Mein Gewicht heute früh zu Beginn des langen Fastenintervalls: 95,1 Kilogramm - immerhin 1,4 Kilogramm weniger als vor den letzten langen Fastenintervall. Das sieht ein weiteres Mal sehr vielversprechend aus. Höchstwahrscheinlich werde ich schon am Freitagmorgen unter 90 Kilogramm liegen. Das ist auch deshalb erfreulich, weil ich nächsten Samstag - sofern er stattfindet und das Wetter mitspielt - wieder auf den Flohmarkt möchte. Direkt nach einem langen Fastenintervall kann es aber riskant werden, kein Klo in der Nähe zu haben. ;-)
Am Freitag werde ich also höchstwahrscheinlich nicht mehr fasten müssen und damit meinen ersten Low-Carb-Tag zelebrieren können, den ich wohl damit beginne, ein Low-Carb-Brot zu backen, denn ich bin rasend neugierig, ob mir die Rezeptur mit den Kartoffelfasern gelingt und ob sie auch schmecken wird. Aber natürlich gibt es dennoch fürs Fastenbrechen meine traditionellen Quarkpfannkuchen mit Salat. Bis das Brot fertig ist, dauert es ja ein Weilchen. Das werde ich dann zum Abendessen anschneiden.
Da wir an Flohmarkttagen immer auswärts essen gehen, wird der Samstag, falls das Wetter flohmarkttauglich ist, etwas kniffeliger, aber vielleicht ja auch eine gute Übung. Wir peilen ein bosnisches Restaurant an, das ich schon länger mal besuchen wollte, weil ich schon seit einer halben Ewigkeit nicht mehr jugoslawisch gegessen habe - irgendwie werden diese Lokale immer seltener. Fleisch nur mit Gemüsebeilage wird sicherlich ein wenig Verwunderung hervorrufen, aber genau das habe ich vor, und da es sich bei der bosnischen um eine ziemlich fleischlastige Küche handelt, sollte es kein unlösbares Problem sein. Und statt wie sonst Bier bestelle ich Weinschorle, das ist ja auch etwas Gutes und ich trinke es im Grunde viel zu selten, obwohl ich es gerne mag, weil ich halt von Haus aus und mehr oder weniger aus Gewohnheit eher ein Biertrinker bin.
Fürs Protokoll auch meine ungefähre durchschnittliche Kalorienzufuhr in den letzten 22 Tagen, von denen 8 Fastentage mit einer Zufuhr von null Kalorien gewesen sind: 1800 Kalorien. Mittlerweile kann ich sicher sagen, daß meine Kalorienzufuhr an einem typischen Eßtag um die 3000 Kalorien liegt. Es gab ein paar Ausreißer nach unten (teils krankheitsbedingt) auf weniger als 2000 Kalorien - einmal waren es sogar unter 1600 Kalorien, was mich einigermaßen überrascht hat - und einen nach oben auf ca. 4000 Kalorien am Tag nach meinem letzten langen Fastenintervall; der Durchschnitt bei allen Eßtagen lag bei zwischen 2800 und 2900 Kalorien.
Die Annahme, daß eine so hohe Kalorienzahl mit einem hohen Fettkonsum einhergeht, kann ich bestätigen, denn ich dosiere das Olivenöl großzügig und die Butter auch.
Vermutlich wird mein Low-Carb-Experiment die durchschnittliche Kalorienzufuhr eher erhöhen, aber das nur fürs Protokoll, weil ich es nicht für maßgeblich halte. Viel mehr interessiert mich die Entwicklung beim Konsum der Makronährstoffe.
