Dienstag, 22. September 2020

Gezähmte Uhus und andere große Tiere

Mein Gewicht heute morgen zu Beginn des ersten Fastentags der Woche sowie nach vier Eßtagen: 98,2 Kilogramm. Das sieht vielversprechend aus für die kommenden zwei Wochen bis zu meinem nächsten viertägigen Fastenintervall: Ich kann damit rechnen, daß ich (nach den beiden Wochen, in denen ich mich auf zwei Fastentage beschränke) übernächsten Montag wohl mit einem Ausgangswert von um die 99,2 Kilogramm plusminus ein bißchen was in das nächste lange Fastenintervall gehen werde. Der Adler ... äh, der Uhu ist somit nicht nur wieder einmal gelandet, sondern hat sich endlich dazu entschließen können, sich auf Dauer bei mir häuslich einzurichten. 

Nachtrag: Gerade habe ich meinen Brustumfang gemessen und festgestellt, daß der ebenfalls geschrumpft ist - von 112 auf 110 cm. Das kam unerwartet, nachdem ich ihn erst am Sonntag gemessen und keine Veränderung festgestellt hatte. Auf den Gedanken hatte mich gebracht, daß das Liegen am Sonntagmorgen irgendwie unbequem gewesen war, ich spürte meine Rippen auf eine ziemlich störende Weise. Offenbar haben sie zwei Tage zusätzlich gebraucht, um sich neu in Position zu bringen.

Es hat den Anschein, als könne ich mit ca. einem Kilogramm Netto-Gewichtsabnahme je viertägigem Fastenintervall rechnen, sowie damit, daß ich diese Nettoabnahme bis zum nächsten langen Fastenintervall halten kann, indem ich zwei Tage die Woche faste. Die spannende Frage lautet: Wie lange wird es dauern, bis die Wirkung anfängt nachzulassen? Mit den zehn 36stündigen Fastenintervallen in vier Wochen nach dem Rhythmus 2-3-2-3 Tage pro Woche hat die Wirkung ja auch nachgelassen. 

Ironischerweise hat die Verlangsamung der Abnahme ausgerechnet zu der Zeit angefangen, als ich mit diesem Blog begonnen habe und völlig sicher war, daß mein Modell als Dauerlösung bis zum Erreichen des Zielgewichts tauglich sei. Davor hatte es immerhin anderthalb Jahre lang zu meiner vollen Zufriedenheit funktioniert. Danach fing es auf einmal an zu holpern. Theoretisch war mir klargewesen, daß das passieren kann, aber natürlich schützt einen das nur begrenzt vor dem Frust, wenn es tatsächlich passiert. Zum Glück bin ich so stur und habe so lange herumprobiert, bis ich wieder eine funktionierende Formel gefunden habe.

Mein neuer Rhythmus 2-2-2-4 umfaßt letzlich genausoviele Fasten- und Eßtage innerhalb eines Vier-Wochen-Zeitraums wie mein alter Rhythmus. Vielleicht besteht der Trick, die Abnahme damit nicht nur vorübergehend, sondern über einen längeren - vorzugweise den kompletten erforderlichen - Zeitraum hinzukriegen, ja wirklich darin, die Zeitabstände zwischen den Fastenintervallen richtig zu dosieren. Das würde dann wieder ein Kilo Gewichtsabnahme pro Monat bedeuten ... was mir, wie ich einsehen muß, innerhalb der letzten zwölf Monate leider nicht gelungen ist; vergleiche ich mein heutiges Gewicht mit dem vor zwölf Monaten, liege ich nur sechs Kilogramm darunter. 

Falls meine derzeitige Methode genauso lange wie die alte gut funktionieren sollte, würde ich nach anderthalb Jahren bei ungefähr 80 Kilogramm als Vorher-Wert stehen, nur noch 6,5 über meinem Zielgewicht, und da ich nach einem langen Fastenintervall derzeit immer um die 6 Kilogramm minus erwarten kann, sollte ich meinen Zielwert einmal im Monat schon von ganz nahe sehen können. 

