Mein Gewicht heute früh am ersten von zwei nicht zusammenhängenden Fastentagen diese Woche: 80,8 kg. Daß ich seit Freitag Low Carb esse, macht sich gewichtstechnisch mit - meiner Schätzung nach - ca einem halben (Wasser-)Kilo weniger, als andernfalls zu erwarten gewesen wäre, bemerkbar. Bislang also keine Überraschungen, weder positive noch negative, mit Ausnahme der Entdeckung, daß es meinem Mann sehr ernst damit ist, bis Ende November ebenfalls konsequent bei Low Carb zu bleiben, womit ich eigentlich trotz allen Lippenbekenntnissen nicht so richtig gerechnet hatte. Sich vorher zu wiegen, hat er abgelehnt. Ihm gehe es nur um die Paßform seiner Hosen, sagt er. Schade, ich wäre auch neugierig auf den Gewichtseffekt bei ihm gewesen.
Ab morgen bin ich in einer ziemlich anstrengenden Phase, ein umfangreiches Projekt, das bis nächste Woche Dienstag fertig werden muß, und wenn darüber die Welt untergehen sollte. Unterbrochen vom Geburtstag meiner Mutter, für den ich am Freitag spätestens am frühen Nachmittag bis zum Sonntag, mindestens bis zum frühen Nachmittag, meine ganze Zeit einplanen muß. Dazu am Montag die Trastuzumab-Infusion, die mir diesmal ungewöhnlich schlecht in die Zeitplanung paßt - aber ich möchte das trotzdem nicht verschieben, weil ich unbedingt wissen will, wie es meiner netten Liegennachbarin mit der dritten Chemo ergangen ist und wie es ihr überhaupt geht. Ich hoffe, besser als nach der zweiten! Außerdem hoffe ich vor allem sehr, daß es keine langen Wartezeiten geben wird, das wäre gerade diesmal besonders unangenehm.
Also werde ich ab morgen keine Zeit mehr zum Bloggen haben, auch bzw. vor allem am Montag mit dem Start des langen Fastenintervalls nicht, was ich sonst ja immer für einen Blogartikel nutze, um mein Startgewicht kundzutun. Das werde ich diesmal wohl auf das Ende des langen Fastenintervalls verschieben müssen.
Weil meine Abnahme seit Ende des Urlaubs doch langsamer gewesen ist als erwartet und ich deshalb leider nicht wie erwartet noch vor Ende Oktober die 80 Kilogramm dauerhaft unterboten habe, werde ich wohl während der Low-Carb-Phase einmal ausnahmsweise fünf statt vier Tagen fasten, um bis Anfang Dezember weit genug unter 80 zu liegen, um darauf hoffen zu können, daß es bis Ende des Weihnachtsurlaubs meines Mannes nicht noch einmal über die 80 drübergeht. Eigentlich war ich schon ziemlich entschlossen, das nächste Woche zu machen, da mir die Infusion öfter ein bißchen die Gewichtsentwicklung versaut hat und ich dem damit wirkungsvoll gegensteuern könnte. Aber dann stellte ich fest, daß ich am Samstag vermutlich auf Achse sein werde, und das paßt dann nicht so richtig dazu. Wahrscheinlich werde ich es also um zwei Wochen verschieben - es sei denn, die Wettervorhersage für den Samstag nächste Woche wird bis Donnerstag nächste Woche so schlecht, daß wir ohnehin lieber daheimbleiben möchten.
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Professor Smollich steht irgendwie auf Kriegsfuß mit seinem eigenen Fach und Twitter besteht immer noch darauf, daß ich solche Dinge immer zeitnah erfahren müsse. Jetzt behauptet er sogar, daß die Gene keinen Einfluß auf das Körpergewicht haben, obwohl dieser Einfluß etwas ist, das man sehr wohl als gesichert bezeichnen kann, weil es eine Unzahl von Studien gibt, die es in der einen oder anderen Weise bestätigen (Zwillingsstudien!) oder wenigstens nahelegen. Daß ein Einfluß in dieser Studie mit dem in ihr gewählten Design und durch die hier untersuchten Faktoren nicht nachgewiesen werden kann, ändert nichts daran. Wie vordringlich es ist, speziell diese genetischen Zusammenhänge besser als bislang zu durchschauen, wäre eine andere Frage, darauf komme ich auch noch zu sprechen.
