Donnerstag, 30. Dezember 2021

Genuß vs. (Selbst-)Bestrafung

Mein Gewicht heute früh zu Beginn des letzten Fastentags des Jahres 2021: 90,9 Kilogramm. Den Silvester werde ich somit mit ungefähr 89 Kilogramm plusminus ein bißchen was und das neue Jahr mit vermutlich um die 90 Kilogramm beginnen. Wenn ich an Neujahr eine Acht an erster Stelle haben sollte, wäre das natürlich besonders angenehm, aber letztlich spielt es keine besondere Rolle. Wichtig ist mir nur, daß sich im Monat Dezember definitiv gezeigt hat, daß auch ein vorübergehender Einsatz von Low Carb eine nachhaltige Wirkung hat und damit künftig strategisch eingesetzte vorübergehende Low-Carb-Phasen genauso vielversprechend sind. 

Das Spannende daran ist, daß mein Mann jetzt gerade die treibende Kraft dafür zu werden scheint, auch bei "normaler" Ernährungsweise "lower carb" als vorher essen zu wollen. Gestern beispielsweise habe ich auf seinen Wunsch hin den Eier-Zucchini-Teig aus dem Backofen von der Big-Mac-Rolle gemacht und in nudelartige Streifen geschnitten, um auszuprobieren, ob er auch als Pasta-Ersatz tauglich ist. Das funktionierte, aber ganz überzeugt war ich vom Ergebnis noch nicht. Ich werde wohl die Streifen zusätzlich noch in der Pfanne anrösten, damit sie auch, nachdem sie mit der Pastasoße gemischt werden, ihre Konsistenz behalten. 

Ansonsten trinken wir gerade wieder Weinschorle statt Bier, einfach deshalb, weil wir beim Einkaufen Weine fanden, die uns interessierten. Und außerdem werde ich künftig beim Kuchenbacken wohl den Zucker weitgehend durch Xylit/Erythrit/Stevia-Mischung plus Holundersirup ersetzen. Ich hatte ja einen Teil meines Weihnachtsgebäcks wegen meines überlangen fünftägigen Fastentintervalls, nach dem ich einen Low-Carb-Tag einlegen wollte, ohne Zucker gemacht, und wir fanden sie geschmacklich genauso gut gelungen wie die gezuckerten (auch meine Familie, der ich einen großen Teil davon an Weihnachten mitbrachte, merkte keinen Unterschied), also wüßte ich im Moment keinen Grund, warum ich das dann nicht einfach immer so machen sollte, denn die höheren Kosten spielen für mich nun wirklich keine Rolle. 

Möglicherweise ernähren wir uns also als Folge des Low-Carb-Experiments jetzt gesünder, aber das ist dann nur ein Nebeneffekt, denn wir essen und trinken nach wie vor zu hundert Prozent genußorientiert, und darauf lege ich besonders großen Wert, weil ich die übliche genußfeindliche Herangehensweise beim Abnehmen strikt ablehne. 

Ich stieß dazu gerade auf eine neu entwickelte folterähnliche Methode, die DentalSlim Diet Control. Dabei werden von einem Zahnarzt Magnete an den Backenzähnen angebracht, die verhindern, daß man den Mund weiter als wenige Millimeter öffnen kann, weshalb man nichts anderes als Flüssigkeiten zu sich zu nehmen vermag. Auch wenn diese Methode etwas weniger brachial und entmündigend ist als die in letzter Zeit mit zunehmender Intensität beworbenen bariatrischen Operationen - die Maßnahme ist nicht irreversibel und der Patient kann die Dinger durch ein Notfall-Tool selbst lösen -, stammt es doch aus demselben Gruselkabinett der Selbstbestrafungsmethoden, denen die unwissenschaftliche Vorstellung zugrunde liegt, der Patient sei wegen seiner Sünden erkrankt und sein Weg zur Genesung liege darin, dies zu bereuen und Buße zu tun. Bei der DentalSlim Diet Control handelt es sich um ein Werkzeug, das beim Bußetun unterstützt und das "Schwachwerden" verhindert.

Neben allen Einwänden, die sich auf das falsche Mindset hinter der Therapieempfehlung beziehen, nehme ich außerdem an, daß es sich bei dieser Methode mal wieder um eine mit nur vorübergehender Abnahmewirkung handelt. Im verlinkten Bericht wurden nämlich Erfolge nach gerade mal zwei Wochen präsentiert. Laut der Studie, die dem Bericht zugrunde lag, setzte unmittelbar nach dem Entfernen der Magnete eine Wiederzunahme ein; nach weiteren zwei Wochen lag das Gewicht durchschnittlich wieder um 0,7 kg höher - und dies, obwohl die verbleibenden fünf von zunächst sieben Patientinnen - es waren alles Frauen, durchschnittlich Mitte bis Ende 30 und mit einem BMI um die 40 - zweifellos motiviert waren, nun noch weiter abzunehmen und normalerweise die ersten vier Wochen jeder Diät durch hohe Abnahmen gekennzeichnet sind.

Auf die abartige Idee mit dem Magnetverschluß für den Mund ist man in Neuseeland gekommen, und irgendwie wundert mich das nicht. Neuseeland ist ja auch Vorreiter beim Kampf gegen das Laster des Rauchens, das nunmehr für alle heute 14-Jährigen und Jüngere lebenslang verboten werden soll. Nicht nur als Raucherin muß ich festhalten, daß ich heilfroh bin, daß Deutschland - anders als zu anderen Zeiten - diesmal keine Speerspitze des vermeintlichen wissenschaftlichen Fortschritts ist, sondern eher ein bißchen hinterherhinkt und somit wahrscheinlich weit weniger gravierende Folgen unkluger gesundheitspolitischer Regulierungen mitausbaden muß. Denn wo es nicht gelungen ist, durch Verbote und Strafen die heutigen illegalen Drogen auszumerzen, sondern lediglich die Vertriebswege in den Untergrund abwanderten mit der Folge, daß 90 Prozent des gesundheitlichen Schadens ihrer Konsumenten nicht durch die Droge selbst, sondern die damit verbundene Illegalität entstehen, ist natürlich auch nicht anzunehmen, daß die heute legalen Drogen ohne vergleichbare Folgen illegal gemacht werden können. Von den gesellschaftspolitischen Folgen der neuen lukrativen Märkte, die kriminellen Strukturen damit auf dem Silbertablett angeboten werden, gar nicht erst anzufangen.

Die US-Alkoholprohibition ist wohl doch schon zu lange her, um verhindern zu können, daß es mit einem entsprechend moralinsauren Mindset verlockend scheint, ihre Methoden unter heutigen Rahmenbedingungen noch einmal auf die Probe zu stellen. Die verbindende Klammer zum Magnetverschuß des Munds mit dem Ziel, das Essen zu verhindern, in Neuseeland ist der "moralische" Unterbau unter der wissenschaftlichen Fassade, die Vorstellung von Genuß als Sünde, die eine so überragende Bedeutung hat, daß es niemanden mehr interessiert, welche "Kollateralschäden" - auch für eigentlich gänzlich Unbeteiligte - der Kampf gegen die Sünde - und damit verbunden die Kriminalisierung der Sünder - mit sich bringen wird.

Speziell in Sachen Adipositas finde ich es sehr bezeichnend, wie gering das Interesse an wirklich funktionierenden Lösungen dabei ist. Abnehmerfolge nach zwei Wochen könnten doch niemanden ernsthaft interessieren, der eine Lösung sucht, mit der das Adipositasproblem wirklich und mit dauerhafter Wirkung bekämpft werden könnte. 

Wir reden hier von einer geradezu spektakulären Zahl von Menschen, die unnötig leiden, psychisch sowieso, aber mit zunehmendem Alter auch in immer stärkerem Maß physisch, und deren Lebenserwartung, sobald noch Diabetes dazu kommt, mindestens so schlecht, wenn nicht schlechter ist als die eines Rauchers, und die gerade jetzt bei Corona besonders gefährdet sind. Fast die Hälfte aller Dialysefälle - bei versagenden Nieren - betrifft Diabetiker. Gerade heute las ich, daß sich in den USA die Zahl der Nierenerkrankungen im Endstadium seit 1990 mehr als vervierfacht hat und daß unter ihnen im letzten Jahr die Zahl der Coronaopfer so hoch gewesen ist, daß sich erstmals ihre Gesamtzahl wieder verringert hat. 

Das Perverse daran ist, daß nach dem Ende der Pandemie die Bevölkerung aus statistischer Sicht fürs Erste gesünder scheinen wird, als sie vorher gewesen war, da ja für Kranke aller Art das Risiko, an Corona zu sterben, höher als für Gesunde war. Meine Befürchtung ist, daß das auch den Druck verringern wird, sich mit der gebotenen Ernsthaftigkeit mit dem Adipositas-Problem auseinanderzusetzen. Für einige Jahre wird man sich im Wissenschaftsbetrieb das übliche "So tun, als ob" leider noch leisten können, während die Betroffenen weiter mit einem unlösbaren Problem ringen müssen, bei dem ihnen nur ein glücklicher Zufall zu einer für sie wirksamen Lösung führen, aber für zu viele in einem Teufelskreis aus Selbsthaß und Selbstbestrafung enden wird, der ihrer Gesunderhaltung aber nicht im mindesten helfen kann. 

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Nein, so negativ kann ich meinen letzten Blogbeitrag des Jahres nicht enden lassen. Der erwähnte glückliche Zufall hat mich zunächst zum Intervallfasten geführt und meine Erfahrungen daraus haben mir mit Low Carb nur nun schon zum zweiten Mal zu einer funktionierenden Methode verholfen - und wer weiß, das Wechseln der Methode nach ein paar Wochen kann sich dann als eine dritte herausstellen. Dem kommenden Jahr sehe ich für mich selbst also sehr optimistisch entgegen. Das Zielgewicht winkt mittlerweile von ferne, auch wenn es mir noch eher unwahrscheinlich vorkommt, daß ich es schon 2022 erreichen werde. Aber heute in einem Jahr sollte ich meine Pläne für den "Endspurt" - der letzten 6,5 Kilogramm Abnahme - mindestens bereits konkretisieren können, und sehr wahrscheinlich steht er dann schon kurz bevor. Ich freue mich auf das Jahr 2022! Und ich wünsche allen meinen Lesern, daß auch ihr Jahr 2022 eines sein wird, in dem sie ihre Ziele erreichen oder sich ihnen weiter annähern können.


