Montag, 20. Januar 2025

Geschlechterungerecht verteilte Krebsrisiken

Mein Gewicht heute früh am Beginn des nächsten langen Fastenintervalls: 78,5 Kilogramm. Fast zwei Kilo weniger als am Sonntag vor zwei Wochen, aber nach einer Woche Keto besteht diese Abnahme natürlich größtenteils aus Wasser. Eigentlich hätte ich mit mehr gerechnet, weil ich an der Paßform meiner Kleidung merke, daß ich mehr als Wasser verloren haben muß. Aber tja, das gehört wohl zu den Rätseln des menschlichen Stoffwechsels.

Mit dem GKI klappt es bislang nicht so richtig. Die Bedienungsanleitung für mein Keto-Mojo habe ich am Freitagmorgen endlich gefunden und auch herausgefunden, was ich bei der Bedienung falsch gemacht hatte. Mein GKI am Freitag lag - nach einem Fastentag - bei 2,4, trotz allem noch ein bißchen höher, als ich ihn haben möchte. Am Samstag hatte ich allerdings trotz ketogener Ernährung einen Wert von 11,4, gestern 12,5 und heute, immerhin, einen von 7,5.  Den Übeltäter vom Samstag habe ich herausgefunden, ich habe nämlich am Freitag etwa einen Dreiviertelliter Milch getrunken und fiel fast vom Stuhl, als sich herausstellte, daß ich damit die Kohlehydratmenge des Tages ungefähr verdreifacht hatte. Es kamen zwar nur 66 Gramm unter dem Strich für die KH heraus, aber trotzdem hatte ich damit nicht gerechnet und es lag halt über meinem selbstgesetzten Limit von 50 Gramm, das ich ansonsten während der gesamten Woche überraschend mühelos unterboten habe. Ob das auch am Sonntag noch nachgewirkt hat?

Schade um die gute Milch, aber wenn sie so eine Wirkung hat, sollte ich sie mir bis zum Ende meiner Keto-Phase verkneifen. Unter der Woche hat sich das mit dem Milchtrinken sowieso als nicht praktikabel erwiesen, seit mein Mann nicht mehr krankgeschrieben ist, und so haben wir entschieden, nur noch fürs Wochenende Milch zum Sotrinken zu kaufen. Ich denke, ich kaufe erst mal nur noch eine Flasche und genehmige mir selbst nur ein kleines Glas davon.

Gestern und vorgestern bin ich allerdings weder absichtlich noch aus Versehen vom Pfad der Keto-Tugend abgewichen und verzeichnete abends nur 26 bzw. 25 Gramm Kohlehydrate. Daß meine Ketonkörper-Werte so niedrig liegen, wundert mich also ein bißchen. Weil es aber sein kann, daß die Umstellung länger dauert und deshalb bei ketogener Ernährung bei Krebs immer ein mehrtägiges Fastenintervall am Anfang steht, werde ich jetzt noch abwarten, wie sich die Sache nach meinem langen Fastenintervall entwickelt. Falls der GKI wieder stur hochgehen sollte, werde ich experimentieren, bis ich die relevanten Faktoren herausgefunden habe. Mein Mann war erst nicht sonderlich glücklich über meine Entscheidung, aber als ich ihm für das nächste Wochenende zwei Steak-Tage vorgeschlagen hatte, strahlte er wieder. 

Am Samstag essen wir nächstes Wochenende nur Fleisch, und zwar richtig gute Steaks aus dem Bauernhofladen. Sonst esse ich nichts, aber es gibt Sour Cream und Salat als Beilage für meinen Mann. Mal sehen, was der olle GKI dazu meint. Am Sonntag gibt es dann wieder Steaks, aber mit Sour Cream und Salat auch für mich. In der nächsten Woche probieren wir dasselbe dann auch mit einem Eier-Tag und einen Käse-Tag, jeweils einen Tag "pur" - natürlich nur für mich - und an einem zweiten mit irgendeiner kohlenhydratarmen Beilage. Irgendwie muß ich ja herausbekommen, welche der Bestandteile meiner aktuellen Ernährung meinen GKI so nach oben treiben. Da auch schwarzer Kaffee den Glukosewert erhöht, werde ich im Anschluß an meine Eßexperimente auch den Kaffee mal zwei, drei Tage lang weglassen. Mal sehen, welche Erkenntnisse die nächste Woche also bringen wird.

Immerhin, der GKI meines Mannes liegt - trotz viel niedrigerer Glukosewerte - bei 23,5. Das liegt bestimmt am Zucker im Kaffee, auf den er nicht verzichten mag. Oder vielleicht mogelt er ja auch heimlich, aber das darf er von mir aus ja.

Bis jetzt bin ich mit den Extrem-Low-Carb ja gut zurechtgekommen. Mit Ausnahme des einen milchbedingten Ausreißers hatte ich immer Kohlenhydratwerte zwischen 20 und 30 Gramm. Mein zweiter Low-Carb-Tag hat mich sogar auf exakt 20 Gramm KH gebracht, und das, obwohl ich am Morgen dieses Tages einen ungewohnten und unerwartet heftigen Süßhunger bekam. Das ist wohl eine Kopfsache; ich bin es einfach nicht gewöhnt, ganz auf Obst zu verzichten. Ich habe deshalb zwei von drei Süßhunger-Stillern produziert, über die ich schon im Vorfeld nachgedacht hatte, nämlich zum einen Joghurt-Gums mit dem Orangensirup mit künstlichen Süßstoffen. Den hatte ich eigentlich nur gekauft, weil es keinen anderen Orangensirup gab, und mich über den Süßstoff darin eher geärgert, aber genau jetzt ersetzt es, glaube ich, ganz gut das Obst, das ich mir im Moment verkneifen muß, ohne mir meine KH-Bilanz zu versauen. Außerdem habe ich ein Weihnachtsgebäck-Rezept abgewandelt, das ich zu Weihnachten mit Zucker und Zimt gemacht hatte, nämlich Walnußbaisers. Ich wußte nicht, wie die Xylit/Erythrit/Stevia-Mischung sich mit dem Eischnee verbinden würde, deshalb löste ich sie in kochendem Wasser mit ebenfalls einem Schuß Sirup auf und ließ das Wasser verdampfen, bis die Masse anfing, dicker zu werden, dann rührte ich sie in den Eischnee ein. Beinahe hätte ich aufgegeben, weil die Baisers im Backofen eine Ewigkeit brauchten, bis sie fest wurden - aber sie schmeckten dann mit ganz wenig geschmolzener siebzigprozentiger Schokolade betüpfelt wirklich ausgezeichnet. Die Orangennote störte gar nicht, im Gegenteil. Die gab es abends dann zum Nachtisch, und mein Gesamtverzehr enthielt gerade mal drei Gramm KH. 

Am Freitag habe ich ein Blech herzhafte Muffins aus Mandel/Mozzarella-Teig gemacht, gefüllt mit kleingeschnittenem Kochschinken und ein bißchen Schmelzkäse. Von diesen zwölf Muffins gab es dann ein paar zum Frühstück und den Rest am gleich und am folgenden Abend als Beilage zum Abendessen, nämlich einmal Rosenkohl mit Bacon-Sahnesoße und einmal Blumenkohlsuppe mit Würstcheneinlage. (Eigentlich wollte ich ja Rosenkohl und Blumenkohl direkt nacheinander vermeiden, aber die Suppe gab es dann auf besonderen Wunsch meines Mannes.)

Vorgestern habe ich süße Muffins mit Heidelbeeren aus ebenfalls diesem Teig gemacht, allerdingsmit drei anstelle von zwei Eiern, davon habe ich das Eiweiß komplett zu Schnee geschlagen. Das Ergebnis ist unglaublich fluffig, und niemand würde, glaube ich, erraten, daß da gemahlene Mandeln das Mehl ersetzen. Zum Frühstück gab es dieses Backmischungs-Brot. Von demselben Anbieter habe ich im Dezember schon eine zweite Backmischung ausprobiert, die ebenfalls empfehlenswert war. Was mir besonders gefiel, ist, daß man selten eine vernünftig knusprige Kruste bei LC-Brot bekommt, aber diese beiden Brote kommen dem Erwarteten doch schon ziemlich nahe. 

Dieses Mandel/Mozzarella ist echt eine Art Wunderwaffe. Wenn ich mit meiner Experimentierphase fertig bin, probiere ich mal aus, ob ich daraus auch Schupfnudeln bzw. kleine Knödel machen kann. Dann hätte ich eine weitere ketotaugliche Beilage entwickelt.

Zum Abendessen habe ich gestern Leinmehl-Tagliatelle gemacht: 3 Eier, 60 bis 80 Gramm Joghurt und 10 Gramm Leinmehl, zwischen zwei Backpapieren flach ausrollen und im vorgeheizten Backofen bei 150 Grad zehn Minuten backen, nach dem Abkühlen Backpapiere abziehen, die Teigplatte aufrollen und Streifen davon abschneiden. Wieviel Joghurt man nimmt, hängt von der Konsistenz des Teigs ab, denn mit 60 Gramm fand ich meinen etwas zu fest und mußte der Teigplatte mit dem Wellholz zu Leibe rücken. Nächstes Mal achte ich darauf, daß er weniger Widerstand leistet, am liebsten sollte er sich weitgehend von alleine auf dem Backpapier dünn genug verteilen.

So kann man's schon aushalten mit dem Extrem-Low-Carb. Auf diese Weise traue ich mir sogar zu, die ganzen sechs Wochen bei GKI-optimiertem LC zu bleiben. Aber ab dem nächsten Wochenende wird jetzt erst mal so lange mit einseitigerer Ernährung herumexperimentiert, bis ich herausgefunden habe, welche Art von Lebensmitteln mir bislang dauernd meinen GKI versaut haben.

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Die US-Krebsstatistik für 2025 ist publiziert worden. Die schlechte Nachricht dabei: Die Krebsinzidenz steigt seit etwa zehn Jahren wieder bei beiden Geschlechtern über alle Altersgruppen betrachtet: 

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Schaut man genauer hin, ist der Anstieg bei den Frauen deutlich steiler als bei den Männern. 

Die gute Nachricht lautet, daß die Sterblichkeit je 100.000 Betroffene trotzdem sinkt, und genau so wird dieser Teil der Sache nun fleißig über alle Medien als Erfolg verkauft. Die schlechte Nachricht in der guten muß man sich freilich selbst dazudenken: In alternden Gesellschaften kann das trotzdem höhere absolute Zahlen bedeuten, und auch in den USA schlägt das mit steigenden absoluten Zahlen zu Buche. Professor Seyfried erwähnt diese steigenden Zahlen in jedem Podcast, in dem er auftritt, und seit seinen ältesten Videos ist diese Zahl auch tatsächlich angestiegen. Mittlerweile geht es in den USA um ca. 1700 Krebstodesfälle pro Tag

Sowohl die Erfolgmeldung wie auch Seyfrieds Alarmmeldung sind also korrekt. Was mich an beiden irritiert, ist, daß die jeweils andere Deutung derselben Zahlen bei beiden Seiten komplett unter den Tisch fällt. Richtig ist es aber natürlich, wie Seyfried gelegentlich dazusagt, daß ein echter Durchbruch in der Krebsbehandlung ganz andere Rückgänge bei den Krebstodesfällen auslösen müßte. Ungefähr wie bei dem tatsächlichen Durchbruch, den die Antikörperbehandlung bei HER2-positivem Brustkrebs wirklich ausgelöst hat. Bei Patientinnen im Diagnosezeitraum von den achtziger Jahren bis 2002 sah die Überlebensrate nämlich im Vergleich zu HER2-negativ ziemlich beschissen aus: 

