Dienstag, 26. Juli 2022

"Rückfall in alte Verhaltensmuster"

Mein Gewicht heute früh nach vier Eßtagen zu Beginn des nächsten einzelnen Fastentags: 87,3 Kilogramm. Vor zwei Wochen waren es 86,9 Kilogramm, aber darüber hatte ich mich bekanntlich ja zu früh gefreut, weil ich schon am zweiten Fastentag jener Woche wieder bei 87,5 und nach dem Wochenende unerwarteterweise sogar wieder bei 88,5 lag. Mal sehen, ob das heute realistischer gewesen ist, ich also nächsten Dienstag und hoffentlich auch bis zum Ende der mehrwöchigen Pause bei den langen Fastenintervallen weiterhin die 87 vorne stehen haben werde. Das halte ich für durchaus möglich, da ich heute eher ein nach oben als nach unter verzerrtes Gewicht aufweisen müßte, denn in meinem Gedärm blubbert es gewaltig. Ich fürchte, ich habe etwas gegessen, das mir nicht so recht bekommen ist. Vielleicht irgendetwas, das nicht mehr so ganz frisch war. Bei der Hitze kann so was ja passieren.

Mein Mann hat mich vorhin mit der Ankündigung überrascht, daß er nach seinem Urlaub vier Wochen lang Frühschicht schieben wird. Damit ist meine Planung für den weiteren Fastenverlauf leider ein Fall für den Schredder, da sie ja auf meiner Gewohnheit basiert, immer in seinen Spätschichtwochen lange Fastenintervalle einzulegen. Nicht, weil er das unbedingt so haben möchte, sondern weil ich das - eigentlich - unbedingt so haben möchte. Es ist für mich ein kleines Stückchen mehr Bequemlichkeit, wenn ich das dann mache, wenn wir nicht nachmittags zusammen Kaffee trinken, sondern ich mich dann mit Kaffee dopen kann, wenn es mir danach ist - für gewöhnlich spätestens gegen 13 Uhr. 

Außerdem bin ich ein Gewohnheitstier. Mir ist es immer am liebsten, wenn alles so läuft wie immer und ich vor allem die volle Kontrolle über das habe, was passiert. 

Da ich nicht die Absicht habe, nun statt fünf gleich acht Wochen am Stück keine langen Fastenintervalle einzulegen, bleibt mir aber nichts anderes übrig, als es diesmal anders zu machen, aber dann werde ich mein erstes langes Fastenintervall wenigstens um eine Woche vorverlegen. Die Pause von den langen Fastenintervallen dauert jetzt also doch nicht fünf, sondern nur vier Wochen. 

Jetzt bin ich bloß gespannt darauf, wann und warum ich diese Planung auch wieder umschmeißen muß. 

Apropos Planänderungen: Heute wurde meine neue Kühl-Gefrier-Kombi geliefert, und damit die Sache mir nicht langweilig wird, kam heute fast zur selben Zeit auch endlich der Fliesenleger, um die beschädigten Fliesen an der neuen Therme zu reparieren, bzw jedenfalls den Untergrund vorzubereiten. Das hat bei mir auch eine gewisse Hektik ausgelöst, aber ich bin ja heilfroh, daß da endlich was passiert. 

Als ich heute morgen meinen Stromzählerstand notierte und mit dem vor dem Abtauen des Gefrierschranks verglich, erlebte ich eine Überraschung, denn ich habe in den neun Tagen seit dem Abtauen nicht etwa weniger, sondern mehr Strom als in den Tagen davor verbraucht. Damit hatte ich gar nicht gerechnet und ich kann mir auch nicht so recht vorstellen, warum. Jetzt bin ich aber gespannt darauf, wie sich das neue Gerät auswirkt. Theoretisch müßte das eigentlich um die zehn Prozent Stromersparnis ausmachen, wenn ich die "Normal-Stromverbräuche" meines alten und künftigen Geräts vergleiche und in Relation zu meinem gesamten Stromverbrauch setze. 

Ich habe mich gerade gestern außerdem noch zu einer weiteren Energiesparmaßnahme entschlossen. Ich werde nämlich künftig das Warmwasser in der Küche von der Therme entkoppeln und mir einen kleinen Durchlauferhitzer zulegen, ein Gerät von Clage

Genau das gleiche Gerät - oder jedenfalls sein Vorläufermodell, aber die Optik hat sich nicht verändert - hatte ich in meiner vorletzten Wohnung in der Küche, wo ich damit einen altersschwachen 5-Liter-Boiler ersetzte. Als ich mich vom Vater meines Sohnes trennte, nahm ich das Gerät mit, weil ich es so toll fand, und überließ meinem Ex den alten Boiler. Als ich in meine jetzige Wohnung gezogen bin, kam ich aber nicht auf die Idee, das Gerät noch einmal mit umzuziehen, weil ich hier ja Warmwasser über die Therme bekomme. Also habe ich es in der alten Wohnung meinen neuen Mietern überlassen. Aber ich habe dem Gerät sehr schnell hinterhergetrauert, weil es einfach viel angenehmer in der Bedienung war. 

Was mir damals so daran gefiel: Das Wasser kam sofort in der benötigten Temperatur, wenn man den Warmwasserhahn aufdrehte. Es war zwar eine relativ geringe Wassermenge, aber sie kam mit großem Druck und war sehr geeignet, schnell ein einzelnes Teil unter fließendem Wasser abzuspülen, ohne damit Wasser und Energie zu verschwenden. Wenn ich das Spülbecken vollaufen ließ, dauerte das zwar seine Zeit, aber auch das war eher ein Vorteil als ein Nachteil. Stark verschmutzte Teile stellte ich gleich rein, die hatten dann Zeit zum Einweichen. Während des Vollaufens des Beckens spülte ich Gläser und leicht verschmutzte Teile gleich unter dem laufenden Wasserstrahl. Meine Spülroutine funktionierte damit perfekt. Und ohne den Einhebelmischer kam, wenn ich das Kaltwasser aufdrehte, wirklich nur kaltes Wasser. Mich nervt es nämlich ein bißchen, daß ich aufpassen muß, wie ein Schießhund, bloß keinen Millimeter nach links zu verrutschen, dann springt mir nämlich sofort die Therme an.

Gestern entdeckte ich, daß es dieses Gerät nicht nur immer noch gibt, sondern daß es seit 1987 (!) noch nicht einmal teurer geworden ist, ich erinnere mich noch, daß ich damals, als ich den blöden Fünf-Liter-Boiler durch es ersetzt habe, 300 DM bezahlt habe, und diesmal hat es mich 145 Euro gekostet. Bei Obi, der Preis war etwas reduziert, aber auch einen so niedrigen Normalpreis - um die 190 Euro - hätte ich eigentlich nicht erwartet.

Der Stromverbrauch beträgt 3,5 kWh, wenn ich das Warmwasser eine volle Stunde lang laufen lasse, das entspricht zum derzeitigen Strompreis ungefähr einem Euro, und angesichts der geringen Warmwassermengen, die ich in der Küche brauche, sollte es Wochen dauern, bis das zusammengekommen ist, also gehe ich nicht davon aus, daß ich auf diese Weise das beim Kühlen Eingesparte wieder verläppern werde. Mein Gasverbrauch wird sich im Gegenzug aber noch weiter reduzieren, was ja ungeachtet der Kostenfrage ohnehin wünschenswert ist. 

Ich habe ja ein bißchen gegrinst, als gestern die Reduktion des Gasdurchflusses bei Nordstream 1 angekündigt wurde - hatte ich es nicht gleich gesagt? Das sind so durchsichtige Psychospielchen! Ich fange aber an, mich für mein kleinmütiges Land zu schämen.  Es ist doch geradezu lächerlich, daß unsere Politik pausenlos Ängste schürt und die Medien dazu wie der Chor in einer griechischen Tragödie pausenlos die Hände ringen und "Ach" und "Weh" schreien. Das macht doch alles nur noch schlimmer, weil es dem Kreml die Richtigkeit seiner Strategie bestätigt, uns ständig mit einander widersprechenden Ankündigungen und Handlungen aus der Fassung zu bringen und dabei darauf zu spekulieren, daß es irgendwann eine destabilisierende Wirkung auf unser Land (oder ein anderes europäisches Land) haben wird. 

Lassen wir uns nicht ins Bockshorn jagen. Wie bereits erwähnt, auch im Worst-Case-Szenario sind Katastrophen für niemanden zu erwarten, allenfalls Unbequemlichkeiten - das heißt, falls die Vorbereitung aus der Politik wenigstens halbwegs etwas taugen sollte, was wir jetzt doch mal hoffen sollten. 

Was uns gerade fehlt, sind neben einem halbwegs soliden Plan vor allem ausreichend deutliche Signale der Entschlossenheit, ihn auch umzusetzen. Dies ließe sich am besten durch eine fristlose Kündigung aller Gasverträge mit Rußland erreichen. Planen müssen wir ja ohnehin auf Basis der Annahme, daß Rußland exakt eine Gasmenge von null durchleitet, also könnten wir diesen Zustand ebensogut selbst herbeiführen. Dann hätten wir wenigstens klare Verhältnisse und würden nebenbei Rußlands Krieg auch nicht mehr mitfinanzieren. 

***

Der Autor des "Abspeckblogs" empfiehlt ein Buch mit dem Titel "Kopfsache schlank" und verlinkte auch ein Interview mit den Autorinnen sowie eine Radiosendung. Das Buch kenne ich nicht, aber so dringend interessiert es mich nicht, daß ich jetzt losrennen würde, um es zu kaufen. Vielleicht finde ich es ja mal in einer dieser "Zu verschenken"-Kisten oder auf dem Flohmarkt - dann werde ich es hier auch rezensieren. Aber mir ging zu der Buchempfehlung etwas durch den Kopf, das hier mal loswerden möchte.

Daß Abnehmen Kopfsache ist, ist ja eine ziemlich Binse und hilft nur begrenzt weiter. Natürlich ist es richtig, daß meine Abnehme nicht funktionieren würde, wenn mein Kopf dem im Wege wäre. Da ich aber nicht so bekloppt bin, etwas anzufangen, von dem ich von vornherein weiß oder ahne, daß es mich zu sehr unter Leidensdruck setzen würde, um es so lange wie nötig (also mit gewissen Ausnahmen: "für immer") durchzuziehen, brauche ich mich vor Kopfproblemen aber auch nicht zu fürchten. Bei meinen früheren schiefgelaufenen Versuchen, Gewicht zu verlieren, ist der Kopf außerdem nie das Problem gewesen, denn ich habe ja alles, was ich angefangen hatte, über Jahre hinweg durchgezogen. Es ging deshalb schief, weil Methoden nach Kalorienlogik so selten zu einer dauerhaften Gewichtsabnahme führen, daß es unrealistisch wäre, auf ihre Wirkung große Hoffnungen zu setzen. 

Die Autorinnen, entnahm ich dem Interview, kämen wohl gar nicht auf die Idee, die Kalorienlogik in Frage zu stellen, obwohl sie andererseits die Rolle des Insulins und der Kohlenhydrate kennen. Sie fokussieren sich auf Änderungen des Eßverhaltens ohne Leidensdruck. Nur, ist das nicht das Heilsversprechen ALLER Diätbücher, auch wenn die Methoden, den Leidensdruck zu vermeiden oder wenigstens zu lindern, unterschiedlich ausfallen können?  

Diese Methode ist leider eine Mogelpackung. 

Eine bewußt herbeigeführte Änderung des Eßverhaltens mit dem Ziel Gewichtsabnahme quasi als "Umprogrammierung" der Gewohnheiten, setzt ja per se den Verzicht auf dieses oder jenes Lebensmittel und/oder auf Essen generell in dieser oder jener Situation denklogisch voraus. Das, wodurch man es ersetzt, ist und bleibt aber ein Ersatz, und der Kopf weiß ganz genau, daß es daneben noch das furchtbar verbotene Andere gibt, auf das er verzichtet, aber eigentlich trotzdem ganz gerne hätte. Am Ende eines auf Verzichtleistungen dieser Art basierenden Programms steht aber nahezu unweigerlich eine besonders typische Phrase aus dem Bullshit-Bingo der Abnehmwilligen, nämlich der sprichwörtliche "Rückfall in alte Verhaltensmuster". Erst als einzelner Ausrutscher, aber sobald einem der bewiesen hat, daß der Ersatz halt wirklich nichts weiter als ein Ersatz ist, hat man ein Kopfproblem zu lösen, und das nahezu unvermeidliche Ende des Abnehmerfolgs nach 6 bis 12 Monaten macht dieses Kopfproblem immer schlimmer.

So läuft das nämlich, wenn man versucht, sich selbst zu nudgen, denn auf das läuft es ja hinaus, wenn man sich selbst "umzuprogrammieren" versucht.

Bin ich froh, daß ich meine Verhaltensmuster nie zweckorientiert geändert habe, mir kann so etwas deshalb nicht passieren. Wenn sich bei mir ein Verhaltensmuster ändert, dann geschieht das spontan und oft auch ein bißchen unerwartet. Meine Wochenmarkt-Gewohnheiten zum Beispiel sind entstanden, als ich eines Herbstes endlich mal wieder Äpfel mit echtem Eigengeschmack haben wollte, die man im Discounter nur mit viel Glück mal erwischt, und feststellte, daß ich den Weg zum Wochenmarkt perfekt mit meinem EMS-Trainings-Termin kombinieren konnte. Der Rest ergab sich von alleine, und ja, ich nehme sehr wohl an, daß es eine Verbesserung meiner Ernährung darstellt, daß ich nicht nur immer weniger hochverarbeiteten Kram zu mir nehme, sondern die frischen Sachen auch von besseren Produzenten kommen. Aber diese Veränderungen habe ich nicht mit einem bestimmten Ziel vor Augen aktiv herbeigeführt und ich mußte mir dafür auch nie irgendetwas anderes verkneifen. Wenn mir meine Zeit für den Wochenmarkt doch nicht reicht, bekomme ich auch keine Krämpfe, wenn ich Obst, Gemüse, Mehl oder Wurst stattdessen doch mal bei Aldi oder Lidl kaufe.

Es ist bei dieser Kopfproblemlösungs-Herangehensweise ja immerhin schon was, daß die Autorinnen empfehlen, etwas netter zu sich selbst zu sein, als das die übliche Bootcamp-Logik à la Nadja Hermann vorsieht. Nur, von Nettigkeit alleine kann man nicht runterbeißen. Was man macht, muß schon auch funktionieren. 

Im Radiointerview sagte Frau Dr. Zachenhofer, sie kenne niemanden, der bei Chips aufhören kann, bevor die Packung leer ist. Ich kann das aber. Ich esse auch von vermeintlich süchtig machenden Lebensmittel immer so lange, bis ich keine Lust mehr auf sie habe. Das gilt auch für Kartoffelchips. Ich kaufe zwar nur selten Chips - klassisch ist er bei uns nur an Silvester vorgesehen -, aber wenn ich alle Schaltjahr irgendwann sonst Lust darauf bekomme, habe ich, sofern ich eine normalgroße Packung kaufe, meistens ein halbes Päckchen übrig, wenn ich zu essen aufhöre, und ärgere mich jedes Mal, wenn ich den Rest am nächsten Tag oder sonstwann fertigesse, über die gummiartige Konsistenz, die das Zeug angenommen hat. Chips sind wirklich nur lecker, wenn sie frisch sind. Eigentlich sollte man so was von vornherein selber im Backofen machen. 

Wer sich zu den Mahlzeiten nach Herzenslust satt essen darf, der hat aber überhaupt kein Bedürfnis nach irgendwelchen Zwischenmahlzeiten, egal wie süchtig sie angeblich machen. Das war bei mir der Grund, warum ich schon immer nur selten unterwegs das Verlangen nach einem Snack hatte (und wenn doch, ersetzte er mir eine ausgelassene Mahlzeit). Vor dem Fettwerden hat mich das nicht bewahrt, aber dafür hindert mich die Größe der Portionen bei den Mahlzeiten jetzt auch nicht am Abnehmen. Es hat etwas geradezu Tragisches, daß hier mal wieder ein Feind bekämpft wird, der ohne die Kalorienlogik überhaupt nichts Furchterregendes an sich haben müßte.





Sonntag, 24. Juli 2022

Warum ich die Finger von Veggie-Aktien lasse

Mein Gewicht heute früh, zwei Tage nach Ende des letzten langen Fastenintervalls: 85,2 Kilogramm. Im letzten Beitrag schrieb ich noch, daß meine Gewichtsschritte gerade völlig unvorhersehbar seien, und das hat sich mit Nachdruck bestätigt. Am Freitagmorgen wog ich nämlich mitnichten 82,x, wie ich das eigentlich fest erwartet hatte, sondern vielmehr 83,4 Kilogramm. Also nicht einmal ein neues Tiefstgewicht, sondern hundert Gramm mehr als zwei Wochen davor. Ich war natürlich enttäuscht, aber mein Frust hielt sich halbwegs in Grenzen, weil ich dafür am Bauch eine sehr deutliche und hochwillkommene Veränderung spüren konnte. 

Heute, zwei Tage später, wiege ich nun wieder 700 Gramm weniger als vor zwei Wochen. Gestern war es sogar mehr als Kilo minus im Vergleich zum selben Tag vor zwei Wochen. Was morgen kommen mag, wer weiß? Ich werde es halt nehmen müssen, wie es kommt.

Möglicherweise spielt die Hitze dabei eine Rolle, denn letzte Woche mußte ich außerdem noch mehr als sonst darauf achten, viel zu trinken. Genügend trinken ist für mich eigentlich nie ein Problem gewesen, weil ich von Haus aus um die drei Liter täglich zu trinken gewohnt bin. Aber dies Hitze plus lange Fastenintervalle erfordert noch mehr Flüssigkeit, und zwar umso mehr, je länger ein Fastenintervall dauert. Das habe ich schon am Abend nach dem dritten langen Fastenintervall bemerkt, als ich zu Bett ging und dieses leichte Ziehen in den Waden bemerkte, das spätere Wadenkrämpfe vorankündigen kann (wenn auch nicht muß). An Magnesiummangel konnte das nicht liegen, weil ich während langer Fastenintervalle mittlerweile konsequent abends zwei Magnesium-Sprudeltabletten einnehme. 

Ich bin sofort aufgestanden und habe mir eine Flasche Sprudel gemacht, einen Teil sofort getrunken und die Flasche mit dem Rest auf die Kommode gestellt. Das Ziehen war sofort weg und kam auch nicht wieder.

Gestern waren wir wieder bei den Hofflohmärkten, und ich war so vorausschauend, einen Liter Sprudel mitzunehmen, aber am frühen Nachmittag war er bereits verbraucht. Am vorletzten Hof, schon in relativ kurzer Entfernung zu dem griechischen Lokal, wo wir dann essen wollten, setzte dieses Ziehen wieder ein, diesmal aber wesentlich heftiger, und es wurde innerhalb einer halben Minute nach dem ersten Einsetzen so unangenehm, daß ich die Standinhaberin um ein Glas Leitungswasser bat. Kaum hatte ich es getrunken, fühlte sich alles wieder normal an. 

Ich bin mir nicht völlig sicher, aber ich glaube, ich habe so etwas bislang immer nur in Zusammenhang mit mehrtägigen Fastenintervallen erlebt, und zwar durchaus auch manchmal noch zwei Tage danach. Das ergibt schon einen Sinn, denn ich weiß ja, daß es mehrere Tage dauert, bis mein Wasserhaushalt sich wieder eingependelt hat. Künftig will ich das noch etwas genauer beobachten.

***

"Der Markt für vegane und vegetarische Lebensmittel wächst beständig", behauptet mein spezieller Freund, das Bundeszentrum für Ernährung. "Nach Einschätzung von Marktforschern werden in wenigen Jahren pflanzenbasierte Produkte ein Drittel des Fleisches am Markt ersetzen."

Aus diesem Anlaß hat mich interessiert, wie sich eigentlich der vor längerer Zeit so stark abgestürzte Kurs der "Beyond Meat"-Aktie seitdem entwickelt hat. Diese Entwicklung sieht so aus: 

 

Der kleine Anstieg in letzter Zeit entspricht lediglich der Erholung nach dem schockartigen Absturz aller Aktien wegen des Ukrainekriegs. Einen zu erwartenden Boom jedenfalls bei diesem Anbieter sehe ich beim besten Willen nicht.

Aber was ist dann von dem im Frühjahr voll Begeisterung quer durch die Medienlandschaft verkündeten Rückgang der Fleischproduktion bei gleichzeitiger Erhöhung der Fleischersatzproduktion im letzten Jahr, 2021, zu halten? Ich würde sagen, in Deutschland ist, anders als in den USA, der Zenit des Vegan-Hypes entweder gerade erreicht oder noch nicht ganz überschritten, aber in diesem Fall jedenfalls nicht mehr weit entfernt. Erwähnen sollte man außerdem, daß der Rückgang beim Fleisch von einem hohen (Produktionswert 2021: 35,6 Mrd. Euro; Allzeit-Maximum 2019: 40,1 Mrd.) und der Anstieg beim Fleischersatz von einem sehr viel niedrigeren Niveau aus erfolgten (Produktionswert 2021: 458,2 Mio.; 2019: 272,8 Mio.). Welche Rolle bei beidem die Covid-Pandemie gespielt hat, wird sich wohl frühestens bei den Werten für 2022, vielleicht auch erst 2023 zeigen - je nachdem, was uns coronatechnisch im Herbst erwartet, denn es könnte durchaus sein, daß die Häufigkeit, mit der zu Hause und mit der außer Haus gegessen wird, erheblichen Einfluß darauf hat.

Ich persönlich rechne nicht damit, daß es nach 2021 noch nennenswerte zusätzliche Anstiege geben wird, denn mir scheint der Markt mittlerweile ausgereizt. Die aufgeregten Berichte über den angeblichen Veggie-Trend haben ihn ja teilweise überhaupt erst auf diese Höhe gebracht. Aber dieses Pulver dürfte inzwischen verschossen sein, und ich sehe deshalb keine weiteren Käuferschichten, die man sich ohne Zwangsmaßnahmen noch erschließen könnte, während ein Teil der bisherigen Käufer voraussichtlich wegbrechen wird.

Das schließe ich aus der Aufgliederung der "Käufertypen", also wer aus welchen Gründen Fleischersatzprodukte kauft. 90 Prozent dieser Käufer, so die BZFE übrigens, seien KEINE Vegetarier oder Veganer.

  • "Healthy Hardcores": Ziel: Gesundheit. Häufig seien sie Sportler.
  • "Value Hunters": glauben, sich auf diese Weise preisgünstiger ernähren zu können. 
  • "Flavour Cravers": sind auf der Jagd nach neuen Geschmackserlebnissen.
  • "Trendy Trialists": würden alles ausprobieren, wenn es neu ist und als schick gilt.
  • "Eco Warriors": Ihr Fleischverzicht hat ethische Gründe

Die letzte Gruppe sind offenbar die einzigen, bei denen der Geschmack der Fleischersatzprodukte kein Auswahlkriterium ist, und das wirft die Frage auf, woher ein weiterer Boom eigentlich kommen soll, da laut BZFE-Umfrage ja mehr als die Hälfte der Käufer von Fleischersatzprodukten mit dem Geschmack nicht zufrieden ist. 

Den Value Hunters wiederum muß ich Rechenschwäche bescheinigen, falls sie Fleischersatz wirklich für billiger als Fleisch halten, denn dies ist nicht der Fall. Wenn ich mir die aktuellen Discounter-Prospekte anschaue, dann ergibt sich im Vergleich zwischen Fleisch/Wurst und Fleischersatz in der Regel ein deutlicher Mehrpreis für den Fleischersatz, der wegen verschleiernder Packungsgrößen aber nicht immer auf Anhieb ersichtlich war. Dafür mußte man die Kilo-Preise miteinander vergleichen.

Fleisch/Fleischersatz:

Hamburger, frisch, Lidl: kg-Preis 9,98 Euro vs. Vemondo Vegane Burger, Lidl: kg-Preis 12,73 Euro

Frisches Putengeschnetzeltes Lidl: kg-Preis 8,33 Euro vs. Like Meat Bio vegane Fleisch Alternative Lidl: kg-Preis 12,33 Euro

Marinierte Hähnchenbruststeaks Lidl: kg-Preis 8,71 Euro vs. Vegini Pfefferfilet Lidl: kg-Preis 17,79 Euro

Würstchen/Vegane "Würstchen": 

Bratwurst Netto: kg-Preis von 5,54 bis 8,54 Euro vs. Beyond Sausage Netto: kg-Preis 14,95 Euro 

Wurst/Vegane "Wurst":

Lyoner-Aufschnitt Aldi: kg-Preis 5,26 Euro vs. Veggie-Aufschnitt Aldi: kg-Preis 9,52

Leberwurst/Veganer Leberwurst-Ersatz:

Mini-Leberwurst Netto: kg-Preis 7,69 Euro vs. Rügenwalder Mühe Veganes Sortiment Lidl: kg-Preis 12,95 bis 14,39

Es gibt respektable Gründe, vegetarisch oder vegan leben zu wollen, aber finanzielle Argumente, deshalb solche Produkte zu kaufen, gibt es keine. 

Warum wiederum die beiden aufgelisteten Arten von Neuheitenjägern ihr Interesse an Veggie bald verlieren werden, liegt auf der Hand: Veggie hat seinen Neuheits-Status mittlerweile verloren und wurde als Kick-Bringer längst von Insekten abgelöst. Womöglich sind auch die schon wieder "old news", und ich habe den letzten Schrei noch gar nicht mitbekommen. Beim Essen bin ich ja doch eher altmodisch, deshalb bevorzuge ich für den Lebensmitteleinkauf auch den Wochenmarkt.

Als möglicherweise für Veggie-Anbieter noch länger erhalten bleibende Zielgruppe verbleiben neben den Moralgetriebenen also noch die Fitness- und Gesundheitsapostel ... solange sie nicht in den Low-Carb-Bereich überlaufen, was nicht ausgeschlossen ist. Man liest ja immer wieder von in diesen Bereich konvertierten ehemaligen Veganern aus der Influencer-Szene, aber ein Momentum hat das wohl noch nicht erreicht. Bei den meisten war der Auslöser, daß sie erlebten, nach einiger Zeit mehr anstatt weniger gesundheitliche Probleme bekommen zu haben. 

Es gibt ja sogar Leute - neulich las ich darüber in einem Zeitungsbericht, den ich leider nicht mehr wiedergefunden habe -, die den Spagat zwischen dem gesundheitlichen Heilversprechen und persönlich erlebten negativen gesundheitlichen Folgen veganer Ernährung gar nicht unter einen Hut zu bekommen versuchen, sondern die "Anekdote" ihres persönlichen Erlebens - wie die Wissenschaft das von uns allen gerne hätte - für unbedeutender halten als das "wissenschaftlich gesicherte" Heilsversprechen. In dem Bericht erzählte ein junger Mann von einem Gespräch mit einer Ex-Veganerin, die ihm erzählte, sie hätte wegen sich daraus entwickelnder erheblicher gesundheitlicher Probleme diese Ernährungsform leider aufgeben müssen. Als er fragte, ob die Beschwerden, die sie entwickelt hatte, nicht bedeuteten, daß diese Ernährungsform jedenfalls für sie in Wirklichkeit gar nicht gesund gewesen wäre, beharrte sie darauf, selbstverständlich handle es sich um eine besonders gesunde Ernährungsweise, und auch sie hätte sich in dieser Zeit großartig gefühlt. Für so was wurde wohl der Begriff "Kognitive Dissonanz" erfunden.

In mein Portfolio kommen Aktien solcher Unternehmen jedenfalls lieber nicht. Ganz unabhängig von meiner persönlichen Meinung zu dieser Art von Ernährung, denn ich würde vor allem nicht auf ihren längerfristigen Erfolg wetten. Dafür besitze ich Tabakaktien. Ich bin nämlich überzeugt genug davon, daß die Tabakindustrie den nunmehr schon mehr als zwanzigjährigen "War on Tobacco" der WHO überleben wird, um darauf mein eigenes Geld zu setzen. ;-)