Mein Gewicht heute früh nach Ende meines Urlaubs und zu Beginn des am Dienstag für einen außerplanmäßigen Eßtag unterbrochenen viertägigen Fastenintervalls: 83,3 Kilogramm. Eigentlich hatte ich auf eine 82 vor dem Komma gehofft, aber bei der Affenhitze der letzten Tage hatte ich das im Grunde bereits vorgestern (81,8 Kilogramm) in den Kamin geschrieben. Jetzt bin ich mal gespannt, ob die Gewichtsschwankungen so heftig wie an den Fastentagen der letzten Woche ausfallen werden und wo ich am Samstag früh gelandet sein werde.
Interessant bezüglich neuer Tiefstgewichte wird die Sache sowieso erst in zwei Wochen, wenn ich mein erstes reguläres langes Fastenintervall nach dem Urlaub einlegen werde. Vier Fastentage am Stück haben nun einmal eine andere Wirkung als vier Fastentage mit einer oder mehreren Unterbrechungen, auch wenn man das einem Kalorienlogiker kaum verklickern kann.
Ich bin aber allmählich angenervt davon, daß mir im Oktober und November schon wieder Feiertage in meine langen Fastenintervalle reingrätschen. Weil mir das bereits den gesamten Mai versaut hat, denke ich darüber nach, ob ich am Tag der deutschen Einheit und an Allerheiligen diesmal ausnahmsweise doch fasten soll. Immerhin befinde ich mich auf der Zielgerade der letzten zehn von insgesamt 73,5 abzuschüttelnden Kilos und möchte nächstes Jahr um diese Zeit bereits komfortabel im Haltestadium sein. Feiertagsunterbrechungen passen mir gar nicht ins Konzept.
Nun ja, endgültig entscheide ich das wohl in den Tagen vor diesen beiden Feiertagen. Falls meine Abnahme ansonsten nach Plan laufen sollte, nehme ich die erneute Unterbrechung eben doch in Kauf. Falls ich aber fasten sollte, dann vermutlich am ehesten, falls ich den Feiertag ad hoc in einen Arbeitstag umwidmen kann, sprich: ich sowieso eine Menge Arbeit habe, die ich dann eben zeitlich umgruppiere.
Mir wird es immer ein Rätsel bleiben, warum die meisten Leute gar nicht auf den Gedanken kommen, ihre Gewichtsreduktion nach welcher Methode auch immer möglichst bequem zu gestalten - daß ich Feiertage normalerweise ausklammere, ist kein Versehen, sondern Bestandteil des Konzepts, das seit mehr als sechs Jahren so gut funktioniert, daß ich nach wie vor von mir behaupten kann: Ich habe noch nie einen Fastentag vorzeitig abgebrochen. Ich glaube nicht daran, daß sich Fasten wie eine permanente Selbstbestrafung anfühlen muß, um zu wirken. Ganz im Gegenteil. Deshalb bevorzuge ich ganz normale Arbeitstage fürs Fasten.
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Es ist schon ein Weilchen her, daß ich in Johanna Bayers Blog einen unterhaltsamen und interessanten Bericht über die Ernährung von Ötzi, den Steinzeitmann, der als Gletschermumie in den Südtiroler Alpen aufgefunden wurde, gelesen habe, mit besonderem Fokus darauf, daß darüber viel gut gemeinter Unsinn geschrieben wird, und zwar auch in dem Museum, das dem Steinzeitmenschen gewidmet ist. Das Problem ist, Ötzis Ernährung entsprach so wenig dem, was die Ernährungswissenschaft heute für eine "ausgewogene" Ernährung hält, daß sein schlechtes Vorbild für die Jugend von heute die Museumspädagogik offenbar zu sehr in Verlegenheit brachte, um nicht die Infotafeln und anderes mit einem kräftigen Spin in die gewünschte Richtung zu versehen.
