Freitag, 11. August 2023

Da staunt man über die Fachleute, und über die Laien wundert man sich ...

Mein Gewicht heute früh nach dem einzigen Fastentag der Woche: 81,2 Kilogramm. Ein bißchen enttäuschend - 1,6 Kilo mehr als vor einer Woche -, aber ein interessanter Denkanstoß für den nächsten Sommer, wenn ich, wie ich annehme, bereits in der Gewichtshaltephase sein werde. Das hat mir nämlich in letzter Zeit schon zu denken gegeben, daß ich im April und Mai mit dreitägigen Fastenintervallen anstelle von viertägigen mein Gewicht lediglich halten konnte und nicht weiter abnahm. Damit kam ich aber auch auf zehn Fastentage im Monat. Wie soll das mit den künftigen sechs Tagen also zum Gewichthalten reichen?

Die richtige Antwort lautet vermutlich, daß ich mit einer Umstellungsphase des Stoffwechsels rechnen sollte, in der ich ein wenig zunehme, aber wie ich hoffe, nicht allzu viel. Ich habe mir vorgenommen, nur dann mit zusätzlichen Fastentagen gegenzusteuern, falls mein Gewicht 77 Kilogramm überschreitet, ansonsten will ich das aussitzen, denn nach ein paar Wochen sollte mein Stoffwechsel ja wieder an das "neue Normal" angepaßt sein. Je nachdem, wie sich mein Gewicht über den nächsten Sommer entwickelt, werde ich in der sechswöchigen Low-Carb-Phase Oktober/November vielleicht zusätzliche Fastentage einlegen, um wieder auf 73,5 zurückzugelangen. Tja, und dann wird es spannend, was mein Gewicht im Dezember und in der ersten Januarhälfte wohl machen wird, bevor ich in die erste Low-Carb-Phase des Jahres 2025 starten werde. Gut möglich, daß ich das ebenfalls mit zusätzlichen Fastentagen kombinieren muß. Das ist aber nicht tragisch, da ich ja festgestellt habe, daß Fastentage mir das Durchhalten von Low Carb erheblich erleichtern. Ich glaube deshalb nicht, daß ich etwas an meinem Plan für die Haltephase verändern muß.

Für den Moment ist es einfach nur ein bißchen schade, daß ich nicht nahtlos an das Gewicht vor dem Urlaub anknüpfen konnte, sondern wieder von ein bißchen höher aus weitermachen muß. Da ich während meines fünftägigen Besuchs bei meiner Mutter - der Grund für den ausgefallenen Fastentag - wegen des Temperatursturzes etwas erkältet war und noch nicht völlig über den Berg bin, kann es aber auch sein, daß ein Teil der Zunahme einfach wasserbedingt ist und von alleine wieder runtergeht. Das werde ich nächste Woche ja sehen, meiner zweiten Urlaubswoche, in der ich zwei Fastentage einlegen werde. Vielleicht bin ich ja insgeheim weiterhin näher an meinem Vor-Urlaubs-Gewicht, als die Waage es mir im Moment anzeigt.

Wir waren, wie erwähnt, bei meiner Mutter, weil ich im Frühjahr wegen der Operation und dem ganzen Kram keine Gelegenheit für meinen traditionellen einwöchigen Besuch bei ihr hatte. Weil ich auch im Herbst zu ihrem Geburtstag wegen einiger ungeschickt fallender Aufträge nicht länger bleiben kann, habe ich das diesmal auf den Sommerurlaub verlegt. Meine Mutter wird im Herbst 88, deshalb will ich die Zeit nutzen, die wir gemeinsam verbringen können. 

Eigentlich wäre ich gerne nächste Woche auch noch ein paar Tage weggefahren, aber mein Mann hat mir einen neuen Rechner aufgesetzt, den ich heute in Betrieb genommen habe, und ich habe so eine Ahnung, daß das Wochenende nicht ausreichen wird, um alles, was ich für die tägliche Arbeit brauche, auf ihn raufzuschieben. Heute bin ich außerdem noch damit beschäftigt, das Arbeitszimmer sauberzumachen und all die in den letzten Monaten liegengebliebenen Halden von halberledigtem Kram zu beseitigen, damit ich übernächste Woche einen guten Start in die Arbeit habe. 

