Freitag, 29. März 2024

Noch ein paar Überlegungen zum Press-Pulse-Verfahren

Mein Gewicht nach vier von vier Fastentagen im vierten langen Fastenintervall von acht innerhalb des Endspurts, also genau bei Halbzeit: 71,9 Kilogramm. 900 Gramm weniger als letzte Woche am Freitag, das ist erfreulich viel, und dabei spielte auch ein Sondereffekt eine Rolle. Es hat sich nämlich gezeigt, daß die Infektionsprobleme mit zuschwellender Nase, die ich in den letzten Monaten ständig hatte und deren Ursache ich in Chemo- oder Bestrahlungsspätfolgen vermutete, auf einen Schlag Geschichte sind, seit ich die Parodontosebehandlung habe machen lassen. Da war ich selber ein bißchen platt. Ich hatte ja nicht einmal Zahnfleischbluten und wäre von alleine nie auf die Idee gekommen, daß da so dringlicher Handlungsbedarf besteht, sondern dachte, ich käme mit der Behandlung der Entwicklung eines dringlichen Handlungsbedarfs zuvor. Aber wie sich aus dieser erfreulichen Nebenwirkung der Behandlung ergibt, war der Auslöser in der Nase offenbar irgendeine bakterielle Besiedlung im Zahnfleisch. Darauf muß man auch erst mal kommen.

Daß irgendwas an diesen Infektionen seltsam war, ist mir aber aufgefallen. Im Sommer vor meiner Krebsdiagnose, als mir der Lymphknoten plötzlich anschwoll, war ich nämlich auch sehr infektionsanfällig, aber damals hatte ich ständig anschwellende Mandeln. Diesmal habe ich an den Mandeln aber überhaupt nichts bemerkt. Dafür bekam ich in der Nase immer wieder etwas, das sich ähnliches wie ein eiternder Pickel anfühlte, bloß innerhalb des Nasenlochs, etwas, was ich zuvor noch nie erlebt hatte und jetzt passierte das immer wieder. Anfangs hatte ich den Verdacht, daß meine nachwachsenden Nasenhaare schuld seien und die Sache an einem eingewachsenen Nasenhaar liegen könnte, weil es immer im rechten Nasenloch passierte, aber irgendwann war es dann auf der anderen Seite. Die Sache verging zwar immer nach zwei, drei Tagen von alleine wieder, aber das war mir schon ein bißchen unheimlich. Gut also, daß ich das jetzt losgeworden bin. Eigentlich hatte ich darauf spekuliert, daß es sich über den Sommer wohl wieder normalisieren werde. 

Wie auch immer, eine im Zahnfleisch vor sich hinbrodelnde und in der Nase immer wieder losbrechende Infektion hat natürlich auch mein Gewicht ein bißchen beeinflußt. Auch wenn es bestimmt nicht so wahnsinnig viel ausgemacht hat, diese hundert oder zweihundert Gramm Minus durch den gesunkenen Wasserbedarf konnte ich diesmal netterweise auch mitverbuchen.

Mit welchem Gewicht ich am Montag wieder ins Fasten starte, wage ich jetzt lieber keine Prognose, nachdem ich mich letzte Woche doch ein bißchen blamiert habe. Schauen wir also einfach mal, was die Waage am Montag anzeigen wird. Sicher dürfte es aber sein, daß ich letzten Montag zum letzten Mal über 77 Kilo gewesen bin, also von nun an auch vor dem Fasten eine Abnahme von 70+ Kilo zu verzeichnen habe - der letzte bedeutende Meilenstein, bevor ich am Ziel bin.

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Ein weiterer Nachtrag zu dem YouTube-Kanal mit den Seyfried-Videos - das wird wohl noch ein Weilchen so weitergehen, bis ich damit durch bin oder ab irgendeinem Punkt wirklich keine echten Neuigkeiten mehr aus weiteren Videos erfahren kann. Die beiden Schnipsel, den ich im Moment beisteuern möchte, umfassen zum einen, daß Seyfried in einem dieser Videos auch - leider sehr kurz - auf die Frage einging, ob Tumorzellen eigentlich "resozialisiert" werden, also wieder zu normalen Zellen werden können. 

Quelle (Transkript des Videos, in dem Interpunktion nicht vorkommt): 

a tumor is a hodgepodge of all different kinds of cells um they're all in different states of fermentation so some some of the mitochondria and some tumors are struggling to stay functional whereas in other cells they're completely blown out so you have you have this uh range of cells in it in a tumor uh it's obviously some of those cells can be in effect recovered and they can rejoin the Society of cells if you can recover their their respiratory capacity other cells are Beyond recovery they've passed the threshold where they where they they have too many nuclear gene mutations torecover a normal mitochondrial function so they're fermenting like crazy so these guys just have to be uh eliminated

Die Antwort ist also ein eindeutiges "Kommt drauf an". Die gute Nachricht daran lautet, daß es tatsächlich Krebszellen zu geben scheint, die auf den Pfad der Tugend zurückgebracht werden können, und die schlechte, daß das nicht in allen Fällen möglich ist und die verstockten Übeltäter aus Gründen des Selbsterhaltungstriebs schnellstmöglich an die Wand gestellt werden müssen.

Im anderen Video sprach er, ebenfalls leider sehr ungenau, über die Frage, ob sich Krebszellen in ihren Nahrungsvorlieben eigentlich unterscheiden:

most cancers consist of a bunch of different kinds of cancer cells they're not all one kind of cell some of them are heavily glucose dependent some of them are heavily glutamine dependent it's based on the kind of cell that's in the tumor
Im selben Video erwähnte er zu diesem Punkt noch speziell die zum Feind übergelaufenen Makrophagen, die Urheber der Metastasen seien: 

they can live without oxygen because they've been genetically designed to do that but when oxygen comes back into the environment these cells can reconfigure into the lymph nodes and they go back into the circulation and they go around but when they become corrupted they start doing all this dysregulated now at what are those cells eating to get their energy they're eating glutamine like crazy so so uh if you take away their glutamine they croak
Die Press-Pulse-Therapie müßte also bei metastasiertem Krebs jedem Versuch mit ketogener Ernährung alleine weit überlegen sein; das ist also ein erwartbares Ergebnis bei der geplanten klinischen Studie. (Falls es nicht eintreffen sollte, würde an dieser Annahme irgendetwas wohl nicht stimmen.) Bei lokal begrenztem Krebs bin ich mir aber immer noch nicht sicher, ob sich in jedem Tumor sowohl Glukose- als auch Glutamin-Liebhaber unter den Krebszellen befinden oder ob es auch welche gibt, die ausschließlich aus Glukose-Fans bestehen. Ebenfalls von Interesse wäre, ob und wenn ja wie man herausfinden kann, welche Sorte Treibstoff die Krebszellen des eigenen Tumors bevorzugen.

Was mir durch den Kopf ging: Das Press-Pulse-Verfahren, erwähnte Seyfried in mehreren Videos, basiert auf Untersuchungen, die sich mit dem Ablauf und den Gründen des Aussterbens von Tierarten befasste und zum Schluß kamen, daß zwei verschiedene parallel wirkende Streßfaktoren nötig sind, um eine Tierart aussterben zu lassen: erstens ein konstanter Druck durch einen Faktor ("Press") und zweitens wiederkehrend akute Stressoren durch einen anderen ("Pulse"). Diese Herleitung gefiel mir übrigens außerordentlich, und ich finde es sehr elegant, eine solche paläobiologische Erkenntnis zur Bekämpfung einer Krankheit nutzbar machen zu können, bei der man bestimmte Arten von Zellen mit Stumpf und Stiel ausrotten will.

Im Grunde müßte aber zumindest bei einem Tumor, der im Vergleich zu einer metastasierten Erkrankung relativ wenig Glutamin zu sich nimmt, also eher bei Krebserkrankungen im lokal begrenzten Stadium, auch eine konstante therapeutische Ketose plus Chemo- und/oder Antikörpertherapie als eine Art Press-Pulse-Verfahren wirken. Vermutlich ist das nicht so effektiv wie die Methode mit den Glutamin-Inhibitoren und der hyperbaren Sauerstofftherapie, es entspricht nicht der von Seyfried entwickelten Herangehensweise, ausschließlich die Schwachstellen der Krebszellen zu nutzen und den gesunden Zellen Schädigungen zu ersparen. Aber mindestens wenn Glutamin nicht der wichtigste Treibstoff ist, sollte es jedenfalls im Vergleich zur  Chemo- und/oder Antikörpertherapie alleine die Chancen auf Heilung erheblich vergrößern, weil das Zellgift auf bereits geschwächte Krebszellen trifft und ihnen leichter den Garaus machen kann. Hinzu kommt außerdem, daß es die Nebenwirkungen der Chemo verringert, vor allem in der Kombination mit Fasten, und diesen Teil kann ich auch aus persönlicher Erfahrung bestätigen, und wenn sich auch die Frau Professorin Hübner, die beides ja für wirkungslos und sogar für superriskant erklärt hat, auf den Kopf stellt. Damit wird auch das Risiko von Folgeschäden durch die Schädigung gesunder Zellen durch die Zellgifte verringert.

Mit anderen Worten: Das Press-Pulse-Verfahren bietet schon jetzt Anwendungsmöglichkeiten in Bereichen, auf die sich Seyfried selbst bislang nie so sehr fokussiert hat und die er aus seiner eigenen Herangehensweise heraus wohl trotz der Verbesserungen, die sie für die Überlebenschancen vor allem der Patienten mit lokal begrenzten Krebserkrankungen bedeuten dürften, kaum propagieren würde,  im begleitenden Einsatz zu dem, was der Onkologen-Werkzeugkasten im Moment enthält und mit dem man nach einer Krebsdiagnose unweigerlich behandelt wird, falls man sich nicht dem ausdrücklich verweigert. Es hat meines Erachtens in diesen Fällen durchaus Sinn, das eine zu tun, was der Onkologe einem empfiehlt, ohne das andere zu lassen, was Seyfried einem raten würde. Man hat als Patient sogar die Möglichkeit, diese Stellschrauben selbst zu drehen - idealerweise, das versteht sich von selbst, in fachlich kompetenter Begleitung, aber notfalls hätte ich nicht gezögert, es genauso ohne sie umzusetzen, wie ich das, was ich tatsächlich gemacht habe, ja auch ohne fachliche Hilfe umgesetzt habe, als mein Onkologe sich dummerweise nebenbei noch als Ernährungsberater der konventionellen Sorte erwies. 

Hätte ich vom Press-Pulse-Verfahren schon vor anderthalb Jahren gewußt, dann hätte ich meine Chemo-Begleitung auch bestimmt daraufhin optimiert. Es wäre mir egal gewesen, daß ich das vermutlich mangels qualifizierter Fachleute in diesem Bereich unbegleitet hätte machen müssen, denn das Risiko dabei hätte ich für wesentlich geringer gehalten als das Zusatzrisiko, das ich eingehe, wenn ich mich an den aktuellen Stand der Wissenschaft und Frau Professorin Hübners Empfehlungen halte. Auch wenn es nur ein Kompromiß ist, ich bin mir ziemlich sicher, daß ein Einsatz in der beschriebenen Form das Rezidiv- und Metastasierungsrisiko bei lokal begrenztem Krebs verringern kann, vermutlich sogar ziemlich deutlich.

Endlich habe ich jetzt auch mein Glukose- und Keton-Meßgerät bestellt und am Ende habe ich mich tatsächlich für Keto-Mojo entschieden, das mir nicht nur Sandra empfohlen hat, sondern auch von Seyfried in einem Video ausdrücklich als geeignet erwähnt wurde. Seitdem bin ich schon mit einer Unzahl von Mails bombardiert worden, das werde ich möglicherweise unterbinden müssen. Aber erst einmal soll das Teil geliefert werden. Gestern wurde mir angekündigt, es habe die Grenze nach Deutschland überschritten (der Hersteller sitzt in den Niederlanden) und werde vermutlich am Dienstag bei mir eintreffen.

Das Gerät selbst finde ich eigentlich erschwinglich, aber das Verbrauchsmaterial geht schon sehr ins Geld, deshalb werde ich es vermutlich erst einmal nur einsetzen, bis die 60 Teststreifen beider Sorten verbraucht sind, denn ich möchte gerne einen Vergleich haben, wie sich mein GKI in meiner jetzigen sehr fastengeprägten Endspurt-Phase von dem in der anschließenden Haltephase unterscheidet - dabei interessiert mich auch, ob mein GKI auch in den Tagen, in denen ich esse, niedriger bleibt, also der Faktor, daß ich mehr Tage habe, an denen ich faste, als solche, an denen ich esse, vielleicht ebenfalls eine Rolle spielt. Vermutlich bringe ich es danach aber erst wieder im Herbst zum Einsatz, wenn ich mit der Low-Carb-Phase anfange, um zu sehen, wie weit ich mit meiner entspannten LC-Variante über der therapeutischen Ketose bleiben werde, und vielleicht werde ich dann ja mal experimentieren, mit welchem Essen ich sie erreiche. Es geht ja auch darum, herauszukriegen, wie ich dabei vorgehen sollte, falls ich wirklich mal Gründe habe, speziell eine therapeutische Ketose anzustreben. Einstweilen ist das noch eine reine Spielerei aus der Motivation "Neugier ist schlimmer als Heimweh" heraus.

Mir kam übrigens der Gedanke, daß möglicherweise langsam wachsende Varianten von Brustkrebs, die hormonpositiven und HER2-negativen, eine schleichende Schädigung durch chronisch einwirkende Faktoren bedeuten könnten, und die schnellwachsenden, also die triple-negativen und HER2-positiven, eine akute Schädigung, bei der auf einen Schlag eine Menge Mitochondrien auf einmal zu fermentieren beginnen. Das würde die Unterschiede in der Aggressivität ganz gut erklären. Warum diese Schleich-Krebse hormonpositiv sind, bei dieser Frage muß ich freilich passen, ich habe mich mit denen außerdem natürlich nie so intensiv befaßt. Aber angenommen, es wäre so und hormonpositiv wäre ein Zeichen für eine schleichende Schädigung, könnte HER2- und hormonpositiv gleichzeitig dann bedeuten, daß zu einer schleichenden Schädigung eine akute mit hinzugekommen ist.

Keine Ahnung, ob diese Idee von mir clever oder bescheuert ist. Aber sie würde auch ganz gut erklären, warum Brustkrebs sich anscheinend manchmal, wahrscheinlich in einem Stadium, in dem sie ohne Screening nicht hätten gefunden werden können, von alleine wieder zurückbildet (denn wie sonst soll man die dauerhaft höhere Zahl von Brustkrebsfällen seit Einführung des Screenings erklären?). Das würde dann wohl nur die schleichenden Krebse betreffen, von denen eher anzunehmen ist, daß sie einen höheren Anteil der "noch resozialisierbaren" Krebszellen enthalten, von denen Seyfried sprach. Meinen Krebs betraf das aber nicht, der war vom Tag seiner Entdeckung an ein klarer Kandidat für die Todesstrafe.

So, aber jetzt endlich auch mal wieder was zu ein paar Nicht-Krebs-Thematiken:

Die Wissenschaft hat in akribischer Kleinarbeit herausgefunden: Je kürzer das Ssst, desto stärker das Bums und desto schräger das Brrt. Das ging mir als erstes durch den Kopf, als ich im Ärzteblatt die Überschrift las: "Übergewichtige Menschen gehen anders." Was für eine weltbewegende Erkenntnis! Wenn einem die Oberschenkel aneinanderreiben, bewegt man sich also anders, als wenn das nicht der Fall ist? Und ebenso, wenn man eine höhere Gewichtslast fortzubewegen hat? Das liegt doch eigentlich nahe genug, daß man dafür nicht unbedingt eine Studie gebraucht hätte, nicht wahr? Mich hat deshalb, als ich den verlinkten Preprint der Studie im Volltext aufrief, nur interessiert, wer für diesen Quatsch eigentlich bezahlt hat. Es stellte sich heraus, daß es ein Ministerium in Tunesien gewesen ist. Dafür haben sie im hochverschuldeten Tunesien also Staatsknete übrig? Man sollte es echt nicht meinen. 

Interessanter hätte ich es gefunden, sich mit den Auswirkungen größerer Gewichtsveränderungen auf die Bewegungsmuster in der Fortbewegung zu befassen. Letzten Herbst bekam ich nämlich untypischerweise speziell, wenn ich zu Fuß irgendwohin unterwegs war, immer wieder schon nach einer kurzen Strecke unangenehme Kreuzschmerzen. Das lag, glaube ich, daran, daß sich mein Körperschwerpunkt durch die Abnahme verändert hatte, ich hatte das Gefühl, meine Körperhaltung beim Gehen paßte irgendwie nicht mehr zu meiner aktuellen Körperform. Ich dachte sogar darüber nach, mir so einen "Geradehalter" zuzulegen, den es in Discountern immer mal wieder als Aktionsartikel gibt, oder es vielleicht doch mal mit einem Training zum Einüben einer geeigneteren Körperhaltung zu versuchen. Aber netterweise ist das Problem dann im Lauf der Herbst-Low-Carb-Phase von ganz alleine wieder verschwunden. Die wenigen Kilos minus haben offenbar dafür gesorgt, daß meine Körperhaltung wieder besser zu den Bewegungen paßte. 

Mit 147 Kilo hatte ich dieses Problem mit den Kreuzschmerzen übrigens auch nicht, obwohl ich ja eigentlich mit meinem sitzenden Beruf plus hohes Übergewicht der klassische Kandidat gewesen sein müßte. Ich nehme an, das ist auch meinem genialen Bürostuhl zu verdanken. Den habe ich seit fast zwanzig Jahren, und langsam sieht er ziemlich schäbig aus, aber ich möchte ihn durch kein anderes Modell ersetzen, weil ich ihn so superbequem finde und befürchte, der nächste kann eigentlich nach Bequemlichkeitsgesichtspunkten (und für mein Kreuz) nur eine Verschlechterung mit sich bringen. 

Bei mir entstand das Problem also nicht als Folge von Übergewicht, sondern als Folge der Abnahme. Natürlich paßt man sich, ohne es zu merken, sowohl bei Zu- als auch bei Abnahme an die Veränderung an, und das war tatsächlich das einzige Mal, daß ich Probleme bekam, glücklicherweise nur für kurze Zeit. Bedenkt man, daß ich nicht imstande wäre, das im Lauf der Zeit verlorene Gewicht in Form von Einkäufen etc. zu schleppen, ist es schon bemerkenswert, daß mich die 70 Kilo hin oder her nicht vor der Abnahme viel stärker belastet haben. Aber tatsächlich bin ich zwar langsamer unterwegs gewesen (ich merke das, weil mir jetzt viel häufiger als früher andere Passanten zu langsam laufen) und fand Steigungen sehr unangenehm und natürlich bin ich schnell ins Schwitzen geraten, aber gelaufen bin ich trotzdem viel und im Prinzip ohne Probleme. Eine Erklärungsmöglichkeit wäre es, daß mich das EMS-Training ausreichend fit gehalten hat. Aber natürlich kann ich auch einfach mein übliches Dummenglück gehabt haben.

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Solche Artikel wie dieser hier der Tagesschau machen mich immer ziemlich sauer, weil sie so unkritisch Meinungen als vermeintliche Tatsachen wiedergeben, in diesem Fall die Meinung einer Finanzberatungsorganisation, die sich explizit an Frauen richtet, anstatt deren Darstellung mit etwas Abstand zu analysieren und vielleicht noch kritische Punkte darin näher zu beleuchten.

Aktienrente, das klingt mir vielzu hochtrabend. Ich habe keineswegs Berührungsängste zum Aktienmarkt, ich besitze selbst ein Portfolio im mittleren fünfstelligen Eurobereich. Zur Wahrheit gehört es aber auch, daß man dort auch Verluste machen kann, und dann kann es auch schnell Essig sein mit der "Aktienrente". 

Daß der Wert meiner Aktien aktuell ein wenig niedriger als ihr Kaufpreis liegt: geschenkt. Ich habe meine Aktien sowieso mit Blick auf die Höhe der Dividenden plus zusätzlich ein paar individuelle Vorlieben ausgewählt. Mir ist es deshalb gleich, ob der Verkaufswert meiner Aktien in die Höhe gegangen ist oder nicht - genauso, wie es mir auch viele Jahre lang immer gleich war, ob der Wert meiner Immobilien gesunken oder gestiegen war. Der Marktwert spielt in beiden Fällen nur dann eine Rolle, wenn man verkaufen will oder muß, in allen anderen Fällen ist der daraus erzielte Ertrag, durch die Miete und durch die Divdenden, viel wichtiger. Er kann aber auch bei der "Aktienrente" eine Rolle spielen, sofern ihr Fokus nicht auf den Erträgen durch Dividenden liegt. Definitiv spielt er aber bei Fonds und somit auch bei fondsbasierten Riesterverträgen eine Rolle, und wer gerade jetzt in die Auszahlphase seines fondsbasierten Riestervertrags eintritt, hat ein beschissenes Geschäft damit gemacht.

Für mich waren Aktien nie mehr als eine kleine Spielerei (bei der ich mich durchaus auch schon verzockt habe). Meines Erachtens ist die beste Methode, sich vor Altersarmut zu schützen, eine eigengenutzte Immobilie, die es einem ermöglicht, zusätzlich zu dem Geldanlagebetrag, den man sonst einsetzen würde, auch den Gegenwert der Kaltmiete in die Vermögensbildung mit einfließen zu lassen. Das läppert sich im Lauf der Zeit nämlich ganz schön zusammen.

Ich zum Beispiel habe seit 32 Jahren keine Miete mehr bezahlt. Konservativ gerechnet, habe ich damit in diesem Zeitraum fast eine Viertelmillion Euro zur Vermögensbildung verwenden können, die andernfalls meine Vermieter bekommen hätten.

Eingesparte Miete pro Jahr (3-Zimmer-Wohnung, gute Innenstadtlage, sehr konservativ gerechnet, um Eigentümer-Mehrkosten im Vergleich zum Mieter mitzuberücksichtigen):

  • 1992 bis 2001 durchschnittlich ca. 5000 Euro pro Jahr x 10 (knapp über 400 Euro/Monat): 50.000 Euro
  • 2002 bis 2011: durchschnittlich ca. 7000 Euro pro Jahr x 10 (knapp unter 600 Euro/Monat) : 70.000 Euro
  • 2012 bis 2023: durchschnittlich ca. 10.000 Euro pro Jahr x 12 (knapp über 800 Euro/Monat): 120.000 Euro

Der Betrag, den man auch als Mieter für die Vermögensbildung hätte abzweigen können, käme natürlich noch mit hinzu. Angesichts der Höhe der heutigen Mieten käme bei jemandem, der jetzt damit anfängt, im selben Zeitraum außerdem locker das Doppelte an eingesparter Miete heraus. Ich erinnere mich noch daran, daß 1992 die Wohnungsnot so übel war, daß bei Neuvermietung Kaltmieten in der schockierenden Höhe von 1000 DM für Wohnungen, die meiner vergleichbar waren, verlangt und bezahlt wurden, das waren knapp über 500 Euro. Für die damalige Zeit war das exorbitant. Mein Erwerbseinkommen lag damals bei 2000 DM brutto halbtags. Heute liegt man als Vermieter bei derselben Wohnung noch mit 1200 Euro Kaltmiete unterhalb der Mietwuchergrenze. Als Mieter, der sich eine Miete dieser Höhe durch Eigentumserwerb ersparen kann, wäre man - wieder die zusätzlichen Kosten von Wohnungseigentümern mit berücksichtigt - in zehn Jahren bereits bei ca. 120.000 Euro Vermögensbildungseinsatz alleine aus gesparter Miete angekommen. Plus den Betrag, den man auch als Mieter für eine anderweitige Vermögensbildung hätte einsetzen können.

Apropos Wohneigentum: Neulich hatte ich mich doch noch über die Tagesschau mokiert, weil sie zum nunmehr dritten Mal die Trendwende bei den Immobilienpreisen verkündet hatte:

Von Oktober bis Dezember 2023 seien die Kaufpreise für Eigentumswohnungen um 0,8 Prozent zum Vorquartal gestiegen. Auch die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser erfuhren mit 0,6 Prozent ein ähnliches Plus.
Acht Wochen später ist es auch diesmal auf einmal doch nicht mehr wahr. Aus dem angeblichen Plus ist ein Minus zum Vorquartal um 2 Prozent geworden und gegenüber dem Vorjahresquartal (4/22) sind es 7,1 Prozent. Eigentlich würde ich es ja für die Pflicht eines öffentlich-rechtlichen Mediums halten, solche Widersprüche zu früheren Meldungen anzusprechen und sie zu erklären. Stattdessen stehen beide Meldungen einfach auf derselben Website und niemanden interessiert es dort, daß nur eine von beiden der Wahrheit entsprechen kann. Ich persönlich gehe übrigens davon aus, daß die jetzige Nachricht stimmt, und zwar wegen der überzeugenderen Datenbasis. Die Jubelmeldung von neulich war in einer Studie des IW herausgekommen. Die aktuelle beruht auf Daten des Statistischen Bundesamts. Die sollten ja wohl vollständig sein. Aus welchem Grund das IW diese Falschmeldung verbreitet hat - ehrliche Berechnungsfehler oder versuchte Marktmanipulation? - sei dahingestellt.

Gut möglich, daß die Verkündigung der nächsten Trendwende aber bereits bevorsteht, sobald die Zahlen fürs erste Quartal dieses Jahres publiziert werden, denn die Zinsen sind ja tatsächlich ein wenig gesunken und es mehren sich die Anzeichen dafür, daß sie vielleicht wirklich noch ein bißchen weitersinken könnten. Das käme mir zupaß, also würde es mich freuen. Aber einen Zinsabsturz auch nur in die annäherende Nähe der Zinsen vom Dezember 2021 sollte man wohl lieber nicht erwarten. Die waren ja genauso untypisch wie die Strafzinsen, die von den Banken für höhere Spareinlagen verlangt wurden, und solange man für sein Tagesgeldkonto noch Zinsen bekommt, sollte man mit einer solchen Entwicklung lieber nicht rechnen. Deshalb finde ich es auch immer so irritierend, wenn die sogenannten Qualitätsmedien so tun, als wären Immobilienpreise, die sich nur aus dieser ungewöhnlichen Zinssituation heraus überhaupt bilden konnten, auch nur annähernd weiter zu halten, wenn die Zinsen höher liegen.



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