Dienstag, 28. Dezember 2021

Fettleber-Diagnose als Schocktherapie?

Mein Gewicht heute früh vor dem ersten Fastentag nach Weihnachten: 91,7 Kilogramm, in meinem zu erwartenden Normalbereich "um die 90 Kilo herum", in dem sich mein Gewicht seit dem Ende von Low Carb nach einem kurzfristigen Sprung über die 93-Kilo-Marke jetzt eingependelt zu haben scheint (Beginn: 1.12.): 

 

Ob die leichte Tendenz nach oben ein echter Trend ist, kann ich erst Mitte Januar zu Beginn meines nächsten langen Fastenintervalls sagen. Der vorletzte Wert von gestern, 92 Kilogramm, stammte vom Nachmittag und lag natürlich höher, als es der am Morgen gewesen wäre. Weil Neugier bekanntlich schlimmer als Heimweh ist, mußte ich gestern natürlich unbedingt noch wissen, was ich nach den Feiertagen wiege, und wenn ich mich wiege, muß ich das Ergebnis natürlich auch erfassen. In der Grafik sieht die Sache nun aber natürlich so aus, als ginge mein Gewicht nach oben. Ein Novum ist, daß ich nicht etwas weniger, sondern etwas mehr wiege als am Montag vor Weihnachten. Es sind nur 400 Gramm, und die können alle möglichen Gründe haben - aber vielleicht ist das tatsächlich ein Hinweis auf eine leichte Aufwärts-Tendenz.

Die beiden letzten Fastentage des Jahres gibt es heute und am 30. Dezember, und im neuen Jahr habe ich den ersten Fastentag am 4. Januar, gleichzeitig auch der Tag meines ersten EMS-Trainings. Mit größeren Gewichtsveränderungen bis dahin rechne ich eigentlich nicht mehr. Vermutlich werde ich mit um die 92 Kilogramm Lebendgewicht dort aufschlagen, mit ein bißchen Glück etwas weniger, mit ein bißchen Pech etwas mehr, aber jedenfalls unter 93. Damit kann ich schon jetzt festhalten, daß mein Low-Carb-Experiment zu einem nachhaltigen Erfolg geführt hat, da ich bei gleichem Gewichtsverlauf wie letztes Jahr mit einem Gewicht zwischen 96 und 97 Kilo hätte rechnen müssen. Und ich bezweifle sehr, daß ich im Januar weiter zunehmen werde, denn auch wenn das EMS-Training zu keiner Abnahme führen sollte, nehme ich an, daß ich jedenfalls mindestens damit mein Gewicht halten werde.

Bei meiner letzten Vermessung beim EMS-Training am 18. September 2019 wog ich 102,9 Kilogramm, allerdings war das NACH einem Fastentag. Am Tag davor wären wohl um die 105 Kilogramm herum herausgekommen (auf meiner eigenen Waage waren es 104,6, aber die Digitalwaage im Studio zeigt aus unerfindlichen Gründen immer ca. ein halbes Kilo mehr an). Ich nehme also an, mit meinem jetzigen Gewicht kann ich meinen Trainer ein bißchen beeindrucken, auch wenn es mir nicht gelungen ist, mit einem Gewicht unter 90 Kilo bei ihm aufzuschlagen, was mir natürlich eigentlich noch lieber gewesen wäre.

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Mein kleiner Bruder (kürzlich ist er 52 Jahre alt geworden ;-) ) wiegt jetzt nicht mehr 85, sondern nur noch 83 Kilogramm, also werde ich noch ein Weilchen brauchen, um ihn gewichtstechnisch zu unterbieten. Aber das verzeihe ich ihm, denn sein Arzt hat ihn kürzlich mit der Diagnose Bluthochdruck, Fettleber und erhöhter Cholesterinspiegel erschreckt, und jetzt bemüht er sich natürlich, dem entgegenzuwirken. Was ihm sein Arzt dazu empfohlen hat, überschneidet sich teilweise mit dem, was ich ihm auch empfohlen hätte, folgt aber natürlich ganz orthodox der Kalorienlogik. 

Was ich beunruhigend finde, ist daß bei meinem Bruder eine Fettleber diagnostiziert worden ist, nachdem er im Lauf der letzten ein, zwei Jahre bereits zehn Kilogramm abgenommen hatte. Mein Bruder ist eigentlich immer schlank und sportlich gewesen. Erst als er sich dem fünfzigsten Geburtstag näherte, hat er schleichend ein Bäuchlein entwickelt. Sein Maximalgewicht lag bei 95 Kilo, aber mit den 85 Kilogramm, die er zur Zeit seines Arztbesuchs hatte, lag er schon wieder an der Grenze zum Normalgewichtsbereich.Wenn er da immer noch eine Fettleber hatte, kann man dann aber ernsthaft erwarten, daß ausgerechnet die nächsten zwei Kilo Abnahme von 85 auf 83 Kilo nun speziell seine Leber entlastet haben? Darauf sollte ich ihn wohl nochmal ansprechen, das fiel mir nämlich erst nach unserem Telefongespräch ein.

An seiner Stelle würde ich spätestens nach dem nächsten Check, falls es da nicht deutlich besser geworden ist, entweder über Low Carb oder Intervallfasten - oder vielleicht auch beides - nachdenken.

Fettleberdiagnosen sind meinem Eindruck nach schon so ein bißchen eine Modediagnose geworden Früher wurde das, glaube ich, gar nicht routinemäßig untersucht, es sei denn im Zusammenhang mit Alkoholproblemen. Berechtigt ist eine solche Untersuchung aber eigentlich schon. Mein Bruder hat auch eine "richtige" Diagnose auf Basis einer Ultraschall-Untersuchung bekommen, nachdem er nach langer Zeit zum ersten Mal wieder bei einem Arzt gewesen war und einen Rundum-Checkup vornehmen lassen hatte. Aber er ist ja auch als Normalgewichtiger untersucht worden. Bei unsereinem, unterstelle ich mal, läuft das häufig wie bei meinem Hausarzt, der mir bei meinem vorläufig letzten Besuch im Herbst 2019 ebenfalls eine Fettleber bescheinigte, so ganz beiläufig, als wir eigentlich über etwas ganz anderes sprachen.

Diese Diagnose habe ich ihm schlicht und von vornherein nicht geglaubt, denn er hatte mich ja gar nicht einschlägig untersucht. Auch die Blutwerte ergaben überhaupt keinen Hinweis auf eine Fettleber, das habe ich daheim dann noch einmal überprüft und alle einschlägigen Werte waren tief im Normalbereich. Und wie man nach über zwei Jahren regelmäßigem Intervallfasten immer noch eine Fettleber haben soll, wäre auch schwer zu erklären, denn dieses Fett wird ja wohl als Erstes verbraucht. Im Gegensatz zu meinem Bruder, der wohl recht erschüttert die Praxis seines Arztes verließ, konnte mich mein Doc also nicht schockieren. Ich zuckte mit den Achseln und sagte ihm: "Das macht nichts, wenn ich mein Zielgewicht erreicht habe, ist die ja wieder weg."

Offenbar könnte ich mir da aber gar nicht so sicher sein, wenn ich tatsächlich eine Fettleber hätte. Gut also, daß ich gute Gründe hatte, die Behauptung meines Arzt von vornherein nicht für bare Münze zu nehmen, weil er sie ungeprüft einfach mal in den Raum warf, wohl in der Annahme, bei so einer Figur wie meiner könne er sich eines Treffers ziemlich sicher sein.

Eigentlich kann ich solche billigen Psychospielchen von Medizinmännern auf den Tod nicht ausstehen.  Die darin versteckte Unterstellung, daß die Krankheit eine Art Strafe für erwiesene Lasterhaftigkeit (erkennbar an meinem Übergewicht) sei, finde ich ziemlich unverschämt. Daß ich mich über meinen Doc trotzdem überhaupt nicht geärgert habe, wundert mich fast ein bißchen, denn eigentlich wäre es typischer für mich gewesen, sofort an die Decke zu gehen. Daß ich in diesem Fall über den Dingen stehe, hat wohl damit zu tun, daß ich mir so vollkommen sicher bin, daß ich gerade alles richtig mache. Wenn ich eines Lasters schuldig sein sollte, dann wohl der Arroganz, denn gerade meinem Hausarzt fühle ich mich in Sachen Ernährung seit unseren Gesprächen über dieses Thema haushoch überlegen. Er muß sich seine überschüssigen Kilos immer wieder herunterjoggen und ist überzeugt davon, von vornherein keine Chance mehr zu haben, Normalgewicht zu erreichen und halten zu können. Wie könnte ich mich von ihm in dieser Frage einschüchtern lassen? Er tut mir eher ein bißchen leid. 

Wann immer jedenfalls im Abnehm-Forum jemand neu auftaucht, der diese Fettleber-Diagnose erhalten hat, frage ich mich insgeheim, ob diese Diagnose wirklich bestätigt ist oder von dem zugehörigen Arzt einfach mal wie von meinem locker aus dem Ärmel geschüttelt wurde, vielleicht gemeint als eine Art Schocktherapie - denn die meisten Leute sind dann wohl wirklich schockiert. Und außerdem sind solche Mätzchen natürlich vor allem überhaupt nicht geeignet, mein grundsätzliches Mißtrauen gegen Ärzte und vergleichbarer "Experten" zu verringern.




Montag, 20. Dezember 2021

Der geizige und der großzügige Stoffwechsel

Mein Gewicht heute früh zu Beginn des ersten Fastentags der Woche: 91,3 Kilogramm - der Gewichtstiefststand vom 22.11. beim "Vorher-Gewicht" ist somit wieder erreicht, was ich eigentlich kaum noch zu hoffen gewagt hatte. Die 93,1 Kilogramm von vor zwei Wochen waren wohl einer Überreaktion des Körpers zuzuschreiben, nachdem ich wieder angefangen hatte, Kohlenhydrate zu essen. Vielleicht lag es ja daran, daß ich durchaus Nachholbedarf an KH verspürt und ihn auch genüßlich ausgelebt habe (Weihnachtsgebäck und so). Nach knappen drei Wochen hat sich das offenbar wieder eingependelt.

Zum selben Zeitpunkt im letzten Jahr, am Montag vor Weihnachten, wog ich 100,4 Kilogramm, das sind 9,1 Kilogramm mehr als heute. Wenn ich die letztjährige Entwicklung des darauffolgenden zwei Wochen anschaue, lag ich am 4.1.21 mit 101,4 exakt ein Kilogramm höher. Ich kann also beruhigt in die Feiertagssaison gehen, denn eine Wiederzunahme größeren Umfangs als im letzten Jahr kommt mir für die nächsten zwei Wochen ziemlich unwahrscheinlich vor. Schon das letzte Jahr war im Vergleich zu den Vorjahren ja ein Ausreißer nach oben, in den Vorjahren war mein Gewicht Anfang Januar nämlich sonst immer ungefähr gleich wie das vor Weihnachten gewesen. Meine Low-Carb-Abnahme sollte mir also mindestens zum größten Teil erhalten geblieben sein, wenn ich in zwei Wochen mit dem EMS-Training anfangen werde. Das ist eine beruhigende Aussicht. 

Zum Vergleichen: Wäre meine Gewichtskurve dieses Jahr zwischen Oktober und Dezember so verlaufen wie im letzten Jahr, hätte ich Anfang Januar mit zwischen 96 und 97 Kilogramm rechnen müssen. Angesichts dessen sehe ich die Aussicht auf zwischen 92 und 93 Kilogramm - und das auch nur, wenn ich ein bißchen Pech habe, seeehr entspannt.

Ich denke darüber nach, ab nächstes Jahr generell bei langen Fastenintervallen abends immer einen halben Liter Fleischbrühe zu mir zu nehmen, um durch die damit verbundene Salzaufnahme die wasserbedingten Schwankungen beim Gewicht zu verringern. Das hätte zur Folge, daß mein Niedrigstgewicht von 86,5 Kilogramm mir wahrscheinlich ein paar Wochen länger als andernfalls erhalten bleiben wird. Auch wenn ich es liebe, neue Niedrigstgewichte verkünden zu können, und ich es dann wahrscheinlich kaum erwarten kann, bis es endlich wieder soweit ist: Letztlich ist es mir mittlerweile lieber, wenn die Waage immer ein möglichst realistisches Gewicht anzeigt - ein Zeichen dafür, daß ich mich meinem Zielgewicht jetzt doch schon recht nahe fühle, auch wenn noch mindestens ein Jahr ins Land gehen wird, bis ich es hoffentlich aus allernächster Nähe sehen werde. Diese eingeschlichenen kleinen Psychotricks, die bislang durchaus motivierende Wirkung hatten, kommen mir mittlerweile überflüssig vor.

Und was ist schon ein weiteres Jahr, wenn man schon mehr als viereinhalb Jahre hinter sich gebracht und einen das Fasten in dieser gesamten Zeit ja gar keine sonderliche Überwindung gekostet hat? Der Schlüssel dafür liegt meines Erachtens darin, dabei kein Kaloriendefizit anzustreben, weil genau das dazu führt, daß die Verschiebung von Mahlzeiten um einen, zwei, drei oder vier Tage so einfach ist. Mein Körper "schreit" nicht nach Nährstoffen, auch wenn er vier Tage lang keine bekommt. Er weiß ja, daß er gut versorgt wird, sobald es wieder zu essen gibt.

Ich habe ja schon die seltsamsten Reaktionen erlebt, wenn ich das anderen Leuten erkläre. Bei manchen habe ich das Gefühl, ich löse eine Art Kurzschluß in dem Hirnareal aus, das für die Informationsverarbeitung zuständig ist, einen Bluescreen, die Meldung eines "schweren Ausnahmefehlers". Sie nehmen die Sache einfach nicht wahr, weil irgendein mentaler Selbstschutzmechanismus sie ausblendet - ähnlich wie Forensoftware Fäkalsprache manchmal automatisch durch Sternchen ersetzt -, und jede denkbare Antwort enthält dieses Nichtbegreifen ganz deutlich. Andere sind zwar zu höflich, um mir zu widersprechen, aber das, was sie selbst tun, um ihr eigenes Gewicht im Griff zu behalten, widerspricht mir stumm. Und dann gibt es natürlich auch noch die Besserwisser und die Wegerklärer, allerdings trauen die sich meistens nur online, denn im richtigen Leben hat bislang nur mein Hausarzt sich in dieser Disziplin versucht, aber dann doch trotz allem auf eine Art, die ich ihm nicht übelgenommen habe. Das ist eine Kunst für sich, denn im Übelnehmen kann ich zu großer Form auflaufen.

Meistens verzichte ich darauf, mit "Kalorienlogikern" über meine Abnehmmethode zu streiten. Aber manchmal sticht mich doch der Hafer, vor allem, wenn bestimmte Schlüsselphrasen fallen ("Abnehmen funktioniert NUR mit einer negativen Energiebilanz" und ähnliches) und die Selbstgefälligkeit derjenigen, die sie äußern, mir auf den Zeiger geht. Hinterher frage ich mich dann aber fast immer, wozu das nun eigentlich gut gewesen ist. Werde ich auf diese Weise irgendwen überzeugen können? Natürlich nicht, dafür widerspricht diese Sache viel zu sehr allem, was ihnen ihr ganzes Leben lang eingehämmert worden ist. Genausogut könnte ich da behaupten, daß mir Kiemen wachsen, wenn ich ins Wasser gehe, und ich deshalb unter Wasser atmen könne (Spoiler: Nein, das passiert natürlich nicht). 

Darauf, daß mit der Kaloriensache irgendetwas nicht so funktioniert, wie es der Theorie nach sein müßte, muß - solange das nicht von allen gesundheitspolitischen Kanzeln gepredigt wird - wohl erst einmal jeder einzelne von alleine kommen - und manche kommen wohl niemals darauf, egal wie oft sie mit dieser Methode reingefallen sind. Solche Leute zu überzeugen, ist nicht meine Mission. Allerdings muß mein Hausarzt - den ich schon seit über zwei Jahren mangels Notwendigkeit nicht mehr aufsuchen mußte - natürlich trotzdem damit rechnen, daß ich mich umgehend bei ihm anmelden werde, sobald ich mein Zielgewicht erreicht habe. Alleine schon aus Angeberei. ;-)

Die Sache mit der Energiebilanz ist ja für sich genommen noch nicht einmal falsch, nur wird dabei fälschlicherweise davon ausgegangen, daß zwischen der Aufnahme von Nahrungsenergie und ihrem Verbrauch nichts weiter geschieht, dessen Einfluß auf die Energiebilanz mitberücksichtigt werden müßte. Dabei spielt es eine große Rolle, ob der Körper einen Energieüberschuß, etwa in Form von Schwitzen, dann eben zusätzlich verheizt oder ob er dies nicht tut und ihn unter den Reserven bunkert.

Ich fand es in diesem Zusammenhang besonders erhellend, wie verschwenderisch der Körper mit seiner gespeicherten Energie umgeht, wenn man in Ketose ist, was ja nicht nur bei ketogener Ernährung, sondern auch bei längeren Fastenintervallen geschieht. Denn die Ketonkörper, die im Urin nachweisbar sind, enhalten ja auch Energie - je Ketonkörper ungefähr so viel wie eines dieser berüchtigten Pontzerschen M&Ms -, und diese Energie wird aus irgendwelchen Gründen einfach ungenutzt über den Urin ausgeschieden. Zusätzlich zu der Energie aus Ketonkörpern, die verstoffwechselt werden! Und kurioserweise werden es umso mehr Ketonkörper, die auf diese Weise ungenutzt in die Kanalisiation gekippt werden, je länger man gar keine Nahrung zu sich nimmt. Über die Keto-Sticks konnte ich das über vier Fastentage hinweg verfolgen: Erstmal in Spuren nachweisbar sind Ketonkörper im Urin für gewöhnlich nach 36 Stunden, und sie werden dann jeden Tag mehr. Da ist es natürlich kein Wunder, wenn viertägige Fastenintervalle eine bessere Abnahmewirkung zeigen als vier Fastentage im Wechsel mit Eßtagen.

Ob sich das ab Tag 5 noch weiter fortsetzt, weiß ich natürlich nicht - aber jedenfalls an drei Fastentagen von vieren prasseln bei jedem Klogang etliche M&Ms ungenutzt in die Kloschüssel. Das erweckt jedenfalls nicht den Eindruck, als müsse man sich beim Fasten den Körper in einer Art Sparmodus vorstellen (wie das auch Ernährungsspezialisten wie mein Lieblingsfeind Professor Hauner oft glauben), so wie er hingegen bei einer kalorienreduzierten Diät verschiedentlich nachgewiesen worden ist (auch wenn es immer noch eine Menge Leute gibt, die Nadja Hermann glauben, daß dies nur eine längst widerlegte "Fettlogik" sei). 

Aus irgendwelchen Gründen macht Fasten den Stoffwechsel also großzügig, aber Diäten machen ihn geizig.

Ob man überhaupt einen Energieüberschuß aufweist, ist daneben gar nicht so leicht zu bestimmen. Das gilt sowohl für die "Einnahmenseite" wie auch für die "Ausgabenseite". 

Nachdem ich zwischen September und November drei Monate lang meine Nahrungskalorien relativ grob erfaßt habe, bin ich der Meinung, daß es sinnlos gewesen wäre, mich noch kleinteiliger in diese Aufgabe hineinzufitzeln, um möglichst exakte Ergebnisse zu bekommen. Denn es gibt ja praktisch kein Lebensmittel, bei der eine Kalorienmenge in der Größenordnung der sprichwörtlichen "5 M&Ms", also 20 Kalorien (die angeblich, täglich über Bedarf genossen, zu einer Zunahmen von einem Kilogramm pro Jahr führen), sicher meßbar sind. Bei natürlichen Produkten liegt dieser Gedanke auch nahe (denn es ist unlogisch, bei unterschiedlichen Wachstumsbedingungen, von der Sonneneinstrahlung bis zum Dünger, exakt identische Energiegehalte zu erwarten), aber auch bei industrieller Nahrung wird auf der Verpackung darauf hingewiesen, daß es sich bei den Nährstoffangaben lediglich um Näherungswerte handelt. 

Zur Wirkung von Sport auf den Grundumsatz habe ich mich schon wiederholt an anderer Stelle geäußert, ein Beispiel hier.

