Samstag, 13. November 2021

60!!!

Mein Gewicht heute früh nach vier aufeinanderfolgenden Fastentagen: 86,9 Kilogramm (mit nur einem winzigen bißchen Schummeln: nur eine statt zwei Tassen Kaffee vorhin, andernfalls wäre es wohl die erwartete Punktlandung auf der 87 geworden). Damit habe ich also erstmals mehr als 60 Kilogramm Abnahme zu verzeichnen. Wow. Das wird heute aber mal richtig gefeiert! Die Low-Carb-Biskuit-Basis für eine leckeren Apfel-Mascarpone-Torte (abgeleitet von einer "normalen" Apfel-Schmand-Torte, deren Rezept von meiner Schwester war) ist schon im Backofen. :-)

Zum Frühstück gibt es außerdem zwei verschiedene Sorten Low-Carb-Fladenbrot, die ich im Web fand. Eine mit Joghurt und Mandelmehl, die andere mit Cheddar-Käse und Kokosmehl. Auf beide bin ich schon gespannt. 

Jetzt geht es bei mir los, worüber von Nadja Hermann aufwärts schon viele Abnehmende berichtet haben: Auf einmal werden die Reaktionen auf meine Abnahme kritischer. Meine Mutter macht sich Sorgen, ich könnte magersüchtig geworden sein, und findet, ich könne jetzt langsam mal aufhören.

So war sie schon immer, meine Mama. Ich erinnere mich noch, als ich mich mit 13 zu meiner allerersten Diät entschlossen hatte und mich daraufhin in meinem Zimmer einschloß und das Essen komplett verweigerte, weil ich mir - ziemlich hellsichtig für eine Pubertierende - nur so vorstellen konnte, die Sache jedenfalls am Anfang durchzuhalten, stand sie nach gerade mal zwei Stunden mit Karotten vor der Tür, die ich jetzt gefälligst auf der STelle essen sollte, weil gar nichts zu essen ja ungesund wäre. Damals nahm ich ihr das bitter übel, ich faßte das als Sabotage meiner guten Absichten auf, deren Umsetzung mich doch so große Überwindung kostete. Heute habe ich dieses Problem zum Glück nicht mehr, also muß ich auch niemandem etwas übelnehmen. Sie ist halt so, sage ich mir.

Aber reingelassen habe ich sie schon damals nicht. Sie ist samt ihren Karotten irgendwann wieder weggegangen.

Was mich an den jetzigen Sorgen meiner Mutter erheitert: Als ich das letzte Mal ungefähr mein heutiges Gewicht gehabt habe, das muß Ende der Achtziger gewesen sein, hat meine Mutter mich, wenn ich bei ihr zu Besuch war, mehr oder weniger taktvoll daran zu hindern versucht, so viel Butter aufs Brot zu streichen, wie ich es haben wollte, weil sie damals über meine Schwangerschafts-Zunahme wohl ähnlich erschrocken war wie über meine jetzige Abnahme. Und auch das habe ich mir dann höflich, aber bestimmt verbeten. Gewurmt hat es mich mindestens genausosehr wie die "Sabotage" viele Jahre früher. 

Damals war mein Entschluß, mich um mein Gewicht nicht mehr zu kümmern, noch ziemlich neu, also fehlte mir da noch die spätere Gelassenheit, über die ich - gewisse neuralgische Punkte ausgenommen - in der Frage meines Körpergewichts ab einem gewissen Punkt verfügt habe. Ich kann wirklich froh sein, daß ich weder Zuspruch benötige, um meine Sache durchziehen zu können, noch Sabotage mich davon abbringen kann, mit dem, was ich mache, weiterzumachen - was vor allem daran liegt, daß das, was ich mache, funktioniert. Und seit ich mein Experiment begonnen habe, besser denn je. 

