Mein Gewicht heute früh bei Halbzeit des langen Fastenintervalls, also nach zwei von vier Tagen: 90,2 Kilogramm. Gerade mal 300 Gramm über dem letzten Niedrigstgewicht vom vorletzten Freitag, das ich nach vier Fastentagen gehabt hatte. Das sieht so aus, als würde ich - wie beim letzten Mal - schon morgen, nach drei Tagen, ein neues Niedrigstgewicht zu verzeichnen haben, und falls meine Gesamtabnahme identisch mit der vom letzten Mal sein sollte, komme ich am Freitag bei 88,6 Kilogramm heraus.
Kann das wirklich sein, daß dieses verblüffende Abnehmtempo bereits die Wirkung von knappen zwei Wochen Low Carb ist? Aber die rasante Abnahme setzte schon nach der "Sommerpause" ein, als ich noch normal gegessen habe. Ich riskiere im Moment noch keine Analyse, dafür ist es noch viel zu früh. Aber plötzlich ist der nächste Meilenstein, nämlich 87 Kilogramm, gar nicht mehr so weit entfernt.
87 Kilogramm, das bedeutet nämlich: < BMI 30, und außerdem: 60 Kilogramm Gewichtsabnahme.
Aber auch mein Startgewicht ins lange Fastenintervall vom Montag, 93,4 Kilogramm, ist schon ein Meilenstein gewesen: Zum ersten Mal ist der "Vorher-Wert" - auf den es ja eigentlich ankommt - weniger als 20 Kilogramm von meinem Zielgewicht entfernt. Allmählich kann ich offenbar damit anfangen, mir eine Strategie für die letzten zehn Kilos auszudenken, auch wenn ich noch nicht so genau sagen kann, ab wann sie zum Einsatz kommen wird. Ich nehme an, damit werde ich mich befassen, wenn ich mein zweites Experiment, das EMS-Training in den Monaten Januar und Februar, beendet habe. Sollte beides zu meiner Zufriedenheit verlaufen sein und im März ein Gewichtsminus im Vergleich zum September erbracht haben, dann werde ich möglicherweise beides mal in Kombination ausprobieren, nicht dauerhaft, sondern wieder nur zwei Monate lang. Ideal wäre wohl der nächste Herbst, also mal sehen, wie es dann mit meinem Gewicht aussieht. Vielleicht liege ich dann ja tatsächlich schon weniger als 10 kg von meinem Zielgewicht entfernt?
Na ja, träumen wird man ja noch dürfen. Vielleicht kommt ja alles doch wieder ganz anders. ;-)
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Zur Zeit geht mir der Optimierungswahn im Gesundheitsbereich mal wieder mächtig auf die Eierstöcke. Gestern etwa brüllte meine Zeitung mich schon auf der Titelseite an: "Nur noch jeder neunte Bundesbürger hat einen rundum gesunden Lebensstil".
Also, ich gehöre nicht zu diesen ca. 11 Prozent Heiligenscheinträgern und lege auch gar keinen Wert darauf. Und was ich wirklich mal gerne sehen möchte, ist eine Studie, in der die Gesundheit der Gesundheitsfanatiker mit dem Durchschnitt verglichen wird. Ich habe nämlich ernste Zweifel daran, daß es ihnen wirklich besser geht. Fanatismus ist ja aus sich selbst heraus ungesund.
Apart finde ich auch, wie "Gesunder Lebensstil" definiert wird - ein Blick in den Volltext der Studie bringt es an den Tag:
Berechnung der Benchmarks zum „gesunden Lebensstil“ Um auch in 2021 Aussagen zum Gesundheitsverhalten der Deutschen treffen zu können, orientieren wir uns an den bisher bekannten „Testtrennwerten“, kurz: Benchmarks. Bei der körperlichen Aktivität haben wir den Benchmark an die aktualisierten Mindestaktivitätsempfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von 2020 angepasst1 und diesen aktualisierten Benchmark auch für die vorherigen Jahre zur besseren Gegenüberstellung berechnet. Die Benchmarks ermöglichen einen Vergleich über die Jahre 2010 bis 2021 in folgenden Kategorien für einen gesunden Lebensstil:
• körperliche Aktivität • Ernährung • Rauchen • Alkohol • Stressempfinden
Werden alle Benchmarks in diesen fünf Lebensbereichen erfüllt, ist ein „rundum gesunder Lebensstil“ realisiert.