Sollte ich in diesem Stadium aber bemerken, daß es mit der weiteren Abnahme nicht mehr im erhofften Tempo klappen will, könnte ich mir dann wohl doch vorstellen, vorübergehend zusätzlich zu anderen Mitteln zu greifen, sei es Sport oder sei es Low Carb (oder beides zusammen), um auf der Zielgerade etwas mehr zu beschleunigen und schneller an den Punkt zu kommen, an dem ich in den Haltemodus gehen kann. Aber das wäre dann wirklich nur als vorübergehende Zusatzmaßnahme gedacht. Und falls ich ohne auskommen sollte, mache ich es natürlich gar nicht.

Ich hoffe, mein nächstes langes Fastenintervall in zwei Wochen kommt nicht zu früh und klappt noch einmal genauso gut. Ich hoffe außerdem, daß ich damit auch meiner traditionellen Herbst-Zunahme zum ersten Mal Paroli bieten kann. Aber falls sie wieder zuschlägt - womit ich realistischerweise rechnen muß, denn es ist mir in drei Jahren nie gelungen, sie zu verhindern -, werde ich im November nicht eines, sondern wieder zwei lange Fastenintervalle einschieben. Am Schichtrhythmus meines Mannes kann ich mich sowieso erst wieder im Januar orientieren, also muß er es aushalten, daß ich auch während seiner Nacht- und Frühschichtzeiten lange Fastenintervalle nach meinem neuen Schema einlege. Aktuell hat er die zweite von vier Wochen Spätschicht, gefolgt von vier Wochen Nachtschicht und dann vier Wochen Frühschicht sowie im Anschluß sein Weihnachtsurlaub. 

Soviel steht fest, zehn Wochen lang warte ich nicht ohne lange Fastenintervalle darauf, daß er wieder Spätschichten hat. Dafür ist deren Wirkung einfach zu gut. Daß ich es schaffen werde, bis Weihnachten wenigstens einmal kurz die 90 Kilogramm zu unterschreiten - so, wie ich letztes Jahr vor Weihnachten erstmals kurz die 100 unterschritten habe -, halte ich inzwischen aber leider für nahezu ausgeschlossen. Darauf werde ich wohl eher bis ca. Februar, vielleicht auch März warten müssen, nur mit viel Glück klappt es vielleicht auch schon im Januar. Aber Hauptsache, ich bin weiter auf Kurs nach unten und kann endlich davon ausgehen, daß ich nun die 100 wirklich nicht noch einmal sehen werde.

Mein Mann fastet übrigens auch weiterhin, allerdings bekam er Schwindelanfälle bei der Arbeit, weil er auch an Eßtagen nicht vor der Arbeit essen wollte. Davon, sagt er, bekommt er zu viel Durst, was ihn bei der Arbeit stört. Jetzt hat er von 48 Stunden im täglichen Wechsel bei Spätschichten umgestellt auf One Meal a Day, aber das dafür an allen fünf Tagen unter der Woche, solange er Spätschicht hat, und ißt aber dann nur eine Kleinigkeit, nachdem er abends heimgekommen ist. Dadurch vermeidet er sein anderes Problem, daß ihm das späte Essen einfach nicht so recht bekommt und er nicht gut schlafen kann. Er wiegt sich nach wie vor nicht, ist aber zufrieden mit der Paßform seiner Hosen nach seiner ersten von vier Spätschichtwochen und will die nächsten drei Wochen so weitermachen. Danach entscheidet er neu, wie es bei ihm weitergehen soll.