Ein kleiner Rückblick auf die fünf Herbstphasen, die ich hinter mir habe

Hier noch einmal mein Gewichtsverlauf vom aktuellen Jahr, 2021, seit Ende September mit einer Lücke des Zeitraums bis Ende November, der noch bevorsteht: 

Was mich daran so beeindruckt, ist, daß die drei Wochen ohne langes Fastenintervall letztlich keinerlei Zunahmewirkung hatten. Damit hatte ich eigentlich nach den Erfahrungen der letzten Jahre rechnen müssen. 

Derselbe Zeitraum letztes Jahr. Mein Tiefstgewicht von 94,3 Kilogramm ist da gar nicht enthalten, das war schon etwas früher im September und ich erreichte es erst im darauffolgenden Frühjahr wieder. Ich hatte wie im laufenden Jahr ebenfalls einmal drei Wochen ohne langes Fastenintervall, nur etwas früher: 

Derselbe Zeitraum 2019, damals noch mit meinem alten Fastenrhythmus 2-3-2-3 Fastentage die Woche, jeweils nicht direkt aufeinanderfolgend: 

Der Verlauf 2018 weicht davon etwas ab: 

Hier sieht man, daß der Zunahmeschub nur im Oktober stattgefunden hat und das Gewicht im November wieder runterging, und am Ende sieht es eigentlich wieder ganz vielversprechend aus, oder? Im weiteren Verlauf ging es dann aber doch wieder rauf, dann wieder runter, ein richtiger Fortschritt fand auch in diesem Jahr bis zum März des Folgejahres nicht mehr statt. 

2017 ist die Grafik leider nicht so aussagekräftig, weil ich da erst Mitte November damit begonnen habe, mein Gewicht täglich zu erfassen, bis dahin habe ich nur nach Fastentagen mein Gewicht vermerkt. Außerdem fing ich Ende November erstmals mit den 36-stündigen Fastenintervallen an (davor fastete ich dreimal die Woche bis 15 Uhr bzw. 18 Uhr im wöchentlichen Wechsel), und deshalb wird der damit verbundene Gewichtsrutsch in der Grafik überbetont.  


Ich war damals Anfang Dezember eigentlich sehr zuversichtlich, daß die Abnahme nun weiter flutschen würde, aber das passierte dann nicht. Es ging rauf und runter, es gab zwar unter dem Strich ein kleines Minus, aber viel weniger, als ich erwartet hatte. Erst im März gab es wieder eine richtige und deutliche Abwärtsbewegung. 

Neues aus der Wissenschaft

Vor ca. zwei Monaten erschien eine wissenschaftliche Arbeit im "American Journal of Clinical Nutrition", federführend unter den Autoren Dr. David Ludwig, der schon seit Jahren zu den Verfechtern der Insulin-Theorie zählt und auch schon als Buchautor im populärwissenschaftlichen Bereich mit seinen Thesen in Erscheinung getreten war.

Sehr grob zusammengefaßt, lautet die von Dr. Ludwig vertretene These, daß das Calories in/Calories out-Modell Ursache und Wirkung verwechselt: Adipositas entstehe nicht deshalb, weil zu viele Kalorien konsumiert werden, sondern umgekehrt löse Adipositas durch die damit verbundenen hormonellen Fehlfunktionen übermäßiges Essen erst aus. Die Adipositaswelle in den USA sei vor allem auf die seit den achtziger Jahren immer hysterischer betriebene Fettreduktion in der Nahrung zurückzuführen, denn der geringere Fettanteil sei durch mehr Kohlenhydrate einfachster Art ersetzt worden, insbesondere Zucker, die hormonell die Fettspeicherung statt Fettverbrennung auslösen. Angedeutet wird außerdem, daß die abnehmenden Anteile von Fett und vor allem Protein ebenfalls einen negativen Einfluß gehabt haben könnten.