Tatsächlich bin ich mit keinem einzigen Wort in Smollichs Tweet einverstanden, nicht einmal mit dem "die" oder dem "mit", und was für Abgründe ich aus dem Smiley herauslesen kann, davon fange ich lieber gar nicht erst an. Nichts am Ergebnis dieser Studie ist beispielsweise spannend. Das läuft auf denselben kalten Kaffee wie immer hinaus, bloß mit einer Prise Kardamom obendrauf, die allerdings nichts daran ändert, daß der Kaffee kalt ist und außerdem so merkwürdig schmeckt, daß bei seiner Produktion irgendetwas schiefgelaufen sein muß.
Was in der Studie untersucht wurde:
122 Studienteilnehmer mit Adipositas, darunter 102 Frauen und 20 Männer, und zwar mit einem durchschnittlichen BMI von ca. 35, wurden nach Genotyp in zwei Gruppen unterteilt, die sogenannten "Fat-Responders" und "Carbohydrate-Responders", von denen theoretisch die erste Gruppe mit einer High-Fat und die zweite mit einer High-Carb-Diät bessere Ergebnisse erzielen hätte sollen.
Um das zu testen, wurde jede der beiden Gruppen noch einmal halbiert, und die eine davon bekam die zu ihrem Genotyp passende, die andere die unpassende Diät. Es gab also vier Gruppen:
- Fat-Responders mit High-Fat-Diät
- Fat-Responders mit High-Carb-Diät
- Carb-Responders mit High Carb-Diät
- Carb-Responders mit High-Fat-Diät
Eine "High-Fat"-Ernährung in diesem Sinne ist übrigens nicht deckungsgleich mit einer Low-Carb-Ernährung, wie man spontan erst einmal denkt. Der Carb-Anteil der High-Fat-Ernährung beträgt 45 Prozent, das liegt immer noch im High-Carb-Bereich. Es ist lediglich ein geringerer Anteil als bei der High-Carb-Ernährung, in der den Teilnehmern wahrhaftig 65 Prozent Kohlenhydrate zugemutet wurden.
Verglichen wurde also - bei in beiden Ernährungsweisen gleichem Protein-Anteil - gewissermaßen High-Carb plus etwas mehr Fett mit Very-High-Carb plus ein bißchen weniger Fett (spontan sehe ich dazu viel trocken Brot ohne Butter und ähnliche Tristessen vor mir, was vermutlich nur meine Vorurteile reflektiert). Das hatte aber immerhin den Vorteil, daß mit die Vergleichbarkeit erschwerenden und zudem vermutlich von den Experten gar nicht als solche erkannten verlorenen Wasser-Kilos der High-Fat-Ernährung nicht gerechnet werden mußte. Ebensowenig freilich kam der vielfach belegbare Abnahmevorteil von Low Carb auf diese Weise zum Tragen, und der Eiweißanteil unterschied sich ja sowieso nicht.
Wenig überraschend, gab es bei der Abnahme zwischen den vier Gruppen dann auch keine gewaltigen Unterschiede. Auffällig schlechter performte allenfalls die letztgenannte Gruppe, deren Abnahme mit 4,1 Kilogramm um die zwanzig Prozent niedriger lag als die Abnahme in den anderen drei Gruppen. Die Autoren hielten diese Differenz um mehr als ein Kilogramm dennoch für belanglos, da sie aus welchen Gründen auch immer erwartet hatten, es würde bei typgerechter Nährstoffverteilung trotz des kurzen Studienzeitraums sehr viel höhere Differenzen geben. (Mir fiel übrgens auf, daß ausgerechnet diese Worst-Performer-Gruppe die geringsten Probleme mit Verlangen nach mehr Essen hatte. Vielleicht also war in ihr die Disziplin einfach am schlechtesten gewesen.)
