Mittwoch, 16. August 2023

Ich bin die Leute, vor denen die WHO mich immer gewarnt hat ...

Mein Gewicht heute früh nach Fastentag 1 von zwei nicht zusammenhängenden Fastentagen: 81,5 Kilogramm. Das schwüle Wetter hat mir gestern früh zu meinem Entsetzen 83,8 Kilogramm verschafft - bei geschwollenen Knöcheln, also wußte ich schon, daß ich die blöde Zahl auf der Waage nicht zu wörtlich nehmen mußte. Trotzdem, es wird Zeit, daß ich wieder lange Fastenintervalle mache. Deshalb habe ich für nächste Woche entschieden, wegen der aus privaten Gründen erforderlichen Unterbrechung des Fastens am Dienstag dann eben zwischen Mittwoch und Freitag drei Fastentage einzulegen. Neue Tiefstgewichte wird es damit freilich nicht geben, aber die hatte ich sowieso erst für September eingeplant.

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Mehr als vier von fünf Deutschen leben ungesund - jedenfalls wenn man annimmt, daß die Kriterien der Weltgesundheitsorganisation für Gesundheit wirklich maßgeblich sind zu den fünf Themenkomplexen körperliche Aktivität, Ernährung, Rauchen, Alkohol und Stressempfinden. Ich kann da nur für mich sprechen, aber wenn ich so etwas lese, dann spüre ich meinen Blutdruck steigen und denke ausschließlich Dinge, die nicht druckreif sind, weshalb ich sie hier auch nicht niederschreiben werde. Und jedes Mal bin ich froh, daß ich schon von ganz alleine in allen fünf Bereichen ziemlich genau das Gegenteil von dem zelebriere, was die WHO von mir zum meinem eigenen Besten gerne haben wollen würde. Vielleicht mit Ausnahme des letzten Kriteriums, je nachdem wie das genau definiert wird, denn ich merke ziemlich genau, wann ich mein Streßlevel herunterregeln sollte, weil ich mich nur für eine begrenzte Zeit unter Strom wohlfühle. 

Ich tippe sowieso darauf, daß ein nicht ganz kleiner Teil des ungesundesten Streßempfindens gerade von solchen Belehrungen erst kommt - und manchmal möglicherweise sogar direkt von der Umsetzung der Gesundheitsratschläge. Falsche Ernährungsratschläge machen dick, Dickwerden macht unglücklich, streßt gewaltig und macht manche depressiv, das Nicht-wieder-dünn-werden-Können auch, Antidepressiva machen sogar noch vielen dicker ... nur als eines von vielen Beispielen, wie Gesundheitsinformationen durch Experten Menschen stressen und krank machen könnten. Psychische Krankheiten werden mittlerweile - als Außenseitermethode - ebenso wie Epilepsie - keine Außenseitermethode mehr, glaube ich - mit ketogener Ernährung behandelt, was in beiden Fällen auch ziemlich erfolgreich zu sein scheint. Das läßt darauf schließen, daß es eben doch nicht egal ist, ob man tierisches Protein durch pflanzliches ersetzt. Forscher und Ärzte, die in diesem Bereich tätig sind, bemühen sich ebenso wie die WHO, dafür ein Bewußtsein zu schaffen, woran es ihnen aber fehlt, ist deren Reichweite. Daneben leiden sie, fürchte ich, an derselben Art von Scheuklappen, was den Umgang mit den Grenzen des Einsatzes ihrer Methoden betrifft (ich schrieb schon wiederholt darüber) - aber das wird erst in vollem Umfantg relevant, wenn sie dem aktuellen Ernährungs-Mainstream einmal die "Weltherrschaft" entrissen haben. 

Woran es in der Wissenschaft wohl fehlt, ist ein Rahmen, der es erschwert, sich im Wolkenkuckucksheim fiktiver Erfolge ausruhen, die sich in der statistischen Entwicklung der zugehörigen Krankheiten sowie des Allgemeinbefindens gar nicht widerspiegeln, und von dort aus Kritiker mit Steinen zu bewerfen, anstatt sich mit ihnen zusammenzutun, um herauszufinden, was an ihrer Kritik dran ist und wie man darauf aufbauen kann, um die Menschen gesünder zu machen.

Ob vegane Alternativen zu Milchprodukten nun gesundheitlich empfehlenswert sind oder nicht, im Moment sind sie jedenfalls (noch) in Mode. Das gilt zumindest für Deutschland - in anderen Teilen Europas ist die Begeisterung offenbar geringer, wie das Bundeszentrum für Ernährung die Ergebnisse einer Studie mit erkennbarem Bedauern wiedergibt, in der die Bereitschaft der Menschen in Dänemark, Deutschland, Frankreich, Italien, Polen und Spanien untersucht wurde, mehr pflanzliche Alternativen, hergeste3llt aus Getreide, Ölsaaten oder Hülsenfrüchten, zu Molkereiprodukten zu nutzen, weil sie, so der Bericht, doch eine deutlich bessere CO2-Bilanz hätten und deshalb zu einem "nachhaltigeren Lebensmittelsystem" beitrügen. Die Leute dort, bedauerten die Autoren, ließen sich leiderleider "stärker von sozialen Normen und kulturellen Traditionen beeinflussen". was nicht nur die Franzosen, Spanier und Italiener mit ihrer jahrhundertelangen Käsereitradition schwer zu überzeugen mache, sondern bespielsweise in Polen dazu führe, daß "Milchprodukte nach wie vor als gesund und insgesamt vorteilhaft" gälten. 

Die Formulierung ist entlarvend. Offenbar wird das Ziel verfolgt, Milchprodukte - und zwar völlig grundlos - als ungesund und nachteilig zu verteufeln. In Deutschland mit seiner auf diesen wie vermutlich auf jeden ideologiegetriebenen Ernährungshype mit besonderem Enthusiasmus anspringenden Bevölkerung sind Übergewicht und Fettleibigkeit allerdings viel verbreiteter als in den anderen untersuchten Ländern. Komischer Zufall oder ein Fall von Ursache und Wirkung?

Datei:Fettleibigkeit in Europa.svg

Was zum Teufel soll man jetzt eigentlich essen oder nicht essen? Die Antwort darauf, nehme ich an, läßt sich im Detail nur auf der individuellen Ebene finden. Das Problem dabei besteht darin, daß Ernährungsempfehlungen - egal ob vom Experten oder vom Guru mit der Außenseitermethode - im Grunde niemals blind vertraut werden darf. Und daß jemand studierter Epidemiologe oder Ernährungwissenschaftler ist und seine Methode außerdem nach besten Wissen und mit den besten Absichten anpreist, weil er glaubt, damit Menschen helfen zu können, macht die Sache nicht besser. "Most of the misinformation that comes from the scientific community isn’t due to outright misconduct but rather suboptimal research practices by presumably well-intentioned people. Failure to follow best practices in study design, analysis, and reporting can, and often does, lead to misleading results.", schrieb Stephan Guyenet vor einigen Monaten in einem langen Artikel über "die versteckten Kosten von Ernährungsdesinformation".

Ein wissenschaftliches Ergebnis, das habe ich ja auch schon wiederholt kritisch angemerkt, kann korrekt sein in dem Sinne, daß die Methode fehlerfrei und mit korrekten Daten angewandt wurde, aber dennoch nicht relevant sein, was eine Anwendung bei real existierenden Patienten betrifft, weil sie statistisch gesehen gar nicht zueiner gesünderen Bevölkerung führen. Das ist zum Beispiel der Fall mit wissenschaftlich nachgewiesenen Abnahmeerfolgen in zu kurzen Zeiträumen (weniger als zwei Jahre) und/oder die Bewertung des Erfolgs lediglich durch einen Vergleich von Ausgangs- und Endgewicht, ohne dabei das Tiefstgewicht, dessen Zeitpunkt in der Studie und anschließende Wiederzunahmen mitzuberücksichtigen. Falls das wissenschaftlich korrekt sein sollte, dann ist Wissenschaft, so verstanden, im richtigen Leben untauglich zu einer nutzbringenden Anwendung. Abnahmen mit anschließender Wiederzunahme sind gesundheitlich ja bestenfalls für'n Arsch und schlimmstenfall verschlechtern sie die Gesundheit noch weiter.