Die nachstehende Grafik aus der Studie beschreibt die verschiedenen Wirkfaktoren und ihr Zusammenspiel in dem von Ludwig vorgeschlagenen Carbohydrate-Insulin-Modell, abgekürzt CIM (im Unterschied zum Energy-Balance-Modell, abgekürzt EBM - diese beiden Abkürzungen wird man sich wohl merken müssen) 

Diese Studie erweckte erfreulich viel öffentliche Aufmerksamkeit und scheint auch nach etlichen Wochen weiterhin in der öffentlichen Debatte zu stehen. Ich hörte heute einen Podcast-Auftritt von Dr. Ludwig, den ich jedem empfehlen kann, der etwas detaillierter wissen möchte, was genau seine Thesen sind, ohne sich dafür durch staubtrockene und mit Fachvokabular durchsetzte wissenschaftliche Texte durchquälen zu müssen. Auf Englisch, aber ich fand es erstens gut verständlich und zweitens auch klar und auf den Punkt argumentiert. Man kann ihm auch mit nur mittelprächtigen Englischkenntnissen wohl mühelos folgen, und seine Argumentation ist ausgesprochen stringent und leuchtet spontan ein.

Inhaltlich völlig einverstanden bin ich mit dem, was Ludwig sagte, freilich mal wieder nicht, weil das eine oder andere im Widerspruch zu dem steht, was ich am eigenen Leib erfahren habe.

Nicht in Zweifel ziehe ich natürlich, daß ein niedrigerer Kohlehydratkonsum beim Abnehmen eine positive Wirkung haben kann, wie ich es gerade ja selbst erlebe. Nur: Bei bei meiner Zunahme war dies mindestens in der entscheidenden Phase, als es ganz schlimm wurde, erkennbar kein Faktor (mehr?), der irgendeine Rolle gespielt hat. 

Zur Erinnerung: Zwischen August 2015 und März 2017 habe ich 22 Kilogramm zugenommen und anschließend mit Intervallfasten bis Anfang Oktober 2017 20 Kilogramm abgenommen. Dabei habe ich in der gesamten Zeit ungefähr gleich gegessen - mit einer Ausnahme: Ab ca. Juli 2017 fing ich an,  wieder Süßigkeiten zu essen (was ich davor jahrelang nicht gewagt hatte), sprich: mehr von genau den Kohlehydraten, die andererseits aber an meiner Zunahme schuld gewesen sein sollen. Das paßt einfach nicht zusammen. 

Klar ist, daß Kohlehydrate irgendeine Rolle spielen müssen, andernfalls hätte mein Low-Carb-Experiment jetzt nicht so wirken können, wie es augenscheinlich gewirkt hat. Ich gehe außerdem davon aus, daß Low Carb statt Intervallfasten 2017 ebenfalls eine durchschlagende Wirkung gehabt hätte. Aber beim besten Willen kann ich keinen Zusammenhang zwischen der damaligen Art meiner Ernährung und meiner damaligen Gewichtszu- und -abnahme erkennen. Mein Stoffwechsel hat auf genau dieselbe Ernährung völlig anders reagiert, als ich damit anfing, dreimal die Woche nach einer 18stündigen Eßpause erst um 15 Uhr meine erste Mahlzeit einzunehmen. Schlimmer noch, er hat bei einer Veränderung (Süßigkeiten), die eigentlich eine ungünstige Wirkung hätte haben müssen, nicht damit aufgehört, so zu reagieren.

Der Verzicht auf möglichst viel der sonst gegessenen Kohlehydrate ist also einer von mindestens zwei möglichen Wegen, um als schwer Übergewichtiger rapide Gewicht zu verlieren. Und der zweite, Intervallfasten, kann auch dann funktionieren, wenn der Kohlehydratanteil in der Ernährung nicht sinkt, sondern steigt. Bei mir war das so, also ist das zwar vielleicht nicht bei jedem anderen ebenso, aber es wäre doch sehr erstaunlich, wenn ich die einzige Person auf der Welt sein sollte, die mit meiner Vorgehensweise abnehmen kann.

