Freitag, 13. Oktober 2023

Neues aus meiner Bärenhöhle: Pembrolizumab, Polyneuropathie, bariatrische Chirurgie als Krebsprävention und ein halbgarer Bas Kast

Mein Gewicht heute früh nach dem zweiten von zwei nicht zusammenhängenden Fastentagen: 80 Kilogramm exakt. Zum ersten Mal seit August an einem solchen Freitag also keine Sieben an erster Stelle. Damit scheint es amtlich zu sein: Meine Bärengene haben wieder zugeschlagen; die Herbst-Zunahmephase hat tatsächlich dieses Jahr etwas früher eingesetzt, als ich das bislang kannte, wie ich das ja schon in einem der letzten Beiträge vermutet hatte. Höchste Zeit also, daß ich in den Low-Carb-Modus wechsle - was ich nächste Woche nach dem viertägigen Fastenintervall, also ab Freitag nächster Woche, aber sowieso geplant hatte. Übermorgen, also am Sonntag werden wir noch normal frühstücken, aber zum Abendessen gibt es dann das erste Low-Carb-Essen, nämlich die Big-Mac-Rolle, auf die wir uns so freuen, daß wir nicht bis zum Freitag damit warten wollen. 

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Die Infusion habe ich am Montag bekommen, allerdings ging die Sache diesmal so ratzfatz, daß ich leider gar keinen Arzt zu Gesicht bekommen habe, obwohl das Personalchaos behoben ist. Das ist ein bißchen schade, denn die Schwellung der Brust ist am Montag wiedergekommen; gleichzeitig spürte ich am Vormittag auch einen leichten ziehenden Schmerz in der Achselhöhle. Das legt nahe, daß da wirklich ein Zusammenhang mit den nicht mehr vorhandenen Lymphknoten besteht, und dazu hätte ich tatsächlich gerne kurz mit einem Arzt gesprochen, obwohl ich nicht annehme, daß ich mir deswegen Sorgen machen muß. Für alle Fälle beobachte ich die Sache natürlich. Mittlerweile hat die Schwellung abgenommen, ohne freilich bereits komplett verschwunden zu sein; den Schmerz in der Achselhöhle spüre ich aber nicht mehr. 

Von meiner Liegennachbarin habe ich etwas Interessantes erfahren: Für triple-negativen Brustkrebs ist vor wenigen Wochen auch eine Antikörperbehandlung zugelassen worden, und zwar mit Pembrolizumab. Sie zählt wohl mit zu den ersten, die das bekommen; begleitend zu einer normalen EC-Chemo. Leider verträgt sie die Behandlung ziemlich schlecht, aber wie es sich beim ersten Zwischen-Check beim Radiologen zeigte, vertrug ihr Tumor es erfreulicherweise sogar noch schlechter, denn er ist bereits nach zwei Chemo-Zyklen von 1,2 cm auf null geschrumpft und in der Mammographie nicht mehr zu sehen. Das sieht vielversprechend aus, was die pathologische Komplettremission betrifft, die wiederum für Triple-Negativ ja eine ausgesprochen günstige Prognose bedeuten würde. Das wäre also alles wunderbar, wenn nur die Nebenwirkungen bei ihr nicht so heftig ausfallen würden. Ihre Chemo-Dosis (nicht aber die Pembro-Dosierung) wurde nun runtergesetzt, und ich drücke ihr hiermit die Daumen, daß der dritte Zyklus dadurch weniger unangenehm wird. Sie zieht nämlich in Erwägung, die Chemotherapie ganz abzubrechen, wenn es nochmal so schlimm kommt wie im zweiten Zyklus.

Ich habe ein bißchen über diese neue Behandlungsoption herumrecherchiert und fand schließlich einen Bericht von 2021 über die Studie, die wohl Grundlage dieser Neuerung war. Die Gruppe, die in jener Studie Pembrolizumab bekam, stand tatsächlich sowohl bei den pathologischen Komplettremissionen wie auch beim ereignisfreien Überleben nach 36 Monaten erheblich besser da als die Kontrollgruppe, und das, obwohl die Abbrecherquote der Pembro-Gruppe deutlich höher lag, was ja das Ergebnis verschlechtert haben müßte. 

Offenbar haut die Kombination EC plus Pembro ganz schön rein, da ja auch meine Liegennachbarin davon so extrem in Mitleidenschaft gezogen wurde, ist aber gleichzeitig auch sehr effektiv. Da könnte sich begleitendes Fasten und/oder Keto wirklich als vorteilhaft erweisen, indem es die Sache etwas verträglicher macht und damit Abbrüche verhindert. Wenn nur die Onkologen nicht mit solcher Vehemenz davon abraten würden - auch die Onkologin meiner Liegennachbarin hat ihr explizit vom Fasten abgeraten, also brauchte ich ihr da gar nicht erst anfangen, irgendwelche Tipps in diese Richtung zu geben (gemacht habe ich es trotzdem, nur glaube ich nicht, daß sie das umsetzen wird). Dabei, so berichtete sie, sei sie alleine aus Übelkeitsgründen in beiden bisherigen Zyklen NACH der Chemo mehrere Tage lang überhaupt nicht in der Lage gewesen, zu essen, ohne es sofort wieder von sich zu geben, und habe deshalb schon mehrere Kilo abgenommen. 

Falls sich diese Übelkeit durch Fasten, sagen wir: ab einen Tag VOR der Chemo bis einen Tag nach ihr, reduzieren oder ganz verhindern ließe, könnte das Ergebnis also aus Onkologenperspektive - nach der Gewichtsabnahme ja des Teufels ist - bei begleitender ketogener Ernährung oder Fasten eher weniger alarmierend als noch schlimmer ausfallen. Wer sagt es ihnen allerdings? Denn auf mich werden sie wohl kaum hören.

Was mich unangenehm überrascht hat, ist, daß es volle zwei Jahre gedauert hat, bis nach dieser Studie endlich die Zulassung erfolgte. Das läßt Böses ahnen, was die Zeit bis zur Zulassung der im vorletzten Beitrag erwähnten chemofreien Antikörpertherapie betrifft. 

Sandra, was hat denn deine Onkologin dazu gesagt? 

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Daß Onkologen sich kollektiv die Haare raufen und Weh und Ach schreien, wenn eine Brustkrebspatientin während der Chemotherapie fasten oder kohlehydratarm essen möchte, hindert wieder Ernährungsmediziner wie meinen speziellen Freund, den Professor Smollich, nicht daran, eine Gewichtsabnahme wegen eines mit Adipositas verbundenen höheren Brustkrebsrisikos für so wichtig zu halten, daß bariatrische Chirurgie samt allen damit verbundenen Risiken (nicht etwa das viel risikoärmere Fasten oder Keto) von ihnen mit dieser Begründung wärmstens empfohlen wird. 

Ich habe keinen Zugriff auf den Volltext der Studie, auf die der Herr Professor sich beruft, aber dem Abstract entnehme ich, daß das Risiko nach Magenverkleinerung im Vergleich zu Frauen mit BMI unter 25 zwar im Vergleich zu Patientinnen ohne Magenverkleinerung sich verringert, aber näher an dem Risiko von Patientinnen ohne Magenverkleinerung bleibt als an dem der Partientinnen, die von vornherein im Normalgewichtsbereich lagen. 

In total, 69 260 women were included in the analysis, with 13 852 women in each of the 5 study cohorts. The mean (SD) age was 45.1 (10.9) years. In the postsurgical cohort vs the overall nonsurgical cohort (n = 55 408), there was an increased hazard for incident breast cancer in the nonsurgical group after washout periods of 1 year (hazard ratio [HR], 1.40 [95% CI, 1.18-1.67]), 2 years (HR, 1.31 [95% CI, 1.12-1.53]), and 5 years (HR, 1.38 [95% CI, 1.21-1.58]). When the postsurgical cohort was compared with the nonsurgical cohort with BMI less than 25, the hazard of incident breast cancer was not significantly different regardless of the washout period, whereas there was a reduced hazard for incident breast cancer among postsurgical patients compared with nonsurgical patients in all high BMI categories (BMI ≥25).

Die absolute Zahl der Krebspatientinnen hätte mich dabei auch interessiert, aber dafür müßte ich wohl den Volltext lesen. Ich meine: Wieviele Patientinnen von den 69.260 bekamen Brustkrebs? Und wieviele davon hat eine Magenverkleinerung nun - rein rechnerisch - vor Brustkrebs bewahrt? Eine? Zwei? Zehn? An mehr als maximal zehn bis zwanzig glaube ich nämlich nicht, ich tippe sogar eher auf eine nur einstellige Zahl. Die Frage dabei ist außerdem, wieviele der Magenverkleinerungspatientinnen vergleichbar schwerwiegende gesundheitliche Probleme durch die Operation bekamen. Das kann nämlich bezüglich der Zahl der Fälle bei vergleichbarer Erkrankungsschwere leicht ein Nullsummenspiel gewesen sein.

