Samstag, 23. November 2019

Fernsehkritik: Die ARD-Reportage "Abnehmen, um zu überleben"

Mein Gewicht heute, nach drei Fastentagen diese Woche: 101,6 Kilogramm. Der symbolträchtige Moment, in dem ich zum ersten Mal seit fast zwanzig Jahren wieder ein zweistelliges Gewicht erreichen werde, winkt also weiterhin nur von ferne. Tja, das ist wohl die Jahreszeit. Dieses Jahr nervt mich das besonders, weil das ganze Jahr schon zäher als erhofft gelaufen ist. Erfreulich immerhin, daß meine Körpermaße sich weiter verändern. Letzte Woche war es am Oberkörper, daß ich auf einmal einen Zentimeter weniger gemessen habe, und heute fiel mir auf, daß meine Jeans an den Oberschenkeln viel mehr Luft hat, als ich erwartet hatte. Ich sollte mir langsam doch mal die nächstniedrigere Größe kaufen, vielleicht brauche ich sie bald, unter Umständen sogar noch, bevor ich endlich die 99,999 geknackt habe. 

Heute habe ich in der ARD-Mediathek eine Reportage  gesehen, die mich mit sehr gemischten Gefühlen zurückgelassen hat. Immer wieder mache ich mir vergleichbare Gedanken, eigentlich schon seit über zehn Jahren: Ich traue Fernseh-Reportagen schon lange nicht mehr und sehe sie deshalb eigentlich nur noch dann, wenn ich mir von vornherein ein eigenes Urteil zum Thema wenigstens in gewissem Maße zutrauen kann. Andernfalls ist mir das Risiko, auf eine manipulativ-einseitige Darstellung hereinzufallen, viel zu groß.

Das ist irgendwie traurig. Eigentlich möchte ich den Medien gerne vertrauen können. Aber auch in dieser Doku über die 47jährige Sonja Bauer, die zu Beginn des Films glaubhaft lebensbedrohliche 215 Kilogramm auf die Waage brachte und unbedingt abnehmen sollte, fanden sich schon auf den ersten flüchtigen Blick mehrere Pferdefüße. Im Grunde fand ich an dieser Dokumentation das, was nicht gezeigt und beschrieben wurde, viel interessanter als das, was man die Zuschauer sehen ließ.

Was mir vor allem gefehlt hat, ist ein genauerer Blick auf die Vorgeschichte, über die verdächtig rasch hinweggegangen wurde, obwohl gerade hier viele Fragen sich aufdrängten. Mehr als 100 Kilo hat Sonja schon als Jugendliche gewogen, heißt es zum Beispiel. Dazu sieht man Bilder aus ihrer Kindheit in einem Fotoalbum, das sie durchblättert. Und in der Tat, das abgebildete Mädchen ist pummelig. Aber meinem subjektiven Eindruck nach nicht schlimmer, als ich es im gleichen Alter war, und mein Gewicht lag mitnichten bei 100, sondern um die 70 Kilo, was mir damals übrigens schlimm genug vorkam.

Unklar ist auch, wie der Verlauf ihres Gewichts als Erwachsene gewesen ist. Es wird suggeriert - aber natürlich nirgends ausdrücklich behauptet -, daß es im Prinzip ein linearer Anstieg gewesen ist, lediglich noch zusätzlich gesteigert durch Frustessen in bestimmten Lebensphasen.

Es fällt mir nicht schwer, mich mit Sonja Bauer zu identifizieren, deren Maximal-BMI bei über 80 lag. Ich habe nämlich den dringenden Verdacht, die Gewichtsentwicklung dieser Frau war bis zu einm bestimmten Punkt ungefähr vergleichbar mit der bei mir. Also erst eine schleichende Zunahme über Jahrzehnte hinweg, dann setzte die Menopause ein, und krachbumm, auf einmal schoß das Gewicht steil nach oben. Was uns dabei vor allem unterscheiden dürfte: An diesem Punkt, der Sonja Bauer ähnlich alarmiert haben dürfte wie mich, taten wir unterschiedliche Dinge. Ich rang im stillen Kämmerlein um irgendeine Lösung und geriet durch schieres Glück ans Intervallfasten. Sie ging zu einem Arzt, der sie nach bestem Wissen und Gewissen untersuchte, Diabetes feststellte und ihr Insulin verschrieb, natürlich verbunden mit Ermahnungen, sie müsse abnehmen, und möglicherweise sogar einigen einschlägigen Hilfestellungen, die auf der Kalorienlogik basierten - was aber sogar ohne das Insulin zum Scheitern verurteilt gewesen wäre, aber so natürlich ihre Gewichtszunahme nur noch weiter beschleunigte. So wurde sie zu einem "hoffnungslosen Fall", bei dem außer einer radikalen Magenverkleinerung nach Meinung ihrer Ärzte gar nichts mehr helfen konnte.

