Mittwoch, 31. Mai 2023

Grußbotschaft zum Weltnichtrauchertag

Sonst lasse ich zu Beginn eines Blogartikels ja immer zuerst meine Waage sprechen, aber heute ist Weltnichtrauchertag, mein Twitter-Feed quillt schon seit Tagen über von den üblichen Einlassungen der üblichen Verdächtigen zu solchen Anlässen, und das motiviert mich, meine eigene Grußbotschaft zum Weltnichtrauchertag ab diesem Jahr ebenfalls zu einer alljährlich wiederkehrenden Tradition zu machen:

Werter Drogenbeauftragter der Bundesregierung, auch im Jahre 2023 habe ich nicht die Absicht, mit dem Rauchen aufzuhören.

Aus aktuellem Anlaß ergänze ich außerdem: 

Werte DGE, ebenso denke ich nicht einmal im Traum daran, mich mit "Mahlzeiten aus überwiegend pflanzlichen Lebensmitteln" zu ernähren.  

Im Ernst, falls ich jemals in diesem Blog behaupten sollte, daß ich meine Mahlzeiten nach solchen Gesichtspunkten ausgesucht habe, also irgendetwas esse, weil es "gesund" sei oder "ökologisch", nicht etwa, weil es mir schmeckt, bin ich vermutlich entführt worden und schicke auf diese Weise einen Hilferuf. 😱 

Daß mir viele "pflanzliche Lebensmittel" gut schmecken, ändert daran nichts, daß ich mich kategorisch weigere, sie nicht aus diesem Grund, sondern als Tributleistung zur Rettung der Volksgesundheit oder zur Rettung des Planeten zu essen. Wenn ich solche Dinge esse, weil ich Appetit auf sie habe, dann will ich dafür auch keinesfalls von Leuten gelobt werden, die so etwas Bescheuertes von mir verlangen. 

Aktuell esse ich freilich gar nicht, weder tierisch noch pflanzlich, weil heute der zweite von drei aufeinanderfolgenden Fastentagen dieser Woche ist, und mein Gewicht heute früh lautete: 83,2 Kilogramm. Das sind vierhundert Gramm mehr als vor zwei Wochen an Fastentag 2. Möglich, daß die gestrige alldreiwöchentliche Ladung Trastuzumab dafür verantwortlich war, gestern abend wog ich nämlich untypischerweise exakt gleich viel wie am Morgen, 84,7 Kilogramm (was als Startgewicht 100 Gramm weniger war als vor zwei Wochen), also kann es durchaus sein, daß das Fasten heute und morgen zu mehr Wasserabflüssen führen wird als sonst. Daß ich am Freitag auch diesmal wieder weniger als 80 Kilo wiegen werde, damit rechne ich allerdings nicht. Es sei denn, der flotte Otto als Trastuzumab-Nebenwirkung überkommt mich, aber mit dem rechne ich, falls er sich wieder einstellen sollte, erst im Lauf der nächsten Woche.

Heute war ich beim CT, für den Montag habe ich einen Termin bei meinem Hausarzt ausgemacht, um ihn mal aufs Laufende zu bringen und von ihm zu erfahren, was genau ich mir eigentlich unter der Nachsorge vorzustellen habe, für die er künftig zuständig ist. Es war mir wichtig, das noch vor dem Beginn der Bestrahlung erledigen zu können, die mir immerhin fünf Wochen meines Lebens lang jeden Werktagvormittag zerschießen wird, also gut, daß ich so schnell einen Termin bekommen habe. Was ich ärgerlicherweise noch weiter aufschieben muß, ist der ebenfalls schon länger fällige Zahnarzttermin (nur zur Kontrolle), für den ich dummerweise auch gleich noch einen neuen Zahnarzt brauche. Eigentlich hatte ich das ja schon für letzten Herbst vorgehabt, ich wollte vorher bloß noch diese lästige Mammographie hinter mich bringen ...

Am Freitag in zwei Wochen beginnt dann die Bestrahlung. Ich habe wirklich Glück mit den Terminen gehabt, sie sind alle vormittags, und besonders gefreut hat mich, daß offenbar ernsthaft versucht wurde, den Wünschen entgegenzukommen, die ich für die Tageszeiten geäußert habe - mit so was rechnet man heutzutage ja nicht mehr so richtig, und bei einer Fließbandsache wie Brustkrebsbehandlung, in der man sich sonst immer in anderer Leute Taktvorgaben einzureihen hat, sowieso nicht. In der ersten Woche geht es noch ein bißchen durcheinander mit den Uhrzeiten, zwischen 8.30 und 11 Uhr ist die Uhrzeit jeden Tag eine andere, aber den Rest der fünfeinhalb Wochen werde ich dann immer um 8.50 Uhr herbestellt, und das ist wirklich für meine Bedürfnisse nahezu perfekt. Falls die Abwickelung so zügig erfolgt wie heute beim CT wird mich das außerdem weniger Zeit als gedacht kosten.

Letzten Herbst hatte ich ja schon versucht, herauszufinden, ob es auch Studien zur Wirkung von Fasten auf Bestrahlung gibt, fand aber leider auf Anhieb nichts dazu und habe die Sache dann nicht weiterverfolgt, weil damals ja erst einmal die Chemotherapie wichtig war. Dazu fiel mir gerade außerdem noch ein, daß ich seinerzeit den Professor Smollich, der einen Blogartikel über Fasten bei der Chemo geschrieben hatte, in einem Kommentar zu seinem Artikel unter anderem auch gefragt hatte, ob er auch von Arbeiten zu Fasten bei Bestrahlung wisse. Aus diesem Anlaß habe ich gerade noch einmal auf seinem Blog vorbeigeschaut und festgestellt, daß er sich bis heute nicht zu einer Antwort an mich herabgelassen hat. Ich möchte jetzt nicht so tun, als hätte ich das von Anfang an genau so erwartet, denn das habe ich nicht. Erst als er sich nach einem Monat immer noch nicht gerührt hatte, sagte ich mir, daß es wohl ein bißchen naiv von mir gewesen war, ernsthaft mit so etwas zu rechnen. Dafür war mein dortiger Auftritt längst nicht devot genug und hat damit seine Experteneitelkeit viel zu wenig gekitzelt, und ich nehme an, Aufwand und zu erwartender Ertrag paßten für ihn auch nicht zusammen, sofern, wie ich vermute, er sich mit diesem Aspekt der Sache wirklich noch nicht beschäftigt hatte.

Letztlich war's besser so, denn der Smollich bei Twitter brachte zu meinem Erstaunen, als ich anfing, ihm zu folgen, nur eher seichtes Zeug, kombiniert mit oberlehrerhaftem Gehabe, so daß ich ihn bald wieder entfolgte. Reiner Zufall, daß der Mann mir gestern auf einmal wieder in meine Timeline gespült wurde, noch dazu mit einem angeblichen wissenschaftlichen Beweis dafür, daß wir armen nicht fachkundigen Sterblichen unser eigenes Wissen und unsere Urteilsfähigkeit chronisch überschätzen, aber auf eine verdrehte Weise paßt es dazu, daß derselbe Experte mich, nachdem mein Fall in das Prokrustesbett seiner Empfehlungen im Blog nicht so ganz paßte und ich ihn darauf ansprach, einfach ohne Antwort sitzen ließ, so daß ich doch wieder auf mein eigenes Urteil zurückgeworfen war und mir das nötige Wissen irgendwie alleine verschaffen mußte.

Und in diesem Punkt hatte ich mal wieder meinen sprichwörtlichen Dusel: Über eines der Seyfried-Videos stieß ich auf Umwegen plötzlich doch noch auf einige Fachartikel zu dem Thema "Fasten bei Bestrahlung" und "Keto bei Bestrahlung", genau zum richtigen Zeitpunkt zwei Wochen vor Beginn meiner Radiotherapie. 

Die Zahl der Studien an Patienten erwies sich zwar im Gegensatz zu Studien an Mäusen als SEHR überschaubar, aber es gibt immerhin einen Forscher in Schweinfurt, Rainer Klement, der sich sehr intensiv sowohl mit Fasten als auch ketogener Ernährung bei Krebs befaßt und eine ganze Menge dazu publiziert hat, darunter auch eine Arbeit speziell zu Brustkrebspatientinnen, die bestrahlt wurden. Leider ging es dabei nicht um die mich eigentlich interessierende Frage, ob es sich auf die Wirkung sowie die unerwünschten Nebenwirkungen der Bestrahlung günstig auswirkt oder nicht, sondern nur darum, wie sich die Körperzusammensetzung im Vergleich zu Patientinnen verändert, die weiter essen wie zuvor. Aber unwichtig ist das trotzdem nicht, es widerlegt nämlich nebenbei die Warnungen von der Frau Professorin Hübner aus meinem letzten Blogartikel auf eine ganz beiläufige Weise, und ich hatte sogar das vage Gefühl, die Arbeit stellte vielleicht wirklich eine Art Antwort auf deren Stellungnahme dar. Das verdient in jedem Fall Lob, denn darauf kann man bei künftigen Arbeiten aufbauen und Einwände, die auf der Stellungnahme der Deutschen Krebsgesellschaft von 2017 beruhen, mit Verweis auf diese neueren Ergebnisse entkräften.

Was mich richtig gefreut hat: Mit Klement hat endlich auch mal jemand den hohen anfänglichen Wasserverlust bei einer Keto-Ernährung zur Kenntnis genommen, den sonst immer jeder so komplett ignoriert, daß ich mir fast wie ein Verschwörungstheoretiker vorkomme, wenn ich auf diesen bei mir in jeder Low-Carb-Phase wiederkehrenden Faktor zu sprechen komme, den außer mir aber anscheinend kein Mensch kennt. Der Smollich würde mir in diesem Fall wohl raten, meiner Waage unbedingt weniger zu trauen als der Frau Prof. Jutta Hübner und ihrer langen Latte an Veröffentlichungen, wegen meines nichtvorhandenen Urteilsvermögens und so.

Nun, Klement hat dieses mir schon lange vertraute Phänomen dankenswerterweise gemessen und in der verlinkten Studie ebenfalls zur Sprache gebracht: 

patients in the KD group lost body weight and fat free and skeletal muscle mass quickly after diet onset, which for the most part was related to water losses. The KD did not cause further substantial changes in fat free or skeletal muscle mass, but was associated with a
gradual decrease of 0.4 kg body weight and fat mass per week

Ganz außerordentlich hat mich aber vor allem seine Definition ketogener Therapie befriedigt: 

Ketogenic therapy is an umbrella term describing the application of nutritional strategies
(CR, KDs, fasting, or exogenous ketone bodies) with the goal to induce systemic ketosis for therapeutic purposes [50].

Seine Definition orientiert sich also, wie ich das in meinem letzten Blogartikel ebenfalls vorgeschlagen habe, vom Ziel her, nämlich den Zustand der Ketose herbeizuführen, unabhängig davon, welches Mittel angewandt wird, um es zu erreichen. Da braucht man sich dann nicht mehr, wie die Frau Prof. Hübner, darüber die Haare zu raufen, daß es so viele unterschiedliche Nuancen beim Mittel der ketogenen Ernährung geben kann, solange das Ziel mit der angewandten Methode sich tatsächlich als erreichbar ersweist. 

Deshalb kommen neben ketogener Ernährung auch Fasten, aber ebenso Kalorienreduktion und sogar die Zuführung exogener Ketonkörper in Betracht - auch wenn ich mir gerade nicht so recht vorstellen kann, wie das letztere funktionieren soll. Da nämlich auch in seinen Studien das einzige echte Problem darin bestanden hat, daß ein beträchtlicher Teil der Keto-Patienten vorzeitig abgesprungen ist, könnte man mit dieser Denkweise ja auch ein bißchen herumprobieren, womit die Leute am besten klarkommen, und vielleicht ja auch mitten in der Anwendung von einem Mittel zu einem anderen switchen, wenn das die sogenannte "Compliance" erhöht und gleichzeitig das Ziel, in Ketose zu bleiben, damit ebenfalls erreicht werden kann.

Schon klar, mit dieser Idee bin ich mal wieder meiner Zeit voraus. Aber es entspräche ebenfalls dieser Definition, und es hat mich außerdem dazu angeregt, meine eigenen Pläne noch einmal zu überdenken. Für mich selbst hatte ich nämlich schon die ganze Zeit beschlossen, meinen Fastenrhythmus normal weiterzuführen und dabei auch jede Spätschichtwoche meines Mannes für lange, dann wieder viertägige Fastenintervalle zu nutzen, um möglichst häufig während des Fastens bestrahlt zu werden. Da meine Termine außerdem immer so früh liegen, werde ich zusätzlich bei jeder Bestrahlung außerhalb des Fastens jedenfalls ungefähr 14 Stunden nichts gegessen haben, das kann auch ein kleiner Vorteil sein. Daran, dies mit Low Carb zu kombinieren, hatte ich bislang aber noch nicht gedacht, und je länger ich mir das durch Kopf gehen ließ, desto mehr freundete ich mich mit diesem Gedanken jetzt an.

Wie bei der Chemo gilt: Falls es doch nichts nützen sollte, wüßte ich jedenfalls nicht, inwiefern es umgekehrt einen Schaden anrichten könnte. Aber falls sich irgendwann eindeutig genug erweisen sollte, daß die Befürworter von Ketose bei Bestrahlung richtig liegen, sollte es eine Rückkehr der Monstermutanten unwahrscheinlicher gemacht haben. Denn auch wenn die Indizien hier um einiges spärlicher gesät sind als bei der Chemotherapie, weisen sie doch ziemlich eindeutig in dieselbe Richtung eines Nutzens, ob der sich nun in der Praxis als eher klein oder doch als so groß erweisen mag, wie das Prof. Seyfried und manche anderen behaupten.

Aus diesen Überlegungen heraus habe ich mich entschieden, während der Bestrahlung wirklich Low Carb zu essen. Ich werde es diesmal aber auf die Tage beschränken, an denen die Bestrahlungen stattfinden. Am Wochenende esse ich also normal. Das scheint mir in Kombination mit dem Fasten ausreichend.

Donnerstag, 25. Mai 2023

Keto bei Krebs: Ein Teufelskreis militanten Nichtwissenwollens

Mein Gewicht heute früh, an Fastentag 2 von zwei nicht verbundenen diese Woche: 84,7 Kilogramm, nach 85,7 vorgestern. 

