Dr. Fungs Buch "The Cancer Code" erschienen, ich habe es sofort bestellt und ich werde heute abend anfangen, es zu lesen. Nach allem, was ich bislang über das Internet von dem Buch weiß, hat Jason Fung mit diesem Buch auf seinen vorherigen Büchern "The Obesity Code" und "The Diabetes Code" aufgebaut, ist aber mit einer Theorie über die Natur der Krebszellen und ihre Entstehung schon noch ein Stück darüber hinausgegangen. 

Krebs ist ja eine Sache, über die man nicht gar so gerne nachdenkt, weil es der Prototyp einer beängstigenden und unheimlichen Krankheit ist. Vor einigen Jahren las ich darüber das Buch "Der König aller Krankheiten" von Siddartha Mukherjee und war überrascht, daß ich die Erste zu sein schien, die von dieser Lektüre weniger begeistert, sondern eher extrem ernüchtert war, denn ich habe aus diesem Buch den deutlichen Eindruck zurückbehalten, daß die Krebsforscher - und zwar ganz ähnlich wie ich das jüngst erst für die Entwickler von Medikamenten zum Abenehmen erwähnt habe - bis heute nach dem Prinzip Trial and Error im Blindflug durch die Gegend tappern und mal dies, mal jenes ausprobieren, manchmal Glück haben, daß irgendein Wirkstoff, der für etwas ganz anderes gedacht war, sich als wirksamer als andere zeigt, aber mehr nicht. 

Es fehlt irgendwie eine Grundlage für das Verständnis der Entstehung von Krebs. Risikofaktoren hat man zwar allerhand gefunden, aber was genau an ihnen den Krebs verursacht - und warum das bei allen Risikofaktoren nur bei einem meist sogar nicht einmal allzu großen Teil der ihnen Ausgesetzten geschieht -, bei dieser eigentlich vordringlichen Frage scheint man in den letzten fünfzig Jahren keinen Schritt weitergekommen zu sein. 

So seltsam das klingen mag: Technisch gesehen hatte die Tabakindustrie recht damit, jahrzehntelang zu argumentieren, daß die Auslösewirkung des Rauchens auf Lungenkrebs, also das, was dabei im Körper abläuft und die Entstehung oder Vermehrung der Krebszellen bewirkt, nicht bewiesen werden könne, denn tatsächlich kann man das bis heute nicht. Unehrlich war sie damit trotzdem, da es eine beweisbare Tatsache war, daß Raucher sehr viel häufiger als Nichtraucher an Lungenkrebs erkrankten, also war auch klar, daß irgendetwas am Rauchen darauf einen Einfluß haben mußte, auch wenn man nicht nachweisen konnte, was genau das ist und wie dieser Prozeß dann abläuft. Dazu gibt es nach wie vor zwar allerlei Vermutungen und Spekulationen, aber mehr als das nicht.

90 Prozent der Raucher sterben aber dennoch nicht an Lungenkrebs, und das wirft meines Erachtens schon die Frage auf, warum Lungenkrebs nur zehn Prozent der Raucher trifft, obwohl Rauchen doch gleichzeitig auch der stärkste Risikofaktor für diese Krankheit ist. Des Rätsels Lösung verbirgt sich in dem Bereich, über den die Krebsforschung noch so kläglich wenig weiß und in dem Dr. Fung in seinem Buch versucht, eine ursächliche Erklärung zu finden. Wie sein Erklärungsansatz genau aussieht, bin ich schon sehr gespannt, nicht zuletzt auch deshalb, weil kein Geringerer als Nassim Nicholas Taleb unter dem Eindruck dieser Lektüre dem Autor eine große "Klarheit des Geistes" bescheinigte. Mir wiederum imponiert, wie forsch Dr. Fung ein bislang unlösbareres medizinisches Problem nach dem anderen gegen den Strich bürstet. Bei Adipositas und Diabetes liegt er meiner Meinung nach richtig genug (auch wenn im Detail noch manches zu korrigieren oder zu ergänzen wäre), um den Medizin-Nobelpreis verdient zu haben, weil ich überzeugt davon bin, daß auf dieser Basis einige der drängendsten Gesundheitsprobleme heutiger westlicher Gesellschaften gelöst werden könnten, wenn man nur seine Erkenntnisse systematisch zur Anwendung bringen würde, anstatt die Dicken mit Kalorienzählen und Sport zu drangsalieren und den Diabeteskranken bis an ihr Lebensende Insulin zu verabreichen. Vielleicht hat er ja auch beim Krebs die richtige Ausgangs-Idee gehabt, die man erfolgreich weiterverfolgen und -entwickeln und auf dieser Basis endlich mal einen echten Durchbruch bei der Krebsbehandlung erhoffen könnte. 

So, aber jetzt Schluß damit, sonst bleibt mir, nachdem ich das Buch wirklich gelesen habe, womöglich nicht mehr genug zu schreiben, denn natürlich will ich eine Rezension dieses Buches einstellen.

Ein zweites Buch, das ich gekauft habe, ist Benjamin Bikmans "Warum wir krank werden". Was mich an Bikman interessiert, ist, daß er einer der wenigen ist, die nicht durch die Praxis als Arzt, sondern als Wissenschaftler durch seine Forschungsarbeit zu seinen Thesen über Insulinresistenz als Krankheitsauslöser gekommen ist, und darüber will ich Näheres wissen, auch weil er, glaube ich, im Detail nicht ganz dieselben Schlußfolgerungen wie Dr. Fung gezogen hat. 

Das werde ich jetzt alles in nächster Zeit nachlesen, mir meine Gedanken dazu machen, und mich dann natürlich auch hier im Blog dazu äußern. 



Sonntag, 19. September 2021

Adipositas: BMI ist ungeeignet für diese Diagnose

Mein Gewicht heute früh nach den ersten zwei von vier Eßtagen (fürs Protokoll: 3800 kcal Freitag/2500 kcal Samstag): 92,5 Kilogramm. Das könnten am Dienstag beim nächsten Fasten mit etwas Glück sogar unter 95 Kilogramm Startgewicht werden. Wahrscheinlicher ist freilich ein Gewicht zwischen 95 und 95,5 Kilogramm. Wie auch immer, das sieht ganz vielversprechend für meine Fastenwoche übernächste Woche aus, der letzten, bevor in den letzten Jahren immer und unentrinnbar die vorübergehende Zunahmephase einsetzte. Vor dieser Phase möchte ich gerne zum ersten Mal - wenn auch nur vorübergehend - ein Gewicht von weniger als 90 Kilogramm erreichen. 

Wahrscheinlich läge mein heutiges Gewicht ohne den gestrigen Flohmarktsamstag höher, denn wir sind nicht nur länger als sechs Stunden unterwegs gewesen, sondern haben auch erst gegen 16.30 Uhr gegessen - aber dann gleich richtig, die kompletten 2500 Kalorien auf einmal. Eingekauft hatten wir zuvor, als gäbe es kein Morgen und entsprechen zu schleppen gehabt. Eigentlich hatte ich mir ja vorgenommen "Keine Klamotten"! Aber dann sind mir gar zu viele hübsche Teile über den Weg gelaufen. Unter anderem dieses T-Shirt in Herrengröße S: 

Breaking Bad ist eine der wenigen Serien, die ich vermutlich irgendwann noch einmal komplett anschauen werde, weil ich sicher bin, daß ich viele Details erst beim zweiten Mal so richtig würdigen kann. Der Hintersinn in dieser doppelbödigen Geschichte ist auch eigentlich gescheiten Leuten wie Dennis Scheck leider komplett entgangen. Serien haben vor Spielfilmen den Vorteil, daß man wirklich differenzierte Charaktere konzipieren kann, eine Möglichkeit, die zu selten genutzt wird, aber in dieser grandiosen Serie ist es hervorragend gelungen.

Wundersamerweise hat das T-Shirt auf Anhieb gepaßt; es sitzt ein bißchen knapp, sieht aber dennoch gut an mir aus; mein Rettungsring um den Bauch hat sich doch deutlich verkleinert, wie ich vor dem Spiegel feststellte. Nicht mehr lange, und ich werde wohl die Hemmungen vor figurbetonter Kleidung verlieren: Demnächst werde ich es mir wieder leisten können, so etwas zu tragen. 

Ich habe  alle Kleidungsstücke - unter anderem zwei Winterkleider, eines ein buntes Strickkleid, das andere ein hellgraues mit einer neckischen Schleife -, einen dunkelblauen Pullover mit praktischen Taschen, ein blaues Sommerkleid mit Schwalben, eine Bluse mit einer aufgestickten Biene (mein Mann und ich waren uns einig, daß das in Wirklichkeit eine Wespe sein müsse) und ein total schriller giftgrüner Wickelrock - ohne Anprobieren gekauft, und meine Quote liegt bei 50:50 - ungefähr die Hälfte kann ich jetzt schon tragen, die andere Hälfte wird bis nächstes Jahr warten müssen. 

Ansonsten habe ich die üblichen Wahnsinnskäufe gemacht, ohne die ein Flohmarkt für mich kein richtiger Flohmarkt ist, etwa einen kompletten Hühnerhof mit Schleich-Hühnerfiguren. 

Vier Hühner, drei Hähne und die niedlichen Küken, dazu ein Hühnerstall und eine Umzäunung. Falls ich eines Tages doch noch Enkelkinder bekommen sollte, werden die ihre helle Freude an mir haben. Dem Mädchen im Grundschulalter das zusammen mit ihrer Mutter ein Unmenge toller Schleich-Tierfiguren verkaufte, erklärte ich: "Ich habe keine Kinder, aber ich bin selber kindisch", und mein Mann hat sich darüber schier nicht mehr eingekriegt. 

Aber auch ein paar praktische Sachen habe ich ergattert, zum Beispiel einen verstellbaren Käsehobel, bei dem man die Dicke der Scheiben regulieren kann. Und dann habe ich noch dies hier mitgenommen, obwohl wir nicht wußten, was das das überhaupt ist und wofür es gut ist und die Frau, die es verkaufte, es uns auch nicht sagen konnte; es stammte von ihrem Vater: 


Wie sich herausgestellt hat, ist das ein ausgezeichneter Ersatz für eine Brotschneidemaschine. Das Messer ist superscharf und die Anwendung sehr bequem. Wir haben es heute beim Frühstück das erste Mal getestet und waren uns einig, daß wir das künftig immer verwenden werden, wenn wir keine Brötchen, sondern Brot essen wollen. 

***

In "Nutrition Twitter", also der ernährungsinteressierten Echokammer, der ich mit meinem Twitter-Account folge, wurde eine interessante These vertreten, die etwas wiedergibt, was ich seit Jahren für richtig halte und bislang dachte, ich wäre der einzige Mensch überhaupt, der das tut: daß nämlich Adipositas von Übergewicht unterschieden werden müßte, und zwar auf andere Weise als durch den BMI. Es gibt Übergewicht ohne Krankheitswert, das ein rein kosmetisches Problem ist, und es gibt Übergewicht, das ein Krankheitssymptom für eine Stoffwechselentgleisung ist. Welcher Art das eigene Übergewicht ist, läßt sich anhand des BMI noch nicht entscheiden - obwohl meines Erachtens die Faustregel gilt: Je höher der BMI, desto höher auch die Wahrscheinlichkeit, daß es sich um ein Krankheitssymptom handelt. Ich kann mir nicht vorstellen, daß jemand mit BMI 40+ noch stoffwechselgesund sein kann. Allenfalls ist er möglicherweise bereits wieder stoffwechselgesund, falls er von einem noch höheren BMI aus abgenommen hat und gewichtsstabil ist oder weiter abnimmt und dabei nur eine geringe Jojo-Gefährdung aufweist (also vor allem nicht mit jojoträchtigen Methoden abzunehmen versucht). Denn ich bin überzeugt davon, daß nicht der BMI als solcher, sondern der Prozeß, dessen Ergebnis ein höherer BMI ist, eigentlich zum Risikofaktor erklärt werden müßte. Das wiederum bedeutet, daß auch eine Zunahme innerhalb des Normalgewichtsbereichs als ein solcher Risikofaktor erkennbar wäre, wenn man nur darauf achten würde. Inzwischen ist ja auch bekannt, daß auch Normalgewichtige Adipositas haben können. Manche Leute scheinen zu glauben, diese Normalgewichtigen müßten dann zu den Übergewichtigen hinzuaddiert werden, aber dann müßte meines Erachtens außerdem ein mehr oder weniger großer Teil der Übergewichtigen abgezogen werden.

Der Faktor, um Adipositas seriös zu diagnostizieren, müßte wohl das Viszeralfett sein. Im Prinzip ist das auch bereits bekannt, und ebenso dringt die Erkenntnis langsam in den medizinischen Mainstream vor. Nur ist dieser Faktor halt nicht auf Anhieb mit bloßem Auge erkennbar, so wie deutliches Übergewicht, und deshalb wird nicht gezielt danach gesucht. 

Mal sehen, ob diese Diskussion mal wieder spurlos an den Fachkreisen abperlt oder ob sie sich vielleicht eines Tages im Rückblick wirklich als Bestandteil einer Bewegung in die richtige Richtung entpuppt. Mir geht das ja alles viel zu langsam

Mein eigener BMI wurde mir für meinen "Niedrigstgewichts-Tag" Freitag übrigens mit 31,9 angezeigt. Ich bin inzwischen nicht mehr allzu weit von BMI 30 entfernt und zuversichtlich, daß ich ihn im Lauf des nächsten Jahres unterschreiten werde, was mir immerhin die eine oder andere freihändige Fehldiagnose ersparen kann, weil sichtbares Übergewicht Ärzte gerne dazu verleitet, gar keine richtigen Diagnosen mehr zu stellen, weil sie ja einen prominenten Risikofaktor alleine schon durch meinen Anblick auf dem Silbertablett serviert bekommen.