Ich bin ein kleines bißchen irritiert über Dr. Fung bzw. wer auch immer da bei "The Fasting Method" zuständig sein mag. Letzte Woche am Donnerstag veröffentlichte er einen Blogartikel, der in sechs Sprachen angeboten wurde. Spontan habe ich angeboten, für seine Website die noch fehlende deutsche Übersetzung zu erstellen, bekam dann auch eine E-Mail-Adresse, an die ich mich wenden sollte, schrieb dort hin einschließlich meines Klarnamens und meiner Qualifikation, und seitdem habe ich nichts mehr gehört. Gut, fünf Tage sind jetzt noch nicht so wahnsinnig lange, aber das kann ja eigentlich nicht so schwierig sein, zu entscheiden, ob man eine angebotene kostenlose Leistung in Anspruch nehmen will oder vielleicht lieber doch nicht. Ob der Casus knackus gewesen ist, daß ich geschrieben habe, ich würde mich freuen, wenn ich die Übersetzung dann auch hier im Blog bringen könne? 

Wie auch immer, ein spontanes Nein wäre mir eigentlich lieber gewesen, als jetzt dazusitzen und mich fragen zu müssen, was zum Teufel an mir so abschreckend ist, daß ich nicht einmal irgendeine Antwort bekommen habe. Wenn ich das vorher gewußt hätte, dann hätte ich das Angebot wahrscheinlich gar nicht erst gemacht. Übersetzungen mache ich ganz gerne, aber am besten funktioniert das, wenn ich es einfach spontan machen kann, weil ich einen Text sehe, den ich gerne auf Deutsch hätte, und einfach mal anfange. Am vergangenen Wochenende hätte ich genügend Zeit gehabt, um mich für so eine Beschäftigung hinzusetzen, und das ist nächstes Wochenende vermutlich nicht der Fall (und unter der Woche ist es noch kniffeliger), und so befürchte ich jetzt, daß die sich dort zu einem Zeitpunkt dazu entschließen könnten, mein Angebot dankend anzunehmen, wenn es bei mir überhaupt nicht paßt. 

Na ja, vielleicht war es von vornherein ein Fehler, auf Augenhöhe mit jemandem kommunizieren zu wollen, der mittlerweile im angelsächsischen Raum doch schon ziemlich prominent geworden ist. Ich kranke ja nicht gerade an übertriebener Bescheidenheit und fand, eine deutsche Übersetzung das Blogartikels wäre auch für einen Prominenten eine nützliche Ergänzung gewesen, die ich mir an seiner Stelle mit Dank mitgenommen hätte. Aber sicherlich muß man da vorsichtig sein, unter den Enthusiasten gibt es bestimmt auch viele Spinner, die man besser auf Abstand hält. 

Tja, es war nett gemeint von mir, aber aufdrängen will ich mich natürlich niemandem. 

Aus der Reihe "Wissenschaft, die die Welt nicht braucht", stieß mir heute ein Artikel auf, in dem die alte leidige Frage, wie man den Leuten gesundes Essen schmackhafter machen kann, auf psychologische Weise beantwortet werden sollte. Hier mal ein Ausschnitt aus dem Teaser:

Leider sind viele der Gerichte, die uns beim Gedanken an leckeres Essen einfallen, ungesund. Müssen wir uns also entscheiden – entweder lecker oder gesund? Aktuelle psychologische Forschung gibt Entwarnung: Auch gesunde Speisen können gut schmecken. Wenn wir uns das bewusst machen, können wir uns einfacher gesund ernähren und schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen vorbeugen

So wird das allerdings nicht funktionieren. Denn je mehr sich die Ernährungsexperten darum bemühen, uns davon zu überzeugen, daß wir gesund essen sollen, desto mehr wird gesundes Essen mit "bittere Medizin" assoziiert. Wahrscheinlich wäre eine erfolgversprechendere Lösung, den Konsum von Gemüse bei Strafe zu verbieten. 