Ich breche das Thema an dieser Stelle mal ab, damit ich keine schlechte Laune bekomme. Stattdessen lieber noch ein Nachklapp zum Thema "Chemo-Nebenwirkungen", und zwar diejenige darunter, die es sich bei mir am längsten gemütlich zu machen versucht hat: die berüchtigte sogenannte Polyneuropathie. Während der Chemo selbst hatte ich das in jedem Zyklus immer nur zwei, drei Tage lang, erst im letzten - als ich mir zusätzlich noch eine dicke Erkältung eingefangen hatte und alles etwas unangenehmer als sonst wurde - merkte ich es dauerhaft, wenn auch auf niedrigem Level. Deshalb hatte ich nach der Operation, die Vergripptheit war nun überwunden und alle anderen Nebenwirkungen waren weg, eigentlich erwartet, daß es auch bald wieder weggehen würde.

Das tat es allerdings nicht, sondern es wurde im Gegenteil zwischen Mai und Juni noch intensiver, und zwar mit einem Höhepunkt noch vor Beginn der Bestrahlung, die also dafür nicht verantwortlich gewesen sein kann. Auch auf dem Höhepunkt war es eigentlich nicht so furchtbar schlimm, es war nicht schmerzhaft und behinderte mich auch beim Laufen nicht, lediglich beim Abwärts-Treppensteigen fühlte ich mich an den Tagen der stärksten Intensität ein bißchen unsicher und nutzte vorsichtshalber einen Handlauf nach dem Motto "Es reicht ja, daß ich Krebs habe, da muß ich nicht auch noch auf die Fresse fallen". Es fühlte sich halt ähnlich blöd an wie das Gefühl im Mund nach einer Zahnbehandlung, bei der man eine Spritze bekommen hat, und vermutlich kann man nach Zahnarztbesuchen heilfroh sein, daß man auf dem Zahnfleisch nicht laufen muß. 

Es war (und ist) auch nicht jeden Tag gleich stark, und während ich zur Chemo-Zeit noch ein Muster bei den wechselnden Intensitäten zu erkennen glaubte, war es danach ziemlich unvorhersehbar. Wie auch immer, es schwankte jedenfalls um einen Mittelwert herum, und war ich morgens schon mit einer überdurchschnittlich intensiven Variante aufgewacht, konnte ich damit rechnen, daß es bis abends oberhalb des Mittelwerts bleiben würde, obwohl sich untertags die Intensität auch verändern konnte. Zwischen Juni und August veränderte sich dieser Mittelwert kaum, aber mittlerweile hat die Sache erheblich nachgelassen, und das kam quasi in einem einzigen Satz innerhalb von zwei, drei Tagen im September, kurioserweise, während ich in einer besonders infektionsanfälligen Phase war. Jetzt ist die Intensität ungefähr wieder so, wie sie zum OP-Zeitpunkt im April war, ich werde wieder übermütig und liebäugle mit dem Gedanken, es werde nun vielleicht wirklich demnächst ganz damit aufhören. Deshalb habe ich ein Hilfsmittel, das ich im Sommer gefunden und einige Zeit regelmäßig genutzt hatte, jetzt wieder weggeräumt, weil ich es nicht mehr benötige, und so kam mir der Gedanke, daß ich diesen Tipp vielleicht auch mal anderen Polyneuropathie-Geplagten weitersagen sollte, denn ich kann nicht ausschließen, daß das vielleicht ebenfalls mit zur Besserung beigetragen hat - und in jedem Fall hat es mir gutgetan, als die Sache noch stärker spürbar war.

Es handelt sich um das Fußmassagegerät rechts auf dem Bild. Aldi hatte es Anfang August in den Aktionsartikeln angeboten:

EASY HOME Elektrisches Massagegerät Angebot bei Aldi Süd

Bei dem günstigen Preis schien es mir vertretbar, es einfach mal auf gut Glück damit zu versuchen, obwohl der Bedienungsanleitung nichts darüber zu entnehmen war, ob es für einen Einsatz in so einem Fall überhaupt tauglich oder empfehlenswert sei oder womöglich sogar davon abgeraten werden müsse. Und siehe da, die Wirkung war positiv und ziemlich deutlich spürbar. Das Gerät läßt sich intuitiv nutzen: Man stellt den Fuß einfach drauf und läßt es losmassieren. Ich habe das nie besonders lange, sondern immer bloß ein paar Minuten gemacht und dabei den Fuß auch teilweise bewegt, also den Fuß erst korrekt draufgestellt und dann nach hinten wegbewegt oder auch mal gezielt nur die Ferse und den Fußballen hoch- und runterbewegt. Das lief alles mehr intuitiv, je nachdem, was für ein Gefühl ich hatte, an welchen Stellen sich der Fuß besonders komisch anfühlte.