Dieses Problem halte ich außerdem für folgenschwerer als sämtliche bewußte Manipulation, etwa durch Nahrungsmittelkonzerne oder aus sonstigen Gründen materiell Interessierte, und zwar gerade deshalb, weil es durch Personen und Institutionen erzeugt wird, die als besonders vertrauenswürdig gelten.

Die Frage, wie viele Menschen in den USA speziell an Ernänhrungsdesinformation (also nicht lediglich an Ernährungsfehlern, sondern nur solchen, die auf ausdrücklichen Empfehlungen beruhen, sich auf eine bestimmte Weise zu ernähren) sterben, läßt sich laut Guernet nicht seriös beantworten, was ich erfrischend ehrlich finde. Er versuchte dennoch eine sehr grobe Schätzung und kam bei "zwischen 4.000 und 127.000" heraus. Damit ist noch nicht einmal klar, ob es sich um ein vernachlässigenswertes oder ein Problem handelt, bei dem gegengesteuert werden sollte. 4.000 Todesfälle pro Jahr, das klingt zwar viel, ist aber - ähnlich wie bei den angeblichen 3.300 Passivrauchtoten in Deutschland - bei 2,9 Millionen Todesfällen pro Jahr letztlich vernachlässigenswert, eine statistische Girlande ohne echte Aussagekraft. Gewissermaßen wären 4.000 Todesfälle in den USA unter allen Todesfällen nur Bestandteil des Grundrauschens. Die höhere der beiden Zahlen würde immerhin 5 Prozent aller Todesfälle ausmachen.

Ich glaube, Guyenet macht mit solchen Zahlenspielereien aber einen Fehler, er trägt nämlich damit - vermutlich nicht absichtlich - selbst zur Desinformation bei, denn die meisten Leute wählen sich entweder die kleinere oder die größere Zahl oder wählen eine Art Mittelwert und halten dies für wahr. In dieser Form verbreiten sie seine Erkenntnisse dann auch weiter und führen zu weiteren möglichen Fehlannahmen.

In Wirklichkeit ist Ernährungsdesinformation nur als Bestandteil eines krankmachenden Systems sinnvoll zu bewerten, in dem eine Menge krankmachende Faktoren in der Ernährung enthalten sind, darunter als einer von vielen auch die Desinformation. Es spielt keine Rolle, welchen Anteil an der Wirkung einer dieser Faktoren alleine hat, da sie ja zusammenwirken und sich oft auch gegenseitig verstärken. 

Daß die typische Ernährung in bestimmten Ländern häufiger als in anderen krank macht, dafür gibt es ein leicht nachweisbares Symptom, nämlich stetig und in allen Altersgruppen zunehmendes Übergewicht im Adipositas-Bereich plus parallel dazu ein Anstieg an den damit verbundenen Folgekrankheiten. Das sind die beiden Faktoren, die man beeinflussen sollte - und auch wenn ich mich damit wiederhole: An allen bisherigen Bemühungen war genau die Wirkung auf diese statistischen Daten überhaupt nicht überzeugend, egal wie elegant man ihren vermeintlichen Sinn wissenschaftlich beweisen konnte. Die korrekte Anwendung von statistischen Methoden reicht für sich alleine nun einmal in einer Studie noch nicht aus. 

Der einzige wirklich gültige Beweis für die Wirkung eines Mittels, den ich akzeptieren werde, ist eine rückläufige Entwicklung beim Anteil der Adipositas.


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