Aber auch Ludwigs Annahme, daß die Wirkung der Kohlenhydrate unter anderem in einer Tendenz, sich zu überfressen, besteht, also dafür verantwortlich ist, daß eine positive Energiebilanz entsteht und der Körper anfängt, den Überschuß als Fett zu speichern, steht im Widerspruch zu dem, was ich selbst erlebt habe. Ich habe ausgerechnet, daß ich in diesem halben Jahr zwischen März und Oktober 2017 gerade mal ca. 100 Mahlzeiten ausgelassen habe. Gleichzeitig habe ich nicht nur in der restlichen Zeit normal gegessen, ich habe bestimmt auch bei meiner jeweils ersten Mahlzeit an Fastentagen mehr als sonst gegessen. 

Angenommen, jede der ausgelassenen Mahlzeiten hätte 1000 Kalorien umfaßt (was als Durchschnittswert für eine Mahlzeit, wie ich dank meiner Kalorienzählaktion der letzten Wochen weiß, halbwegs realistisch ist): 

  • 100.000 Kalorien entsprechen nach konventioneller Rechenweise knapp über 14 Kilogramm Fett. Abgenommen habe ich aber zwanzig. 
  • Von diesen 100.000 "eingesparten" Kalorien muß aber noch das abgezogen werden, das ich in den anderen Mahlzeiten mehr verspeist habe. Sagen wir, es handelt sich um ein Viertel, was eine konservative Schätzung ist. Dann blieben auf einmal nämlich nur noch 75.000 eingesparte Kalorien übrig, und wir wären rechnerisch nur noch bei knapp 11 Kilogramm Abnahme. 
  • Daneben müssen diese 75.000 Kalorien in sechs Monaten, also ca. 12.500 pro Monat, aber auch von einer Ernährung abgezogen werden, mit der ich vor Beginn des Intervallfastens noch zugenommen hatte, die also nach Kalorienlogik einen Kalorienüberschuß enthalten haben müßte - und zwar einen gewaltigen, denn zum Schluß nahm ich in drei Monaten fast zehn Kilogramm zu. Nach Kalorienlogik hätte ich also in dieser Zeit pro Monat ca. 20.000 Kalorien über meinem Bedarf konsumiert haben müssen. Damit hätte ich aber auch während des Intervallfastens noch einen Kalorienüberschuß haben müssen (20.000 Kalorien minus 12.500 Kalorien = 7.500 Kalorien). Ich hätte folglich auch während des Intervallfastens weiter zunehmen müssen, und zwar ungefähr ein Kilogramm im Monat.

Kurz, die Rechnung geht nicht auf, egal aus welcher Richtung man sie anzugehen versucht. Es bleibt die höchst reale Entwicklung auf der Waage, und die ergab ein Minus von 20 Kilogramm in sechs Monaten. Angesichts dessen blieb mir natürlich gar nichts anderes mehr übrig, als vom Glauben an die Kalorien abzufallen. Und damit muß auch Dr. Ludwigs These an der Stelle fehlerhaft sein, an der die Kalorien ins Spiel kommen. Die Wirkung Gewichtsabnahme wurde offensichtlich alleine durch die Ursache einer anderen zeitlichen Verteilung meiner Mahlzeiten verursacht. Das zu verdeutlichen, halte ich für wichtig, denn nach Dr. Ludwigs These hätte dies nicht passieren dürfen. Ich hätte vielmehr erst - wissentlich oder spontan - Kohlenhydrate reduzieren müssen, und dadurch hätte sich mein Hunger verringert, also hätte ich anschließend weniger gegessen, und dadurch hätte ich abgenommen.  

So war das bei mir aber nicht. Ich habe gegessen, was ich wollte, und so viel davon, wie ich wollte.

