Donnerstag, 14. August 2025

Die schwerbehinderte Baumschubserin

Mein Gewicht heute früh zu Beginn des zweiten von zwei nicht zusammenhängenden Fastentagen diese Woche: 77,2 Kilogramm. Das ist absolut in Ordnung in der zweiten Urlaubswoche. Sollte ich am Ende der dritten immer noch unter 78 Kilo sein, wäre ich mehr als zufrieden, aber ich ahne schon, daß ich dann wieder einen Tick darüber liegen werde. 

Meine Gewichtsschwankungen - sowohl vom Morgen bis zum Abend wie auch über Nacht bis zum nächsten Morgen, unabhängig davon, ob ich gerade faste oder nicht - sind, rückblickend betrachtet, schon seit der Chemo viel schwerer vorherzusagen als davor. Das hat in den letzten Monaten sicherlich auch etwas damit zu tun, daß ich seit dem Frühjahr mit einer erhöhten Infektionsanfälligkeit zu tun habe, die mich, weil ich meinem Empfinden nach deutlich zu viele Tage mit Problemen und dafür viel zu wenig normale hatte, genügend beunruhigt hatte, um vor ca. einem Monat nach fast zwei Jahren mal wieder meinen Hausarzt aufzusuchen. Ein Blutbild ergab nichts Ungewöhnliches, nur das Vitamin D war zu niedrig - also nehme ich jetzt wieder Vitamin D. Tatsächlich wurde es danach zu meiner Überraschung praktisch auf der Stelle besser, aber das kann auch wetterbedingt gewesen sein, denn das war ja die Phase mit der großen Hitze. Als es kälter wurde, war es prompt sofort wieder schlechter, allerdings bilde ich mir ein: Es ist seitdem immer noch besser als vor dem Start mit dem Vitamin D, und das ist wohl ein guter Grund, um dabei zu bleiben. Da das Wetter jetzt wieder heiß ist, ist es mit dem Infektionsproblem auch jetzt wieder besser geworden, aber eben nicht so gut, wie es eigentlich sein sollte. Und ich weiß immer noch nicht so genau, ob ich dagegen etwas Sinnvolles tun kann oder nicht, und wenn ja, was das sein könnte. 

Immerhin, gestern hatte ich nach mehreren Jahren endlich mal wieder einen Termin beim Augenarzt vereinbart, und ich habe es im Wartezimmer auf dem Platz direkt neben der mobilien Klimaanlage keine zehn Minuten lang ausgehalten, sondern mußte mich wegsetzen, weil ich andernfalls heute bei der Hitze womöglich mit Rotznase, Husten und Schädelweh im Bett hätte verbringen müssen. Im Frühjahr wäre mir das vermutlich auch nach nur wenigen Minuten in der eiskalten Zugluft passiert, aber heute war zum Glück alles normal bei mir. Vielleicht war es einfach nur Glück. Aber vielleicht habe ich das tatsächlich dem Vitamin D zu verdanken. 

Die beiden Termine bei meinem Hausarzt ließen mich insgesamt ziemlich unzufrieden zurück. Irgendwie ist er ziemlich komisch geworden, seit ich Krebs hatte. Davor hatte ich bei jedem Termin immer das Gefühl, einen Draht zu ihm zu haben, er hörte zu, nahm sich Zeit und ging auf das ein, was ich sagte. Seit der Krebsdiagnose habe ich aber den Eindruck, daß er mir nur noch Standards zu sagen hat, die er allen sagt, die mit Krebs zu tun haben oder hatten. Das irritiert mich. 

Gut, ich sehe es ja ein: Um ein persönlicheres Verhältnis zu erwarten, müßte ich wohl auch öfter zu ihm gehen. Vielleicht war es aus diesem Grund ein Fehler, die ganzen Überweisungssachen nicht von ihm machen zu lassen und, wenn ich sowieso schon dort bin, auch noch das eine oder andere ärztliche Gespräch mit ihm zu führen. Aber das mit den Überweisungen lief ja alles über den gynäkologischen Onkologen, wo auch die wöchentlichen Blutabnahmen erfolgten. Und das fand ich eigentlich auch wirklich gut, weil es mir zusätzliche Wege und, ja, auch lange Wartezeiten erspart hat. Eine Krebsbehandlung ist ja im Grunde ein Fulltime-Job, und für mich war es ein zweiter Fulltime-Job, den ich neben meinem eigentlichen absolviert habe. Hätte ich das noch mit regelmäßigen Hausarztterminen kombiniert, wäre mir wohl kaum viel anderes übriggeblieben, als doch auf eine Krankschreibung zurückzugreifen, weil gerade diese Hausarzt-Termine mit so langen Wartezeiten verbunden sind und halt jedes Mal eine Extra-Anfahrt und -Rückfahrt bedeutet hätten, während ich durch die Organisation durch die Praxis meines Gynäkologen alles, was sonst noch nötig war, im gleichen Gebäude hatte bzw. in der Klinik auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Das hat mir eine Menge zusätzlichen Streß erspart. Streß zu vermeiden predigen einem in so einer Situation ja auch alle, aber parallel dazu wird das Krebs-Fließband eben nicht auf das Wohlbefinden des Patienten hin optimiert, sondern auf seine möglichst rationelle Abarbeitung durch den jeweiligen Spezialisten, der ihn gerade in die Finger bekommen soll. Da war es schon hilfreich, das Prozedere auch für mich so rationell wie möglich zu gestalten. Alleine schon die Wartezeiten bei den meisten Terminen ... mir waren sie ja eigentlich nur ein bißchen lästig, aber es soll ja auch Patienten geben, die unter der Chemo viel mehr als ich zu leiden haben, und für die ist das natürlich eine zusätzliche Tortur. 

Aber meine seltenen Termine bei ihm alleine können der Grund nicht sein, daß mein Hausarzt plötzlich nur noch in Textbausteinen mit mir spricht. Schon bei meinem allerersten Besuch, damals, als ich Gallenkoliken hatte, lief bei ihm alles sehr viel persönlicher ab als die letzten drei Male, daß ich bei ihm war. Entweder, er selbst hat sich in den letzten Jahre sehr verändert, oder es liegt daran, daß die Umstände ihn dazu gebracht haben, so merkwürdig floskelhaft und nichtssagend zu werden. 

Zum Beispiel wegen dieser hohen Infektanfälligkeit, wegen der ich bei ihm war. Als ich wissen wollte, was ich außer dem Vitamin D noch machen könne, sprach er von Spaziergängen und Sport. Das, was daran sinnvoll wäre (oder jedenfalls keinen Schaden anrichten könnte) - Bewegung, körperliche Anstrengung, frische Luft und Sonne - habe ich aber alles durch die Gartenarbeit sowieso, also sehe ich keinen Grund, warum ich das nach dem Prinzip "Viel hilft viel" noch zusätzlich machen sollte, und ehrlich gesagt, ich wüßte auch gar nicht, wann ich das in meinem Tagesablauf unterbringen sollte. Das gilt gerade jetzt im Urlaub, denn den habe ich ganz notwendigen Arbeiten im Garten gewidmet. Ich bin nämlich dabei, den vielen wild gewachsenen jungen Bäumen - vor allem Ahorne und Eschen - buchstäblich radikal zu Leibe zu rücken, ich grabe sie nämlich samt den Wurzeln aus. Unser Vorgänger hat nur die Triebe immer wieder gekappt, aber das ermutigt sie nur dazu, ständig neu auszutreiben. Wenn ich sie weghaben will, muß ich das Übel also an der Wurzel packen. Übrigens hat das für mich einen unbestreitbaren Spaßfaktor - ich habe einiges an destruktiver Energie. ;-) 

Als ich meine Gartenarbeiten erwähnte, hätte ich ja gerne noch kurz beschrieben, was ich da mache, und die Frage angehängt, ob es Gründe gibt, zusätzlich trotzdem Spaziergänge und Fitnesstudio zu empfehlen, aber er wechselte dann einfach das Thema. Vor meiner Krebsdiagnose hätte ich damit rechnen können, daß er sich nach unserem Häuschen und unserem Garten erkundigt, was ich damit vorhabe und was ich dort gerade so treibe. Aber jetzt schien es ihn einfach nicht zu interessieren, obwohl es ja durchaus relevant gewesen wäre und Anknüpfungspunkte für andere Vorschläge an mich geboten hätte. 

Der einzige Zusammenhang, in dem sein Interesse auf einmal doch wieder auflebte, war, als ich nach einem weiteren obligatorischen Rat - nämlich gefälligst nicht mehr zu rauchen - erwähnte, daß wir in unserem Garten Tabak anbauen. Eigentlich nehme ich es keinem Arzt übel, wenn er mit dieser Kiste mit dem Rauchenaufhören daherkommt, denn das müssen die einem ja sagen. Was mich so irritierte, war, daß er anscheinend ernsthaft angenommen hatte, ich hätte als Reaktion auf meine Krebsdiagnose umgehend mit dem Rauchen aufgehört, und deshalb gar nicht auf die Idee gekommen war, mich einfach zu fragen, ob ich dies denn getan hätte. So ergab es sich, daß er nebenbei davon sprach, ich hätte ja mit dem Rauchen aufgehört, und ich daraufhin anfing zu lachen und ihm sagte, nein, das hätte ich keineswegs. Und darauf sah er mich erst an, als wäre ich ein Kalb mit zwei Köpfen und gab seinem ehrlichen Entsetzen deutlichen Ausdruck - worauf ich wiederum mit meinen Tabakpflanzen konterte. Und auf einmal zeigte er dann wieder ebenso ehrliche Neugier und wollte alle möglichen Einzelheiten dazu wissen. 

Irgendwie ist er also schon seltsam geworden, mein Hausarzt. Und ich glaube wirklich, das hat etwas mit dem Krebs zu tun bzw. mit dem, was er selbst über Krebs denkt und glaubt, und über das, was seiner Meinung nach eine normale Reaktion ist, wenn man eine solche Diagnose bekommen hat. Da steckt womöglich die Annahme mit drin, daß jemand, der sich gesundheitlich auf diese oder jene Art riskant verhält, dies tut, weil er die Risiken nicht wahrhaben will. Ist das der Fall, wäre es natürlich naheliegender, nach der Diagnose sein Risikoverhalten zu ändern - auch wenn das Kind da bereits in den Brunnen gefallen ist. Und tatsächlich machen das ja auch viele, wobei das meistens eher qua Bauchgefühl passiert und dann nicht zwangsläufig an der richtigen Stellschraube gedreht wird. Aber mit dem Rauchenaufhören liegt man als Patient natürlich immer richtig, jedenfalls wenn es darum geht, verbale Streicheleinheiten von den Behandelnden zu bekommen. 

Nun ja. Einstweilen gehe ich davon aus, daß diese Infektanfälligkeit kein Grund ist, mir echte Sorgen zu machen, sondern eher ein Lästigkeitsfaktor. Mir fiel auf, daß ich immer dann, wenn ich eine Verstopfungsphase habe, auch mit diesem Mist fast immer rechnen muß. Auch wenn ich den Zusammenhang nicht so recht verstehe, falls da wirklich einer bestehen sollte, könnte das bedeuten, daß beides immer noch eine Spätfolge der Immuntherapie ist, und das wiederum läßt mich hoffen, daß es früher oder später wieder nachlassen und irgendwann ganz aufhören wird, ebenso wie die nächtlichen Schwellungen der operierten Brust, die ja auch nach anderthalb Jahren aufgehört hatten. Die Verdauungssache jedenfalls bringe ich schon mit den monoklonalen Antikörpern in Verbindung. Vor allem Pertuzumab hatte mir ja eindrucksvolle Verstopfungen (gefolgt immer von genauso eindrucksvollem Durchfall) verschafft - weitaus schlimmer, als das jetzt immer wieder auftritt, das ist auch eher lästig als schmerzhaft. Trastuzumab bekam ich aber noch bis Ende Januar 2024, also ist es schon möglich, daß das immer noch eine ungute Nachwirkung auf meine Verdauung hat. Und womöglich ja noch auf manches andere. Also versuche ich die Sache jetzt nach dem Motto "Abwarten und Vitamin D nehmen" erst mal auszusitzen. 

Ärgerlich finde ich es halt, daß ich immer, wenn eindeutige Diagnosen nicht möglich sind, so völlig auf mich selbst zurückgeworfen bin, weil sich die Medizinmänner und -frauen dann unweigerlich hinter irgendwelche Allerwelts-Sprechblasen zurückziehen. Damit hatte ich bei diesem Arzt, den ich ja bislang als Arzt meines Vertrauens betrachtet hatte, nicht gerechnet, aber jetzt muß ich es halt zur Kenntnis nehmen, daß es so ist. 

Warum ich vermute, daß das irgendwas mit meiner Krebsdiagnose zu tun hat, daß das Doktorle sich so seltsam verhält: Ganz am Ende meines Termins, fast schon zwischen Tür und Angel, sagte er etwas, das mich so überraschte, daß ich gar nicht wußte, wie ich darauf reagieren sollte: Er sagte nämlich, und zwar ganz nebenbei und auf eine Weise, als wäre das eine Selbstverständlichkeit, ich solle (oder sagte er sogar, ich "müsse"?) eine Schwerbehinderung geltend machen. Auf meine erstaunte Rückfrage meinte er, bei Krebs ging das eigentlich immer, auch nach dem langen Zeitraum seit dem Ende der Behandlung, und dann würde ich mit 63 abschlagsfrei Rente beantragen können. Ich gebe zu, dieses letzte Argument brachte mich dann genügend ins Schleudern, um mir die Sache ernsthaft durch den Kopf gehen zu lassen. Aber ich habe es verworfen, obwohl abschlagsfreie Rente mit 63 für mich schon reizvoll klingt. Ich käme mir nämlich wie ein Betrüger vor, denn in Wirklichkeit ist meine Arbeitsfähigkeit ja keineswegs beeinträchtigt. Im Moment verbringe ich meinen Urlaub buchstäblich damit, Bäume auszureißen! Mein Mann meinte schon, ich hätte meinen Beruf verfehlt und sollte auf Baumschubserin umschulen. Es wäre da doch lächerlich, sich da als Schwerbehinderte ausgeben zu wollen, und mir reicht es, daß ich selbst das Gefühl hätte, mich lächerlich zu machen, auch wenn ich vielleicht ja doch damit so einfach durchkommen könnte, wie das mein Hausarzt zu glauben schien. 

Daß ich eigentlich wirklich ganz gerne mit 63 in Rente gehen würde, hatte ich bei meinem Hausarzt gar nicht erwähnt. Wie kam der aber dann darauf, mir so etwas vorzuschlagen? Es wirkte auf mich sogar nicht einmal wie ein Vorschlag, sondern wie eine Anweisung, und er hat davor nicht einmal gefragt, ob ich mir das wünsche oder wenigstens vorstellen könne. Als ich erwähnte, daß ich fit sei, und in einem Nebensatz erwähnte, daß ich darüber ja froh sein könne, denn manchen meiner Mitpatientinnen gehe es wirklich auch ein bis zwei Jahre nach der Behandlung immer noch schlecht, verstieg er sich dann aber wieder in die Unterstellung, die würden sowieso alle übertreiben. Was zum Henker soll das jetzt wieder heißen? Ist jeder, der an Chemo- oder Bestrahlungsfolgen leidet, in seinen Augen ein Simulant?  

Es waren noch ein paar andere Bemerkungen, die mich ärgerten, vor allem solche, die meinen Mann betrafen, der ja auch bei ihm in Behandlung ist. Ich kenne sämtliche Arztbriefe aus der Klinik, deshalb ärgert es mich, daß er mir darüber - ebenfalls ganz beiläufig - regelrechte Schauermärchen erzählt hat, von denen ich weiß, daß sie dramatisierend überspitzte reine Spekulationen sind. Aber das paßte eigentlich noch eher in mein Bild, das ich vorher schon von ihm hatte. Ich weiß noch, als er mir eine Fettleber anhängen wollte. Es war nicht sein Verdienst, daß ich darüber nur gelacht habe. Angstmachen klappt nicht, wenn jemand weiß, daß der Augenschein trügt. Der Arzt sah natürlich eine Patientin, die ersichtlich über 100 Kilo wog, und da war eine Fettleber wohl in seinen Augen eine ziemlich sichere Wette. Wenn ich in den Spiegel sah, erblickte ich aber jemanden, der ersichtlich mehr als 40 Kilo abgenommen hatte, und ich wußte auch, daß ich noch mehr abnehmen würde. Es wäre eine abwegige Vorstellung gewesen, daß ausgerechnet in meiner Leber kein Fett abgebaut worden wäre. Ich sah auch keinen Anlaß, mich darüber mit jemandem herumzustreiten, der offenbar meine Abnahmegeschichte für unwahr oder jedenfalls übertrieben hielt. 

Zum Glück bin ich nicht so leicht zu beeindrucken. Vielleicht wäre es aber doch mal Zeit, den Hausarzt zu wechseln. Was nämlich außerdem für einen neuen Hausarzt spräche, ist, daß mich jeder Hausarztbesuch - Hin- und Rückweg, Arztgespräch und eine fast immer SEHR lange Wartezeit - gleich mal einen halben Tag kostet. Was dagegen spricht, ist, daß meine Irritation nicht so schlimm ist, daß ich sie bei einem Arztbesuch pro Jahr - oder auch alle zwei Jahre - nicht verkraften könnte. Ich mach das nicht gerne, den Arzt wechseln. Was bei einem neuen Arzt auf mich zukäme, weiß ich ja nicht. Früher oder später wird das aber sowieso auf mich zukommen. Irgendwie kommt er mir erschreckend gealtert vor.  Kann sein, daß es gar nicht mehr so lange dauert, bis er in den Ruhestand geht. Vielleicht wäre es ja doch besser, mich beizeiten um einen anderen Arzt zu kümmern?

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Neben dem Baumschubsen tut sich im Garten natürlich noch anderes.  

Ich habe inzwischen etliche Zucchini in geraspelter Form eingefroren - in den Low-Carb-Phasen brauchen wir ja recht viel davon, also lag es nahe, die derzeitigen Überschüsse so zu nutzen. Die Tomaten werden jetzt auch nach und nach reif, und die esse ich zwar nicht - von rohen Tomaten wird mir übel -, aber mein Mann ist von ihnen ganz hingerissen. Falls es ihm zu viel wird, werde ich wohl zum erste Mal ausprobieren, wie man Tomatensoße aus rohen Tomaten macht. Gurken haben wir immer mal wieder eine vereinzelte. Die Mirabellenzeit ist vorbei, und die Apfel- und Feigensaison steht noch bevor, aber dafür sind jetzt die Holunderbeeren reif, und ich habe schon zweimal welche gepflückt, in Rotwein gekocht und mit der flotten Lotte passiert. Schmeckt sehr gut mit Eis oder Joghurt und ein bißchen anderem Obst, etwa eine Beerenmischung, Sauerkirschen oder eine Portion von dem Apfelkompott aus der letztjährigen Ernte. 

Diesmal wird die Apfelernte im Vergleich zu der vom letzten Herbst leider ziemlich überschaubar, aber ich bin optimistisch, daß wir wenigstens ein paar Äpfel haben werden. Dafür sind die Quitten nicht nur zahlreich, sondern auch riesig, und der Feigenbaum ist übervoll mit Feigen, die aber noch ein bißchen größer werden sollten.  

Neuerdings haben wir auch ein kleines Sonnenblumenfeld, aber das haben wir nicht selbst entschieden, sondern die Meisen, die die Sonnenblumenkerne am Futterhäuschen verstreut haben, just zu der Zeit, als ich aus diesem Gartenteil gerade einige riesige, verflochtene Wurzelstrünke herausoperiert und anschließend alles gut umgegraben hatte. Eine weitere überraschende Errungenschaft sind einige Kartoffelpflanzen direkt neben der Terrasse. Ein, zwei Meter weiter stand anfangs unser Kompost, aber den hat mein Mann an eine andere Stelle versetzt, weil ich dagegen protestierte, eine Terrasse mit Blick auf den Kompost zu haben. Vermutlich waren ein paar alte Schrumpelkartoffeln enthalten und sind irgendwie beim Versetzen des Komposts liegengeblieben. Jetzt bin ich natürlich sehr gespannt, ob wir wirklich Kartoffeln ernten können werden. 

Das Rotschwanzpärchen, das auf der anderen Seite des Hauses sein Nest gehabt haben muß, hat seine Familienphase offenbar beendet, und seit etwa einer Woche bekommen wir täglich mindestens ein- bis zweimal einen jungen Rotschwanz als Terrassenbesucher, der nicht nur ein richtig hübscher Kerl ist, sondern auch gar keine Angst vor uns hat. Er setzt sich notfalls auch auf unseren Tisch, aber er bedient sich auch am Weichfutter in einem der Futterhäuschen. Nüsse sind für jemanden mit einem so zierlichen Schnäbelchen kaum das richtige, aber Haferflocken und Rosinen scheint er zu mögen. 

An der Stelle, wo vor unserem Einzug ein vertrocknender Riesenthuja stand, den wir fällen ließen, ist in den letzten Wochen schwarzer Nachtschatten gewachsen. Ich war anfangs unschlüssig, ob ich ihn wiederherausreißen soll, aber er hatte eine so schöne buschige Form, daß ich mich dazu nicht entschließen konnte. Inzwischen ist er riesig geworden, immer noch in schöner Form, aber für meinen Geschmack mittlerweile zu dominierend, und so hätte er beinahe doch noch dran glauben müssen, wenn nicht das Amselweibchen diesen Busch neuerdings als Lieblingsplatz gewählt hätte. Sie frißt auch die schwarzen Beeren, die an den tieferen Zweigen schon reif geworden sind, während der Busch oben herum immer noch fleißig neue Blüten produziert. An heißen Tagen verbringt die Amselin oft den gesamten frühen Nachmittag unter diesem Busch. Also muß der Busch nun natürlich bleiben. Ich habe zusätzlich zu den beiden anderen Vogeltränken an anderen Stellen im Garten eigens für sie daneben noch eine dritte aufgestellt, aber bislang habe ich nie gesehen, daß sie sie - oder eine der beiden anderen - genutzt hätte.




Freitag, 1. August 2025

Das Skandalisieren der Aktivitäten der Tabakindustrie: ein alter, abgelatschter Holzweg

Mein Gewicht heute früh nach dem vierten von vier Fastentagen diese Woche: 72,3 Kilogramm. Damit kann ich trotz allem zufrieden sein, zumal ich mir meinen Gewichtsverlauf der letzten zwölf Monate gerade angeschaut und dabei festgestellt habe, daß ich mich - anders als mir das meine Erinnerung vorgaukelte -, sehr wohl auf einem etwas niedrigeren Gewichtsstand befinde, als ich das glaubte:

 

So sah der Gewichtsverlauf der 12 Monate davor, also vom 1.8.23 bis zum 1.8.24 aus: 

 

Die steile Abwärtsbewegung direkt jenseits der Mitte war der Endspurt im früheren Frühjahr 2024, der mich ja leider nicht zum angestrebten Endpunkt geführt hatte. 2025 habe ich so etwas nicht gemacht. Ich hatte auch mehr Fastentage, die - theoretisch - dazu führen sollten, daß mein Gewicht im Vergleich zum 1. März nach meiner letzten Low-Carb-Phase in etwa gleich bleibt oder idealerweise ein wenig sinkt. Nach Low Carb geht das Gewicht wasserbedingt ja immer 1-2 Kilo nach oben, dazu wollte ich eigentlich eine sichtbare Gegenbewegung im Anschluß an Low Carb. Das hat leider nicht so ganz geklappt. Trotzdem stehe ich  im Moment ein bißchen besser da als vor einem Jahr, also will ich mal nicht meckern. 

Jetzt kommt jedenfalls der Urlaub, diesmal nicht für zwei, sondern für drei Wochen, und in der Woche, wenn ich wieder arbeite, faste ich wieder viertägig. Hoffentlich anders als letztes Jahr ausgehend von einem Gewicht unter 80. 

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Erinnert sich noch jemand an meine Thesen zum "Sprintkrebs" und zum "Schleichkrebs"? Eine neue Studie deutet darauf hin, daß Infektionen bei der Krebsentstehung tatsächlich eine Rolle spielen könnten, wie ich das für den "Sprintkrebs" als wichtigen Auslöser vermutete, während ich bei "Schleichkrebsen" eher Lebensstilfaktoren als entscheidende Auslöser annahm. Eine Rolle von Infektionen jedenfalls bei der Metastasierung ergab sich aus besagter Studie nämlich. Für Ungeduldige und Fach-Englisch-Hasser hier außerdem einen deutschsprachigen Medienbericht darüber, verbunden mit meinem peinlich berührten Eingeständnis, daß mir Zeit gefehlt hat, mich wie gewohnt genauer mit der Quelle zu befassen. Sorry, ich bin im Vor-Urlaubs-Endspurt! ;-)

Infektionen mit Corona, aber auch Grippe, sollen, so der deutsche Bericht "... innerhalb kürzester Zeit schlummernde Brustkrebszellen wecken und zu Metastasen in der Lunge führen". Das ergibt, wenn man sich Seyfrieds Krebsentstehungstheorie dazudenkt, sehr viel Sinn: Die Mitochondrien vorgeschädigter, aber noch nicht in Krebszellen mutierter Zellen könnten durch solche Infektionen schnell über den "Point of no Return" hinausgelangen, ab dem der Krebs zu schleichen oder zu sprinten beginnt. Es könnte bedeuten, daß Infektionen mehr Mitochondrien schneller und stärker schädigen als Lebensstilfaktoren, bei denen die Zellen nur langsam in die Knie gehen, weshalb sich auch der Krebs langsamer entwickelt.  

Falls das zuträfe (tatsächlich betrafen die Ergebnisse nämlich keine menschlichen Patienten, sondern Mäuse), dann wäre es ungeheuer interessant zu wissen, wie sich das auf vorherige Sprintkrebse und Schleichkrebse verteilt. Meine Annahme war ja, daß die Sprintkrebse dank Trastuzumab und Konsorten auch deshalb so gut geheilt werden können, weil diese Therapien häufiger unter den Krebszellen keine Überlebenden zurücklassen. Somit gäbe es dann aber auch keine "schlummernden Brustkrebszellen" - es sei denn, es wären welche seit der Therapie ganz neu entstanden. Einen Fingerzeig, ob ich damit richtig liege, würde es geben, wenn man wüßte, welche Arten von schlummernden Zombie-Zellen von den Infektionen geweckt wurden, also ob das ursprünglich schnell oder langsam wachsende gewesen sind. Auf Anhieb fand ich dazu in der Studie nichts, aber das will diesmal nichts heißen, ich habe SEHR flüchtig überflogen und hatte gerade gar keinen Kopf für wissenschaftliches Englisch. 

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Ich las jüngst einen Artikel bei Übermedien, der mir schwer zu denken gab, aber vermutlich anders, als der Herr Niggemeier, der Autor, sich das vorgestellt hat. Denn dieser Artikel soll mir hiermit als ein Beispiel für eine unter vielen verbreiteten Unsitte dienen. Obwohl ich überzeugt davon bin, daß Niggemeier nach seinen eigenen Begriffen journalistisch alles richtig gemacht zu haben glaubt, führt dieser Bericht seine Leser auf Holzwege, noch dazu solche, die schon seit Jahrzehnten ziemlich abgelatscht sind. Mit welchem Eifer wir trotzdem ständig wieder auf sie geführt werden, ist mehr ärgerlich als nur erstaunlich. 

Seit Jahrzehnten scheint niemand es zu bemerken, daß in solchen Berichten ein Popanz aufgebaut wird, den die Medien schon seit ein paar Jahrzehnten genauso heiß lieben wie früher die Kindermädchen anstrengender Gören den schwarzen Mann: die böse Tabakindustrie und ihre finsteren Machenschaften. Hier: speziell der Tabakkonzern Philip Morris. Mich stört an der Verteufelung der Tabakindustrie etwas Grundsätzliches, das ich in anderen Zusammenhängen auch schon erwähnt habe, etwa bei Coca-Cola oder diversen Nahrungsmittelkonzernen. Es ist nämlich irreführend, so zu tun, als täten diese Konzerne mit dem, was hier skandalisiert werden soll, etwas anderes als jeder x-beliebige andere Konzern auch. Und das wirft die Frage auf, warum es speziell und ausschließlich bei der Tabakindustrie (oder das jeweilige andere Feindbild, das aufs Korn genommen wird) nicht normal, sondern ein Beweis für ihre grundsätzliche moralische Verkommenheit sein soll. 

Worüber Niggemeier sich so ereifert, das sind die PR-Bemühungen um die E-Zigaretten und die Tabakerhitzer. In den ersteren Markt ist Philip Morris eingestiegen, als die Absatzzahlen der zu Anfang eher belächelten E-Zigaretten eine kritische Masse überschritten. Die Heets waren eine Eigenentwicklung des Konzerns. Beides zusammen schien Philip Morris nun ausreichend, um sich öffentlich von ihren "alten" Kunden, den Käufern normaler Zigaretten zu distanzieren. Man strebt bei dem Konzern nunmehr nach eigenem Bekunden das Ende des Rauchens an. Die bisherigen Raucher sollen stattdessen auf diese beiden in den letzten zwei Jahrzehnten neu entwickelten Ersatzprodukte umsteigen. Nach Unternehmenslogik ist beides nachvollziehbar, schließlich ist der Selbsterhalt eines Unternehmens dessen primäres Ziel. Wenn man befürchten muß, das Hauptprodukt werde eines Tages unverkäuflich, zum Beispiel, weil es verboten wird, dann wird jedes Unternehmen der Welt mit jeder Produktpalette der Welt sich nach anderen Produkten umsehen, die man herstellen kann. Daß man dann nicht von Zigaretten auf Babywindeln umsteigt, liegt auch nahe. Lieber bleibt man möglichst nahe bei dem, wofür man bereits bekannt ist. Dafür werden die von Niggemeier beschriebenen und für unerträglich gehaltenen PR-Kampagnen gestartet, wie sie jedes andere Unternehmen für Produkte, die neu eingeführt werden oder deren Absatz mehr Schwung bekommen soll, auch machen würde. 

Aus welchem Grund ich das für einen Skandal halten soll, erschließt sich mir aber nicht. Beide Ersatzprodukte - die übrigens beide ausdrücklich NICHT meinem Geschmack entsprechen - stellen erheblich risikoärmere Varianten zum eigentlichen Rauchen dar. 90 Prozent des Gesundheitsrisikos beim Rauchen entstehen nämlich durch das regelmäßige Inhalieren von Verbrennungsrauch - und, Überraschung, das müßte noch nicht einmal Tabakrauch sein, das Inhalieren von Rauch aus dem Verbrennen anderer getrockneter Pflanzen hätte genau denselben Effekt. Das bedeutet, Viktor Klemperer, der in der Nazizeit nach Kriegsausbruch, als ihm als Juden Tabakkarten verweigert wurden, auf das Rauchen von Brombeerblättertee umstieg, sich vom Gesundheitsrisiko her damit keineswegs verbessert hatte. (Er ist übrigens trotzdem fast achtzig Jahre alt geworden.) 

Bei beiden neuen Varianten findet ein Verbrennungsprozeß aber nicht statt. Warum man sich dann aber darüber echauffieren müssen sollte, daß beide immerhin Nikotin enthalten, erschließt sich mir nicht. Nikotin steht im Ruf, süchtig zu machen. Aber bei aller Anstrengung ist es auch den schärfsten Feinden des Tabaks nie gelungen, speziell diesem Bestandteil des Tabakrauchs eine krankmachende Wirkung nachzuweisen - obwohl sie das natürlich so wahnsinnig gerne täten, daß sie das gerne mit unheilsschwangeren reinen Spekulationen um eine eventuell ja doch existierende solche Wirkung zu kaschieren versuchen. In dem Fall müßte man freilich auch Nikotinpflaster verbieten, gell, Herr Niggemeier. Wenn aber das Risiko, speziell durch das Nikotin krank zu werden, so niedrig liegt, warum sollte es dann eine Rolle spielen, ob ein auf Ersatzprodukte umgestiegener Ex-Raucher davon süchtig wird oder nicht? 

Das Kernproblem scheint mir zu sein, daß beim Thema Rauchen bei Journalisten regelmäßig der Verstand aussetzt, womöglich sogar aktiv ausgeschaltet wird, weil es so verdammt riskant ist, auf einmal womöglich als Verteidiger der Tabakindustrie wahrgenommen zu werden - und das passiert regelmäßig, wann immer man die Tabakindustrie nicht in der schärfstmöglichen Weise in Grund und Boden verdammt. So etwas kann einem den guten Ruf für immer zerstören, und welcher Journalist ist mutig genug, dieses Risiko einzugehen? Aber Mut verlange ich ja gar nicht. Nur: Könnte man dann nicht wenigstens den Mund halten, anstatt einem das Nachbeten der üblichen langweiligen Phrasen, aus denen alle Berichte über die finstern Machenschaften der Tabakindustrie zu 90 Prozent bestehen, als mutigen investigativen Journalismus verkaufen zu wollen? 

Die Tabakindustrie, die seinerzeit mächtig genug war, politischen Einfluß zu nehmen, steht in Wirklichkeit doch schon seit dem Ende der Neunziger mit dem Rücken zur Wand. Niemand braucht sich heute noch den Kopf darüber zu zerbrechen, ob hinter den Kulissen die böse Tabakindustrie insgeheim die Politik steuert, wenn doch offen sichtbar ist, welche Superreichen aus welcher Interessenlage heraus sich in aller Offenheit des Staats zu bemächtigen versuchen. Welche Strippen auch immer Big Tobacco vielleicht dennoch immer noch ziehen kann, verglichen mit dem, was andere Konzerne und ihre Lenker an Einfluß haben und zum Schaden der Bürger nutzen, ist das doch eine Lappalie. Und bei aller Liebe, wenn die Tabakindustrie wirklich so viel Einfluß hätte, dann wäre Rauchen nicht nahezu überall verboten und Tabak nicht mit so absurd hohen Steuern belegt, daß mit illegaler Ware nicht nur kriminelle Banden, sondern jede Terrorgruppe inzwischen ziemlich mühelos reich werden kann. Mich würde das wirklich mal interessieren, wie viel Schaden DAS anrichtet - und das wäre mal ein wirklich interessantes Thema für einen investigativen Journalisten. Falls es heute doch noch welche gibt, die sich trauen, ihren Ruf zu riskieren. 

Beim besten Willen kann ich in Bemühungen eines Tabakkonzerns, unschädlichere Produkte für ihre derzeitigen Zigarettenkäufer zu entwickeln, bekannt zu machen und zu verkaufen, außerdem nichts Verwerfliches erkennen. Daß sie das natürlich nicht aus irgendwie edlen Motiven heraus tun, sondern um weiter Geld verdienen zu können, wird für andere Produkte anderer Konzerne als völlig normal akzeptiert. Niemand hat es beispielsweise so inquisitorisch hinterfragt, als Müllers Mühle als jahrzehntelanger Hersteller von Wurst zusätzlich noch auf den Vegan-Zug aufgesprungen ist. 

Nur, das ändert nichts daran, daß E-Zigaretten meinen persönlichen Geschmack nun einmal nicht treffen. Egal, wieviel Nikotin darin enthalten ist, ihnen fehlt etwas Essentielles, nämlich die mit dem Rauchen einer Zigarette verbundenen Rituale. Eines davon zum Beispiel die sprichwörtliche Zigarettenlänge als Zeiteinheit für eine Pause. Sollte ich also süchtig sein, dann nicht nach dem Nikotin, das mir die E-Zigarette ja genausogut bieten könnte, die ich aber nicht sonderlich befriedigend finde. Mir hat an den E-Zigaretten, als sie den Durchbruch schafften, deshalb vor allem eines Sorgen gemacht: Daß unsere Obermedizinmänner das begeistert aufgreifen und damit das Rauchen umso schneller verbieten könnten. Dann wären wir Raucher dagesessen mit diesem unbefriedigenden Ersatzprodukt. Ich bin also heilfroh, daß die Raucherbekämpfer nach dem Ende der Schockstarre entschieden haben, die Ersatzprodukte auch zu bekämpfen, obwohl ich es für absurd halte. 

Man sieht diese Ersatzprodukte häufiger, als es die Verkaufszahlen eigentlich nahelegen würden, aber das mag ein rein subjektiver Eindruck von mir sein. Die Nutzer solcher Produkte entsprechen in meinen Augen den Käufern fettarmer oder veganer Fake-Wurst-Ersatzprodukte, die geschmacklich an das Original zwar nicht heranreichen, aber als "noch gut genug" empfunden werden, um sie trotzdem zu kaufen, wegen der vermuteten Belohnung, damit die gesündere Variante zu konsumieren. Da die Gesundheitsschützer die Gelegenheit verstreichen lassen haben, sie uns aufzuzwingen, bin ich mir sehr sicher, daß sie sich bei einer Mehrheit der Raucher nicht durchsetzen werden. Dafür sind sie einfach nicht gut genug. 

Daß Philip Morris das Rauchen gerne durch die von ihm angebotenen weniger gesundheitsgefährdenden Ersatzlösungen ersetzen möchte, ergibt aber ungeachtet meiner persönlichen Abneigung für diese Produkte viel Sinn angesichts der nun schon Jahrzehnte andauernden Tabakbekämpfung. Nach unternehmerischer Logik ist der Selbsterhalt des Unternehmen das Ziel Nr. 1. Wenn man sich nicht mehr sicher sein kann, seine ja weiterhin mehr als genug nachgefragten Produkte mittelfristig noch verkaufen zu können, weil sie verboten werden, dann sucht sich jedes Unternehmen selbstverständlich weitere Standbeine, einfach, weil kein Unternehmen der Welt scharf darauf ist, den Laden ganz dichtmachen zu müssen. Ich finde es hochgradig irritierend, daß implizit - denn niemand spricht das so klar aus, es ist aber die logische Konsequenz, wenn man die Vorwürfe gegen die Tabakindustrie nachliest, daß diese Forderung sich zwangsläufig daraus ergeben müßte - ausgerechnet die Tabakindustrie ihre guten Absichten nur beweisen könnte, indem sie das tut, was kein Unternehmen macht, das dies verhindern kann: Das Ende ihrer Geschäftstätigkeit zu verkünden und sich zur Ruhe zu setzen. Das nämlich entspricht der Logik der sogenannten Hexenprobe: Wird eine Hexe gefesselt ins Wasser geworfen, dann gilt sie als unschuldig, wenn sie untergeht und dabei ertrinkt. Treibt sie an der Wasseroberfläche und ertrinkt nicht, ist sie schuldig und kommt auf den Scheiterhaufen. 

Man muß die Tabakkonzerne nicht mögen (ich mag sie nämlich keineswegs), um es für bedenklich zu halten, mit welcher Selbstverständlichkeit für sie aus Sicht ihrer Bekämpfer ein anderes Recht gelten soll als für Unternehmen mit anderen Produkten. Ich fand es auch schockierend, als in Australien das Verfassungsgericht speziell für sie kurzerhand das Markenrecht für nicht zwingend anzuwenden erklärte, damit die dortige Regierung ihre "Plain Packaging"-Pläne umsetzen sollte. Wo sollen wir eigentlich hinkommen, nachdem es diesen Präzedenzfall einmal gibt? Ich habe nie nachgelesen, wie das in Australien begründet wurde. Aber fest steht: Alles, was beim Tabak einmal funktioniert hat, wird man künftig auch bei anderen aus welchen Gründen auch immer unerwünschten und wirklich oder auch nur vermeintlich schädlichen Produkten wieder machen wollen und sich dabei auf das erfolgreiche Beispiel Tabak berufen können. Besichtigen kann man das in den Debatten um Zucker, Fett oder Alkohol. Immer wieder werden dafür Schockbilder der Art verlangt, wie sie auf Zigarettenpackungen seit etlichen Jahren zu sehen sind. Und irgendwann werden die einschlägigen Aktivisten damit Erfolg haben. Es sei denn, wir bekommen so viel dringendere andere Sorgen, daß all dieser Aktivismus um bloßes "So tun, als ob" sein natürliches Ende finden wird. Das wiederum kann man sich vernünftigerweise aber erst recht nicht wünschen.  

So weit sind wir noch lange nicht, daß wir Big Tobacco unter Minderheitenschutz stellen müßten, aber mich stoßen diese Sensationsberichte ziemlich ab. Beim besten Willen kann ich mir nicht vorstellen, was einen Journalisten an Recherchen über einen Marktakteur aus beruflicher Sicht interessieren könnten, dem sowieso jeder nur das Schlimmstmögliche zutraut. Wer Tabakkonzernen Strategien zum Vorwurf macht, gegen die er bei anderen Arten von Konzernen keine Einwände hätte, der mißt außerdem, wie erwähnt, mit zweierlei Maß. Tut ein Journalist das, dann entweder, weil er durch jahrzehntelange Einübung darauf konditioniert ist, Dinge die ein Tabakkonzern tut, anders zu bewerten als bei anderen Unternehmen. Oder er tut es deshalb, weil es sich um journalistische "low hanging fruits" handelt. Denn auf die Tabakindustrie einzudreschen, dabei kann man ja völlig sicher sein, von jeder Seite Beifall zu bekommen, meines Wissens haben dagegen nicht einmal AfD-Fans irgendwelche Einwände. Und das ist, finde ich, speziell für einen Journalisten, dem ich für seinen investigativen Eifer Anerkennung zollen soll, ein ziemlicher Offenbarungseid, denn es ist in Wirklichkeit doch ganz schön billig, da absolut risikolos. Mutig wäre es hingegen, den Tabakkontrolleuren ausnahmsweise mal zu widersprechen, wenn sie Dinge verlangen und sie in hinterfragbarer Weise begründen, denn das kann den, der das tut, tatsächlich teuer zu stehen kommen ... und vermutlich macht das genau deshalb nie jemand. 

Ein Beispiel für viele mögliche: Wenn Tabakbekämpfer eine Erhöhung der Tabaksteuer mit der Begründung fordern, nach dieser oder jener Studie würden dann zehn Prozent der armen Raucher mit dem Rauchen aufhören, dann fände ich es eine naheliegende Gegenfrage, welchen zusätzlichen gseundheitlichen Schaden eigentlich die anderen neunzig Prozent erleiden, nachdem man sie vor der Wahl gestellt hat, entweder zu rauchen oder zu essen, und sie sich für das Rauchen entschieden haben. 

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Die Tabakpflanzen in unserem Garten gedeihen übrigens prächtig. Wer braucht schon die Tabakindustrie? ;-) 



Mittwoch, 30. Juli 2025

Urlaubslust und Reiseunlust

Mein Gewicht heute früh zu Beginn von Tag 2  meines letzten viertägigen Fastenintervalls vor dem Urlaub: 74,2 Kilogramm. Die kommenden drei Wochen beschränke ich mich auf jeweils zwei Fastentage Weniger Fastentage traue ich mich nicht, weil es mir sehr unrecht wäre, sollte ich vor Beginn der nächsten Low-Carb-Phase doch wieder die 80 überschreiten, und ich hoffe, das passiert auf diese Weise nicht. Was mich freilich ein bißchen beunruhigt, ist, daß meine alljährliche Herbstzunahme letztes Jahr schon im September stattfand, und in dem Fall wäre ich auch dieses Jahr gegen die 80 möglicherweise mehr oder weniger machtlos. 

Der Stoffwechsel ist schon ein heimtückischer Geselle mit einem eher befremdlichen Sinn für Humor. Aber an mir wird er sich noch die Zähne ausbeißen. Denn sollte mir dieser Mist doch passieren, dann wenigstens zum endgültig letzten Mal. Zweimal sechs Wochen Low Carb wird eine stärkere Wirkung haben als einmal drei und einmal sechs Wochen. Aber natürlich peile ich es weiterhin an, meine nächste Low-Carb-Phase mit einem niedrigeren Gewicht zu beginnen als die vom letzten Jahr, und da lag ich bei exakt 79,9 (die 80 hatte ich davor nur punktuell überschritten).  

Vorgestern hatte ich meinen letzten Kontrolltermin in der Strahlenmedizin. Ein weiteres Stück Normalität wiedergewonnen, und am 10.10. wird die Entfernung des Ports ebenfalls einer sein. Eigentlich wollte ich ja noch einmal zum Kardiologen, aber ich habe entschieden, mir das zu schenken, weil ich einfach keine Lust auf diese Ärztin habe, die mir vor einem Jahr unbedingt Statine verschreiben wollte, obwohl sie meinen Cholesterinwert nicht einmal kannte. Diesen Teil der Normalität schaffe ich mir jetzt halt selbst, denn sie sagte ja selbst, eigentlich seien wir jetzt fertig, aber sie wolle mich in einem Jahr noch einmal sehen. Nur, ich lege keinen Wert darauf, sie zu sehen, und außerdem habe ich echt wichtigeres zu tun. 

Die letzte Woche und die erste Hälfte der aktuellen war echt mörderisch, ein Termin jagte den nächsten, und meine Kunden nahmen mich auch überdurchschnittlich in Anspruch. Aber jetzt ist die Therme aus der Küche unters Dach wegversetzt, der IT-Wechsel meiner blöden Bank überlebt und im dritten Anlauf funktioniert jetzt auch das Onlinebanking wieder und meine Steuerunterlagen befinden sich bei meiner neuen Steuerberaterin, von der ich einen ausgezeichneten Eindruck habe. Auch der vorletzte Wohnungsverkauf ist vollzogen, das Geld ist geflossen und bereits wieder ausgegeben. 

Damit ist unsere Zwischenfinanzierung also Geschichte. Unter dem Strich hat sie uns während des gesamten Finanzierungszeitraums von zehn Monaten nur zwischen 6000 und 7000 Euro Zinsen gekostet. Bei meinem Mieter habe ich noch einen Abschiedsbesuch gemacht, zusammen mit seinem neuen Vermieter, den ich außerdem davon überzeugt habe, daß er sich auf einem Zusatz zum Mietvertrag beschränkt, in dem lediglich er als neuer Vermieter und seine Kontaktdaten und Bankverbindung ergänzt sind. Ich glaube nämlich, mein Mieter hätte sich gegen einen komplett neuen Mietvertrag nicht zur Wehr gesetzt, deshalb wollte ich da vorbauen. Obwohl sein neuer Vermieter ein netter Kerl zu sein scheint, der jedenfalls keiner dieser Miethaie ist. Aber sicher ist sicher. 

Zum Abschied habe ich ihm zwei Zucchini aus meinem eigenen Garten und ein Schälchen Mirabellen aus dem Garten einer Nachbarin mitgebracht, weil ich weiß, daß er so etwas tatsächlich zu schätzen weiß. Zucchini um diese Jahreszeit verschenken ist ja oft auch ein Akt der Verzweiflung, und unsere Zucchinipflanzen sind ungeheuer fleißig. Wir haben nun schon wieder zwei im Kühlschrank. Das ist schon kurios, daß Gartenbesitzer manchmal geradezu zum Mittel der Nötigung greifen müssen, um Abnehmer für einen schnell verderblichen Segen zu finden, der in allen Nachbargärten auch zu finden ist, während in Wohngegenden ohne Nutzgärten die Leute irrsinnige Preise für Erdbeeren, Kirschen oder, ja, auch Mirabellen, zahlen müssen und die Ärmeren unter ihnen sich so etwas gar nicht leisten können. 

Aber jetzt bin ich wirklich SEHR urlaubsreif. Und ich freue mich darauf, mich drei Wochen lang nur mit Haus und Garten zu befassen und zwischendurch zusammen mit meinem Mann mit dem Fahrrad die Umgebung zu erkunden. Darauf freue ich mich sehr, und ich hätte gar kein Bedürfnis danach, stattdessen irgendwo anders nach Erholung zu suchen. 

Das bringt mich gleich zu einer Frage, die mich schon seit einigen Tagen beschäftigt. Zu den unterschätzten Gesundheitsgefahren gehören nämlich auch Urlaubsreisen.Wieviele Menschen wohl jedes Jahr sterben, weil sie eine solche Reise für unverzichtbar gehalten haben? Neben dem Risiko während der An- und Rückreise, egal ob im Auto, der Bahn oder im Flugzeug, sind Urlaubsaktivitäten ebenfalls riskant. Dazu kommt einem sicherlich spontan das Meer in den Sinn, das ja mit Leichtsinnigen kurzen Prozeß machen kann. Aber auch die Berge sind nicht ohne. Alleine in den italienischen Alpen sind innerhalb eines einzigen Monats laut diesem Bericht mindestens 83 Menschen ums Leben gekommen. "Die meisten Betroffenen seien Wanderer gewesen, gefolgt von Bergsteigern, Bikern, Fallschirmspringern sowie Menschen, die sich trotz gesundheitlicher Probleme in die Höhe wagten", steht in dem Bericht - wobei die letztere Gruppe natürlich in allen vorher aufgezählten mit enthalten sein muß, weshalb der Satz keinen richtigen Sinn ergibt. 

Heute kam die unglaublich traurige Nachricht, daß die ehemalige Top-Biathletin Laura Dahlmeier im Karakorum-Gebirge in Pakistan bei einer anspruchsvollen Bergbesteigung durch einen Steinschlag ums Leben gekommen ist, deshalb habe ich sogar überlegt, lieber nichts über meine Urlaubstheorien zu schreiben, gerade weil dieser tragische Todesfall das ja bestätigt. Ich schwöre übrigens, daß ich den Entwurf schon geschrieben hatte, bevor das Unglück zum Medienthema wurde. Aber ich möchte natürlich auf keinen Fall, daß jemand hier ein "Selber schuld" herauszulesen glaubt. Dahlmeier war nicht nur eine Weltklassebiathletin, sondern auch eine leidenschaftliche und sehr erfahrene Bergsteigerin. Wenn man irgendetwas Tröstliches in diesem Verlust für sie selbst und alle, die ihr nahestanden, suchen sollte, dann wäre es die Erkenntnis, daß sie tat, was sie tun wollte und woran sie Spaß hatte, als sie so plötzlich und viel zu früh mit 31 Jahren aus dem Leben gerissen wurde. 

Realistisch betrachtet, bedeutet nämlich jede nach eigenem Gusto ohne echtes Erfordernis gewählte Betätigung ein sogenanntes "vermeidbares Gesundheitsrisiko", ob nun kleiner oder größer, weil alles, was man tut, ein Risiko enthält und Betätigungen, zu denen einen nichts zwingt, natürlich vermieden werden könnten. Die Risikominimierer könnten in noch mehr Bereichen in Versuchung kommen, dieses oder jenes unter solchen Betätigungen kurzerhand zu verbieten, wenn diejenigen, die so etwas gerne tun, den Sinn und Nutzen ihres Tuns niemandem so recht erklären können, weil es dabei primär um ihr eigenes Wohlgefühl geht. Relativ nahe lägen da Extremsportarten, Bergsteigen oder auch Motorradfahren, das ja um einiges gefährlicher als Autofahren ist. Nur, damit würde wir auf direktem Weg in die Richtung einer m. E. wenig erstrebenswerten Gesellschaft steuern, in der alles für verboten erklärt wird, was nicht ausdrücklich als Pflicht gilt. Diese Pflichten sind auch mit Risiken verbunden, aber außerdem nicht selten auch mit einer mehr oder weniger ausgeprägten Unlust. In solchen Fällen will das aber niemand verbieten, und man wird bestraft, wenn man sich ihnen entzieht, sogar dann, wenn man dadurch seine Gesundheit besser schützen will. 

Ich wage mir nicht vorzustellen, was in diesem Land los wäre, wenn die Gesundheitspolitik dahinter käme, daß man den Leuten Urlaub verbieten oder via Nudging davon abhalten könnte, um ihr Risiko eines vorzeitigen Todes weiter zu senken. Die Leute von dem abhalten, was sie gerne tun möchten, weil es ihnen Spaß macht bzw. einen Genuß verschafft, das traut man sich bislang aber nur, wenn man dem betreffenden Verhalten über einen längeren Zeitraum hinweg einen schlechten Ruf verschafft hat, vom Rauchen über den Alkohol bis zum Genuß beim Essen. Aber für Urlaubsreisen kann das natürlich auch noch kommen. Der Massentourismus und seine Auswirkungen auf deren Zielorte werden dort ja immer unwilliger vermerkt, was ich im Grunde auch gut verstehen kann. Mir haben ja schon vergleichsweise kurze Massenveranstaltungen in meiner Stadt, einmal beispielsweise ein Kirchentag, schon völlig gereicht, um das nachempfinden zu können, wie sich monatelanger Ausnahmezustand etwa für die normalen Bewohner von Mallorca anfühlt. Ach ja, und hat da irgendwo jemand hinter den Kulissen gerade "Klimakatastrophe!" gesagt? 

Es scheint mir nicht unmöglich, ähnlich wie beim Fleischgenuß, Urlaub nach und nach zu etwas zu machen, für das die Leute, die es machen, anfangen, sich zu schämen oder in den Aggro-Modus geraten, wenn andere ihnen vermitteln, eigentlich müßten sie das. Im Prinzip ist das immer als Vorbereitungsmaßnahme für ein Verbot zu betrachten - so funktioniert das ja immer: Erst eine Sache gesellschaftlich ächten, dann ganz oder scheibchenweise verbieten. Klappt nicht immer und meistens nur in über lange Zeiträume verteilte Scheibchen, und gemessen daran kann es die davon Betroffenen überdurchschnittlich lange immer wieder aufs Neue erzürnen. Und am Ende wundern sich dann wieder alle, warum soviele Leute sich davon überzeugen lassen, daß der demokratische Rechtsstaat ihnen so viel aufbürdet, daß man es vielleicht ja doch mal mit was anderem versuchen müßte ...

Ausnahmsweise wäre ich davon aber mal nicht betroffen. Das ist eine so seltene Ausnahme bei mir, daß ich fast in Versuchung wäre, mir ein heraufziehendes Urlaubsverbot (mindestens für Fernreisen) zu wünschen, um das endlich auch mal als unbeteiligte Außenstehende zu erleben, wenn ich mir nicht so sicher wäre, daß ich am Ende von den gesellschaftlichen Folgen trotzdem in unangenehmer Weise mitbetroffen wäre. 

Das Konzept des Tourismus hat mir für mich persönlich schon lange keinen richtigen Sinn mehr ergeben. Ich bin mit meinem Kind seinerzeit in Urlaub gefahren - und habe mir dafür aus Geldmangel einiges einfallen lassen müssen, um das einmal im Jahr machen zu können -, weil ich nicht wollte, daß zu Schuljahresbeginn alle Kinder von ihrem Sommerurlaub erzählen und meines nicht. Mit dem bulgarischen Sonnenstrand habe ich sogar einen "Sonne, Sand und Meer"-Urlaub gefunden, der jeden Vergleich aushielt, uns beiden Spaß machte und beinahe weniger kostete, als einfach daheimzubleiben. Trotzdem, irgendwie fühlte ich mich als Tourist immer unbehaglich. Tourismus hat meinem Empfinden nach etwas Perverses an sich, es ist die Kommerzialisierung der Gastfreundschaft, und es pervertiert auch die Gastfreundschaft dort, wo sie noch in vor-touristischen Formen existiert. Unter anderem deshalb gilt das, was ich meine, nicht nur für Pauschalurlaube, sondern auch für Individualreisen, einschließlich des überglorfizierten Backpacking. Mich hat das immer irritiert, wenn in Lonely-Planet-Reiseführern ein Dörfchen irgendwo zum Beispiel in einem asiatischen Land als "noch unverdorben" angepriesen wurde. Weltweit die Rucksacktouristen auf ein solches vom Tourismus noch nicht verkorkstes Dörfchen aufmerksam zu machen, ist ja eine Art Einladung, hinzufahren und es schnellstmöglich auch zu verderben. 

Ich war letztlich ganz froh, als mein Sohn dann auf gemeinsamen Urlaub mit mir keinen Wert mehr legte und ich anfangen konnte, meine Erholungsweise selbst zu bestimmen. Zusammen mit meinem Mann war ich deshalb nur wenige Male "richtig" in Urlaub, das waren also keine Fernreisen, keine klassischen Badereisen oder so, und das Äußerste der Gefühle waren zwei Wochen am Stück, meistens haben wir uns aber von vornherein auf eine oder auf zehn Tage beschränkt, weil mir das einfach weniger unangenehm ist. Unsere letzte einwöchige Urlaubsreise war 2017, seitdem haben wir uns eigentlich immer auf Tagesausflüge oder allenfalls ein oder zwei Übernachtungen beschränkt - nur bei meiner Mutter waren wir manchmal etwas länger. Jetzt, mit unserem Umzug, habe diese De-facto-Urlaubsverweigerung, die nun weiß Gott nicht mehr neu ist, aber endlich mal in eine bewußte Entscheidung gegen Urlaubsreisen umgewandelt: Ich habe einfach keine Lust auf dieses Zeugs und möchte es lieber bleiben lassen. Glücklicherweise sieht mein Mann das ganz ähnlich, also gibt es da auch keine Konflikte. Und daß ich einige Risikofaktoren vermeide, die andere Leute an meiner Stelle von Herzen gerne eingehen würden, trifft sich in diesem Fall lediglich günstig mit dem, was ich tatsächlich aus anderen Gründen will. 

Was mich jetzt noch weiter und möglicherweise dauerhaft ein wenig irritiert, ist die Selbstverständlichkeit, mit der alle Welt erwartet, daß wir wegfahren, wenn wir Urlaub haben, und ich mit diesen Erwartungen irgendwie umgehen muß. Dieses Jahr habe ich auf entsprechende Fragen "Wo geht's denn hin?" immer geantwortet "In den Garten, Wurzeln ausgraben". Mittelfristig strebe ich es an, daß möglichst wenige diese Frage überhaupt stellen, weil sie wissen, daß wir deshalb keine Urlaubsreisen machen, weil wir keine Urlaubsreisen machen wollen. Aber natürlich ist mir klar, daß Fragen, die mich irritieren, etwas sind, das allen passiert, die irgendwie aus dem Rahmen fallen, und Urlaubsunlust fällt nun einmal wirklich aus dem Rahmen. So was muß ich aushalten, und ich fände unsere Gesellschaft außerdem besser, wenn andere Leute, die auf andere Weise aus dem Rahmen fallen - spontan fallen mir als erstes dazu Veganer ein - sich weniger darüber beschweren würden, daß sie dauernd anderen ihre eigenen Selbstverständlicheiten erklären müssen.  


 

Donnerstag, 17. Juli 2025

Mediale Hitzepanik-Kakophonie im Sternzeichen Zucchini

Mein Gewicht heute früh am Beginn von Fastentag 4 von vier aufeinanderfolgenden: 74,4 Kilogramm. Das ist mittelprächtig, aber auch kein Grund, sich die Haare zu raufen. Die Haare raufe ich mir erst, falls ich vor der nächsten Low-Carb-Phase doch wieder die 80-Kilo-Grenze überschreiten sollte - für meinen Geschmack bin ich mit knapp über 78 am Montag daran schon wieder zu dicht dran. Dabei hatte ich eigentlich damit gerechnet, daß ich über den Sommer noch ein bis zwei Kilo abschütteln würde. Aber tatsächlich habe ich mehr als Gewichthalten nicht zustandegebracht, und so muß es Low Carb wohl wieder richten. Letzten Herbst habe ich das ja erst Anfang Dezember und nur für drei Wochen machen können, aber dieses Jahr planen wir es wieder von Mitte Oktober bis Ende November. 

Vielleicht hat die Hartnäckigkeit meines Gewichtsplateaus auch damit zu tun, daß ich seit dem frühen Frühjahr ständig mit entzündeten Nasen- und Rachenschleimhaut und mit den Mandeln zu tun habe. Erst habe ich auf die steigenden Temperaturen gehofft, aber das kam immer wieder und blieb für meinen Geschmack zu lange, bevor es wegging, also war ich nach immerhin ca. zwei Jahren mal wieder bei meinem Hausarzt. Das Blutbild, das er daraufhin machen ließ, besprechen wir erst nach seinem Urlaub, in ca. zwei Wochen, aber eine Empfehlung von ihm griff ich sofort auf, nämlich wieder Vitamin D zu nehmen. Und was soll ich sagen? Es wurde praktisch auf der Stelle besser. Auch meine latente Verstopftheit, bilde ich mir ein, ist weniger geworden. Keine Ahnung, ob das nun ein Zufall war, aber jetzt nehme ich Vitamin D natürlich weiter. 

Eigentlich war ich mir fast sicher gewesen, daß die Mandeln raus müssen, die sind nämlich seit meiner Kindheit eine Schwachstelle von mir und Überlegungen, sie rauszunehmen, sind eine Art roter Faden der Geschichte meiner Kontakte mit HNO-Ärzten. Aber der Doc warf nur einen Blick in meinen Hals und meinte: Nö, die können bleiben. Na denn. Mal sehen, was sich aus dem Blutbild vielleicht noch ergibt. 

***

Ansonsten bin ich mal wieder ziemlich ausgelastet, deshalb schreibe ich auch heute diesen Blogartikel, weil sich gerade eine kleine Atempause aufgetan hat, die aber spätestens übermorgen wieder für mindestens eine Woche vorbei sein wird, möglicherweise auch schon morgen. Nach Murphys Gesetz tue ich gut daran, ihn heute zu schreiben. Morgen stellen wir außerdem das Regal auf, das wir letzte Woche gekauft haben, und danach will ich es gleich mit den Bücherstapeln füllen, die immer noch auf dem Boden stehen.  

Was ich seit meinem letzten Blogartikel zu meinen Themen so gelesen habe, fand ich nicht interessant genug, um daraus einen Blogartikel zu machen. Aber es gibt Neues aus der Reihe "Warum man auch Fachmedien kein Wort mehr ungeprüft glauben kann": 

In Wirklichkeit hat nämlich niemand bislang die Todesfälle des Zeitraums der letzten Hitzewelle von Ende Juni bis Anfang Juli gezählt, weil das überhaupt nicht möglich gewesen wäre, denn die Zahlen dazu liegen ja noch gar nicht vor. Vielmehr haben Forscher - basierend auf ihren Annahmen, in welcher Höhe die Hitzewelle eine Übersterblichkeit in bestimmten Bevölkerungsgruppen auslösen werde - eine Schätzung vorgenommen, wieviele zusätzliche Todesfälle sie bewirkt habe. Auf dieser Basis behaupteten sie: "Climate change was behind 317 of the estimated excess heat deaths in Milan, 286 in Barcelona, 235 in Paris, 1712 in London, 164 in Rome, 108 in Madrid, 96 in Athens, 47 in Budapest, 31 in Zagreb, 21 in Frankfurt, 21 in Lisbon and 6 in Sassari (a full breakdown of the results is given in the notes)."

Wenn nun sämtliche Publikumsmedien, von der Tagesschau aufwärts, darüber falsch berichten, ist das ja schon ärgerlich genug. Aber müßte man nicht an die Akkuratesse des Ärzteblatts höhere Ansprüche stellen dürfen? Die traurige Wahrheit lautet: Das Ärzteblatt hat es sich sogar noch einfacher als die Tagesschau gemacht und kurzerhand auf einen dpa-Artikel zurückgegriffen.  

So, und jetzt will ich es aber auch wissen, was an den betreffenden Tagen nun wirklich mit den Todesfällen in den Städten passiert ist, für die diese Simulation vorgenommen wurde. 

  • Athen
  • Barcelona
  • Budapest
  • Frankfurt
  • Lissabon 
  • London 
  • Madrid 
  • Mailand
  • Paris 
  • Rom 
  • Sassari
  • Mailand 

Dafür werde ich allerdings bis mindestens zum August warten müssen, wahrscheinlich sogar ein bis drei Monate länger. Aber angenommen, es stellt sich dann heraus, daß die Übersterblichkeit geringer als in dieser Schätzung ausgefallen ist, weiß ich schon jetzt, daß kein Hahn in den Medien mehr danach krähen wird. Im umgekehrten Fall, falls sie also höher wäre (was man ja auch nicht ausschließen kann), kann ich dafür schon jetzt sagen, daß diese Nachricht wie eine Geysir in den Medien hochkochen wird und wochenlang Weltuntergangspanik geschürt wird. 

Das ist richtig deprimierend. Nie kann man sich einfach auf eine Information verlassen, die in den Medien verbreitet wird. Erstaunlicher finde ich es aber, wie viele Leute bei ihrem persönlichen Thema - über das sie Bescheid wissen - praktisch immer entsetzt über die Berichterstattung in den Medien sind, aber ihnen zu allen anderen Themen andererseits fast alles zu glauben bereit sind, anstatt die einzig logische Schlußfolgerung zu ziehen, daß man nämlich nichts mehr trauen kann, sondern immer erst selbst prüfen muß. 

Todesfälle durch Hitzewellen gibt es natürlich wirklich. Nicht alle von ihnen, aber doch die meisten betreffen Menschen, die schon vor deren Einsetzen todkrank waren, weshalb ihr Tod in den meisten Fällen auch ohne die Hitzewelle innerhalb kurzer Zeit zu erwarten war. Die Hitze für den krankheitsgeschwächten Organismus die Zusatzbelastung bewirkte, daß der Tod um Tage, Wochen, vielleicht Monate schneller als andernfalls kam. Es ist eine weitere Tragik, daß diese Binsenweisheit von denen, die mit ihr zu argumentieren versuchen, fast immer so brutal-zynisch-flapsig vorgebracht wird, daß sie damit eine Art Entrüstungs-Steilvorlage bieten, obwohl eigentlich etwas gemeint ist, das niemand ernsthaft abstreiten kann. 

Außerdem, warum sollte dies ein vernünftiger Einwand gegen vernünftige Hitzschutzmaßnahmen sein? Das gilt sogar dann, falls sich herausstellen sollte, daß per saldo der Sommer 2025 den des Jahres 2003 wieder nicht toppen wird. 2003 war der heißeste Sommer meines Lebens mit zwei langen Hitzewellen, eine im Juni und eine im August. Damals arbeitete ich u. a. für ein Architekturbüro, das Krankenhäuser plante, und dabei spielten Hitzeschutzmaßnahmen für die - wie man damals annahm - künftig regelmäßigen Rekordhitzesommer eine bedeutende Rolle. Einen Sommer wie 2003 habe ich aber in den letzten 22 Jahren nicht mehr erlebt (obwohl 2015, wenn ich das noch richtig in Erinnerung habe, relativ nahe dran war). Wie auch immer, die Erinnerung daran bewirkte, daß der bei Twitter und Bluesky bis zum Erbrechen wiederholte Satz, in Zukunft würden wir 2025 als den kühlsten Sommer unseres Lebens in Erinnerung behalten, bei mir nur ein gelangweiltes Schulterzucken auslöste. Bis zum Beweis des Gegenteils gehe ich davon aus, daß von den nächsten zwanzig Jahren mindestens achtzehn, vielleicht aber auch 19 oder 20 KEINE Rekordtemperaturen mit sich bringen werden, denn 2003 glaubte ja auch jeder, dieser Sommer sei das "neue Normal" bei den Temperaturen, und daß das nicht gestimmt hat, läßt sich nachweisen. 

Aber richtig ist es bestimmt, daß es sinnvoll ist, sich Hitzeschutzkonzepte zu überlegen, und daß man das früher nicht für nötig hielt, muß ja nicht bedeuten, daß es nicht schon lange nötig gewesen wäre. Vor allem für Großstädte. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich, als ich vor vierzig Jahren gerade erst in die Stadt gezogen war, durch die baumlosen Straßen mit fünfstöckigen Mehrfamilienhäusern ging und die Hitze von Boden und Wänden abstrahlte. Es war wie in einem Backofen. So was hatte ich als gebürtige Landpomeranze bis dahin nicht gekannt.  

An meinem neuen Arbeitsplatz habe ich, obwohl im Dachgeschoß, die letzte Hitzewelle ja ganz gut überstanden. Wir haben ja ein Klimagerät, aber es war nicht erforderlich, es einzusetzen. Meine Methode besteht darin, Durchzug herzustellen: Fenster im Arbeitszimmer auf, Fenster im angrenzenden Schlafzimmer auf, Tür zwischen beiden Räumen offen lassen. Sogar die 35 Grad, die mir zeitweise angezeigt wurden, waren auf diese Weise auszuhalten, obwohl ich mich wegen der Feldwespen im Rolladenkasten nicht getraut habe, den Rolladen herunterzulassen, weil ich direkt in einem leichten Lufzug saß, der die "gefühlte Temperatur" reduzierte. Meinen erholsamen Nachtschlaf ermöglichte mir die Gewohnheit, bei großer Hitze vor dem Zubettgehen kurz kalt zu duschen und mich nicht abzutrocknen, sondern mich naß ins Bett zu legen. Mein Mann fand die Hitze wesentlich unangenehmer, muß ich freilich zugeben. Da spielt sicherlich auch mein gesunkenes Körpergewicht eine Rolle. Das Interessante ist, daß ich bei Schreibtischarbeit auch am heißesten Tag nicht angefangen habe zu schwitzen, obwohl mir bei allem, was auch nur geringfügig anstrengender war, etwa Kochen oder Gartenarbeit, auf der Stelle der Schweiß ausbrach.  

Im Erdgeschoß ist die Temperatur aber dafür generell um zwei bis drei Grad niedriger, das heißt, wenn man von oben nach unten wechselt, fühlt es sich jedenfalls kühl an. 

Aber zurück zum gesundheitlichen Aspekt der Temperaturen: Wenn man schon mit Statistiken Panik zu schüren versucht, dann darf ruhig auch erwähnt werden, daß nicht nur Hitzewellen für diese Art von vorzeitigen Todesfällen verantwortlich sind, sondern auch Kältewellen im Winter - und ebenso, daß die Übersterblichkeit durch sie noch um einiges höher liegt. Derselbe Klimawandel, durch den im Sommer Lebenstage, -wochen oder -monate von Erkrankten verloren gehen, bewirkt also im Winter dank weniger und weniger starken Kältewellen, daß dieser Verlust anderen Erkrankten erspart bleibt. Statistisch gesehen, ist die Sache höchstwahrscheinlich, global gesehen, ein Nullsummenspiel. In unseren Breiten müßte es sogar einen kleinen Vorteil bedeuten, weil die milderen Winter eigentlich einen Vorteil bieten sollten, der den Nachteil der heißeren Sommer übersteigt. 

Was mir in diesem Zusammenhang noch in den Sinn kam: 2022, als wir alle angehalten waren, möglichst wenig zu heizen - wieso hat sich da eigentlich niemand für die dadurch mögliche Übersterblichkeit interessiert? 

Heuchler sind sie. Alle miteinander, und dabei kann ich auch den Habeck nicht ausnehmen. 

Es ist doch mit Händen zu greifen: Gesundheit spielt immer nur dann eine Rolle, wenn es um eine Sache geht, die sowieso auf der politischen Agenda steht. Steht die Gesundheitsfrage quer zum Ziel, wie beim Gas-Sparen, interessiert sie auf einmal niemanden mehr. Wohnen an Hauptverkehrsstraßen, von dem neuerdings auch die Wissenschaft meine langjährige Vermutung bestätigt hat, daß es stärker zum Lungenkrebs bei Nichtrauchern beiträgt als Passivrauchen, oder Schichtarbeit sind vermeidbare Gesundheitsrisiken, die niemanden interessieren. Beides können gerade ärmere Menschen aber nicht vermeiden und sie werden sogar aktiv und aggressiv genötigt, sie einzugehen. Wer in einer billigere Wohnung ziehen soll, weil das Amt es fordert, der landet schließlich häufig an einer weniger begehrten Wohnung an einer Hauptstraße, womöglich im Dachgeschoß unter einem ungedämmten Dach, dann bekommt man die Hitze im Sommer gratis mit dazu. Und als Arbeitsloser versuche man nur mal, einen Job wegen der Schichtarbeit abzulehnen! Nimmt's einen da noch wunder, daß sich die Leute so gerne in Verschwörungstheorien flüchten, wenn sie an irgendeiner Stelle der Gesundheitspolitik eine Lüge erkannt zu haben glauben? Das liegt daran, daß sie ihnen die dick aufgetragene Fürsorglichkeit nicht glauben, weil sie es in zu vielen anderen Bereichen deutlich genug merken, daß ihre Gesundheit den Politikern in Wirklichkeit scheißegal ist. 

Die gute Nachricht dabei lautet, daß beide beispielhaft erwähnten Risiken zwar statistisch nachweisbar, aber trotzdem vergleichsweise geringe Risiken sind. Sie spielen allerdings mit Sicherheit eine gewisse Rolle bei der Tatsache, daß die Lebenserwartung statistisch bei Ärmeren mehrere Jahre niedriger als bei Wohlhabenden ist. Wohnungen an Hauptverkehrsstraßen lassen sich aber kaum abschaffen, schon gar nicht in Wohnungsmangel-Zeiten. Und Schichtarbeit auch nicht, obwohl ich finde, sie ließe sich gesundheitsverträglicher ausgestalten, als es in den heutigen neoliberalen Zeiten für unverzichtbar gehalten wird. 

Was mir bei dem ständigen Alarmgetöse um dieses oder jenes relativ geringe Gesundheitsrisiko fehlt, ist eine Einordnung in ein realitätsnahes Gesamtbild der diversen Lebensrealitäten der Bürger. Denn wenn man sich ausschließlich auf den einen Aspekt fokussiert, zu dem man gerade eine Meinung verkaufen möchte, dann übersieht man - oder es ist einem vielleicht auch egal -, welche Wirkung die geforderten Maßnahmen in diesem Gesamtbild für den einzelnen haben. Keine Ahnung beispielsweise, wieviele Menschen Sonneneinstrahlung, um das Hautkrebsrisiko zu minimieren, so übersorgfältig vermeiden, daß sie - etwa durch Vitamin-D-Mangel oder negative Wirkungen dauerhafter Stubenhockerei - unter dem Strich ihre Gesundheitsrisiken nicht verringern, sondern erhöhen. Ich bin mir ziemlich sicher, daß die mediale Gesundheitspanik-Kakophonie um vergleichsweise geringe Risiken unter dem Strich bestenfalls keinen gesundheitlichen Nutzen bringt, möglicherweise aber auch per saldo gesundheitlichen Schaden erzeugt. Und unter denjenigen, die ihren Schutz optimieren wollen, indem sie die Warnungen möglichst akkurat befolgen oder sogar noch eine Schippe drauflegen, erleiden bestimmt manche Schäden, die an sich leicht vermeidbar gewesen wären, einfach nur, indem sie mit dem Schützen gar nicht erst angefangen hätten. 

Erwähnen darf man dabei aber auch, daß nicht endenwollendes Alarmgetöse selbst ein gesundheitlich relevanter Faktor in mindestens vergleichbarem Umfang ist. Es mag ja richtig sein, solche Dinge öffentlich zu diskutieren, aber die Hysterie in der Berichterstattung könnte man echt ein bißchen runterfahren. 

***

Die letzten Wochen standen für mich eindeutig im Sternzeichen der Zucchini, und das wird sich so schnell wohl nicht ändern, im Moment habe ich drei im Kühlschrank, eine, die nahezu pflückreif ist, und ein gutes halbes Dutzend, die noch ein paar Tage brauchen, bis sie gepflückt werden wollen. Ich bin also fleißig beim Testen einschlägiger Rezepte. Zu meinen bisherigen Favoriten zählen 

  • ein mediterraner Nudelsalat mit gebratenen gewürfelten Zucchini, Pinienkernen, Feta, Oliven und gekochten Eiern in einem Honig-Senf-Dressing, mit Knofi, Basilikum, Thymian und Oregano gewürzt. 
  • ein Zucchini-Pesto mit gerösteten Mandelblättchen, Olivenöl, Parmesan und viel Knoblauch
  • eine Blätterteig-Pizza mit Creme fraiche, Zucchinischeiben und Parmesan
  • Zucchini-Börek (einfach den Blattspinat durch angebratene Zucchini ersetzen. 

Außerdem habe ich tolle Zitronen-Muffins und einen Schokokuchen mit Zucchiniteig gemacht.  

Tatsächlich hat mich noch keines der Zucchinirezepte enttäuscht, die ich ausprobiert habe. Ich kann Leute nicht verstehen, die nicht wissen, wohin mit ihren Zucchini. Die sind echt vielseitig verwendbar und die Mahlzeiten werden keineswegs zu eintönig, wenn man viele zu verarbeiten hat. Die "alten" Rezepte, die ich schon länger kannte, etwa panierte Zucchini oder gefüllte Zucchini, sind ja auch etwas Feines. 

Am Freitag will ich fürs Wochenende mal wieder einen "Schuppi" machen, also einen mit schuppenartig übereinandergelegten Zucchinischeiben belegter Zucchini-Eier-Teig aus dem Backofen, der wie eine Biskuitrolle zusammengerollt werden kann, diesmal gefüllt mit Frischkäsecreme mit Dill und Lachs. Und nächste Woche probiere ich mal eine selbst ausgedachte Kombination der angebratenen Zucchiniwürfel - in warmgemachtem Honig, gemischt mit Senf (weil ich diese Geschmackskombi beim Nudelsalat so mochte) sowie anschließend Sesam gewälzt - mit Bratkartoffeln, diesmal mit Schinkenwürfeln sowie gebratenen Karottenscheiben mit Pinienkernen und einem Schuß Holundersirup. 

So schnell wird mir mein Zucchinisegen wohl nicht langweilig werden. Trotzdem werde ich nächstes Jahr drei statt vier Zucchinisamen in den Anzuchtkasten geben. Daß eine nichts wird, damit muß man ja immer rechnen, ist uns ja auch diesmal passiert, und ideal fände ich zwei Zucchinipflanzen, auch wenn dieser Sommer mir beweist, daß ich mit der Ernte von dreien ebenfalls zurechtkomme - mehr als das wird es dann jedenfalls unter keinen Umständen. 

Inzwischen haben wir auch die ersten Gurken, mit Verspätung, weil sie im ersten Versuch nichts geworden sind. Dasselbe gilt auch für die Karotten und den Mangold, erst im zweiten Versuch hat es geklappt, aber bis wir bei denen zur Ernte schreiten können, wird's noch ein bißchen dauern. Die Zwiebeln sind geerntet, aber weniger und kleiner ausgefallen, als wir hofften. Die Kohlrabi können wir wohl vergessen, sie bestehen nur aus Kraut ohne Knollen. Dafür werden die Tomaten immer größer, lassen sich aber noch Zeit mit dem Rotwerden. Die Paprika- und Chili-Pflanzen haben geblüht und arbeiten an ihren Früchten, aber weil die Pflanzen recht klein ausfallen, wird das wohl auch für die Früchte gelten. 

Aus der Reihe "Perditax' Tierleben" kann ich vermelden, daß wir im Haus weiterhin mäusefrei sind, aber von der Terrasse aus neben Waldmäusen jetzt gelegentlich auch eine Spitzmaus im Garten beobachten können. Sie sieht total anders aus als unsere Waldmäuschen, längst nicht so niedlich, aber dafür hat sie kein Interesse daran, ins Haus einzuziehen und frißt außerdem Insekten. Dasselbe gilt auch für Spinnen, und bestimmt ist es grober Undank von mir, daß ich Spinnen, die bei uns im Haus wohnen wollen, regelmäßig mit dem Insektenfänger einfange und ins Freie befördere, denn ich bin wirklich angenehm überrascht, wie wenig Insektenstiche ich bislang erlebt habe, und das könnte schon daran liegen, daß ich gefühlt jeden Tag Spinnen raustragen muß. Die meisten Insektenstiche hatte ich im Mai, seitdem praktisch gar keine mehr. Das hatte ich mir tatsächlich schlimmer vorgestellt, immerhin wohnen wir nicht gar zu weit weg vom Fluß, wenn auch 16 Höhenmeter über dem Flußbett. Aber daß mein Mann das alte Fliegengitter mit paßgenauem Holzrahmen, das am Fenster meines Arbeitszimmers angebracht war, letztes Jahr auf den Sperrmüll geschmissen hat, weil er es häßlich fand, habe ich erst bereut, als ich entdeckte, daß mein Fensternachbarinnen, die vermeitnlichen Feldwespen aus dem Rolladenkasten, heimlich ein Zweitnest mit mehr als einem Dutzend Kokons an der Vorderseite eines Aktenordners und ein Drittnest mit mindestens zehn Kokons an einem Buch in meinem Bücherregel im Arbeitszimmer gebaut haben und in Wirklichkeit doch keine Feldwespen, sondern Mauerwespen sind. Ich hatte ihre Bauarbeiten sogar gehört, aber gedacht, die surrenden Baugeräusche kämen aus dem Rolladenkasten. Jetzt sollte ich also doch wieder ein Fliegengitter anbringen. 

Ansonsten haben wir viel Vogelbesuch: Kohl- und Blaumeisen, Spatzen, Grünfinken, Rotschwänzchen, Rotkehlchen und ein Amselpärchen, das ständig schlecht gelaunt klingt, aber unseren Garten offenbar doch mag, denn wir sehen es praktisch jeden Tag, Frau Amsel kommt immer gegen Abend und sucht direkt neben der Terrasse im Boden nach Eßbarem, ihr Göttergatte ist in letzter Zeit weniger wahrzunehmen, seit er aufgehört hat zu flöten. An seinem Gesang konnte man ihn gut wiedererkennen, er hatte am Liedende immer einen ganz merkwürdigen Kiekser, den man bei Amseln sonst nicht hört. Das Ulkige ist, daß er diesen Kiekser auch am Ende einer ansonsten sehr typischen Amsel-Schimpfkanonade anbringt, und die hören wir immer noch gelegentlich. Stieglitz und Zaunkönig kann ich nur hören, gesehen habe ich sei bei uns im Garten noch nicht. Enten und Reiher und sonstige Wasservögel sehen wir eher direkt am Fluß, und die Schwalben sind, glaube ich, beleidigt, seit der Bauernhof mit dem Hofladen bei uns in der Nähe die Rinderhaltung aufgegeben hat, und sind vermutlich einen Hof weitergezogen, wo es aus den Ställen weiterhin - und hoffentlich noch lange - kräftig herausmuht. Neulich fielen mir zwei Dörfer weiter künstliche Schwalbennester auf, die im Ortskern an jedem zweiten Gebäude angebracht worden waren, und von denen waren viele besetzt. Ich frage mich, ob wir Schwalben zum Einzug verlocken könnten, wenn wir so was am Haus anbrächten. Rindviecher haben und sind wir zwar keine, aber Insekten haben wir im Garten trotzdem in rauhen Mengen. 


 

Donnerstag, 3. Juli 2025

Brustkrebsscreening. Warum ein scheinbar eindeutiges Studienergebnis bei mir so viele Fragen aufwarf.

Mein Gewicht heute früh nach dem dritten von drei Fastentagen. enttäuschende 73,9 Kilogramm. Das muß die Hitze sein, die führt bei mir immer zu Wassereinlagerungen. Diese Woche will ich auch nicht auf den Kniff zurückgreifen, noch einen vierten Tag anzuhängen, da wir am Samstag einen Flohmarktbesuch eingeplant haben und ich beim stundenlangen Latschen ungern Wadenkrämpfe erleiden möchte. Aber dafür werde ich nach dem morgigen Eßtag noch einen Einzel-Fastentag anhängen, das sollte muskelkrampftechnisch safe sein. Flohmarktbesuche haben wir uns dieses Jahr die meisten verkniffen, weil wir die Wochenenden für anderes brauchen, vor allem den Garten, aber auch diverse kleinere Sachen, die im Haus zu machen sind. Aber ein paar handverlesene besuchen wir immer noch, und auf den vom Samstag wollen wir beide nicht verzichten.  

Ansonsten habe ich nächste Woche das Vorgespräch in der Klinikambulanz, die mir den Port eingesetzt hat und nun wieder entfernen soll. Eigentlich bin ich nicht sonderlich scharf darauf, das bei dieser Hitze machen zu lassen, also werde ich wohl, falls mir wider Erwarten ein sehr kurzfristiger Termin angeboten werden sollte, selbst um einen Termin erst im September bitten. Eile besteht in meinem Fall ja nicht - das war anders, als der Port gelegt wurde. Vielleicht versuche ich ja, einen Termin exakt drei Jahre nach dem Legen des Ports zu bekommen, dann wird's allerdings sogar Oktober. 

Trotz dieses bevorstehenden Schritts in Richtung Normalität interessiert mich das Thema Krebs natürlich weiterhin, und da gab es zweimal Neues. Es gibt eine neue Studie von Prof. Seyfried. Bei den dabei untersuchten Mäusen entwickelte sich bei der kohlenhydratreichen normalen Ernährung größere Tumore und häufiger Metastasen als bei einer ketogenen Variante. Dazu hole ich nicht so weit aus, weil es, wenn man seine Krebsentstehungstheorie für wahr hält, nicht sonderlich überraschend ist. Es paßt ins Bild von Seyfrieds bisheriger Arbeit, und, was noch wichtiger ist, in ein Bild, zu dem ich nicht einen einzigen Widerlegungsversuch kenne, ganz zu schweigen von überzeugenden solchen. 

Ganz wichtig: Wann immer man über Seyfrieds Ansatz spricht und jemand ihn mit einer Warburg-Widerlegung widerlegt zu haben glaubt, hat sich derjenige, welcher, als ahnungslos geoutet. Seyfried kann man auf diese Weise nicht widerlegen. Vielmehr müßte man seine Widerlegungen der Warburg-Widerleger sowie seine auf Warburgs Erkenntnisse aufsetzenden neuen Erkenntnisse widerlegen, und das hat bislang, Stand heute, noch niemand ernsthaft versucht. 

Einige Einwände bzw. Fragen hatte ich dagegen über die Schlußfolgerungen aus Erkenntnissen zum Mammografiescreening, über die das Ärzteblatt berichtet hat. Kleine Randbemerkung: Daß 2020 nur jede zweite eingeladene Frau am Screening teilgenommen hat, war bestimmt eine Erwähnung wert, aber man hätte gerne auch dazusagen können, daß das coronabedingt untypisch wenige gewesen sind und nicht anzunehmen ist, daß dies einen dauerhaften Trend widerspiegelt. Ich habe gerade keine Lust, nach Quellen zu graben, aber als ich das vor längerem mal recherchierte, war eher von um die drei Viertel die Rede. 

An den Ergebnissen der Studie, über die berichtet wird, wirft aus meiner Sicht aber auch einiges wichtigere Fragen auf als das, worauf sich Autoren und Ärzteblatt fokussieren. Es geht aus der Quelle zwar nicht eindeutig hervor, aber es liegt im Kontext nahe, anzunehmen, daß bei den 116 Patientinnen, die dazu zwischen September und Dezember 2024 befragt wurden, Brustkrebs diagnostiziert worden war. 

Von diesen 116 Patientinnen gaben 17 an, noch nie von dem Programm gehört zu haben. So etwas kann ich mir eigentlich nur bei mangelhaften Sprachkenntnissen vorstellen, sofern man in Deutschland noch bei keinem Gynäkologen gewesen ist. 7 Frauen gaben an, die Sache mehr oder weniger verschusselt zu haben, gerade mal 8 lehnten sie ausdrücklich ab. 

So, und jetzt kommt's: Von 116 Patientinnen gehörten 45 gar nicht der betreffenden Altersgruppe an. Und weitere 35 hatten daran teilgenommen, aber dabei war der Tumor offenbar nicht entdeckt worden. Paywallbedingt kann ich nicht sicher sagen, wieviele der 35 gescreenten Patientinnen ihren letzten Screeningtermin wahrgenommen hatten oder ob es nur darum ging, daß sie überhaupt schon einmal beim Screening gewesen sind. Aber falls es bei allen der letzte angebotene Screeningtermin gewesen sein sollte, würde das bedeuten, volle 80 von 116 Patientinnen, das sind mehr als zwei Drittel, hatten also von vornherein keine Chance auf eine dem Screening zu verdankende Aufdeckung des Tumors in einem früheren Stadium.  

Dem widerspricht auch nicht eine zweite Studie derselben Autoren, aus der oberflächlich betrachtet, genau das Gegenteil hervorzugehen scheint, jedenfalls klingt das im Ärzteblatt mit an. Im Wortlaut der Ärzteblatt-Artikel:  

Die Folgen, die der Verzicht auf die Mammografie haben kann, zeigte sich in einer weiteren Studie von Fervers. An der Klinik war der Brustkrebs bei 92 von 149 Patientinnen im Alter zwischen 50 und 69 Jahren außerhalb des Screeningprogramms diagnostiziert worden. Das entspricht einem Anteil von 61,7 %.

Davon hatten 40 Frauen den Befund selbst getastet, bei 32 Frauen war der Tumor durch die Palpation beim Frauenarzt aufgefallen. Bei der Tastuntersuchung wird der Tumor häufig in einem fortgeschrittenen Stadium erst entdeckt, so auch in der Kohorte: Bereits 26 Patientinnen (28,2 %) hatten einen positiven Lymphknotenbefall, 52 Patientinnen (56,5 %) hatten ein T2-Stadium oder größer und 18 Patientinnen waren primär metastasiert (19,6 %).

Denn Gegenstand dieser Studie waren nur die Patientinnen der einschlägigen Screening-Altersgruppe, die unpassenden Altersgruppen, die die Zahl der betroffenen Patientinnen um ca. ein Drittel, also immerhin 50 weitere Brustkrebserkrankungen erhöht hätten, blieben von vornherein ausgeklammert. Was mir in der Zusammenfassung ebenfalls fehlt: Wieviele der 92 Patientinnen hatten denn bei der Mammografie nicht teilgenommen? Denn daß der Tumor außerhalb des Screenings gefunden wurde, bedeutet ja noch lange nicht, daß das Screening nicht vorgenommen wurde. Wir haben ja auch diese lästigen Sprintkrebse, die keine zwei Jahre brauchen, um von null auf tastbare Größe zu wachsen, und es wäre doch interessant zu wissen, welchen Anteil die an allen Brustkrebsen haben. 

Ob sich die Antwort auf meine Frage hinter der Paywall verbirgt, weiß ich nicht, aber hätten die Autoren die Absicht gehabt, dies bekannt zu machen, dann wäre es auch in den Abstract mit aufgenommen worden. Dafür spricht auch, daß diese Arbeit die Wichtigkeit des Screenings verdeutlichen sollte. Deshalb nehme ich zur Strafe bis zum Beweis des Gegenteils jetzt mal an, es war wie in der anderen Studie ungefähr ein Drittel und daß das  im Abstract - denn wer liest schon Volltexte? - vor allem deshalb nicht erwähnt wurde, weil es natürlich eine Einschränkung des postulierten Nutzens des Screenings wäre.  

Mich würde auch mal interessieren, zu welchen Anteilen die 20 %, in denen der Krebs bereits metastasiert war, Sprint- und Schleichkrebse (also hormonnegative (tripel negativ und HER-2positiv) und hormonpositive) betrafen, denn auch dies läßt Rückschlüsse auf einen Nutzen des Screenings zu. Sprintkrebse können innerhalb von zwei Jahren auch bis zum metastasierten Stadium gelangen. Eine Einschätzung über den Nutzen des Screenings hängt aber m. E. vor allem davon ab, wie hoch die Chancen sind, besonders die Metastasierung zu verhindern - denn die zu verhindern, halte ich für wichtig genug, um dies als einziges wirklich überzeugendes Argument pro Screening zu betrachten. Daß es bei den Patientinnen, deren Tumor außerhalb des Screenings gefunden worden war, laut Ärzteblatt fünfmal soviele metastasierte Fälle gegeben hat, sagt unter dieser Voraussetzung weniger aus, als suggeriert wird - zumal es ja ohnehin in beiden Gruppen nur um eine zweistellige Zahl von Patientinnen ging, 92 (20 %: 18 metastasierte Fälle) und 57 (4 %: 2 metastasierte Fälle), was die Aussagekraft ein wenig einschränkt. Aber, wie gesagt, wirklich wichtig wäre es, zu wissen, wieviele Patientinnen mit metastasierter Erkrankung, deren Tumor nicht beim letzten Screening entdeckt wurde, dennoch am letzten Screening teilgenommen hatten. Denn das könnte das Bild, das uns hier vermittelt werden soll, sehr verändern.

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Im letzten Beitrag erwähnte ich die Meinung der Weltgesundheitorganisation zu Rohmilch. Was ich nicht ahnte, ist, wie bitterernst manche Leute deren Warnungen nehmen. Bei Twitter fand ich diesen Thread hier, der deutlich zeigt, daß gesundheitspolitisch stramm "Follow the WHO" nicht gerade von der Fähigkeit der korrekten Schlußfolgerung aus zusammengepuzzelten Informationsschnipseln zeugt. 

Etwa die doch ziemlich verwegene Annahme, die gestiegene Lebenserwartung der letzten 6 Jahrzehnte sei primär oder ausschließlich auf den Konsum von pasteurisierter Milch (überwiegend in Tetrapacks) zurückzuführen:   

Todesfälle durch Lebensmittelvergiftung kommen in Deutschland ungefähr so häufig vor wie Todesfälle durch Blitzschlag, nämlich eine kleinere einstellige Zahl pro Jahr, und der Anteil der Kuhmilch als Auslöser dürfte innerhalb dieser Zahl dem von Kugelblitzen als Auslöser von Blitzschlagtoten entsprechen. Wahrscheinlich erheblich häufiger der Schurke bei solchen Todesfällen sind Eier, wenn sie roh verwendet werden, und auch das Risiko ist mir ein leckeres Tiramisu oder ein Steak Tartar allemal wert. Tatsache ist außerdem, daß ich in den wenigen Fällen in meinem Leben, in denen mein Magen-Darm-Bereich etwas, das ich gegessen hatte, überhaupt nicht akzeptieren wollte, dies nie einem der üblichen Verdächtigen zuordnen konnte. Was die Sache ausgelöst hatte, blieb immer ein Rätsel, mit Ausnahme der Pertuzumab-Phase meiner Chemotherapie.  

Skurril fand ich auch die Unzahl von Leuten, die behaupteten, Rohmilch nicht zu vertragen bzw. glaubten, sie löse generell den flotten Otto aus, aber vermutlich noch nie in ihrem Leben Rohmilch getrunken haben. Fakt ist, daß ich überhaupt erst wieder Milch trinken kann, ohne fiese und ausgesprochen übelriechende Blähungen zu bekommen, seit ich die Rohmilch der hiesigen Bauern entdeckt habe. Was genau ich an der pasteurisierten Milch nicht vertrage - denn daß ich irgendwas daran schlechter als Rohmilch vertrage, ist ja die einzig logische Schlußfolgerung -, weiß ich nicht, aber es würde mich überraschen, wenn es außer mir niemanden gäbe, bei dem dasselbe der Fall ist. 

Wenn also Rohmilch mit gewissen Risiken verbunden ist, dann wird dieses Risiko durch die Verarbeitung zwar verringert, aber es werden andere Risiken erhöht. Denn stinkende Furzkanonaden sind ja ein klares Zeichen dafür, daß die Verdauung mit dem, was ihr zugeführt wurde, nicht einverstanden ist. Die Pasteurisierung fügt der Kuhmilch kaum etwas hinzu, also scheint sie ihr etwas wegzunehmen, das ich aber brauche, um nach einem Glas Milch nicht zum olfaktorischen Ärgernis zu werden.  

Das hier sollte wohl witzig sein, ist aber nur auf primitive Weise gehässig:  

 

Ich weiß nicht, wer das ist, aber ich wünsche keinem Kind einen Elternteil wie diese Person, also hoffe ich, er oder sie ist entweder noch jung und wächst aus dem Flegelalter noch heraus, oder er bzw. sie ist und bleibt lieber gleich kinderlos. 

 Und hier bemühte einer den Ekelfaktor: 

 

Der Argumentation nach ist das vermutlich ein supervegan lebender Hafermilchtrinker, der - möglicherweise beeinflußt von der penetranten PETA-Propaganda - von Milchviehhaltung alptraumartige Horrorvorstellungen hat. Kleine Milchviehbetriebe - "unser" Hof hat ca. 100 Milchkühe - können es sich gar nicht leisten, ihre Kühe auf die beschriebene Weise verkommen zu lassen. 

Immerhin, das hier bot mir etwas zu lachen:

 

Falls hier nämlich die dummen Rohmilchtrinker gemeint sind, steht die Aussage im Widerspruch zu der Annahme, sie gingen ein beträchtliches gesundheitliches Risiko ein. Oder war das doch ein hinterhältiger Seitenhieb auf die Rohmilchverächter?

Falsch liegen aber natürlich auch die Schiefdenker, wenn sie Rohmilch nur deshalb trinken, weil sie sie für gesünder halten. Rohmilch sollte man selbstverständlich vor allem deshalb trinken, weil sie viel besser schmeckt. Aber Genußfeindlichkeit ist halt überparteilich und omnipräsent. 

Wir sollten alle mal ernsthaft über unser Verhältnis zum Risiko nachdenken, denn das ist doch nicht normal, daß gewöhnliche Leute wegen nachweislich  geringer Risiken Panik schieben, aber es gleichzeitig für aus Risikosicht vertretbar halten, sich durch den dicksten Stadtverkehr auf dem Fahrrad hindurchzuquälen, obwohl das nicht nur ein bedeutendes Unfallrisiko ist, sondern auch dazu zwingt, die dortige ziemlich schlechte Luft länger als nötig einzuatmen. 

Wohlgemerkt, ich will damit nicht anfangen, unterschiedliche Risiken gegeneinander aufzurechnen, denn davon halte ich nicht viel. Aber das Risikobewußtsein der allermeisten Leute steckt voller innerer Widersprüche, und das macht es so respektlos, wenn jemand offensichtlich geringfügige Risiken wie den Genuß von Rohmilch zu einem Popanz aufbläst. Von jedem werden doch die Risiken akzeptiert, die mit etwas verbunden sind, das bei einem bewirkt, daß man sich damit lebendiger fühlt, als wenn man darauf verzichten würde, und zwar im Hier und Jetzt - letztlich die einzige Zeit, die wirklich zählt. 

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Mein Wohnungsverkauf ist beurkundet und ich warte darauf, daß das Geld auf meinem Konto ankommt, damit ich diese Sache endlich abhaken kann. Ehrlich gesagt, ich merke jetzt doch, daß ich diese Wohnung gar nicht vermissen werde. Irgendwie war sie mir in den letzten ca. zwölf Monaten doch zu stressig, obwohl 90 Prozent des Stresses etwas mit meinen Verkaufsplänen zu tun hatten, also andernfalls gar nicht entstanden wären. Ich bin aber auch froh, daß ich künftig nur noch Mieter habe, die mich per E-Mail zu kontaktieren gewöhnt sind. Das ist erstens einfacher, weil es seltener bei etwas Wichtigem stört und mich nicht so aus der Konzentration reißt, zweitens hat man Schwarz auf Weiß, was besprochen worden ist. Mit dem Mieter dieser Wohnung war das ein bißchen schwierig, weil sein Deutsch eher mittelmäßig ist und er nicht immer nachgehakt hat, wenn er etwas nicht verstanden hat. Das war alles kein böser Wille, trotzdem hat es mich immer wieder unnötig Zeit gekostet, und natürlich gemäß Murphys Gesetz meistens dann, wenn es mir besonders ungelegen kam. Es war, wie gesagt, beherrschbar, trotzdem bin ich ganz froh, daß ich damit künftig nicht mehr zu rechnen habe. 

Drei vermietete Wohnungen mit zusammengenommen 200 Quadratmetern, das ist für die Altersversorgung auch völlig ausreichend, und nicht zuletzt werde ich mir, obwohl ich nur etwa 13 Prozent meiner vermieteten Wohnfläche verkauft habe, auch ohne den mieterbedingten Mehraufwand mehr als ein Viertel des vermietungsbedingten Zeitaufwands sparen, weil zwei der verbleibenden Wohnungen im gleichen Gebäude sind und mancher Aufwand nur einmal für beide entsteht. Rechne ich auch meinen Zeitaufwand mit ein, dann komme ich jetzt günstiger weg, obwohl die Quadratmetermiete gerade bei der verkauften Wohnung am höchsten ausgefallen ist, wenn sie auch die Mietspiegel-Obergrenze nicht überschritten hat. 

Es gab einen (paywallgeschützten) Artikel in der Zeit, in dem private Vermieter über ihre Erfahrungen berichteten, dessen Inhalt ich vermutlich nie erfahren werde, weil mir die Sache nicht wichtig genug war, um den Volltext unbedingt gelesen haben zu müssen. Aber die 25 Wohnungen aus dem Titel, um die wirklich selbst neben einem normalen Vollzeitjob zu verwalten, wie das die zitierte Person anscheinend tut, dafür muß man schon in seiner Freizeit ziemlich viel Langeweile haben, denn das ist mindestens noch ein Halbtagsjob zusätzlich zum Vollzeitbroterwerb. Auch wenn alle Wohnungen in einem (als Ganzes geerbten) Gebäude sein sollten, da würde ich wenigstens für den Routinekram einen Verwalter beauftragen. Was ich hingegen auch bei so vielen Wohnungen nicht outsourcen würde, das ist die Neuvermietung. Ich möchte meine Mieter schon selbst auswählen, und das ist m. E. den Aufwand auch wirklich wert, wenn man gewisse Vorstellungen davon hat, wie ein Mietverhältnis funktionieren soll. Das erinnert mich außerdem daran, daß die Mieter, für die ich mich im Dezember entschieden habe, sich als nahezu perfekt erwiesen haben, und daraus ziehe ich den Schluß, daß ich mich künftig wirklich nicht mehr auf irgendwelches Privatgemauschel einlassen, sondern immer nach meinem bewährten Verfahren mit einer WG-gesucht-Anzeige auswählen sollte. Ein interessierter Privatkontakt kann dann vielleicht ja noch zusätzlich noch zur Besichtigung eingeladen werden, aber der muß sich dann ins normale Besichtigungprozedere mit einreihen wie andere Leute auch, und ich entscheide mich nur für ihn, falls er der interessanteste Kandidat ist, für den nach meinen höchstpersönlichen Kriterien mehr spricht als für die anderen. 

Auf Bluesky hat dieser Ich-habe-25-Wohnungen-geerbt-Artikel unheimlich viel Häme ausgelöst, und weil ich ihn nicht gelesen habe, kann ich nicht einschätzen, wieviel davon berechtigt war, aber ich nehme an, irgendwas zwischen sehr wenig und gar nichts. Es ist nämlich nicht von vornherein Larmoyanz, wenn man darauf hinweist, daß Vermieten kein Hobby ist, das einem Vermieter so wahnsinnig viel Spaß macht, daß es eine Frechheit von ihm sein soll, wenn er dadurch auch noch einen kleinen Gewinn erzielen möchte. Und ja, das gilt selbstverständlich auch, wenn man als Kind oder Enkel Wohnungen geerbt hat, die eine Generation vorher erarbeitet worden sind. Im Gegenteil fände ich es angebracht, es mehr zu würdigen, wenn Erben nicht das machen, was meistens in solchen Fällen passiert, daß sie nämlich nichts Eiligeres zu tun haben, als das Erbe zu versilbern. Und zwar gerade im Interesse ihrer Mieter. Wer eine Wohnung einmal selbst gekauft hat, der hat sich dabei etwas überlegt und war motiviert, sich mit den dazu gehörenden Erfordernissen auseinanderzusetzen und hat dabei vermutlich auch Routine entwickelt. Ein Erbe muß sich in das alles erst noch reinfuchsen, und so etwas muß man erst mal wollen. Auch mit so einfach zu nehmenden Mietern, wie ich sie habe, gibt es doch immer wieder Probleme, von denen die Mieter zu Recht erwarten können, daß ihr Vermieter sie löst. Und dann interessiert es keinen Menschen, ob der gerade Zeit oder das nötige Geld hat. - Auch das ist legitim, man übernimmt als Vermieter nun einmal Verpflichtungen, aber auch darauf muß man sich erst mal einlassen wollen. 

Es geht hier auch nicht um eine unbedeutende Zahl von Objekten. Pro Jahr werden 430.000 Immobilien vererbt, und da pro Erbschaft im Durchschnitt 1,6 Immobilien den Eigentümer wechseln, sprechen wir jährlich neben den selbst genutzten Familienheimen von vermutlich um die 200.000 nicht selbst genutzten Objekten bzw. von solchen, die neben der Eigennutzung auch noch eine oder mehrere vermietete Wohnungen enthalten. Von allen geerbten Immobilien ist laut der verlinkten Quelle zum Erbschaftszeitpunkt für 120.000 Objekte ein Verkauf bereits aktiv geplant, und das dürften erstens mehrheitlich vermietete sein, und zweitens nehme ich aufgrund anekdotischer Evidenz an, daß es nach den ersten zwölf Monaten noch um einiges mehr geworden sind. 

Bei den drei vom Eigentümer seinen Kindern übertragenen Wohnungen bei uns im Haus, von denen ich 2019 zwei gekauft habe, ging beispielsweise die erste ca. ein Jahr nach dem Eigentumsübergang in den aktiven Verkaufsprozeß, die beiden anderen folgten mit ca. einem halben Jahr zusätzlicher Schamfrist. Der Vorbesitzer unseres Hauses wiederum hatte 2017 zur Finanzierung dieses Jahres ein geerbtes Dreifamilienhaus verkauft, in dem er selbst zunächst wohnte. Vermutlich haben Probleme mit einem Mieter, die bis zur Räumungsklage gingen, dazu geführt, daß er keine Lust hatte, in diesem Haus zu bleiben, in dem er es ja immer mit Mietern zu tun habe würde, und daß er statt dessen ein Haus haben wollte, in dem solche Probleme nicht entstehen würden. Ein Teil der durch Erbe zum Vermieter Gewordenen entdeckt halt erst mit der Zeit, daß er kein Talent und/oder keine Lust auf die damit verbundene Arbeit hat. Bei anderen kommt - sicherlich auch, weil in einem Todesfall zunächst die Trauer viel Raum einnimmt - erst im Laufe der Zeit der Gedanke auf, welche unerfüllten Wünsche man sich mit einem Verkaufserlös plötzlich doch noch erfüllen könnte. Und natürlich gibt es auch Wohnungen mit Problemmietern, bei denen es sich herausstellt, daß sie die nachlassenden Kräfte eines hinfälliger werdenden Vermieters, manchmal sogar richtig schamlos, ausgenutzt haben. Es ist zwar nicht der Regelfall, aber auch keine so große Seltenheit, daß Mieter ihre Mietzahlungen ganz einstellen, wenn sie merken, daß der Vermieter auf eine aus irgendwelchen Gründen verzögerte Mietzahlung nicht reagiert. Ich kenne selbst einen solchen Fall und dazu noch einen zweiten, wenn man verpachtete Kleingärten mit hinzurechnet. Also, der Erbe einer Mietwohnung kann aus seiner Sicht gute Gründe haben, sie nicht behalten zu wollen. Geerbte Wohnungen, insbesondere langjährig vermietete, sind aber besonders häufig auch ziemlich günstig vermietet. Erstens, weil das für langjährige Mietverhältnisse typisch ist, und zweitens dann, wenn der Vermieter in seinen letzten Lebensjahren nicht mehr viel Energie für die Verwaltung aufbrachte, aber andererseits auch niemand sonst damit beauftragt worden war. In solchen Fällen kann es sein, daß sich die Miethöhe sehr lange nicht verändert. 

Es gibt ja die Redensart "Sei vorsichtig mit dem, was du dir wünschst, du könntest es bekommen". Es gibt Leute, die glauben, das läge alles an den gierigen Wohnbaukonzernen und mit Wohnbaugenossenschaften wäre alles besser. Ein Blueskyer verlangte allen Ernstes, private Vermieter sollten ihre Wohnungen in Genossenschaften umwandeln. Aber auch Baugenossenschaften müssen für Neubauten nach eigener Angabe bei den heutigen Baukosten mit Quadratmetermieten von 18 bis 20 Euro kalkulieren. Bei einem Modell, das nicht gewinnerzielend, sondern nur kostendeckend sein muß! Billige Wohnungen gibt es also auch bei nicht gewinnmaximierenden Vermietern nicht in Form von Neubauten, sondern nur bei Wohnraum, der schon lange steht, und zwar meistens dann, wenn dieser Wohnraum schon lange in ihrem Eigentum ist. 

Dasselbe gilt aber auch für private Vermieter. Je länger ein privater Vermieter seine Wohnung schon besitzt, desto weniger ist er auf eine Miete angewiesen, die auf Basis heutiger Kaufpreise kalkuliert wurde, und desto häufiger verlangt er eine vergleichsweise niedrige Miete. Enteignungphantasien gegenüber privaten Immobilieneigentümern zielen deshalb neben den Abzockern, die es natürlich auch gibt, auf eine Mehrheit von fairen Vermietern, darunter auch viele mit besonders preisgünstigem Wohnraum.

Manchmal ist eine Erbschaft von Immobilien aus Sicht des Erben auch einfach zu kompliziert, um sie behalten zu wollen. Das liegt an der Erbschaftssteuer und zuweilen außerdem an noch laufenden Hypothekendarlehen. Denn das Geld, das vom Erben dann verlangt wird, muß er erst mal aufbringen. Das geht am einfachsten, wenn er die Immobilien gleich verkauft. Für Mieter bedeutet das meistens die Eigenbedarfskündigung, und zwar umso wahrscheinlicher, je günstiger die Miete ist. Denn warum sollte ein Kapitalanleger eine Wohnung kaufen, die ihm nur einen Bruchteil dessen an Miete bringt, was er bräuchte, um seine Kosten zu decken? Es gibt eine Minderheit unter den Kapitalanlegern, die solche Wohnungen kaufen und den Mieter auf illegale Weise loszuwerden versuchen. Aber meistens sind es die ganz normalen Wohnungssuchenden, die selbst einziehen wollen, die eine solche Wohnung kaufen und dann von der ihnen gesetzlich zustehenden Möglichkeit des Eigenbedarfs Gebrauch machen. 

Wieviel die Erbschaftssteuer ausmacht, wird gerne mal unterschätzt. Nur mal als Rechenbeispiel: Angenommen, die 25 geerbten Wohnungen aus dem Zeit-Artikel hätten durchschnittlich einen Wert von 250.000 Euro (was bedeutet, es sind ziemlich preisgünstige Objekte), dann beträgt ihr Gesamtwert 6,25 Millionen Euro. Im günstigsten Fall, nämlich als hinterbliebener Ehegatte, muß man dann ca. 920.000 Euro Erbschaftsteuer bezahlen. Ein einzelnes hinterbliebenes Kind käme schon auf eine knappe Million. Ein Erbe der ungünstigsten Kategorie, etwa ein unverheirateter Lebensgefährte, bezahlt mehr als 1,7 Millionen an Erbschaftssteuer. Sogar dann, wenn außerdem noch genügend Bargeld vorhanden wäre, um die Erbschaftssteuer auf die Immobilien sofort aufbringen zu können, müßte von diesem Barvermögen aber natürlich ebenfalls Erbschaftssteuer bezahlt werden. Man bräuchte also pi mal Daumen je nach Erbenklasse bis zu mehr als zwei Millionen geerbtes Bargeld zusätzlich zu den Immobilien, um das Finanzamt, wie von diesem erst mal verlangt, sofort auszahlen zu können. 

Jetzt kann ich wohl darauf warten, daß ein säuerlicher Einwand mich darauf hinweist, daß ja bei 25 geerbten Wohnungen auch entsprechend Mieteinnahmen reinkommen. Beim oben genannten Durchschnittskaufpreis wären das bei angenommenen ca. 1000 qm Wohnfläche und 10 Euro Mieteinnahmen pro qm (netto, also nach Bezahlung der Gas-, Müll- Wasserrechnung und anderer Hauskosten) immerhin 10.000 Euro monatlich. 

Aber bevor mir jetzt vorgeworfen wird, die Miete künstlich runtergerechnet zu haben, gehen wir lieber mal von Münchener Verhältnissen aus und verdoppeln wir diese Monatsnettomieteinnahmen auf 20.000 Euro monatlich.  

Rechenaufgabe 1: Wieviele Monatsmieten muß ein Erbe wie lange ansparen, um rein aus den Mieteinnahmen eine Erbschaftssteuer in Höhe von 1,7 Millionen Euro zu bezahlen? 

Rechenaufgabe 2:  Wo nimmt er in diesem Fall eigentlich das Geld für anfallende Reparatur- und Sanierungskosten her, die ja während dieses Zeitraums ebenfalls anfallen werden? 

Es kommt nicht von ungefähr, daß Erben von vermieteten Immobilien eine zehnjährige Stundungsfrist in Anspruch nehmen können. Das ist keine Wohltat für die Erben selbst, sondern ist als Mieterschutzmaßnahme gedacht. Es soll jedenfalls nicht das Finanzamt sein, daß einen Erben schlichtweg dazu zwingt, seine Mieter den Unbilden des Wohnungsmarkts auszusetzen, auch wenn er das eigentlich gar nicht tun möchte.

Das sind also eigentlich alles keine unlösbaren Aufgaben, aber man muß sie sich aufbürden wollen. Es ist durchaus zu verstehen, daß nicht jeder Erbe sich das antut. Ich habe deshalb ziemlichen Respekt vor dem Erben, der Omas 25 Wohnungen übernommen hat und sie behalten will und sich sogar selbst in seiner Freizeit um die Verwaltung kümmert. Das zeugt von einem Verantwortungsbewußtsein, das von den Hämischen keiner begreift und auch gar nicht begreifen will. Er hätte sich sehr viel schneller reich fühlen - und wie ein Reicher leben - können, hätte er diese Wohnungen einfach gleich verscherbelt.