Ötzis letzte Mahlzeit ließ sich rekonstruieren: Sie enthielt neben einem geringen Einkorn-Getreideanteil hauptsächlich Fleisch (von Hirsch und Steinbock) und vor allem aber eine stolze Menge Fett, das ungefähr 50 Prozent dieser Mahlzeit ausmachte. Neben dem Mageninhalt war im Darm, so las ich das bei Wikipedia, anscheinend aber auch eine Vielzahl von Pflanzenresten enthalten, und vermutlich daraus wurde dann im Museum die angeblich pflanzenbetonte Ernährung des Steinzeit-Naturburschen, wie sie heutigen Ernährungsberatern besonders gut gefallen hätte. Tatsächlich ernährte sich Ötzi aber ausweislich der Wissenschaft wohl insgesamt eher fleisch- als gemüse- und kohlenhydratlastig. Bei einem Gebirgsbewohner mit den dortigen eingeschränkten Ackerbau-, aber guten Jagdmöglichkeiten auch kaum ein Wunder!
Eine spannende neue Studie scheint nun auf den ersten Blick im Widerspruch dazu zu stehen, denn Ötzi erwies sich genetisch keineswegs als ein Angehöriger der alten europäischen Jäger- und Sammlerkulturen. Tatsächlich war er mit den türkischstämmigen Kindern und Kindeskindern der ersten Gastarbeitergeneration, die aus Anatolien nach Deutschland gekommen war, vielleicht sogar näher verwandt als mit mir, denn seine Vorfahren waren aus Anatolien zugewandert. Das wäre natürlich eine amüsante Pointe. Aber es kann natürlich auch sein, daß in Anatolien selbst seit dem Neolithikum so viel Zu- und Abwanderungsverkehr gewesen ist, daß heutige Anatolier genetisch ganz anders als Ötzis Vorfahren sind. Umgekehrt weiß ich aber natürlich ebensowenig, wieviel altanatolische Gene in mir selbst stecken, solange ich mich nicht dazu entschließen kann, eine Genanalyse bezüglich meiner Herkunft zu machen. (Bislang sah ich dazu auch keinen Grund, aber jetzt fange ich an, neugierig zu werden ...)
Ötzis Vorfahren könnte man trotzdem eigentlich auch in "Ützi" umtaufen, als kleine Verbeugung vor dem legendären Taxifahrer Ützwurst aus der Radiocomedy "Taxi Scharia". ;-)
Ützis ... äh, Ötzis Altvorderen waren außerdem, anders als die damaligen Europäer, keine Jäger und Sammler, sondern Ackerbauern mit einer entsprechenden Ernährungsweise. Von dort brachten Zuwanderer aus jener Region sie auch nach Europa. Vermutlich waren es sie, die den Europäern das Brotbacken beigebracht haben, und wer weiß, welche kulturellen Errungenschaften wir ihnen sonst noch zu verdanken haben.
Genetisch am ehesten vergleichbar war Ötzi im Vergleich mit anderen Europäern seiner Zeit, dem vierten Jahrtausend vor Christus, von denen die Wissenschaft genetisches Material hat, mit den damaligen Bewohnern etwas südlich der Alpen in Italien. Spontan stelle ich mir vor, daß ihre gemeinsamen Vorfahren wohl aus östlicher Richtung, durch den Balkan kommend, erst Italien erreichten und dann ein Teil von ihnen von dort aus in Richtung Alpen vordrangen. Man fragt sich schon, was sie dazu getrieben haben mag, ausgerechnet das Gebirge als neuen Wohnort zu wählen, denn für Ackerbauern scheint das ja spontan nicht naheliegend. Irgendwie kann ich mir deshalb nicht vorstellen, daß das ganz freiwillig geschehen ist. Unklar ist dabei auch, ob Ötzis Sippe dort vor ihm schon generationenlang gelebt und sich allmählich an die anderen Bedingungen angepaßt hatte oder vielleicht erst seine Elterngeneration oder sogar erst er selbst aus irgendwelchen Gründen dorthin geflohen ist. Da er gewaltsam zu Tode gebracht wurde, ist das letztere durchaus möglich, aber nicht zwingend ... wie es in Gebirgstälern, egal wie idyllisch, zugehen kann, dazu braucht man nur einen x-beliebigen Heimatroman zu lesen.
Ötzi lebte wahrscheinlich im Südiroler Eisacktal.
Gegenden wie Gebirgstäler sind schwerlich ideal für landwirtschaftliche
Rekordernten, aber dafür bestimmt ein guter Ausgangspunkt für erfolgreiche Jagden auf Hirsche und Steinböcke.
Das besonders Merkwürdige an diesen neuen Genomanalyse ist, daß Ötzi nicht nur genetisch an eine Ackerbaugesellschaft angepaßt, sondern auch genetisch anfällig für Adipositas und Diabetes gewesen sein müßte. Wenn er auch an beidem nicht tatsächlich gelitten zu haben scheint, finde ich das verwunderlich: Eigentlich hätte ich das eher bei jemandem erwartet, der genetisch ein "Jäger und Sammler" war. Im einschlägigen Bierbauch-Alter ist Ötzi jedenfalls gewesen, denn sein Alter zum Zeitpunkt seines Todes wird auf ca. 45 Jahre geschätzt. Schlank und diabetesfrei ist er wohl auch deshalb geblieben, weil zu seiner Zeit Nahrungsüberfluß kein Dauerzustand gewesen sein kann und das größere Gesundheitsrisiko darin bestand, nicht genügend davon zu ergattern. Falls er aber unfreiwillig von einer typischen getreidelastigen Ackerbauern-Ernährung auf eine Jäger- und-Sammler-Low-Carb-Kost umgestiegen sein sollte, kann das für ihn auch ein unerkanntes Glück im Unglück gewesen sein. Es würde mich ja mal interessieren, ob es irgendwelche Hinweise darauf gibt, daß Diabetes bei Ackerbauern des Neolithikums tatsächlich bereits vorkam.
In einer Arztpraxis von heute wäre Ötzi mit seinen festgestellten Zipperlein angesichts seines Alters auch ohne Bierbauch, Prädiabetes oder Schlimmeres bestimmt nicht weiter aufgefallen: Er litt unter Arteriosklerose, Parodontitis und Gallensteinen. Außerdem hatte er sich mit Helicobacter pylori infiziert. Lediglich die Kampfverletzungen hätten beim behandelnden Arzt wohl Stirnrunzeln hervorgerufen, der ganze Rest sind bis heute in seiner Altersgruppe Allerweltsdiagnosen. Wäre Ötzi nicht durch eine Gewalttat zu Tode gekommen, hätte ihn wegen der bestehenden Risikofaktoren leicht ein vermeintliches Zivilisationsleiden wie ein Schlaganfall oder Magenkrebs ein paar Jahre später ins Grab bringen können. Nur dann hätten wir über sein Leben und Sterben natürlich nie etwas erfahren.
Versuchen wir lieber nicht, Ötzis Ernährung und seine Lebensweise überhaupt, in verkitschender Weise mythisch zu überhöhen. Lernen können wir von ihm natürlich, was er - und sicherlich ebenso seine Zeitgenossen in derselben Region - gegessen hat, und das zu wissen ist schon interessant. Es sagt uns aber nicht, wie wir heute unter unseren ganz anderen Rahmenbedingungen essen müßten, um gesund alt zu werden, und alleine deshalb ist es schon Quatsch, ihn in vorauseilender pädagogischer Absicht zu einem angeblichen Ernährungs-Vorbild zu stilisieren. In seiner Zeit war jede Art der Ernährung weniger tödlich als längere Zeit zu wenig Essen zu ergattern. Außerdem: Weder war Ötzi nach heutiger Präventionsvorgaben gesund, noch ist er alt geworden. Auch mit ungesunder Lebensweise überschreitet die Dauer unseres Lebens seine 45 Jahre bei den meisten schon noch ein Stückchen.
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Seit der aktuelle Eigentümer von Twitter dort Eigentümer ist, hat sich einiges verändert, schon bevor er die Plattform umgetauft hat, und das nicht zum Besseren. Weil es immer schlechter für die Zwecke nutzbar ist, für die ich es nutze (möglichst zeitnahe und mit wenig Mühe verbundene Informationsbeschaffung zu bestimmten Themen) denke allmählich auch ich darüber nach, Twitter zu verlassen, allerdings warte ich einstweilen noch, ob sich eine gute Alternative dazu auftut.
Ich erinnere mich noch daran, wie der Aufstand der User endete, als Alando zu eBay wurde und Einstellgebühren einführte. Die damalige Alternativ-Plattform, Hood, gibt es, glaube ich, immer noch, aber sie konnte eBay nie Konkurrenz machen. eBay wiederum hat nach zwanzig Jahren die Einstellgebühren für private Anbieter wieder abgeschafft. Die Frage wäre also, ob das heruntergewirtschaftete Twitter vielleicht doch die von mir angestrebten Zwecke immer noch besser erfüllt als alle angebotenen Alternativ-Plattformen. Einstweilen versuche ich also, Elon Musk auszusitzen.
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