Mittwoch, 22. Januar 2025

GKI möglichst niedrig? Würde ich für den Alltagsgebrauch nicht empfehlen.

Mein Gewicht heute früh nach zwei von drei aufeinanderfolgenden Fastentagen: 75,2 Kilogramm. Eigentlich hatte ich erst für morgen meinen nächsten Blogbeitrag eingeplant, aber den ziehe ich aus aktuellem Anlaß vor, denn heute habe ich endlich zum ersten Mal einen GKI unter 2,0 erreicht, und zwar gleich aus dem Stand 1,15 (Glukose 3,9 und Ketone 3,4). Damit hatte ich nicht gerechnet, und es freut mich sehr, zumal ich mich gestern etwas näher mit der Frage befaßt habe, wie lange es eigentlich dauert, bis man mit so was rechnen kann. Dabei kam heraus, daß normale Keto-Ernährung dafür auch dauerhaft kaum ausreichen kann, und das machte mich eher skeptisch, ob ich es ohne richtig harte Maßnahmen überhaupt erreichen werde. Dieses Detail der Fünf-Jahres-Ergebnisse bei Virta, das mir bei Twitter in die Timeline gespült wurde, war mir nämlich wahrhaftig entgangen:

Bild

Die Grafik bildet die Entwicklung der Ketonwerte im Blut über die fünf Jahre hinweg ab, und zwar bei Patienten mit die ganzen fünf Jahre lang aufrechterhaltener und solcher mit nicht aufrechterhaltener Diabetesremission. Der Wert sank in beiden Gruppen im Lauf der Zeit und war bei den Erfolgreichen bezüglich Remission nur geringfügig höher als bei denen, deren Diabetes wiederkehrte. Das spricht übrigens auch dafür, daß diejenigen, deren Remission nicht aufrechterhalten werden konnte, keineswegs wegen "Keto-Müdigkeit" und dem daraus resultierenden Wiedereinschleichen "verbotener" Lebensmittel selbst schuld daran waren, denn so weit sind die Werte der nach fünf Jahren Erfolgreichen von ihren Werten ja auch nicht weg und daß der Stoffwechsel bei jedem ein bißchen anders auf dieselbe Ernährungsweise reagiert, setze ich als bekannt voraus. In beiden Gruppen können also sehr wohl ähnlich viele zuweilen vom Pfad der ketogenen Tugend vergleichbar weit abgewichen sein. 

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, daß ich bei Normalernährung unverzüglich auf Werte von 0,2 bounce und bei meiner relativ entspannten sonst üblichen Low-Carb-Ernährung auch nach langen Fastenintervallen ziemlich schnell den Wert 0,4 erreiche und oft sogar von unten betrachten muß. Das spricht eher gegen schlechte "Compliance" der Teilnehmer, deren Diabetes wiederkam.

Die Virta-Kurve sieht mir jedenfalls fast so aus, als strebe der Stoffwechsel auch in diesem Bereich eine Anpassung an veränderte Ernährungsweisen an und als wären hohe Ketonwerte aus seiner Sicht ein für einen begrenzten Zeitraum tolerierbarer, dann aber wieder zu korrigierender Ausnahmefall. Und er hat offenbar die Mittel, um seine Wunschwerte wieder zu erreichen. Das, meine ich, sollte man im Hinterkopf behalten, wenn man sich - aus welchen Gründen auch immer - ketogen ernährt, aber vor allem mit Blick auf ein eventuell einmal eintretendes Erfordernis, die Werte der therapeutischen Ketose zu erreichen. Solche Therapien dauern einige Wochen bis Monate, also sollte es genau dann funktionieren mit der therapeutischen Ketose. Es ist deshalb vielleicht keine so richtig gute Idee, schon mit dem Ziel der Prävention einen möglichst niedrigen GKI anzustreben. Am Rande erwähnt sei außerdem, daß meiner Erfahrung nach die Ketose bei der Gewichtsabnahme keine herausragende Rolle spielt. Schon gar nicht braucht man dafür eine therapeutische Ketose. 

Ich will jetzt aber nicht behaupten, daß es absolut unmöglich sei, dauerhaft die therapeutische Ketose aufrechtzuerhalten, denn es gibt wohl Leute, denen das wirklich mit einer fein ausgetüftelten Kombination aus Ernährung und Bewegung gelingt. Professor Seyfried behauptet das beispielsweise von Dominic D'Agostino, aber das betrachte ich als Bestandteil seiner beruflichen Tätigkeit. Ich nehme an, für uns Normalsterbliche wäre das, was er macht, ein Fulltime-Beschäftigungsprogramm. Eine Krebsbehandlung ist das sowieso, auch wenn man eine nach aktuellen Behandlungsrichtlinien macht, also kommt es weniger darauf an, wenn die stoffwechselbasierte Behandlung nicht weniger anstrengend ist. Aber für die Gewichtsabnahme oder -kontolle ist es schlicht unnötig.

Spannend finde ich, daß die Werte bei Virta schon von Beginn an deutlich zu niedrig lagen, um auch nur in die Nähe der Seyfriedschen therapeutischen Ketose zu gelangen. Das wundert mich mittlerweile nicht mehr, denn auch mit einem Ketonwert von 2,0 benötigt man einen Glukosewert von 4,0, um einen GKI von 2,0 zu verzeichnen. Glukosewerte unter 3,4 sind aber problematisch - ab 3,3 besteht eine Unterzuckerung. Umgekehrt gelten Ketonwerte über 3,0 als bedenklich, wobei, Vorsicht: Ausnahme, beim mehrtägigen Fasten Werte bis ca. 5,0 durchaus noch im üblichen Bereich und unbedenklich sind. Mein heutiger Ketonwert von 3,4 ist also kein Grund zur Sorge, wenn ich übermorgen wieder esse, wird er sinken - aber ich hoffe doch, diesmal nicht wieder in den Null-Komma-Bereich, da man in einer begrenzten Spanne bleiben muß, um einen GKI von 1,9 oder weniger zu erreichen: 

  • Glukose zwischen allermindestens 3,4 und allerhöchstens 5,7. 
  • Ketone zwischen 1,8 und allerhöchstens 2,9 (an Tagen, an denen man nicht fastet). 
Der GKI-Rechner zeigte mir, daß ich auch mit dem niedrigstmöglichen unter den erstrebenswerten Glukosewerten von 3,4 mindestens 1,8 bei den Ketonen brauche, um einen GKI unter 2,0 zu erreichen. Die spannende Frage für mich lautet: Bin ich jetzt endlich ausreichend Keto-adaptiert, um den GKI auch nach dem Ende meines langen Fastenintervalls bei ketogener Ernährung mit einem Kohlenhydratanteil von 20 bis 30 Gramm unter 2,0 zu halten? Diese Frage könnte ich morgen noch gar nicht beantworten, also war heute mit dem Erreichen des Meilensteins, erstmals in therapeutischer Ketose angekommen zu sein, der richtige Tag für einen Blogbeitrag. Mein morgiges Gewicht finde ich weniger spannend, ich bin ja noch weit von einem neuen Tiefstgewicht entfernt, das letzten April bei 71,2 Kilogramm (nach dem Fasten) bzw. 75,5 (vor dem Fasten) lag. Beides möchte ich bis zum Frühjahr unterbieten, da ich jetzt mein Zielgewicht von 73,5 Kilogramm (vor dem Fasten) noch einmal ernsthaft in Angriff nehme.

Teils wird ja empfohlen, exogene Ketone zuzuführen, um das Ergebnis zu verbessern. Ich kann mir aber nicht vorstellen, was es bringen soll, bloß die "richtige" Zahl angezeigt zu bekommen. Ähnlich wie beim Gewicht, das die Waage anzeigt, drückt der angezeigte Wert ja nicht zwangsläufig aus, daß im Körper gerade das passiert, was man sich davon erhofft. Ich bin bereit, mich vom Gegenteil überzeugen zu lassen, aber spontan kommt mir dieses Mittel, um einen niedrigeren GKI zu bekommen, wie typisches "So tun, als ob" von der zahlenfixierten Sorte vor. So, als würde man sich den Finger in den Hals stecken, bevor man die Waage betritt. Für den Moment gilt für mich: Entweder ich erreiche die nötigen Ketonwerte ohne Mogeln, oder ich erreiche sie eben nicht.

Um herauszufinden, ob und wenn ja wie ich sie erreiche, mache ich gerade dieses Ernährungexperiment. Falls es mir auch beim Erreichen meines Gewichtsziels mehr als normales Low Carb helfen sollte, nehme ich das als Bonus aber gerne mit. Bis jetzt merke ich auf der Waage keinen Unterschied zum sonst üblichen Low-Carb-Verlauf, allerdings sah ich heute beim Anziehen zu meiner Überraschung im Kleiderschrankspiegel, daß ich um den Bauch herum keine zehn Tage nach Beginn von Keto schon sichtbar weniger geworden bin. Das sind genau die Dinge, die ich im vorherigen Absatz gemeint habe: Die Zahl auf der Waage sagt einem nur die halbe Wahrheit über das, was im Körper gerade geschieht. Ich sehe keinen Grund, bei den Ketonen, die mir das Keto-Mojo anzeigt, etwas anderes anzunehmen.

Dieser Spiegel an dem schönen alten Kleiderschrank, den wir vom Vorbesitzer des Hauses übernommen haben, ist eine echte Errungenschaft, vor dem Umzug hatte ich beim Anziehen nämlich keinen ganzkörpertauglichen Spiegel im Raum. 

***

Eigentlich ist es eine Binsenweisheit, aber nun gibt es dafür auch einen wissenschaftlichen Nachweis: Studienteilnehmer ihre Ernährung selbst erfassen zu lassen, führt zu unzuverlässigen Ergebnissen, weil die Aufzeichnungen in mehr als der Hälfte der Fälle von den Ergebnissen von Messungen abweichen. Jetzt wird über etwas weniger unpräzise Methoden diskutiert - denn wirklich präzise sind sicherlich auch die Meßergebnisse nicht. Wenn ich mir überlege, daß schwarzer Kaffee meinen Glukosespiegel ansteigen läßt, was eigentlich auf Kohlehydratkonsum hindeuten müßte, dann nehme ich an, Ursachen und Wirkungen sind auch bei der Messung der Nährstoffaufnahme nicht immer im Ergebnis zutreffend abgebildet. Aber man kann sich präzisen Erfassungsmethoden ja wenigstens anzunähern versuchen, solange man sich dessen bewußt bleibt, daß man das Ziel, dem man sich nähert, kaum erreichen wird.

Angesichts dieser Ergebnisse sind jedenfalls alle Studien, in denen die Ernährung untersucht wird oder irgendeine Rolle spielt, sofern sie auf Befragungen der Teilnehmer beruhen, mit höchster Vorsicht zu genießen, und man sollte es sich tunlichst verkneifen, waghalsige Schlußfolgerungen aus ihnen zu ziehen. Die einzigen wirklich zuverlässigen Messungen, die mir momentan einfallen, erfolgten in den Studien von Kevin Hall, in denen stationären Teilnehmern das Essen gebracht und die Differenz des wieder Abgeräumten zum zuvor Gebrachten ermittelt wurde. Eine Bestätigung von Hall für meine Vermutung habe ich nie gesehen, aber ich bin mir ziemlich sicher, daß die gemessenen Wirkungen von zwei Teilnehmern auch dann nicht exakt identisch waren, wenn beide nachweisbar genau dieselben Nahrungsmittel in derselben Menge zu sich genommen haben.

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Die Amis haben am 20.1. den Präsidenten bekommen, den sie mehrheitlich haben wollten, und der Rest der Welt muß sich eben mit ihm für die nächsten vier Jahre abfinden. Was ich von Donald Trump halte, setze ich mal als bekannt voraus, aber ich stelle mich für diese zweite Amtszeit doch darauf ein, daß einiges anders als in der reichlich chaotischen ersten Amtszeit laufen wird. Man hat sicherlich dazugelernt, und damit meine ich nicht Trump selbst, sondern die Truppe um ihn herum. Ich fand das nämlich interessant, daß es auf der Stelle so konkret mit der Umsetzung politischer Vorhaben wurde. Sicherlich wird sich das eine oder andere davon als nicht oder nur mit Mühe umsetzbar erweisen, aber alles, was umsetzbar ist, wird wohl sehr viel strukturierter als die Vorhaben der ersten Amtszeit angegangen und kommt teilweise vielleicht wirklich schnell. Da hat irgendwer offenbar im Vorfeld der Amtsübernahme seine Hausaufgaben gemacht, und daß dieser Irgendwer ausgerechnet Trump selbst gewesen ist, halte ich für nahezu undenkbar.

Diesmal haben wir es, nehme ich an, nicht mit einem Donald Trump, sondern einer Art kollektivem Trump zu tun, der sich spätestens dann zu bilden begonnen hatte, als er zum Kandidaten der Republikaner nominiert wurde, wahrscheinlich in Teilbereichen schon vorher. Er dürfte aus Leuten aus seiner Partei sowie anderen Einflußreichen bestehen, die darauf hoffen, ihn als Vehikel zum Erreichen irgendwelcher eigener Zielsetzungen nutzen zu können. Und ich würde jede Wette darauf eingehen, daß Elon Musk ein nicht ganz unwichtiger Bestandteil davon ist. Erstens hat er das nötige Kleingeld und den darauf beruhenden Einfluß, zweitens nimmt Musk ja ganz gerne aktiv Einfluß, auch politischen. Er ist mindestens genauso bekloppt wie Trump selbst, aber intelligenter, das macht die Sache schon recht brenzlig. Aber erst mal sehen, wie lange das überhaupt gutgeht, denn zwei aufgeblasene Egos wie Trump und Musk geraten bestimmt über kurz oder lang überkreuz, und was dann passiert, hat hoffentlich wenigstens aus der Ferne betrachtet einen gewissen Unterhaltungswert, könnte näher dran aber recht ungemütlich werden. Das gilt natürlich auch für alle anderen politischen Trittbrettfahrer in Trumps aktuellem Orbit, denn die Ämter und Rollen, die er in seiner ersten Amtszeit verteilt hat, haben sich ja mehrheitlich als Schleudersitze erwiesen.

Die USA haben gefährliche vier Jahre vor sich, denn die aktuelle Konstellation hat ein bißchen was von Moskau Anfang 2000 und ihren damals gewählten Präsidenten haben die Russen zu ihrem Unglück ja bis heute. Falls die Strippenzieher hinter Trump die demokratischen Institutionen aushebeln wollen, ist es auch kein gutes Zeichen, daß sie diesmal besser vorbereitet wirken als vor acht Jahren. Da kann man nur hoffen, daß Trumps Sprunghaftigkeit die zielgerichtete kriminelle Energie von Leuten in seinem Fahrwasser möglichst häufig ins Leere laufen läßt.

Ich selbst gehe ohne Erwartungen in die nächsten vier Jahre und lasse mich von etwaigem positivem Fallout dann angenehm überraschen, falls es den geben sollte, bin aber auf mehrheitlich negativen gefaßt. Die ersten dekretierten Veränderungen im Gesundheitsbereich sind für Amerikaner schon mal negativ: Bidens erst vor relativ kurzer Zeit eingeführte Preisobergrenze für Insulin in Medicare soll wieder eingestampft werden (keine Ahnung aber, ob das so leicht geht). In den Pharmakonzernen werden also gerade die Sektkorken knallen, falls man dort dieses Vorhaben für gesetzlich einfach umsetzbar hält. Aber auch im Gesundheitsbereich bleibt erst mal abzuwarten, was in den nächsten vier Jahren wirklich passieren wird. Den Optimismus der Keto-Szene, die auf den neuen Gesundheitsminister große Hoffnungen setzt, teile ich nur sehr eingeschränkt, obwohl es richtig ist, daß ernährungsbedingte Übelstände gerade die größen Chancen seit langem haben, zwar nicht beseitigt, aber doch wenigstens reduziert zu werden. Aber Trump dürfte die Interessen von Big Food genauso vorrangig vertreten, nur noch hemmungsloser als frühere Regierungen, die wenigstens nach außen so tun mußten, als hätten für sie die Verbraucherinteressen Vorrang.

Es ist mir ziemlich unheimlich, daß viele eigentlich vernünftige Leute sich in Trumps erweiterten Kometenschweif einzureihen bereit sind wegen einer einzigen von ihnen vertretenen Sache, und dabei alles, was ihnen selbst an ihm bedenklich vorkommt - und bei einer gewissen Grundintelligenz muß jedem einiges in manchen Teilbereichen beunruhigend vorkommen -, einfach beschweigen und somit ausdrücken, daß sie sie als Preis für den Erfolg in ihrer eigenen Herzensangelegenheit nicht für zu hoch halten. Genau so entstehen Diktaturen, also kann man nur hoffen, daß das in diesem Fall nicht passieren wird. Das Dritte Reich entstand und festigte sich auf diese Weise in den Jahren 1932 bis 1934, weil auch damals der geistige Tellerrand der beteiligten Personen und institutionellen Akteure ihre kleineren oder größeren Eigeninteressen waren. Und so wie damals wird diese Sorte vermeintlicher Pragmatiker auch diesmal häufig feststellen, daß sie durch die Unterstützung eines Präsidenten mit autokratischen Neigungen einen größeren Schaden gebilligt haben, als daß ihn auch der Erfolg in ihrer Sache würde aufwiegen können. Schlimmer noch, Autokraten ändern ihre Meinung oft schnell. Das gilt vor allem dann, wenn ihre jeweiligen Einbläser und Vorsager wechseln, was bei dem sprunghaften und schnell beleidigten Trump immer wieder passieren wird. Es kann also sein, daß sie zusätzlich am Ende auch in ihrer Sache mit leeren Händen und getäuschten Hoffnungen dastehen.

Unabhängig davon teile ich sehr wohl die Frustration an einem dysfunktionalen politischen und wissenschaftlichen System, ohne das Trump in den USA sicherlich nie mehrheitsfähig geworden wäre. Die Verantwortung für letzteres liegt meines Erachtens zu großen Teilen an der Unfähigkeit der Biden-Regierung, die Gründe für Trumps ersten Wahlsieg korrekt genug zu analysieren und die Ergebnisse dann umzusetzen. Das aber wäre ihre oberste Pflicht gewesen, denn es ist immer die oberste Pflicht einer demokratisch gewählten Regierung, die Wähler davon überzeugt zu halten, daß kein erhoffter Vorteil einer Autokratie ausreicht, um die Nachteile auszugleichen, die sie erst zu spüren bekommen werden, wenn es zu spät ist, und sie deshalb in einer Demokratie, die gerade unter einem von ihnen abgelehnten Zeitgeist segelt, trotzdem selbst allemal besser fahren werden. Auch die demokratischen Parteien der Weimarer Republik hätten diese Pflicht gehabt, aber ihnen kann man immerhin noch zugutehalten, daß sie nicht allzu lange Zeit hatten, um mit solchen Dingen Erfahrungen zu sammeln. Daß die heutigen demokratisch verfaßten Staaten sich so schwer damit tun, mit Populismus umzugehen, ist im Vergleich dazu das viel größere Armutszeugnis.

Es müßte bei einer Analyse nicht um den bösen Verführer, sondern um die Frage gehen, warum sich die Wähler von ihm durch was genau verführen lassen - bei einer eher lächerlichen als dämonischen Figur wie Trump stellt sich diese Frage mit besonderer Dringlichkeit, denn es ist doch auch abgrundtief peinlich für den etablierten Politikbetrieb, daß so eine Witzfigur mehrheitlich anderen Kandidaten vorgezogen wird. Und dabei sollte man auch immer genau im Auge behalten, daß nie die Gründe eigentlich maßgeblich sind, mit denen die Wähler die Sache zu begründen versuchen, denn genau wie bei Ernährungsumfragen ist das, was die Leute auf Befragen erzählen, oft nicht das, was ihre Handlungen ausdrücken. Aber das ist dem Politikbetrieb erstens zu kompliziert und zweitens zu unangenehm, denn daß die Wähler gute Gründe haben, mit ihm unzufrieden zu sein, damit setzt man sich nicht so gerne auseinander.

Also, ich hätte Trump auch dann nicht gewählt, wenn ich mir von ihm einen Durchbruch in der Ernährungsfrage viel ernsthafter hätte versprechen können, als das diejenigen, die auf ihn bzw. seinen Gesundheitsminister hoffen, zum Zeitpunkt der Wahl tun konnten. Aber da er jetzt nun einmal Präsident ist, ist es halt, wie es ist. Mögen größere Katastrophen in den nächsten vier Jahren ausbleiben.

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Heute morgen fand ich Maus Nr. 17 in der Falle am Heizungsrohr im Dachzimmer vor (alle anderen waren unberührt), ein recht munteres und auffallend wohlgenährtes Tierchen, die am Feigenbaum feierlich in die Freiheit des Gartens entlassen wurde und wie der Blitz im Gestrüpp verschwunden war. Woher die Maus zwischen Werkstatt, Keller und Dachkammer so üppiges Futter gefunden haben soll, weiß ich nicht. Das könnte ich mir nicht einmal in der Küche erklären, denn meine Vorräte sind mäusesicher verpackt - man ist ja mittlerweile ausreichend sensibilisiert. Mein Mann hat nach seiner Spätschicht in der Wand zur Küche wieder etwas rascheln gehört, aber entweder hat sich diese Maus nicht in die Küche gewagt, oder sie war schlau genug, sich vor den Fallen in acht zu nehmen. Regelmäßiges und sorgfältiges Putzen ist in so einem Fall unverzichtbar, also putze ich mehr und sorgfältiger als jemals zuvor in meinem Leben. Vielleicht kam das Rascheln ja auch von der jetzt gefangenen Maus? Wobei die Stelle in der Wand, wo es raschelt, nicht auf geradem Wege zu dem Loch an dem Heizungsrohr im Dachzimmer führt, und ich nehme außerdem an, ein paar weitere Mäuse haben wir im Haus nach wie vor.


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