Figure 1

Inzwischen ist die Wahrscheinlichkeit, nach zehn Jahren noch am Leben zu sein, ungefähr gleich hoch, auch bedingt durch das niedrigere Rückfallrisiko, nachdem die ersten zwei, drei Jahre überstanden sind, im Vergleich zu hormonpositivem Brustkrebs. Und das, obwohl das Risiko, daß die Therapie selbst einen direkt oder indirekt das Leben kostet, bei der Roßkurbehandlung mit Trastuzumab und Pertuzumab höher sein dürfte. Vor allem, wenn das verflixte Carboplatin mit im Spiel ist.

 

Der Vergleich wurde hier zwischen der Behandlung nur mit Trastuzumab und derjenigen, bei der zusätzlich Pertuzumab zum Einsatz kam, gezogen, aber die eigentliche Errungenschaft ist, daß beide Varianten eine Riesenverbesserung zum in der ersten Abbildung gezeigten Zeitraum bis 2002 darstellen. So wie in dem Vergleich der beiden Abbildungen stelle ich mir einen echten Durchbruch bei einer Krebserkrankung vor. Und man muß klar und deutlich sagen: So etwas hat es für die allermeisten anderen Krebserkrankungsarten, und leider auch für sämtliche besonders häufigen (denn HER2-positiver Brustkrebs ist weit weniger häufig als HER2-negativer) nicht gegeben. Man hätte also wenig zu verlieren, aber im Erfolgsfall wirklich viel zu gewinnen, wenn man Seyfrieds Mitochondrien-Theorie wenigstens mal zur Grundlage eines zusätzlichen Behandlungs-Bausteins machen würde, den man ja mit geringem Aufwand auch parallel zur konventionellen Behandlung einsetzen könnte. Es ist mir schlichtweg unbegreiflich, daß davor solche kaum überwindbaren Hürden aufgebaut werden, noch dazu mit so schwachsinniger Begründung, wie das zum Beispiel die Frau Professorin Hübner macht.

Auch bei der Mortalität ist übrigens erkennbar, daß der Rückgang je 100.000 bei Frauen zwar vorhanden, aber doch erheblich langsamer ist als bei den Männern.

Zu dieser Beobachtung paßt, daß die American Cancer Society außerdem auch etwas über die Entwicklung bei Krebs zu vermelden hatte, das noch beunruhigender ist: Die Krebsinzidenz (also nicht die Todesfälle, sondern die Zahl der Erkrankungen) in der Altersgruppe bis 64 Jahre ist zwischen 1998 und 2021 ist wirklich auffällig stark angestiegen - aber ausschließlich bei Frauen. Bei Männern blieb die Rate je 100.000 dagegen in der Altersgruppe bis 49 gleich und unter den 50- bis 64jährigen sank sie sogar.

Irgendetwas speziell im Lebensstil von jüngeren Frauen in den USA scheint sie also nicht nur stärker als Männer, sondern auch - gemessen am geringeren generellen Krebsrisiko jüngerer Altersgruppen - stärker als ältere Frauen zu gefährden, und was das ist, weiß im Moment keiner, aber bei Twitter gibt es lebhafte Debatten darüber, was es sein könnte, darunter waren natürlich etliche Diskutanten, die die Coronaimpfungen dafür verantwortlich machen - aber der Trend bestand schon vor der Jahrtausendwende, also kann das nicht die Erklärung sein. Man muß die Ursache wohl in irgendetwas suchen, das Männer weniger oder gar nicht nutzen bzw. tun und das frühestens vor vierzig Jahren, wahrscheinlich aber erst später, sagen wir, in den letzten 20 bis 25 Jahren, deutlich häufiger geworden ist. Als Ideensuche habe ich den Thread überflogen. Es könnte zum Beispiel mit Kosmetik zu tun haben (Mikroplastik?) oder in Ernährungsgewohnheiten. Frauen ernähren sich ja deutlich häufiger vegetarisch oder vegan als Männer. Eine weitere Möglichkeit könnte darin bestehen, daß Frauen immer seltener und wenn doch, immer später Kinder bekommen (der häufigste Krebs auch bei jüngeren Frauen ist Brustkrebs) und dann natürlich auch nicht oder erst als Mitt- bzw. Enddreißigerinnen stillen. Es könnte aber auch etwas mit dem in den USA wirklich beängstigenden Anstieg der Verschreibung von Psychopharmaka zu tun haben. Die Todesfälle durch Überdosierung solcher Mittel sind parallel ebenfalls angestiegen, und Frauen bekommen sie häufiger als Männer verschrieben

Es könnte all dies und noch einiges mehr, auf das ich nicht auf Anhieb gekommen bin, auch als Gesamtbelastung sein, das multifaktoriell zur selben Zeit auf dieselben Personen einwirkt und dabei auf ungünstige genetische Voraussetzungen trifft, die zu Zeiten, als es diese Belastungen noch nicht gab, keinen Schaden verursacht hätten, aber nun manche junge Frauen einem erhöhten Krebsrisiko aussetzen. 

Was aber eher unwahrscheinlich ist, das ist die Annahme, Krebs würde eben jetzt früher entdeckt und deshalb in jüngeren Jahren behandelt. In diesem Fall müßte das also dazu führen, daß in den Altersgruppen ab 65 die Inzidenz gesunken wäre. Ich habe jetzt nicht überprüft, ob das der Fall ist, weil der Gedankengang nicht viel Sinn ergibt: Je jünger der Patient, desto wahrscheinlicher ist es, daß es sich um eine aggressive Variante handelt, die erst in einem ziemlich späten Stadium entdeckt wurde. Aber auch wenn sie durch einen Glücksfall früh gefunden wird, hätte sie kaum zwei Jahrzehnte stillgehalten, wie das etwa in der Altersgruppe bis 44 nötig gewesen wäre, um keiner der beiden abgebildeten Altersgruppen mehr anzugehören. Sie wären also innerhalb der fraglichen Altersgruppen sehr warscheinlich noch entdeckt worden, nachdem sie anfingen, Beschwerden zu machen - was bei vielen Krebsarten aber erst durch die Metastasierung passiert. 

Ebenfalls unwahrscheinlich ist es, daß die Adipositasepidemie in den Staaten der Grund ist, denn in der betreffenden Altersgruppe sind Frauen weniger häufig als Männer adipös. Wäre dies der Grund, dann müßte die Krebsinzidenz in den einschlägigen Altersgruppen bei Männern genauso angestiegen sein.

 

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Nachklapp am 20.1.25: Auf Twitter behauptete eine Onkologin, eine gewisse Dr. Sarah Sammons, der Anstieg sei vorwiegend auf östrogen-positiven Brustkrebs zurückzuführen. Ich habe nicht versucht, das zu verifizieren, sondern glaube es mal, bis ich Hinweise auf das Gegenteil finde, da sie ja als Brustkrebsspezialistin diese Zahlen bestimmt genau genug angesehen hat. Zu den Risikofaktoren speziell für diese Art von Brustkrebs meinte sie folgendes: 

Risk factors include early menarche (worsening in US for decades), alcohol, obesity, no or late child bearing, some HRT and environmental factors we don’t understand.

Mit einem Seitenblick auf die gleichaltrigen Männer können wir aus dieser Liste Alkohol und Adipositas von vornherein streichen. Frühe Menarche scheint mir eher ein Symptom als ein Auslöser, denn irgendwas muß das frühe Einsetzen der Menstruation ja auch auslösen. HRT = Hormonersatztherapie. Sie war in den neunziger Jahren während der Wechseljahre schwer in Mode, ich meine, auch meine Mutter hat dieses Zeug eine Zeitlang bekommen. Ihre Verwendung ist aber nach der Jahrtausendwende immer weniger geworden, also kann das auch nicht der Grund sein. Für unter 40jährige Krebspatientinnen käme dieser Auslöser sowieso nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht, und auch in der Altersgruppe zwischen 40 und 50 nur bei einer Minderheit, da die Menopause in den USA durchschnittlich im Alter von 48,6 Jahren auftritt. Diesen Faktor können wir also auch abhaken. Interessant fand ich aber die Information, daß die Wechseljahre in Nordamerika fast drei Jahre früher einsetzen als bei Frauen in Europa und Asien. Vielleicht spielen ja die (unbekannten) Gründe für dieses frühere Einsetzen der Menopause irgendeine Rolle. 

Als mögliche Ursachen bleiben aus der Aufzählung also noch Kinderlosigkeit bzw. Spätgebären sowie "Umweltfaktoren, die wir nicht verstehen". 

Was mich an Sammons' Tweet so massiv stört, ist, daß die letzte Kategorie, obwohl sie näher betrachtet die tatsächlichen Ursachen für den Anstieg mit besonders hoher Wahrscheinlichkeit enthält, in so einer Aufzählung quasi als "Sonstiges" bagatellisiert wird, weil so viele sehr viel konkretere vermeintliche Erklärungen davor stehen, die aber näher betrachtet die Erklärung gar nicht enthalten können. Wer wirklich besorgt wegen dieser Entwicklung wäre, müßte eigentlich abschließend fordern, das bislang Nichtverstandene ganz besonders genau unter die Lupe zu nehmen, um es besser zu verstehen.

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Die Sache wird auch dadurch recht unheimlich, daß ausgerechnet viele jüngere Frauen mit einer Krebsdiagnose sich nach eigener Aussage aktiv um einen gesunden Lebensstil bemüht haben (Ernährung, Bewegung, bewußtes Vermeiden von Schadstoffen aller Art und so weiter). Statistiken habe ich dazu zwar noch keine gesehen, aber die recht hohe Zahl an Anekdoten, über die man in den sozialen Medien immer wieder stolpert, fällt mir doch auf. Ein gesunder Lebensstil "von der Stange" bietet gegen das, was den Anstieg der letzten zwei Jahrzehnte ausgelöst hat, also per se wohl noch keinen Schutz. Dummerweise ist es schwierig, sich einen gesunden Lebensstil so maßzuschneidern, daß er tatsächlich vor Krebs schützt, wenn man gar nicht wissen kann, welche Bausteine dafür im jeweiligen Einzelfall erforderlich wären. 

Ebenfalls erwähnenswert ist, daß sich in Deutschland für die Entwicklung bei Krebs in allen Altersgruppen keine vergleichbare Entwicklung entdecken läßt:

Allenfalls könnte man darüber nachdenken, warum die Inzidenz wie auch die Mortalität bei Frauen langsamer als bei Männern sinkt. Hier finde ich es wieder hochproblematisch, daß dies typischerweise so gerne mit dem Rauchen wegerklärt wird, das bei Männern ja stärker und schneller abgenommen hat als bei Frauen - auf diese Art und Weise sabotiert man die Suche nach anderen möglichen Faktoren und die halte ich angesichts der Entwicklung in den USA auch bei uns für sehr wahrscheinlich. Bei uns ist die Entwicklung nicht wie in den USA erkennbar alarmierend, aber auch bei uns ist die Entwicklung in absoluten Zahlen schockierender. Ohne einen echten Durchbruch in der Krebsbehandlung muß meine Generation mehrheitlich erst die Radieschen von unten anschauen, bevor die Gesamtzahl der Krebserkrankungen in absoluten Zahlen sinken kann, denn wir Babyboomer sind mittlerweile alle in dem Alter, in dem die meisten Krebserkrankungen diagnostiziert werden. 

Der Knick in der Inzidenz 2020 ist natürlich Corona geschuldet und wird in den Folgejahren vermutlich in einen vorübergehend etwas höheren Anstieg münden.

Schaut man sich die Entwicklung bei jüngeren Frauen an, so ergibt sich für Deutschland tendenziell ein doch ähnlicheres Bild zu dem  in den USA, als es einem lieb sein kann, wenn auch der Anstieg weit weniger stark ausgeprägt ist und sich im Lauf der Zeit auch nicht weiter fortgesetzt hat: 

Die Frage, was diesen Anstieg auslöst, sei also angesichts dessen noch einmal gestellt. Was mir ebenfalls in den Sinn kam, ist die Frage, warum eigentlich all diese furchtlosen Kämpferinnen für Geschlechtergerechtigkeit kein lautstarkes Gezeter darüber anstimmen. Man sollte doch meinen, ein höheres Krebsrisiko für Frauen mit unbekannter Ursache wäre ein viel wichtigeres Thema als all diese sprachlichen Lappalien, über die so viel Tinte vergossen und Bandbreite in Beschlag genommen wurde, und diese Ursache herauszufinden, müßte also so lange mit zunehmender Lautstärke verlangt werden, bis sie gefunden wurde. Wo zum Teufel sind diese Berufsemanzen eigentlich, wenn man sie wirklich mal brauchen würde?

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Vor drei Tagen fand ich nach einer mäusefreien Woche Maus Nummer 13 in der Falle, und zwar diesmal nicht in der Küche, sondern in einer Falle in der Dachkammer. Sie hatte ich schon mehr als eine Woche lang erfolglos dort stehen gehabt, aber vor vier Tagen an einer anderen Stelle aufgestellt, die mir mäuseverdächtiger als die ursprüngliche vorkam: dort, wo die Rohre des Heizkörpers durch den Boden hindurchführen, und zwar durch ein Loch von ungefähr Scheunentorgröße. Genau an dieser Stelle fing ich im Anschluß vorgestern und gestern auch die Mäuse Nr. 14 und Nr. 15. Heute waren auch die Fallen in der Dachkammer leer. Die Fallen in der Küche sind schon seit knapp zwei Wochen immer leer geblieben. Ich vermute, es handelt sich bei den jetzigen Mäusen um eine ganz andere Population, wenn es auch wieder die hübschen großäugigen Waldmäuse sind, die kein graues, sondern ein braunes Fell haben. Mindestens eine von ihnen habe ich jedenfalls zweifelsfrei zum ersten Mal gesehen, sie hatte nämlich eine auffällige Zeichnung: einen dunkelbraunen Strich im Fell über den ganzen Rücken die Wirbelsäule entlang und über den Kopf hinweg bis knapp über den Augen. Das war die Maus Nr. 14. Ansonsten muß ich zugeben, daß ich es nicht mehr sicher sagen könnte, ob es sich um bislang unentdeckte altgediente Hausbesetzer handelt oder um illegale Rückwanderer, die ich schon einmal in den Garten befördert hatte und die einen Weg zurückgesucht und gefunden hatten, wovor ja auch immer gewarnt wird. Deshalb sollte man gefangene Mäuse zur Wiederfreilassung eigentlich weiter wegtragen, als ich das gemacht habe. 

Vielleicht sollte ich ja doch mal anfangen, meine Mäuschen zu chippen. Ich wäre echt neugierig darauf, zu wissen, wie es mit ihnen nach ihrer Freilassung am Feigenbaum weitergeht.

Die gestrige Maus muß relativ zeitig am Abend in die Falle gegangen sein, denn der Köder war komplett aufgefressen und die Falle total zugekackt. Aber auch um die Falle herum fand ich erstaunlich viel Mäusekot, und der war am Tag davor auch noch nicht dagewesen. Jetzt kann ich die Vorstellung nicht mehr von mir abschütteln, wie die Freunde und Verwandten meiner Maus ihr teils zu helfen versucht haben und teils bloß um die Falle herumgeschlichen sind und ihr, wie das ja bei unsereinem auch passieren kann, mehr oder weniger blöde Ratschläge gegeben oder ihr vielleicht sogar ein rechthaberisches "Hab ich's dir nicht gleich gesagt?" an den Kopf geworfen haben. Wahrscheinlich habe ich in meiner Kindheit zuviele Zeichentrickfilme mit Mäusen gesehen, denn die Erklärung könnte ja auch lauten, daß die Maus lange mißtrauisch um die Falle herumgeschlichen ist, ehe der Appetit sie dann doch hineintrieb.

Mein Mann wird jetzt das Loch am Heizungsrohr schließen, aber wir wollen damit noch warten, bis wir - wie zuvor in der Küche - alle Mäuse auch aus dieser neuen Population aus dem Haus befördert haben. Andernfalls suchen sie sich womöglich bloß andere Schleichwege, und in so einem alten Haus werden sie natürlich auch welche finden. Faustregel: Mindestens zwei Wochen ohne gefangene Maus im Dachzimmer sollten vergangen sein. Bis dahin habe ich oben sage und schreibe vier Fallen strategisch verteilt, denn die zwei Wochen sind im Obergeschoß und im Wohnzimmer im Erdgeschoß mauslos verstrichen, also habe ich hiermit diese Räume feierlich für mäusefrei erklärt. Das hat vermutlich damit zu tun, daß die Handwerker mit dem Parkett, das sie gelegt haben, ihnen alle Schleichwege verschlossen haben. Lediglich im Bad könnten sie hinter der Toilette wohl noch raus, aber dort haben sie es bislang nicht versucht.

Es könnte sein, daß wir dasselbe später noch mit einer dritten Population machen müssen, die hinter einer Tapetentür unter der Dachschräge wohnt und möglicherweise mit keiner der beiden anderen deckungsgleich ist. Dort habe ich, als ich ganz zu Anfang nach dem Einzug, die Tür öffnete, auch Mäusekot gesehen, wenn ich auch nicht hätte sagen können, wie alt er ist. Aber bislang fand ich noch keine Hinweise darauf, daß sie ins zugehörige Obergeschoß eingedrungen sind, und  die dort in den Wohnräumen aufgestellten Fallen sind leer geblieben. Der Raum hinter der Tapetentür steht aber voller Gerümpel von den Vor-Vorbesitzern, das ich zuvor erst ausräumen müßte. Das möchte ich gerne noch ein bißchen verschieben, denn im Moment bin ich gerade dabei, endlich auch meine Bücher aus dem Keller zu evakuieren und für sie die richtigen Plätze im Haus zu finden. Mit ein bißchen Glück reicht der vorhandene Platz tatsächlich doch noch, um sie alle in Regalen aufzustellen - allerdings habe ich noch nicht alle Regale erwoben, die ich dafür brauche. Wenn ich das mal erledigt habe, ist im Grunde nur noch Dekokram anzubringen und sind zum Teil noch Bilder aufzuhängen, und dann sind wir einstweilen vernünftig eingerichtet - obwohl so manches Provisorium, das verwendet wurde, weil wir es bereits besitzen, im Lauf der Zeit durch besser passende Möbelstücke ersetzt werden wird.

Damit ich endlich für die Wohnräume Vollzug melden kann und nicht noch einmal das große Werk für irgendetwas völlig anderes unterbrechen muß, hebe ich mir das Fallenstellen in dem eindeutigen Mäuse-Rückzugsraum unter der Dachschräge so lange auf, bis wir keine Mäuse mehr im Dachzimmer fangen. Mit ein bißchen Glück bleiben dann außerdem die Fallen hinter der Tapetentür auch gleich leer, weil die Mäuse ganz oben doch identisch mit denen auf halber Höhe unter dem Dach gewesen sind. Und wenn nicht, freue ich mich dann wieder auf mausige Gesellschaft morgens beim Kaffeetrinken. Daran kann man sich nämlich echt gewöhnen, morgens beim Kaffee einer in der Falle gefangenen Maus eine freundlich tadelnde Moralpredigt über die Eigentumsverhältnisse an unserem Haus zu halten.


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