Halten wir also fest: Die Wirkung von High-Carb/High-Fat unterschied sich somit nicht von Very-High-Carb/Low-Fat. Die Abnahme der vier Gruppen im Laufe von zwölf Wochen lag zwischen 4,1 und 5,5 Kilogramm und war ausschließlich auf das Einsparen von 750 Kalorien zurückzuführen, die - je nach ermitteltem Energiebedarf des Teilnehmers - zwischen 20 und 30 Prozent Energiedefizit ausgemacht haben.
Auch das war aber keine große Überraschung. Mit einem Kaloriendefizit dieser Höhe nimmt man in den ersten zwölf Wochen praktisch immer ab, egal mit welcher Art von Diät. Zwölf Wochen Studiendauer sind bei Gewichtsreduktionsfragen eine typische Wahl, wenn man Wert darauf legt, Erfolge vorweisen zu können, ohne sich darum zu scheren, ob diese Erfolge auch von Dauer sein werden. Das merkt man im vorliegenden Fall auch daran, daß die unausweichlichen Wiederzunahmen mit keiner Silbe erwähnt werden. Immerhin haben die Autoren diese Studiendauer aber zu begründen versucht, unter anderem mit einer anderen Studie, in der ich, als ich die Fußnote weiterverfolgte, diese Grafik vorfand:
Tatsächlich zeigt diese Grafik, daß Abnehmende jener Studie, auf die sich die Autoren berufen hatten, auch noch Jahre nach ihrer Abnahme umso weiter von ihrem Ausgangsgewicht vor der Abnahme entfernt sind, je höher ihre Abnahme in den allerersten Wochen gewesen ist. Inwiefern dies hier von Relevanz sein sollte, wird nicht erklärt; möglicherweise wurde unterstellt, daß typgerechtere Abnahmen nicht nur höher ausfallen, sondern auch dauerhafter seien - aber das letztere kann man mit dieser Studie von vornherein ja nicht belegen.
Die Unterschiede in der Abnahme hatten übrigens keine erklärbare Ursache in Unterschieden des Diätansatzes. Alle Patienten, deren Daten in diese Grafik eingeflossen sind, haben gleichermaßen ca. ein Jahr lang ein Energiedefizit von ca. 30 Prozent einhalten sollen und dafür wurden ihnen in den ersten fünf Monaten auch kostenlos die zugehörigen Mahlzeiten zur Verfügung gestellt.
Ab Jahr 2 bestand das Ziel darin, das Gewicht weiter zu halten; es wurde klar verfehlt. Obwohl alle Teilnehmer - es handelte sich um Diabetes-Patienten - während des gesamten Zeitraums ziemlich intensiv betreut wurden, nahmen sie zu, und zwar, näher betrachtet, alle drei Gruppen prozentual ungefähr gleich viel, nämlich um die 50 % ihrer anfänglichen Abnahme. Tatsächlich ergibt sich aus der Grafik außerdem, daß die Wiederzunahmekurve gerade bei der "Best-Performer"-Gruppe bis zum Jahr 5 (!) steiler als in den beiden anderen Gruppen verlief. Welche Faktoren also auch immer dazu geführt hatten, daß die Angehörigen dieser Gruppe mehr als die der beiden anderen abgenommen hatten, es läge nahe zu vermuten, daß dieselben Faktoren dann auch für die schnellere Wiederzunahme verantwortlich gewesen sein müßten. Man sollte ja eigentlich annehmen, daß es aus wissenschaftlicher Sicht nahe liegen müßte, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, was für Faktoren das sind und warum sie diese beiden Teilergebnisse mit sich bringen. Stattdessen hält man sich an den absoluten Zahlen fest: Nach acht Jahren lag die bestperformende Gruppe am weitesten unter ihren Ausgangsgewicht. Hurra, also muß es sinnvoll sein, dafür zu sorgen, daß schnell abgenommen wird. Da die Gründe für die Differenzen bei der Abnahme indes nicht bekannt sind, kann sich das aber auch als Beispiel für typische "Cargo Cult"-Wissenschaft herausstellen.