Ich erinnere mich noch, wie ich vor vielen Jahren, als ich noch zu den abhängig Beschäftigten gehörte, einmal nachmittags ein Stück Kuchen aus der Cafeteria an meinen Arbeitsplatz geholt hatte. Damals war das für mich noch sehr ungewöhnlich; ich hatte nachmittags zwar ein Bedürfnis nach Kaffee, aber nicht unbedingt nach Süßem. Den regelmäßigen Kuchen nachmittags zum Kaffee habe ich mir erst vor zwei, drei Jahren angewöhnt, und zwar nach etlichen Jahren, in denen mein Mann in dieser Richtung Seelenmassage geleistet hatte, denn er hatte dieses Bedürfnis schon, als ich ihn kennenlernte, und zwar eher mit Tendenz zu zwei Stücken statt einem. Daß ich, wenn er vom Bäcker ab und zu was geholt hatte, nach dem ersten Stück, das ich höflichkeitshalber auch ohne echtes Bedürfnis aß, beim besten Willen nicht mehr konnte und das zweite Stück aufheben mußte, fand er immer sehr verwunderlich.

Aber wie auch immer: Aus irgendeinem Grund hatte ich an diesem Tag ein wirkliches Bedürfnis nach einem Stück Kuchen. Mit Sahne natürlich - wenn schon, dann richtig.

Mein Vorgesetzter machte, als ich mit meiner Beute hereinkam, eine Bemerkung, an deren genauen Wortlaut ich mich nicht mehr erinnern kann, es war jedenfalls ein spöttischer Seitenhieb, und ich keifte spontan zurück: "Sie sind ja nur neidisch, weil Sie daheim mit Naturkost traktiert werden und nie etwas Anständiges zu essen kriegen." Wir flachsten öfter auf diese Weise herum, und ich hatte mir gar nichts Schlimmes dabei gedacht. Aber daß ich diesmal voll ins Schwarze getroffen hatte, merkte ich daran, daß er plötzlich ganz ernst wurde und antwortete: "Oh, manche von diesen Sachen schmecken aber wirklich gut ..." In dem Moment war es mir echt unangenehm, ihn bei dem zwischen den Zeilen versteckten Geständnis ertappt zu haben, daß er vieles (wenn auch nicht alles) von dem, was seine ökobewegte Frau ihm kochte, nicht besonders mochte, aber krampfhaft zu mögen versuchte, weil das eine Art moralische Pflicht war. Gar nicht davon anzufangen, daß es ja auch das war, was der Arzt sagte. 

So sieht die Sache mit dem richtigen Bewußtsein nämlich in Wirklichkeit aus, und zwar sogar bei denen, die besten Willens sind, alles gerne zu essen, das als gesund gilt.

Ich bin der Meinung, Essen hat in erster Linie gut zu schmecken. Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, ißt wahrscheinlich jeder von ganz alleine gesund genug, um sich keine Sorgen machen zu müssen, wenn er a) ein passendes Angebot im Laden vorfindet und b) Kochen gelernt hat. 

Nein, am Geld hängt die Sache dagegen nicht. Frische Lebensmittel aus dem Discounter sind IMMER günstiger als ihre bereits verarbeiteten Varianten im gleichen Ladengeschäft. Die Vorstellung, daß es nur den Gegensatz "Hier Dosenfutter aus dem Discounter - dort Rohkost aus dem Naturkostladen" gebe, ist wahrscheinlich einer der wichtigsten Gründe dafür, daß viele Leute sich eine gesunde Ernährung nicht zutrauen. Der zweitwichtigste ist vermutlich, daß immer weniger Leute kochen können. - Ich rede hier nicht von "Kochen zu besonderen Anlässen", sondern vom traditionellen Alltagskochen. Inzwischen wachsen vermutlich eine Menge Kinder auf, deren Eltern auch schon nicht mehr richtig kochen gelernt haben, also wäre es überlegenswert, das zu einem Schulfach zu machen. Kompetenzen vermitteln und freistellen, ob sie angewandt werden oder nicht ist nie verkehrt und allemal besser als irgendwelche Psychotechniken aus der Nudging-Trickkiste.



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen