Donnerstag, 10. Februar 2022

Ihre freundliche Ernährungmythologin empfiehlt

Mein Gewicht heute früh zu Beginn von Fastentag 2 der Woche: ärgerliche 92,7 Kilogramm. Eigentlich hätte ungefähr ein Kilogramm weniger herauskommen müssen, aber letzte Nacht bekam ich fieses Sodbrennen und fühle mich sehr verstopft, weshalb das Sodbrennen leider immer noch nicht ganz weg ist. Eigentlich ist das mit dem Sodbrennen, wenn ich es ausnahmsweise doch mal wieder bekommen habe, sonst immer so gewesen, daß ich morgens nach dem Kaffee aufs stille Örtchen mußte und danach nicht nur erleichtert wieder herauskam, sondern auch das Sodbrennen weg war. 

Gestern hat mein Mann gekocht. Auch wenn es mir gut geschmeckt hat: Für meinen Geschmack kocht er immer einen Tick zu fettig. Ich weiß schon, warum ich in letzter Zeit das Kochen mehr und mehr an mich gerissen habe. Das von mir gekochte Essen bekommt mir einfach besser.

Da aber nichts so schlecht ist, daß es nicht für irgendwas gut wäre: Dafür werde ich wahrscheinlich von heute auf morgen mehr Gewicht als sonst verlieren. Im Extremfall könnte es sogar einer der seltenen Fälle werden, in denen ich nach einem einzigen Fastentag ungefähr 3 Kilogramm minus verzeichne, denn daß ich von gestern auf heute 2,4 Kilogramm mehr auf die Waage brachte, ist ebenfalls ganz schön extrem. Gut, ist ja alles nur aus dem Bereich "Gas, Wasser, Scheiße", trotzdem sieht man so was natürlich nicht besonders gerne.

In den weiteren Aussichten steht nächste Woche wieder ein viertägiges Fastenintervall bevor, denn ich habe entschieden, daß ich bis auf weiteres alle Spätschichten meines Mannes für viertägige Fastenintervalle nutzen werde, weil ich später im Jahr, ab ca. Mitte April, damit rechnen muß, ziemlich viele lange Fastenintervalle nicht machen zu können. Also nehme ich vorher alle mit, die machbar sind, und hoffe, daß das in Kombination mit meiner nächsten Low-Carb-Phase, die in drei Wochen beginnt, ab März endlich den heiß ersehnten weiteren Schub nach unten gibt, der unter Zuhilfenahme von EMS-Training vorher nicht kommen wollte.

Aber warum ich eigentlich heute einen (für meine Verhältnisse ungewöhnlich kurzen) Blogbeitrag schreibe: Es ist noch keine drei Wochen her, da mutmaßte ich in meinem Blogartikel über den Trendreport Ernährung, daß in den Augen dieser "Experten" jemand wie ich zu den Verbreitern von Ernährungsmythen gehören müsse, der als einer der Trends aufgezählt wurde. Und schau an, da haben wir es doch

"Und bei den Kohlenhydraten kann ich es auch nicht oft genug sagen: Esst mehr Vollkorn und weniger Zucker, dann machen euch Kohlenhydrate auch nicht dick, sondern satt."

Wobei schon der Satz "Kohlenhydrate machen dick" ein Popanz ist, aufgebaut, um ihn mit viel Theaterdonner erschlagen zu können, nämlich eine reichlich unterkomplexe Aussage, die dem, was die "Ernährungsmythologen" im Web wirklich schreiben, nicht so ganz gerecht wird. Grob gesagt, geht es weniger um das Nicht-Zunehmen, sondern um das Abnehmen, es geht um Diabetes, es geht um hormonelle Faktoren, die durch Kohlenhydrate bzw. durch den Verzicht auf selbige günstig beeinflußt werden können. Die Gewichtsabnahme ist dabei letztlich ein Nebenprodukt, obwohl es natürlich genau dies ist, worauf ein Großteil der Low-Carb-Enthusiasten den meisten Wert legt. 

Die zugehörigen "Ernährungsmythen", die ich hiermit noch einmal ausdrücklich als selbst erlebte Erfahrung meines Low-Carb-Experiments vom Herbst verbreite, weichen in meiner eigenen Version vom "Low-Carb-Mainstream" ein wenig ab. Meine Erfahrung zeigt nämlich, daß es, um erfolgreich Gewicht zu verlieren, keineswegs erforderlich ist, die Version "so wenig Kohlenhydrate wie mit aller Gewalt möglich" umzusetzen, wie das viele Keto-Jünger auf die Bibel zu schwören bereit wären. Bei mir reichte ein Durchschnittswert von hundert Gramm Kohlenhydraten pro Tag in Kombination mit Intervallfasten aus, um in einer Jahreszeit, in der mir mit Intervallfasten alleine noch nie eine Abnahme gelungen ist, sondern ich im Gegenteil zu meinem Verdruß immer ein wenig zunahm, plötzlich eine Abnahme deutlich über Durchschnitt zu erreichen. 

Normales Weizenmehl enthält auf 100 Gramm ca. 70 Gramm Kohlenhydrate. Das gesamte Weizenkorn (also die Grundlage für Vollkornmehl) enthält knapp 60. Mit Vollkorn kann man sich also definitiv nicht kohlenhydratarm ernähren.  Hätte ich das normale Mehl lediglich durch Vollkornmehl ersetzt, hätte das letzten Herbst kaum funktioniert, denn daß eine kohlenhydratarme Ernährung - wie in meinen Blogartikeln während des Experiments beschrieben - auch einige andere auffällige Veränderungen mit sich brachte - etwa einen beschleunigten Verdauungsprozeß -, legt ja nahe, daß da irgendeine Verbindung zu der unerwartet hohen Abnahme besteht. Am Rande erwähnt: Mit Low Carb wäre mir auch das verdammte Sodbrennen nicht passiert. Egal, wie fettreich ich im Herbst gegessen habe, ich bekam davon kein einziges Mal Sodbrennen, nicht einmal dann, wenn ich später als sonst zu Abend gegessen habe.

Ich will nicht ausschließen, daß meine Abnahme noch höher hätte ausfallen können, falls ich bei der Ernährung Keto-Maßstäbe (unter 50 Gramm KH und möglichst noch weniger) angelegt hätte. Aber für mich ist das ein klarer Fall, in dem ich Suffizienz-Maßstäbe anlege. Denn ich sehe überhaupt nicht ein, warum ich mir das Leben komplizierter und unangenehmer als nötig machen soll.

Meine Abnahme hat sich außerdem größenteils als stabil erwiesen: Im Vorjahresvergleich liegt mein Gewicht weiterhin ungefähr 8 Kilogramm niedriger. Vor dem Low-Carb-Experiment waren es nur 5 Kilogramm. Das ist deshalb wichtig, weil es bedeutet - und darin unterscheidet sich diese Sache von einer "normalen" Diät mit ihrem Jojo-Mist -, daß ich auch mit vorübergehendem Einsatz von Low-Carb-Phasen arbeiten kann, um meine Abnahme zu beschleunigen, also von meinem Prinzip "Was ich nicht für den Rest meines Lebens weitermachen will, besser gar nicht erst anfangen" in diesem Fall abrücken kann. Und obwohl ich mich auf meine nächste Low-Carb-Phase wirklich freue und schon fleißig Rezepte sammle, wäre ich doch niemals bereit, dauerhaft auf Fladenbrot, Ciabatta oder andere Köstlichkeiten aus Weizenmehl zu verzichten. 

(Übrigens kaufe ich mein Mehl jetzt auch auf dem Wochenmarkt, da endlich dort genau die Art von Mehl angeboten wird, die ich mir schon die ganze Zeit gewünscht habe: Mehl aus Getreide, das in der Region gewachsen ist, in einer Mühle ganz in der Nähe gemahlen wurde und vom Erzeuger direkt verkauft wird. Genau das sind die Faktoren, die mir wichtig sind. Daß es nebenbei auch noch Demeter-Standards entspricht, nehme ich als Dreingabe mir, ohne daß es mir aber darauf angekommen wäre, und daß es auch in einer Vollkorn-Version angeboten wird, nahm ich zur Kenntnis, ohne deshalb auch Vollkorn zu kaufen. Es kostet natürlich dreimal soviel wie das Mehl im Discounter, aber das ist es mir - im Gegensatz zu den Produkten, die im Biosupermarkt angeboten werden - auch wert.)

Noch einmal: Die Theorie ist mir scheißegal. Ich habe keine Ahnung, ob und wenn ja wie weit die Low-Carb-Theoretiker vielleicht mit ihren Annahmen über die Gründe, warum Low Carb funktioniert, danebenliegen. Aber daß es bei mir funktioniert hat, diese Theorien praktisch anzuwenden, das jedenfalls kann ich bestätigen. Selbstgefällig-ahnungslosen Theoretikern wie dieser Ernährungswissenschaftlerin Julia Icking scheint es immer völlig egal zu sein, ob das, was sie empfehlen, in der praktischen Anwendung wirkt oder nicht, aber für mich ist es das einzige Kriterium, das ich als maßgeblich zu akzeptieren bereit bin. 

Ob dieselbe Wirkung wie bei mir bei jedem eintreten würde, weiß ich natürlich nicht. Aber es gibt eine ausgezeichnete Methode, das herauszufinden: Einfach ausprobieren. Außer ein paar Pfund Gewicht hat man dabei ja nichts zu verlieren.


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