Irgendwie kam der Urlaub mir zu früh, obwohl die Bestrahlung ja schon am 24.7. beendet war, weil ich mich in meinen Projekten verheddert und praktisch bis zum letzten Moment vor unserem Aufbruch noch Restarbeiten zu erledigen hatte. Letzte Woche habe ich es sehr bedauert, daß ich nicht einfach eine normale Arbeitswoche vor mir hatte, in der ich nach und nach meine Rückstände aufholen konnte, aber mein Mann muß halt seinen Haupturlaub immer in KW 30 bis 32 nehmen, weil da bei ihm Betriebsurlaub ist, und ich habe sowieso nur die beiden letzten davon selbst freigenommen. So war es bis zur Abfahrt hektisch bei uns, und ich bin erst bei meiner Mutter wieder ein bißchen runtergekommen. Eigentlich ist es mir jetzt lieber, meine zugemüllte Wohnung mal wieder etwas besser in Schuß zu bringen, denn das letzte Jahr über habe ich sie schändlich vernachlässigt. Vermutlich ist es also besser, wir bleiben nächste Woche doch daheim. Zumal mein Mann sich einen neuen 3D-Drucker beschafft hat und bestimmt auch mehr Lust hat, sich mit ihm zu befassen, als irgendwo in der Weltgeschichte herumzugondeln. 

***

Volkes Stimme zur Frage "Fasten während der Chemotherapie" konnte ich mir zu Gemüte führen, als bei Twitter eine Krebspatientin, die während der Chemo fastete und erwog, damit aufzuhören, in die Runde fragte, um Meinungen zu dem zu erfahren, was sie macht:


Jetzt muß man dazusagen, daß Fasten mit "Ich habe gelesen, daß das gut helfe" natürlich eher dürftig begründet ist und acht Monate schon eine verflixt lange Zeit sind, wenn aus Perspektive der Anwenderin irgendwelche offensichtlichen Vorteile daraus nicht erkennbar gewesen sind. Das Fasten zu unterbrechen, um einen Vergleich des Wohlbefindens (bzw. der Einschränkungen desselben) mit und ohne Fasten zu bekommen, finde ich da bei "Fastenmüdigkeit" wirklich keinen Fehler. Falls man sich ohne Fasten dann schlechter fühlt, kann man ja auch problemlos wieder damit anfangen.

Genau das, was mir einleuchtend erscheint, hat die Autorin des Tweets nach einiger Überlegung jetzt offenbar auch getan

Die Frage ist außerdem, wieviel 18 Stunden Fasten bei einer Chemo tatsächlich bringen kann. Meinem Empfinden nach ist das zu wenig, um eine positive Wirkung erwarten zu können, aber einem Fasten-Neuling kommt es dabei vielleicht trotzdem sehr mühsam vor. Was ich auch nicht weiß, ist, wie lange ihre Zyklen sind, sie kann ja auch wöchentlich Chemo bekommen, und ich nehme an, dreitägige Fastenintervalle, wie ich sie für diesen Fall geplant hatte, kämen ihr ganz unvorstellbar vor.

Ob ich das tatsächlich so umgesetzt oder es nach ein oder zwei Zyklen doch reduziert hätte, kann ich aber nicht sagen, da mein Neu.Doc die zweite Hälfte der Chemo dann ja auf dreiwöchentliche Zyklen geändert hat, womit ich bei viertägigen Fastenintervallen bleiben konnte. Möglicherweise hätte ich sogar fünf Tage ausprobiert und dafür dazwischen weniger oder keine Fastentage eingeschoben, wenn das mit meinem Alltagsrhythmus besser kompatibel wäre. Es war ja schon auffallend, daß die Nebenwirkungen immer erst allmählich einsetzten, nachdem ich wieder gegessen habe und ich mich gerade am Chemo-Tag völlig normal fühlte und am Tag darauf letztlich sogar fitter als außerhalb der Chemo war. Vielleicht hätte es sich auf diese Weise ja noch weiter verschoben. Acht Zyklen sind aber eindeutig zu kurz für allzuviele Experimente bei der Feinjustierung, deshalb hätte ich mir mehr klinische Vorerfahrungen mit dem Fasten gewünscht, idealerweise vielleicht auch noch einen Ansprechpartner, der sich mit Fasten bei Chemo bereits auskennt, anstatt im Alleingang in eigener Sache Pionierarbeit leisten zu müssen.

Es macht mich echt fuchtig, daß dank der aktiven Sabotage von Fachleuten wie dieser Professorin Hübner Fasten und Keto in Onkologenkreisen dermaßen verteufelt werden, daß auch Studien nur von echten Enthusiasten (da gibt es in Deutschland vor allem einen gewissen Rainer Klement, auf den ich nur über Umwege gestoßen bin) und dann auch immer mit allen möglichen Einschränkungen vorgenommen werden, die praktisch anwendbare Erkenntnisse fast mit Sicherheit wirksam verhindern, etwa wenn - wie bei Keto häufig der Fall (siehe meinen Blogbeitrag dazu) - nur "austherapierte" Patienten überhaupt teilnehmen dürfen, was bedeutet, die Krankheit ist so weit fortgeschritten, daß sowieso kaum noch Chancen bestehen, auf Heilung sowieso nicht, aber meistens auch nicht mehr auf eine Besserung oder eine längere Stabilisierung. Gleichzeitig führen diese Einschränkungen natürlich auch dazu, daß die Studienergebnisse ebenfalls nicht überzeugend ausfallen, weil sehr wenig Teilnehmer, die noch dazu wenige Erfolge vorzuweisen haben - was wiederum bewirkt, daß außerhalb des Enthusiastenkreises kaum jemand verlockt wird, die Methode in weiteren Studien aufzugreifen. Das ist schon eine Art Teufelskreis. 

Fasten immerhin wurde vor allem bei Krebs in Stadium 1 bis 3 angewandt, aber da fand ich wieder die Modalitäten in den betreffenden Studien nirgends so richtig überzeugend. Ich hätte mit meiner Vorgehensweise in keine einzige dieser Studien mit hineingepaßt, und ich hätte es vor allem nie im Leben eingesehen, mich an die Vorgaben anzupassen, an diese Säftchen und Süppchen oder diese "Fasting Mimicking Diet", die einem das Fasten ja in Wirklichkeit gar nicht erleichtern, sondern sogar noch erschweren, wie ich am eigenen Leibe ja erlebt habe, weshalb ich mich über die hohe Abbrecherquote in den Studien auch gar nicht gewundert habe. 

Das Hauptproblem beim Fasten ist es wohl, daß jemand, der es vor seiner Krebsdiagnose noch nie gemacht hat, sich davor wahrscheinlich ziemlich heftig gruselt und sich die Sache verflixt schwierig vorstellt. Es schadet deshalb gar nichts, noch vor Beginn der Chemo erst einmal einen Probelauf zu machen und herauszufinden, wie schwer es einem fällt bzw. vor allem, wie man sich die Sache leichter machen kann. 