Die Veränderung im Gefühl war sofort spürbar, wenn ich den Fuß wieder runtergenommen habe: Das tat richtig gut. Ich weiß nicht, was das im Fuß genau bewirkt hat, aber es fühlte sich dann jedenfalls vorübergehend deutlich normaler an. Also bin ich ungefähr drei, vier Wochen lang dabei geblieben, es regelmäßig zu nutzen, anfangs mehrmals am Tag abwechselnd bei beiden Füßen, immer dann, wenn mir auffiel, daß der Fuß sich blöd anfühlte. Als das Kribbeln schwächer wurde, nutzte ich es immer weniger und dann ist es bei mir offenbar mehr oder weniger in Vergessenheit geraten - vorhin fiel mir auf, daß das Gerät immer noch am Boden unter meinem Schreibtisch stand. Jetzt räume ich es also weg, aber nicht ZU weit weg - wer weiß, ob ich es vielleicht doch noch einmal brauchen werde. 

***

So, jetzt aber auch mal wieder back to topic, nämlich dem eigentlichen Thema meines Blogs. Ich habe nämlich mal wieder eines dieser Bücher gelesen, die ich eigentlich gar nicht lesen wollte: den Megabestseller "Ernährungskompaß" von Bas Kast, der in solcher Tiefe in unsere Bevölkerung vorgedrungen ist, daß er mir sogar aus der weiteren Verwandtschaft schon ans Herz gelegt wurde - was mich eigentlich immer eher abschreckt, statt mich zu verlocken. 

Nun ja, dann ist es bei einem Flohmarkt plötzlich doch in meinem Rucksack gelandet und nun habe ich es gelesen. Eigentlich war ich auch guten Willens, dem Autor nach bestem Wissen und Gewissen die Gerechtigkeit widerfahren lassen, die er verdient hat, obwohl ich gleichzeitig auch nicht erwartete, aus diesem Buch besonderen Nutzen zu ziehen. Aber, ehrlich gesagt, ich bin mir nach der Lektüre überhaupt nicht sicher, was er verdient hat. 

Als ich das Buch gelesen habe, hätte ich ihm nämlich nicht unterstellt, daß er seine persönliche Geschichte erfunden hat, sondern habe sie mit all ihren Merkwürdigkeiten erst mal für bare Münze genommen:

Bas Kast, so schreibt er das, hatte sich als eigentlich schlanker und sportlicher Mann durch Junk-Food krankgegessen. Er gehörte nämlich lange zu den Glückspilzen, die „von alleine“ schlank sind und es auch bleiben, obwohl sie essen, was sie wollen – obwohl also auch er dauernd Dinge aß, die, sagen wir mal: suboptimal sind. Er selbst schreibt das allerdings nicht schierem Dusel, sondern seiner Leidenschaft fürs Joggen zu. Aber, wie das ja gar nicht so selten vorkommt: zwischen 30 und 40 funktionierte die Sache mit dem von allein Schlankbleiben auf einmal nicht mehr so wie zuvor. Bas Kast wurde zwar nicht wirklich fett, aber es begann sich um den Bauch der traditionelle Rettungsring auszuprägen. Das hätte ihn womöglich noch nicht einmal weiter beeindruckt, aber plötzlich bekam er beim Joggen ständig Herzbeschwerden … und als diese Beklemmungen dann auch noch anfingen, ihn nächtens aus dem Schlaf zu reißen, schien es ihm, als müsse er dagegen doch etwas unternehmen. Da er außerdem aber glücklicherweise Wissenschaftsjournalist war, begann er zu recherchieren und will dabei herausgefunden haben, wie man essen muß, damit einem so etwas wie ihm selbst nicht passieren wird. Er selbst jedenfalls behauptet, sich auf diese Weise wieder "gesund gegessen" zu haben.

Daß ihn ein so dramatisches Leiden wie Herzbeschwerden nicht etwa dazu motivierte, zum Arzt zu gehen, sondern dazu, sich selbst eine Do-it-yourself-Lösung zusammenzunageln, hat mich zunächst längst nicht so mißtrauisch gemacht wie Johanna Bayer, die aus genau diesem Grund die komplette Geschichte für erlogen hält. Ich habe ja in einer aus anderen Gründen vergleichbar beängstigenden Situation genauso reagiert. An die Herzbeschwerden glaubte und glaube ich allerdings auch nicht, obwohl ich zunächst jedenfalls Bas Kast glaubte, daß er selbst geglaubt hatte, er hätte Herzbeschwerden gehabt. 

Woran ich sofort dachte, waren aber Magenprobleme. Erst vor ein paar Wochen hatte ich ja diese ständigen durch die Speiseröhre aufsteigenden Gasblasen, und das Druckgefühl in der Brust hatte dabei manchmal eine solche Intensität, daß man da schon sein Herz verdächtigen könnte, irgendwie nicht mehr so zu funktionieren, wie es soll. Nur hatte ich dasselbe ja schon während der zweiten Chemo-Hälfte und parallel zu diesem Druckgefühl konnte ich mich beim Kardiologen davon überzeugen, daß meine Pumpe in Wirklichkeit fröhlich und völlig normal weiterpumpte. Außerdem war mir ja auch nicht entgangen, daß das Druckgefühl mit den Gasblasen kam und ging. 

Was also, überlegte ich mir, wenn das bei Bas Kast auch gar keine Herzbeschwerden waren? Durch eine Ernährungsumstellung will er seine Herzprobleme geheilt haben. Es liegt auf der Hand, daß er Magenprobleme auf diese Weise in jedem Fall hätte heilen können. Bei Herzproblemen finde ich Zweifel an den Erfolgsaussichten, wie Johanna Bayer sie äußerte, letzlich schon angebracht.

Mittlerweile habe ich außerdem mitbekommen, daß Bas Kast an den Sensationserfolg seines Buches - das Exemplar, das ich auf dem Flohmarkt gekauft hatte, gehörte der 28. Auflage an - neuerdings mit einem Buch mit sehr ähnlichen Titel und in ähnlicher Aufmachung angeknüpft hat, das "Kompaß für die Seele" heißt. Auslöser dieses Folgetitels soll nach Angaben des Autors gewesen sein, daß der Erfolg des "Ernährungskompaß" ihn unversehens in Depressionen gestürzt hatte, gegen die er sich dann ebenfalls selbst behandeln mußte. Also, es tut mir leid, damit hat er dann auch bei mir seine Glaubwürdigkeit verspielt. Offenbar bekommt dieser Mann praktischerweise immer Krankheiten, von denen er sich selbst erstens ziemlich leicht heilen kann, und zweitens immer solche, die sich als bestsellertaugliches Material zum Geldverdienen nutzen lassen. 

Deshalb noch ein letztes Mal zurück zu den Herzproblemen. Einen Arzt hat Bas Kast nach eigenem Bekunden im Buch nie aufgesucht. Es gab also offenbar nie eine Diagnose seiner Herzerkrankung. Daß es sie gegeben hat, das sollen wir ihm einfach glauben. Ich überlasse es jedem selbst, dies zu tun oder es nicht zu tun.

Das Eigenartige an dieser Herz-Schmerz-Geschichte ist, daß ich bei einer – zugegebenermaßen kurzen – Recherche quer durch die üblichen Tages- und Boulevardmedien, die über ihn und sein Buch, als es die Bestsellerlisten anführte, berichteten, nirgends auch nur die Äußerung des allerleisesten Zweifels gelesen habe, daß Kast tatsächlich Herzprobleme gehabt hatte. Das erinnert mich ein bißchen an die „Fettlöserin“ Nicole Jäger, bei der ebenfalls in keiner Talkshow jemals irgendwer ihre zentralen Behauptungen hinterfragte, obwohl sie durchaus Fragen hätten aufwerfen müssen. Johanna Bayer war bei Bas Kast die einzige Ausnahme, und ich fürchte, sie liegt mit ihrer Einschätzung richtig, daß nämlich Bas Kast in Wirklichkeit nichts weiter ist als ein Blender, der als Wissenschaftsjournalist ganz genau weiß, welche Themen sich gut verkaufen lassen, und daß persönliche Dramen, die man damit verknüpft, sowieso nicht hinterfragt werden. 

Aber was steht nun drin in dem Buch? Ist es trotzdem nützlich, es zu lesen und sich nach seinen Ernährungsempfehlungen zu richten?

Ich würde sagen: Vorausgesetzt, man nimmt die Sache mit der Lebens- und Gesundheitsverlängerung nicht gar zu bierernst oder versucht sogar, die Empfehlungen auf hundertprozentige Lösungen hin zu optimieren (eine Puzzleaufgabe, an der man den Verstand verlieren würde), werden die Empfehlungen einen vermutlich nicht krank machen. Mehr als das kann ich leider nicht bieten.

Das hat Bas Kast aber immerhin seiner Autorenkollegin Nadja Hermann voraus, denn deren Buch, das ebenfalls ein Sensations-Bestseller war, finde ich auch in der letzteren Sicht problematisch, weil das, was sie ihren Anhängern empfiehlt, von vornherein gar nicht die Lösung des von ihnen typischerweise gesuchten Problems einer Gewichtreduktion sein kann. Bas Kasts Ernährungsempfehlungen enthalten für Leute, die das vage Gefühl haben, ernährungsmäßig "ein bißchen gesünder" leben zu sollen, zwar ein paar eher skurrile Details - so etwa seine Verteufelung ausgerechnet von Kartoffeln, die ich, sofern man sich auf maximal die Hälfte der gewohnten Menge beschränkt, sogar in einer Low-Carb-Ernährung akzeptabel finde -, aber wer der Einfachheit halber keine individuelle Ernährung aus den diversen enthaltenen Baukästen zusammenzustellen versucht, sondern einfach nachmacht, was Bas Kast selbst ißt - oder zu essen behauptet -, der wird ziemlich sicher davon jedenfalls nicht krank werden. Je nachdem, wie er vorher gegessen hat, kann es sogar sein, daß er davon gesünder wird, denn auch bei ihm ist das enthalten, was der gemeinsame Nenner letztlich aller Ernährungstheorien ist: Weniger Fertigfutter essen. Warnen sollte man wohl allenfalls Herzkranke, die glauben, sich mit Hilfe dieses Buches alle weiteren Arztbesuche sparen zu können, weil diese Ernährung sie ebenso heilen werde wie den Autor. Das nämlich könnte tatsächlich gründlich schiefgehen. 

Die wissenschaftliche Qualität dieses Buches erinnerte mich ebenfalls sehr an die von "Fettlogik überwinden", ein Haufen Fußnoten, die für gründliche wissenschaftlich Recherche bürgen sollen. Allerdings, Fußnoten setzen kann jeder. Studien finden, lesen und verstehen, gut, da werden diejenigen schon weniger, die mit Bas Kast immer noch auf Augenhöhe sind, denn das gehört zu seiner Arbeit als Wissenschaftsjournalist natürlich mit dazu, und das wird er gelernt haben. Vermutlich ist er da auch wirklich besser als ich, aber ich könnte es im Prinzip auch und hätte deshalb seine Fußnoten überprüfen können. Nur will ich in diesem Fall gar nicht: Diesmal habe ich mir nämlich die Mühe gespart, die Fußnoten bis zu ihren Quellen zu verfolgen, wie ich das bei Nadja Hermann noch getan habe, also kann ich auch nicht sicher sagen, ob er ebenso selektiv wie sie vorgegangen ist und sich nur immer das herausgepickt hat, was zu den Behauptungen paßte, die er vertreten hat. Für möglich halte ich es schon, aber mir fehlte irgendwie der Antrieb, ihm irgendetwas in dieser Hinsicht nachweisen zu können. Ich hielt das deshalb nicht für nötig, weil ich es auch für überflüssige Mühe halte, sich eine optimierte Ernährungsweise nach dem Baukastenprinzip aus hunderten von Risikoerhöhungen oder -verringerungen um 10, 20 oder 50 Prozent hin oder her zusammenzustellen. 

Es gibt da einen Witz von einem Hergottsschnitzer aus Oberammergau, bei dem ein reicher Amerikaner ein Kruzifix in Auftrag gab. Als er kam, um es abzuholen, fragte er den Künstler, ob er den Gesichtsausdruck von Jesus am Kreuz denn noch ein bißchen leidender machen könnte. Der Schnitzer griff wieder zum Messer und tat, was der Kunde verlangte. Aber als er fertig war, war die Miene des Gekreuzigten dem Amerikaner immer noch nicht leidend genug. Nachdem der Schnitzer dreimal nachgebessert hatte, und es dem Käufer immer noch nicht reichte, begann er ein viertes Mal, warf dann aber auf einmal wutentbrannt sein Messer auf den Boden und brüllte: "[Originalbaierischen Fluch einsetzen]! Jetzt grinst er!" 

Etwas ganz ähnliches, glaube ich, passiert, wenn man seine Ernährung gar zu sehr auf das alleroptimalste hin zu optimieren versucht. Es schlägt unter Umständen ins Gegenteil dessen um, was man eigentlich erreichen wollte. Wer auch immer es dann sein mag, der darüber grinst, man selbst ist das dann bestimmt nicht.

Man hat dem Buch deutlich angemerkt, zu welchen Themenbereichen, über die er darin schrieb, Bas Kast persönliche Erfahrungen vorzuweisen hat, und worüber er hingegen nur ein paar Studien gelesen hat und das, was er ihnen entnommen hat, auf gut wissenschaftsjournalistische Weise leserfreundlich zusammenfaßt. Das Lustige ist, daß Low Carb in den Bereich der persönlichen Erfahrungen zu zählen scheint, aber wohl vor allem als vage interessierter Zaungast bei befreundeten Low-Carb-Fans, das schließe ich jedenfalls aus einer Randbemerkung, in der er sich über einen Freund lustig macht, der ihm mit dem qualmenden Glimmstengel in der Hand Vorträge über die Gefährlichkeit von Kohlenhydraten gehalten habe. 

Tatsächlich war Bas Kast der erste Nicht-Low-Carbler, der in einem Buch, das ich in die Hände bekam, dieser Ernährungsform gegenüber ein gewisses Wohlwollen aufzubringen schien und auch anerkannte, daß, diese Einschränkung mußte aus seiner Sicht wohl sein, wenigstens manche Leute mit dieser Ernährungsweise besser als mit Low Fat abnehmen können. So richtig scheint er den fundamentalen Unterschied zwischen einer Gewichtsabnahme mittels Low Fat und einer mittels Low Carb also nicht verstanden zu haben. Das liegt vermutlich daran, daß Gewichtsabnahme nie sein primäres Ziel gewesen ist. Gewichtsabnahme taucht in seinem Buch nur da und dort eher am Rande auf, und alles, was er zu dieser Thematik schreibt, wirkte auf mich auch nur angelesen und nicht wirklich verstanden. In diesem Bereich fehlt ihm halt "Skin in the Game". Das nehme ich ihm eigentlich auch nicht übel, nur zeigte mir gerade das Halbgare in dem, was er über Low Carb schreibt, daß höchstwahrscheinlich auch das meiste von dem, was ich jetzt selbst nicht so richtig beurteilen kann, genauso halbgar ist.

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Apropos Bären: 

Ich schau gerade wieder gerne live die lachsfischenden Bären in Alaska.






3 Kommentare:

  1. Hallo Perditax, da bin ich wieder :) - Meine Onkologin (zertifiziertes Brustkrebszentrum) hat auf meine Frage nach Behandlung (entsprechend dem Schema in der Studie) geantwortet, dass sie mir nicht „nur“ Antikörper geben kann, weil das laut S3 Leitlinie nicht vorgegeben wird…. Ich habe nun (aufgrund der Herzerkrankungen in meiner Familie) auf die EC vorweg, sowie auf das Carboplatin vom TCHP Schema verzichtet! Ich werde seit letzter Woche nun mit THP (Taxotere/wöchentlich + Trastuzumab und Pertuzumab/ alle 3 Wochen ) behandelt… Mitte November ist mein erster Kontrolltermin.
    Meine Onkologin hat angeboten diese 12 Wochen geplante Taxotere=Paclitaxel Chemo ggf um 6 weitere Wochen zu verlängern, wenn sich die gewünschte Wirkung nicht einstellen sollte. Ich bin sehr gespannt.
    Ergänzend werde ich mit IVC Infusionen anfangen (intravenöses Vit C) - unterstützt von meiner Gynäkologin und angeleitet durch Dr. Lange-Wühlisch, Allgemeinmediziner, Komplementärmediziner und Orthomolekukarmediziner. Der damit sehr gute Erfahrungen gemacht hat. Keine Sorge, auch dazu habe ich mich bereits ein wenig „schlau“ gelesen und bei MEINER Chemo stört das Vit C nicht. Es unterstützt eher die Antikörper Therapie, durch die Stärkung des Immunsystems. Aber auch das ist alles noch nicht durch Studien 100% ig abgesichert. Aber mir reicht, was ich bislang weiß. Wenn es nicht wirkt, dann schadet es zumindest auch nicht.
    Er ist übrigens auch begeistert von meiner derzeitigen Keto Ernährung und vom Fasten um die Chemo Tage ;) Auf Dauer meint er würde bei mir vermutlich auch low carb reichen. Das warte ich nun erst mal ab. Ich könnte noch so viel mehr schreiben, will aber das Kommentarfeld nicht überfüllen 🤓 - darum erst mal liebe Grüße und alles Gute für dich, insbesondere dass du dein Kopfkino weiterhin so gut unter Kontrolle hältst, da bist du echt mein Vorbild!

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  2. Hi Sandra,

    hoffentlich geht meine Antwort heute endlich durch - gestern klappte das nämlich nicht. Ich gratuliere dir zu deinem Ärzteteam und drücke die Daumen, daß die gewählte Kombi in Tateinheit mit Fasten und Keto dem Tumor zeigt, was eine Harke ist, und zwar subito! Halt mich auch unbedingt auf dem laufenden, damit ich keinen Krampf in den Daumen bekomme. ;-)

    Merkst du denn Nebenwirkungen? Ich war mir nie ganz sicher, ob ich einen Teil der meinigen auch dem "Eibenscheiß" zuordnen kann oder ob das alles auf das Konto von EC bzw. des fiesen Carboplatins ging.

    LG
    Perditax
    PS: Ich LIEBE überfüllte Kommentarfelder, wenn die Inhalte interessant sind. :-)




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  3. Hallo Perditax,
    danke für die feste gedrückten Daumen.
    Na klar, gerne halte ich dich auf dem Laufenden :)
    Ich „merke“ Nebenwirkungen aber alle auszuhalten.
    Also notiert ist hier:
    - leichtes prickeln in den Fingern am Tag der Chemo und 1-2 Tage danach
    - Bauchgrummeln, plötzlich durchschlagend (etwas Flohsamenschalen beruhigen da schnell
    - trockene Haut, Nasenschleimhaut und Augen
    - Haarausfall, beginnend nach 14 Tagen
    - Übelkeit und Essensgelüste wie in der Frühschwangerschaft in Wellen und am stärksten am Tag nach der Chemo, sonst gerne morgens und abends
    Da ich faste um die Chemo und mich ansonsten ketogen ernähre Bilde ich mir ein, dass diese Nebenwirkungen deshalb nur schwach sind und auch deutlich stärker hätten ausfallen können.
    Einen „rush“ Rötung an seitlicher Stirn, Wangen und Hals bis hinter die Ohren, mit Pusteln, die sich zu Papeln und Pickeln entwickelt haben schieben die Onko- Schwestern auf die Antikörper (die ich kommende Woche auch erst das zweite Mal erhalten werde).
    Ich bin diese Woche mit der Vit C Gabe nach dem Riordan Schema http://www.doctoryourself.com/Riordan-IVC-deu.pdf gestartet. Wir tasten uns grade an die benötigte Dosis ran. Diese ist grob vorberechnetb und wird nun anhand des Blutzuckeranstiegs indirekt bestimmt. Das Gerät kann nicht zwischen Glucose und Vit C unterscheiden. Fand ich auch sehr interessant.
    Ich hab den Windruck seit dem geht es mir noch besser…? Zumindest brauchte ich diese Woche keine Tablette gegen die Übelkeit so wie in der Vorwoche und der Vor-Vorwoche….
    Ansonsten erweitere ich mein „Netzwerk“ und bin dem
    Krebs-Campus (auf Instagram) beigetreten. Im Discord Channel gibts ne tolle Austausch Gruppe und viele Infos auch zur Keto Ernährung bei Krebs.
    Und: mein Thieme Gesundheitscoach liest sich nun auch in die ketogene Ernährung und meine Vit C Ergänzungstherapie ein, mummies dann weitere Infos zu geben.
    Bin privat versichert und schon vor meiner Diagnose hatte ich mich für ein Gesundheits Coaching (vorbeugende Maßnahme) angemeldet. Dies überschnitt sich nun mit der Diagnose.
    War aber total platt als die Dame so offen erklärt hat sie lernt gerne dazu und unterstützt mich auch mit weiteren Infos und Tips sobald sie selber for ist, da ich momentan wohl mehr in der Materie bin als sie selber. Jung, offen, dynamisch a so wünscht man sich das.

    Nun lese ich mich erst mal durch deine neuen Blog Beiträge. Alles Liebe und viel Gesundheit weiterhin für dich!
    Sandra

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