Aktuell nehme ich an Eßtagen im Durchschnitt 230 Gramm Kohlenhydrate zu mir. Je nach Low-Carb-Modell werden unterschiedliche Mengen als Limit angegeben, die bis zu 150 Gramm ausmachen können. Rechne ich nicht nur die Eßtage, sondern auch die Fastentage mit, liege ich interessanterweise schon jetzt bei dieser Obergrenze der lässigsten Low-Carb-Varianten. Das sollte es eigentlich sehr leicht möglich machen, die Kohlenhydrate - Fastentage mitgerechnet - auf unter 50 Gramm zu reduzieren, der Maximalwert für die Low-Carb-Varianten der ketogenen Ernährung, die aber teils durchaus auch noch weniger Kohlenhydrate verlangen können.
Für den Anfang werde ich aber tatsächlich mal ausprobieren, ob ich auch an Eßtagen ohne anstrengende Klimmzüge unter 50 Gramm Kohlenhydrate kommen kann. Ich lege nämlich Wert darauf, daß mir das Ausprobieren dieser Ernährungsweise und der von mir gesammelten Rezepte auch Spaß macht. Mich in entsagender Verzichtleistung zu üben, fange ich gar nicht erst an. Fall ich also anfange, jede Nacht im Traum Mehl, Brot und Nudeln zu verspeisen, war ich zu radikal und werde höchstwahrscheinlich etwas zurückrudern. ;-)
Jason Fung: The Cancer-Code (dt. Fassung: "Krebs verstehen, bekämpfen, heilen")
Ich bin mir Dr. Fungs Buch zum Thema Krebs jetzt durch und möchte meine Erkenntnisse aus der Lektüre kurz zusammenfassen - wobei sie in etwa dem entsprachen, was ich mir vorher vage vorgestellt hatte. Aber im Detail bin ich wirklich schlauer geworden.
Dr. Fungs Theorie baut einerseits auf den bislang bestehenden Krebstheorien auf, andererseits aber auch auf seiner Diabetes-Theorie, entwickelt beides weiter und diskutiert bestehende und mögliche neue Behandlungsansätze auf Basis dieser Annahmen.
Diese Theorie fußt auf einer interessanten Annahme. Krebszellen entstehen ja aus unseren normalen Körperzellen. Fung vermutet, daß Krebszellen eine Art evolutionären Rückschritt darstellen, der auf Ebene der jeweils einzelnen Körperzelle vollzogen wird, und zwar dann, wenn sie zu stark beschädigt ist, um sich wieder zu einer normal funktionierenden, auf ihre jeweilige Funktion spezialisierten Zelle zu regenieren, aber dann doch wieder nicht so stark, daß sie sofort abstirbt. Es handelt sich um eine Art Notprogramm der Zelle, um zu überleben. Dabei greift die Zelle auf ihr evolutionär ältestes Programm zurück, das noch aus Einzeller-Zeiten stammt und unter normalen Umständen durch eine Reihe von neueren, spezifischeren Programmen überlagert wird.
Krebszellen verhalten sich, so Dr. Fung, nämlich in vieler Hinsicht wie Einzeller, die ja vor Jahrmilliarden einmal der Ursprung des Lebens gewesen sind. Einzeller haben keinen Vorteil davon, sich kooperativ zu verhalten, wie es das Überlebensprogramm eines mehrzelligen und arbeitsteilig organisierten Organismus zwingend erforderlich macht. Ihr Erfolgsprogramm lautet vielmehr, so viel zu wachsen und sich zu vermehren wie möglich, ohne Rücksicht auf andere und notfalls über deren Leichen.
Die Verwandlung einer beschädigten Zelle in eine Krebszelle hat also ungefähr denselben Effekt, wie wenn ein bislang braver Staatsbürger anfängt, Amok zu laufen.
Krebs ist in gewisser Weise ein Erfolgsprogramm, denn Krebs gibt es schon, seit es mehrzellige Wesen gibt, die Evolution hat also offenbar für keinen Organismus ein Mittel gefunden, um Krebs zu verhindern. Andererseits trägt dieser Erfolg aber von vornherein den Keim des Scheiterns in sich. Denn auch der erfolgreichste Krebs stirbt mit dem Tod seines Wirts. Ansteckend ist Krebs nämlich nicht, das heißt, er hat keine Möglichkeit, auf einen neuen Wirt überzugehen. Je schneller der Krebs erfolgreich ist, desto näher also auch sein eigenes Ende.
Krebs könnte man deshalb fast schon als Parabel auf gewisse neoliberale Dogmen sehen, in denen - wie für die Krebszelle - jeder sich selbst der Nächste ist und auch sein muß. Aber, und das gibt in der Analogie sogar noch mehr zu denken: Keine Zelle verwandelt sich einfach nur aus einer Laune heraus in eine Krebszelle. Vorausgegangen ist immer eine Notfallsituation, in der diese Verwandlung die einzige Alternative zum Zelltod darstellt. So betrachtet, fallen mir dazu auch die Zombie- und Vampirmythen ein. Und ist es nicht eigenartig, daß ausgerechnet Vampire in den letzten ca. zwanzig Jahren so in Mode gekommen sind und unzählige Bücher, von Anne Rice aufwärts, im Leser Sympathien für sie zu erwecken versuchen und sie als romantische Gestalten darstellen?
Für Krebszellen Mitgefühl und Sympathie zu empfinden, fände ich dann aber doch übertrieben. Aber zu verstehen, was sie sind und warum sie sich so verhalten, wie sie es tun, ist trotzdem sinnvoll und nützlich.
Die Zellen höher entwickelter Lebewesen enthalten, wie weiter oben erwähnt, Programme zur Kooperation mit den anderen, ebenfalls spezialisierten Zellen des Organismus, damit alle ihre jeweiligen Aufgaben erfüllen können, und sie folgen in Fragen von Wachstum und Vermehrung dem Bedarf des Gesamtorganismus. Das wird sehr präzise gesteuert, anders könnte ein mehrzelliger Organismus ja auch gar nicht existieren. Wachstum findet statt, wann und wo es vorgesehen ist.
Neben dem Wachstum in der Kindheit, die spontan jedem als Erstes einfällt, gilt das beispielsweise auch bei der Wundheilung. Als ich mir neulich das Knie aufgeschlagen habe, war meine komplette rechte Kniescheibe aufgeschürft und blutete. Mittlerweile ist es fast komplett abgeheilt und von neuer Haut bedeckt, nur ein kleines Stückchen ist immer noch verschorft; die Stelle, an der mir der Schorf mehrmals sehr hartnäckig bei jedem Wechsel des Verbands noch einmal aufgebrochen ist und deshalb wieder eine, wenn auch immer kleiner werdende, nässende Wunde entstand. Aber auch hier ist es jetzt endlich abgeheilt. Dafür verantwortlich ist ein Wundheilungsprogramm, das genau so lange funkelnagelneue Zellen herstellt, bis mein Knie wieder normale Haut aufweist. Sobald diese Aufgabe erfüllt ist, hört die Produktion neuer zusätzlicher Zellen auf. Davon unabhängig ist natürlich die Produktion von neuen Zellen, die dazu gedacht sind, alte Zellen nach ihrem Zelltod zu ersetzen, die regelmäßig nach einem festen Plan stattfindet. Beides ist eine verblüffende Kooperationsleistung.
Einzeller profitieren aber, wie ebenfalls schon erwähnt, nicht von Kooperation, sondern vielmehr von möglichst aggressiver Expansion, von möglichst hohem Wachstum und möglichst höher Vermehrung. Genau von dem also, was Krebszellen tatsächlich tun. Das ist einer der beiden Gründe, warum ich Dr. Fungs Theorie für in höchstem Maße plausibel halte. Auf den zweiten der aus meiner Sicht besonders überzeugenden Gründe komme ich später noch zu sprechen.
Hat vielleicht jeder von uns die ganze Zeit Krebs?
Nur, weil bei jemandem noch keine Krebserkrankung diagnostiziert worden ist, bedeutet das noch lange nicht, daß es in seinem Körper zu diesem Zeitpunkt bislang keine Krebszellen gibt. Aller Wahrscheinlichkeit gibt es sie nämlich zu jedem beliebigen Zeitpunkt längst haufenweise. Nur, die meisten dieser Krebszellen überleben nicht lange genug, um irgendwelchen Schaden anzurichten. Die überwältigende Mehrheit der neu entstandenen Krebszellen wird vom der körpereigenen Immunsystem - das darauf programmiert ist und nicht lange fackelt - umgehend vernichtet. Eine Krebserkrankung entsteht erst, wenn dies dem Immunsystem nicht mehr vollständig gelingt. Sei es, weil das Immunsystem - dauerhaft oder vorübergehend - nicht richtig funktioniert, oder sei es, weil die Zahl der neu entstehenden Krebszellen so übermäßig hoch ist, daß ihre Vernichtung vom eigentlich intakten Immunsystem nicht mehr bewältigt wird.
Als dritte Möglichkeit plädiere ich außerdem dafür, auch dem Faktor "Pech" eine gewisse Rolle zuzugestehen, denn je älter ich werde, desto überzeugter bin ich davon, daß der glückliche und der unglückliche Zufall die beiden meistunterschätzten Faktoren der Weltgeschichte sind - und falls das so wäre, was spräche dann dagegen, dies auch für Gesundheit und Krankheit anzunehmen? "Pech" im Falle von Krebs meine ich in dem Sinne, daß ein unglücklicher Zufall verschiedene Faktoren zu einem bestimmten Zeitpunkt zusammentreffen läßt, die den Krebszellen im falschen Moment - vielleicht nur für kurze Zeit - die nötigen Rahmenbedingungen bietet, unter denen sie einen Tumor bilden und somit quasi das nächste Level mit höheren Überlebenschancen erreicht und nun auf den nächsten günstigen Moment warten können, der ihnen weitere Entwicklungsmöglichkeiten bietet.
Daß Krebs eine ausgesprochene Alterskrankheit ist, also sehr selten Kinder und junge Erwachsene unter einem Alter von 40 Jahren erkranken, läßt Dr. Fung annehmen, daß die Zellschädigungen sich im Lauf der Zeit immer stärker anhäufen, bis sie irgendwann zu viele für das Immunsystem werden. Das klingt für mich durchaus plausibel, allerdings habe ich eine zweite Möglichkeit bei ihm vermißt, die entweder stattdessen oder zusätzlich dazu auftreten können sollte: Den Alterungsprozeß selbst als Verursacher der Zellschädigungen.
Es ist ja schließlich nicht so, daß der Alterungsprozeß nicht in zahlreichen physischen Veränderungen beobachtet werden könnte, von den grau werdenden Haaren über die Falten, Altersweitsichtigkeit und alles mögliche mehr. All dies zeigt ja deutlich, daß die Prozesse auf Zellebene in zunehmendem Altern in immer mehr Bereichen nicht mehr so funktionieren wie in jungen Jahren. Genausogut könnte es meiner Meinung also auch sein, daß unabhängig von äußeren Einflüssen die Zellteilung im Körper immer häufiger irgendwelche potentiell in Krebs umschlagbaren Kopierfehler enthält.
An der typischen Altersverteilung von Krebserkrankungen ließe sich dann wohl auch ablesen, ab welchem Alter wir auf Zellebene physisch anfangen nachzulassen.
Krebszellen, die sich irgendwo im Körper zu einer Gruppen zusammenhängender Zellen zusammengefunden haben, also einen - zunächst noch sehr kleinen - Tumor gebildet haben, entwickeln bessere Mittel als einzelne Krebszellen, um sich gegen die Attacken des Immunsystems zur Wehr zu setzen: Ihr spezifischer Stoffwechsel, der sich von dem normaler Körperzellen unterscheidet schwächt die Abwehrmechanismen des Immunsystems durch die Erzeugung von Milchsäure und verbessert dadurch gleichzeitig auch die eigenen Wachstumschancen.
Dieser spezifische Stoffwechsel ist der zweite Grund, warum mir Dr. Fungs Annahme so plausibel vorkommt, daß Krebszellen einen evolutionären Rückschritt in uralten Zeiten darstellen. Denn anders als unsere normalen Körperzellen läuft dieser Stoffwechsel komplett ohne die Mitverwendung von Sauerstoff ab, rein auf Glukosebasis, obwohl dies um einiges ineffizienter ist. Das spricht meiner Meinung nach dafür, daß es sich um eine sehr alte Stoffwechselvariante handelt, denn zur Zeit der Entstehung des Lebens gab es ja praktisch noch keinen Sauerstoff, also konnte er zu jener Zeit auch noch nicht in den Stoffwechsel eingebaut werden.
Auch eine durch das saure Milieu geschwächte Immunabwehr ist aber immer noch verflixt gut in der Erfüllung ihrer Aufgaben. Jede Krebszellen erzeugt alle ein bis zwei Tage eine neue Zelle. Eigentlich müßte ein Tumor also seine Größe innerhalb dieses Zeitraums verdoppeln können. In Wirklichkeit beträgt die Verdoppelungszeit von Tumoren aber 60 bis 200 Tage, also ist es nicht so, daß das Immunsystem bei einem bereits so großer Tumor, daß er entdeckt werden konnte, längst aufgegeben hätte.
Die Chancen, einen Tumor nach seiner Entdeckung, wenn er eine entsprechende Größe erreicht hat, restlos zu beseitigen und den Patienten damit zu heilen, würden mit den heutigen Mitteln eigentlich gar nicht so schlecht stehen, wenn es nur bei ihm alleine bleiben würde. Was Krebserkrankungen so tödlich macht, sind die Metastasen, also die Ausbreitung der Krebszellen in andere Regionen des Körpers, wo sie dann Tochter-Tumoren bilden. Es ist noch eine ziemlich neue Erkenntnis, daß diese Metastasen sich keineswegs erst in einem relativ späten Krebsstadium bilden, wie das früher angenommen wurde, sondern vielmehr schon von sehr kleinen, noch nicht bei Untersuchungen nachweisbaren Tumoren ständig Expeditionen von Schwärmen von Krebszellen aufbrechen ins Unbekannte, um sich an anderer Stelle im Körper anzusiedeln. Es gibt sogar Krebserkrankungen, bei denen die Primärtumore gar nicht mehr existieren, also vom Immunsystem besiegt worden sind, aber die Metastasen sich so weit entwickeln konnten, daß sie eine Krebserkrankung auslösten.
Dieses frühe "Ausschwärmen" von Krebszellen auf der Suche nach anderen geeigneten Ansiedlungsorten ist es auch, warum auch eine rückstandsfreie operative Beseitigung des ursprünglichen Tumors meistens keine Heilung bringt. Chemotherapien und Bestrahlungen wiederum sind zwar für Krebszellen schädlicher als andere Zellen, aber da jedes solche Behandlung das Immunsystem schwächt, werden die Überlebenden unter den an anderen Stellen lauernde Kolonien von Krebszellen unter Umständen gerade dadurch begünstigt und es kommt nach einiger Zeit zu einem Rückfall.
Bei der Diagnose und Therapie kann man, wie man sieht, ebenso leicht zu viel machen wie zu wenig, und bei vielen Krebs-Varianten sind die Prognosen schlecht bis sehr schlecht, egal, wofür oder wogegen man sich entscheidet. Die zugehörigen Abwägungen sind aber natürlich extrem schwierig, also ist das ausnahmsweise von mir diesmal nicht als ein Vorwurf an die Medizin gemeint.
Was aber nun tun, um einer Krebserkrankung nach Möglichkeit von vornherein zu entgehen?
Es gibt drei verschiedene Arten von Krebsursachen. Die erste besteht in einer Reihe möglicher genetischen Veranlagungen, die aus unterschiedlichsten Gründen das Risiko auf bestimmte Arten von Krebserkrankungen erhöhen. Gegen sie kann man nicht viel machen. Die Schauspielerin Angelina Jolie machte vor einigen Jahren Schlagzeilen, als sie wegen eines genetisch erhöhten Risikos auf Brustkrebs beide Brüste entfernen ließ; radikale Lösungen dieser Art lassen sich für manche genetischen Risiken notfalls noch finden, die aber wohl den meisten Leuten doch zu abschreckend sind.
Die zweite Art von Ursachen sind Zellschädigungen, die von außen kommen und von denen man eine ganze Reihe gezielt unterbinden kann. Rauchen ist der bekannteste unter diesen Faktoren. Generell hat es den Anschein, daß chronische Entzündungsprozesse eines relativ niedrigen Levels eine bedeutende Rolle spielen (und Rauchen vor allem in der Lunge solche Entzündungsprozesse bewirkt). Bekannt sind auch chronische Entzündungen durch bakterielle Infektionen wie Helicobacter pylori (häufigster Auslöser von Magenkrebs) sowie virale Infektionen wie etwa den HPV-Virus (häufigster Auslöser von Gebärmutterhalskrebs). Vermutlich spielt Parodontose ebenfalls eine Rolle, aber weil sie keiner spezifischen Krebsart zugeordnet werden kann, wird sie seltener erwähnt. Regelmäßige professionelle Zahnreinigung könnte aber durchaus das Krebsrisiko verringern. Auch Adipositas bzw. Insulinresistenz können auf dieser Ebene eine Rolle spielen; die Entzündungsprozesse, die dem Fettgewebe zugeordnet werden, vor allem dem Viszeralfett, setze ich als bekannt voraus.
So könnte man theoretisch eine Liste von Kanzerogenen machen und versuchen, im Alltag einen Slalom um jede dieser Substanzen herum zu machen, um mit ihnen möglichst gar nicht oder wenigstens so wenig wie möglich in Kontakt zu kommen. Ehrlicherweise muß dann aber dazugesagt werden, daß es zwar möglich ist, viele der besonders auffallend in Erscheinung tretende Risikofaktoren zu vermeiden und damit weniger neue Krebszellen erwarten zu können, aber man dennoch tagtäglich weiter mit einer Unzahl weiterer Kanzerogene in Kontakt kommen wird, ohne dies verhindern zu können, und ebensowenig läßt sich verhindern, daß durch diese Faktoren und/oder vermutlich auch schlichte Kopierfehler bei der Zellerneuerung Krebszellen entstehen. Und dies mit zunehmendem Lebensalter in zunehmender Häufigkeit.
Eine Krebserkrankung kann deshalb auch diejenigen treffen, die alles richtig machen. Krebs kann umgekehrt diejenigen verschonen, die alles falsch machen. In der Statistik sieht es ja immer so eindeutig aus, wem welche Sache voraussichtlich passieren wird und wem eher nicht. Riskokalkulationen sind aber immer so eine Sache. Ich bin einmal trotz Spirale und ein weiteres Mal nach einer Sterilisation schwanger geworden; den Unterschied zwischen einem geringen Risiko und absoluter Sicherheit habe ich auf diese Weise am eigenen Leib erfahren. Mein Verhältnis zu statistischen Wahrscheinlichkeiten hat sich davon nie wieder erholt.
Aber die Möglichkeit, es als Präventionsmaßnahme aus einer anderen Richtung, den Krebszellen im eigenen Körper so ungemütlich wie möglich zu machen, finde ich natürlich eine interessante Sache. Das gilt nicht zuletzt deshalb, weil das, was zu tun empfohlen wird, etwas ist, das ich schon längst regelmäßig mache.
In meinem letzten oder vorletzten Beitrag habe ich nebenbei erwähnt, daß 90 Prozent aller Raucher NICHT an Lungenkrebs sterben. Das wird meiner Meinung nach viel zu selten erwähnt, denn es ist eigentlich verwunderlich, wenn man bedenkt, daß Rauchen der mit großem Abstand bedeutendste, weil häufigste krebsauslösende Stoff ist und der Zusammenhang zwischen dem Akt des Inhalierens von Zigarettenrauch und einer darauffolgenden Schädigung des Zellgewebes in der Lunge auch unmittelbar plausibel ist.
Rauchen wird natürlich auch noch für eine ganze Reihe weiterer Krankheiten mitverantwortlich gemacht. Mir geht es hier aber um den Bezug des Rauchen auf die Krebsart, bei der Ursache (Rauchen) und Wirkung (Krebs) so eindeutig zueinanderpassen, daß man sich geradezu darüber wundern muß, daß der Krebs durch das Rauchen auch an anderen Stellen ausgelöst werden können soll, bei denen die zugehörigen Abläufe ja viel komplizierter sein müssen. Wenn beispielsweise die Leber durch das Rauchen (bzw. mit durch das Rauchen) einen Tumor entwickelt, während aber die Lunge gleichzeitig verschont bleibt, liegt das dann sicherlich nicht daran, daß die Zellen in der Lunge in diesem Fall nicht ebenfalls geschädigt worden sind, sondern eher daran, daß das Immunsystem in der Lunge vorbildliche Arbeit geleistet hat, während es vielleicht in der Leber wegen irgendeines anderen Faktors weniger effizient arbeiten konnte.
Ich erwähnte die Leber nicht ohne Hintergedanken, denn sie spielt dabei eine Rolle, wenn es darum geht, es den Krebszellen ungemütlich zu machen: Ein dauerhafter oder regelmäßig wiederkehrender vorübergehender Verzicht auf Kohlenhydrate - besonders effektiv durch Fasten, da bei null Nährstoffen die zugeführten Kohlenhydrate zwangsläufig ebenfalls null sind - bewirkt das nämlich gleich in doppelter Hinsicht.
Erstens durch den Autophagie-Effekt, unsere innere Kehrwoche, die einen Wechsel von der Glukose- und die Fettverbrennung voraussetzt, wie das sowohl bei ketogener Ernährung wie auch beim Intervallfasten geschieht. Wechselt der Stoffwechsel aus der Glukose- in den Fettverbrennung, benimmt sich der Stoffwechsel wie jemand, der kein Geld zum Einkaufen mehr hat und erst einmal alle Reste, die sich noch im Kühlschrank und den Vorratsschränken befindet, verbraucht, bevor er schließlich doch noch seinen Schmuck zur Pfandleihe trägt, um wieder liquide zu sein. Zellschrott wird beseitigt, darunter auch beschädigte Zellen mit dem Potential, sich in Krebszellen zu entwickeln. Dieser Effekt ist auch bei kürzeren Fastenintervallen nicht zu unterschätzen. Speziell mehrtägige Fastenintervalle bewirken aber eine über mehrere Tage ständig weiter zunehmende Autophagie-Aktivität, bis sie dann schließlich nach vier Tagen wieder nachzulassen beginnt.
Zweitens benötigen Krebszellen die Glukose aber für ihren Stoffwechsel viel dringender als unsere normalen Zellen. Unser Körper kann auf Fettverbrennung switchen und diese Energie für alle seine Bedürfnisse nutzen. Die Krebszellen können das nicht, ihr Stoffwechsel ist dafür nicht eingerichtet. Sie müssen also hungern. Das behindert sie beim Wachstum, und es hindert sie außerdem daran, ihre Abwehrmaßnahmen gegen das Immunsystem so effektiv wie sonst aufrechtzuerhalten. Das Immunsystem, das ohnehin durch den Autophagie-Mechanismus aggressiver ist als zu anderen Zeiten, kann ihnen also leichter beikommen.
Ich rede hier wohlgemerkt nicht über bereits zum Ausbruch gekommene Krebserkrankungen, obwohl auch in diesem Fall Intervallfasten als Bestandteil der Behandlung denkbar ist (was Dr. Fung in seinem Buch ebenfalls erwähnt), sondern eine zweite Herangehensweise bei der Prävention, die mit Sicherheit nicht weniger wirkungsvoll sein kann als die gewohnte. Fung verglich die beiden Arten von Krebspräventionsmaßnahmen mit Samen und der Erde, in die sie gestreut werden. Die klassische Prävention, etwa nicht rauchen, bedeutet, daß sich weniger "Krebssamen" in einem Menschen entwickeln. Die zweite Methode besteht darin, daß diese Samen keinen guten Nährboden bekommen und es ihnen deshalb geht wie den Samen in dem biblischen Gleichnis, die auf dem Weg ausgestreut werden und deshalb nicht keimen und wachsen können. Welche der beiden Methoden effektiver ist, kann im Moment noch niemand sagen, aber es spricht ja auch nichts dagegen, einfach beide anzuwenden.
Wie in seinen früheren Bücheren auch hat Jason Fung für jedes Detail seiner Theorie wissenschaftliche Nachweise gefunden, die sie stützen können. Anders als bei seinem ersten Buch habe ich es mir aber gespart, sie nachzuschlagen; dafür fehlt mir momentan einfach die Zeit, und bei seinem ersten Buch, Die Schlankformel, konnte ich mich ja davon überzeugen, daß alles seine Richtigkeit hatte.
Empfehlenswert ist Dr. Fungs Buch auch deshalb, weil es gut und unterhaltsam geschrieben ist, auch wenn mir in der Übersetzung ein paar Schnitzer aufgefallen sind (so wurden etwa an zwei Stellen die Pocken mit Windpocken verwechselt), aber das eigentlich Wichtige ist meines Erachtens sein Talent, Zusammenhänge zu erkennen und Faktoren zueinandere in Bezug zu bringen, die vor ihm zwar bereits als Detailwissen bekannt waren, aber bislang noch von niemandem in einen größeren Zusammenhang gestellt wurden.
Ob Jason Fung die Natur der Krebszelle wirklich richtig deutet, weiß ich nicht, aber vorstellbar ist es schon, und vieles daran ist auch spontan viel einleuchtender als das, was ich bei Autoren wie etwa Siddhartha Mukherjee ("Der König aller Krankheiten") über die Krebsvorstellungen gelesen habe, die den Behandlungsansätzen der letzten Jahrzehnte zugrundegelegt wurden.
Einstweilen spricht jedenfalls auch aus dieser Richtung gar nichts dagegen, mit dem Fasten einfach so weiterzumachen, wie ich mir das in den letzten Jahren angewöhnt habe, wenn ich mit jedem langen Fastenintervall womöglich ein paar Millionen potentielle Krebszellen den Garaus machen kann.
***
Das Buch von Benjamin Bikman habe ich, getragen vom Schwung und der Faszination von Jason Fungs Buch gleich im Anschluß gelesen und bin mittlerweile auch fertig damit, aber es fiel qualitativ wie auch erzählerisch doch sehr dagegen ab. Um ehrlich zu sein, war ich ein bißchen enttäuscht, denn ich hatte mir mehr davon versprochen, aber vor allem in der ersten Hälfte war mir vieles nicht mehr neu und anderes schien mir wenig praktischen Nutzen zu bieten.
Aber darüber schreibe ich vielleicht doch lieber in einem eigenen Blogartikel
Vielen Dank für deine Rezension :)
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