Ich muß mir irgendeine Infektion eingefangen haben, obwohl ich nicht sicher bin, was für eine, und rückblickend meine ich, es ist schon am Sonntag damit losgegangen, obwohl ich an jenem Tag mein Schlappmachen auf die Hitze zurückgeführt hatte. Aber schon am Montag lag mein Gewicht irritierend viel höher als eigentlich erwartet. Die 85,7 Kilo am Dienstag zeigten dann endgültig, daß irgendwas nicht stimmen konnte. Bis gestern habe ich mich unangenehm schlapp gefühlt und mich mit Ach und Krach durch meine Arbeitstage geschleppt. Auffällig war auch, daß ich das unangenehme Kribbeln im rechten Fuß stärker als gewohnt bemerkt habe, extrem kalte Hände bekam und einen komischen Geschmack im Mund hatte.

Seit gestern nachmittag fühle ich mich so viel besser, daß ich erst seitdem so richtig begriffen habe, daß ich mich davor wirklich schlecht gefühlt hatte. Das Kribbeln ist kaum noch wahrnehmbar (von mir aus dürfte es jetzt gerne auch mal ganz verschwinden), und auch das Kältegefühl, das am frühen Nachmittag vorübergehend kam, war sehr viel weniger stark. Auch mein Gewicht sinkt jetzt wieder, also klingt die Infektion offenbar ab. 

So ein kleines bißchen Sorgen macht mir das ja schon, daß ich in den letzten Wochen so infektanfällig geworden bin, obwohl doch mein Immunsystem langsam eigentlich wieder funktionieren müßte. Ob das mit dem Ende der Maskenpflicht zusammenhängt? Oder vielleicht damit, daß mein Immunsystem mit anderen Dingen beschäftigt ist, etwa der Wundheilung? Aber die müßte langsam ja doch auch abgeschlossen sein. Nicht, daß sich in mir gerade feindliche Truppen neu zu formieren versuchen und das mein Immunsystem so in Anspruch nimmt. Aber dagegen, falls das wirklich stattfinden sollte, habe ich ja zum Glück weiterhin die Antikörpertherapie. Am Dienstag bekomme ich die nächste. Am Mittwoch ist außerdem der Termin für das CT im Vorfeld der Bestrahlung, und die Bestrahlung selbst beginnt am 15. Juni und wird bis zum 24. Juli dauern. 

Erinnert sich noch irgendwer daran, daß ich glaubte, bis Ende Mai all diesen Kram abschließen zu können? So kann man sich täuschen.

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Stellungnahme zu ketogenen und kohlenhydratarmen Diäten bei Menschen mit Krebs

Der Professor Thomas Seyfried ist schuld daran, daß ich auf einmal doch der Meinung war, ich müsse es mir antun: Die "Stellungnahme zu ketogenen und kohlenhydratarmen Diäten bei Menschen mit Krebs" der Arbeitsgemeinschaft Prävention und Integrative Onkologie (PRIO) der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) habe ich mir in den letzten Tagen zu Gemüte geführt, einschließlich der wichtigsten Quellen in den Fußnoten, versteht sich. Als Vorbereitung, um mich mit Seyfrieds Thesen etwas näher zu befassen, schien mir das gerade deshalb unverzichtbar, weil ich vorab schon wissen wollte, was alles gegen sie sprechen könnte. Daß eine weitere Stellungnahme der Frau Professorin Hübner mich argumentativ überzeugen würde, damit habe ich nach meinen Erfahrungen mit derjenigen zum Fasten bei Chemotherapie zugegebenermaßen aber nicht gerechnet. 

Alle meine Vorurteile haben sich auch tatsächlich bestätigt. Diese Stellungnahme taugt als Entscheidungsgrundlage, ob man als Krebspatient es mit einer ketogenen Ernährung mal versuchen oder es doch lieber bleiben lassen sollte, überhaupt nichts. Das geradezu Tragische daran: Eine Menge Onkologen orientieren sich vermutlich mehr oder weniger blind an ihr, wenn sie von ihren Patienten auf diese Frage angesprochen werden, und verbauen dadurch besten Glaubens manchen von ihnen eine realistische Chance, ihren Krankheitsverlauf wenigstens ein bißchen positiv zu beeinflussen. 

Die Sache ist freilich kompliziert. Wer nach einem simplen und jederzeit sowie für alle wirksamen Wunderheilmittel sucht, wird von Keto wahrscheinlich genauso wie von anderen angeblich unfehlbaren Heilmitteln enttäuscht werden. Trotzdem bin ich der Meinung, daß darin Potential steckt, das die Frau Professorin Hübner aus Gründen, die sie nur selbst kennt, ungenutzt die Kanalisation runterspülen will.

Die Antwort auf die Kalorienfrage aus onkologischer Perspektive

Bevor ich auf die Details zu der Stellungnahme eingehe, will ich aber erst einen zugegebenermaßen unerwarteten "Beifang" aus meiner sonst eher unerfreulichen Lektüre an prominenter Stelle würdigen: In Onkologenkreisen sowie dort, wo bereits praktische Erfahrungen mit Keto zum medizinischen Standard gehören - dies betrifft vor allem die Epilepsie-Behandlung - scheint man sich längst darauf geeinigt zu haben, daß eine ketogene Ernährung tatsächlich unabhängig von der Kalorienaufnahme zu Gewichtsverlust führt. Im Wortlaut direkt der Stellungnahme entnommen: 

Fine et al. beobachteten bereits im Jahr 2013 ein Gewichtsverlust von 4 % (± 6,1 %) innerhalb von 28 Tagen bei Krebs-Patienten unter einer ketogenen Diät [21]. Tan-Shlalaby et al. berichteten, dass 73 % der Studienteilnehmer unter ketogener Diät in einem Zeitraum von 16 Wochen durchschnittlich 7,5 ± 5,8 kg Körpergewicht abnahmen [22].Urbain et al. (2017) berichten in einer Studie bei gesunden Probanden unter ketogener Diät eine Gewichtsabnahme von 2,0 ± 1,9 kg Körpergewicht, obwohl die durchschnittliche Energieaufnahme nicht reduziert war und bestätigen damit frühere Hinweise, dass aufgrund der metabolischen Veränderungen isokalorische ketogene Diäten zur Gewichtsabnahme beitragen können [23]. Die genannten Gewichtsverluste stammen aus Studien mit einer intensiven ernährungsmedizinischen Begleitung der Patienten.
Jetzt frage ich mich vor allem eines:  

Wieso wird eine Sache, die aus Sicht von Onkologen längst als hieb- und stichfest bewiesene Tatsache gilt, von so vielen Ernährungsexperten immer noch für ein bloßes Märchen gehalten? Könnten die Onkologen zu ihren ernährungsmedizinischen Kollegen nicht einmal einen interdisziplinären Gesprächskanal graben und denen diese Sache schonend beibringen?

Es ist doch auch echt zum Auswachsen: Die Ernährungswissenschaftler glauben einem solche Dinge von vornherein nicht, wenn man sie ihnen erzählt. Und Onkologen glauben sie zwar, halten sie aber für des Teufels und möchten diese Gewichtsabnahmen bei ihren Patienten unbedingt vermeiden. Dabei haben sie das Endstadium einer Krebserkrankung vor dem geistigen Auge, einen abgemagerten Patienten, der eine weitere Gewichtsabnahme kaum ohne bedenkliche Folgen riskieren könnte. Eine übergewichtige Brustkrebspatientin unmittelbar vor der neoadjuvanten Chemotherapie mit einer realistischen Heilungsperspektive riskiert allerdings im typischen Fall sowieso nicht, anschließend nur noch Haut und Knochen zu sein, sondern im Gegenteil eine zusätzliche Gewichtszunahme. Die Bedenken und Einwände, die im vorherigen Fall berechtigt waren (auch wenn sie sich in der Praxis vielleicht doch als gegenstandslos erweisen würden), werden aber bei allen, also auch ihr gegenüber, als Begründung vorgebracht, und das ist völlig absurd.

Nur in einer der Studien - sie umfasste Krebspatienten einer allgemeinmedizinischen Praxis - waren Krebspatienten im Frühstadium überhaupt mit eingeschlossen (Jansen 2016). In einer weiteren Studie (Tan-Shalaby 2016) waren aber sämtliche 16 Teilnehmer übergewichtig, und sie erlebten beim Wechsel auf Keto höhere Gewichtsabnahmen, als sie in irgendeiner anderen Studie verzeichnet wurden - wie das auch bei einer entsprechenden Ernährungsumstellung von nicht an Krebs erkrankten Übergewichtigen zu erwarten gewesen wäre. Daß keinem der Patienten jener Studie die Gefahr drohte, auch nur in die Nähe von Untergewicht zu gelangen, hat die Autoren der Stellungnahme aber nicht daran gehindert, diese Studie als einen der angeblichen Beweise für das Risiko einer Mangelernährung durch ketogene Ernährung bei Krebs mit aufzuzählen. 

Es kommt aber noch besser: Zu den Quellen, auf den sich die Stellungnahme stützte, gehörte eine von demselben Autorenteam um die Frau Professorin Hübner aus Jena erstellte Übersichtsarbeit, in der die Stand 2017 vorliegenden Studien über ketogene Ernährung bei Krebs zusammengefaßt worden waren. Dort wird die Sache folgendermaßen dargestellt: 

Tan and Shalaby report a weight loss in 73% of participants although the caloric intake was not restricted. In fact, they observe mean weight loss of 1.5 kg after only 2–3 days of dieting, and by the end of the study the mean weight loss for all subjects was 7.5 ± 5.8 kg [33].
Abgesehen davon, daß auch dort mit keiner Silbe erwähnt wurde, daß es sich um übergewichtige Patienten gehandelt hatte, in so einem Fall ein Gewichtsverlust von 7,5 kg in 16 Wochen durchaus im Rahmen des auch bei Gesunden zu Erwartenden lag und der durchschnittliche BMI von 30,3 auf 27,7 sank, also locker weiterhin im Übergewichtsbereich lag, entlockte mir die erste Hälfte des zweiten Satzes erst mal ein mitleidiges Lächeln. Der typischerweise zu erwartende anfängliche Wasserverlust, der zu erwarten ist, wenn man anfängt, kohlenhydratarm zu essen, und der auch bei mir ein bis zwei Kilogramm ausmacht, ist nun wirklich kein Grund zur Theatralik. Zumal dann, wenn man in der Rückschau ja ganz genau weiß, daß die Patienten trotz der hohen Gewichtsabnahme noch nicht einmal den Normalgewichtsbereich erreichten. 

Nun gut, Onkologen sind halt keine Ernährungswissenschaftler. Aber eine Studie zu verstehen, die sie lesen, und ihren Verstand zu benutzen, um Zahlen wieder in ein Bild von der Realität umzuwandeln, sollte man ihnen eigentlich zutrauen. Die Tabelle zeigt doch deutlich, daß weder die Gewichtsabnahme noch irgendeiner der Blutwerte zu Bedenken wegen einer möglichen Mangelernährung der Patienten dieser Studie konkreten Anlaß gab. Die besondere Hervorhebung der vermeintlich katastrophal hohen Abnahme in dieser Studie suggeriert ein Problem, das in Wirklichkeit gar nicht bestanden hat.

Wie man außerdem daran sieht, könnten Onkologen nicht nur Ernährungswissenschaftlern etwas beibringen - etwa die kalorienunabhängige Abnahmewirkung von ketogener Ernährung -, sondern hätten Anlaß, von ihnen auch etwas über Gewichtsabnahmen, die NICHT ungesund sind, lernen zu wollen. Denn wie sich ein Gewichtsverlust zusammensetzt, macht ja auch einen Unterschied, während in den Augen der Autoren der Stellungnahme jede Abwärtsbewegung der Zahl an der Waage dasselbe zu bedeuten scheint. 

Theoretisch ist mir klar, an welcher Stelle man ansetzen müßte: Erst einmal müßte die Ernährungswissenschaft sich mit den allgemeineren Erkenntnissen auseinandersetzen, die über die Wirkung einer ketogenen Ernährung in der praktischen therapeutischen Anwendung vor allem in der Epilepsiebehandlung gewonnen wurden. Erst wenn dieser Faktor Grundlage ernährungswissenschaftlicher Herangehensweisen bei der Gewichtsreduktion geworden ist, besteht ja überhaupt eine Chance, die Wirkung von Keto auf Krebspatienten mit der dabei gewohnten Wirkung zu vergleichen. 

Nur, wie motiviert man Onkologen dazu, sich dieser Aufgabe anzunehmen? Zumal solche Onkologen, die sich wie die Autoren der Stellungnahme auf die Fahne geschrieben zu haben scheinen, ketogene Ernährung in einen möglichst schlechten Ruf zu bringen, wie sich aus dieser Zusammenfassung ihrer Auswertungsarbeit ergibt:

 "Keine der Studien konnte eine Rückbildung von Tumoren, eine Verlängerung der Überlebenszeit, eine Verbesserung des Therapieansprechens oder eine Verminderung von Nebenwirkungen durch die ketogene Diät belegen."

Als ich die zugehörigen Studien selbst durchsah, fand ich in einigen davon nämlich sehr wohl Belege für 

  • eine Rückbildung von Tumoren,
  • eine Verlängerung der Überlebenszeit,
  • eine Verbesserung des Therapieansprechens, 

die der Aufmerksamkeit des Autorenteams um die Frau Professorin Hübner offenbar entgangen sind. Darauf komme ich später noch genauer zu sprechen. Allerdings muß ich eingestehen, die Sache mit der Verminderung der Nebenwirkungen war mir nicht eindeutig genug, denn vieles davon beurteilen die Patienten ja sehr subjektiv. Ich dachte darüber nach, mir die Studien, auf deren Volltext ich Zugriff habe, noch einmal durchzusehen, ob ich irgendetwas Überzeugendes finde, entschied mich dann aber, für den nachweislichen Einfluß einer Low-Carb-Ernährung auf die Nebenwirkungen von Krebstherapien lieber ein persönlich erfahrenes und außerdem ggf. schriftlich belegbares Beispiel aus meiner eigenen Chemotherapie zu bringen. 

Was ist überhaupt "ketogene Ernährung"?

Kurz noch ein paar Worte dazu, was mit "ketogene Ernährung" im vorliegenden Fall überhaupt gemeint ist. Zu Recht wird in der Stellungnahme angemerkt, daß das, was unter diesem Begriff angewandt wurde, in jeder Studie anders aufgefaßt wurde. Generell wurde aber mit dieser Ernährungsweise angestrebt, daß die Patienten in Ketose gelangen, und dies wurde in der Regel von einer Mehrheit auch erreicht, also sind die Unterschiede in der Herangehensweise eigentlich nebensächlich. 

Weil mir wiederum die Frage, ob ich in Ketose komme oder nicht, so lang wie breit ist, käme ich mir aber wie ein Hochstapler vor, das, was ich gemacht habe als "ketogene Ernährung" zu bezeichnen, deshalb bleibe ich für meinen eigenen Fall bei "Low Carb", obwohl ich annehme, daß ich tatsächlich mindestens zeitweise in Ketose war, und obwohl meine durchschnittliche Kohlenhydratmenge pro Tag bei um die 70 Gramm lag, also durchaus innerhalb des Rahmens, der in einem Teil der Studien vorgegeben wurde. Anzumerken ist außerdem, daß in der Epilepsiebehandlung die Menge der Kohlenhydrate sehr viel drastischer eingeschränkt wird, als es in der Mehrheit dieser Studien der Fall war. Das spielt dann eine Rolle, wenn in der Stellungnahme mit Problemen aus dem Epilepsie-Bereich argumentiert wird, die aber bei den Keto-Definitionen, die diesen Studien zur Krebsbehandlung zugrundegelegt wurden, nicht zwangsläufig auch entstehen. 

"Zu wenig Daten ..."

Es gibt freilich auch einen Punkt, in dem ich der Stellungnahme recht geben muß: Ähnlich wie beim Fasten gibt es zur ketogenen Ernährung bei Krebs so wenige Studien, daß die Forschungsfrage nahezu als Terra incognita bezeichnet werden muß. Der Stellungnahme zugrunde gelegt wurden zwar insgesamt 15 Studien und Fallberichte mit zusammen 330 Patienten, was zunächst ein wenig besser aussieht als beim Fasten. Allerdings habe ich mich beim Überfliegen der Studien oder wenigstens der zugehörigen Abstracts (denn ein Abstract fand sich für alle von ihnen online, allerdings war der Volltext bei ca. der Hälfte hinter einer Bezahlschranke verborgen) bei einem ziemlich großen Teil dieser Studien gefragt, was zum Teufel sie eigentlich in der Grundlage für folgende Handlungsempfehlung zu suchen hatten: 

Aufgrund der aktuellen Datenlage können kohlenhydratarme oder ketogene Diäten als ergänzende Therapie und allgemein für Menschen mit Krebserkrankungen nicht empfohlen werden.

In Wirklichkeit ist die Datenlage deshalb sogar noch schlechter, als es auf den ersten Blick scheint. Ein Drittel der in die Auswertung einbezogenen Studien war nämlich gar nicht dazu geeignet, über einen etwaigen praktischen (therapeutischen oder sonstigen) Nutzen ketogener Diäten für Krebspatienten zu urteilen. Nach fünf Tagen oder zwei Wochen Keto eine erkennbare Schrumpfung oder gar die Selbstauflösung des Tumors zu erwarten, wäre ja blanker Unsinn. Die Zahl der einbezogenen Patienten, wenn man Studien ausklammert, die so kurz verliefen, daß von vornherein keine erkennbaren Veränderungen bei einem Tumor zu erwarten waren, liegt deshalb letztlich auch nicht viel höher als bei den Studien zum Fasten.*

* 5 Studien zum Fasten, Dauer: eine volle Chemotherapie lang, also ca. 6 Monate: 128 fastende Teilnehmer; 15 Studien zur ketogenen Ernährung mit einer Mindestdauer von vier Wochen: 138 Keto-Teilnehmer. 

Würde man für die Keto-Studien auf einem Zeitraum von 6 Monaten wie beim Fasten bestehen, blieben gerade mal 18 Teilnehmer übrig. Es ergibt freilich einen Sinn, bei den Keto-Studien kürzere Dauern zu akzeptieren, deshalb habe ich alle Studien mit mindestens 28 Tagen beim Teilnehmervergleich gewählt.

Fasten bietet sich nämlich, wo man gegen seinen Einsatz keine grundsätzlichen Vorbehalte hat, vor allem bei Krebserkrankungen in einem frühen Stadium an und begleitet in der Regel eine ca. 6-monatige Chemotherapie. Bei metastasiertem Krebs wird Fasten aber - einleuchtenderweise - viel seltener in Erwägung gezogen, weil das Schreckgespenst einer zu starken Gewichtsabnahme Fasten natürlich viel abschreckender erscheinen läßt als Keto. Das hat viel damit zu tun, daß beim Fasten der Zusammenhang mit vermuteten Kaloriendefiziten noch viel seltener hinterfragt wird als bei ketogener Ernährung, weil es halt kontraintuitiv ist, von etwas anderem auszugehen. 

Die kalorienunabhängige Abnahmewirkung des Fastens

Interessanterweise vernahm ich bei Seyfried wie eine Selbstverständlichkeit ganz en passant, daß gundsätzlich für die von ihm angestrebten Einsätze in der Krebstherapie sowohl Keto als auch Fasten in Frage kämen, was schon dafür sprach, daß er von vergleichbaren Wirkungen beider Ansätze ausging. In der Hübnerschen Übersichtsarbeit wurde aber außerdem noch  für den Einsatz in der Epilepsie ausdrücklich erwähnt, daß Keto-Ernährung überhaupt erfunden wurde, um als Ersatz für Fasten tauglich zu sein, mit dem Ziel, die Ketose über längere Zeiträume aufrechtzuerhalten, als es beim Fasten möglich ist: 

In 1921, Cobb and Lennox from Harvard University observed a reduction in seizure in patients after 2–3 days of fasting. This effect was thought to stem from metabolic changes induced by a state of starving or shortage of carbohydrates. In this state, ketone bodies become the main fuel for the brain’s energy and force the body to burn acid-forming fat. In the same year, Wilder proposed that ketonemia could be achieved either by starvation or with a diet designed to mimic the body’s biochemical response to starvation. He suggested that the diet could be maintained for a much longer period of time than starvation and coined the term ‘‘ketogenic diet.’’
Das war mir zugegebenermaßen bislang noch gar nicht bekannt gewesen. Wenn Keto aber von vornherein entwickelt wurde, um Fasten biochemisch zu imitieren, dann müssen natürlich auch die Gründe der Abnahmewirkung bei beidem dieselben sein. Auch wenn ich das aufgrund persönlicher Erfahrungswerte schon seit ein paar Jahren - jedenfalls für meinen eigenen Fall - sicher weiß, dies ist der erste vernünftige wissenschaftliche Beleg, der mir dafür je unter die Augen gekommen ist.

In Sachen Ernährung besteht tatsächlich dringender interdisziplinärer Gesprächsbedarf zwischen Onkologen und Ernährungswissenschaftlern! Eine Frage an die Onkologie speziell von mir würde außerdem lauten, warum man Keto und Fasten nicht zusätzlich zu kombinieren versucht, sei es, um den Kohlenhydratanteil etwas höher setzen zu können, ohne daß die therapeutische Wirkung sich verschlechtert, sei es, um diese Wirkung noch weiter zu verbessern. 

"Welche therapeutische Wirkung?", würden die Autoren der Stellungnahme jetzt sicherlich mißgelaunt zurückfragen. Auf diesen Punkt sollte ich jetzt also nach diesem langen Anlauf auch mal kommen. 

Die Faktengrundlage

Noch einmal zurück zu den 15 Studien, die als Grundlage der Stellungnahme verwendet wurden:

Wie erwähnt, sechs Monate waren bei den Studien zum Fasten bei Krebs deshalb der typische Zeitraum, weil dies die übliche Dauer von Chemotherapien bei Krebs im frühen Stadium ist. Bei fortgeschrittenen Krebserkrankungen ergibt eine so lange Dauer weniger Sinn, deshalb habe ich mich mit einem Minimum von 28 Tagen begnügt. Auch auf diese Weise entfallen aber trotzdem fünf der 15 Studien, weil sie von vornherein keine Antworten auf die gestellte Frage bieten und meiner Meinung nach in der Stellungnahme gar nichts zu suchen hatten. Die zehn übrigen habe ich online recherchiert und von allen mindestens einen Abstract nachlesen können, bei einigen auch den Volltext.  

Nach Durchsicht der (wenigen) Studien, die online im Volltext frei verfügbar waren, habe ich mir außerdem auch eine Meinung gebildet, warum es bis heute so wenige Studien zu dieser eigentlich so wichtigen Frage gibt und warum diese spärlichen Studien außerdem nur eine so geringe Anzahl an ketogene Ernährung praktizierende Patienten umfaßten. 

Mehr Daten müßte man halt wollen

Die Vorgaben vieler Studien waren nämlich extrem rigide. In einer Studie (Schmidt 2011) waren etwa nur Patienten zugelassen, für die überhaupt keine anderen Behandlungsoptionen bestanden (womit Krebs im Frühstadium beispielsweise von vornherein nicht in Frage kam), während andererseits ihr Allgemeinzustand dann aber wieder nicht so schlecht sein durfte, daß andere Ausschlußkritierien bestanden. Das engte den Kreis der in Frage kommenden Patienten sehr stark ein. Bei Rieger 2014 war eine Progression der Krankheit der Moment, in dem die Patienten vor die Wahl gestellt wurden, die Keto-Ernährung abzubrechen oder weiter beizubehalten, und diejenigen, die vor dieser Wahl standen, entschieden sich ungefähr zu gleichen Teilen für eine dieser Möglichkeiten. Von den anfangs 20 Patienten der Studie gelang es übrigens keinem einzigen, sechs Monate lang eine Progression zu vermeiden, aber das war auch kein Wunder angesichts ihrer Krankheit, nämlich ein bereits wiederholt wiederaufgeflammtes Glioblastom, ein Gehintumor mit ohnehin und von vornherein miserabler Prognose. 

In der Stellungnahme wird suggeriert, ketogene Ernährung sei furchtbar schwer durchzuhalten und deshalb habe nur ein starkes Drittel aller Studienteilnehmer sie bis zum Ende der Studiendauer umsetzen können. Und wäre das nicht ein besonders starkes Argument gegen Keto, wenn sogar Patienten, die glauben, ihr Leben hänge davon ab, es in der Praxis einfach nicht über sich bringen, dauerhaft so zu essen? 

In Wirklichkeit waren es aber nur recht wenige Fälle, in denen die Patienten deshalb abbrachen, weil sie die Ernährung zu unangenehm fanden. Die meisten Abbrüche erfolgten entweder wegen der Vorgaben der Studien oder starken Verschlechterungen des Allgemeinbefindens, die eine Fortsetzung zu riskant gemacht hätten, und bei Todesfällen. Bei so weit fortgeschrittenen Krebsleiden mit von vornherein ungünstiger bis katastrophaler weiterer Überlebensprognose, wie sie fast alle Patienten aufwiesen, ist daran auch sehr viel weniger überraschend, als es von den Autoren der Stellungnahme unterstellt wird.

Woran es also vor allem fehlt, ist die Bereitschaft, die Möglichkeit einer Teilnahme an Studien zur ketogenen Ernährung bei Krebs mehr Patienten zugänglich zu machen. Wenn ausschließlich "austherapierte" Patienten damit noch einen allerletzten Versuch machen können, vielleicht doch eine Wunderheilung zu erleben, führt das ja zwangsläufig dazu, daß die Ergebnisse wenig überzeugend ausfallen. Was aber, wenn gerade wegen dieser Vorgehensweise das therapeutische Potential von ketogener Ernährung bei weniger verzweifelten Fällen von Krebserkrankungen unterschätzt wird? Was außerdem, wenn diese Patienten auch wegen des unterschätzten Potentials schließlich wirklich in die verzweifelte Situation gelangen, in der sowieso kaum mehr etwas zu retten ist? 

Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie ... lieber niemanden?

Ist es wirklich zu viel verlangt, bei der Risikoabschätzung für ketogene Ernährung bei Krebs wenigstens eine rationale Analyse von Nutzen und Risiken zu fordern, wie sie bei konventionellen Krebstherapien ja auch angewandt werden? Es ist doch schließlich nicht so, daß ein Patient, dem eine Chemotherapie verabreicht wird, damit keine Risiken eingeht. Manche von ihnen sterben nicht am Krebs, sondern an der Chemo - ich kannte eine Frau, der das passierte. Dennoch werden Chemotherapien nach obiger Abwägung von Ärzten verordnet, wenn und sofern die Chancen auf einen Nutzen schwerer wiegen als die damit verbundenen Risiken. Genau auf diese Weise könnte man auch ketogene Ernährung mit einbinden.

Der Einwand in der Übersichtsarbeit, die der Stellungnahme zugrunde lag,

Particularly among cancer patients side effects might not be attributed to the dietary regime but mistakenly be thought of as side effects of the therapy or disease progression
ist an den Haaren herbeigezogen. Bei einer Chemotherapie ist es ja von vornherein nahezu unmöglich, die Nebenwirkungen einem bestimmten unter den verabreichten Mitteln zuzuordnen. Das stellte sich heraus, als ich selbst einmal versucht habe, eine solche Zuordnung der einzelnen Symptome vorzunehmen. Es werden tatsächlich in einschlägigen Dokumenten fast alle Nebenwirkungen fast allen Chemotherapeutika zugeschrieben. Welches davon im Einzelfall welche Nebenwirkung tatsächlich erzeugte, ist unmöglich zu erfahren. Mit anderen Worten: Wenn bei einem Patienten Nebenwirkungen gefährlicher Intensität auftreten, weiß auch niemand, welches der verwendeten Mittel man absetzen müßte. Warum dann ausgerechnet etwaige hinzukommende Nebenwirkungen einer Keto-Diät ein Grund zur Panik sein sollten, erschließt sich mir auch deshalb nicht, weil ketogene Ernährung sowieso selten Nebenwirkungen hat, die bedenklich sind. Die sugestive Aufzählung von sich bedrohlich lesenden Nebenwirkungen in der Stellungnahme
Zu den dokumentierten Nebenwirkungen gehören u. a.: Übelkeit, Appetitmangel, Gewichtsverlust, Obstipation, Hyperlipidämie, Arteriosklerose, Hypercholesterinämie,
fehlendes Durstgefühl, Nierensteine, Pankreatitis, Dehydratation, Selenmangel und Sedierung [6, 19, 20].
ist in Wirklichkeit eine dramatisierende Verkehrung dessen, was die angegebenen Quellen in Wirklichkeit aussagen, in dessen genaues Gegenteil. Ich zitiere: 

  • Quelle [6]: "6.7.4 Die „leichteren“ KET wie MAD oder LGIT sind auch im Erwachsenenalter gut verträglich, schwere Nebenwirkungen mit ärztlicher Intervention selten62. Häufigen Nebenwirkungen wie Obstipation oder Nierensteine kann durch Flüssigkeit und Anpassung des Diätplanes oft wirksam begegnet werden."
  • Quelle [19]: "However, most of the adverse effects are treatable"
  • Quelle [20]:  "Possible side effects of the diet and methods of minimizing them are discussed" (was übrigens nicht dasselbe ist wie eine "dokumentierte Nebenwirkung", die dieser Satz angeblich belegen soll)

Die Nebenwirkungen einer ketogenen Ernährung bei einer Krebserkrankung sollen für den Leser der Stellungnahme aus irgendwelchen Gründen wirken wie ein unüberwindliches Hindernis, obwohl sie das offensichtlich nicht sind. An dieser wie an etlichen anderen Stellen war für mich beim Vergleichen der Quellen mit den von den Autoren aus ihnen entnommenen "Beweisen" mit Händen zu greifen, daß hier Leute am Werk gewesen sein müssen, die nie die Absicht hatten, eine ergebnisoffene Auswertung von Beweismaterial vorzunehmen und anschließend nach bestem Wissen Ratschläge zu geben. Sie wußten vielmehr schon, bevor sie ans Werk gingen, daß ketogene Ernährung bei Krebs etwas ist, vor dem sie warnen wollten. Ich weiß nicht, warum, nur, daß sie nicht einmal davor zurückschreckten,  Belege zu "übersehen", die ihnen dabei nicht ins Konzept paßten. 

Zur Erinnerung hier noch einmal, was zur Frage positiver Wirkungen von Keto in der Stellungnahme zusammenfassend stand:

 "Keine der Studien konnte eine Rückbildung von Tumoren, eine Verlängerung der Überlebenszeit, eine Verbesserung des Therapieansprechens oder eine Verminderung von Nebenwirkungen durch die ketogene Diät belegen."

Dieses Fazit kann ich nicht nachvollziehen. Obwohl ich nur von einem Teil der Studien überhaupt den Volltext gelesen habe, fand ich in einigen davon nämlich solche Belege vor.

Rückbildung von Tumoren:

Dies ist als Erfolgskriterium von vornherein ein bißchen unklar formuliert. Wenn man es als "vollständiges Verschwinden des Tumors" auffaßt, hätte es nur im Falle einer spontanen Wunderheilung im Wortsinne erfüllt werden können. Die sind aber leider viel zu selten, um sie unter nur 138 Patienten verlangen zu können. Daneben wäre dafür erstens der Zeitraum in den meisten Studien viel zu kurz gewesen. Auch meine pathologische Komplettremission nach Chemo und Antikörpertherapie war vor der allerletzten Mammographie nach fünf Monaten zu keinem Zeitpunkt sicher vorhersagbar, und nur bei 18 Patienten umfaßten die Studien einen längeren Zeitraum als fünf Monate. Daneben wäre eine Kompletremission außerdem ein verflixt ehrgeiziges Ziel gewesen angesichts fast durchweg weit fortgeschrittenen Erkrankungen bei miserabler Überlebenszeitprognose. 

Man kann die Formulierung aber auch als "Tumor wurde kleiner" verstehen. Das kam in einzelnen Fällen vor, konnte aber in der Regel auch auf andere Faktoren mitzurückgeführt werden. Wer will dann aber entscheiden, welchen Teil davon die ketogene Ernährung hatte? 

Aber ziemlich eindeutig ist meiner Meinung nach "Tumor wuchs nicht weiter" bei immerhin der Hälfte der Patienten bei Fine 2013 als Beleg für einen Einfluß von Keto auf den Tumor zu werten. Alle Patienten hatten nämlich vor Studienbeginn schnell wachsende Tumoren. 

Ich nehme an, die Formulierung "Rückbildung von Tumoren" wurde absichtlich so gewählt, damit der letzte Fall darin nicht mitenthalten ist. Ich bin so frei, die Sache nicht im Wortsinne, sondern so zu verstehen, wie es unter normalen Umständen gemeint sein müßte, also: "Keto hatte einen Einfluß auf das Tumorwachstum". Bei Fine ist ein solcher Einfluß m. E. belegt.

Verlängerung der Lebenszeit: 

Auch diese Formulierung wirft Fragen auf: "Verlängerung der Lebenszeit" im Vergleich zu wem oder was? Ob eine Verlängerung der Lebenszeit im Vergleich zu der ohne ketogene Ernährung für einen Patienten erreicht worden ist, darüber kann man ja nur spekulieren. 

Letztlich ist es aber unnötig, sich bei dieser Frage in sprachphilosophische Abgründe zu begeben. Eine Verlängerung der Lebenszeit zum statistisch im Durchschnitt zu erwartenden Wert, wie es vermutlich gemeint war, gab es nämlich mindestens bei zwei Studien:

  • Wenn 4 von 6 ketoernährten Patienten mit Glioblastom nach 14 Monaten noch am Leben waren, erlaube ich mir, angesichts der zu erwartenden Überlebensrate eine Verlängerung der Überlebenszeit für eindeutig erreicht zu halten. (Champ 2014) 
  • Dasselbe gilt für das eine der beiden Mädchen mit fortgeschrittenem bösartigem Astrozytom bei Nebeling 1995 - bei Schmidt las ich im einführenden Teil ihrer Studie außerdem, es wäre mindestens 2005 noch am Leben gewesen. Die zu erwartende Überlebenszeit kann ich nicht genau sagen, aber ich gehe von Stadium 3 aus (Stadium 4 enspricht dem Glioblastom), das entspräche einer Überlebenserwartung von ca. 1,5 Jahren. 

Verbesserung des Therapieansprechens: 

Hier eine eindeutige Verbesserung des Therapieansprechens: 

Bei Jansen 2016, eine Studie, in der 78 Krebspatienten einer allgemeinmedizinischen Praxis umfaßt, wurde u. a. ausgewertet, ob eine Veränderung der Ernährungsweise (keto/teilweise keto/regulär) auch Veränderungen des Tumorstatus mit sich brachte. Dabei ergab sich, daß drei von vier Fällen einer Verbesserung in Zusammenhang mit einer Umstellung auf Keto standen, während zehn von elf Verschlechterungen in Verbindung mit einer Umstellung auf reguläre Ernährung gebracht werden konnten.

Verminderung der Nebenwirkungen:

Die Nebenwirkungsfrage krankt an demselben Denkfehler der Autoren, den ich schon in der Stellungnahme zum Fasten kritisiert habe. Es ist doch einfach nur idiotisch, die Nebenwirkungen quasi in einer Strichliste zu "zählen". Wenn man der bestehenden Behandlung bzw. dem momentanen Status etwaige der Keto-Ernährung zuzuordnende weitere Nebenwirkungen hinzufügt, kommt ja automatisch eine höhere Zahl heraus, aber damit hat man noch lange nicht bewiesen, daß die höhere Zahl von Nebenwirkungen ein schlechteres Befinden des Patienten bedeutet. Auf der anderen Seite der Waagschale kann sich ja auch der vorherige Status verbessert haben, indem Beschwerden, auch wenn sie immer noch vorhanden sind, nun geringer ausgeprägt sind.

Ich gebe aber zu, alles, was der Patient subjektiv nach seinem Empfinden zu Protokoll gibt, kann natürlich auch einen Placebo-Effekt oder schlichten Selbstbetrug mitenthalten, und wie sollte man beweisen, daß dies in den Studien nicht dort geschehen ist, wo solche Faktoren sich verbessert haben sollten? Deshalb wähle ich hierfür lieber gleich mich selbst als Beispiel, denn ich habe neben ein paar ebenfalls subjektiv empfundenen Wirkungen auch eine zu bieten, die objektiv gemessen wurde. Während meiner Chemotherapie, beginnend im Oktober 2022, habe ich ja nicht nur um die Chemotherapie mit drei (1. Zyklus) bzw. vier Tagen (2.-4. Zyklus) herumgefastet, sondern zusätzlich auch vom 13.10. bis 30.11.2022 Low Carb gegessen (durchschnittlich weniger als 70 g KH pro Tag). Ab dem 1.12.2022 aß ich wieder normal, weil ich über Weihnachten nicht bei Low Carb bleiben wollte. In beiden Zeiträumen bekam ich je zweimal Chemotherapie mit Epirubicin/Cyclophosphamid. 

Meine Blutwerte aus dieser Zeit kann ich ggf. belegen:

Mit Low Carb:

  • 13.10.22: Zyklus 1, Tag 0 (Chemotherapie)
  • 18.10.22: Tag 5 Erste Blutabnahme. Erythozyten: 4,40; Thrombozyten: 164; Leukozyten: 6,23 (alle Werte innerhalb des Normalbereichs)
  • 25.10.22: Tag 12 Zweite Blutabnahme (in der Studie keine Werte für einen vergleichbaren Punkt im Zyklus). Erythozyten: 4,08; Thrombozyten: 121  Leukozyten: 1,09 (keiner der Werte innerhalb des Normalbereichs, aber die roten Blutkörperchen liegen nur sehr knapp darunter.)
  • 02.11.22: Tag 20 Dritte Blutabnahme.  Erythozyten: 4,27; Thrombozyten: 226; Leukozyten: 4,21 (alle Werte innerhalb des Normalbereichs)
  • 04.11.22 Zyklus 2, Tag 0 (Chemotherapie)
  •  08.11.22: Tag 4 Erste Blutabnahme.  Erythozyten: 4,36; Thrombozyten: 189; Leukozyten: 8,40 (alle Werte innerhalb des Normalbereichs)
  • 15.11.22: Tag 11 Zweite Blutabnahme (in der Studie keine Werte für einen vergleichbaren Punkt im Zyklus) .  Erythozyten: 4,08; Thrombozyten: 109; Leukozyten: 1,40 (keiner der Werte innerhalb des Normalbereichs).
  • 22.11.22 Tag 18 Dritte Blutabnahme. Erythozyten: 4,29; Thrombozyten: 213; Leukozyten: 1,95 (Leukos zu niedrig, Rest normal)). 

Ohne Low Carb:

  • 29.11.22 Zyklus 3, Tag 0 (Chemotherapie)
  • 06.12.22 Tag  7. Erste Blutabnahme. Erythozyten: 3,97; Thrombozyten: 138; Leukozyten: 4,53. (kursiv: zu niedrig)
  • 13.12.22 Tag 14. Zweite Blutabnahme. Erythozyten: 3,90; Thrombozyten: 178; Leukozyten: 1,62 (kursiv: zu niedrig)
  • 20.12.22 Tag 21 Dritte Blutabnahme Erythozyten: 4,17; Thrombozyten: 223; Leukozyten: 3,51
  • 22.12.22. Zyklus 4, Tag 0 
  • 27.12.22 Tag 5: Erste Blutabnahme.  Erythozyten: 3,96; Thrombozyten:172; Leukozyten: 6,71
  • 03.01.23 Tag 12: Zweite Blutabnahme.  Erythozyten: 3,53; Thrombozyten: 110; Leukozyten: 1,35
  • 09.01.23 Tag 18. Dritte Blutabnahme. Erythozyten: 3,95; Thrombozyten: 214; Leukozyten: 2,09

Wer in dieser Auflistung keine auffällige Veränderung bei den Erythozyten (rote Blutkörperchen) erkennt, der sollte sich eine neue Brille verschreiben lassen. 

Mein Fazit

Wie die Stellungnahme der Deutschen Krebsgesellschaft zum Fasten während der Chemotherapie hat sich auch diese Stellungnahme als ein ziemlich eindeutiger Fall von "Es kann nicht sein, was nicht sein darf" erwiesen, sobald man sich dazu bequemt, die Zeugen, die von den Autoren angegeben wurde, einmal selbst zu befragen. Dabei ist mir natürlich klar, daß die Beweislage auch für Keto-Freunde eigentlich viel zu dünnes Eis ist, also die Warnung nicht in eine feurige Empfehlung mit großen Erwartungen umgekehrt werden kann. Da aber speziell die Risiken von ketogener Ernährung maßlos aufgebauscht wurden und in Wirklichkeit - zumal im Vergleich mit den Risiken durch die üblichen Krebstherapien - kaum der Rede wert sind und mit einfachen Maßnahmen beherrschbar wären, spräche eigentlich genau wie beim Fasten gar nichts dagegen, die Wirkung von Keto bei Krebs mit ein bißchen mehr System zu untersuchen. Denn meiner Meinung nach hat man damit so wenig zu verlieren, daß das Risiko, vielleicht auf der anderen Waagschale auch nicht viel zu gewinnen, sehr wohl eingegangen werden könnte.

Was ich aus Patientenperspektive geradezu niederträchtig finde, ist, daß die Deutsche Krebsgesellschaft mit dieser Stellungnahme bestimmt nicht nur aufgeschlossene Mediziner, sondern auch eigentlich interessierte Institutionen, die willens und in der Lage gewesen wären, neue, etwas aussagekräftigere Studien zur Wirkung ketogener Ernährung bei Krebs zu entwickeln oder dies in ohnehin geplante Studien mit einzubeziehen, abgeschreckt hat, so als sei ein Ziel dieser Stellungnahme gewesen, zu bewirken, daß die Datenlage dauerhaft so schlecht bleibt, wie sie zum Zeitpunkt der Veröffentlichung 2017 war und auch im Moment weiterhin ist. Ohne die Beharrungskräfte der Vertreter der etablierten Lehrmeinung könnte man sowohl beim Fasten als auch bei Keto und Krebs vielleicht längst an dem Punkt sein, an dem es nicht mehr um das "Ob", sondern um Fragen wie "Wie, wann, bei wem, mit was zusammen?" gehen würde. Denn dafür, daß an der Sache irgendetwas "dran" ist, spricht schon einiges, auch wenn ich nicht einschätzen kann, ob daraus tatsächlich das Riesending werden könnte, von dem Professor Seyfried so überzeugt ist, oder vielleicht doch nur begrenzte Einsatzmöglichkeiten bestehen - die man dann aber immerhin mal hätte, während man sie jetzt nicht hat.

Diesen Teufelskreis eines militanten Nichtwissenwollens der Fachleute, der dazu führt, daß eine Sache nicht ausreichend untersucht wird, weil ihre Anwendung aufgrund solcher Warnungen wie in der Stellungnahme kaum stattfindet, und umgekehrt, können nur Fachleute durchbrechen, die mit ähnlicher Sturheit ihre Erkenntnisse weiterverfolgen und sie so lange in Fachwelt und Öffentlichkeit vertreten, bis es ihnen gelingt, am Ende damit durchzudringen.