Das hätte ich sein können, dachte ich während des gesamten Films. Ich habe diesen Gedanken keine einzige Sekunde von mir abschütteln können, während ich ihn angesehen habe, und alleine deshalb schon wünsche ich ihr von ganzem Herzen Erfolg. Aber aus genau demselben Grund muß ich ebenso sagen, daß ich ein verdammt mieses Gefühl bei solchen "Werbesendungen" für die bariatrische Chirurgie habe. (Ich sah vor Jahren schon einmal eine, die mich sogar noch weniger überzeugte.) Vielleicht gibt es wirklich Fälle, in denen mehr für sie spricht als gegen sie, aber gerade der Fall Sonja Bauer ist meiner Meinung nach keiner davon. Dazu später mehr.

In der Doku wurde nicht nur der Eindruck vermittelt, daß es bei Sonja Bauer eine lineare Gewichtszunahme gegeben hätte, sondern ganz nebenbei auch die angeblichen Gründe dafür erwähnt: ihre Vorliebe für "Schnitzel, Rouladen und Braten" sowie zu üppiger Wurstbelag ihrer Brötchen. Aber in Wirklichkeit halte ich es für ganz unmöglich, alleine wegen seiner Ernährung ein Lebendgewicht von mehr als 200 Kilogramm zu erreichen. Genauso unmöglich ist es eigentlich auch, innerhalb von nur drei Wochen sage und schreibe 30 Kilogramm abzunehmen ... aber genau das ist Sonja Bauer nach ihrer Krankenhauseinlieferung mit Hilfe einer ganz simplen 800-Kalorien-Diät gelungen. Diese Diät wurde ihr dort als Voraussetzung für die OP mit dem Ziel einer Gewichtsabnahme von 20 Kilogramm verpaßt.

Schon dieses Ziel klang ehrgeizig, und es wurde um 50 % übertroffen. Die Frage ist, wie sich das eigentlich erklären lassen soll. Im Film wurde eine Erklärung nicht einmal versucht, stattdessen wurde der Eindruck vermittelt, daß es sich um ein Ergebnis im aus Kalorienlogik erwartbaren Rahmen gehandelt habe. Das stimmt aber nicht. Nach Kalorienlogik müßte Frau Bauer für eine solche Gewichtsabnahme  in diesen drei Wochen im Vergleich zu der Zeit vorher 210.000 Kalorien eingespart haben, das entspricht 10.000 Kalorien am Tag. Dies bedeutet, sie müßte in der Zeit vor der Krankenhauseinlieferung täglich mindestens um die 11.000 Kalorien am Tag verschlungen haben.

Das ist aus mehreren Gründen eine absurde Vorstellung. Nur um die Größenordnung am Beispiel der vermeintlichen Übeltäter in ihrer Ernährung zu verdeutlichen: Rinderrouladen enthalten je Kilogramm ca. 1300, Schweinebraten 1100, Wiener Schnitzel immerhin 2300 Kalorien. Und was die zu dicken Wurstbeläge auf den Brötchen betrifft: 1 Kilogramm Schinkenwurst hat 2400 Kalorien. Salami 3400 Kalorien, Leberwurst 3000 Kalorien.

Um auch noch ein paar der im Vergleich dazu wüsteren Kalorienbomben für einen Vergleich zu präsentieren: Bratwurst wären 3200. Haushaltszucker 4000. Vollmilchschokolade 5400. Butter 7200.

Um auf 11.000 Kalorien am Tag zu kommen, hätte die Patientin jeden Tag 1,5 Kilogramm Butter pur essen können. Oder fast drei Kilo puren Zucker. Über 3,5 Kilogramm Bratwürste. Oder sage und schreibe zehn gottverdammte Kilogramm von dem angeblich zu häufig genossenen Schweinebraten.

Alternativ kämen in Frage: 
  • 12 ganze Tiefkühlpizzen
  • 3 Kilogramm Pommes zusammen mit einem halben Pfund Mayonnaise und einem halben Pfund Ketchup
  • 40 Big Macs
  • 2 Kilogramm Kartoffelchips

Wohlgemerkt: Diese Mengen gelten für: Jeden. Einzelnen. Verdammten. Tag.

Das ergibt nicht einmal dann einen Sinn, wenn man es - außerhalb von Bulimiker-Freßorgien - überhaupt für physisch möglich hält, solche Mengen zu verspeisen:


Frau Bauer war vor ihrer Krankenhauseinlieferung aber schon längst nicht mehr imstande, selbst einzukaufen. In einer Einstellung war eine Nachbarin zu sehen, die ihr ins Bett hineinhalf, weil sie auch das nicht mehr ohne Hilfe bewerkstelligen konnte. Falls diese Nachbarin sich um sie gekümmert haben sollte, hat sie vielleicht auch für sie eingekauft. Einmal ganz abgesehen von den Kosten, bei denen ich mich frage, wo die kranke Sonja Bauer das Geld hergenommen haben soll: Ist es wirklich vorstellbar, daß eine hilfsbereite Nachbarin ihr solche grotesken Mengen an Kalorienbomben herbeigeschleppt hat? Aber wenn ich annehme, daß die Krankenkasse der Patientin eine Haushaltshilfe bewilligt hatte: Darin war Einkaufen zweifellos mit enthalten, aber doch wohl in eher haushaltsüblichen Mengen, sollte man meinen. Außerdem wurde ja behauptet - oder wenigstens suggeriert -, vor der Entscheidung, daß dieser Frau nur noch eine OP helfen kann, wäre sie schon geraume Zeit ärztlich behandelt worden, und man sollte ja meinen, daß da - spätestens als sie ihren Beruf als Altenpflegerin nicht mehr ausüben konnte - auch ein gewisser Fokus auf ihrer Ernährung gelegt worden sein müßte. Daß eine von der DAK beauftragte Haushaltshilfe die Anweisung bekommen haben soll, ihren Kühlschrank täglich kiloweise mit Kalorienbomben zu füllen, ist ein recht abwegiger Gedanke.


Ein weiterer Fingerzeig, daß hier irgendetwas ein bißchen anders gelaufen sein muß, als man es Lieschen Müller in diesem Film auf dem Wege der Suggestion untergejubelt hat, sind Sonja Bauers extrem angeschwollene Beine. Meine Beine waren zeitweise auch ganz schön geschwollen (ja, das ist inzwischen ganz erheblich besser geworden, wenn ich auch weiterhin abends sichtbare Schwellungen vor allem am linken Bein habe), aber, ganz ehrlich, solche Beine wie die von Frau Bauer habe ich in meinem ganzen Leben noch nie gesehen und möchte nie am eigenen Leibe erfahren, wie sich so etwas anfühlt. Im Film wurde dies als Elephantiasis bezeichnet, was ich nicht anzweifeln werde. Aber dabei handelt es sich um Flüssigkeitsansammlungen, nicht um Fett.

Bei mir sind die Schwellungen immer über Nacht durch das Liegen zurückgegangen, aber Sonja Bauer scheint sowieso den größten Teil der Zeit im Bett verbracht zu haben. Falls also ihre Abnahme vor der Operation zum Teil auf Flüssigkeitsverlust zurückzuführen gewesen sein sollte, lag es jedenfalls nicht daran, daß sie diese drei Wochen ebenfalls im Bett verbracht hat, weil das keine Veränderung zu vorher gewesen sein kann.

Als Zuschauer wäre ich vielleicht ein bißchen schlauer aus der ganzen Geschichte geworden, wenn verraten worden wäre, in welchem Zeitraum sich diese monströse Schwellung entwickelt hatte, ob versucht worden war, sie zu behandeln, und wenn ja, warum sie dennoch so extreme Ausmaße angenommen hat. Oder war dieses Kind doch schon in den Brunnen gefallen, als sich Frau Bauer erstmals hilfesuchend an einen Arzt wandte?

Auch wenn ein Teil der Abnahme von 30 Kilogramm tatsächlich auf einen Rückgang dieser Flüssigkeit zurückzuführen gewesen sein sollte: Ich fand die Behauptung im Film überhaupt nicht überzeugend, daß die Operation die einzige Möglichkeit für Sonja Bauer gewesen sein soll, und es hätte mich sehr interessiert, wie groß der Unterschied in der Gesamtabnahme gewesen wäre, wenn statt einer OP das 800-Kalorien-Programm weiter durchgeführt worden wäre.

Tatsächlich nahm Frau Bauer nämlich nach der OP "nur" noch von 185 Kilogramm auf 140 Kilogramm ab und dann ging es nicht mehr weiter runter. Dies war auch der Grund, warum dann einige Zeit danach (wie viele Monate später, wurde im Film leider nicht verraten) noch eine zweite Operation, ein "Bypass", nachgeschoben wurde, der die Abnahme wieder beschleunigen sollte. Ich bin nun wirklich kein Fan von Diäten, aber angenommen, diese ziemlich radikale Diät in der Vorbereitungsphase der OP wäre statt drei Wochen drei Monate lang durchgeführt worden, wäre sie möglicherweise ganz ohne Operation bei einem ganz ähnlichen Gewicht herausgekommen. (Aber natürlich bin ich insgeheim vor allem der Meinung, Intervallfasten hätte eine noch bessere und vor allem dauerhafte Wirkung gehabt.)

Am Ende des Films, also nach zwei Operationen und 1,5 Jahre nach den ersten Filmaufnahmen, hatte Sonja Bauer, wie man erfährt, 80 Kilogramm abgenommen. Das entspräche somit einem Körpergewicht am Ende des Films von 135 Kilogramm. Einige weitere Operationen standen allerdings da noch aus, nämlich die Fettschürzen-OPs. Ja, mehrere. Nie im Leben wäre dafür eine einzige OP ausreichend, denn es geht nicht nur um den Klassiker, den Bauch, sondern auch um die Arme und ganz besonders auch um die Beine, an denen die herunterhängende Haut jede Bewegung behinderte, und mindestens diese letztere Operation wird die Krankenkasse mit Sicherheit bezahlen, weil es offensichtlich ist, daß sie notwendig ist, um Sonja Bauer wieder ein normales Leben zu ermöglichen.

Nach allen erforderlichen Operationen, darf man annehmen, wird Sonja Bauer - ganz ohne jede weitere "echte" Gewichtsabnahme gewichtstechnisch ungefähr auf Augenhöhe mit mir sein, denn das durch die OPs noch wegfallende Gewicht der Fettschürzen dürfte sie in die Nähe der 100-Kilo-Grenze bringen. Falls sie bis dahin zusätzlich auch noch ein paar Kilos an Fett verliert, kann sie mir vielleicht sogar schon aus dem zweistelligen Bereich zuwinken, den ich bis dahin aber hoffentlich ebenfalls erreicht haben werde.

Auch wenn man davon ausgehen kann, daß Sonja Bauer fürs Fernsehen optimal gestylt wurde: daß sie ein wirklich hübsches Gesicht hat, konnte man schon in ihrer >200-kg-Phase erahnen, und zum Ende des Films sah sie, fand ich, richtig toll aus. Umso mehr fiel aber mir ihr Haarausfall auf, von der ersten bis zur letzten Einstellung hatte sie stark gelichtetes Haar. Ich frage mich, ob es zwischen diesem Haarausfall und ihrer rasanten Zunahme eine Verbindung geben könnte. Tante Google half mir da nicht so recht weiter, sieht man einmal davon ab, daß nach den dort flüchtig gesichteten Ergebnissen der ersten Seite Magenverkleinerungen dieses Problem eher zu verschlimmern scheinen, als sie zu verbessern.

Es könnte natürlich auch umgekehrt sein, daß der Haarausfall keine Folge der Zunahme war, sondern ein zweites Symptom derselben Ursache wie die Zunahme. Woran ich dabei spontan dachte, war PCO, polyzstisches Overialsyndrom, das neben anderem sowohl zu Haarausfall als auch zu Adipositas führt. Etwa in Minute 21 glaubte ich in einer Filmeinstellung, in der man ihr Gesicht noch näher als sonst sah, noch ein weiteres typisches Symptom für PCO zu erkennen, nämlich leichte Stoppeln einer abrasiertem Behaarung unter dem Kinn. Es wäre wirklich interessant zu wissen, ob Frau Bauer noch weitere PCO-Symptome hat, ob die sie behandelnden Ärzte diese Symptome einfach ignoriert oder sich auch mit ihnen befaßt haben und wenn ja, in welcher Weise das in die Behandlung eingeflossen ist. Aber leider erfährt man darüber in der Dokumentation nichts, wahrscheinlich, weil nichts daran die These stützt, daß Frau Bauer dringend diese Magenverkleinerung gebraucht habe.

Merkwürdigerweise wurde im Film der Haarausfall gar nicht erwähnt, was man vielleicht mit Taktgefühl der Filmemacher hätte erklären können, wenn es nicht bei jeder Einstellung, die Frau Bauer zeigte, so überdeutlich sichtbar gewesen wäre. Eines jedenfalls steht fest: Von Schnitzel, Braten und Rouladen kam dieser Haarausfall bestimmt nicht. Daß er sich wieder bessert, dafür drücke ich Sonja Bauer ganz fest die Daumen.

Glaubt man der verlinkten Website, würde PCO sich bei einer kohlenhydratarmen Ernährung bessern, woraus man mit einer gewissen Berechtigung schließen kann, daß Intervallfasten sich wohl auch als hilfreich erweisen würde.

Zu Recht kann man an diesem Film außerdem bemängeln, daß er ein so extremes Beispiel zeigt, daß mit ihm im Grunde nichts bewiesen und nichts widerlegt werden kann. Dies macht es aber auch schwer, sich selbst mit Sonja Bauers Situation zu identifizieren, denn Übergewicht schon in der Größenordnung, wie ich es hatte (auf meinem Gewichtsmaximum: BMI 51) oder wie Sonja Bauer es hatte (auf ihren Gewichtsmaximum BMI über 80), ist NICHT identisch mit dem "Volksleiden Übergewicht" und ebensowenig zeigt es das Gesicht der sogenannten "Adipositas-Epidemie". Nur die Wenigsten haben nämlich Adipositas Grad 3: einen BMI von 40 und mehr - wie ich und diese Frau es hatten - nämlich nur 1,5 Prozent der Gesamtbevölkerung. Sogar unter diesen 1,5 Prozent der Bevölkerung sind aber Sonja Bauer und auch schon ich selbst krasse Ausreißer nach oben.

Adipositas Grad 3 und einen BMI über 40 habe ich erst mit einem Körpergewicht von 114 Kilogramm wieder unterschritten, zu einem Zeitpunkt, als sich alle ernsthaften Alltagseinschränkungen bei mir erfreulicherweise längst auf Nimmerwiedersehen verabschiedet hatten. Nur um zu verdeutlichen, wie man sich den weitaus größten Teil der 1,5 Prozent "Schwerstadipösen" in Wirklichkeit vorzustellen hat. Unter denen machen Fälle wie der von Sonja Bauer unter Garantie nur einem winzigen Bruchteil aus, der für ganz Deutschland meiner Bauchgefühlseinschätzung nach vielleicht sogar nur eine dreistellige, allerhöchstens aber eine kleine vierstellige Zahl von Menschen ausmachen dürfte. Wenn ich eine Prognose riskieren darf: Die meisten in der Zielgruppe, die die Reportage sehen, werden vor allem ihre drei Kreuze schlagen, weil es um sie selbst, Adipositas Grad 3 hin oder her, längst nicht so schlimm steht.

Als Fazit zu dieser Reportage bleibt mir nur, festhalten, daß ich das ziemlich ungute Gefühl hatte, eine Werbesendung für Magenverkleinerungs-OPs zu sehen, deren Chefpropagandist der Ernährungsmediziner Hans Hauner zu sein scheint, den ich bereits in einem früheren Blogpost mit  unqualifizierten Äußerungen zum Thema Fasten zitiert habe und der in diesem Film mehrere Male die Gelegenheit bekam, seiner Begeisterung für die bariatrische Chirurgie Ausdruck zu verleihen. Ich hatte außerdem das Gefühl, daß wesentliche Teile der Krankheitsgeschichte von Sonja Bauer unter den Tisch fallen gelassen wurden, weil sie nicht zur Werbebotschaft paßten.

Wir werden es nie erfahren, ob es wirklich so ist, aber ich bin der Meinung, Frau Bauer hätte von Intervallfasten genauso wie ich profitiert.






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