Mittwoch, 30. Dezember 2020

Die häßliche Fratze hinter der Fassade der Hilfsbereitschaft

Mein Gewicht heute früh zu Beginn des letzten Fastentags des Jahres: 99,0 Kilogramm, also werde ich morgen, am letzten Tag des Jahres, voraussichtlich mit einem Gewicht von um die 97 Kilogramm starten, das eine Abnahme von 50 Kilogramm exakt bezeichnet, und auch das neue Jahr mit Sicherheit unter 100 beginnen können. Ob ich damit endlich dauerhaft stabil unter 100 bleiben werde oder der häßliche Ühu mir doch noch den einen oder anderen Kurzbesuch machen wird, ist allerdings schwer vorherzusagen. Immerhin, ich hätte noch am 23.12. keinen Hosenknopf darauf gewettet, daß ich nach Weihnachten zweistellig bleiben würde, also will ich auch nicht ausschließen, daß ich dieses Kapitel nun endlich doch bald für abgeschlossen erklären kann. Zeit dafür wäre es ja langsam auch einmal.

Vorhin stellte ich zu meinem Verdruß fest, daß ich bei dem Versandhändler, den ich seither bemüht habe, die Kohlensäurezylinder für mein altes Sprudelgerät nicht mehr bekomme. Die dafür nötigen 40-Liter-Zylinder habe ich mir seit fünf Jahren immer zuschicken lassen, weil sie in den Jahren davor vor Ort immer schwieriger zu bekommen wurden und am Ende auch Rossmann, den ich ohnehin nur ziemlich umständlich erreichen konnte, sie aus dem Programm genommen hatte. Ich konnte aber nicht einsehen, warum ich ein tadellos funktionierendes Sprudelgerät wegschmeißen sollte. Inzwischen ist das Sprudelgerät aber doch merklich in die Jahre gekommen, es leckt ein bißchen, weshalb man regelmäßig hinterherwischen muß, auch die Kunststoffflaschen haben allmählich ein ziemlich hohes Alter erreicht, und so habe ich kein Problem mehr mit der Vorstellung, auf ein anderes Modell umzusteigen, sobald ich meinen restlichen Kohlensäurevorrat verbraucht habe. Am liebsten eines mit Glasflaschen, allerdings bin ich von den Mini-Flaschen von Sodastream nicht sonderlich begeistert, weshalb ich nicht auf den Marktführer zurückgreifen möchte. 

Aldi hat gerade ein Gerät im Angebot, das mir optisch gefällt und größere Glasflaschen hat. Allerdings wird es im Web nicht besonders gut beurteilt und die Formulierung der zahlreichen Angebote bei eBay-Kleinanzeigen läßt ebenfalls Böses ahnen. Dieses Modell, Sodastar Elegance, wurde im Sommer das erste Mal bei Aldi verkauft und seitdem von so vielen Käufern für das schlechte Handling, ungenügendes Sprudelergebnis und rasches Kaputtgehen kritisiert, daß bei der jetzt angebotenen Version möglicherweise schon an den neuralgischen Punkten nachgebessert wurde; einer der ersten Käufer äußerte sich auf der verlinkten Aldi-Unterseite zufrieden mit seinem Kauf. So ganz traue ich dem Braten aber natürlich noch nicht, und als ich meinen Mann fragte, riet er mir mit nachdrücklichen Worten ab. 

Eine Alternative namens MySodaPop gibt es bei Conrad Electronic, der zur Zeit leider geschlossen hat. Mein Kohlensäurevorrat sollte noch ein bis zwei Monate reichen, also müßte ich eigentlich nicht unbedingt jetzt sofort eine Entscheidung treffen, allerdings sind Aktionsartikel immer so eine Sache, wahrscheinlich gibt es das Gerät so schnell nicht wieder. Ich bin gerade hin- und hergerissen, ob ich nicht doch heute noch zum Aldi gehen und das Ding kaufen soll - gestern habe ich es beim Einkaufen dort noch gesehen, morgen und am Samstag will ich keinesfalls einkaufen, und danach dürfte es wohl nicht mehr erhältlich sein. 

Pech hat jedenfalls mein Versandhändler, denn einen Grund, mir künftig die Zylinder zuschicken zu lassen, die ja in der 60-Liter-Version an jeder Straßenecke erhältlich sind, habe ich jetzt natürlich nicht mehr. Die 40-Liter-Zylinder waren sein Alleinstellungsmerkmal, für das ich die Umständlichkeiten des Versands in Kauf genommen habe. Ich kann ihn ja verstehen: Geräte, in die nur kleine Zylinder passen, werden halt nicht mehr hergestellt, und ich nehme an, es hat sich für ihn einfach nicht mehr rentiert, das anzubieten. Auch ich wäre ihm außerdem nicht ewig treu geblieben. Spätestens wenn das Gerät kaputtgegangen wäre, hätte ich mich ohnehin umorientiert. Denn die großen Zylinder gibt es wirklich praktisch überall.

Das Altgerät ist somit ein Fall für den Sperrmüll, sobald die drei letzten Zylinder leer sind, obwohl es eigentlich noch verwendbar wäre. Vorgestern erst habe ich meinen Sperrmüll abholen lassen und mich über den leeren Keller gefreut ...

Back to topic: 

Über meine physische Veränderung und die abgeschüttelten knappen 50 Kilogramm (und die Gewißheit, daß das noch längst nicht alles gewesen ist), freue ich mich eigentlich pausenlos. Aber es gibt Momente, in denen bin ich darüber auch maßlos erleichtert. Corona hat mir schon etliche dieser Momente beschert. Erstens, weil ich überzeugt davon bin, daß das erhöhte Corona-Risiko nicht mit dem BMI, sondern wie die anderen Gesundheitsrisiken bei Adipositas mit dem Prozeß des Zunehmens zusammenhängt (was nur nicht so leicht meß- und ermittelbar ist wie der BMI und deshalb nicht erkannt wird, solange niemand danach sucht) und ich mich so nicht zu den Risikogruppen zählen muß, aber fast noch mehr, wenn mir einmal wieder vor Augen steht, von wieviel offener und versteckter Häme es begleitet ist, wenn jemand mit Adipositas mit Corona im Krankenhaus landet. Wenn es nämlich irgendetwas gibt, das ich mir noch gräßlicher vorstelle als die Vorstellung, mit einer Überlebenschance von 50:50 hilflos am Beatmungsgerät zu hängen, dann ist es das Wissen, daß es eine Bevölkerungsmehrheit gibt - darunter auch diejenigen, die mich behandeln -, die dann insgeheim der Meinung wäre, ich hätte es verdient, in diese Situation zu kommen, und mir das selbst eingebrockt: durch Faulheit und Gefräßigkeit und mangelnde Bereitschaft, mich zu ändern. Faulheit, Gefräßigkeit, Verstocktheit: das sind ja immerhin drei der sieben Todsünden.

Häme ist letztlich für jeden, der übergewichtig ist, grauer Alltag, wobei es meiner Erfahrung nach aber selten vorkommt, daß sie einem offen ins Gesicht geschleudert wird. Was hinter meinem Rücken getuschelt wird, weiß ich natürlich nicht, aber es kümmert mich auch nicht, und ich bin auch nicht sonderlich dünnhäutig bei allem, was nur andeutungsweise rüberkommt. Zu einer psychischen Strapaze wird es aber dann, wenn man Hilfe benötigt. Das gilt im Prinzip für jede Art von Hilfe, aber bei Arztbesuchen ist es am unangenehmsten und außerdem potentiell lebensgefährlich. Eine scheinbar so naheliegende Krankheitsursache wie erkennbares Übergewicht direkt vor der Nase zu haben, führt dazu, daß alle anderen etwaigen Ursachen gerne ganz ignoriert werden, und deshalb muß man mit hohem Übergewicht häufiger mit falschen Diagnosen und übersehenen Krankheitsursachen rechnen. 

Darüber konnte ich aus eigener Erfahrung bereits die eine oder andere Oper grölen, als mir noch gar nicht klar war, wieviel kropfunnötigen Schaden kalorienbasierte Abnehmratschläge vom freundlichen Onkel Doktor (oder Tante Ernährungsberaterin) für sich alleine genommen schon anrichten müssen. Das war einer der Gründe dafür, warum ich es mir mehr oder weniger abgewöhnt habe, zum Arzt zu gehen, solange ich irgendwie ohne ihn zurechtkommen kann. Rückblickend hat sich das sogar positiv ausgewirkt, denn die üblichen Allerweltszipperlein, vom Schnupfen aufwärts, bekomme ich auch mit simplen Hausmitteln, von der Nasenspülung bis zum Wärmepflaster, gut in den Griff. Bei manchen mußte ich ein bißchen herumprobieren, bis es paßte, aber unter dem Strich hätte ich mit den ärztlichen Behandlungsansätzen in all diesen Fällen kaum besser, aber im ungünstigen Fall sehr viel schlechter fahren können. Der riskanteste Punkt dabei ist die Frage, ob ich es rechtzeitig bemerke, wenn ich mit meinen eigenen Mitteln nicht mehr weiterkomme und tatsächlich einen Arzt brauche, um unnötigen Schaden zu vermeiden. Aber dieses Risiko kommt mir vertretbar vor, nicht zuletzt auch deshalb, weil jeder vermeidbare Arztbesuch ja ebenfalls mit einem Risiko verbunden ist, nämlich dem einer Fehldiagnose oder einer Therapie, die meine Gesundheit verschlechtert, statt sie zu verbessern.  

Mein letzter Arztbesuch ist folgerichtigerweise nun schon länger als ein Jahr her, obwohl ich diesem Arzt im Grundsatz vertraue (allerdings nicht im Bereich Abnehmen und Gewicht). Ich hatte aber einfach schon länger als ein Jahr keinen Grund mehr, zum Arzt zu gehen. Die Frauenärztin, die ich bis vor ein paar Jahren wegen Endometriose unbedingt brauchte und deshalb erst aus Anlaß meiner Wechseljahre abschaffen konnte, und den Zahnarzt einmal ausgeklammert, habe ich in den letzten zehn Jahren nur viermal den Arzt aufgesucht: Verdacht auf Helicobacter-Infektion 2011 (der Verdacht traf zu und die Behandlung war erfolgreich), Mandelentzündung 2013 (erfolgreich mit Antibiotika behandelt), rätselhafte Kniebeschwerden 2015 (hätte ich mir sparen können und sollen) und Gallenkoliken 2019 (Gallenblase wurde entfernt).

Der wichtigste Grund, warum ich nie ärztliche oder sonstige professionelle Hilfe wegen meiner beängstigend raschen Gewichtszunahme in Anspruch genommen habe, bestand darin, daß ich mir schlicht nichts davon versprochen habe. Es gab einfach nichts, was man mir dort raten konnte, das ich nicht ohnehin schon erfolglos alleine ausprobiert hatte. Aber sogar wenn das anders gewesen wäre und ich ernsthaft auf eine neue Idee gehofft hätte: Die größte Hürde vor der Hilfe hätte darin bestanden, daß ich mich kaum dazu hätte überwinden können, mich der grenzenlosen Verachtung auszusetzen, die insgeheim hinter der Fassade der Hilfsbereitschaft der professionellen Helfer steckt. Sie drückt sich dadurch aus, daß einem das, was man über seine bisherigen Bemühungen sagt, von vornherein nicht geglaubt wird. Das funktioniert mit Hilfe eines Zirkelschlusses: Hätte ich wirklich weniger gegessen und mich mehr bewegt, dann hätte ich ja abgenommen. Ich habe aber stattdessen zugenommen, also muß ich mehr gegessen und/oder mich weniger bewegt haben. Beweisführung abgeschlossen.

Man muß wirklich in einer verzweifelten Situation sein, um sich das anzutun, und gerade dann ist so etwas kaum zu ertragen. Trotzdem machen es viele, manche unzählige Male, nehmen demütig die verklausulierten Verweise als vermeintlich verdient hin, strampeln sich ab, scheitern wieder, betreiben die unglaublichsten Kalorienzählübungen noch bis zum letzten Tropfen Olivenöl und gehen wegen jeder noch so kleinen vermeintlichen Sünde hart mit sich selbst ins Gericht. Diese Sünden lesen sich oft so harmlos, daß jemandem, der so ißt wie ich und dabei - wenn auch inzwischen ziemlich langsam - abnimmt, die Tränen kommen könnten.

Manche halten das ein ganzes Erwachsenenleben lang durch, andere geben an irgendeinem Punkt auf. Erfolgreich ist nur ein winziger Bruchteil. Zu dem physischen Teufelskreis des Jojo-Effekts, der den BMI von vielen immer weiter in die Höhe treibt, kommt noch ein psychischer hinzu: Selbstverachtung. Wenn einem über Jahre oder gar Jahrzehnte hinweg pausenlos suggeriert wird, daß ein Mißerfolg nur die eigene Schuld sein könne und daß man zu blöd oder zu faul sei, die Anweisungen richtig umzusetzen, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder man akzeptiert das als vermeintlich wahr und verachtet sich selbst, oder man akzeptiert das nicht als angebliche Wahrheit und bleibt auf diese Weise wenigstens psychisch einigermaßen gesund.

Rückblickend betrachtet, war es nun noch aus einem weiteren Grund (zusätzlich zu all denen, die schon bislang feststanden) ein großes Glück, daß ich mich dieser Mühle aus Gründen der Selbstachtung entzogen habe, bis es mir gelungen war, mir selbst zu helfen. Andernfalls hätte ich jetzt auch in der Haut der bedauernswerten Corona-Patientin stecken können, über die sich bei Twitter in den letzten Tagen ausgiebig von allen möglichen Besserwissern ausgelassen wurde. Dabei las sich das Eingangspost einer Ärztin auf den ersten Blick sachlich - näher betrachtet schrieb sie der Patientin allerdings einen BMI 64 zu und räumte erst auf Nachfrage ein, daß sie nur wisse, daß das Gewicht der Patientin die Maximalanzeige der Waage von 140 Kilogramm überschreitet. Die vermeintlich sachlich-nüchterne Zahl 64 für den BMI ist also eine, die Emotionen wiedergab und und beim Leser wecken wollte. "BMI 64" steht in diesem Fall für nichts weiter als: "Diese Frau ist ekelhaft fett."

Ich weiß ja nicht, wie groß diese Patientin ist, aber mit meiner Körpergröße müßte man ein Gewicht von 180 Kilogramm überschreiten, um auf BMI 64 zu kommen. Vierzig Kilogramm hin oder her finde ich jetzt keine Petitesse. (Merkwürdige Waage, nebenbei bemerkt. Ich kenne eigentlich nur Waagen mit Maximalgewicht 120 und Maximalgewicht 150 Kilogramm ...)

Genauso wie die meisten, die auf diesen Beitrag reagierten, nahm diese Ärztin ganz selbstverständlich an, daß es die Schuld der Patientin war, daß sie so hohes Übergewicht hat, denn in der Vergangenheit seien ihr ja immer wieder "Hilfsangebote" gemacht worden, psychologische Beratung, Ernährungsberatung, Magenverkleinerungs-OP, und alles habe sie abgelehnt. Ich kenne diese Patientin nicht, aber wäre ich gewichtstechnisch noch auf dem Stand von März 2017, hätte ich genau dasselbe wie sie getan. Womöglich hat auch diese Patientin ähnliche Gründe gehabt, wie ich sie an ihrer Stelle gehabt hätte:

  • Ein Psychologe kann bei psychischen Leiden helfen. Hat das Körpergewicht keine psychische Ursache (sondern ist im Gegenteil die Ursache des psychischen Leidens), kann ein Psychologe auch nicht dabei helfen, das Gewicht zu reduzieren.
  • Ernährungsberatung hilft, wenn jemand sich gewohnheitsmäßig schlecht ernährt. In Wirklichkeit verbirgt sich aber hinter Adipositas solchen Grades - vor allem bei Frauen, die die Wechseljahre noch nicht erreicht haben -, typischerweise eine langjährige und traumatisierende Diät-Vorgeschichte. Ernährungsberatung ist - siehe oben - höchstens dazu geeignet, das zu verschlimmern.
  • Über Magenverkleinerungen habe ich an anderer Stelle bereits meine Meinung gesagt. (Ergänzung 31.12.: Eigentlich finde ich dies hier sogar zum Thema Magenverkleinerung noch wichtiger.)

 Nur, das alles macht die aktuelle Lage der bedauernswerten Corona-Patientin "mit BMI 64" natürlich nicht besser, und die las sich bitterernst. Der Tiefpunkt bei Twitter war diese darauf Bezug nehmende Einlassung: 

Da kann man schonmal den Kran und den Bagger für die Beerdigung bestellen. Die Prognose ist ja eher so semi-gut. Wer so fett ist, ist schon tot, obwohl noch Puls vorhanden ist!

So merkwürdig das wahrscheinlich klingt, genau das läßt mich gerade zum allerersten Mal darüber nachdenken, ob ich wirklich bis zu meinem angestrebten Zielgewicht weiterfasten möchte oder doch einen früheren Schlußstrich ziehen sollte. Ich komme mir nämlich gerade wie ein Deserteur vor, da ich ein Gewicht anstrebe, an dem beim besten - oder übelsten - Willen auch der Autor dieses geistigen Sondermülls nichts Besonderes mehr an mir wahrnehmen würde, das ihn öffentlich oder auch nur in Gedanken dazu inspirieren könnte, seiner Verachtung Ausdruck zu verleihen. Von so einem Arschloch nicht verachtet zu werden, wäre mir aber peinlich. 

Andererseits müßte ich wahnsinnig sein, meine Entscheidungen über mein eigenes Leben von jemandem wie ihm beeinflussen zu lassen, ob nun im positiven oder negativen Sinne. Ich bleibe also bei meinem Zielgewicht von 73,5 Kilogramm. So fett, daß ich optisch auffalle, bin ich ja schon jetzt, mit Kleidergröße 42 und 44, nicht mehr (mein Brustumfang liegt jetzt bei 110 cm, wieder ein Zentimeter weniger), also müßte ich sogar wieder zunehmen, wollte ich aus Solidaritätsgründen mit meinem Körperumfang ein Zeichen setzen. Das ist dieser Wicht nun echt nicht wert.

Ich wünsche der Frau mit dem geschätzten BMI 64, daß sie überlebt und wieder gesund wird und anschließend herausfindet, wie sich selbst helfen kann, ohne irgendjemandes zweifellos gut gemeinte, aber kontraproduktive Hilfe in Anspruch genommen zu haben. Dem Autor jener zitierten Zeilen wünsche ich aber, daß er ab heute jedes Jahr mindestens zehn Kilo zunimmt, egal, wie sehr er dagegen ankämpft, und zwar exakt so lange, bis er bei der Erinnerung an diesen Tweet vor Scham Rotz und Wasser heult, so wie das Peter Attia in einem Vortrag einmal bei einem Bekenntnis ähnlicher Art gegangen ist. 

Nicht zur Strafe, nur für seinen eigenen Erkenntnisgewinn. Ich meines es auf genau dieselbe Art gut mit ihm, wie er es mit anderen gut zu meinen glaubt. 👿

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Nee, so kann ich den letzten Blogbeitrag des Jahres wirklich nicht ausklingen lassen. Frau Perditax, wo bleibt das Positive? 

Da beschränke ich mich doch einfach auf die Aufzählung dessen, was mein Mann und ich am morgigen Silvesterabend zu uns zu nehmen gedenken:

  • 3 Flaschen Kessler-Sekt
  • ca. 1 Kilogramm Käse plus die weiteren Zutaten für ein Fondue
  • Selbstgebackenes Baguette zum Fondue
  • 3 Beutel Kartoffelchips 
  • Selbstgebackener Kuchen

Damit sollte man wohl jedem Kalorienzähler den Angstschweiß auf die Stirn treiben können, und den Low-Carb-Fanatikern ebenfalls - obwohl letztere vermutlich unsere Weihnachtskost noch beängstigender gefunden hätten. Ich habe nämlich erstmals seit Jahrzehnten Weihnachtsplätzchen gebacken und erst dadurch gemerkt, wieviel mehr Zucker als meine sonstigen Kuchen die enthalten.

Das Positive ist also, daß ich von dem aufgezählten Zeug - genau wie von den Weihnachtsplätzchen - so viel essen kann, wie ich will, und trotzdem werde ich nächstes Jahr die Marke von 90 Kilogramm unterschreiten. Wetten darüber werden gerne angenommen - obwohl ich heilfroh bin, daß ich vor einem Jahr mit niemandem eine Wette über meine zu erwartende Abnahme eingegangen bin. 😜




Montag, 28. Dezember 2020

Stell dir vor, Weihnachten ist vorbei, und du hast abgenommen

Mein Gewicht heute früh zu Beginn des vorletzten Fastentags des Jahres: 99,7 Kilogramm, exakt identisch mit meinem Gewicht vom 23.12. Das ist ein unerwartetes Weihnachtsgeschenk, denn eigentlich hatte ich nach der enttäuschenden Entwicklung im Dezember mit einem erneuten Besuch des häßlichen Ühus nach den vier aufeinanderfolgenden Schlemmertagen über Weihnachten gerechnet. Nicht wegen besagter Schlemmerei, sondern weil mein Gewicht seit Anfang November nach jedem einzelnen verdammten Wochenende stur wieder über 100 hochgeschnellt war.

Aber ich lasse mich natürlich gerne auch einmal angenehm überraschen. 

Bislang war es ja jedes Jahr so, daß ich nach Weihnachten amüsanterweise weniger wog als vorher, und gestern stimmte das auch noch, denn da wog ich 99,4. Schon das hat mich verblüfft, denn das hatte ich eigentlich immer darauf zurückgeführt, daß ich bei meiner Mutter grundsätzlich zu wenig trinke, und dieses Jahr war ich ja nicht bei ihr.

Erfreulicherweise darf ich, da mein Gewicht heute nicht über 100 geklettert ist, nun sogar damit rechnen, daß ich mit einem Gewicht unter 97 Kilo, sprich 50 Kilogramm Abnahme, in den Silvester starten werde. Das ist ein versöhnliches Ende für ein Jahr, in dem es irgendwie nicht so richtig vorwärts gehen wollte. Nach dem morgigen Fastentag faste ich am Mittwoch das letzte Mal in diesem Jahr. Dazwischen gehe ich am Dienstag noch einmal auf den Wochenmarkt und decke uns auch sonst noch mit allem ein, was wir brauchen, um bis zum 3. Januar wohlversorgt zu sein, vom Käse für das geplante Fondue bis zum Kessler-Sekt. Dann darf von mir aus dieses blöde Jahr zu Ende gehen und ein neues Jahr hoffentlich nach und nach immer mehr Teile der Normalität zurückbringen, und zwar auch, was meine weitere Abnahme betrifft. 

Wenn ich mein Gewicht vor exakt einem Jahr mit dem von heute vergleiche, betrug meine Abnahme nach immerhin 144 Fastentagen im Jahr 2020 sage und schreibe 3,4 Kilogramm. Das hatte ich mir zu Beginn des Jahres schon ein bißchen anders vorgestellt. 

Auf der positiven Seite war es dennoch eine Abnahme, nicht etwa eine Zunahme. 

Wenn ich die Entwicklung in der Grafik betrachte, sehe ich auch, an welchen zwei Stellen es gehakt hat: 

 

Was mich extrem zurückgeworfen hat, war die zehntägige Fastenpause zu Ostern, die in der Grafik deutlich erkennbar ist. Ab Ende Juni habe ich - ebenfalls leicht zu erkennen an den großen Ausschlägen nach unten - mit den viertägigen Fastenintervallen begonnen, und die haben auch wunderbar funktioniert - bis zum Oktober. Deutlich zu sehen ist auch das siebenwöchige Aussetzen von den langen Fastenintervallen von Ende Juli bis Anfang September, das mich rückblickend auch ein bißchen ärgert, weil sieben Wochen doch zu lang waren. Ich hätte die Jahreszeit, in der die Abnahme erfahrungsgemäß besser funktioniert, doch ein bißchen effizienter nutzen können. Aber ich wollte halt meinem Mann nicht seinen Urlaub damit verderben, und sein Schichtplan vor und nach dem Urlaub hat dieses lange Aussetzen leider nahegelegt. Die Fastenpause, die ich anläßlich des Besuchs meiner Mutter eingelegt habe, hat mein Gewicht dann ebenfalls wieder frustrierend weit nach oben katapultiert, und dann kam die leider anscheinend unvermeidliche alljährliche Herbstzunahme noch obendrauf. 

Ganz interessant finde ich außerdem, daß ich in der ersten Jahreshälfte (bis zum 30.6.) 77 Fastentage hatte und in der zweiten nur 67. Mehr fasten bewirkt erkennbar nicht zwangsläufig auch eine höhere Abnahme, wahrscheinlich, weil sich der Stoffwechsel auf alles, was zu regelmäßig passiert, einfach zu gut einstellt - ich hatte es wohl mit den Fastentagen etwas übertrieben. Aber längere Fastenpausen als maximal sieben Tage riskiere ich künftig lieber trotzdem nicht mehr, es sei denn, auf Reisen (aber für nächstes Jahr plane ich sowieso keinen größeren Urlaub).

Für 2021 schweben mir pi mal Daumen weniger Fastentage als letztes Jahr vor, nämlich zwischen 120 und maximal 130 im Gesamtjahr, in dem Rhythmus, den ich mir im Sommer ausgedacht habe, nämlich jede vierte Woche ein langes Fastenintervall von vier Tagen und ansonsten zwei einzelne Fastentage pro Woche, im Normalfall jeweils unterbrochen von zwei Eßtagen. Das entspricht grob zehn Fastentagen in Monat, also 120 im Jahr. 

In der Praxis rechne ich natürlich mit allerlei situationsbedingten Verschiebungen und Umstellungen, und ich hoffe nur, der Brötchengeber meines Mannes sabotiert mir 2021 nicht gar so häufig meine Pläne. Vor allem in der ersten Jahreshälfte will ich nächstes Jahr unbedingt besser vorankommen. Idealerweise habe ich spätestens bis Anfang Mai das erste Mal (nach einem langen Fastenintervall) die 90-Kilogramm-Grenze unterschritten und bis zum Herbst, wenn es absehbar wieder zäh wird, will ich auch vor Beginn des Fastens schon deutlich näher als der 90 als an der 100 sein. In den Monaten Oktober und November kombiniere ich meinen normalen Fastenrhythmus dann zwei Monate lang an normalen Arbeitstagen mit Low Carb - mal sehen, ob ich damit im fünften Versuch endlich einmal mehr Erfolg dabei haben werde, im Herbst eine Zunahme zu vermeiden.

Low Carb ist nichts, was ich dauerhaft machen möchte, deshalb habe ich das bislang auch nie ausprobiert, obwohl ich mir schon vorstellen kann, daß es die Wirkung des Fastens deutlich verstärken würde. Zwei Monate lang sollte es durchzuhalten sein, jedenfalls wenn ich an Wochenenden weiterhin normal essen darf. Also wird das ab Oktober 2021 einmal ausprobiert. Das Schlimmste, was mir dabei passieren kann, ist ja, daß es wieder ein Schuß in den Ofen wird.

Neues Jahr, neues Glück! Ich bin ganz zuversichtlich, daß 2021 erfolgreicher wird als 2020.









 

Dienstag, 22. Dezember 2020

Lebenslügen der Ernährungswissenschaft

Mein Gewicht heute morgen: 98,1 Kilogramm. Gemessen an der Gesamtlage ist das ganz okay, auch wenn ich mir letzte Weihnachten noch vorgenommen hatte, diese Weihnachten weniger als mein Bruder zu wiegen, der damals 90 Kilogramm auf die Waage brachte. Gestern habe ich mit ihm telefoniert und erfahren, daß er nunmehr 87 Kilogramm wiegt. Wie's kommt? Seine Frau fastet jetzt auch, und da fällt das Abendessen öfter mal aus, das, sagt er, ohnehin nie so richtig in seinen Essensrhythmus gepaßt hatte, weil er meistens nachmittags Hunger bekommt. 

Ulkig, daß ich meine Schwägerin inspiriert habe, aber ebenso, daß seine Abnahme ohne echte Bemühungen darum erfolgt ist. Allerdings setzt das die Meßlatte für nächste Weihnachten bei mir beunruhigend hoch, denn natürlich will ich mein Ziel, meinen Bruder gewichtstechnisch zu unterbieten, dann eben nächste Weihnachten erreichen. Der Casus knacksus dürfte dabei der Herbst sein. Für die Monate Oktober und November muß ich mir echt irgendetwas einfallen lassen. Das kann doch einfach nicht sein, daß mich das jedes Jahr aufs Neue wieder ein bis zwei Kilo zurückwirft. Vielleicht probiere ich es in diesen beiden Monaten doch mal mit Low Carb (also, an meinen Eßtagen - fasten werde ich natürlich weiterhin). Wobei ich die Wochenenden und Feste wie den Geburtstag meiner Mutter dabei aber aussparen möchte, falls ich mich dazu entschließen sollte. Noch habe ich ja eine Menge Zeit. 

Ich las heute etwas über Diabulimie, ein Thema, das ich vor längerer Zeit auch schon mal erwähnt hatte, das mir jetzt im Kopf herumgeht. 

Beim Insulin-Purging (engl. purging = abführen, reinigen) handelt es sich nicht um eine klassische Essstörung, sondern vielmehr um eine diabetesspezifische gegenregulatorische Maßnahme im Zusammenhang mit einer realen oder ängstlich antizipierten Gewichtszunahme. Daher tritt das Insulin-Purging (auch „Diabulimie“ genannt) auch bei nichtessgestörten Personen auf.

Der Begriff Insulin-Purging ist geprägt durch die Definition des „Erbrechens über die Niere“. Bei hohen Glukosekonzentrationen wird vermehrt Glukose über die Nieren gefiltert und schließlich über den Urin ausgeschieden. Außerdem kommt es aufgrund des Insulinmangels zu einer verstärkten Fettverbrennung und damit zur Ketonkörperbildung. Aufgrund des vorherrschenden Insulinmangels kann es zu einer Entgleisung und im schlimmsten Fall zu einer Ketoazidose kommen.

Diabulimie gibt es nur bei Diabeteskranken, und relevant ist es praktisch ausschließlich bei Diabetes Typ 1, bei dem der Körper kein oder zu wenig Insulin selbst herstellen kann, weshalb es von außen zugeführt werden muß. Wird es nicht zugeführt, kann die Glukose, in die Kohlehydrate umgewandelt werden, vom Körper nicht verbrannt werden. 

Letztlich wird hier doch indirekt bestätigt, daß Abnehmen funktioniert, indem das Insulin reduziert wird, und außerdem, daß das vor allem unter jugendlichen Diabetikerinnen vom Typ 1 offenbar allgemein bekannt ist. Ist es nicht eigenartig, daß dieser Wirkmechanismus bei Nicht-Diabetikern, aber ebenso bei Diabetes Typ 2, so hartnäckig übersehen wird? Dabei liegt eine solche Wirkung nahe, und zudem ist es gerade bei denen - anders als bei Diabetes Typ 1 - normalerweise ganz ungefährlich, weil der Körper so viel Insulin produziert, wie für das, was man ißt, benötigt wird.

Das Problem bei Diabulimie besteht darin, daß weiter normal gegessen wird. Auch Diabetes-Typ-1-Patienten müßten aber eigentlich das Insulin reduzieren können (ganz darauf verzichten können sie wohl nur in Ausnahmefällen), wenn weniger Glukose aus ihrer Nahrung entsteht, das heißt, wenn sie auf möglichst viele Kohlehydrate verzichten. 

Übrigens war die Medizin in diesem letzten Punkt schon einmal sehr viel weiter: Bevor das Insulin entdeckt und in der Behandlung einsetzbar gemacht wurde, gab es nicht viele Optionen zur Behandlung von Diabetes Typ 1, aber daß es diesen Patienten half, wenn möglichst wenig Kohlenhydrate gegessen wurde, war schon im 19. Jahrhundert bekannt. Auch Fasten wurde erfolgreich eingesetzt, dagegen wurde beobachtet, daß die Anweisung, möglichst viel Zucker zu essen, zu einem rascheren Tod der Patienten führte. "Erfolgreich" ist allerdings relativ, aber eine gewisse Lebensverlängerung für Diabetes-Patienten war damit möglich. Eine der ersten mit injiziertem Insulin behandelten Patientinnen überlebte durch eine anscheinend kohlehydratarme Diät (Einzelheiten zu dieser Ernährung weiß ich allerdings nicht) nach der Diagnose immerhin drei Jahre lang, allerdings verschlechterte sich ihre Gesundheit im Lauf der Zeit doch erheblich. 

Es gibt im Zuge der wachsenden Popularität von Low Carb vereinzelt Experimente von Diabetes-Typ-1-Patienten, durch eine solche Ernährungsweise ganz auf Insulin verzichten zu können (ich las davon mal bei Twitter, allerdings finde ich die Quelle nicht mehr). Das scheint mir ziemlich riskant, aber natürlich müßte es möglich sein, die Dosierung des Insulins durch ketogene Ernährung deutlich verringern zu können. 

Ich bin kein "Früher war alles besser"-Nostalgiker, aber es fällt mir schon auf, daß nützliche medizinische Anwendungen von einst gerne mal ganz unter den Tisch gefallen sind, sobald man die Ursache einer Krankheit herausgefunden und wirksame Medikamente dagegen entwickelt hatte. Dabei ließe sich beides ja oft gut verbinden, genauso, wie es sich beispielsweise seit einigen Jahren wieder herumspricht, daß es die Heilungsprozesse verbessert, wenn Krankenhausbauten von vornherein so geplant werden, dass heilenden Faktoren wie Licht und Luft mitgenutzt werden können.

Im Falle von Diabulimie ist der Faktor, der bislang ignoriert wurde, der immense Druck, unter dem inzwischen nahezu jeder steht, und natürlich auch Diabetiker vom Typ 1, in ihrem Äußeren der von außen als angeblich am gesündesten empfohlenen Norm zu entsprechen. Typ-1-Diabetiker (ich kenne allerdings nur einen) sind typischerweise schlank, aber das muß nicht so sein, und eine Menge Leute, egal ob Diabetiker oder nicht, drehen ja schon durch, wenn sie im mittleren Normalgewichtsbereich sind, anstatt das immer noch in den Köpfen herumgeisternde Idealgewicht aufzuweisen. 

Ich habe noch nie daran geglaubt, daß besonders viele Menschen, die sich mit dem Abnehmen abstrampeln, dabei ernsthaft die bessere Bewahrung ihrer Gesundheit anstreben, wie das fast alle behaupten. Im Falle von Diabulimie ist das nur ein besonders eindeutiger Fall, denn es ist lebensgefährlich. Abnehmenwollen hat - außer bei bereits ernsthaft Erkrankten oder Menschen, die sich generell sehr vor dem Krankwerden fürchten - selten etwas mit Gesundbleibenwollen zu tun. Tatsächlich gab es ja mal eine Studie, in der eine erschreckend große Zahl von Teilnehmern angab, lieber mehrere Jahre kürzer zu leben, als übergewichtig zu sein. Ich habe sie in irgendeinem meiner früheren Beiträge verlinkt, jetzt habe ich aber gerade keine Zeit, danach zu suchen (weil ich gleich das Abendessen aus dem Backofen holen sollte - es gibt gefüllte Wachteln mit Rosmarinkartoffeln). 

Die Ernährungswissenschaft müßte sich wohl von ein paar Lebenslügen befreien, um ihre Schützlinge nicht unabsichtlich noch kranker statt gesund zu machen. Dazu müßte es wohl auch gehören, den Konformitätsdruck und seine Nebenwirkungen nicht zu ignorieren, den sie selbst miterzeugt und der jedenfalls im Falle der Diabulimie Menschen krank macht und schlimmstenfalls umbringt.






Samstag, 19. Dezember 2020

Hühner auf Zebrastreifen und Graue Panther

Mein Gewicht heute früh: 98,3 Kilogramm. Das ist nicht so toll, aber das regt mich jetzt nicht mehr sonderlich auf. Mit dem aktuellen Jahr habe ich innerlich schon abgeschlossen, interessant wird es erst wieder im Januar, wenn mein Mann hoffentlich wieder seinen normalen Schichtrhythmus hat. - Neues Jahr, neues Glück! 

Vor ein paar Tagen hat sein Brötchengeber ihm einen Passierschein zugeschickt; bei der Frühschicht wird er ihn morgens nicht benötigen, weil er ziemlich genau um 5 Uhr aus dem Haus geht, aber die Spätschicht ist erst um 22 Uhr zu Ende. Da niemand das Gegenteil gesagt hat, wird er mit einer Frühschicht anfangen und das Beste hoffen, daß er nicht tags darauf auf spät wechseln muß. 

Seit Mitte der Woche baut mein Mann an seinem selbstentworfenen Kleiderschrank, mit dem wir die Dachschräge im Schlafzimmer besser ausnutzen wollen. Dieses Projekt hatten wir ewig vor uns hergeschoben, weil das Kirschbaumholz, das er - passend zur Optik des Laminatbodens - verwenden wollte, so schwer zu bekommen ist. Erst vor ein paar Wochen haben wir dann einen gebrauchten älteren Kleiderschrank, sogar recht günstig, ergattert, der perfekt geeignet war, um ihn in das abgebildete Objekt umzubauen.

 

Die optische Wirkung finde ich richtig verblüffend; hinter den Türen verbirgt sich überall im oberen Bereich noch ein Teil der Schräge, aber das Auge wird durch die Verblendung ausgetrickst. Das wird den Raum richtig aufwerten. Geplant ist ein Innenleben, das aus ausziehbaren Elementen (Kleiderstange und Körbe bzw. Schubladen) besteht, damit wir die Dachschräge in der gesamten Tiefe ausnutzen können. An die abschließende Wand unter dem Ansatz der Schräge werden Regalbretter für Bücher befestigt. 

Ich bin optimistisch, daß wir diese uralte Baustelle bis zum Urlaubsende meines Mannes endlich fertigstellen können, obwohl weder der Boden noch die Wände so richtig plan sind und man sich ein bißchen verkünsteln muß. Hoffentlich brauchen wir nichts aus dem Baumarkt, die sind diesmal ja leider ebenfalls im Lockdown. Aber eigentlich sollten wir alles im Haus haben, was wir benötigen, und wenn alle Stricke reißen, muß eben ein Versandhändler einspringen. 

Dieses Wochenende werde ich Weihnachtsgeschenke verpacken und zur Post geben; da ich dieses Jahr ausschließlich Mund-Nasen-Masken von Redbubble verschenke, muß ich damit noch nicht einmal DHL behelligen, sondern gebe sie einfach in die Briefpost. Eigentlich müßten sie noch rechtzeitig ankommen, wenn ich sie spätestens am Montagvormittag in den Briefkasten stecke. Für mich selbst habe ich auch noch einmal eine Maske bestellt. Auf der sind vier Hühner abgebildet, die eine Straße überqueren - entfernt dem Cover der Beatles-Schallplatte Abbey Road nachempfunden. 

Ich wollte eine Abbildung posten, aber irgendwie finde ich dieses Design bei Redbubble gar nicht mehr - aber kein Wunder, es sind irrsinnige Mengen der unterschiedlichsten Designs dort erhältlich, und ich erinnere mich nicht mehr genau an die Suchbegriffe. Also hier ein Scan: 


In zwanzig Jahren werden wir wohl alle gelegentlich beim Aufräumen unsere alten Masken finden und uns darüber amüsieren, ähnlich wie ich jetzt über die Schutzbrille grinse, die ich vor (über) zwanzig Jahren bei der Sonnenfinsternis aufhatte. Aber noch mehr amüsiert sich ganz bestimmt, wer keine langweilige einfarbige Maske herumliegen hat, sondern eine mit Hühnern. Ich freue mich schon darauf, sie das erste Mal anzuziehen.

Was mir heute zu denken gab:

Erinnert sich hier eigentlich noch wer an meinen Blogartikel über "die alte Umweltsau" und was mir dazu während der ersten Corona-Welle einfiel? Es gibt dazu etwas Neues: Der bekanntermaßen schon bei früheren Gelegenheiten eher mäßig komische Komiker Jan Böhmermann hat das ebenfalls eher unkomische Lied von der Umweltsau noch einmal umgetextet. Dabei ist leider keine Verbesserung herausgekommen, eher im Gegenteil. Bei ihm leugnet die Oma nun Corona, und zur Strafe liegt sie am Ende auf der Intensiv im Koma. Angeblich eine "überraschende Wendung", aber kennen wir die "Moral von der Geschicht", auf die so etwas zwangsläufig hinauslaufen muß, nicht schon seit "Max und Moritz" und dem "Struwwelpeter"?

Die Oma glaube nicht mehr an „Tagesthemen“ und ans „MoMa“, habe das Spiel durchschaut. Sie feiere Après-Ski in Ischgl, habe „keinen Bock auf Social Distance“, suche den Thrill. Und: „Meine Oma stürmt in Schwarz-Weiß-Rot den Reichstag, den Reichstag, den Reichstag. Damit da oben endlich einer mal Bescheid sagt“. Die Oma huste jetzt im Widerstand.

Dann kommt die Wendung - Jan Böhmermann selbst tritt auf und singt getragen: „Meine Oma liegt seit vorgestern im Koma, im Koma, im Koma. Mit ‚nem Plastikschlauch in ihrem Tracheostoma (Luftröhrenschnitt)„, bevor dann alle singen: „Pandemie vorbei und meine Oma auch.“

Na, Gott sei dank, nun ist sie endlich unter der Erde, die Oma, die Umwelt kann dann wohl endlich aufatmen, und die Corona-Viren kriegen einen solchen Schreck, daß sie alle auf der Stelle tot umfallen. Da freut sich Jan Böhmermann sichtlich und auch der von ihm angeheuerte Kinderchor. In Ischgl treibt sich aber eigentlich eher die Generation Böhmermann plus noch Jüngere herum. Ob spätestens diese Enkel-Generation, der man gerade solche lustigen Lieder nebst der dazugehörigen Sorte Humor beibringt, uns eines schönen Tages wieder, dabei feixend wie der Böhmermann, der Hexerei bezichtigen und auf Scheiterhaufen verbrennen wird? Viel haltloser als die Unterstellungen "Umweltsau" und "Coronaleugner" wäre das ja auch nicht.

Na gut, ich will mich da nicht weiter hineinsteigern. Das alles hat aber doch einen spürbaren unguten Unterton, und ich frage mich, was er zu bedeuten hat. Hoffentlich gar nichts, aber dazu fällt mir dann wieder ein, daß Viktor Klemperer von seinen Freunden ziemlich lange für einen Schwarzmaler gehalten worden ist. Es ist schon ein komisches Gefühl, auf einmal zu begreifen, wie wehrlos man regelmäßigen "komischen" Anfeindungen solcher unkomischen Clowns ausgeliefert wäre, wenn man erst einmal richtig alt ist, also: noch älter als ich, in der Lebensphase, in der man "seinen wohlverdienten Ruhestand genießt" und damit letzten Endes in unserer neoliberal unterfütterten Gesellschaft gar keine so richtige Rechtfertigung mehr für sein Weiterleben hat (geschweige denn eines würdigen Weiterlebens). 

Gibt es eigentlich die "Grauen Panther" noch? Damit ich mich, wenn ich erst einmal in das einschlägige Alter komme, ihrem "bewaffneten Arm" anschließen kann, falls das nötig werden sollte?