Aber, und auch das halte ich für wichtig: Es klappte auf diese Art nur vorübergehend. Nach ca. einem halben Jahr ließ die Wirkung nach und meine Abnahme setzte sich über mehrere Wochen nicht weiter fort. Durch eine Verlängerung meiner Fastenintervalle auf nunmehr 36 Stunden anstelle von 18 bzw. 21 (im wöchentlichen Wechsel) konnte ich mit gutem Erfolg gegensteuern und nahm wieder weiter ab. Doch auch dabei ließ die Wirkung im Lauf der Zeit nach. (Hinzu kam außerdem dieses ärgerliche Herbstphänomen immer im Oktober und November, aber das klammere ich an dieser Stelle einmal aus. Es bedeutet aber m. E. noch einen weiteren unbekannten Wirkfaktor.) Mit den mehrtägigen Fastenintervallen konnte ich noch einmal erfolgreich nachjustieren, aber auch dabei stieß ich an meine Grenzen: Ein zu hoher Anteil an Fastenphasen, wie ich ihn im Frühjahr 2020 zeitweise gehabt haben muß, bewirkte bei mir keine höhere Abnahme mehr, sondern führte lediglich zu unkontrollierbaren Freßanfällen außerhalb meiner Fastentage. Sobald ich das korrigiert hatte, funktionierte alles wieder: Ich nahm ab, wenn auch langsamer, als erhofft, und ich hörte auf zu essen, wenn mein Magen mir sagte: Mehr nicht.

Dieses Phänomen der nachlassenden Wirkung betrifft vermutlich nicht nur mich, sondern höchstwahrscheinlich die Mehrheit derjenigen, die von einem hohen BMI aus mit einer insulinbasierten Methode abzunehmen versuchen, auch wenn das nur selten an die große Glocke gehängt wird. 

Egal welche dieser Methoden es ist und ungeachtet der Intensität: Für die mühelose und rasche (oft unerwartet rasche) Abnahme gibt es augenscheinlich ein relativ eng bemessenes Zeitfenster. Dieses Zeitfenster umfaßt sechs bis zwölf Monate und enthält offenbar irgendeinen Wirkmechanismus, der wahrscheinlich irgendwie mit Kohlehydraten in Zusammenhang steht, aber selbst doch irgendetwas anderes sein muß und auch nicht zwingend eine Reduktion der Kohlenhydrate benötigt.

Unabhängig von den Kohlehydraten muß es aber auch einen Faktor geben, der diese Verlangsamung der Abnahme auslöst. Ich kenne ich ihn nicht, ich habe nur seine Wirkung mehrmals erfahren. Aufgrund diverser Erfahrungsberichte anderer nehme ich außerdem an, daß Low Carb ebenfalls in seiner Abnahmewirkung nachlassen würde, falls ich es dauerhaft betreiben würde. Also ist es jedenfalls gut, daß ich mein Experiment ohnehin nicht verlängern wollte. 

Aber auch mit den Kalorien, wie das nach Dr. Ludwigs Annahme der Fall sein müßte, kann das alles nichts zu tun haben, denn bei mir ist zwischen beidem keinerlei Zusammenhang zu erkennen.  Daß ich den Glauben an die Rolle der Kalorien damals im ersten halben Jahr Intervallfasten, als die Kalorienrechnung ums Verrecken nicht aufgehen konnte, völlig zu Recht verloren habe, bestätigt mir auch meine aktuelle Erfahrung mit der Abnahmewirkung meines Low-Carb-Experiments in Kombination mit Intervallfasten, da ich einen Monat vor Beginn des Experiments begonnen habe, auch meine Kalorienzufuhr - relativ grob - zu erfassen. Meine doppelt so hohe Abnahme im Oktober (Low Carb + Intervallfasten) im Vergleich zum September (normale Ernährung + Intervallfasten) ergibt überhaupt keinen Sinn, wenn man versucht, sie ausgerechnet auf meine Energiezufuhr zurückzuführen. Neben dem Verzicht auf ca. 50 % der im Vormonat genossenen Kohlenhydrate bestand der einzige erkennbare Unterschied zwischen meiner Ernährung beider Monate in einer um durchschnittlich knapp 200 Kalorien höheren Energiezufuhr (Fastentage mit einkalkuliert). 

