Montag, 4. März 2024

Warum man immer einen Plan B haben sollte

Mein Gewicht heute früh zu Beginn des ersten viertägigen Fastenintervalls im "Endspurt": 79,9 Kilogramm.

Tja. 

Darüber bin ich schon enttäuscht, wenn ich auch wohl dennoch erleichtert sein sollte, daß ich immerhin die 80 nicht noch einmal gerissen habe. Klar, nach Low Carb geht das Gewicht wegen des Wassers rauf. Aber daß es so weit sein würde, darauf war ich - zumal nach den drei Fastentagen letzte Woche - doch nicht gefaßt. 

Aber jetzt isses halt, wie es ist, und es sind nun doch noch sportliche 6,4 Kilogramm bis zum Zielgewicht. Ob ich das wirklich in gerade mal acht Wochen runterkriegen kann? So ganz kann ich mir das nicht vorstellen, aber das war mir immerhin mal Ansporn genug, um mich zu entschließen, in diesen acht Wochen jede Woche von Montag bis Donnerstag zu fasten, also acht Wochen lang jeweils vier Fastentage und drei Eßtage zu kombinieren. Die Idee hatte ich ja schon länger, ihr organisatorischer Vorteil lag darin, daß ich auf diese Weise keine Wochenenden mit Fasten verbringen muß, was mir nicht so richtig zugesagt hätte. Der Nachteil besteht darin, daß ich bei mehr Fasten- als Eßtagen natürlich zwangsläufig in ein Energiedefizit rutsche, was ich eigentlich lieber zu vermeiden versucht hätte - oder wenn es schon nicht vermeidbar ist, das Defizit gering zu halten. Aber jetzt probier ich das mal, es geht ja nur um einen recht kurzen Zeitraum. Falls ich damit Probleme bekommen sollte, kann ich es ja immer noch abbrechen.

Wenn das jetzt auch nicht reichen sollte, um auf das Zielgewicht zu kommen, dann hat es eben nicht sein sollen, und dann gehe ich den Sommer über zu dem im letzten Beitrag bereits skizzierten Plan B über, versuche, den richtigen Haltemodus zu finden, und kümmere mich um die Restkilos im Herbst in der nächsten LC-Phase. - Es ist ja immer gut, wenn irgendwas anders kommt als gedacht, auch noch einen Plan B in der Tasche zu haben.

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Jason Fung ist neuerdings wieder aktiver auf Twitter, hauptsächlich, um dort auf seine Publikationen auf medium.com hinzuweisen. Bei den meisten ging ich nicht davon aus, daß sie mir besonders wichtige neue Erkenntnisse bieten würden, weil sich da, soweit ich weiß, keine Veränderungen ergeben haben, während ich ja mittlerweile eine in Teilbereichen doch von seinen Grundannahmen abweichende Arbeitshypothese verfolge. Aber dies hier fand ich interessant. Dr. Fung nahm die Wirkung von "mehr Bewegung" auf das Körpergewicht aufs Korn und wies nach, daß in den USA parallel

  1. die Menschen immer mehr Sport treiben, aber
  2. ihr Gesamtenergieverbrauch im Durchschnitt immer geringer wird. 

Nummer 2 liegt daran, daß der Grundumsatz sinkt. Ein möglicher Grund dafür wäre, daß unter anderem - und zwar nachweisbar schon seit verblüffend langer Zeit - auch die durchschnittliche Körpertemperatur zu sinken scheint. Das letztere fand ich besonders interessant, und dazu hätte ich vielleicht noch weiter recherchiert. Blöderweise habe ich es aber verpeilt, mir rechtzeitig Screenshots des Artikels zu machen, den ich nur wegen eines geschenkten Links überhaupt im Volltext lesen konnte, deshalb fehlt mir im Moment die Grundlage, um die Quellen zu recherchieren, und Medium upgraden mag ich nicht. Die sind mir, was die Überflutung mit Mails betrifft, schon jetzt zu übergriffig. 

Sicherlich ergibt sich aber irgendwann eine Gelegenheit, das nachzuholen. Dr. Fung wird diesen Teil seines Artikels bestimmt an irgendeiner anderen Stelle wiederholen oder vielleicht sogar schon längst irgendwo gepostet haben. Im Moment fehlt mir aber die Zeit und die Lust, danach zu suchen. 

Die für den Moment mir nicht mehr greifbaren Belege würden jedenfalls ausgezeichnet zu Herman Pontzers Erkenntnissen passen, und gerade die sinkende Körpertemperatur taugt sehr als Erklärung. Was mich ein bißchen verwundert, ist allerdings, daß dieses Sinken lange vor dem Beginn des "Eat less, move more"-Wahns und den Kaloriendefiziten als scheinbare moralische Verpflichtung des Abnehmenden begonnen hat, die ein Herunterfahren der inneren Heizung zur Folge haben könnten. Mich würde schon interessieren, welche weiteren Auslöser dabei eine Rolle gespielt haben.

In der Zwischenzeit berichtet das Ärzteblatt unter Berufung auf eine Studie in der Lancet, daß im Jahre 2022 die Zahl der Menschen mit Adipositas weltweit eine Milliarde überschritten und sich seit 1990 mehr als verdoppelt habe, und nennt als Empfehlung der WHO, um insbesondere Adipositas bei Kindern zu Leibe zu rücken, auch das übliche "mehr Sport", was das Problem, gehe ich nach Fung und Pontzer, kaum lösen wird. 

Was ebenfalls erwähnt zu werden verdient, weil in den Medien oft genug der entgegengesetzte Eindruck erweckt wird: Untergewicht ist im Vergleich zu 1990 deutlichst auf dem Rückzug. Hier eine eindrucksvolle Grafik zu Adipositas und Untergewicht aus der Studie (zu Frauen), Untergewicht in Türkis, Adipositas in Magenta. Die gute Nachricht lautet also, daß sich die Weltbevölkerung zwischen 1990 und 2022 um immerhin 2,3 Milliarden Menschen vermehrt hat, aber dennoch erheblich weniger von ihnen unterernährt sind. 


Die WHO legt aus irgendwelchen Gründen Wert darauf, daß beides ungefähr gleich schlimm sei. Das sehe ich aber überhaupt nicht ein. Adipositas ist ein Gesundheitsrisiko mit zunehmendem Alter. Unterernährung tötet besonders häufig kleinere Kinder, das streitet niemand ab, auch nicht die WHO, die in dem Ärzteblatt-Artikel sogar noch betont, es sei nach wie vor der Grund für die Hälfe aller Todesfällen von Kindern unter fünf Jahren. Wie kann man das also miteinander gleichsetzen? Richtig ist natürlich, daß dieser Unterschied kein Grund ist, Adipositas und die daraus resultierenden Gesundheitsrisiken nicht ebenfalls vermeiden zu wollen. Falls das bedeuten würde, mehr Unterernährung in Kauf nehmen zu müssen, wäre es aber geradezu ein Verbrechen, dies zu tun. 

Interessanterweise fiel der Zuwachs bei Adipositas in Europa dem optischen Eindruck nach vergleichsweise gering aus. Irgendwas müssen wir in den letzten dreißig Jahren trotz allem versehentlich richtiger - oder sagen wir: weniger falsch - als andere gemacht haben, obwohl ich mir überhaupt nicht vorstellen kann, was das sein sollte.

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Ein Newsletter, den ich eigentlich längst abbestellen wollte, ließ mich auf die Look-AHEAD-Studie stoßen, in der es um die Wirkung von Gewichtsreduktion auf Diabetes ging. Dem Namen nach war sie mir bekannt, aber nun habe ich das erste Mal einen Blick auf sie geworfen. Das interessierte mich nämlich alleine schon im Vergleich zur Virta-Studie, auch wenn ich bei der nach wie vor die bislang der Öffentlichkeit vorenthaltene Fünf-Jahres-Auswertung bemängle, zu der nur eine schönfärberische Pressemitteilung vorgelegt wurde. Aber das Schönfärberische haben die Virtas wohl von anderen abgeschaut, denn auch die Deutung der Look-AHEAD-Studie übte sich in dieser Kunst. 

Gewicht abnehmen und diese Abnahme halten, so nämlich der Bericht, den ich dazu las, biete eine gute Chance auf dauerhafte Diabetesremission sowie eine deutliche Reduktion des Risikos für Folgekrankheiten. So weit, so banal möchte man sagen. Denn in der Langzeitperspektive (erwähnt wurden aus irgendwelchen Gründen acht Jahre, obwohl die Studie zwölf Jahre verfolgte) gelang dies sage und schreibe nur drei Prozent der Studienteilnehmer. Deshalb übten sich die Autoren und Interpreten nun in einer klassischen "Rena R. Wing"-Interpretation, indem sie "Erfolg" kurzerhand umdefinierten und sich nur mit den Teilnehmern befaßten, denen zu irgendeinem Zeitpunkt die Diabetesremission mindestens vorübergehend gelungen war. Das war wenigstens ein Anteil, der etwas weniger kläglich aussah, nämlich 18 Prozent. Dieser Teil der Teilnehmer, zeigte sich, hatte in der Tat auch weniger Folgeerkankungen. Und: Typischerweise hatten diese Teilnehmer auch erfolgreicher abgenommen. 

Noch einmal: So weit, so banal. Die drei Prozent, denen die dauerhafte Remission gelungen war, hatten laut der Studie erstens auch überdurchschnittlich stark abgenommen und wiesen zweitens auch besonders deutlich weniger "Ereignisse" in der Folgezeit auf. Das wäre ja eigentlich das Ziel, das man auch für die anderen Studienteilnehmer anpeilen sollte.

Tatsächlich hatten sich die Studienautoren auch zum Ziel gesetzt, eine Gewichtsabnahme von mindestens 7 % zu erzielen und ihre Patienten diese Abnahme dauerhaft halten zu lassen. Da die dafür gewählten Mittel lauteten: "reduced caloric intake and increased physical activity" ist es kein Wunder, daß dieses Ziel nicht erreicht wurde. Tatsächlich gelang mit Hilfe intensiver Betreuung der Studienteilnehmer immerhin zunächst - nach einem Jahr - eine durchschnittliche Gewichtabnahme von 8,6 Prozent - allerdings wurde schon nach diesem ersten Jahr von den 82 Prozent der Teilnehmer, denen keine vorübergehende Remission gelungen war, das Ziel mit den 7 Prozent im Durchschnitt NICHT erreicht. Lediglich die 18 Prozent, die wenigstens einmal in Remission waren, erreichten nach einem Jahr eine durchschnittliche Abnahme, die zwischen 7,3 und 12,3 Prozent lag.  

Gehalten werden konnte das Studienziel aber auch bei ihnen mehrheitlich nicht. Bereits nach vier Jahren verfehlten mit Ausnahme der Gruppe der Teilnehmer, die bei vier Kontrollen oder häufiger in Remission waren, alle anderen Gruppen im Durchschnitt dieses Ziel, und zwar überwiegend ziemlich deutlich. Am deutlichsten natürlich diejenigen, die zu keinem Zeitpunkt in Remission gewesen waren.

Wie man dieser Grafik aus einer früheren Publikation zur selben Studie entnehmen kann, kam es ab Jahr 5 hingegen zu einer verblüffenden gegenläufigen Entwicklung, weshalb man - sicherlich mit einem erleichterten Aufatmen - nach zehn Jahren immerhin noch durchschnittlich 6 Prozent Gewichtsabnahme verbuchen konnte. 

Interessant ist dabei aber vor allem die gleichzeitig mit der der Interventionsgruppe ab Jahr 5 einsetzende Abwärtsbewegung beim Gewicht in der Kontrollgruppe. Tatsächlich steht nämlich den 6 Prozent in der Kontrollgruppe nach zehn Jahren eine Abnahme von immerhin 3,5 Prozent gegenüber. Der Vorteil der Interventionsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe war also mit 2,5 Prozentpunkten enttäuschend überschaubar, obwohl man eine Menge Zeit und Mühe in die engmaschige Betreuung investiert hatte, die die Kontrollgruppe nicht bekommen hatte.

Es fragt sich also, was genau gleichzeitig sowohl in der Interventions- als auch in der Kontrollgruppe zu einer nunmehr stetigen Abwärtsbewegung beim Gewicht geführt haben mag. Die aktuelle Studie lieferte mir implizit dafür eine mögliche Erklärung, denn in ihr wurde erwähnt, daß sich fast 5 Prozent der Studienteilnehmer, nämlich 254 Personen, im Studienzeitraum einer chirurgischen Magenverkleinerung unterzogen hätten, weshalb ihre Daten nicht mitberücksichtigt werden konnten. Zusammen mit weiteren Ausschlüssen aus anderen Gründen blieben am Ende 4488 Teilnehmer übrig, deren Daten in die Ergebnisse einfließen konnten. 

Das scheint mir eine sehr einleuchtende Erklärung dafür, warum der Gewichtsverlauf in der Grafik so ausgefallen ist. Denn gerade im Zeitraum noch 2001 gelangte die bariatische Chirurgie in den USA in Mode: 

Ich entnahm der Studie von 2013 außerdem, daß - anders als in der neuen Auswertung - Patienten, die sich bariatrischer Chirurgie unterzogen hatten, nicht ausgeschlossen worden waren. Damit ist zu vermuten, daß analog zum Abheben der Zahl der Eingriffe in den USA insgesamt ab etwa 2003 auch die Zahl der Eingriffe unter Teilnehmern der Studie in beiden Gruppen jedes Jahr häufiger wurde. Für den parallelen Verlauf der Gewichtsentwicklung nach unten in beiden Gruppen ab Jahr 5 scheint mir das die plausibelste Erklärung. 

So oder so, 18 Prozent auch nur vorübergehende Remissionen sind kein Anlaß zum Feiern, und die dauerhaften Remissionen waren genauso selten wie dauerhaft erfolgreiche Gewichtsabnahmen über längere Zeiträume.

Definiert war "Remission" bei Look AHEAD wie folgt:  

We defined remission of diabetes as a transition from meeting diabetes criteria to a prediabetes level (HbA1c <48 mmol/mol, or 6.5%) with no use of glucose-lowering medications at each particular visit
Legt man diese Definition zugrunde, lag der Anteil der Patienten in kontinuierlicher Remission bei Virta mit um die 20 % noch nach fünf Jahren höher als der Gesamtanteil auch vorübergehender Remissionen bei Look AHEAD. Speziell nach Jahr 1, dem Zeitpunkt, zu dem in beiden Studien der Anteil der Remissionen am höchsten war, standen 11 % Remissionen bei Look AHEAD mehr als doppelt so viele bei Virta gegenüber:

  Of those in the CCI with HbA1c reported at 1 year, 72% (147/204) achieved HbA1c below 48 mmol mol−1 (6.5%) and 60.3% (123/204) of participants achieved HbA1c below 48 mmol mol−1 (< 6.5%) while taking no diabetes medication or only metformin. Of those in the CCI with HbA1c below 48 mmol mol−1 (< 6.5%) at 1 year, 42.3% (52/123) were prescribed no diabetes medication and 57.7% (71/123) were prescribed metformin only.

Also, 60 Prozent aller Teilnehmer hatten einen HbA1c unter 48 mmol, davon 42 Prozent ohne irgendwelche Medikamente. Mir fehlt gerade die Geduld, daraus den Gesamtanteil, den die 42 von 60 Prozent ausmachen, auszurechnen. Aber 50 Prozent wären 30 Prozent von allen Teilnehmern, also liegt der korrekte Wert irgendwo zwischen 20 und 30 Prozent.

Was auch immer man vom seltsamen Gebaren bei Virta wegen der Fünf-Jahres-Ergebnisse halten mag: Diese Art von Erfolg hat man dort deutlich übertroffen, und zwar, obwohl der durchschnittliche Ausgangs-BMI bei Virta mit 40,43 erheblich höher war als der bei Look AHEAD (35,9) und die Diabeteserkrankung im Durchschnitt mehrere Jahre länger bestanden hatte (8,4 Jahre vs. 5 Jahre). Auch daran gemessen war Virta viel erfolgreicher als Look AHEAD, denn eines der Teilergebnisse bei der aktuellen Look-AHEAD-Auswertung lautete, daß eine kürzere Dauer der Diabeteserkrankung eher auf einen Erfolg der Behandlung hoffen ließ. Diese Studie umfaßte also insgesamt Patienten mit erheblich besseren Erfolgsaussichten, erreichte aber viel weniger bei ihnen als Virta bei seinen Patienten mit eigentlich schlechteren Aussichten.

Erst nachdem ich bereits erwähnt hatte, daß mich die Schönfärberei an Rena R. Wing erinnerte, bin ich auf die Idee zu kommen, mir mal anzuschauen, wer die Autoren dieser Studie waren. Es zeigte sich, daß Rena R. Wing tatsächlich zu den Autoren dieser Studie gehört. Das erklärt natürlich einiges.

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Kürzlich habe erwähnt, daß ich eine Veranstaltung besucht habe, in der es um Solaranlagen auf Mehrfamilienhäusern im Eigentum von Wohnungseigentümergemeinschaften ging, weil mich interessierte, welche Möglichkeiten es da für uns gibt. Die Sache ist, was unser Haus betrifft, nun leider gestorben. Das Gebäudeenergiegesetz enthält nämlich bezüglich WEGs eine Reihe unklarer Punkte, von denen im Moment noch niemand sicher sagen kann, wie sie sich genau auf uns auswirken würden, falls eine einzelne irreparabel defekte Gastherme eines Miteigentümers uns als Gemeinschaft, wie das Gesetz das vorsieht, zum Handeln verpflichten würde. Auch die Hausverwaltung ist einstweilen noch ratlos. Wir können nur hoffen, daß es ausreichend lange dauert, bis dieser Fall bei uns im Haus eintritt, und die Gerichte diese interpretationsfähigen Punkte bis dahin geklärt haben. Bis dahin halten wir unser Geld lieber noch zusammen, und das bedeutet, wir können nicht ausgerechnet jetzt auch noch anfangen, Solaranlagen zu kaufen.


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