Als Nichtsportlerin fand ich es interessant, kürzlich zu erfahren, daß es für den Gesamtenergieumsatz des Körpers, dabei nur der Sport ausgeklammert, in der wissenschaftlichen Literatur einen eigenen Begriff gibt: Non-exercise acitivity Thermogenesis, abgekürzt NEAT. Laut dieser Arbeit kann dieser Wert bei zwei Personen gleichen Gewichts, gleicher Größe, gleichen Alters und gleichen Geschlechts um bis zu 2000 kcal voneinander abweichen, ohne daß dies aber ausschließlich bzw. vor allem auf die unterschiedlichen Bewegungsgewohnheiten zurückzuführen sei. Dn größten Teil des menschlichen Energieverbrauchs macht dabei aber der Grundumsatz (BMR) aus. Bei Schreibtischtätern wie mir kann man davon ausgehen, daß er um die 60 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs (TEE) ausmacht.

Vielleicht an dieser Stelle noch einmal eine Auflistung die üblichen Abkürzungen in englischsprachigen Studien, damit die Begrifflichkeiten eindeutig sind.

  • BMR (Basic metabolic Rate): Grundumsatz. 
  • Fast dasselbe mit nur geringfügigen Abweisungen ist der REE (Resting enery expenditure)
  • NEAT (Non-exercise acitivity Thermogenesis): Energieverbrauch gesamt, ausgenommen Sport
  • EAT (exercise activity Thermogenesis): Energieverbrauch durch Sport
  • TEE (Total energy expenditure): Gesamtenergieverbrauch (einschließlich Sport)

Weniger bekannt ist TEF (Thermic effect of food). Der ist auch wichtig, denn - was vielen Leuten nicht klar ist -, die Verarbeitung der Nahrungsenergie ist ebenfalls energieintensiv. Der TEF repräsentiert laut der verlinkten Studie zwischen 8 und 15 Prozent der TEE, also des Gesamtenergieverbrauchs. Kurioserweise kann laut dieser Studie mehr zu essen den Gesamtenergieverbrauch also offenbar stärker erhöhen als zwei Stunden Sport pro Woche, denn die werden von den Autoren mit lediglich ein bis zwei Prozent Erhöhung der TEE eingeschätzt. 

Eigentlich sollte man im Umkehrschluß ja davon ausgehen müssen, daß während des Fastens der Energieverbrauch um dem TEF sinken, also der Gesamtenergieverbrauch niedriger ausfallen müßte. Aber tatsächlich scheint eher das Gegenteil der Fall sein. Das hat vermutlich den Grund, daß die Umwandlung von Fett in Ketonkörper sogar noch energieintensiver ist als die Verarbeitung von Nahrungsenergie. Und wenn man sich dann noch vor Augen hält, wieviele von diesen Ketonkörpern einfach ungenutzt ausgeschieden werden, ist klar, daß diese Umwandlung den körperlichen Bedarf ein gutes Stück übersteigen muß.

Die Autoren der verlinkten Studie nahmen auch Bezug auf eine "Überfütterungs-"-Studie, deren Teilnehmer täglich 1000 Kalorien über ihrem Bedarf verspeisen mußten. Bei ihnen wurde eine Steigerung des Energieverbrauchs um durchschnittlich immerhin 554 Kalorien festgestellt (somit führte im Durchschnitt also weniger als die Hälfte des Überschusses zu einer Zunahme), davon ca. ein Viertel durch den TEF verursacht. Ein kleinerer Teil des Anstiegs lag an einem Anstieg des BMR, aber der größte Teil des gestiegenen Gesamtenergieverbrauchs wurde einem höheren NEAT, also eine Veränderung des spontanten Bewegungsverhaltens, zugeschrieben. Ob das bei kalorienreduzierten Diäten mit oder ohne Sportprogrammen auch in die Gegenrichtung geschieht? Also, daß der NEAT dann sinkt? 

Die Autoren erwähnten dankenswerterweise aber selbst, daß die Bandbreite der individuellen Wirkungen - also nicht als Durchschnittswert, sondern bezogen auf einzelne Teilnehmer - betrachtet, sehr groß ist. Sie stellten auch fest, daß es ausgesprochene "Non-Responder" gibt, deren Stoffwechsel mit überdurchschnittlichen Gegenreaktionen auf jeden Beeinflussungsversuch reagiert. Das illustriert wieder einmal ausgezeichnet, daß diese Durchschnittswerte, die nahezu in allen Studien die Ergebnisse darstellen und für gewöhnlich für das Maß aller Dinge für Handlungsempfehlungen gehalten werden, auch dann, wenn die Empfehlungen ausnahmsweise mal etwas taugen sollten, niemals den Bedürfnissen aller Ratsuchenden gerecht werden können - genaugenommen taugen sie vielleicht sogar nur für eine Minderheit, denn sie werden natürlich dem oberen Ende des Reaktionspektrums genausowenig gerecht wie dem unteren. Daß "die in der Mitte" immer die Mehrheit ausmachen, kommt sicherlich oft genug vor, ist aber nicht unbedingt gesagt.

Man kann die Sache drehen und wenden, wie man will: Letztlich muß jeder, der Gewicht verlieren will, vor allem beobachten, wie sein eigener Körper reagiert, und seine Strategie daran anpassen, wenn er Erfolg damit haben will. 

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Morgen um 9.20 habe ich den Termin für den Booster-Pieks vereinbart. Das wollte ich eigentlich erst nach den Feiertagen machen, nur für den Fall einer Impfreaktion. Aber mein Mann weigert sich rundheraus, sich vor dem Ende seines Urlaubs boostern zu lassen, und ich glaube, so lange möchte ich dann doch wieder nicht warten. Und dann stellte ich fest, daß ich morgen auf dem Weg zum Wochenmarkt sowieso an einem Impfzentrum mit vielen, vielen noch freien Terminen vorbeikomme ... Drückt mir also die Daumen, daß ich alle etwaigen Impfreaktionen an Heiligabend schon überstanden habe!

Donnerstag, 16. Dezember 2021

Freßt Scheiße, Millionen Fliegen können nicht irren?

Mein Gewicht heute früh zu Beginn von Fastentag 2 der Woche: 89,8 Kilogramm, 1,1 Kilogramm weniger als vor zwei Wochen am Donnerstag. Morgen kann ich wohl mit um die 88 Kilogramm rechnen und wahrscheinlich wird mein Gewicht erst am Sonntag wieder die 90 übersteigen - und am Montag (sowie am Mittwoch) faste ich dann ja noch einmal. Das sieht jetzt wieder ganz vernünftig aus. Nachdem mein Gewicht vor zwei Wochen so viel stärker hochgegangen war, als ich das erwartet hatte, finde ich das beruhigend. Es wäre schon ärgerlich, den Erfolg durch Low Carb vom Jojo auffressen lassen zu müssen. 

Aber ich sehe die physische Veränderung ja auch an meiner Kleidung. Das Kleid in Größe 40, das ich letztes Jahr für Weihnachten gekauft hatte und das dann nicht zum Einsatz kam, weil es bis Weihnachten noch nicht gut genug paßte, habe ich gerade an. Hosen habe ich aktuell eine in Größe 40 und drei in 42 im Einsatz, und eine der letzteren habe ich auch schon in 40 nachgekauft und als in Reserve im Schrank liegen. Ich gehe davon aus, daß ich sie spätestens im Frühjahr anziehen werde.

Mich beschäftigt gerade ein Statement, das ich auf Twitter las und mit dem ich nicht einverstanden bin: 

Dachzeile: Fakten vs. Meinung. Headline: Das steckt hinter False Balance. Darunter ist eine Waage zu sehen. Auf der linken Seite: viele rote Männchen, auf der rechten Seite ein dunkelblaues Männchen. Daneben ist ein Fernseher mit einem roten und einem dunkelblauen Männchen. Darunter ist wieder eine Waage. Diesmal mit je einem roten und dunkelblauen Männchen auf jeder Seite. Die Waage ist ausgeglichen.

Fakten versus Meinung also wird hier behauptet. Aber das stimmt in Wirklichkeit gar nicht. Einen "wissenschaftliche Konsens" mit "Fakten" gleichzusetzen ist falsch, denn der wissenschaftliche Konsens ist ebenfalls eine Meinung, und egal, wie überwältigend die Einigkeit in dieser Meinung sein mag, sie kann dennoch falsch sein. Ignaz Semmelweis beispielsweise vertrat zu seinen Lebzeiten eine Minderheitenmeinung, und man hätte Zigtausende Menschenleben retten können, wenn man sich nicht so lange, überwiegend aus Wissenschaftlereitelkeiten heraus, an den damaligen wissenschaftlichen Konsens geklammert hätte. 

Genaugenommen enthält die Grafik zur "False Balance" außerdem noch eine weitere Fehlinformation denn in Wirklichkeit ist es ja doch eher so, daß die Bemühungen, die Minderheitenmeinung als falsch darzustellen, ihr in Wirklichkeit sogar eher einen überproportionalen Anteil an der Berichterstattung zubilligt, weil dies auch in jeden einzelnen Bericht über die für richtig gehaltene Mehrheitsmeinung mit einfließt und fester Bestandteil der Überzeugungsarbeit ist, die Journalisten zum Wohle derselben leisten.

Aber was heißt das eigentlich für den journalistischen Umgang mit Mehrheits- und Minderheitenmeinungen? Denn natürlich stimmt es dann schon wieder, daß es einen falschen Eindruck erweckt, wenn beides zu gleichen Anteilen in den Medien vertreten ist. Aber das gilt ja nur, wenn beides neutral einfach nur wie von ihren Vertretern behauptet wiedergegeben wird, ohne daß dabei ein eigenes Urteil seitens des Autors mit ins Spiel kommt.

Guter Journalismus wäre es meines Erachtens, sowohl für den "wissenschaftlichen Konsens" als auch die Minderheitenmeinungen nach sie bestätigenden oder widerlegenden Fakten zu suchen und darüber (also ergänzend zu der Darstellung der Meinung) zu berichten. Schlechter Journalismus ist es, eine Mehrheitmeinung kurzerhand mit Fakten zu verwechseln - gar nicht davon zu reden, sie mit dem heute üblichen Feuereifer ohne eigene gewissenhafte Prüfung gleich zum Maß aller Dinge zu machen. Wenn die Zeit und die Kompetenz für die nötigen Recherchen in den Redaktionen nicht vorhanden ist und deshalb die Gewohnheit entstanden ist, lediglich die Meinung der Mehrheit wiederzugeben, kann man es eigentlich auch gleich bleibenlassen, denn das Risiko, damit Irrtümer zu verbreiten, ist größer, als das den meisten bewußt ist, denn - siehe die oben erwähnten Wissenschaftlereitelkeiten - es menschelt nun einmal auch im Wissenschaftsbetrieb, und die Vorstellung, dort ginge es immer strikt rational zu, ist naiv - obwohl die Verschwörungstheorien über die angeblichen geheimen Lenker mancher Mehrheitsmeinungen und deren vermutete finstere Absichten nicht weniger naiv sind. Ich fand diese Karikatur zu Fakten, Wissen und Verschwörungstheorien immer sehr einleuchtend: 

In der Demokratie ist mit gutem Grund die Gewaltenteilung ein zentrales Element: Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung in einer Hand, auch dann, wenn die besten Absichten damit verbunden werden, sind diktatorische Vollmachten, die fast zwangsläufig zu ihrem Mißbrauch führen. Ich glaube, in der Wissenschaft müßte man ein ähnliches Modell entwickeln, um die Einflüsse von nichtwissenschaftlichen Motivationen, von der Abhängigkeit von kommerziellen wie nichtkommernziellen Geldgebern über Gruppenegoismen und -rivalitäten bis hin zu persönlichen Karrierebestrebungen oder anderen Störfaktoren in der Persönlichkeit des einzelnen Wissenschaftlers, aber auch gruppendynamischen Wirkungen auf die Richtigkeit der Ergebnisse zu verringern und damit die Abweichungen des wissenschaftlichen Konsenses von den Fakten so gering wie möglich zu halten. Natürlich würde es dennoch Irrtümer geben - so, wie in einer Demokratie auch die Gewaltenteilung niemals jeden Mißbrauch von Macht und Insiderkenntnissen verhindern kann -, aber man könnte vermeidbare Irrtümer häufiger vermeiden, als es jetzt der Fall ist, da die Mehrheitsverhältnisse als vermeintlicher Beleg für die Richtigkeit einer Meinung herhalten müssen, was natürlich dazu führt, daß Minderheitenmeinungen zu äußern im Wissenschaftsbetrieb so riskant für das weitere berufliche Fortkommen ist, daß es Anreize dafür nur für Außenseiter gibt, die entweder, etwa aus Altersgründen, keinen Karriereehrgeiz zu pflegen haben oder sich in der Rolle des Rebellen aus irgendeinem Grund besonders gut gefallen.

Minderheitenmeinungen sind eigentlich wichtig, sogar dann, wenn sie falsch sind. Oft legen sie auch dann den Finger in eine Wunde, in der die Mehrheitsmeinung in einem Teilbereich Unstimmigkeiten aufweist oder vielleicht auch nur die daraus resultierenden Maßnahmenempfehlungen ganz oder teilweise in eine falsche Richtung gehen. Sogar als Laie könnte ich mehr als genug wissenschaftliche Irrtümer aus meinem eigenen Lebzeiten aufzählen; solche, die sich nach Jahrzehnten "wissenschaftlichen Konsenses" vor einiger Zeit schließlich doch noch aufgeklärt haben, wie etwa der Irrtum von der Gefährlichkeit des Nahrungscholsesterins, aber auch solche, bei denen die bislang noch ausstehende Aufklärung meiner festen Überzeugung nach früher oder später kommen muß. Darunter natürlich auch die gängigen Grundannahmen zur Frage der Gewichtszu- und -abnahme, denen ich ganz besonder ein möglichst baldiges Ende wünsche, weil damit Menschen wirklich vor Krankheit und Tod geschützt werden könnten, anstatt immer nur so zu tun als ob, wie das in der "Prävention lebensstilbedingter Krankheiten" bislang der Fall ist.

Vermeidbare Irrtümer gibt es aber auch zum Intervallfasten. Mir sind Dutzende davon in einem Buch mit dem schlichten Titel "Intervallfasten" begegnet. Autorin ist eine gewisse Anna Cavelius, laut Klappentext eine "Wissenschaftsjournalistin". Auf der Suche nach den Ursachen dafür, daß mir dieses Buch so schlecht vorkam, las ich das Autorenporträt bei Amazon: 

Anna Cavelius (M.A. Philosophie) studierte Philosophie, Literatur und Geschichte in München, Siena und Salamanca. Nach zehn Jahren freier Theaterarbeit in München entschied sie sich für ihre zweite Passion, das Schreiben. Seit 1995 schreibt sie als Autorin, Ghostwriterin und Wissenschaftsjournalistin über Gesundheits- und Lifestylethemen. So war sie unter anderem Co-Autorin der millionenfach verkauften Schlank-im-Schlaf-Reihe mit Bestsellerautor Dr. med. Detlef Pape. Als Ghostwriterin arbeitete sie zuletzt mit Dr. Franziska Rubin und Dr. Johannes Wimmer, Spitzenkoch und Nutritionist Holger Stromberg oder Dr. Matthias Riedl zusammen.

Frau Cavelius verfügt, halten wir das einmal fest, als gelernte Philosophin über keinerlei eigene ernährungswissenschaftliche Fachkenntnisse. Das alleine stört mich noch nicht, zumal ich ja auf die Ernährungswissenschaft ohnehin nicht sonderlich gut zu sprechen bin; daneben scheint sie aber außerdem auch keine persönliche Erfahrung mit dem Abnehmen zu haben. Jedenfalls fand ich in ihrem Buch nicht den kleinsten anekdotischen Hinweis darauf, daß sie selbst jemals versucht hätte, Gewicht zu verlieren, und ebenso auch nicht darauf, daß sie sich jemals direkt mit Menschen befaßt habe, die abzunehmen versuchen. Was sie verbreitet, scheint rein angelesenes Wissen zu sein. Man muß kein Hellseher sein, um zu vermuten, daß sie hauptsächlich Dinge wiedergibt, die sie im Rahmen ihrer Tätigkeit als Ghostwriterin für andere Urheber zu Papier brachte, also Dr. Pape, Dr. Rubin und Dr. Riedl. Tatsächlich findet in ihrem Buch vor allem Dr. Papes "Schlank im Schlaf"-Konzept eine ausführliche rühmende Erwähnung. 

Informiert man sich über das, was Frau Cavelius sonst so geschrieben hat - und das ist nicht wenig -, dann stellt man fest, daß Intervallfasten nicht die einzige Abnahmeform ist, die in ihren Büchern propagiert wird. Von "veganem Detoxfasten" bis "Sirtfood" hat sie schon auf einer ganzen Reihe anderer Hochzeiten getanzt, und selbstverständlich durfte auch ein Buch zur "Achtsamkeit" als Abnahmefaktor nicht fehlen. Ach ja, und was die Wissenschaft über das Abnehmen "weiß", kann man in einem ihrer Bücher auch nachlesen. Da die Wissenschaft ausweislich der ausbleibenden Erfolge trotz Fluten von Studien in Wirklichkeit so herzlich wenig Ahnung vom Abnehmen hat, kann man sich eine solche Lektüre im Grunde von vornherein sparen. 

Das gilt aber ebenso für dieses Buch über das Intervallfasten.

Irgendwo habe ich es schon einmal geschrieben: Eigentlich ist es sinnlos, ein ganzes Buch darüber zu schreiben, wie Intervallfasten funktioniert (etwas anderes ist natürlich die Frage, warum es funktioniert), denn das Wesentliche läßt sich ja schon in einem simplen Flyer unterbringen. Folgerichtigerweise enthält Cavelius' Buch eine ganze Menge "Füllmaterial", darunter auch eine Menge Rezepte. Das wirkt fast schon unfreiwillig komisch, denn Fasten läßt sich ja in der Kürzestfassung mit "Nicht essen" zusammenfassen. Es gibt kein einziges Kochrezept, das zu dieser Zusammenfassung nicht im Widerspruch stünde. Daneben wird uns außerdem weisgemacht, um erfolgreich fasten zu können, müßten wir auch Dinge wissen wie "Richtig atmen" oder "Meditation". Das Buch umfaßt knapp 160 Seiten - aber ums Intervallfasten geht es in Wirklichkeit nur auf den ersten 100, und die relevanten Inhalte auf diesen hundert Seiten ließen sich problemlos auch bei großzügiger Definition von "relevant" auf höchstens die Hälfte eindampfen, weil vieles an mehreren Stellen wiederholt wird. 

Das betrifft Richtiges wie nachweislich oder mutmaßlich Falsches. Für nachweislich falsch können wir, Herman Pontzer sei Dank, mittlerweile die Empfehlungen halten, sich mehr zu bewegen, um dadurch besser abzunehmen. Mutmaßlich falsch - da meiner persönlichen Erfahrung diametral entgegengesetzt - ist die Gebetsmühle, man nehme beim Intervallfasten nur ab, wenn man außerhalb der Fastenphasen darauf achte, nicht zu viel und natürlich auch nicht das Falsche zu essen. Ach ja, und natürlich muß man sein Leben umkrempeln, mit vermeintlich schlechten Gewohnheiten brechen ... womit der Rückfall nach der erfolgreichen Fastenphase im Grunde schon vorprogrammiert ist. Denn die lieben Gewohnheiten haben sich ja nicht grundlos gebildet, und so ist es eher unwahrscheinlich, daß man nicht wieder in die berüchtigten "alten Muster zurückfällt", wie das Heerscharen von zerknirschten Wiederholungstätern bei der nächsten fällig werdenden Gewichtsabnahme nach der schleichenden Wiederzunahme eingestehen müssen. 

Dann wieder rät die Autorin ausdrücklich von dem ab, was ich so erfolgreich anwende: mehrtägige Fastenintervalle. Angeblich müsse man das unbedingt vermeiden, weil nur kurzfristige Wechsel dabei helfen, den Stoffwechsel flexibler zu machen. Also, entweder ist das falsch oder mit meinem Stoffwechsel stimmt irgendetwas nicht, denn bei mir ist es so, daß vier Fastentage am Stück eine meßbar stärkere Wirkung sowohl auf das Gewicht wie auch auf die Körpermaße haben als vier Fastentage, die durch Eßtage voneinander getrennt werden. Daß längere Fastenintervalle die Motivation untergraben, kann ich auch nicht bestätigen. Im Gegenteil, ab Fastentag 2 höre ich sogar auf, an Essen zu denken.

Ich will hier nicht aber gar zu akribisch Erbsen zählen. Wer als "Anfänger" dieses Buch liest und sich an die Empfehlungen der Autorin hält, wird höchstwahrscheinlich wirklich abnehmen können, und wenn es nicht gar so viel Gewicht ist, das weichen soll (sagen wir: bis zu zehn Kilogramm), stehen die Chancen auch vergleichsweise gut, das Ziel zu erreichen und sicherlich manchmal auch dauerhaft zu halten. Das ist aber nicht das Verdienst der Autorin, sondern der Methode, die auch falsch verstanden immer noch gut genug funktioniert, um wenigstens bei einem Teil ihrer Anwender erfolgreich eingesetzt werden zu können. 

Aber nicht jedem kann auf diese Weise geholfen werden, das zeigt sich an dem, was eine andere Bloggerin erlebt hat, die - noch bevor ich selbst mit dem Bloggen begonnen hatte - voller Optimismus mittels Intervallfasten abnehmen und dies öffentlich dokumentieren wollte. Ich fand das Blog damals, als ich im Herbst 2017 im Web auf der Suche nach Erklärungen für meine unerwartet hohe Abnahme im ersten halben Jahr Intervallfasten war, und las das komplette Blog durch. Weil schon damals erkennbar war, daß bei der Autorin die Sache aus irgendeinem Grund schiefgelaufen war und ihr Gewicht wieder nach oben ging, begann ich mir Sorgen zu machen, das könne mir ebenfalls passieren. Dann geriet ich glücklicherweise auf Dr. Fungs Website, und der Rest ist bekanntlich Geschichte und kann ggf. in meinem Blog an zahlreichen anderen Stellen nachgelesen werden.

Wer mit diesem Buch von vornherein genauso verraten und verkauft ist wie mit jedem anderen Diätbuch, das sind die Ratsuchenden, die besonders viel Gewicht verlieren möchten. Das eigentliche Ärgernis an dem Buch war für mich, daß die Plateau-Problematik, die meinem Eindruck nach nahezu jeden nach 6 bis 12 Monaten trifft, unabhängig davon, wieviel oder wie wenig er bis dahin abgenommen hatte, nicht einmal mit einem Halbsatz angesprochen wird, geschweige denn, daß man dort erfahren würde, was man in so einem Fall tun könnte. 

Ja, der letzte Halbsatz war ein bißchen ungerecht, denn dafür müßte es ja erst einmal brauchbare Lösungsvorschläge geben, die man in so einem Buch weitergeben könnte, und die werden einem auch von kompetenteren Autoren nicht geboten, weshalb ja auch ich mich aufs Experimentieren verlegen muß. Aber das komplette Totschweigen einer Problematik, die andernfalls bekannt sein müßte und dann natürlich in einem guten Ratgeber-Buch auch angesprochen werden sollte, weist ebenfalls darauf hin, daß Frau Cavelius weder aus eigener Erfahrung spricht noch in regelmäßigem Kontakt mit Leuten steht, die mit Intervallfasten abgenommen - oder abzunehmen versucht - haben, sondern gewissermaßen Weisheiten aus dritter Hand von sich gibt, die sie in ihrer Rolle als Ghostwriterin für Ratgeberautoren ohne eigenes Schreibtalent kennengelernt hat.

Gebe ich bei Amazon den Suchbegriff "Intervallfasten" ein, erziele ich damit eine Unzahl von Ergebnissen (und verblüffend viele davon sind Kochbücher). Die meisten dieser Bücher sind höchstwahrscheinlich das Geld nicht wert, das für sie verlangt wird. Und das trifft in jedem Fall auf das Buch von Anna Cavelius zu. Wer so ein Buch kauft, nimmt vermutlich an, hier mehr und qualitativ hochwertigere Informationen zu finden als im Web. Aber das, was an ihrem Buch stimmt, ist letztlich trivial und kann online auf einer Unzahl von Websites nachgelesen werden. Das, was an ihrem Buch potentiell eine Bruchlandung der Bemühungen hervorrufen kann, übrigens ebenfalls - aber weder das eine noch das andere spricht für die Geldausgabe, um dieses Buch zu kaufen.

Vielleicht ist meine Kritik harscher als nötig ausgefallen, aber das hat etwas damit zu tun, daß mir die potentiell kontraproduktive Wirkung solcher Bücher Sorgen bereitet: Sollte dem Intervallfasten das unverdiente Pech unterlaufen, als "auch nur so eine Modediät" wieder aus der Mode zu kommen, dann hätte dies sehr viel mit dieser Sorte Trittbrettfahrer zu tun, deren Interesse am Intervallfasten eher kommerzieller Natur ist und die aus Oberflächlichkeit viel zu wenig Ahnung von ihrem Thema haben. Es sei der Dame ja gegönnt, ihren Lebensunterhalt mit dem Schreiben von seichten Ratgebern zu verdienen. Aber ich würde mir wirklich wünschen, sie würde sich dabei Themen als Betätigungsfeld suchen, mit denen sie nicht so viel Schaden anrichten kann.


Montag, 13. Dezember 2021

Dekadent und stolz darauf

Mein Gewicht heute früh zwei Eßtage nach den fünf Fastentagen: 89,7 Kilogramm. Vorgestern waren es 86,5 Kilogramm. Kein neuer Gewichtstiefststand also, sondern "nur" eine Punktlandung auf dem alten Niedrigstgewicht - ein bißchen enttäuschend, aber kein Weltuntergang.

In den letzten beiden der fünf Fastentage habe ich mit zusammengenommen 1,3 Kilogramm deutlich unter Durchschnitt abgenommen; erwartet hatte ich eigentlich zwischen 1,6 und 2 Kilogramm. Dafür waren es in den ersten drei Tagen aber 5,3 Kilogramm. Das war nicht nur mehr als das letzte Mal in drei Fastentagen, sondern sogar mehr, als ich beim letzten Fastenintervall insgesamt in allen vier Tagen abgenommen hatte. 

Mein letztes viertägigen Fastenintervall vom 22. bis 25.11. verlief so (Gesamtabnahme: 4,8 kg): 

Anschließend nahm ich in atemberaubendem Tempo zu, viel mehr, als ich erwartet hatte (Gesamtzunahme: 6,6 kg; davon 4,5 in der Zeit seit dem 1.12., als ich wieder normal zu essen begonnen habe): 

Das aktuelle fünftägige Fastenintervall vom 6. bis 10.12. verlief dann so (Gesamtabnahme: 6,6 kg): 

 

Seit ich mein Low-Carb-Experiment beendet habe, merke ich sehr deutlich, um wie viel höher die Gewichtsausschläge geworden sind, sowohl während des Fastens nach unten wie auch danach in Gegenrichtung. Offenbar löst der Genuß von mehr Kohlenhydraten auch eine höhere Wasserspeicherung des Körpers aus. Die heftigen Schwankungen sind also offenbar zwar (jedenfalls überwiegend) nur Wasser, aber damit muß ich die Hoffnungen auf ein Gewicht unter 90 Kilogramm zu Jahresbeginn 2022 natürlich begraben. Mit Glück werden es 92, vielleicht um die 93 Kilogramm oder sogar noch etwas mehr sein. Aber, bittschön, ausgerechnet im Dezember muß man ja auch nicht unbedingt weiter abnehmen. Neues Jahr, neues Glück - und ich verspreche mir vom kommenden Jahr in diesem Bereich ja immerhin einiges. Bis dahin ruhe ich mich jetzt aber erst einmal auf meinen Lorbeeren aus.

***

Mittlerweile ist es entschieden, daß wir den Weihnachtsbesuch bei meiner Mutter dieses Jahr wie geplant machen werden, was ja zeitweise angesichts der ständig steigenden Inzidenzen und der Tatsache, daß sie erst im Januar ihren Booster-Termin hat, auf einmal doch wieder nicht mehr ganz selbstverständlich war. Wir werden lediglich die Bahnfahrt zu Heiligabend vermeiden, weil wir nicht sicher sind, wie voll die Züge dann sein werden; meine Schwester wird uns statt dessen von der S-Bahn-Endstation abholen. 

Da meine Mutter mir am Telefon gestanden hat, daß sie überhaupt keine Lust hat, Weihnachtsgebäck zu machen, werde ich von meinen Vorräten mitbringen. Da ich dieses Jahr richtig viel gebacken habe, kommt mir das sogar gelegen. Ich mag das überwiegend relativ harte und trockene, aber dafür für meinen Geschmack etwas zu süße Weihnachtsgebäck nämlich eigentlich längst nicht so gerne wie Kuchen mit einem lockeren, duftigen Teig (tatsächlich bin ich generell noch nie besonders scharf auf Kekse gewesen, und vor fertig gekauften graust es mich geradezu), aber letztes Jahr habe ich ziemlich kurz vor den Feiertagen spontan angefangen, doch mal wieder welche zu backen, und weil mein Mann so begeistert davon war, habe ich damals beschlossen, dieses Jahr mal eine größere Auswahl von Sorten zu machen und ein bißchen herumzuprobieren, was davon meinen Geschmack am besten trifft. 

Das habe ich dann auch gemacht, und das Ergebnis kann man auf dem Foto besichtigen. Es ist alles geschmacklich nicht übel, obwohl ich mehrmals für das Herausnehmen den optimalen Zeitpunkt verpaßt habe und/oder die Temperatureinstellung etwas zu hoch war und die Sache etwas dunkler als gewünscht herausgekommen ist.

Am besten schmecken mir die Walnußmakronen, obwohl auch die ein bißchen zu dunkel geworden sind, und zwar deshalb, weil sie etwas weniger süß sind, aber durch die Zugabe von Orangeat ein leicht fruchtiges Aroma haben. Ich hatte dieses Orangeat schon seit einem Jahr herumliegen und mich irgendwie nie an eine Verwendung herangetraut, das kommt mir jetzt ganz seltsam vor. Das sind einfach kandierte Orangen, in kleine Stücke geschnitten. Wenn einem das erst mal klar ist, fallen einem - jedenfalls mir - spontan hundert Möglichkeiten der Verwendung ein. Ich hatte das bloß mit steinharten Früchtebroten und vergleichbaren Dingen assoziiert, auf die ich noch nie so richtig scharf gewesen sein.

Auch der Lebkuchen ist gut geworden, obwohl ich bei dem irgendetwas Grundsätzliches falsch gemacht haben muß, weil der Teig sehr locker ausgefallen ist, was zwar eigentlich nicht so vorgesehen war, aber meinen Neigungen natürlich entgegenkommt. Die normalen Ausstecherle fände ich geschmacklich ein bißchen zu langweilig (süß hat mich für sich alleine genommen noch nie verlockt, und das ist leider die einzige Qualität, die solches Gebäck hat), aber mit ein bißchen Marmelade und Kuvertüre oder einem Zuckerguß aus Puderzucker und Zitronensaft lassen sie sich geschmacklich aufpeppen, und auf diese Weise esse ich sie auch ganz gerne. Generell schmecken mir die Ausstech-Plätzchen aus einem mit gemahlenen Nüssen kombinierten Teig erheblich besser, aber denen schadet ein Zucker- oder Kuvertüreguß auch nicht.

Zu meiner Überraschung schmeckt die Kombination aus diesem Zuckerguß UND darüber noch eine Schokoglasur aus 70prozentiger Moser-Roth-Schokolade absolut genial. Ich bin ja von Haus aus ein bißchen dekadent (und stolz darauf), aber darauf, Zuckerguß mit Schokolade zu kombinieren, wäre auch ich nie im Leben gekommen, wenn ich nicht am Ende meiner Schokoüberzugs-Aktion noch einen Rest geschmolzene Schokolade übriggehabt hätte, den ich mehr aus Verlegenheit, weil ich einfach nicht wußte, was ich sonst damit tun sollte, über einem Stück Lebkuchen auf dem Zuckerguß verteilt habe. Ob ich den Rest des Lebkuchens jetzt auch noch einmal zusätzlich mit Schokoglasur einbalsamieren sollte?

Zum Ausgleich habe ich am Samstag einen Teil des Weihnachtsgebäcks ohne Zucker und dafür mit einer Xylit-Erythrit-Stevia-Mischung gebacken, die - anders als Erythrit pur - geschmacklich auf Augenhöhe mit Zucker ist, da ich nach fünf Tagen Fasten wenigstens einen Tag lang kohlenhydratarm essen wollte, um keine Wadenkrämpfe oder andere Refeeding-Syndrom-Wirkungen zu riskieren. Damit mußte das Weihnachtsgebäck vom Wochenende davor erst mal liegenlassen, und so probierte ich ein paar weitere Rezepte aus, bei denen ich Zuckeraustauschstoffe statt Zucker verwendete und den Mehlanteil zugunsten von Nüssen reduzierte.

Tatsächlich habe ich diesmal auch wirklich nach fünf Tagen Fasten überhaupt keine Beschwerden gehabt, nachdem ich am Abend von Fastentag 5 zusätzlich zum Magnesium ein Päckchen Basenpulver eingenommen und mich am Tag danach kohlenhydratarm ernährt habe (Keto-Brötchen, das besagte Weihnachtsgebäck und abends ein köstlicher Keto-Döner). Damit ist klar, daß ich das bei Bedarf wieder einsetzen könnte, auch wenn ich bis auf weiteres noch keine konkreten entsprechenden Pläne habe. Gut möglich aber, daß ich später, im "Endspurt" nämlich, auch für fünftägige Fasteninterveralle noch einmal Verwendung haben werde.

Mein nächstes viertägiges Fastenintervall ist zum 17. Januar 2022 geplant. Bis dahin faste ich jede Woche zwei einzelne Tage, dabei schlängle ich mich elegant um die diversen Feiertage herum - und dann lasse ich mich überraschen, bei welchem Gewicht ich in drei Wochen, dem Tag vor meinem ersten EMS-Training, stehen werde.

Heute bin ich aber erst mal bei der Dekadenz geblieben, ich habe nämlich ein himmlisches Mancuso-Eis gekauft, das es heute abend als Nachtisch gab. Das gibt es immer vor Weihnachten bei Netto, und jedes Jahr kaufe ich davon mindestens zwei Gläser - und sollten sie sich endlich mal wieder dazu entschließen, das göttliche Eiercreme-Eis wieder anzubieten, das es vor zwei Jahren das erste und leider auch bis dato das letzte Mal gab, bin ich grimmig entschlossen, am ersten Verkaufstag über den Netto herzufallen und sämtliche Gläser dieser Sorte aufzukaufen, egal, wie viele sie davon in der Kühltruhe haben - wenn schon dekadent, dann mit aller Konsequenz.

 


Mittwoch, 1. Dezember 2021

Mein Low-Carb-Experiment: Die Bilanz

Mein Gewicht heute früh am Mittwoch, dem 1. Dezember 2021, und damit dem offiziellen Ende meines Low-Carb-Experiments sowie einem Eßtag zwischen zwei Fastentagen: 88,6 Kilogramm. Damit habe ich gute Chancen, die 90 erst am Sonntag oder mit etwas Glück sogar erst am Montag wieder zu überschreiten. Und mit noch mehr Glück könnte das dann sogar das letzte Mal gewesen sein, daß ich meine alte Arztwaage wieder auf 90+ verstellen muß, denn allzu viel über 90 werde ich zu Beginn des überlangen Fastenintervalls nächste Woche wohl schon nicht mehr kommen, also ist es möglich, daß ich im Anschluß darunter bleiben werde.

Noch im September hätte ich so etwas nicht zu hoffen gewagt. Und damit kommen wir zur vorläufigen Bilanz meines überaus erfolgreichen Low-Carb-Experiments.

Erst mal die nackten Zahlen und Daten: 

  • Zeitraum des Experiments: 1.10. bis 30.11.2021 = 61 Tage. Darin enthalten
    • 22 Fastentage (den ganzen Tag nur Wasser und schwarzer Kaffee)
    • 7 Tage Unterbrechung wegen familiärer Verpflichtungen
    • 32 "echte" Low-Carb-Tage
  • Durchschnittliche Menge Kohlenhydrate an Eßtagen: gerundet 102 (September vor Beginn des Experiments: 207)
  • Durchschnittliche Menge Protein an Eßtagen: 130 (81)
  • Durchschnittliche Menge Fett an Eßtagen: 380 (193)
  • Durchschnittliche Kalorien an Eßtagen: 2956 kcal (2757)
  • Durchschnittliche Menge Kohlenhydrate, Fastentage inklusive: 65 (113)
  • Durchschnittliche Menge Protein, Fastentage inklusive: 83 (48)
  • Durchschnittliche Menge Fett, Fastentage inklusive: 242 (115)
  • Durchschnittliche Kalorien, Fastentage inklusive: 1890 kcal (1486)
  • Körpergewicht zu Beginn 27.9./1.10. (langes Fastenintervall bis 30.9.): 95,1 kg/89,9 kg (Vorjahr 5.10/9.10.: 100,1/94,6)
  • Körpergewicht kurz vor Ende* 22.11./26.11. (langes Fastenintervall bis 25.11.): 91,3 kg/86,5 kg (Vorjahr: 7.12./11.12.: 101,8/95,2)
  • Differenz Körpergewicht vor Fasten: 3,8 kg/22 Fastentage = durchschnittlich ca. 172 g Abnahme pro Fastentag (im September: 1,4 kg/15 Fastentage = ca. 113 g Abnahme pro Fastentag)
  • Differenz Körpergewicht nach Fasten: 3,4 kg/22 Fastentage (im September: 1,7 kg/15 Fastentage)

* Die langen Fastenintervalle und auch die Notwendigkeit, dabei zwei Werte - vor und nach dem Fasten - zu vergleichen, macht den Vergleich natürlich ein bißchen kompliziert. Als maßgeblicheren der beiden Werte betrachte ich den Wert vor dem Fasten, da ich das Gewicht nach einem Fastenintervall (vor allem einem langen Fastenintervall) schlicht nicht aufrechterhalten kann, weil sich verlorenes Wasser sowie Magen-Darm-Inhalt nach dem Ende des Fastens natürlich wieder regenerieren und damit auch das zugehörige Gewicht. 

Aber natürlich ist nach einem langen Fastenintervall der "alte" Vorher-Wert schon überholt, da ich trotz der Wiederzunahme durch Wasser und Magen-Darm-Inhalt natürlich auch etwas Gewicht verloren habe (wie wir oben sehen konnten, durchschnittlich 172 Gramm pro Fastentag, also nach einem viertägigen Fastenintervall im Durchschnitt um die 700 Gramm). Da es meinen Beobachtungen zufolge nach einem langen Fastenintervall bis zu einer Woche lang dauern kann, bis mein Wasserhaushalt wieder ausgeglichen ist, werde ich auch mein Gewicht vor dem langen Fastenintervall nächste Woche am Montag noch nachtragen, da das "Vorher-Gewicht" nächste Woche das Gewicht sein sollte, das meinem letzten "Nachher-Gewicht" plus Wasser plus normaler Füllungsgrad von Magen und Darm entspricht. 

Die von anderen Faktoren unabhängige Wirkung von Low Carb als Ernährungsform sollte mit einer durchschnittlich um ca. 60 Gramm höheren Abnahme pro Fastentag während der Low-Carb-Phase im Vergleich zum Monat davor hinreichend belegt sein. Daneben handelt es sich beim Oktober und November außerdem um zwei Monate, in denen ich in den vier Vorjahren trotz vergleichbarer Anzahl von Fastentagen immer ein bis zwei Kilogramm zugenommen hatte, anstatt abzunehmen, also ist die Differenz in Wirklichkeit sogar noch höher einzuschätzen.  

Daß ich sowohl nur Eßtage als auch inklusive Fastentage gerechnet pro Tag mit Low Carb außerdem mehr Kalorien als im Vergleichsmonat September zu mir genommen habe (ca. 200/ca 400), bestätigt mir außerdem, daß ich absolut richtig damit liege, daß es auf die Kalorien in Wirklichkeit gar nicht ankommt. 400 Kalorien mal 61 Tage = 24.400 Kalorien, das entspricht pro Monat 12.200 Kalorien mehr als im Monat September. Nach konventioneller Rechnung entspräche die Gesamt-Kalorienmenge der beiden Monate ca. 3,5 Kilogramm Fett. Da ich im September 1,7 Kilogramm abgenommen hatte, hätte ich der Theorie nach somit im Oktober und November 1,8 Kilogramm zunehmen müssen. Statt dessen habe ich aber 3,8 Kilogramm abgenommen. 

QED. 😎

Hier noch die Grafik für die drei Monate September bis November 2021: 

Und zum Vergleich derselbe Zeitraum im vergangenen Jahr, 2020:

Das ist schon ein Unterschied, oder? ;-)

Die Zahl der Fastentage in den drei ausgewerteten Monaten September bis November war nicht gleichmäßig verteilt (wie sie sich auch über das Gesamtjahr immer ungleich verteilt, weil ich bei Familienbesuchen oder im Urlaub meines Mannes weniger faste als in Alltagsphasen): Im September waren es 15 Tage, im Oktober 8 und im November 13 Tage, durchschnittlich waren es 12, das entspricht ungefähr dem Durchschnitt für das Gesamtjahr (11,8 Fastentage/Monat). 

(Vergleich mit dem Vorjahr: Es waren 2020 summa summarum zwei Fastentage weniger: 12 Fastentage im September, 9 im Oktober, 13 im November).

Daß der September so viele Fastentage enthielt, lag vor allem daran, daß die Wochentage so verteilt waren, daß ich sowohl zu Beginn wie auch am Ende des Monats Fastenintervalle hatte. In der Monatsmitte hatte ich aber ebenfalls noch ein langes Fastenintervall untergebracht, um vor Beginn des Oktobers endlich einen etwas komfortableren Abstand zu der 100 zu bekommen, denn ob Low Carb bei mir überhaupt eine Wirkung zeigen würde, wußte ich damals ja noch nicht. Das Fastenintervall zu Beginn des Septembers hatte ich ja noch mit 96,5 Kilogramm begonnen. Daß mein Gewicht jetzt schon so weit von "um die 100 kg" entfernt ist, daß mein Blick sich jetzt eher auf die 80er-Zahlen fokussiert, hat meine Erwartungen an mein Experiment deutlich übertroffen - auch wenn die Abnahme im letzten langen Fastenintervall im Vergleich zu den vorherigen erheblich geringer gewesen ist. Sechs Wochen lang war meine Abnahme "galoppierend", das ist ein Zeitraum, den ich mir für künftige Low-Carb-Phasen merken kann.

Normalerweise lege ich Wert darauf, daß die Fastenphasen deutlich weniger als die Hälfte der Zeit ausmachen, um keine nährstoffmangelbedingten Freßattacken zu bekommen, wie ich sie im Frühjahr 2020 erlebt habe. Im September habe ich exakt die Hälfte des Monats gefastet, aber in einem einzelnen Monat geht das schon mal. Ich wußte da ja schon, daß die Zahl der Fastentage im Oktober sehr viel geringer sein würde. Auch im Frühjahr 2020 setzte das Problem erst nach zwei bis drei Monaten ein, in denen ich die Zahl der Fastentage kontinuierlich zu hoch gehalten hatte.

Wie lebte es sich mit Low Carb?

Low Carb für einen begrenzten Zeitraum auszuprobieren, hat wirklich Spaß gemacht, und das gilt nicht nur für mich, sondern fast noch mehr für meinen Mann, der von diesem Essen fast immer wirklich hell begeistert war und außerdem ebenfalls abgenommen hat. (Er weigert sich, eine Waage zu betreten, aber seine Hose, sagt er, sitzt auch direkt nach dem Waschen inzwischen sehr locker.) Wir haben, da sind wir uns einig, ganz ausgezeichnet gegessen. Mein Alltime-Highlight war natürlich die "Big-Mac-Rolle", aber es gab nur ganz wenige Rezepte, die den hochklassigen Standard ab und zu ein bißchen unterschritten haben. Und in meinem Ordner sind immer noch einige Rezepte, zu denen ich gar nicht gekommen bin, also habe ich schon einen ordentlichen Grundstock für das Frühjahr.

Streng orthodox war ich bei den Rezepten aber nicht. Kartoffeln habe ich dreimal gemacht, nachdem mir aufgefallen war, daß deren Kohlehydratgehalt so viel niedriger ist als bei Weißmehlprodukten oder Reis, so daß gegen ca. die halbe gewohnte Menge meiner Meinung nach eigentlich nichts einzuwenden ist. Auch Dinge wie Puderzucker oder Zuckerstreusel in geringer Menge für einen Kuchen, fand ich, kann man sehr wohl mal durchgehen lassen, wenn es eine optische Verbesserung mit sich bringt. Das Auge ißt ja mit, und ich will Spaß am Essen haben!

Soweit meine bewußten Entscheidungen. Was mir manchmal unfreiwillig durchgerutscht ist, waren unerwartet kohlehydratreiche Gemüsearten, zum Beispiel Kürbis, der mir meinen Kohlehydratwert einmal auf um die 150 katapultiert hat. Auch die Hülsenfrüchte-Pasta enthielt mehr KH, als ich gedacht hatte. Beim Obst sind etliche Obstsorten für Low Carb von vornherein nicht anzuraten, darunter habe ich Trauben aber mehrere Male absichtlich gekauft, weil ich es gar nicht einsehe, in der Traubensaison keine Trauben zu essen. Ich kaufe das ganze Jahr keine Trauben mehr, weil die Discounter-Trauben um mehrere Klassen schlechter schmecken. Mandarinen habe ich einmal gekauft, weil es die Satsumas so selten gibt und ich Clementinen nicht mag - leider hatte ich aber Pech, weil sie total fade schmeckten (dafür hat es sich echt nicht gelohnt, meinen KH-Wert zu versauen), und so habe ich sie am Ende entsaftet und Joghurt-Gums für meinen Mann daraus gemacht. Richtig aus Ahnungslosigkeit reingefallen bin ich nur einmal, nämlich bei den Birnen, die ich in einem Kuchen verarbeitet habe, weil sie meinem Mann, der sie eigentlich für sich selbst gekauft hatte, nicht schmeckten. Verderben lassen wollte ich sie nun einmal nicht. Als ich abends beim Nährwerteerfassen las, was die KH haben, bin ich fast vom Stuhl gefallen. Ich hatte die eigentlich im Geiste in der Nähe der Äpfel verortet ...

Mit einem Durchschnittswert von trotzdem nur um die 100 Gramm KH an Eßtagen bin ich durchaus zufrieden, erstens, weil das ja eine gute Wirkung gezeigt hat, aber auch, weil dieser Durchschnitt nicht nur alle diese "Ausrutscher", sondern auch die sieben Tage mitenthält, bei denen ich Low Carb unterbrochen habe. Wie beim Intervallfasten werde ich nie erfahren, ob die Wirkung NOCH besser gewesen wäre, wenn ich mir ein strengeres Korsett beim Essen auferlegt hätte. Aber wie viel besser, als es tatsächlich lief, hätte es denn noch laufen sollen? Gut möglich, daß eine striktere Kohlenhydrate-Beschränkung anfangs wirklich stärker gewirkt hätte, aber ich könnte mir vorstellen, daß der Vorteil dann vielleicht auch schneller dahingeschwunden wäre. 

Mein geliebtes Bier habe ich - mit nur zwei oder drei Ausnahmen, also nahezu konsequent - durch Weißweinschorle ersetzt und muß sagen, an dieses Getränk könnte ich mich echt gewöhnen, nur das viele Altglas fängt langsam an, lästig zu werden. Ich muß jetzt echt mal zum Glascontainer. Bier lassen wir uns liefern, deshalb entsteht das Problem da nicht, und Sprudel mache ich schon seit fast einem Vierteljahrhundert im Sodastream. Diese Flaschenschlepperei bin ich nicht mehr gewöhnt, und so habe ich das jetzt leider viel zu lange auflaufen lassen. Ich werde wohl mehrmals laufen müssen, sonst werde ich von den Nachbarn noch für einen Alkoholiker gehalten ...

Alles in allem fand ich Low Carb auf die beschriebene Art sehr leicht durchzuhalten, während man für die strengere Keto-Variante auf so viele gute Sachen verzichten muß, daß es vermutlich recht schnell nicht mehr sonderlich viel Spaß gemacht hätte. Dauerhaft möchte ich mich freilich nicht so ernähren, dafür esse ich zu gerne meine selbstgebackenen Brote und Brötchen, Pizza und Pasta und so weiter. Zucker wäre eher etwas, was eigentlich nicht mehr unbedingt sein müßte. Die Kombination aus Erythrit, Xylit und Stevia sowie einem Schuß Holundersirup ist geschmacklich durchaus ebenbürtig. Trotzdem werde ich Zucker jetzt aber wieder verwenden, das finde ich einfach bequemer.

Dem nächsten Low-Carb-Monat im März sehe ich ohne Sorge entgegen - auch wenn ich mich jetzt erst einmal darauf freue, heute abend endlich mal wieder einen anständigen Kartoffelsalat zu machen. ;-)

Das Allerschönste an der nächsten Low-Carb-Phase wird aber sein, daß ich mir das Nährwerteermitteln und -erfassen dann sparen kann, weil ich jetzt schon ein ganz gutes Gefühl dafür gewonnen habe, wieviel Kohlenhydrate in was enthalten sind. Die Zählerei war noch viel lästiger als erwartet, und das, obwohl ich mir die ganz akribische Methode sogar gespart habe, also etwa bei jeder Scheibe Brot von der Scheibe selbst über die Butter bis zur Wurst oder dem Käse alles haarklein einzeln abzuwiegen. Das habe ich nur anfangs zwei- oder dreimal gemacht und daraus dann eine Pauschale ermittelt, die danach immer gemessen an der Anzahl der gegessenen Brote und Brötchen zur Anwendung kam. Auch meine Portionen beim Abendessen habe ich als Anteil am Gesamten geschätzt. Man muß schon ziemlich masochistisch - oder ein leidenschaftlicher Buchhalter - sein, um sich diese Kalorienhuberei dauerhaft anzutun, falls man sich beim Essen nicht von vornherein auf Fertiggerichte beschränkt, die einem alle Angaben für das gesamte Gericht auf der Verpackung liefern. Wer wie ich täglich kocht und backt - und das nicht nur für sich alleine -, bräuchte wohl zusätzlich zum Kochen noch eine Stunde pro Tag für die Erfassung der Nährwerte, wenn er es wirklich exakt machen wollte. Schon meine vereinfachte Version kostete mich viel zu viel Zeit, die mir dann für anderes gefehlt hat. Ich halte es für wesentlich gesünder, sich diese Zeit zu sparen und dafür lieber ordentlich zu kochen.

Ganz exakt sind die von mir ermittelten Nährwerte und ebenso die Kalorien also nicht - plusminus bis zu 200 Kalorien halte ich durchaus für möglich -, aber als grober Richtwert für meine nächste Low-Carb-Phase taugt das Ergebnis allemal, und wichtig war mir ja vor allem auch der Vergleich zwischen September und Oktober/November, und den habe ich jetzt.

Das Experiment war ein voller Erfolg, würde ich sagen. Möge das nächste anstehende Experiment im Januar/Februar mit dem EMS-Training auch einer werden!