Ob eine Kalorienzufuhr von durchschnittlich 1900 Kalorien pro Tag - einschließlich der Fastentage, an denen ich null Kalorien zu mir nehme - ein Kaloriendefizit darstellen würde, lasse ich mal dahingestellt. Aber im Abnehmforum würde ich wohl niemanden finden, der daran glauben würde, daß man mit einer solchen durchschnittlichen Energiezufuhr 60 Kilogramm abnehmen kann. Und schon gar nicht als notorischer Sportverweigerer.

Ungeachtet dessen bin ich sehr wohl davon überzeugt, daß Ludwig mit seiner Insulin/Kohlenhydrate-These im Prinzip richtig liegt, minus die Kalorienlogik und plus einige noch unerkannte Wirkfaktoren im Zusammenspiel mit den maßgeblichen Hormonen, vor allem Insulin. 

Was bedeutet das aber alles?

Ich freue mich ja wirklich (genaugenommen bin ich sogar geradezu närrisch vor Begeisterung) über meinen spektakulären Erfolg mit Low Carb. Schon jetzt, zweieinhalb Wochen vor seinem Ende und sogar dann, falls ich von heute an kein Gramm mehr abnehmen oder sogar wie in früheren Jahren um diese Jahreszeit wieder zunehmen würde, kann ich guten Gewissens sagen, daß mein Low-Carb-Experiment meine kühnsten Erwartungen übertroffen hat. Ich hätte mich vor Beginn des Experiments, noch im September, ja auch schon über schlichtes Gewichthalten gefreut, und über ein oder zwei Kilogramm Gesamtabnahme in beiden Monaten, Oktober und November, wäre ich vor Freude bis an die Decke gesprungen. Aber ca.1,5 Kilogramm Abnahme nach jedem viertägigen Fastenintervall sind echt der Hammer. 

Wieso eigentlich verstärkt eine so moderate Variante von Low Carb die Wirkung einer mittlerweile durchaus ambitionierten Form des Intervallfastens so sehr? Weder nach meiner Logik noch nach der von Dr. Ludwig ergibt das einen Sinn.

Hier nochmal ein paar Gedanken dazu:

  • Ich bin immer davon ausgegangen, daß Intervallfasten und Low Carb aus demselben Grund wirken. Aber wenn das so wäre, warum habe ich dann gerade eine klassische rasante "Anfangsabnahme", wie ich sie ganz am Anfang beim Intervallfasten auch hatte und wie sie im Prinzip ja auch bei jeder jojoträchtigen Feld-Wald-Wiesen-Diät erlebt wird? Als ich meine Fastenintervalle verlängerte, weil die Wirkung beim alten Modell ausblieb, war ich damit zwar wieder erfolgreich und habe weiter abgenommen, aber doch vergleichsweise langsam. Im zweiten Jahr waren es durchschnittlich 1,5 Kilogramm pro Monat. Im Moment liege ich, sofern ich zwei viertägige Fastenintervalle in einem Monat mache, beim Doppelten! Eigentlich spräche dies dafür, daß der Wirkmechanismus diesmal ein anderer ist und nicht ein "Mehr vom Gleichen", also demselben Wirkmechanismus, dem ich die 52 Kilogramm Abnahme davor auch schon zu verdanken hatte.
  • Noch dazu erfolgt diese rasante Abnahme ausgerechnet in den beiden Monaten, in denen ich vier beschissene Jahre lang schier daran verzweifelt bin, daß ich immer ein wenig zugenommen habe, statt weiter abzunehmen.
  • Außerdem war meine Low-Carb-Variante mit durchschnittlich 75 Gramm Kohlehydraten pro Tag (inklusive Fastentage) bzw. 100 Gramm Kohlehydraten pro Tag (Fastentage nicht mit einbezogen) nun wirklich keine sonderlich ehrgeizige Low-Carb-Version. Es gibt ja Leute, die bestehen darauf, daß mehr als 50 Gramm Kohlehydrate kein echtes Low Carb seien. Ob es vielleicht hormonell gesehen einen Schwellenwert gibt, den man zwar unterschreiten muß, um eine Abnahmewirkung auszulösen, bei dem es aber egal ist, wie weit er unterschritten wird, solange er nur unterschritten wird? Die Verlangsamung der Abnahme im Lauf der Zeit bei fortgesetzter Anwendung der betreffenden Methode müßte in diesem Fall bedeuten, daß sich dieser Schwellenwert schleichend verschiebt und der Stoffwechsel ihn somit an die aktuellen Gewohnheiten anzupassen versucht.
  • Falls ja, müßte mein Schwellenwert nach viereinhalb Jahren Intervallfasten mittlerweile ziemlich hoch liegen. Meine Abnahme betrifft ja auch nur die Kombination von langen Fastenintervallen und Low Carb. In den letzten 24 Tagen ohne langes Fastenintervall habe ich mein Gewicht nur ungefähr gehalten, aber keines verloren. Eine Abnahme in den drei dazwischenliegenden Wochen mit jeweils zwei Fastentagen ist mir aber nicht aufgefallen ...
  • ... allerdings auch keine Zunahme, wie sie für mich eigentlich jahreszeittypisch wäre. Vielleicht ist die ausbleibende Zunahme also doch eine lediglich nicht mit bloßem Auge erkennbare und entsprechend den kürzeren Fastenintervallen geringere Abnahmewirkung? 
  • Es könnte aber auch sein, daß die Kombi Fasten in mehrtägigen Intervallen plus Low Carb irgendetwas anderes Hormonelles noch zusätzlich auslöst, das mir nicht bekannt ist und das ich nicht erkennen kann, weil es dabei um irgendeinen anderen Faktor geht als den, den ich bislang für entscheidend gehalten habe. Also um eines dieser "unknown unknowns".

