Donnerstag, 27. April 2023

Die versehentliche Entzauberung der Kalorienlogik durch Kevin Hall

Mein Gewicht heute früh nach Fastentag 2 von 3 diese Woche: 82,4 Kilogramm. Diese Woche habe ich auch an meinem Gewicht deutlich gemerkt, daß der Heilungsprozeß nach der Operation gerade im Gang ist, aber doch seine Zeit dauert. Am Montagabend beispielsweise wog ich trotz Fasten mehr als am Montagmorgen, dafür wiege ich heute morgen weniger als am Dienstagmorgen. Der Grund dürften die merklich kleiner werdenden Schwellungen um die Operationsstellen sein, das zugehörige Wasser wird jetzt nach und nach ausgeschieden. 

Diese Beule oberhalb der Achsel, die mir, als sie frisch aufgetreten war, nicht direkt mit der abheilenden OP-Narbe in der Achsel verbunden zu sein schien, befindet sich jetzt am Rande der Achsel und sehr wohl auch am Rande der OP-Narbe. Sie ist auch merklich kleiner geworden, nachdem ich mich entschieden hatte, meinen Kompressions-BH nachts anzulassen. Ich habe die Träger etwas verstellt, damit auch dieser Bereich an der Achsel von ihm miterfaßt wird. Der Groschen fiel bei mir erst vorgestern, daß dieselbe Wirkung, die man sich von Druck auf die operierte Brust verspricht, ja bei der Achsel ebenfalls zu erwarten sein sollte. Das Taubheitsgefühl an der Unterseite des rechten Oberarms ist jetzt weg, und auch die Schmerzen, die es bei bestimmten Bewegungen des Arms ersetzt hatten, haben deutlich nachgelassen.

Daß ich mich abends beim Umziehen auch immer auf die Waage stelle, hat seinen Grund darin, daß ich auf solche untypischen Gewichtsentwicklungen ebenfalls neugierig bin und mir vorzustellen versuche, was sie ausgelöst haben mag. Normalen Leuten kann man so etwas gar nicht erzählen, ohne daß sie anfangen, sich Sorgen um einen zu machen. Viele finden es ja sogar schon bedenklich, wenn man sich täglich wiegt. Manchmal ist das nur aus irgendwelchen Medienberichten angelesen, aber bei anderen sind es die eigenen Erfahrungen damit, was für ein Psychoterror von einer Personenwaage ausgehen kann. 

Was solchen Leuten meistens von vornherein nicht vermittelt werden kann, ist, daß ich mich mit dem zweimaligen Wiegen am Tag gar keinem Psychoterror aussetze. Klar, wenn das, was die Waage anzeigt, nicht das ist, was ich erwartet und erhofft hatte, schlägt mir das manchmal auch aufs Gemüt. Daß mich das in Eßstörungen treiben könnte (wie das die Bedenkenträger gerne andeuten), befürchte ich aber nicht. Leute, die das tägliche Wiegen falsch finden oder sogar abfällige Bemerkungen darüber machen, sind außerdem oft dieselben, die beim Anblick von Essen spontan als erstes eine Zahl denken, nämlich die Kalorien, die man zu sich nimmt, wenn man es verzehrt. Das finde ich viel bedenklicher, denn damit verdirbt man sich ja jeden Genuß beim Essen.

An dem Tag, an dem ich mit dem täglichen Wiegen aufhöre (und das wird passieren, sobald ich nach Erreichen des Zielgewichts sicher bin, den richtigen Fastenrhythmus fürs Gewichthalten gefunden zu haben), werde ich eine Flasche Schampus aufmachen, soviel kann ich jetzt schon versprechen. Ich mache das mit dem Wiegen ja nicht als unkontrollierbare Zwangshandlung, sondern weil es ein meiner Meinung nach wichtiger Bestandteil meines Experiments ist. Auch wenn die Bewegungen auf der Waage mir auch nach sechs Jahren oft immer noch Rätsel aufgeben, hätte ich ohne das tägliche Wiegen doch einige bedeutsame Muster bestimmt nicht durchschaut, davon die wichtigste meiner Meinung nach die Wirkung von Low-Carb-Ernährung auf den Wasserhaushalt, von der nicht einmal in der Low-Carb-Gemeinde irgendwer etwas zu ahnen scheint. Wer nicht Low Carb nur episodisch macht, nicht zusätzlich intervallfastet und nicht täglich sein Gewicht notiert, der hat auch von vornherein keine Chance, es zu bemerken.

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Im vorletzten Beitrag hatte ich diesen Mitpatienten bei meinem Klinikaufenthalt und seine Erfahrungen mit der Reaktion seines Blutzuckers auf Backwaren aus vorgefertigten Teiglingen erwähnt. Das fiel mir wieder ein, als ich dieses Video sah. Es sind zwei englischsprache Vorträge, der von mir gemeinte ist der zweite, das ungefähr bei Minute 50 beginnt. Der Vortragende ist Kevin Hall, dessen Studien zu dem Thema Körpergewicht schon früher meine Aufmerksamkeit geweckt hatten, weil er interessantere Dinge auf interessantere Weise untersucht als die meisten, die sich sonst so in diesem Bereich tummeln, und weil er sich auf Twitter auch aktiv in die Debatten einbringt.

In dem Video beschreibt Kevin Hall die wesentlichen Erkenntnisse aus drei seiner Studien näher, darunter auch die berühmte "Biggest Loser"-Studie, die ich schon wiederholt im Blog erwähnt habe. Diesmal geht es mir aber um die beiden anderen Studien. Die erste dieser beiden Studien ist eine Studie über die Wirkung von hochverarbeiteten Lebensmitteln auf die Menge an verzehrter Nahrungsenergie sowie verschiedene meßbare körperliche Reaktionen darauf (neben Blutzucker, Insulin etc. auch Veränderungen der Körperfettmenge). 

Was diese Studie so interessant macht, ist ihr abgeschlossenes Setting, das die Ergebnisse besonders zuverlässig macht. Schummeln war hier so wenig möglich wie unabsichtliche Fehler bei der Lebensmittelauswahl durch die Teilnehmer. Die zwanzig Versuchspersonen wurden stationär aufgenommen, in zwei Gruppen geteilt und bekamen dann zwei Wochen lang eine von zwei nach bestimmten Kriterien zubereiteten Arten von Ernährung. Danach wurde gewechselt und weitere zwei Wochen lang erhielt jede Gruppe die andere Ernährung, die sie zuvor nicht bekommen hatte. Im vorliegenden Fall waren die beiden Ernährungsweisen für die erste Gruppe Mahlzeiten größtenteils aus hochverarbeiteten Produkten und in der anderen Mahlzeiten, die vorwiegend aus unverarbeiteten Nahrungsmitteln zubereitet worden waren. Die Teilnehmer durften von diesen Mahlzeiten so viel essen, wie sie wollten. Wieviel Energie sie aufgenommen hatten, wurde exakt gemessen, ebenso die Entwicklung ihres Körperfettanteils.

Das Setting der anderen Studie war genau dasselbe, anders waren aber die Mahlzeiten, die den Teilnehmern geboten wurden. Verglichen wurde in ihr nämlich eine Low-Carb/High-Fat-Ernährung mit einer High-Carb/Low-Fat-Ernährung.

Das alles macht die Ergebnisse besonders interessant, obwohl der Zeitraum von zwei Wochen natürlich wie bei allen kürzeren Studien keinerlei Rückschlüsse zuläßt, welche Wirkung die untersuchten Ernährungsweisen langfristig hätten. Wie sich in den beiden Studien die aufgenommene Nahrungsenergie und der Körperfettanteil im Zeitraum von zwei Wochen entwickelt haben, stellen Screenshots der vier Grafiken aus den Videos dar.

Low Carb vs. Low Fat

Energieaufnahme:

Entwicklung Körperfett im Zeitverlauf:

Hochverarbeitet vs. unverarbeitet: 

Energiezufuhr:

Entwicklung Körperfett im Zeitverlauf:

Den Casus Knacksus habe ich selbst auch nicht auf der Stelle erkannt. Wenn er von anderen Zuschauern, die diesen Vortrag als Video gesehen haben, bemerkt wurde, würde mich das deshalb überraschen. Allenfalls gilt das nicht für für etwaige Zuschauer, die sich zuvor schon intensiver mit den Studien selbst befaßt hatten und bereits dabei diese Entdeckung gemacht hatten. Ich bin mir daneben ziemlich sicher, daß Kevin Hall selbst die grafischen Darstellungen der beiden Studien schon mehr als einmal nebeneinander gelegt haben müßte. In diesem Fall springt das, worum es geht, einen aber geradezu an. So ging es mir, als ich die Screenshots in den Blogartikel einfügte. 

Kevin Halls beiden Studien läßt sich nämlich, wenn man beide zusammen betrachtet, ein Beleg dafür entnehmen, daß die Entwicklung der Menge an Körperfett bei den Teilmehmern seiner Studie nicht von "Calories in/Calories out" abhing.

Es gibt von den vier untersuchten Ernährungsarten zwei, bei denen die Kalorienaufnahme nahezu gleich hoch war: Low Carb und hochverarbeitete Lebensmittel. Das finde ich noch erwähnenswerter, weil mir beim Überfliegen des ergänzenden Materials zur einen der beiden Studien aufgefallen ist, daß in der zweiten Gruppe, der mit dem Fertigfraß, ziemlich viele von vornherein vergleichsweise kalorienarme (Geflügel) oder vom Hersteller auf der Verpackung als fettreduziert angepriesene Produkte (vor allem Milchprodukte) enthalten waren. (Kann das vielleicht sogar sein, daß fettreduzierte Milchprodukte in den USA mittlerweile Standard sind, also man beim Einkauf etwas anderes gar nicht oder nur mit größerem Aufwand bekommt?)

Ich nehme außerdem an, daß die Fertigfraß-Gruppe einen deutlich größeren Teil der angebotenen Lebensmittel als die Low-Fat-Gruppe zu sich genommen hat, falls, wie ich vermute, die Mahlzeiten beider Gruppen bei gleicher Menge ähnlich viele Kalorien aufgewiesen haben sollten. Low Fat, so der Grundgedanke einer solchen Ernährung, soll ja davon abhalten, zuviel Energie aufzunehmen, indem der Magen schon voll ist und man sich deshalb satt fühlt, obwohl die Energiemenge eigentlich unter dem physischen Bedarf bleibt. Auf längere Sicht ist das eine Milchmädchenrechnung, weil der Stoffwechsel es genausowenig wie Ihre Hausbank einsieht, wenn er über längere Zeiträume Defizite ausgleichen soll. Er fängt dann an, einem scheinbar willkürliche Eßgelüste zu schicken, die genauso wie die Verzugszinsen beim Dispo als Droh- und Druckmittel gedacht sind. Beides kann man ignorieren, aber das geht dann halt auf die Dauer selten gut. In einem 14-Tages-Zeitraum läßt sich so ein Konzept natürlich noch gut umsetzen und führt auch mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Abnahme. Warum die Low-Fat-Gruppe die wenigsten Kalorien aller vier Gruppen aufgenommen hat, ist deshalb leichter zu erklären als warum die Sättigung bei der Fertiggerichte-Gruppe so spät einsetzte, daß sie die meisten Kalorien überhaupt konsumierte. 

Bei Low Carb ist die Sache noch einmal anders, da dabei kleinere Mengen mehr Nahrungsenergie enthalten haben müßten - allerdings kann ich nicht beurteilen, wie die Mahlzeiten im einzelnen aussahen. Ich nehme außerdem an, daß wie bei mir der Sättigungseffekt nach vergleichsweise kleinen Portionen und vermutlich ziemlich abrupt einsetzte, denn auch die Kalorienmenge der Versuchspersonen stimmt ziemlich genau mit der überein, die ich in meinem ersten Low-Carb-Experiment zu mir genommen hatte. Wie in der Studie lag bei mir mit Low Carb die Kalorienmenge außerdem höher als bei meiner vorherigen Ernährung, etwa um 150 Kalorien im Tagesdurchschnitt. Und ich habe mit dieser Art von Ernährung in Kombination mit Intervallfasten trotzdem schneller als mit dem gewohnten Essen in Kombination mit Intervallfasten Gewicht verloren.

Auch ohne Intervallfasten geschah in Kevin Halls Studie in der Low-Carb-Gruppe etwas ähnliches wie bei mir: Die Teilnehmer verloren trotz der reichlichen Versorgung mit Nahrungsenergie an Körperfett. Nicht so viel wie die Vergleichsgruppe, die fettarm aß, aber immerhin ungefähr gleich viel wie die Gruppe, die mit Mahlzeiten aus unverarbeiteten Lebensmitteln verköstigt wurde - und die nahm wesentlich weniger Nahrungsenergie pro Tag zu sich. Werfen Sie nun aber auch mal einen Blick auf das, was im Vergleich dazu mit den Leuten in der Fertigfraß-Gruppe passierte, deren Kalorienmenge ungefähr auf Augenhöhe mit der Low-Carb-Gruppe war. Bei denen legte die Körperfettmenge nämlich innerhalb von zwei Wochen um 400 Gramm zu.

Die Low-Carb-Gruppe hatte ebenso wie die mit den hochverarbeiteten Lebensmitteln innerhalb von 14 Tagen um die 40.000 Kalorien gefuttert. Die Low-Fat-Gruppe kam im Vergleich dazu nur auf 30.000 Kalorien. Ungefähr in der Mitte zwischen beiden lag die Gruppe, deren Mahlzeiten aus unverarbeiteten Lebensmitteln zubereitet worden waren, mit ca. 35.000 Kalorien. Eine Differenz von ca. 10.000 Kalorien wird von Kalorienlogikern für gewöhnlich in knappe 1,5 Kilogramm Fett umgerechnet. 

Das soll nun die Grundlage meiner Beweisführung gegen die Kalorienlogik anhand dieser beiden Studien werden, auch wenn ich ein kleines bißchen schummeln mußte, um glatte Zahlen zu bekommen. Weil ich ja immer so ausgiebig über vergleichbare "Begradigungen" durch Wissenschaftler herummeckere, dazu auch noch eine kurze Bemerkung: Die Kalorienmenge bei den hochverarbeiteten Lebensmitteln liegt mit durchschnittlich 3000 Kalorien am Tag in Wirklichkeit ein bißchen höher als bei Low Carb, aber mangels Zugriffsmöglichkeit auf den Volltext der zweiten Studie kann ich die Menge bei Low Carb sowieso nur auf Basis der Grafik schätzen. 

Pi mal Daumen würde ich sagen, es müßten zwischen 2800 und 2900 Kalorien gewesen sein - die Differenz zum Fertigfutter beträgt also zwischen 100 und 200 Kalorien am Tag bzw. zwischen 2000 und allerhöchstens um die 3000 Kalorien in dem gesamten Zwei-Wochen-Zeitraum. Damit liegen diese beiden Gruppen von der Kalorienmenge her näher beieinander als irgendeine andere Zweierkombination unter allen vier Gruppen. Nahe genug, um mich berechtigt zu fühlen, ihre Kalorienmenge als "ungefähr gleich" zu bezeichnen, wenn ich keine Berechnung mit wissenschaftlichem Anspruch vornehme, bei denen es um Dinge wie relative Risiken, Korrelationen oder ähnliche feuchte Träume von Statistikern geht - so etwas darf Kevin Hall gerne selbst machen -, denn mir geht es ja nicht um Exaktheit, sondern um eine Plausibilitätsprüfung mittels einer Überschlagrechnung. Also etwas, dem Statistiker ihre exakt berechneten Ergebnisse meistens lieber nicht aussetzen wollen.

Die drei alleine aus den Grafiken schon gut erkennbaren Teilergebnisse dieser beiden Studien, die nach Kalorienlogik beim besten Willen keinen Sinn ergeben:

  • In dieser Studie hat sich eine Differenz des eigentlich zu erwartenden Ausmaßes bei der Entwicklung des Körperfetts zwischen Low Carb und Low Fat nicht ergeben. Richtig ist, daß in der Low-Fat-Gruppe mehr Fett verloren wurde. Mit ungefähr 500 Gramm machte die Differenz aber allerhöchstens die Hälfte von dem aus, was sich aus der Kalorienbilanz hätte ergeben müssen.  
  • Ebenso erklärungsbedürftig ist es, warum trotz nahezu identischer Gesamtkalorienmenge die hochverarbeiteten Lebensmittel zu einerm Anstieg der Körperfettmasse um ca. 400 Gramm führten, während bei Low Carb eine wenn auch geringe Abnahme an Fettmasse um ungefähr 100 Gramm zu verzeichnen war - woraus sich wieder eine nach Kalorienbilanz unerklärliche Differenz von ungefähr 500 Gramm Körperfett ergibt
  • Und drittens fehlt ebenso jede Erklärung dafür, warum eigentlich die Low-Carb-Gruppe und die Gruppe, die mit Mahlzeiten aus unverarbeiteten Lebensmitteln verköstigt wurde, gleich viel Fettmasse verloren, obwohl doch die Low-Carb-Gruppe, meine Schätzung nach Augenmaß auf Basis der Grafik, etwa 4000 Kalorien mehr verspeist hatte, was sich der Theorie nach in mehr als 500 Gramm mehr Körperfett hätte niederschlagen müssen.

Was der Theorie nach hätte passieren sollen, ist also in diesen sorgfältig erarbeiteten Studien mit ihren sehr zuverlässigen Ergebnissen nachweislich nicht geschehen, und was tatsächlich passiert ist, ergibt nach Kalorienlogik überhaupt keinen Sinn. 

Das finde ich viel interessanter als eine Widerlegung von David Ludwigs Carbohydrate Insulin Model (CIM), wie sie Kevin Hall in dem Video so triumphierend präsentiert hat. Daß mit diesem Modell irgendetwas nicht stimmen kann, wußte ich ja schon deshalb, weil der Anpassungmechanismus des Stoffwechsels in ihm unberücksichtigt bleibt, der bei Gewichtsabnahmen immer und auch mittels Low Carb in der Praxis typisch genug ist, daß die Fachwelt sich langsam doch mal dazu entschließen sollte, seine Existenz wenigstens zur Kenntnis zu nehmen. Daß im CIM aber auch Richtiges enthalten muß, wußte ich deshalb, weil ich andernfalls ja kaum mit Low Carb trotz mehr Kalorien stärker hätte abnehmen können. 

Die zusammengenommenen Ergebnisse der beiden Studien von Kevin Hall bedeuten meines Erachtens vor allem, daß mit dem Zugrundelegen der Kalorienlogik sowohl David Ludwig als auch Kevin Hall falsch lagen, während ich dagegen als Laie ohne jede wissenschaftliche Satisfaktionsfähigkeit mit meiner Annahme, auf die Kalorien komme es, wenn man abnehmen wolle, entweder überhaupt nicht an oder wenn doch, dann allenfalls nachrangig, dem Augenschein nach richtig liege. 

Nicht, daß ich an der Richtigkeit meiner Einschätzung dieses Punkt vorher gezweifelt hätte. Aber es ist doch nett, es in einer Arbeit eines so ausgewiesenen Fachmanns wie Kevin Hall bestätigt zu bekommen. 😎

Ich könnte Kevin Hall jetzt ja dazu gratulieren, daß es ihm gelungen ist, in einer wissenschaftlichen Arbeit einen solchen sensationellen Nachweis zu erbringen. Auch wenn eine solche Erkenntnis augenscheinlich nicht das war, was er gesucht hatte, bietet sich hier immerhin die Aussicht auf den wohl spektakulärsten wissenschaftlichen Erfolg durch eine Zufallsentdeckung, seit Kolumbus versuchte, nach Indien zu segeln, und dabei Amerika entdeckte. 

Aber will Kevin Hall solche Dinge überhaupt wissen? Meinem Eindruck nach hat er im Video Wert darauf gelegt, daß man als Zuschauer diesen peinlichen Punkt gar nicht erst bemerkt und womöglich danach zu fragen beginnt. Daß er ihn selbst nicht gesehen hat, halte ich aber für ausgeschlossen. Man müßte ja schon blind oder blöd sein, um eine so auffällige Sache nicht spätestens dann zu bemerken, wenn man die Grafiken aus den Screenshots zusammen betrachtet. Kevin Hall ist weder das eine noch das andere und ich verwette meinen letzten Hosenknopf darauf, daß er die Ergebnisse seiner beiden Studien schon mehr als einmal nebeneinandergelegt und darüber nachgesonnen hat. Er muß diese inneren Widersprüche bemerkt haben. Was ihn daran hindert, die sich daraus aufdrängenden Schlußfolgerungen zu ziehen bzw. sich dazu zu äußern, weiß ich nicht. 

Herman Pontzer, so wenig ich ihn auch ausstehen kann, hat sich beim "Calories out"-Teil nicht davon abschrecken lassen, etwas, das jahrzehntelang für richtig gehalten worden war, zu widerlegen, als sich dies aus seiner Arbeit immer eindeutiger ergab. Kevin Hall könnte dasselbe tun, nur für den "Calories in"-Teil. Im Moment sieht es aber nicht danach aus, als sei er willens dazu. 

Man muß unbedingt herausfinden, was an diesen hochverarbeiteten Lebensmitteln diese Wirkung auslöst, das wäre meine logische Schlußfolgerung aus Kevin Halls Studien. Und weil ich kein Wissenschaftler bin, sondern ein bauchgefühls- und neugiergesteuerter strikt unseriöser Normalo, läge es für mich nahe, an der Stelle anzufangen, von der ich neulich erst, als ich in der Klinik war, von dem eingangs erwähnten Mitpatienten gehört habe, nämlich beim Brot. Was also ist bei industriell vorgefertigten Teiglingen, die vom Bäcker nur noch fertiggebacken werden müssen, alles anders als bei traditionell gefertigtem Brot? Irgendeinen dieser Unterschiede müßte man doch mit dem Unterschied beim Blutzucker in Zusammenhang bringen können.