An dem Tag, an dem ich hier im Blog, liebe Leserinnen und Leser, verkünden werde, daß ich alle diese "Benchmarks" (alleine schon dieser Begriff aus dem Wirtschaftswissenschaftler-Rotwelsch ist mir schon ein rotes Tuch; im Bereich Gesundheit hat er m. E. gar nichts verloren), bin ich von feindlichen Mächten entführt worden und sende damit einen versteckten Hilferuf. Ich halte überhaupt nichts davon, aktiv einen "gesunden Lebensstil" zu verfolgen. Mein Ziel ist nicht Gesundheit, sondern Wohlbefinden, übrigens eine sehr wichtige Voraussetzung für Gesundheit, die von den Weißkitteln interessanterweise nicht einmal erwähnt wird. Auf mein Wohlbefinden lege ich größten Wert, und alles, was zufälligerweise doch einem "gesunden Lebensstil" in meinem Leben gleicht, tue ich nur zum Zweck eines gesteigerten Wohlbefindens, weil sich das zugehörige Mittel dafür bewährt hat.
Aber gleichzeitig ist diese Tatarenmeldung, näher betrachtet, sowieso unseriös. Denn wie kann man ernsthaft die Befragungsergebnisse aus einem Coronajahr (Befragungszeitraum: März bis Mai 2021) mit einem der Vorjahre vergleichen? Die Leute waren vielfach im Homeoffice, die Fitnessstudios hatten zu, es gab Kontaktverbote und wenig Anlässe, das Haus zu verlassen, aber dafür gute Gründe, das Auto statt der Öffis zu nehmen. Selbstverständlich gab das in allen diesen Bereichen einen heftigen Knick nach unten. Nur, dieser Knick sagt noch nichts aus, solange man nicht überprüft hat, wie sich die Werte im nächsten einigermaßen normalen Jahr weiterentwickeln.
Verbrochen hat dieses Machwerk die private Krankenversicherung DKV, hier die relativ gut versteckte Studie im Volltext. Für mich ein Paradebeispiel für Agitation einer "Pressure Group" mit professioneller Marketingstrategie, es waren die richtigen Buzzwords enthalten, um unsere Medien - wie das ja öfter mal passiert - in eine blindwütige Erregungsmaschinerie zu verwandeln und uns einem manchmal wochenlangen Veitstanz auszusetzen. Das ist keine Verschwörung im eigentlichen Sinne, es ist "Aufmerksamkeitsmanagement". Jeder Kleintierzuchtverein bemüht sich heutzutage darum. Tatarenmeldungen sind natürlich das beste Mittel, um Aufmerksamkeit zu wecken. Was das mit den Leuten macht, täglich mit so etwas zugeschüttet zu werden, darüber scheint niemand außer mir nachzudenken. Ich merke ja, was es mit mir macht: Ich werde aggressiv.
Das sind so die Momente, in denen ich Verschwörungsfuzzis, von den Covidioten aufwärts, verstehen kann. Nur, sobald solche Leute dann anfangen, irgendwelchen selbsterklärten Gurus nachzulaufen und deren meist gräßlich einfältige Weisheiten nachzuplappern, haben sie mich natürlich wieder verloren. Faustregel: Nur weil man der einen Seite nicht trauen kann, heißt das noch lange nicht, daß jemand, der ihr widerspricht, recht hat. Je hitziger eine Kontroverse debattiert wird, desto wahrscheinlicher haben beide Seiten unrecht. Es ist immer falsch, ein Urteil ungeprüft von Dritten zu übernehmen.
Das gilt natürlich auch für die von mir weiterhin mit einem Auge verfolgte Low-Carb-Gemeinde bei Twitter. Sogar die Gescheitesten von ihnen - etwa Gary Taubes - leisten sich Klöpse, die ich mühelos anhand meines eigenen Beispiels falsifizieren kann. Wenn er etwa behauptet, bei entsprechender genetischer Veranlagung könne nur eine Vermeidung von Kohlehydraten eine Abnahme bewirken, dann habe ich mehr als 50 Kilogramm Gewichtsverlust ohne Low Carb in die Waagschale zu werfen. Daß jetzt möglicherweise Low Carb meine Abnahme noch einmal unerwartet stark beschleunigen könnte, macht dies ja nicht ungeschehen.
Natürlich würde Taubes nun behaupten, ich hätte diese genetische Veranlagung eben nicht. Bleibt allerdings die Frage, wovon ich dann eigentlich auf 147 Kilo Lebendgewicht gekommen sein soll.
Der verlinkte Artikel ist noch wegen einer der dort verlinkten Quellen interessant. Schon im Jahr 2007, stellte sich da heraus, ergab eine Auswertung von 31 ausreichend lange dauernden, also mehrjährigen Studien durch die UCLA das Ergebnis, daß Diäten nur selten zu einer dauerhaften Abnahme, aber zu ca. 50 % zu einer Zunahme führen, mit der das Ausgangsgewicht noch einmal überschritten wurde. Die Forscher kamen zu einem Ergebnis, das eigentlich eine Binse sein müßte, aber sonst selten ausgesprochen wird: daß es nämlich mindestens für diesen Teil der Teilnehmer vermutlich gesünder gewesen wäre, sich dem Gewichtsreduktionsprogramm nicht zu unterziehen. Und hier sind wir wieder beim "gesunden Lebensstil" und der DKV. Wie kommen die überhaupt auf das schmale Brett, zu behaupten, sie wüßten ganz genau, was gesund erhält und was nicht? Niemand wird die Folgen meiner gesundheitlichen Fehler von mir nehmen können - aber dann ist es mir allemal immer noch lieber, wenn es meine eigenen Fehler gewesen sind, nicht solche, die mir von Experten aufgeschwatzt wurden.
2007! Das ist 14 Jahre her. Ist es nicht deprimierend, daß so ein Ergebnis nicht dazu geführt hat, daß die Wirkungsweise der angewandten Gewichtsreduktionsmethoden einmal kritisch hinterfragt werden? Denn sowohl Low Carb als auch Intervallfasten sind im Grunde immer noch Außenseitermethoden und die Wirkmechanismen gehören bei beidem endlich einmal ernsthaft untersucht, denn in beiden Fällen stimmen sie nicht ausreichend mit der angebotenen Theorie überein (täten sie das, würde die Abnahme nicht bei praktisch allen, die sie länger als ein Jahr langsamer werden oder ganz ins Stocken geraten), sind aber beide - mindestens bei einer bestimmten Zielgruppe, der ich offenbar zugehöre - um Welten erfolgreicher als alle kalorienbasierten Ansätze.
Der Gedanke macht mich echt irre, daß ich ein Riesenglück hatte, weil ich vor vier Jahren nicht zu einem Arzt gegangen bin, dessen gut gemeinter Rat mich vermutlich binnen weniger Jahre auf den Friedhof gebracht hätte. Was mich aber mindestens ebenso verstört, ist diese Fixiertheit auf die Methode - Low Carb oder Intervallfasten - statt sich auf die zugehörigen Wirkmechanismen zu konzentrieren, auf die es doch eigentlich ankommt. Es ist doch piepegal, welche von zwei oder vielleicht auch drei oder vier möglichen Methoden man anwendet, wenn sie alle aus demselben Grund Wirkung zeigen.
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