Fragen über Fragen, eine spannender als die andere, und Dr. Ludwigs Arbeit gibt auf nichts davon eine Antwort. Womöglich hat ausgerechnet mein Mann, der mitnichten ein Wissenschaftler, sondern Techniker ist, mal wieder die beste Analyse zu bieten mit seiner Vermutung, daß man seinen Stoffwechsel immer mal wieder mit veränderten Herangehensweisen überraschen müsse, weil er sich an alles, was man tut, in überschaubaren Zeiträumen anzupassen versucht - wie das ja auch neulich das von mir verlinkte Video mit einem Bericht über eine Studie nahezulegen scheint. 

In diesem Fall müßte wohl eine Art "metabolisches Zirkeltraining" die beste Wirkung beim Abnehmen bieten: ein paar Wochen Methode 1, anschließend ein paar Wochen Methode 2 und so weiter. Dabei könnte dann m. E. auch Kalorienreduktion eine der Methoden sein, denn vier bis sechs Wochen sollten noch keinen Jojo auslösen können (ich bin aber nicht in Versuchung, das auszuprobieren, in der Kalorienfrage geht es mir mittlerweile viel zu sehr ums Prinzip, um das in meine eigene Abnahme hineinzuschummeln). In Frage käme neben - natürlich - Intervallfasten und Low Carb (alternativ Zuckerfrei/Glykämischer Index und alle anderen kohlehydratreduzierenden Diäten, allerdings ohne die dabei übliche Kalorienreduktion) außerdem Sport. Damit stünden vier verschiedene Herangehensweisen zur Verfügung, die man immer dann gegen eine andere Methoden auswechseln könnte, wenn die Abnahmewirkung erkennbar nachzulassen beginnt, was voraussichtlich nach einigen Wochen passieren sollte.

Je mehr ich über die durchschlagende Wirkung meines Low-Carb-Experiments nachdenke, desto neugieriger werde ich, welche Wirkung wohl ein solches "metabolisches Zirkeltraining" auf einen Anfänger hätte, also jemand, der gerade erst anfängt mit dem Abnehmen. Falls also so ein Anfänger hier mitlesen und das mal ausprobieren sollte: Ich würde mich brennend dafür interessieren, ob das tatsächlich besser wirkt, als dauerhaft bei einer Methode zu bleiben.

