Dienstag, 28. April 2020

Ist Joggen das neue Rauchen?

Mein Gewicht heute morgen: 101,1 Kilogramm, also am ersten Tag schon mal 2,5 Kilogramm runter. Da zeichnet sich gerade eine Wiederkehr meines flatterhaften Uhus morgen früh ab, und übermorgen bin ich dann auch wieder in meinem vertrauten Bereich zwischen 98 und 99 Kilogramm. Anschließend esse ich allerdings vier Tage lang, und wenn ich Pech habe, stehe ich dann nächsten Montag schon wieder bei 103, das habe ich jetzt ja oft genug erlebt. Aber wirklich spannend wird es ja erst in den nächsten drei Wochen.

Heute habe ich das Problem, daß ich einerseits krank geworden bin (Nebenhöhlen und Mandeln), andererseits aber noch mindestens bis 18 Uhr die Stellung hier halten muß, und da bietet es sich an, einen weiteren Blogartikel nachzuschieben, statt auf andere Art die Zeit totzuschlagen. Zum Glück habe ich keine Arbeit, die dringend ist, zu erledigen, denn dafür fühle ich mich nicht fit genug. Drei Stunden noch, dann werde ich ins Bett wanken, und morgen ist dann hoffentlich wieder alles gut.

Die Mandeln sind von klein auf einer meiner gesundheitlichen Schwachpunkte gewesen. Hätte ich eine Strichliste geführt, wie oft ich beim Arzt schon gehört habe: "Die sehen ja furchtbar aus" oder "Vielleicht müßten die mal raus", käme sicherlich eine ordentliche Zahl zusammen. Als Kind hatte ich gefühlt alle paar Monate Mandelentzündungen, aber im Erwachsenenalter kam das nur noch ganz sporadisch, und nur noch ganz selten komme ich dabei an den Punkt, daß ich einen Arzt benötige. Auch gestern und heute habe ich etliche Male meine Wunderwaffe Kochsalzlösung zur Anwendung gebracht, und im Vergleich zu gestern fühle ich mich heute schon erheblich besser. Morgen sollte ich wieder fit sein, auch wenn ich heute doch noch ein bißchen matschig bin und um 18 Uhr meinen Bauchladen zuklappen und zu Bett gehen werde.

Kochsalzlösung gurgeln und die Nase damit spülen funktioniert deshalb, weil es die Menge an Krankheitserregern verringert, indem ein großer Teil von ihnen ausgeschwemmt wird. Ich traue mich kaum, es zuzugeben, aber ich verwende dafür schon, seit ich denken kann, eine Gebäckspritze (mit der ich natürlich dann nicht mehr backe) bzw. neuerdings eine noch besser für solche Zwecke zu handhabende kleine Garnierspritze wie die aus der Abbildung.
Die habe ich bei Pepco in Tschechien gekauft, ich glaube, umgerechnet habe ich vielleicht um einen Euro herum dafür hingelegt. Das funktioniert besser als alle teuren Gerätschaften, die für Nasenspülungen angeboten werden, vor allem kann ich den Wasserdruck damit gut nach meinen Bedürfnissen dosieren und  die Spritze ist so dicht, daß ich sie einfach in den Topf mit dem Salzwasser halten und hochziehen kann, ohne daß die Hälfte herausläuft.

Mit den Nebenhöhlen hatte ich dagegen auch als Erwachsene viele Jahre lang ständig Probleme, bin ich einmal bei einem neuen Hals-Nasen-Ohren-Arzt gewesen ist, der einmal einen Blick in die Nase hineingeworfen hat und dabei erstaunt feststellte: "Ihre Nasenscheidewand hat die Form eines Schürhakens. Möchten Sie die nicht operieren lassen?" Ich mochte. Und seitdem habe ich, wie andere Leute auch, nur noch ein bis zwei Erkältungen pro Jahr, anstatt einmal im Monat eine Erkältung mit vereiterten Nebenhöhlen durchzumachen. Das ist jetzt ungefähr zwanzig Jahre her, und ich bin immer noch begeistert darüber, wie viel mehr Lebensqualität so eine operierte Nasenscheidewand hin oder her bedeuten kann.

Corona ist bei dem, was ich habe, nicht im Spiel, aber mir fiel heute zu Corona wieder etwas auf, das mir seitdem durch den Kopf geht. Ein kurioser Aspekt der Corona-Epidemie ist nämlich, daß das Verhalten, das für sozial akzeptabel gehalten wird, sich so verändert hat. Einmal abgesehen von der neuen Normalität der Gesichtsmasken: Ich nehme an, weder das obligatorische Umarmen und Küsschen zur Begrüßung werden wir als "Normalbegrüßung" unter Freunden so schnell wiedersehen noch das Händeschütteln als distanziertere Begrüßungsform (das ich nicht vermissen werde, weil ich es eh noch nie leiden konnte).

Was neuerdings aber auch jedenfalls in manchen Ländern der Ächtung anheimzufallen droht, ist das Joggen:

I cannot go out for a run, my preferred form or exercise – this was banned among increasing social and social-media pressure to do so. A friend who lives alone in Milan, and is also a runner, told me that people had started yelling insults at her from their balconies even before the ban came into place; more worrying still, news reports are emerging of attacks on joggers around the world.


Joggen ist dann wohl auf einmal das neue Rauchen?

Vom Rauchen dagegen wurde festgestellt, daß es sogar vor Corona schützt. Das ist kein Witz, obwohl es wie einer klingt und spontan nicht plausibel scheint, denn müßte Rauchen nicht gerade bei einer Krankheit, die Atemwege und Lunge angreift, negativ wirken? Aber das ist nicht der Fall. Mittlerweile existieren dazu Studien bzw. Datenmaterial aus China, den USA, Frankreich und sogar Deutschland, und überall waren Raucher sehr viel seltener als Nichtraucher unter den Corona-Patienten vertreten. Die Gründe dafür sind unklar, aber natürlich käme kein Arzt und schon gar keine Gesundheitsbehörde auf den Gedanken, nun das Rauchen zu empfehlen. 

Dafür wird jetzt daran geforscht, ob Nikotinpflaster vielleicht ebenfalls diese Schutzwirkung haben ... was dazu führte, daß mindestens in Frankreich Nikotinpflaster auf einmal das neue Klopapier waren. Ob die Franzosen, die ja ohnehin große Raucher vor dem Herrn sind, nun auch mehr rauchen oder Macron wenigstens in Erwägung zieht, die vor einiger Zeit angekündigten Tabaksteuererhöhungen nun doch nicht umzusetzen, weiß ich nicht. Jedenfalls hat sich in Bezug auf Corona erwiesen, daß das, was vorher gut war, jetzt schlecht ist, und umgekehrt.


Leider gilt das aber nicht auch für Adipositas; es wird allgemein angenommen, daß dies wirklich - wie man zunächst auch für das Rauchen angenommen hatte - ein Risikofaktor für Covid-19 ist. Wobei ich vermute, es ist weniger das Körpergewicht, das dabei zum Problem wird, sondern eher der entgleiste Stoffwechsel. Ich muß aber zugeben, ich habe mich in diesen Teil der Thematik noch nicht selbst eingefuchst, und das sollte ich, bevor ich das glauben darf, denn für UK gab es ja diese Datenauswertung, die von allen einschlägigen Twitter-Low-Carb-Fans mit Triumphgeheul weiterverbreitet wurde, bei der der Anteil der Übergewichtigen zwar hoch war, aber, nach Altersgruppen betrachtet, schlicht dem britischen Bevölkerungsanteil entsprach.

Ich bin in dieser Frage, um ehrlich zu sein, voreingenommen, denn ich vermute wirklich, daß es trotz des Rohrkrepierers aus England so sein könnte, daß ein entgleister Stoffwechsel für das Virus günstige Bedingungen schafft. Aber genau deshalb sollte ich mich erst einmal vergewissern, ob die Daten wirklich das ausdrücken, was allgemein behauptet wird.

Nur, dafür sollte ich doch erst wieder ein bißchen klarer im Kopf geworden sein. Also muß ich das vertagen, bis ich wieder genesen bin.









Montag, 27. April 2020

Mehrtägiges Fasten und komplizierteres Einkaufen

Mein Gewicht heute morgen zu Beginn eines dreitägigen Fastenintervalls: 103,6 Kilogramm. Ein klarer Fall von "Na ja", aber so schlecht auch wieder nicht. Meine fastenfreie Woche zu Ostern hat mich diesmal wirklich ein Stückchen zurückgeworfen, zu meinem Verdruß lag ich letzte Woche sogar bei knapp über 105 Kilogramm, aber das erwies sich als ein einmaliger Ausreißer nach oben. Meistens hatte ich meinen fastenfreien Wochen in den Vorjahren mehr Bewegung als üblich, etwa weil wir im Urlaub waren und viel unterwegs, weil ich wandern war oder letzten Sommer bei der Küchenrenovierung geschuftet habe. Diesmal war Shutdown. Vielleicht lag es ja daran.