In Wirklichkeit war dieser Vorteil - unterstellen wir mal, daß es gesundheitlich tatsächlich einer ist, wofür ich aber bitte erst einmal die Gesundheitsdaten der drei Gruppen nach acht Jahren sehen möchte - aber ziemlich bescheiden ausgefallen. Von einer maximalen Gewichtsabnahme von 13 Kilogramm im Gruppendurchschnitt der besten Gruppe waren nach acht Jahren ganze 6 Kilogramm übriggeblieben. Im Vergleich dazu hatte die schlechtestperformende Gruppe von 6 maximal abgenommenen Kilos nur 3 wieder zugenommen.
Ein Jahr Quälerei mit Diäten, sieben Jahre engmaschige Überwachung, Beratung sowie weitere Diäten, sofern das Gewicht zu weit hochgegangen war. Und als Ergebnis hatten die "Musterschüler" unter den Teilnehmern nach acht Jahren Kampf nur einen Vorteil von sage und schreibe drei Kilogramm vorzuweisen, und das, obwohl sie nie auch nur die Nähe der Abnahme von zwanzig bis dreißig Kilogramm gekommen waren, die erforderlich gewesen wären, um aus einem Durchschnitts-BMI von 35 einen von 25 zu machen. Inwiefern soll sich dieser Aufwand also gelohnt haben? Und was genau taugt daran eigentlich als Begründung für eine Studiendauer von nur zwölf Wochen im vorliegenden Fall?
Die eigentlich wichtige Frage - nämlich
diejenige, deren gesundheitspolitische Relevanz der Grund dafür ist,
warum pausenlos Studien wie diese mit unseren Steuergeldern finanziert
werden -, läßt sich mit Hilfe von Studien, die zwölf Wochen dauern, überhaupt nicht beantworten. Sie
lautet: "Wie kann es gelingen, einen Menschen mit BMI 35 auf BMI 25
zu bringen und zu verhindern, daß er wenige Jahre nach der Abnahme
wieder BMI 30 überschreitet?" Einen Sinn ergibt dieses Studiendesign nur, wenn Wiederzunahmen im Anschluß an die Maßnahme für komplett unvermeidlich gehalten werden und außerdem raschere Wiederzunahmen bei höherer anfänglicher Abnahme für gesundheitlich nicht nachteilig gehalten werden - was freilich erst einmal vernünftig begründet werden sollte, denn Wiederzunahmen stehen im Verdacht, eine Verschlechterung der Körperzusammensetzung bewirken zu können.
Wiederzunahmen sind in Studien wie auch im richtigen Leben zwar außerdem der Regelfall, aber dennoch nicht unvermeidbar. Hier eine aktuelle Grafik meiner eigenen Gewichtsabnahme im Laufe von sechseinhalb Jahren:
So etwas wäre es doch, was die Wissenschaft im Falle eines BMI >30 eigentlich anstreben müßte: eine Gewichtsabnahme, die dauerhaft so lange fortgesetzt werden kann, bis ein definiertes Gewichtsziel erreicht ist - und bei der dieses Gewicht anschließend auch gehalten werden kann. Studien wie diese tragen dazu rein gar nichts bei. Gut also, daß ich mir als real existierende Übergewichtige selbst helfen konnte.
Die in der Kurve auch bei mir erkennbaren Stagnationsphasen erwiesen sich nämlich als keineswegs unvermeidlich, sondern waren vor allem der Tatsache geschuldet, daß ich im Alleingang herausfinden mußte, wie ich das Kippen in eine Wiederzunahme verhindern konnte. Ich bin kein Epidemiologe, aber es ist mir gelungen, erstens mögliche Gründe herauszufinden und sie zweitens durch selbst entwickelte Lösungsansätze zu testen. Da sie die gewünschte Wirkung auch in der praktischen Anwendung zeigten, werden sie mich nun aller Wahrscheinlichkeit nach vollends bis zum Zielgewicht begleiten. Das alles hat bei mir natürlich ganz schön gedauert und mich unnötigerweise Zeit und Nerven gekostet, nur weil die Wissenschaft mich in dieser Frage vollständig im Stich gelassen hat.
Die Frage, welche Rolle die genetische Prädisposition bei der aktiven Beeinflussung des Körpergewichts spielt, muß nach dieser Studie also weiter offen bleiben; ergeben hat sich aus ihr nur, daß kalorienreduzierte Diäten nach dem Prinzip High Fat und Very High Carb bei den dazu passenden Genotypen keine höhere Gewichtsabnahme auslösen als bei den dazu unpassenden. Unbeantwortet bleibt neben der Frage, welchen Einfluß veränderte Proteinanteile hätten, auch die Frage, ob Low Carb, also eine Ernährung mit einem Kohlenhydratanteil von maximal 26 Prozent, bei denselben Genotypen vielleicht doch eine auffallend andere Wirkung ausgelöst hätte.
Ich glaube, ich kenne die Antwort auch ohne eine einschlägige Studie schon jetzt. ;-)
Ob genetische Faktoren eine bedeutendere Rolle unter den
beeinflussenden Faktoren bei der Entwicklung des Körpergewichts spielen, hängt aber sowieso von der genauen
Fragestellung ab, und ich meine, es sind nicht die allerdrängendsten
unter den möglichen Fragen, bei der es auf diese Faktoren mit ankommen
würde. Gesundheitspolitisch relevant sind nämlich eine ganze Reihe
unterschiedlicher Fragestellungen, die jeweils eigener Antworten bedürfen:
- persönliche Ebene: Ich bin normalgewichtig. Was muß ich tun, damit das so bleibt?
- persönliche Ebene: Ich bin leicht übergewichtig. Wie gelingt es mir, Normalgewicht zu erreichen und dauerhaft zu halten?
- persönliche Ebene: Ich bin stark übergewichtig (BMI >30). Wie gelingt es mir, Normalgewicht zu erreichen und dauerhaft zu halten?
- gesundheitspolitische
Ebene: Wie gelingt es, den generellen Trend zu mehr
Übergewicht/Adipositas zu stoppen bzw. wieder umzukehren?
- gesundheitspolitische Ebene: Durch welche Maßnahmen entwickeln möglichst wenige normalgewichtige Kinder als junge Erwachsene Übergewicht?
- gesundheitspolitische Ebene: Durch welche Maßnahmen gelingt es möglichst vielen übergewichtigen Kindern, als junge Erwachsene Normalgewicht zu haben und es zu halten?
- gesundheitspolitische Ebene: Durch welche Maßnahmen entwickeln möglichst wenige normalgewichtige Erwachsene über 40 Übergewicht?
- gesundheitspolitische Ebene: Durch welche Maßnahmen gelingt es möglichst vielen übergewichtigen Erwachsenen über 40, Normalgewicht zu erreichen und es zu halten?
Eine Schlüsselrolle spielen die Gene sicherlich bei der schleichenden Zunahme, die ich über viele Jahre hinweg erlebt habe und die sich auch in keinerlei erkennbaren Bezug zu meiner Kalorienaufnahme setzen ließ - tatsächlich hätte ich, käme es wirklich auf die Kalorien an, schon in jungen Jahren viel stärker zunehmen müssen, als es tatsächlich der Fall war. Diese schleichende Zunahme passiert einer Menge Leuten, aber genausovielen eben auch nicht, und diese beiden Gruppen werden sich genetisch schon igendwie unterscheiden. Worin sie sich genetisch unterscheiden, wäre vielleicht ja auch nützlich zu wissen, aber für zwingend erforderlich halte ich es nicht, um das damit verbundene praktische Gewichtszunahme-Problem zu lösen. Denn eigentlich reicht es doch auch schon, das Symptom, nämlich das halbe bis ganze Kilo Zunahme pro Jahr, zu erkennen - vorausgesetzt, man hat wirksame Instrumente, um dem andernfalls zu erwartenden Verlauf, nämlich einer in Summe hohen Zunahme im Verlauf von zwei bis drei Jahrzehnten, rechtzeitig (!) gegenzusteuern.