Wenn ich gerade ganz neu anfangen würde, würde ich das vielleicht selbst mal ausprobieren. Aber das Fasten bin ich jetzt seit viereinhalb Jahren gewöhnt, es fällt mir leicht und unterbrechen möchte ich gerade um diese Jahreszeit nicht, also mache ich stur damit weiter. Ich bin aber schon unheimlich gespannt darauf, was im Dezember passieren wird, wenn ich wieder "normal" esse. Mein Mann meint, vielleicht setzt sich meine Abnahme im Dezember gerade deshalb weiter fort, weil dann meine neue Ernährung wieder eine Überraschung für meinen Stoffwechsel ist, auf die er sich erst mal wieder einstellen muß. Ich habe ihn spontan erst einmal für verrückt erklärt. Aber beschweren würde ich mich darüber natürlich nicht, falls er auch diesmal recht behalten sollte. Und tatsächlich gibt es ja Berichte von Leuten, die ein Plateau mit Low Carb überwunden haben, indem sie wieder mehr Kohlenhydrate gegessen haben. Lassen wir uns also überraschen.

Ich bin zwar ein großer Rechthaber vor dem Herrn, aber wenn ich schon einmal nicht selbst recht haben sollte, finde ich es übrigens ganz prima, wenn es stattdessen mein Mann ist. 💏

Ansonsten könnte ich - zusätzlich zum Intervallfasten - im nächsten Jahr vielleicht abwechselnd EMS-Training und Low Carb einbauen, sofern auch das EMS-Training eine überzeugende Wirkung mit sich bringen sollte, und damit die Abnahme vielleicht kontinuierlich höher als bislang erwartet halten.

Sobald ich aber ein Vorher-Gewicht erreicht habe, das niedriger als 80 Kilogramm liegt, werde ich für meinen Schlußspurt alle Instrumente, die mir zur Verfügung stehen, auf einmal in die Waagschale werfen und möglicherweise auch die Zahl meiner Fastenintervalle noch auf das mir für einen begrenzten Zeitraum vertretbar erscheinende Maximum erhöhen, um die letzten 6 Kilogramm dann möglichst schnell auch noch erschlagen zu können. Vielleicht gehe ich, bevor ich damit anfange, sogar noch zu meinem Hausarzt und lasse mich von ihm beraten, was längere Fastenintervalle als vier Tage und eventuelle dabei nötige Supplementierungen betrifft. Vielleicht habe ich Glück, und er findet die Sache interessant genug, um sie etwas engmaschiger begleiten zu wollen. Immerhin war es ja mein Hausarzt, der mir sagte, Leute wie er und ich könnten nicht damit rechnen, jemals wieder normalgewichtig zu werden.

Steht also nächstes Jahr, spätestens im Herbst, vielleicht schon der Endspurt an? Noch vor zwei Monaten hätte ich angenommen, daß es noch ewig dauern wird, bis ich diesen Punkt erreicht habe. Im Moment bin ich aber - gerechnet von meinem Gewicht zu Beginn des langen Fastenintervalls diese Woche, also 92 Kilogramm - von diesem Punkt nur noch ca. 12,1 Kilogramm entfernt. Vielleicht sind es aber Ende dieses Monats sogar schon weniger als 10. In den letzten Wochen habe ich nämlich nach jedem langen Fastenintervall, das ich neu begonnen hatte, ungefähr 1,5 Kilogramm weniger als beim vorhergehenden auf die Waage gebracht. Das würde bedeuten, daß ich das nächste lange Fastenintervall bei ungefähr 90,5 Kilogramm beginnen sollte, und das übernächste - das dann schon Anfang Dezember sein wird - bei 89 Kilogramm.

Und das in meinen Horrormonaten Oktober und November! Wie mag die Wirkung dann wohl im März aussehen, in dem ich ja immer überdurchschnittlich abgenommen hatte? - Ich glaube, das muß ich dann doch dringender erfahren, als eine Antwort auf die Frage zu bekommen, ob die "normale" Frühjahrsabnahme wieder normal stattfindet oder nicht.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen