Mein Gewicht heute früh nach zwei von vier Fastentagen: 91,7 Kilogramm. Noch 800 Gramm über meinem letzten Niedrigstgewicht, und 1,8 Kilogramm von meinem Ziel der Woche, nämlich einer Zahl, die mit einer 8 beginnt, entfernt. In zwei Fastentagen sollte das Ziel eigentlich auch erreichbar sein (zweimal 900 Gramm Abnahme hatte ich so gut wie immer), aber es wird vielleicht doch ein wenig knapper als gedacht. Oder schlägt ausgerechnet diesmal Murphys Gesetz zu und ich muß doch noch zum Äußersten schreiten und noch einen Fastentag anhängen?
Eigentlich wollte ich ja in diesem Blogbeitrag ein paar Worte über Benjamin Bikman und sein Buch "Warum wir krank werden" schreiben, aber das muß ich bis zum nächsten Mal verschieben, mir fehlt die Zeit, einen ausreichend langen Anlauf zu nehmen.
Dafür bin ich erneut mit dem Thema Adipositaschirurgie konfroniertiert worden. Im Stuttgarter Karl-Olga-Krankenhaus ist der zuständige Chirurg ein gewisser Dr. Matthias Raggi. Das Interessante an ihm ist, daß er selbst ein ganz schöner Brocken ist - und zwar, wie ich beim Bildervergleich über Google feststellte - einst und jetzt -, hat er den Löwenanteil seines Übergewichts im Lauf der letzten ca. 6 Jahre zugelegt.
Die Zunahme ist dem Augenschein nach ganz beträchtlich. Ich frage mich gerade, welchen BMI dieser Mann wohl haben mag (mein Tip: um die 40) und wie seine Blutwerte aussehen. Ich würde auch wahnsinnig gerne wissen, wie Dr. Raggi mit dieser Entwicklung umgeht, die ihn ja kaum kaltlassen kann. Hat er Diäten ausprobiert? Und ob er insgeheim in Erwägung zieht, am eigenen Leib das umzusetzen, was er bei seinen Patienten macht? Und wenn nicht, warum nicht?
Was ein Arzt macht, wenn er - innerhalb seines eigenen Spezialgebiets - selbst krank wird, ist ja immerhin ein wichtiger Hinweis darauf, was von seinen Therapieempfehlungen für seine Patienten zu halten ist. Sollte er selbst etwas anderes machen, wenn es um sich selbst geht, dann würde ich von seinen Behandlungen vorsichtshalber die Finger lassen.
Mich beschäftigt diese Sache, weil ich sie zwiespältig sehe. Ein Adipositasmediziner, der selbst so starkes Übergewicht hat, bietet einem als Patienten ja einerseits die Gewißheit, daß er weiß, wovon er spricht, wenn es um Adipositas geht. Das wäre mir eigentlich lieber als so eine lebenslanger Hungerhaken, der von dem, was mich belastet, spricht wie ein Blinder von der Farbe. Aber Dr. Raggis starkes Übergewicht ist bezüglich seiner Therapien natürlich nicht gerade vertrauenerweckend. Beide Voraussetzungen erfüllen könnte ein Arzt, der vor Jahren sein Übergewicht erfolgreich bekämpft hat und seitdem normalgewichtig ist.
Da Dr. Raggi seine Brötchen damit verdient, anderen Übergewichtigen den Magen zu verstümmeln, wüßte ich, wenn er sich ebenfalls zu so einer OP entschließen würde, zumindest das eine, nämlich daß er selbst dieser Art von Operation vertraut und keine bessere Lösung weiß. Wahrscheinlich wäre es dann aber besser für ihn, er würde auf mich stoßen und es zuvor erst noch mit meiner Methode probieren.
Auf Dr. Raggi stieß ich zunächst hier. Mir fiel an diesem Interview unangenehm auf - das ansonsten ganz konventionell war, eben ein typisches Interview mit einem Adipositaschirurgen -, daß die Interviewerin zu höflich war, um ihn auf sein Körpergewicht anzusprechen, und er genausowenig aus eigenem Antrieb darüber sprach. Eigentlich würde ich so etwas nämlich schon erwarten, wenn jemand selbst bereits sichtlich zur Zielgruppe seiner eigenen Operationen zählt. Gut, als "Normalzuschauer" kann man nicht wissen, daß diese Gewichtszunahme dem Herrn Doktor erst im Laufe der wenigen letzten Jahre zugestoßen sein muß, aber da ich es weiß, nehme ich an, daß dieses sichtbare Zeichen nicht der einzige Hinweis auf einen entgleisenden Stoffwechsel ist. Es wäre seltsam, wenn ihn dies nicht beunruhigen würde. Und noch seltsamer fände ich es, wenn er sich bei solchen Interviews nicht ein bißchen komisch vorkäme.
Ich würde schon gerne wissen, worauf er selbst sein Übergewicht zurückführt und warum ihm dieses Wissen nicht geholfen hat, es zu verhindern, und es ärgert mich, daß niemand ihn danach gefragt hat. Das alles müßte man ja nicht in aggressiv-polemischer Weise vorbringen, sondern könnte es nach allen Gesetzen der Höflichkeit tun. Außerdem sollte es Dr. Raggi doch eigentlich klar sein, daß die Leute, denen er gegenübertritt, Augen im Kopf haben. Sein Übergewicht ist sichtbar und wirft Fragen auf, die sich offenbar niemand zu stellen traut.
Was mir dazu außerdem noch einfiel: Ich finde es immer wieder eigenartig, daß das (starke) Übergewicht von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, insbesondere in der Politik, in der Regel immer erst dann zu einem Medienthema wird, wenn sie gerade einen Abnahmeerfolg verzeichnet haben. Berichte über Sigmar Gabriels Magenverkleinerung oder Angela Merkels Diät gab es zum Beispiel massenhaft.
Inzwischen dürfte Frau Merkel mehr wiegen als vor ihrer damals, 2014, so enthusiastisch bejubelten Diät, aber ich kann mich nicht erinnern, darüber jemals wieder etwas gelesen zu haben. Ich frage mich wirklich, was sie selbst darüber denkt. Theoretisch sollte sie als Naturwissenschaftlerin stutzig werden, wenn die Sache mit dem Abnehmen in der Realität gar nicht so abläuft, wie es der Theorie nach sein müßte. Vielleicht hat sie die Auseinandersetzung damit ja auf den Ruhestand verschoben. Vielleicht glaubt sie aber auch - wie das schon so vielen eigentlich gescheiten Leuten erfolgreich weisgemacht worden ist -, ihre Wiederzunahme wäre ihre eigene Schuld gewesen, und hat sich vor allem vorgenommen, es nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt noch einmal in aller Ruhe von vorne anzufangen mit dem Diäthalten.
Eigenartig ist es schon, nach "Merkel Diät" zu googeln und im Jahre 2021 immer noch all diese begeisterten Jubelberichte von 2014 zu lesen, aber keine Silbe darüber, daß ihr im Anschluß an ihren Erfolg genau dasselbe passiert ist wie fast allen Abnehmenden. Ich finde das sogar geradezu verstörend. Es ist, als wäre das Wieder-dick-Werden ein schmutziges Geheimnis, obwohl es doch jeder sehen kann, der Augen im Kopf hat.
Was ich außerdem noch vermisse, sind Berichte über diejenigen, die seit vielen Jahren mit extremem Übergewicht herumlaufen und entweder nichts dagegen zu tun versuchen oder dabei erfolglos sind. Aus der Politik fällt mir dazu Peter Altmaier ein, ebenso Helge Braun. Ebenso der Stiko-Vorsitzende Mertens. Mertens ist ebenso wie Raggi Mediziner, sollte also auch das nötige Bewußtsein haben und hätte dazu noch ein Vorbildfunktion. Aber Adipositas bei wichtigen Personen ist wie der sprichwörtliche Elefant im Raum; es wird so getan, als gäbe es da nichts zu sehen.
Mein eigener Hausarzt kämpft nach eigener Aussage schon seit Jahren mit seinem Gewicht. Als ich das letzte Mal bei ihm war (Herbst 2019), hätte ich ihm das nicht angesehen, aber ich weiß nicht, wie es heute wäre; die Methode seiner Wahl ist Sport, aber immerhin legt er einen Fastentag pro Woche ein, ist aber fest davon überzeugt, daß es die dabei eingesparten Kalorien sind, auf die es ankäme. Ob ein Fastentag die Woche stoffwechseltechnisch alleine ausreicht, falls er sonst "normal" ißt, bin ich mir aber nicht sicher. Und ich glaube, Normalgewicht hatte er auch vor zwei Jahren nicht. Er sagte nämlich zu mir: "Leute wie Sie und ich kommen niemals wieder auf Normalgewicht." Ich habe ihm daraufhin versprochen, ihm, was meine Person betrifft, das Gegenteil zu beweisen. Auch wenn mein Zielgewicht leicht über der Grenze zum Normalgewicht liegt, sollte eine Abnahme von mehr als 70 Kilogramm ja wohl überzeugend genug sein.
Ich habe meinem Arzt bei meinem letzten Besuch ja noch das Buch "Die Schlankformel" von Dr. Fung geschenkt, aber sofort gesehen, wie bei ihm die Klappe runtergegangen ist, auch wenn er eine höflich-diplomatische Antwort gab. Das wirkte auf ihn wohl so, als wäre ich ihm mit Dr. Rath oder einem vergleichbaren Scharlatan gekommen. Schade, aber im Grunde kann ich ihn verstehen. Ich hätte doch lieber die englische Ausgabe kaufen sollen; die deutsche Ausgabe wirkt so - nun ja, unseriös. Alleine schon der Titel! Vermutlich war mein Geschenk rausgeschmissenes Geld, er wird es nicht gelesen und wenn ich richtiges Pech habe, nicht einmal aufgehoben, sondern sofort an Oxfam gespendet haben. Dabei war das als Ausdruck meiner Wertschätzung gedacht. Das hat er bestimmt auch verstanden, deshalb antwortete er ja diplomatisch. Er hielt aber erkennbar nicht viel von meinem Urteilsvermögen in dieser Frage.
Genau deshalb will ich ihn auch spätestens bei Erreichen meines Zielgewichts wieder aufsuchen. Falls ich krank werden sollte, natürlich schon früher, aber in den letzten zwei Jahren hatte ich dafür ja nie einen Grund, also kann ich unter Umständen durchaus noch zwei weitere Jahre lang keinen Grund haben. Sobald ich bei 73,5 Kilogramm angekommen bin, gehe ich aber auch einmal grundlos zu ihm, um ihm das Ergebnis meiner Strategie nach Dr. Fung zu präsentieren. Vielleicht ärgert er sich dann, das Buch verschenkt zu haben.
Außerdem werde ich ihm dann eine Tafel Schokolade mitbringen. Ich weiß, daß er eine Schublade voller Schokoladentafeln hat; er hat es mir verraten. Ich gönne ihm sein Laster. Und wenn er es richtig anfängt, wird er davon ja auch nicht zunehmen. 😎
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