Was auch immer genau in welchen Fällen die Vorzüge von Fasten oder Keto sein mögen, welche Vorgehensweise am erfolgversprechendsten ist (mit weniger als allermindestens 24 bis 36 Stunden lohnt es sich im Grunde nicht, damit überhaupt anzufangen) und wann man es doch besser bleibenlassen sollte, wird auf diese Weise jedenfalls nicht einmal herausgefunden - und fast alle (mit Ausnahme von Einzelkämpfern wie Professor Seyfried oder Rainer Klement) scheinen zufrieden damit, obwohl es vermutlich für einen Teil der Krebspatienten den Verzicht auf eine Chance auf Stabilisierung, Besserung oder sogar Heilung bedeutet. Bei einer so unheimlichen Krankheit wie Krebs, die ja für jeden eine Horrorvorstellung ist und immer noch beklagenswert schlecht verstanden wird, weshalb die konventionellen Therapien vor allem bei fortgeschrittenen Erkankungen keine so berauschenden Erfolgschancen haben, finde ich das einen, nun ja, ziemlich großzügigen Umgang der Fachleute nicht nur mit anderer Leute Lebenserwartung, sondern auch ihrer Lebensqualität. Bei allem Verständnis für Vorsicht bei wenig erprobten therapiebegleitenden Ernährungsweisen, die mit Fasten und/oder Keto verbundenen Risiken sind geringer als die der konventionellen Therapien und lassen sich mit ein bißchen gutem Willen ja auch noch erheblich weiter reduzieren. 

Aber an dem fehlt es wohl vor allem, dem guten Willen. Vermutlich liegt es - neben ein paar anderen Gründen - auch mit daran, daß niemand damit so richtig Geld verdienen kann. Das ist ähnlich wie bei der Gewichtsabnahme, bei der Semaglutid (Ozempic und Wegovy) dem Hersteller Rekordumsätze beschert - ein Medikament, das zwar wirklich zur Gewichtsabnahme führt, das man aber lebenslänglich weiter nehmen müßte, um die Wirkung aufrechterhalten zu können ... und ob die Wirkung dauerhaft erhalten bleibt, dazu hört man mittlerweile zunehmend auch skeptische Stimmen. Bei dem Hersteller Novo Nordisk dürften natürlich die Sektkorken knallen, denn Patienten, die einem lebenslänglich erhalten bleiben und eine gute Chance haben, relativ alt zu werden, sind ja der feuchte Traum jedes Pharmakonzerns. Die wollen uns nicht unbedingt umbringen und haben in jedem Fall überhaupt kein Interesse daran, uns gar zu schnell unter die Erde zu bringen, denn an Toten verdienen sie ja nichts. Insofern ist das eine zweischneidige Sache, wenn ein Medikament wirklich das Leben verlängert, aber eben um den Preis horrender Kosten - die sind auch dann ein Problem, wenn die Krankenkasse sie bezahlt, denn je mehr Patienten sie zum Überleben benötigen und deshalb bezahlt bekommen, desto höher werden die Krankenversicherungsbeiträge.

Das ist bei Krebsmedikamenten ganz genauso. Kürzlich geriet neben anderen Chemo-Medikamenten auch Trastuzumab in die Schlagzeilen, weil die Apotheken, die diese Infusionen individuell und auf den jeweiligen Patienten zugeschnitten mixen, sich daran offenbar auf Kosten der Krankenversicherung eine goldene Nase verdienen. Wie mag das wohl bei Pertuzumab aussehen? Das ist nämlich noch viel teurer, und es würde mich gar nicht wundern, wenn auch da kräftig abgesahnt würde. Die Wirkung der beiden Medikamente ist ja unbestreitbar und überzeugend, aber das ist noch lange kein Grund, sich damit abzufinden, daß sich die Hersteller über Gebühr an den Patienten bereichern. Aber was will man in einer Gesellschaft erwarten, deren medizinisches System so tickt, daß es simple, kostengünstige und häufig sehr wirksame Gewichtsreduktionsmethoden wie Keto und Fasten bestenfalls ignoriert und schlimmstenfalls verteufelt, aber gegen teure und riskante wie Semaglutid und Magenverstümmelungen gar keine Einwände hat? Im Falle von Krebs wiederum kann weder Keto noch Fasten Trastuzumab und Pertuzumab ersetzen, aber die Wahrscheinlichkeit, daß beides deren Wirkung verbessert, fand ich plausibel genug begründet, um es auf Verdacht begleitend anzuwenden, weil ich damit auch im Worst Case trotz der alarmistischen Warnungen von Frau Professorin Hübner zwar keinen Nutzen erwarten könnte, aber auch kaum Schaden anrichten würde. 

Aber zurück zu der Patientin, die ihre Follower fragte, was sie vom Fasten halten. Unter den Antwortenden auf den Tweet fand sich selbstverständlich auch einer, der den netten Doktor Schmitz mit einer so wenig originellen Weisheit zitierte, daß sie auch von meinem Alt.Doc hätte stammen können: 

Zur Frage der Gewichtsabnahme hatte ich ja schon an anderer Stelle beschrieben, warum es ein Denkfehler ist, die Zahl auf der Waage für sich alleine genommen als Indikator für einen unguten Krankheitsverlauf zu verwenden. Als Patient werde ich mit solchen unterkomplexen Begründungen zu einer Nachkommastelle in einer Statistik gemacht, aus der sich bei weiterer Differenzierung der Merkmale aber relativ leicht noch Subgruppen bilden ließen, unter denen auch solche sind, bei denen eine Gewichtsabnahme eben nicht ein Warnsignal wäre. Dann wäre es nicht nötig, die anderen Subgruppen, bei denen die Abnahme wirklich bedenklich wäre, in eine generelle Empfehlung mit einzubeziehen.

Hier auch noch ein paar Kostproben von "Volkes Stimme" - bei denen kann man es sogar wieder verstehen, daß Ärzte es überhaupt nicht mögen, wenn man Ratschlägen von nichtärztlicher Seite folgt:

Die unvermeidliche Annahme von Leuten, die null Erfahrung mit Fasten haben, daß man sich schwach fühlen müsse, wenn man fastet, gefolgt von einem Klassiker, der dieselbe Ahnungslosigkeit bei gleichzeitigem Nachbeten von billigen Scheißhausparolen dokumentiert, weil er sogar dann, falls er korrekt sein sollte (was aber keineswegs sicher ist), in der Regel gar nicht relevant ist, weil es meist ja um die Reduktion von Nebenwirkungen geht. 

 

Verwandt mit solchen intellektuellen Fehlleistungen war ebenso das Mißverständnis eines Antwortenden, der originellerweise die klassische Angst des Onkologen vor Gewichtsabnahme seines Patienten in verdrehter Form als "Übergewicht ist bei Krebs vorteilhaft" im Kopf behalten hatte: 

 

Und natürlich stellten sich viele vor, daß es eine gräßliche Qual sei, nicht zu essen (offenbar sogar dann, wenn einem von der Chemo vielleicht so kotzübel ist, daß man nicht einmal essen wollen würde, wenn das Leben davon abhinge):

Daß man auch fasten kann, ohne damit abnehmen zu wollen, ist sowieso etwas, das vielen über den Horizont geht:

Das ist alles der übliche angelesene bzw. von Ärzten, die sich über Stellungnahmen wie die von der Frau Professorin Hübner informieren, kolportierte unausrottbare Schwachsinn. Einen Originalitäts-Sonderpreis bekommt von mir aber dies hier: 

  

Zehn Tage Fasten, das überschreite ich meistens schon innerhalb eines Monats, und das ohne irgendwelche erkennbaren negativen Folgen. Ehrlich gesagt, warte ich aber inzwischen schon darauf, daß irgendein Schlauberger mir "beweist", daß das Fasten daran schuld sein müsse, daß ich überhaupt Krebs bekommen habe. Daß ich neuerdings immer wieder mit der Mutmaßung konfrontiert werde, meine Gewichtsabnahme komme vom Krebs (etwa neulich bei einem Familientreffen), damit werde ich wohl leben müssen, obwohl mich das auch ärgert. Daß man bei Krebs Gewicht verliert, ist aber eines dieser Versatzstücke, die jeder, der sich nicht mit Krebs befaßt (also fast jeder, der weder selbst Krebs hat noch beruflich damit zu tun hat oder in seinem Umfeld damit konfrontiert war), automatisch im Kopf hat - mir ging das vorher ja auch so. An dieser Stelle ein etwas peinliches Geständnis: Was mir als allererstes nach meiner Krebsdiagnose durch den Kopf ging, war nämlich: "Scheiße! Wer wird mir jetzt noch glauben, daß ich mir meine Gewichtsabnahme ehrlich erarbeitet habe?"

Die verlinkten Tweets sind übrigens mittlerweile nicht mehr öffentlich sichtbar, obwohl sie das noch waren, als ich den Blogbeitrag geschrieben habe. Offenbar war die Autorin zu genervt von dem Ton, in dem ein Teil der Antworten gegeben wurde. Schade, ich hätte ihr gerne selbst noch etwas Nettes gesagt, denn obwohl ich vom Sinn und Nutzen des Fastens während einer Chemo überzeugt bin, fühlt es sich natürlich bei jemandem, der so viel Fastenroutine wie ich bereits mitbringt, ganz anders an als bei jemandem, der das zum ersten Mal als Reaktion auf eine Krebserkrankung macht, noch dazu auf Basis von so vagen Aussagen wie "Ich habe gelesen, daß das hilft". Natürlich geht es einem während einer Chemotherapie schlechter als ohne sie, auch wenn Fasten die Nebenwirkungen verringert, und wie will man wissen, ob sie ohne Fasten schlimmer ausfallen würden? Da kann natürlich, gerade wenn das Fasten ungewohnt ist, der Gedanke aufkommen, daß man sich ohne Fasten weniger schlecht fühlen würde. Da hilft nur ein Vergleich mit Chemo ohne Fasten. Falls das sich nicht als deutlich unangenehmer herausstellt, sollte man das Fasten wirklich bleibenlassen: Es sollte die Chemotherapie einfacher und weniger unangenehm und nicht schwieriger und noch unangenehmer machen. Und genau das, nämlich daß es einfacher und weniger unangenehm ist, ist auch das Erkennungsmerkmal dafür, daß es auch therapeutisch sinnvoll ist - das Gegenteil von dem, was viele Leute unbewußt glauben, nämlich daß die Therapie umso besser hilft, je unangenehmer sie ist. Chemo-Nebenwirkungen sind ja Folgen von Zellschädigungen. Wenn sie weniger werden, dann wurden weniger gesunde Zellen geschädigt. Es ist logisch, daß das gesundheitlich nützlich ist.

***

Ich war offensichtlich mal wieder meiner Zeit voraus, wenn auch nur ein bißchen. Amüsanterweise hat die Wissenschaft diesmal aber nur zwei Wochen länger gebraucht als ich, um publik zu machen, daß den Hitzetoten, über die ständig so viel geschrieben wird, selbstverständlich auch Kältetote gegenüberstehen - von denen ich in einem Blogbeitrag am 1. März dieses Jahres annahm, daß sie mehr Fälle ausmachen als die Hitzetoten, weshalb es unlogisch ist, zu behaupten, häufigere Hitzetage durch den Klimawandel würden die Sterblichkeit erhöhen, denn parallel dazu würde es ja weniger Kältetage geben. 

Grundlage für meine Vermutung waren die Statistiken der Sterbefälle in Deutschland. "The Lancet Planetary Health" zog bereits am 16. März mit einer Untersuchung nach, die sich auf ganz Europa bezog, als hätten sie hinter einer Straßenecke darauf gewartet, daß irgendwer voranmarschiert. Die Studie bekam ich allerdings erst jetzt zu Gesicht, sie wurde offenbar nicht gerade an die große Glocke gehängt. Die Frage, was zu mehr Sterbefällen führt, Hitze oder Kälte, wird in dieser Studie so beantwortet:

Across the 854 urban areas in Europe, we estimated an annual excess of 203 620 (empirical 95% CI 180 882–224 613) deaths attributed to cold and 20 173 (17 261–22 934) attributed to heat. These corresponded to age-standardised rates of 129 (empirical 95% CI 114–142) and 13 (11–14) deaths per 100 000 person-years.
Die Übersterblichkeit in Kältewellen ist also zehnmal so hoch wie bei Hitzewellen. In Wirklichkeit wäre bei steigender Durchschnittstemperatur also nicht mit einer höheren, sondern mit einer niedrigeren Sterblichkeit zu rechnen, genau wie ich das vermutet hatte. Es gibt sicherlich eine Menge Gründe, sich über den Klimawandel Gedanken zu machen, aber die Hitzetoten gehören also nicht dazu - wenn auch andererseits gar nichts dagegen spricht, Todesfälle, die durch Hitze erfolgen oder beschleunigt werden, verhindern zu wollen. Nur, sollte man sich dann nicht auch über die Kältetoten dieselben Gedanken machen? Daß sie sich propagandistisch nicht für Klimaschutzpropaganda ausschlachten lassen, finde ich als Grund, zehnmal so viele Todesfälle wie durch die in allen Medien durchgehechelte Hitze einfach stillschweigend hinzunehmen, eigentlich nicht ausreichend. 

Der Klimawandel ist längst von einer wissenschaftlichen Frage zu einer politischen geworden, und in solchen Fällen sind nicht nur die in jeder seriösen Wissenschaft enthaltenen Unsicherheiten (die ich beim Thema Klima für gewaltig halte) ein Tabuthema, das man nicht in der Öffentlichkeit ansprechen sollte, wenn man nicht riskieren will, niedergebrüllt und angefeindet zu werden, sondern er muß auch als die größte anzunehmende Katastrophe kommuniziert werden, was bedeutet, etwaige möglicherweise oder sogar sicher positive Aspekte daran werden eisern beschwiegen. Das ist wohl der Grund dafür, daß man die Todesfallzahlen bei Hitze überall lesen konnte, ich aber erst nach Monaten auf diese Studie stieß, und es brauchte dafür noch dazu einen "Verschwörungstheoretiker" auf Twitter. Falls die Medien überhaupt darüber berichtet haben sollten, dann haben sie es also eher unauffällig getan. Warum? Weil es irgendwie nicht ins Konzept paßte. Das ist bei anderen politisierten Themen ganz genauso.

Stichwort Klimaschutz: Der bringt mich gerade ein bißchen finanziell in Verlegenheit, denn drei meiner vier vermieteten Eigentumswohnung haben ältere Gasheizungen, die ich nach aktueller Rechtslage offenbar bis 2028 austauschen muß, und zwar gegen ein Modell, das zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien läuft. In meiner eigenen Wohnung bin ich aus dem Schneider, denn hier habe ich die Therme ja erst letztes Jahr ausgetauscht. Das hatte mich schnell mal 8000 Euro gekostet, und billiger wird das, was man künftig ausgeben muß, kaum sein. Ich werde also im ungünstigsten Fall drei Mal einen Haufen Geld ausgeben müssen, das ich im Moment beim besten Willen nicht aufbringen kann, andernfalls hätte ich mich wohl zu denen gesellt, die dieses Jahr noch schnell eine neue Gastherme einbauen lassen haben. Wärmepumpen hin, Solaranlagen her, bei Mehrfamilienhäusern, die in Eigentumswohnungen aufgeteilt sind, ist das sowieso kaum mit vertretbarem Aufwand umsetzbar. Was bleibt, wäre Fernwärme oder perspektivisch Wasserstoff. Wo die aber für all die Gasheizungen ausreichend Wasserstoff herzaubern wollen, ist mir schleierhaft.

Da ich nächstes Jahr aber ohnehin eine Eigentumswohnung verkaufen muß, um ein Hypothekendarlehen abzulösen, werde ich aber wohl nun doch nicht diejenige verscherbeln, die ich bislang dafür im Auge hatte, denn dieses Haus hat erst vor ca. fünfzehn Jahren auf Gas-Zentralheizung umgestellt, die also noch fünfzehn Jahre lang laufen kann. Stattdessen werde ich eine andere verkaufen, die erstens mit einem alten Gas-Einzelofen beheizt wird und zweitens auch, da sie etwas größer ist und außerdem in besserer Lage, trotz der schlechteren Ausstattung betr. Heizung auch einen erheblich höheren Verkaufspreis bringen sollte. Von dem Überschuß im Vergleich zum Betrag, den ich nächstes Jahr zur Ablösung meines Hypothekendarlehens aufbringen muß, bezahle ich dann die Gasheizungen für die beiden anderen Wohnungen. Das alles geht natürlich auf Kosten meiner Altersversorgung, denn diese Wohnung war - trotz mietspiegelgerechter Miete - besonders renditestark. Aber da muß ich jetzt wohl halt durch.

Dann bin ich mal gespannt, wie sich das auf den Heizbedarf der Mieter auswirken wird, im Vergleich zu meinem deutlich gesunkenen Heizbedarf durch die neue Brennwerttherme. Ich würde ja lachen, falls sich herausstellen sollte, daß sie höhere Heizkosten haben werden als ich. Natürlich werde ich bei solchen unvermeidlichen und hohen Anschaffungskosten auch die Miete erhöhen müssen. Das gilt aber auch für die Wohnung, die ich verkaufen will, denn der Käufer wird meine Mieterin am ehesten behalten wollen, wenn die Miete für ihn auskömmlich ist. Allerdings bin ich skeptisch, ob das klappen wird. Ich nehme an, das wird auf eine Eigenbedarfskündigung hinauslaufen. Objekte in dieser Lage sind nach wie vor ziemlich begehrt und die Nettorendite bei den heutigen Kaufpreisen (ich selbst habe weniger als die Hälfte des Betrags bezahlt, den ich vermutlich erzielen werde, also ist sie bei mir sehr zufriedenstellend) liegt unter den aktuell gebotenen Zinsen für Festgeld. Einen Anreiz, das Mietverhältnis fortzusetzen, wie das auch mir am liebsten wäre, besteht da einfach nicht, und dummerweise kann ich es mir nicht leisten, darauf irgendwelche Rücksichten zu nehmen. Dankesschreiben können meine Mieter dann an Herrn Habeck richten. 

Nicht, daß ich falsch verstanden werde: Ich habe überhaupt nichts dagegen, daß die Energiewende auf einmal so viel zügiger voranschreitet, und ich akzeptiere, daß das für mich gewisse Unannehmlichkeiten mit sich bringt, aber es gefällt mir nicht, daß ich meine Mieter da mit reinziehen muß. Der Mieter des Objekts, das ich eigentlich verkaufen wollte, hat schon bei Abschluß des Mietvertrags gewußt, daß ich möglicherweise seine Wohnung verkaufen werde, und dachte sogar darüber nach, sie selbst zu erwerben. Um ehrlich zu sein, ich hatte Zweifel, ob er das nötige Geld zusammenbringen würde, aber das hat sich jetzt natürlich von alleine erledigt.

***

Meine bestachelten Patenkinder mit der Wespentaille (die wurden ja alle mit meiner Wurst großgezogen, also habe ich patentantenähnliche Gefühle für sie entwickelt) haben mittlerweile die Wespensaison eröffnet. Ich war gut auf sie vorbereitet, denn als wir neulich, noch vor Saisonbeginn, Hähnchenschenkel gegessen haben, habe ich die Knochen nicht weggeworfen, sondern eingefroren, weil die Wespen letztes Jahr so begeistert von den Überresten eines Grillhähnchen waren, daß das alle anderen Futtervarianten in den Schatten stellte. Warum also hätte ich das perfekte Wespenfutter in den Müll werfen sollen?

Die erste Ladung Hähnchengebeine mit ein wenig Restfleisch liegt jetzt am üblichen Platz für die Wespen bereit und wird bereits fleißig benagt. Wir können also davon ausgehen, daß wir an unserem üblichen Platz essen können, ohne von Wespen umsummt zu werden.








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