Genau diese Information wäre mir auch von echtem Nutzen gewesen, wenn ich sie schon in jungen Jahren gekannt hätte, anstatt mein Glück mit Brigitte-Diäten und ähnlichem Zeug zu versuchen, damit Ziele wie das sogenannte Idealgewicht anzustreben und damit unweigerlich zum Jojo-Opfer zu werden.
Ziemlich sicher ist die sehr verbreitete Gewichtszunahme in mittleren Jahren dagegen vor allem ein hormonelles Problem, ebenso wie die Zunahme bei hormonellen "Großereignissen" wie etwa einer Schwangerschaft. Diese Art von Zunahmen gab es außerdem schon immer. Sie sind in Literatur, Kunst und Geschichte ein roter Faden in der Darstellung von Männern wie Frauen ab dem mittleren Alter, seit es schriftliche und Bildzeugnisse gibt. Dieses Problems ist man mit klassischen Diäten überhaupt noch nie Herr geworden, auch davon künden die zugehörigen Quellen.
Wenn eine Zunahme hormonell bedingt ist, dann muß der
Ansatzpunkt, um wieder abzunehmen, logischerweise ebenfalls auf
hormonellen Faktoren beruhen. Das zu wissen, wäre für mich nach meiner Schwangerschaft hilfreich gewesen, denn dann hätte ich sowohl einen Sinn in einer Wiedererlangung meines vorherigen Gewichts gesehen als auch wirksame Instrumente besessen, mit deren Hilfe sie erreichbar gewesen wären, anstatt mich in mein Schicksal zu ergeben und auf eine damals gerade in Mode befindliche wissenschaftliche Seifenblase wie den "Set Point" zu vertrauen.
Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit starkem Übergewicht sind hingegen eine Erscheinung, die erst in den letzten zwei bis drei Jahrzehnten zu einem Massenphänomen geworden ist. Es liegt deshalb nahe, für diese Fälle als erstes nach Einflußfaktoren von außen zu suchen. Ich habe keine Strichliste darüber geführt, wie oft die Gesundheitspolitik in den letzten Jahrzehnten schon Heureka gerufen und dem vermeintlichen Übeltäter durch regulierende Gesetzgebung oder "Nudging"-Maßnahmen zu Leibe gerückt ist. Erfolge bislang: Fehlanzeige. Stattdessen wird das Problem immer schlimmer.
Die Antworten, auf die es ankommen würde, interessieren in der Ernährungswissenschaft offensichtlich niemanden, stattdessen finden Professoren wie dieser Smollich epidemiologische Sandkastenspiele ohne praktische Relevanz nach eigenem Bekunden "spannend", in Adipositaszentren werden ungeachtet der damit verbundenen Risiken längst auch Widerstrebende auf den OP-Tisch geschickt und neuerdings hofft die Pharmaindustrie auf massenhaft lebenslängliche Abnehmer für Mittel wie Wegovy, die man nicht mehr absetzen kann, ohne einen sofortigen Jojo-Effekt zu erleben und über deren Langzeitfolgen noch kein Mensch etwas sagen kann. Angesichts dessen sind künftige alarmistische Kampagnen aus der Gesundheitspolitik ebenso wie weitere auf Fehlannahmen basierende Maßnahmen bereits jetzt gesichert, und genauso sicher ist es außerdem, daß sie sich als wirkungslos oder sogar kontraproduktiv erweisen werden.
Das war die schlechte Nachricht. Die gute Nachricht lautet: Als Einzelner kann man sich dem entziehen und sein eigenes Ding ausprobieren.
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