Da paßt es mir jedenfalls gut in den Kram, daß mein Mann die nächsten drei Wochen lang Spätschicht schieben muß, denn jetzt will ich natürlich schleunigst wieder runter in den zweistelligen Bereich.

Das dreitägige Fastenintervall diese Woche hatte ich schon länger geplant, weil am Freitag Feiertag ist und ich die drei Fastentage damit zwischen Montag und Donnerstag verteilen mußte. Aber am Donnerstag will ich auf den Wochenmarkt und auch sonst noch ein paar Einkäufe für das verlängerte Wochenende erledigen, und so etwas mache ich nur in Notfällen, wenn ich faste. Da mir der Zeitraum Montag bis Mittwoch für das Fasten zur Verfügung steht, besteht aber kein Notfall.

Neu sind jetzt aber meine Pläne für die drei darauffolgenden Wochen, denn ich plane jetzt eine Serie von insgesamt fünf zweitägigen Fastenintervallen: In den beiden nächsten Wochen jeweils zweimal zwei, immer Montag/Dienstag und Donnerstag/Freitag, und dann hänge ich in der darauffolgenden Frühschichtwoche meines Mannes noch einmal den Montag/Dienstag dran, weil ja am Donnerstag schon wieder ein Feiertag ist. Mal sehen, bei welchem Gewicht ich dann stehe. Diese Woche habe ich nach meinem Fastenintervall zwar vier Tage, an denen ich normal esse, aber im Anschluß daran ab kommendem Montag 16 Tage lang im Wechsel immer nur einen oder zwei Eßtage zwischen den Fastentagen. Das sollte eigentlich schon eine deutlichere Wirkung zeigen.Welche Wirkung es haben wird, daß ich anschließend fünf Tage lang esse, werde ich ja sehen. Sollte sie mir nicht gefallen, kann ich ja in der Woche danach noch einmal vier Tage fasten, bevor ich wieder in meinen normalen Fastenrhythmus wechsle.

Schon komisch, wie alltäglich die mehrtägigen Fastenintervalle mittlerweile für mich geworden sind. Anfangs hatte ich gar nicht vorgehabt, so etwas besonders häufig zu machen, obwohl ich es von Beginn an nicht schwierig fand. Inzwischen mache ich es doch recht häufig. Das hat auch damit zu tun, daß es dieses Frühjahr nicht mehr so richtig vorwärts gehen will mit der Abnahme. Aber länger als drei Tage am Stück will ich das - jedenfalls einstweilen - nicht machen, weil ich annehme, daß sich irgendwann der Stoffwechsel verlangsamt und ich damit vielleicht meine weitere Abnahme mittelfristig noch schwieriger mache.

Schwieriger wird es in nächster Zeit mit dem Einkaufen. Ich muß nämlich neuerdings echt aufpassen, daß ich nicht zu viel einkaufe. Gestern entdeckte ich im Gemüsefach meines Kühlschranks eine übersehene Gurke, die bereits den Weg alles Irdischen angetreten hatte und die ich deshalb nur noch wegschmeißen konnte. So was ärgert mich. Eigentlich achte ich immer sehr darauf, daß mir Lebensmittel nicht kaputtgehen, aber mit dem Fasten und jetzt mit unseren Bestellungen zum Wohle der lokalen Gastronomie ist das nicht immer ganz einfach zu koordinieren, vor allem, weil mein Mann mir manchmal auch querschießt und mir mit eigenen Einkäufen das eine oder andere an Essenplänen über den Haufen wirft.

Gestern habe ich auch Essen im Restaurant bestellt, ein ganz ausgezeichnetes Schweinefilet mit Champignonrahmsoße. Die liefern ihr Essen zwar auch, und manchmal machen wir davon Gebrauch, aber gestern habe ich die Gelegenheit für einen kleinen Spaziergang genutzt und es selber abgeholt. Den Rückweg bin ich dann durch die Fußgängerzone zur Straßenbahnhaltestelle gelaufen und habe unterwegs mein komplettes Kleingeld an Straßenmusiker verteilt; die sind ja, was ihre Einnahmen betrifft, auch Corona-geschädigt. So großzügig bin ich in normalen Zeiten nicht, da muß mir schon ein Künstler besonders positiv auffallen, daß ich den Geldbeutel aufmache. An der Haltestelle fiel mir dann ein, daß ich ja eine Fahrkarte kaufen mußte, und kurz dachte ich, daß mir jetzt womöglich gerade dieses Kleingeld fehlen werde, aber zum Glück hatte ich auch noch einen Zehn-Euro-Schein. Mit der Straßenbahn bin ich dann zwei Haltestellen weiter gefahren als eigentlich nötig, weil ich von dort aus ebenfalls einen schönen Spazierweg für die Reststrecke nach Hause hatte.

Da wir ab heute Maskenpflicht in den Öffis und in Läden haben, aber mein Mann es unangenehm findet, Masken zu tragen, die am Ohr befestigt werden, habe ich einige alte Schals und Halstücher in ausreichend breite Streifen geschnitten, die lang genug sind, um sie hinter dem Kopf verknoten zu können, und diese Art von Behelfsmasken gestern erst einmal selbst ausprobiert. Das funktionierte ganz gut: Bevor ich aus dem Haus ging, habe ich das Teil längs gefaltet, damit es zweilagig ist, angelegt und die Enden hinter dem Kopf verknotet, dann habe ich es runtergezogen und im Freien wie ein Halstuch getragen. Immer, wenn ich Innenräume oder eine Bahn betreten habe, zog ich es mir wieder über die Nase, und daheim warf ich es gleich in den Wäschekorb.

Ich habe für meinen Mann ca. ein halbes Dutzend davon und für mich drei oder vier, weil ich ja nicht täglich öffentliche Verkehrsmittel nutzen muß.

Anfangs habe ich sehr damit gehadert, daß wir nun verpflichtend zum Tragen eines Hilfsmittels verdonnert werden, das man momentan in keinem Laden finden kann. Ich fand, man hätte das ruhig auf freiwilliger Basis kombiniert mit einer Empfehlung belassen können, auch wenn es dann vielleicht nur die Hälfte der Leute gewesen wäre, die dieser Empfehlung folgen. Aber inzwischen finde ich es gar nicht mehr so schlecht. Man merkt nämlich schon, daß die Leute lässiger werden, was die Abstände betrifft, und in der Fußgängerzone war auch wieder deutlich mehr los. Ich kann die Sorge der Experten verstehen, daß sich damit die Infektionszahlen wieder erhöhen könnten. Asiatische Länder, in denen Masken schon wegen der Luftverschmutzung schon länger üblich sind, von Taiwan über Südkorea bis Vietnam, sind bei Corona auffallend glimpflicher als Europa weggekommen. Ob der entscheidende Faktor dabei die Masken waren, weiß ich nicht, aber wenn ja, sollten sie auch bei uns diese Wirkung haben. Ich hoffe also darauf, daß sich in zwei Wochen herausstellen wird, daß die Infektionszahlen (dieser berüchtigte R0-Wert, der unter 1 bleiben muß, wenn die Zahl der aktiven Infektionen zurückgehen soll) sich trotz der Lockerungen nicht erhöht haben, weil zum Ausgleich nun bei sehr viel mehr Kontakten der Schutz durch die Masken besteht. Das ist vor allem bei Kontakten in geschlossenen Räumen von Bedeutung, weil es den Anschein hat, als würde man sich dort schneller als im Freien infizieren.







Freitag, 17. April 2020

Lob des Flickenteppichs

Mein Gewicht heute morgen zu Beginn des dritten von drei aufeinanderfolgenden Fastentagen: 99,9 Kilogramm. Über Ostern hatte ich mir ja sieben Tage fastenfrei genommen, und diesmal hat das frühjahrsuntypisch richtig bei meinem Gewicht reingehauen, und ich habe am Mittwoch mit frustrierenden 104,3 Kilo das Fasten begonnen. Auf der positiven Seite stehen die überdurchschnittlichen 4,4 Kilogramm Abnahme in zwei Fastentagen, die darauf hindeuten, daß es sich mal wieder vorwiegend um ein Wasserproblem gehandelt hat. Auf das Knacken der ominösen 98 werde ich aber wohl ein weiteres Mal weiter warten müssen.

Ganz sicher bin ich mir aber nicht, ob da nicht dieses Mal doch nebenbei auch noch eine "echte" Zunahme erfolgt ist. Der Stoffwechsel orientiert sich ja am normalen Bewegungsverhalten, und wenn man sich weniger bewegt als sonst, kann ich mir eine Zunahme schon vorstellen. Auch wenn sich an meinem Alltag nicht viel verändert hat, ich gehe schon weniger raus als sonst. Das EMS-Training, das ich seit vier Wochen nicht mehr gemacht habe, könnte außerdem doch stärker zu Buche geschlagen haben, als ich das angenommen hatte, und fehlt mir jetzt. Mehr gegessen als sonst habe ich eigentlich nicht, obwohl ich schon gut gegessen habe - aber das mache ich im Grunde immer.

Schauen wir mal, das muß ich erst einmal beobachten. Einstweilen genieße ich mein Drei-Tages-Fastenintervall, das angenehm einfach und praktisch überhaupt nicht von Hunger begleitet war, nicht einmal am ersten Tag. Da ich morgen wieder essen werde, denke ich mittlerweile auch schon über das nach, was ich morgen essen will. Gestern und vorgestern habe ich dagegen keinen Gedanken an Essen verschwendet.

Fürs Frühstück habe ich ein Ciabatta geplant. Das habe ich schon ein oder zweimal gemacht, aber ich war mit dem Ergebnis nicht zufrieden. Geschmeckt hat es zwar gut, aber der Teig wies nicht die üblichen großen Blasen auf. Das, behauptet Tante Google jedenfalls, lag offenbar daran, daß der Teig eine sehr lange Ruhezeit benötigt, also werde ich den Teig für das Ciabatta, das ich morgen backen will, heute abend noch machen. Außerdem darf ich den Teig dann morgen nicht kneten. Und der Teig muß wohl auch für meine Verhältnisse ungewohnt weich bleiben. Das alles werde ich jetzt mal ausprobieren, und ich hoffe, das war die richtige Lösung und wir essen morgen zum Frühstück ein richtiges Traum-Ciabatta.

Was für einen Kuchen ich backen will, weiß ich noch nicht so genau. Letztes Wochenende habe ich Orangen-Muffins gemacht, mit denen ich noch nicht hundertprozentig zufrieden war. Irgendwie fehlte mir da eine leicht säuerliche Note, also hätte ich vielleicht ein bißchen Zitronensaft ergänzen sollen. Da ich noch zwei Orangen übrig habe, könnte ich das ja mal machen, um zu sehen, ob es das war, was gefehlt hatte. Diese Orangen waren ein bißchen ein Fehlkauf, ich finde sie zum So-Essen nicht so toll, also muß ich dafür eine Verwendung finden, deshalb habe ich auch schon beim Kochen mit ihnen experimentiert. Zur Entenleber am Samstag, fand ich, paßte Orange ganz hervorragend. Orangen filetieren ist allerdings eine Arbeit, nach der meine ganze Küche einschließlich meiner Wenigkeit ziemlich klebrig ist, also wird das bestimmt kein neues Hobby von mir, viel mit Orangen zu kochen und zu backen.

Das Abendessen hole ich mir morgen aber ganz simpel in meinem Lieblingslokal ab. Weil es morgen so schönes Wetter zu werden verspricht, nehme ich vermutlich einen Wurstsalat, aber ganz sicher bin ich mir noch nicht. Falls auf der Tageskarte - das sind immer drei wechselnde Gerichte - irgendetwas steht, das mich besonders anmacht, nehme ich natürlich das. Normalerweise bestelle ich ja, wenn ich essen gehe, am liebsten irgendetwas, das ich nie oder nur sehr selten selber mache. Auf Wurstsalat trifft das natürlich nicht zu, aber ich möchte die Wirtsleute jetzt regelmäßiger (mindestens jeden zweiten Tag) unterstützen, denen jetzt ja erst mal weitere zwei Wochen Schließung bevorstehen. Da ich ohnehin einkaufen gehen sollte, kann ich es auch gut arrangieren, daß ich einen Schlenker dort vorbei mache und das Essen mitnehme, andernfalls würden sie aber auch liefern.

Am Sonntag weiß ich noch nicht, was wir kochen werden. Vielleicht mach ich einfach mal wieder eine Pizza, das habe ich schon länger nicht mehr gemacht. Aber vielleicht hat mein Mann auch noch eine ganz andere Idee.

***

Zur Corona-Lage:

Vor zwei Wochen oder so habe ich irgendwo geschrieben, wenn wir unter 3000 bis 4000 Todesfällen bleiben sollten, wären wir in Deutschland richtig gut gewesen. Heute wurden die 4000 Todesfälle allerdings überschritten, also waren wir wohl nur mittelgut. Falls wir - was ich hoffe - im Moment gerade mit 200 bis 300 Todesfällen am Tag den Höhepunkt erreicht haben sollten, müßte es eigentlich im Lauf der nächsten Woche deutlich sinkende Todesfallzahlen geben, dann bleiben wir mit ein bißchen Glück bei weniger als 5000 Todesfällen bis zum Sommer. Statistisch gesehen, würde das, wenn man das Gesamtjahr mit seinen durchschnittlich um die 900.000 Todesfällen betrachtet, dann nicht einmal sonderlich ins Gewicht fallen. Was ab dem Sommer passiert, hängt davon ab, ob es gelingt, das Infektionsgeschehen zu kontrollieren, oder ob es unkontrollierbare Ausbrüche gibt.

In den meisten anderen Ländern beneiden sie uns trotzdem, obwohl wir nicht super-, sondern nur mittelgut weggekommen sind; in Nachbarländern wie Frankreich oder Belgien sieht es ja weitaus schlimmer aus.

Die spannende Frage lautet, wie es weitergehen soll, denn der Shutdown kann ja nicht ewig dauern, auch nicht in einer gelockerten Form, und bis ein Impfstoff zur Verfügung steht, kann es noch dauern. Vorgestern habe ich mir dazu die Pressekonferenz der Bundeskanzlerin angehört und gestern und heute diverse Medienmeinungen dazu gehört. Was mich dabei manchmal irritiert hat, sind die Forderungen nach möglichst umfassend einheitlicher Vorgehensweise, damit kein "Flickenteppich" entstehe.

Das halte ich für eine bemerkenswert dumme Forderung. Was stört die überhaupt an einem Flickenteppich? Müssen denn unbedingt alle im Gleichschritt marschieren? Gerade in einer Situation, in der alle noch ziemlich im Nebel stochern müssen - was auch jeder Experte bereitwillig zugibt -, ist es sogar völliger Blödsinn, alle gleichzuschalten, womit im Zweifelsfall auch alle dieselben Fehler machen, die dann zu unnötig vielen Todesfällen führen. Im Gegenteil finde ich es wichtig, daß zwar auf Bundesebene ein grober Rahmen vorgegeben wird, aber die Bundesländer dabei Gestaltungsspielräume haben. Wie sonst könnte man die Wirkung bestimmter Einzelmaßnahmen vergleichen und sich an besonders erfolgreichen Maßnahmen später überall orientieren?

Falls die frühe Schulöffnung in NRW (wohl wegen der dortigen frühen Sommerferien erforderlich) einen negativen Einfluß auf die Entwicklung der Fallzahlen haben sollte, wird man das im Vergleich mit anderen Bundesländern, die eine Woche länger warten, sicherlich sehen können. Interessant finde ich auch die bislang zwei oder drei Städte (und evtl. irgendwann Bundesländer), die eine Maskenpflicht beim Einkauf oder in öffentlichen Verkehrsmitteln eingeführt haben. Eine ganze Reihe asiatischer Länder ist ja verglichen mit Europa viel besser mit der Infektion zurechtgekommen. Dafür fallen mir mehrere mögliche Gründe ein, und einer davon sind die Masken, die dort im Alltag schon vor Corona ziemlich verbreitet waren. Zu Feinjustierung finde ich also gerade die kleinen Unterschiede von Bundesland zu Bundesland wichtig, und dafür brauchen wir eben diesen Flickenteppich! Unbedingt sogar! Den würde ich gegen Gleichschaltungsversuche notfalls bis zum letzten Blutstropfen verteidigen, denn er ist eine Stärke, keine Schwäche unseres Lands.

Auch von den Nachbarländern kann man natürlich etwas lernen. Schweden wird ja gerne wegen seiner besonders moderaten Beschränkungen als nachahmenswertes Beispiel genannt, allerdings haben sie dort von Tag zu Tag mehr Todesfälle, mittlerweile so viele, daß mir dieses Beispiel eher abschreckend vorkommt und ich es nur für eine Frage der Zeit halte, bis Schweden den Beispielen der anfangs ebenfalls "moderaten" Länder Niederlande und Großbritannien folgt und die Maßnahmen verschärft. Da wirkt es fast schon skurril, wenn manchmal immer noch Berichte, die schon zwei Wochen alt sind, als angeblicher Beweis für den Erfolg des Modells von Schweden angeschleppt werden. Zwei Wochen sind im Moment eine halbe Ewigkeit. Schon zwei Tage hin oder her können ja einen Riesenunterschied ausmachen.

Im Moment wächst die Zahl der Todesfälle in Schweden nicht exponentiell (Infektionen zu zählen, wo so wenig getestet wird, hat dummerweise wenig Sinn), aber es ist zu befürchten, daß das in einer Art Slow-Motion-Variante auch noch kommen wird; die Kurve wird dann weniger steil ausfallen, aber immer noch zu steil. Schwedische Forscher haben mittlerweile davor gewarnt, daß mit dieser Strategie bis zum Sommer eine hohe fünfstellige Zahl von Toten zu erwarten sei. Ich gebe zu, diese Prognose kommt mir ein klitzekleines bißchen übertrieben vor, aber mit einer kleinen fünfstelligen Zahl rechne ich dort ebenfalls.

Interessant finde ich vor allem die unterschiedlichen Exit-Strategien, die sich in den Nachbarländern doch erheblich voneinander unterscheiden. Was von dem, was sie jetzt umzusetzen begonnen haben, besonders gut und was besonders schlecht wirkt, wird man in ca. zwei Wochen einschätzen können. Praktischerweise genau zu der Zeit, wenn bei uns die nächste Entscheidung ansteht, ob, und wenn ja, was in der nächsten Etappe weiter gelockert wird. Es lohnt sich also, die Augen offen zu halten, ob Österreichs Maskenpflicht oder Dänemarks Kita-Öffnung die Entwicklung in diesen Ländern verbessert, verschlechtert oder gar nicht tangiert.

Ich hoffe ja schon, daß diese Entscheidung Anfang Mai dann meinem Lieblingslokal ab der zweiten Maiwoche die Öffnung wieder erlaubt, wenigstens in eingeschränktem Umfang. Vielleicht hat es sich bis dahin ja herausgestellt, daß die Virenverbreitung im Freien längst nicht so stark ist wie in geschlossenen Räumen (wie ich das vermute)*, und mit ein bißchen Glück auch, daß warmes Wetter den Viren nicht so richtig bekommt und dies ihre Verbreitung weiter reduziert. Damit sollte dann zumindest Außengastronomie wieder gestattet werden können. Am ersten Öffnungstag werde ich mir dann dort einen Wurstsalat genehmigen. Notfalls im Regenmantel. ;-)

* Nachtrag 18.4.2020: Ich hatte entsprechende Spekulationen gelesen, die ich ganz plausibel fand. Jetzt gibt es aber ernstzunehmendere Indizien: Eine japanische Studie, die ich erst heute sah, kam zu dem Ergebnis, daß die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung des Coronavirus in geschlossenen Räumen 18,7-mal so hoch war als im Freien.



Mittwoch, 8. April 2020

Ein Jahr ohne Flohmärkte?

Mein Gewicht heute früh: 98,6 Kilogramm. Na, also. So sieht das doch gleich viel besser aus. Ein bißchen wurmt es mich ja immer noch, daß es mir bislang nicht gelungen ist, die 97 zu erreichen. Aber andererseits, mein bisheriges Niedrigstgewicht lag bei 98,1 Kilogramm, ich hatte es nach einem dreitägigen Fastenintervall erreicht, und hätte ich heute an meine zwei Fastentage jetzt noch einen dritten gehängt, wäre ich morgen in jedem Fall druntergeblieben. Die Faustregel lautet: Wenn die Abnahme ungewöhnlich hoch ist - und das war sie, als ich 98,1 Kilogramm hatte -, dauert es meistens länger, bis ich das unterbieten kann. Da muß ich leider auch dieses Mal durch.

Tatsächlich habe ich heute morgen sogar kurz mit dem Gedanken gespielt, noch einen weiteren Fastentag anzuhängen. Aber ich mag das meinem Mann in seinen Frühschichtwochen einfach nicht antun, und schon gar nicht so kurzfristig. Ich habe mir schon öfter gedacht, daß ich wahrscheinlich schon längst bei den 73,5 Kilogramm Zielgewicht angekommen wäre, wenn ich Single wäre, weil ich dann öfter mal spontan einen zusätzlichen Fastentag nehmen und wahrscheinlich schon längst aus meiner zweitägigen Fastenwoche auch eine mit drei Tagen gemacht hätte. Die Freiheit, mich nicht völlig von meinem Abnehmzielen absorbieren lassen zu müssen, schätze ich aber andererseits an meinem Fastenmodell. Nebenbei führt man ja immer noch ein Leben, das weitergehen muß und auch darf, und wenn ich das Leben nicht meinem Abnehmziel unterordne, sondern umgekehrt, erlebe ich wahrscheinlich auch keine unangenehmen Überraschungen, wenn ich mein Zielgewicht erreicht habe und in die Haltephase komme.

Also gab es heute für mich keinen dritten Fastentag, sondern zum Frühstück selbstgebackene Brötchen aus einem Teig mit Backpulver, den ich einmal ausprobieren wollte, weil gestern immer noch nirgends Hefe aufzutreiben war, ich langsam an meine letzten Reserven an Trockenhefe gelangt bin, und ich einfach mal wissen wollte, wie solche Brötchen werden. Sagen wir mal so: man kann sie essen. Aber normale Brötchen aus Hefeteig ziehe ich jederzeit vor.

Aber heute erlebte ich beim Einkaufen endlich einmal eine positive Überraschung: Sehe ich da doch wahrhaftig im Supermarkt an der Käse-Bedien-Theke 500-Gramm-Klötze mit frischer Backhefe! Das ist eigentlich zu viel für unseren Zwei-Personen-Haushalt, aber von denen habe ich mir natürlich gleich einen mitnehmen müssen. Daheim habe ich ihn in 20-Gramm-Portionen aufgeteilt und den größten Teil eingefroren; daß das möglich ist, hatte ich zum Glück vor ein paar Tagen irgendwo gelesen. Jetzt bin ich also für mindestens zwei Monate mit Hefe versorgt und hoffe mal, bis ich nun wieder Nachschub brauche, sind alle Versorgungsengpässe Geschichte. Der Engpaß beim Mehl scheint schon jetzt glücklicherweise weitgehend beendet zu sein, und sogar Klopapier fand ich heute, allerdings war es das allerletzte Paket. Dafür war es eine Großpackung, die mir mindestens so lange reichen wird wie die Hefe. Eigentlich hätte ich mit dem Klopapier noch bis nächste Woche warten können, aber wie das halt so ist, wenn man nicht sicher sein kann, daß man den Artikel, den man noch nicht ganz so dringend braucht, dann, wenn es sein müßte, auch bekommen wird: Was ich jetzt gekauft habe, kann mir nächste Woche schon nicht mehr ausgehen.

Inzwischen habe ich mal wieder festgestellt, daß ich beim Einkaufen einen strategischen Artikel vergessen habe, nämlich die Eier. Das fiel mir auf, als ich für den Nachmittagskaffee noch schnell einen (sehr leckeren) Rüblikuchen gebacken habe. So was passiert mir andauernd, und gerade jetzt, wo ich endlich nicht mehr ein Dutzend Läden hintereinander nach Hefe ablaufen muß, ärgert es mich ein bißchen. Aber wir haben einen kleinen Hofladen mit einem Lebensmittelautomaten in der Nähe, in dem ich, wenn ich mich recht erinnere, auch schon Eierschachteln gesehen habe. Vielleicht nutze ich einfach den. Und wenn es dort keine Eier gibt, muß ich halt doch nochmal in den Supermarkt.

Jetzt werde ich erst mal sieben Tage normal essen, und ich mache mich darauf gefaßt, daß ich danach wieder bei 103 oder, gräßlicher Gedanke, vielleicht sogar wieder bei 104 Kilogramm gelandet sein könnte. Aber nach diesen sieben Tagen bis Dienstag nächste Woche folgen dann ja wieder drei Fastentage am Stück, dann bin ich vielleicht zwar wieder nicht bei 97,x, aber jedenfalls wieder bei 98,x Kilogramm.

An der Coronafront gibt es nicht viel Neues, außer daß die Zahlen bei Infektionen wie Todesfällen unerbittlich weiter steigen und wahrscheinlich spätestens zu Ostern die Zahl von 100.000 Todesfällen überschritten wird. Die Skeptiker sind doch um einiges stiller geworden in letzter Zeit, was vermutlich gerade daran liegt, daß die Zahlen weiter steigen und außerdem aus immer mehr der besonders stark betroffenen Ländern die amtlichen Todesfallstatistiken des betreffenden Zeitraums (Februar und/oder März 2020) zeigen, daß die Zahl der (direkt oder indirekt) durch Corona verursachten Toten eher unter- als überschätzt wurde und ein statistischer "Kassensturz" Anfang nächsten Jahres möglicherweise zeigen wird, daß man die offiziellen Zahlen noch verdoppeln muß, weil entsprechend viel mehr Todesfälle im Vergleich zum jeweiligen Vorjahreszeitraum zu verzeichnen waren.

In vielen Ländern wurde bei Todesfällen in Alters- und Pflegeheimen, und das offenbar häufig sogar bei klaren Corona-Anzeichen, nämlich gar kein Test vorgenommen. Das lag möglicherweise daran, daß die Tests so knapp waren, daß man sich darauf beschränken mußte, sie dort einzusetzen, wo es noch um die Frage der richtigen Behandlung ging, was in diesem Fall ja auch ganz vernünftig gewesen wäre.

Ein paar verbliebene Eiferer verweisen immer noch auf Schweden als Beweis dafür, daß es doch auch ohne einen kompletten Shutdown gegangen wäre. Aber ob die schwedische Regierung diesen Kurs weiter durchhalten kann, an dem sie bislang noch festhält, wird sich erst zeigen, wenn in anderen Ländern die Zahl der Todesfälle zurückzugehen beginnt, während sie dort noch weiter ansteigt, denn das wird dann ziemlich sicher passieren. Die entscheidende Frage ist: Wie weit wird sie steigen und wird das ab einem bestimmten Punkt mit einer zusammenbrechenden Krankenversorgung verbunden sein? Mittlerweile ist Schweden ja bei um die 100 Toten am Tag angekommen, und die Zahl der Todesfälle hat sich binnen zwei Wochen von 62 auf 687 mehr als verzehnfacht. Daß in Schweden, gemessen an der Zahl der Bevölkerung, schon jetzt mehr Menschen an Corona sterben als in den benachbarten skandinavischen Ländern, sorgt im Land offenbar für genausoviele Diskussionen wie anderswo der Shutdown. Sollte sich in zwei, drei Wochen herausstellen, daß sich in Schweden, wo wenig getestet wird, unbemerkt und nur mit zwei Wochen Verzögerung genau dasselbe zusammengebraut hat wie in Großbritannien und die Todesfallzahlen dort ähnlich dramatisch in die Höhe schnellen, würde das wohl auch politische Konsequenzen haben.

Da ist es mir eigentlich lieber, was bei uns gemacht wurde, und ich nehme es auch in Kauf, daß wir so schnell wohl nicht zur Normalität zurückkehren werden, um so eine Entwicklung bei uns zu verhindern. Eigentlich würde in wenigen Wochen die Flohmarkt-Saison losgehen, auf die ich mich schon sehr gefreut hatte. Aber im Moment sehe ich kommen, daß solche Veranstaltungen wohl bis auf weiteres nicht stattfinden können, auch wenn andere Teile des Alltags wohl Stück für Stück wieder aufgenommen werden: Die Läden werden bestimmt demnächst wieder öffnen können, die Schulen wohl auch. Aber für unser immer extrem überlaufenes Stadtteilfest Ende Juni sehe ich zum Beispiel ziemlich schwarz. Und Flohmärkte sind auch immer ein ziemliches Gedrängel. Ich fürchte fast, die wird es erst nächstes Jahr wieder geben.

Na ja, da muß ich jetzt wohl durch. Ich kaufe ohnehin immer viel zu viel Zeug. Vielleicht nutze ich dieses Jahr, um mehr wegzuwerfen und für meine Irrsinnskäufe des nächsten Jahres ein bißchen Platz zu schaffen. ;-) 

Für heute abend habe ich zum ersten Mal den Lieferservice eines Restaurants gebucht, das wir schon seit Jahren zwar nicht allzu häufig, aber sehr gerne aufsuchen. Eigentlich hätte ich auch selbst kochen können. Wir möchten aber, daß das Lokal die Schließungszeit übersteht, und zufälligerweise sah ich vor ein paar Tagen, daß die einen Lieferservice anbieten. Klopapier hätte ich dort übrigens auch kaufen können, wenn ich noch Bedarf gehabt hätte. ;-)




Montag, 6. April 2020

Zahlen sind Schall und Rauch

Mein Gewicht heute morgen: enttäuschende 103,1 Kilogramm. Damit hatte ich gar nicht gerechnet, aber da es jetzt halt so ist, wie es ist, plane ich mit diesem Ergebnis weiter. Ich habe mich nämlich entschieden, heute und morgen zwei aufeinanderfolgende Fastentage zu absolvieren und anschließend bis Ostermontag "fastenfrei" zu nehmen. Normalerweise hätte ich nämlich in zwei Wochen meine Mutter für eine Woche besucht, wie das bei uns Tradition im April ist, und diese Woche dann fastenfrei genommen. Aus den bekannten Gründen fällt dieser Besuch nun aber aus. Also ziehe ich die Fastenpause jetzt einfach mal vor, möchte aber vorher noch einmal den besonderen Effekt eines zweitägigen Fastenintervalls nutzen.

In der Woche nach Ostern nehme ich am Dienstag mit drei Fastentagen am Stück das Fasten wieder auf, und nach einem viertägigen Eßintervall geht es dann wieder normal weiter. Mit welchem Gewicht auch immer das dann sein wird. Worauf ich bei diesen beiden längeren Fastenintervallen vor allem spekuliere, ist ein weiteres Schrumpfen am Bauch, mit dem ich ziemlich sicher rechnen können sollte.

Ich bin mir unschlüssig, warum mein Gewicht auf mehr als 103 Kilogramm geklettert sein könnte. Zwar wird mittlerweile davor gewarnt, daß die Ausgehbeschränkungen zu Gewichtsanstiegen führen könnten, aber bei mir selbst hat sich im Grunde nicht allzu viel geändert. Klar, ich gehe weniger raus als sonst, aber Sport treibe ich sonst ja auch nicht. Gestern nachmittag habe ich das schöne Wetter sogar für einen längeren Spaziergang genutzt, und ich bin absichtlich einen Weg mit unangenehm starker Steigung gegangen, den ich seit sicherlich zehn Jahren nicht mehr benutzt hatte. Mich interessierte nämlich, ob sich der heute mit ca. zehn Kilo weniger als damals anders anfühlt, als ich das vom letzten Mal in Erinnerung hatte. (Das war in der Tat der Fall. Ich mußte nur halb so oft verschnaufen.) Ziel war aber natürlich nicht die damit verbundene Anstrengung, sondern ein kleiner, relativ versteckter Park, bei dem ich hoffte, daß er an einem Sonntagnachmittag bei schönem Wetter nicht ganz so überlaufen sein würde, weil er gewissermaßen Geheimtippstatus hat und auch langjährige Bewohner der Stadt ihn oft nicht kennen. Ich selbst kenne ihn auch noch nicht so lange.

Tatsächlich hat sich das auch als gute Idee erwiesen. Ich glaube nicht, daß ich gestern irgendeine Chance gehabt hätte, irgendwo sonst so wenig Leute anzutreffen, obwohl natürlich schon Spaziergänger unterwegs waren. Meinem Eindruck nach hielten sich alle an die geltenden Beschränkungen, aber letzte Nacht muß das anders gewesen sein. An einer Tisch-Bänke-Kombination sah ich nämlich die Hinterlassenschaften einer feuchtfröhlichen Party: leere Flaschen, darunter zwei Wodkaflaschen, benutzte Pappbecher und eine Menge leere Zigarettenschachteln. Es stank wie in einer Brauerei, deswegen kann das noch nicht allzu alt gewesen sein.

Ich war ungefähr zwei Stunden lang unterwegs, das ist mehr, als ich oft zu normaleren Zeiten an Bewegung verbuchen kann. Womöglich geht mein hohes Gewicht ja einfach auf das Konto des Temperaturanstiegs und meine dadurch wieder etwas angeschwollenen Beine. Oder auf das gestrige Linsengericht zum Abendessen, das mich immer noch bläht. Ich gebe mir Mühe, mich nicht darüber aufzuregen. Vielleicht hat sich ja schon morgen durch eine entsprechende überdurchschnittliche Abnahme alles wieder eingerenkt. Trotzdem nervt es mich. Da kann ich mir noch so oft sagen, daß die Zahl auf der Waage ja nicht das ist, worum es beim Abnehmen eigentlich geht. Wenn ich ein Kilo mehr habe, ist das dann wirklich Fett? Wenn das so wäre, würde ich es an der Kleidung merken. Tatsächlich habe ich aber gerade letzte Woche zum ersten Mal meine Jeans Größe 42 auch im frisch gewaschenen Zustand sofort und problemlos zubekommen und damit einen weiteren kleinen Meilenstein erreicht.

Daß Zahlen in Wirklichkeit Schall und Rauch sind, fällt mir auch in der Corona-Sache auf, in der wir ja aus allen Rohren ständig mit Zahlen bombardiert werden. Die Infiziertenzahlen zum Beispiel sind in Wirklichkeit "nachgewiesene Infektionsfälle". Wie viele Leute wirklich infiziert sind, kann einem niemand sagen, und weil in verschiedenen Ländern nach so unterschiedlichen Kriterien getestet wird, ist auch die Dunkelziffer von zwei Ländern nicht miteinander vergleichbar.

Dazu kommt noch, daß man auch von den Tests keine hundertprozentigen Gewißheiten erwarten kann. Es gibt bis zu 30 % falsch negative Ergebnisse, daß also eine Infektion zwar besteht, aber durch den Test nicht angezeigt wird. 

Aber auch die Zahl der Todesfälle läßt sich mit guten Gründen anzweifeln. Sie enthalten alle Todesfälle bei nachgewiesenen Corona-Fällen ohne Wertung, ob Corona nun die Todesursache war oder nicht. Manche Leute vermuten deshalb, daß die Zahl übertrieben hoch ist. In Wirklichkeit scheint aber eher das Gegenteil der Fall zu sein, wie sich aus den ersten Monatsstatistiken der Todesfälle (durch alle Todesursachen) aus den besonders betroffenen Gebieten in Italien ergibt: Im Monat März 2020 gab es sechsmal so viele Todesfälle wie im gleichen Monat des Vorjahres, und von den überzähligen Todesfällen sind weniger als die Hälfte als Corona-Fälle gezählt. Das läßt sich eigentlich nur dadurch erklären, daß Erkrankte, die nicht im Krankenhaus waren, sondern zu Hause oder in einem Pflegeheim waren, oft überhaupt nicht getestet wurden. Und natürlich sind bestimmt auch mehr Todesfälle durch andere Krankheiten geschehen, die wegen der überlasteten Krankenhäuser nicht schnell oder gut genug behandelt werden konnten.

Am Ende sind das dann wohl die Zahlen, die zählen werden, denn sie drücken aus, was in der wirklichen Welt, außerhalb von allen Statistiken, in den Krankenhäusern los gewesen sein muß, und wie es in Pflegeheimen aussah, kann man sich ausmalen. Mit ein bißchen Phantasie erkennt man noch ganz andere praktische Auswirkungen: Angenommen, meine Gallenprobleme würden jetzt auftreten, dann würde ich um nichts auf der Welt ausgerechnet jetzt ins Krankenhaus gehen wollen. Es könnte sogar sein, daß ich auch jeden Arztbesuch vermeiden wollen würde. So ging das in der italienischen Provinz Bergamo bestimmt vielen, die irgendwelche Krankheitssymptome bekamen, die nichts mit Corona zu tun hatten. Und auch wenn das bei den meisten von ihnen keine negativen Wirkungen gehabt haben mag, bei manchen anderen hatte es die bestimmt, und die Krankheit hat sich verschlimmert oder im schlimmsten Fall zum Tode geführt.

Wir leben in einer zahlenfixierten Zeit, in der man alles und dessen Gegenteil durch Zahlen beweisen zu können glaubt. Aber die Zahlen alleine erzählen nie die vollständige Geschichte. Und Zahlen sind manipulationsanfällig, das ist mir in den Corona-Debatten wieder einmal aufgefallen. Sogar Fachleute fallen auf solche Manipulationen herein, nicht nur bei Corona, sondern in allen möglichen Bereichen.

Ich erinnere mich zum Beispiel noch, wie ich vor Jahren einmal gerätselt habe, was an den Kalkulationen falsch sein mochte, mit denen nahezu alle einschlägigen Fachleute beweisen zu können behaupteten, daß eine selbstgenutzte Immobilie eine schlechtere Geldanlage sei als andere Anlageformen, etwa Aktien. Es hat mehrere Jahre gedauert, bis bei mir der Groschen gefallen ist, was an diesen Rechnungen nicht stimmt, obwohl ich vom ersten Moment an klar sehen konnte, daß es einfach unmöglich war, daß das zutraf. Ich hatte selbst ca. zehn Jahre vorher eine Wohnung gekauft und konnte, nachdem die ersten paar Jahre etwas kompliziert waren, ab einem bestimmten Punkt mehr oder weniger live dabei zusehen, wie sich meine finanziellen Spielräume erweiterten.


Aber ich habe nicht spontan kapiert, wo der Fehler lag.

Die Lösung des Rätsels lautet:

Die Fachleute setzen voraus, daß in beiden Fällen - also: entweder eine Immobilie oder Aktien - derselbe Betrag eingesetzt werden kann. Das ist aber falsch. Denn für die eigengenutzte Immobilie kann man - zusätzlich zu dem Betrag, den man für Aktien oder andere Geldanlagen investieren könnte - einen Teil seines Einkommens verwenden, der NUR für eine eigengenutzte Immobilie zur Verfügung steht, nämlich das Geld, das andernfalls für die Miete verwendet werden muß.

Das fällt aber umso stärker ins Gewicht, je niedriger das Einkommen ist, weil die Miete dann einen umso höheren Prozentsatz des Einkommens ausmacht.

Wenn Anton 2000 Euro netto verdient, 700 Euro Kaltmiete bezahlt und 200 Euro monatlich in seine Altersvorsorge investiert und durch diesen Einsatz eine Rendite von 2 % erhoffen kann, stellt er sich zwar, prozentuale Rendite betrachtet, besser, aber in Wirklichkeit, reale Rendite in Euro und Cent betrachtet, schlechter als Berthold, der ebenfalls 2000 Euro netto verdient, aber 800 Euro (700 plus 200 Euro verfügbares Geld minus 100 Euro davon abzuziehende höhere Kosten) monatlich in Zins und Tilgung für seine selbstgenutzte Eigentumswohnung steckt und dadurch eine Rendite von 1 % zu erwarten hat. Denn 2 % von 200 Euro sind nur halb so viel wie 1 % von 800 Euro.

Das Prinzip verändert sich nicht, wenn man andere Zahlen beim Einkommen, der Miete und der Rendite einsetzt: Solange die Rendite nicht negativ wird, steht Berthold trotz niedriger prozentual ermittelter Rendite immer besser da als Anton, weil er einen viermal so hohen Monatsbetrag einsetzen konnte.

Das komplette Bild bietet das natürlich dennoch nicht. Ob Berthold bei einem Verkauf den Betrag wiederbekommt, den er bezahlt hat, kann niemand ihm garantieren, und sollte er in eine Situation kommen, in der ihm keine andere Wahl bleibt, als zu verkaufen, kann er dabei Verlust machen und im allerschlimmsten Fall auf Teilen seiner Schulden sitzenbleiben. Scheidung, Krankheit, Jobverlust oder ein beruflich erforderlicher Umzug können die schönste Kalkulation zunichte machen. Neben diesen Risiken gibt es natürlich auch Chancen. So konnte jeder, der letztes Jahr eine Wohnung verkaufte, die er zehn Jahre oder länger besessen hatte, mindestens das Doppelte des einstigen Kaufpreises erzielen. Und schaut sich Berthold die Lage seines Kumpels Anton zehn Jahre später an, stellt er vermutlich fest, daß dessen Miete nun nicht mehr 700, sondern 1000 Euro kalt beträgt.

Deswegen sollte niemand solche Entscheidungen nur auf Basis solcher Kalkulationen treffen, sondern immer seine persönlichen Rahmenbedingungen mitberücksichtigen und sich auch über die eigene Risikobereitschaft klar sein. In so manchem dieser persönlichen Szenarien ist es richtig, lieber bei der Mietwohnung zu bleiben. Falsch wäre es nur, sich schon vor diesen Erwägungen von einer falschen Berechnungsweise angeblicher Experten unnötigerweise abschrecken zu lassen.

Ja, ich mag Zahlen. Sogar sehr. Sie erzählen mir oft ganze Geschichten, aber dazu muß ich sie mit anderen Informationen kombinieren. Und diese Informationen müssen genauso richtig sein wie die Zahlen. Diese häßliche Zahl 103,1, kombiniert mit dem mühelos zugehenden Reißverschluß meiner frisch gewaschenen Hose, sagt mir etwas ganz anderes als die Zahl für sich alleine genommen.

Zum Glück war ich nie besonders gut in Mathe, konnte dafür aber schon immer gut rechnen. 😛


Mittwoch, 1. April 2020

Glück und Unglück, Höflichkeit und die Grenzen der Statistik in Pandemie-Zeiten

Mein Gewicht heute morgen zu Beginn des zweiten Fastentags der Woche: 100,5 Kilogramm. Gestern lag ich nach dem ersten Fastentag bei 99,9 Kilogramm. Wieder nach dem ersten Fastentag unter 100, das ist erfreulich. Morgen hoffentlich unter 99. Am Samstag vielleicht endlich unter 98?  Ich trau mich kaum, das schriftlich festzuhalten, denn irgendwie scheint es nie zu klappen, wenn ich solche Prognosen riskiere.

Das ist ein Luxusproblem. Vermutlich hat Corona inzwischen eine ganze Reihe von um ihr Gewicht Ringende bereits zum Aufgeben gebracht, und andere haben schwerer zu kämpfen als vorher. Das gilt natürlich ganz besonders für diejenigen, in deren Plan Fitnesstudios eine größere Rolle gespielt haben, die jetzt ja alle auf unbestimmte Zeit geschlossen sind. Aber auch Diäten und sogar Fasten werden schwieriger, wenn sich der Alltag so deutlich verändert, wie das jetzt bei vielen ist. Zumal wenn man Kinder hat, um die man sich kümmern muß. Ich habe da echtes Glück, mein Alltag hat sich fast gar nicht verändert, und so kann ich auch mit dem Fasten einfach so weitermachen wie bisher.

Ich habe überhaupt bislang ziemlich viel Glück gehabt, was diese Pandemie betrifft. An meiner Arbeitsweise ändert sich nichts, und einstweilen muß ich trotz ein paar Projektverschiebungen nicht mit einem existenzgefährdenden Auftragseinbruch rechnen, weshalb ich auch von der staatlichen Soforthilfe keinen Gebrauch machen werde. Aber auch wenn mein Einkommen so stark zurückgehen würde, daß es unter meinen Ausgaben liegt, könnte ich auf eine Rücklage zurückgreifen, die mich notfalls ein halbes Jahr über Wasser halten würde. Das hat aber auch mit einem weiteren Glücksfall zu tun: Mein Wohnungsverkauf (mit dem ich das Eigenkapital für einen Wohnungskauf aufgebracht hatte) ist seit einem Monat in trockenen Tüchern. Zwischen meinem Wohnungskauf und dem -verkauf lagen ein paar Monate, in denen es finanziell bei mir doch ein bißchen enger geworden war.

Was, wenn ich die Wohnung jetzt noch nicht verkauft hätte? Den Kaufpreis, den ich erzielen konnte, hätte ich nach Corona vermutlich nicht mehr bekommen. Ich bin mir nämlich ziemlich sicher, daß die Pandemie mit ihren wirtschaftlichen Folgen auch den total überhitzten Wohnungsmarkt deutlich abkühlen wird. Gut möglich, daß die raffgierigsten Vermieter überteuerter möblierter Zimmer schon bald in Geldschwierigkeiten kommen werden, weil sie ihre Preise am Markt nicht mehr durchsetzen können. Niemand mietet sich mehr ein WG-Zimmer für 600 Euro, wenn es genügend freie Wohnungen gibt.

Mein Glück, daß ich das Geschäft schon vorher abwickeln konnte und trotzdem gegenüber dem Käufer meiner Wohnung kein schlechtes Gewissen haben muß, denn ich bin immer noch der Meinung, er hat als Eigennutzer ein ebenso gutes Geschäft wie ich gemacht. Und da ich als Vermieterin immer im Rahmen des Anstands mit der von mir verlangten Miete geblieben bin, stehen mir auch keine Schwierigkeiten mit meinen Mietern bevor. Ich kenne sie alle gut genug, um auch schon jetzt ziemlich sicher sein zu können, daß keiner von ihnen wegen Corona plötzlich nicht mehr imstande sein wird, die Miete zu bezahlen. (Aber falls es anders kommen sollte, würden wir natürlich auch irgendeine Lösung finden.)

Anstand ist ein gutes Stichwort. Mir ging nämlich in den letzten Tagen durch den Kopf, wie viele Gebote der Höflichkeit und Rücksichtnahme, aber auch Forderungen, sich selbst zu disziplinieren, durch die Pandemie plötzlich auf den Kopf gestellt worden sind. Sport zu treiben ist ja eine der medizinischen Hauptforderungen gewesen; im Moment geht aber sogar Joggen nur noch in reduzierter Form. In China, glaube ich, ist eine Ausländerin sogar ausgewiesen worden, weil sie trotz Ausgangssperre weiterhin joggen ging. In der Gruppe geht es auch bei uns nicht mehr; schon ab drei Personen riskiert man dabei eine Anzeige oder die Denunziation durch private Sittenwächter.

Den Handschlag zu verweigern, galt bislang als unhöflich, jetzt ist es unhöflich, ihn zu erwarten. Je nachdem, wie weit in einem Land die Corona-Epidemie fortgeschritten ist, setzt sich das langsam, aber allmählich wohl überall durch. Vor einer Woche zeigte das russische Fernsehen den Präsidenten Putin beim Besuch in einer Moskauer Klinik, in der Corona-Patienten behandelt wurden, wie er dem dortigen Chefarzt die Hand gab. Gestern ging dann durch die Medien, daß dieser Mediziner positiv auf Corona getestet worden sei. Putin war vor dem Besuch in den Patientenzimmern mit einer Art quietschegelbem Raumanzug vor Ansteckung geschützt worden; in Infektionsgefahr geriet er erst durch eine Person, die gesund zu sein schien. Vielleicht hat er sich dabei infiziert; wie bei Frau Merkel, bei der die Sache gutgegangen ist, wird sich das erst mit einigen Tagen Verzögerung zeigen.

Daraus könnte man etwas lernen, was den eigenen Alltag betrifft und mögliche Mittel, das Infektionsrisiko so gering wie möglich zu halten. 

Über Sinn und Unsinn von Mundschutzmasken streiten sich die Fachleute dabei immer noch (aus irgendwelchen Gründen will ausgerechnet die WHO von ihrer Ablehnung keinen Millimeter abrücken), aber ein Aspekt an ihnen leuchtet mir in jedem Fall ein: Es ist höflich, sie zu tragen. Wer eine selbstgenähte Mundschutzmaske trägt, der signalisiert denen, die aus beruflichen Gründen keine andere Wahl haben, als täglich mit vielen Menschen in Kontakt zu kommen - etwa Supermarktkassiererinnen -, daß man für ihre Sicherheit vor Ansteckung eine kleine Unbequemlichkeit in Kauf nimmt (und vielleicht auch, daß sich andere Leute über einen lustig machen). Ich habe deshalb meinem Mann Mundschutzmasken aus Geschirrtüchern genäht, aber er kommt mit dem Gummiband nicht klar, das an den Ohren befestigt wird. Wahrscheinlich liegt es auch daran, daß er außerdem noch eine Brille trägt, deren Bügel mit dem Gummiband ins Gehege kommen, aber das Gummiband scheint auch etwas zu kurz zu sein. Dummerweise habe ich meinen letzten Rest Gummiband dafür verbraucht, aber am Donnerstag gehe ich einkaufen und beschaffe neues. An so einer Kleinigkeit muß das nun wirklich nicht scheitern.

Je nachdem, wie lange es dauert, bis der Alltag wieder Einzug gehalten hat, kann es schon sein, daß es nur ein kurzfristiger Hype ist um die Masken, aber sie könnten vielleicht auch eine dauerhafte Veränderung im Alltag sein, wie in Asien, wo das ja viele schon seit Jahren so machen. Solche Masken könnten sich sogar, ähnlich wie Brillen, zu einem modischen Accessoire entwickeln; ich habe bei eBay ein paar hübsche Exemplare gesehen.

Vorläufig wird es jedenfalls noch nichts mit dem Alltag. Ich habe mich gewundert, daß letzte Woche, erst wenige Tage nach Beginn des Kontaktverbots, plötzlich sämtliche Medien wie auf ein heimliches Kommando anfingen, auf der Frage herumzureiten, wann es jetzt endlich wieder normal werde, und bin ganz froh darüber, daß die Reaktionen darauf so deutlich waren, daß das wieder aufgehört hat. Vor Ostern rechne ich noch nicht einmal mit einem Fahrplan, denn erst einmal muß deutlich zu sehen sein, daß die Infektionszahlen weniger werden. Damit ist aber meiner Einschätzung nach frühestens Mitte nächste Woche zu rechnen, jedenfalls dann, wenn sich der Verlauf aus Wuhan bei uns wiederholt. Die täglich ansteigende Zahl von Toten wird aber leider auch in diesem Fall erst mit einer weiteren Verzögerung von zwei Wochen wieder zurückgehen. Das signalisiert zwar keine Verschlimmerung der Lage (fast alle Todesfälle bis Ostern beruhen auf Ansteckungen vor dem Kontaktverbot), wird die Medien aber wohl ausreichend beeindrucken, um mit ihren Forderungen nicht zur Unzeit wieder von vorne anzufangen, so daß die Bundesregierung und die Länderregierungen weitere zwei Wochen Luft haben, sich über eine schrittweise (!) Rückkehr zur Normalität zu verständigen.

Die Grenzen dessen, was sich mit Zahlen belegen läßt (eines meiner Lieblingsthemen), werden mir diesmal besonders deutlich, weil so vieles an den kursierenden Zahlen unklar ist. Die Zahl der Infizierten ist überall auf der Welt zuzüglich einer vermutlich weitaus höheren Dunkelziffer zu rechnen, und weil diese Dunkelziffer umso höher ausfällt, je weniger getestet wird, ist sie in verschiedenen Ländern, möglicherweise sogar regional, sehr unterscheidlich einzuschätzen. Die Zahl der Todesfälle ist um einiges präziser, sofern man mit der Definition "Todesfälle von Corona-Infizierten" einverstanden ist, was manche Leute aber nicht sind. Sie argumentieren, daß das noch lange nicht bedeutet, daß Corona bei diesen Todesfällen auch die Todesursache sein müsse.

Genau so arbeitet die Epidemiologie aber auch mit den Toten, die auf Lebensstilfaktoren wie Übergewicht, Bewegungsmangel oder Rauchen zurückzuführen sein sollen, allerdings mit einem bedeutsamen Unterschied: Die angeblichen 110.000 Toten (manmal ist auch von 120.000 oder 140.000 die Rede) durch das Rauchen pro Jahr lassen sich zum Beispiel nicht mit Namen, Gesichtern, Geburts- und Sterbedatum der Verstorbenen in Verbindung bringen, sondern sind ein rein statistisch ermittelter Wert, basiert auf
  • dem Bevölkerungsanteil der Raucher und 
  • sogenannten relativen Risiken, an bestimmten Krankheiten zu versterben, die bei Rauchern höher sind oder jedenfalls sein sollen, und
  • der statistisch nachgewiesenen Häufigkeit dieser Erkrankungen auf Totenscheinen.
Sehr grob verkürzt gesagt, errechnet sich die Zahl der "am Rauchen Verstorbenen" dann folgendermaßen: Wenn das "relative Risiko" für Raucher, an einer bestimmten Krankheit zu sterben, zum Beispiel genau doppelt so hoch angegeben wird wie für Nichtraucher, wird davon ausgegangen, daß zwei Drittel aller an dieser Krankheit Verstorbenen Raucher sein müssen. Sind dann, sagen wir, 100.000 Todesfälle an dieser Krankheit verstorben, gelten ca. 67.000 von ihnen als Raucher und damit als "am Rauchen verstorben". Niemand prüft aber nach, ob das wirklich so gewesen ist. Niemand vergewissert sich auch nur, ob die gebräuchlichen "relativen Risiken" der Raucher, die überwiegend vor mehreren Jahrzehnten in den USA auf Basis von Studien errechnet wurden, hier und heute überhaupt zutreffen. Tatsächlich ist noch nicht einmal den Todesursachen wirklich zu trauen.

Bei den Corona-Toten ist das anders. Die allermeisten von ihnen sterben in einem Krankenhaus, in der Regel daran, daß ihre Lunge nicht mehr ausreichend Sauerstoff aufnehmen kann. In solchen Fällen ist die Todesursache ziemlich eindeutig identifiziert, egal, wie viele Vorerkrankungen bestanden haben mögen. Daß schwer an anderen Leiden Erkrankte an der Schwelle des Todes ohne entsprechende Symptome überhaupt auf Corona getestet werden, passiert möglicherweise in Krankenhäusern, aber höchstwahrscheinlich nicht in Alten- und Pflegeheimen. Dasselbe gilt bei häuslichen Pflegefällen, in denen der Tod wegen fortschreitender Hinfälligkeit bereits erwartet worden war.

Ich glaube deshalb nicht, daß die Zahl der Corona-Todesfälle allzu sehr überzeichnet wird durch Corona-Fälle, in denen die Todesursache in Wirklichkeit eine ganz andere war. Ihnen stehen ja mit Sicherheit auch Todesfälle gegenüber, bei denen gar nicht auf Corona getestet wurde, und auch wenn das normalerweise bedeuten müsste, daß Corona nicht die Todesursache war, gibt es auch hier höchstwahrscheinlich den einen oder anderen Ausnahmefall. Das gleicht sich also alles in etwa aus. Die Leute, die sich über diese Möglichkeit erregen, sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr.

Mich wundert es in diesen Tagen öfter mal, wie fixiert die Medien, aber auch Fachleute oft auf die Zahlen mir ihrer Pseudoexaktheit sind und aus ihnen Schlußfolgerungen zu ziehen versuchen. Das gilt vor allem für die Zahl der Infizierten, mit der dann allerlei statistische Kunststücke vollführt werden, etwa der tägliche Anstieg dieser Zahl, der aber in Wirklichkeit ohne jede Aussagekraft ist, solange man ihn nicht wenigstens in Relation zu der Zahl durchgeführter Tests bringen kann. Auch die sogenannte Mortalität, die Sterberate, ist auf dieser Basis nicht seriös zu errechnen. Im Gegenteil läßt sich aus dem Anteil der Todesfälle unter allen bestätigten Infektionen noch eher hochrechnen, wie viele Infektionen es insgesamt ungefähr geben muß. Aber auch das ist mit Unsicherheiten behaftet, denn wo die Krankenhäuser so überlastet sind wie in Norditalien, Spanien oder New York, stirbt höchstwahrscheinlich ein größerer Teil der Infizierten als dort, wo jeder Krankheitsfall bestmöglich behandelt werden kann.

Die große Stunde der Statistiker wird noch kommen, nämlich wenn die amtlichen Todesfallzahlen für das laufende Jahr - vermutlich angesichts der ungewöhnlichen Umstände ziemlich schnell Anfang nächstes Jahr - publiziert werden und man sie mit denen des Vorjahres vergleichen kann. Ob 2020 insgesamt mehr Menschen gestorben sein werden als 2019 läßt sich dann exakt sagen, und ebenso, wie viele. Wie hoch der Anteil der 2020 Verstorbenen ist, die ohne Corona noch 2021 gelebt hätten, lässt sich dann aus der Differenz ermitteln. Wieviele Menschen einige Tage, Wochen oder Monate früher gestorben sind, als es ohne die Epidemie geschehen wäre, fällt dabei unter den Tisch.

Im Moment kommt man mit Überschlagsrechnungen, basierend auf den entscheidenden Eckdaten und dem nötigen gesunden Menschenverstand, vermutlich der Sache näher als mit noch so ausgefeilten mathematischen Verfahren, die bei exakten vorgegebenen Werten (die wir nun einmal nicht haben) das perfekte Ergebnis bringen würden. Die Eckdaten, an denen ich mich gerade orientiere, sind die Zahlen aus Wuhan. Wenn ich nach ihnen gehe, ist in Deutschland ab nächste Woche ein Rückgang bei den Infektionszahlen und weitere zwei Wochen später auch bei den Todesfällen zu erwarten.

Der aktuelle Stand der Covid-19-Todesfälle in Deutschland lag vorhin, als ich zuletzt nachgesehen habe, bei 775. Das ist natürlich immer noch erst der Anfang; fast 2000 Patienten befinden sich derzeit in Intensivbehandlung. Für mindestens die nächsten zwei Wochen müssen wir mit mehr als 100 Todesfällen pro Tag rechnen. Falls wir am Ende der Infektionswelle weniger als 3000 bis 4000 Todesfälle zu verzeichnen hatten, hat unser Gesundheitssystem herausragend funktioniert. Donald Trump, hörte ich heute morgen in den Nachrichten, behauptet dasselbe vom US-Gesundheitssystem, falls es gelingen sollte, die Zahl der Todesfälle auf 100.000 zu beschränken.

Diese Zahl ausgerechnet von diesem Mann brachte mich echt ins Grübeln. Die USA, davon bin ich jetzt schon überzeugt, wird in einem Monat die mit großem Abstand meisten Corona-Toten der Welt haben, was eine ganze Reihe von Gründen hat: 
  • Hohe Zahl an nicht Krankenversicherten mit der Folge, daß sich die Betroffenen erst spät zu einem Arztbesuch entschließen können.
  • Ungesunde Arbeitsethik paart sich mit Angst vor Jobverlust (und damit Verlust der Krankenversicherung) und führt vor allem im Niedriglohnsektor zu langem Weiterarbeiten trotz Krankheit
  • Marodes und schlecht ausgestattetes Krankenhaussystem
  • Es wurde zu lange viel zu wenig getestet. Es wird immer noch zu wenig getestet; fast die Hälfte der Getesteten noch vor ein bis zwei Tagen waren Bewohner New Yorks
  • Der Präsident ist ein lausiger Krisenmanager
  • Die USA sind sehr groß. Wie anderswo an den Staatengrenzen werden hier die betroffenen Bundesstaaten und deren Bewohner die Sache, solange es wenige Infizierte und Todesfälle gibt, nicht immer ernst genug nehmen, bis sie mitten in der exponentiellen Zunahme stecken und sie nicht mehr stoppen können.
Die Dunkelziffer bei der Zahl der Infizierten in den USA ist vermutlich x-fach höher als in Deutschland, weil sich aus obiger Aufzählung ergibt, daß jeder Infizierte durchschnittlich mehr Leute ansteckt. Aber 100.000 Todesfälle als Optimalfall? Freilich, die Todesfallmeldungen werden in beängstigender Weise jeden Tag mehr, aber diese Prognose kommt mir wie eine ziemlich perverse Variante der vertrauten Gigantomanie des aktuellen US-Präsidenten vor. Kann es gar sein, daß er absichtlich übertreibt, um unter Garantie am Ende bessere Zahlen als seine eigene Prognose vorweisen zu können?