Mein Gewicht heute früh nach dem ersten Fastentag der Woche von vier aufeinanderfolgenden: 97,9 Kilogramm. Endlich mal wieder ein auf der Waage sichtbarer Fortschritt: Nach dem ersten Fastentag hatte ich noch nie weniger als 98 Kilogramm, das söhnt mich damit aus, daß ich übers Wochenende doch wieder über 100 gewesen bin. So darf es also gerne weitergehen, und am Freitag möchte ich dann bitte ein neues Allzeit-Tief sehen ... und anschließend nie wieder die 100, wenn sich das nun endlich einrichten läßt.
Der Brötchengeber meines Mannes hat es wieder einmal - und nicht zum ersten Mal - geschafft, meine ganze Fastenplanung über den Haufen zu werfen: Ab dieser Woche arbeitet mein Mann vier Wochen am Stück Spätschicht und anschließend vier Wochen Nachtschicht. Deshalb habe ich mich entschieden, meine nächste Woche mit vier Fastentagen um eine Woche vorzuverlegen, damit sie in seiner letzten Spätschichtwoche und nicht in seiner ersten Nachtschichtwoche stattfindet. Da aber noch unklar ist, wie es nach der Nachtschicht weitergeht, bin ich mir auch noch nicht sicher, wie ich dann mit meinen langen Fastenwochen weitermache, aber im November will ich das an sich auf alle Fälle noch zwei weitere Male machen. Ich möchte nächstes Jahr um diese Zeit als "Vorher-Wert" die 90 Kilogramm unterschritten haben, und dafür kann ich keinen Herbst-Anstieg meines Gewichts gebrauchen, wie er bislang jedes Jahr stattgefunden hat. Hiermit schleudere ich also meinen Bärengenen den Fehdehandschuh hin.
Dieser Laden, in dem mein Mann arbeitet, geht mir echt auf den Keks. Erst wurde ewig darüber nachgedacht, die sommerliche Betriebsschließung ausfallen zu lassen, was ja angesichts der Corona-Lage echt sinnvoll gewesen wäre, eine Menge Mitarbeiter haben sich ohnehin nicht in (Heimat-)Urlaub getraut, weil sie sonst in Risikogebiete hätten fahren müssen. Dann wurde das trotz hoher Auslastung verworfen, und stattdessen fangen sie jetzt wieder mit diesem Nachtschicht-Mist an. Bis gestern früh war außerdem noch unklar, ob mein Mann vielleicht statt Spätschicht in Quarantäne muß, weil der Arbeitskollege, mit dem er am engsten zusammenarbeitet, letzte Woche einen Coronatest hatte. Er ist aber zum Glück negativ ausgefallen.
Mein Mann sagte, sämtliche Konkurrenzfirmen seien nach wie vor in Kurzarbeit. Irgendwas muß sein Arbeitgeber wohl richtiger als andere im gleichen Bereich gemacht haben, da er so viele Aufträge hat, daß er vorübergehend Nachtschichten einführen muß, und das sollte man wohl auch würdigen. Trotzdem geht mir dieses Unorganisierte dort auf die Nerven.
Nun zu Corona:
Es hat ganz schön gedauert, bis ich auf den ersten ernstzunehmenden Medienbericht zu einer Sache gestoßen bin, die mir schon seit etwa einem Monat auffällt: Die zweite Corona-Welle ist offenbar längst nicht so tödlich wie die erste. Im Verhältnis zu den Infektionszahlen haben sogar die USA mich überrascht. Dort sind zwar in den letzten beiden Monaten im Durchschnitt täglich ca. 900 Menschen an Corona gestorben und heute oder morgen wird die Gesamtzahl der Corona-Todesfälle dort 200.000 übersteigen, aber gemessen an den irrsinnig hohen Infektionszahlen ist das trotz allem deutlich weniger als bei der ersten Welle. Auch in Deutschland bleibt die Zahl der Todesfälle trotz des Anstiegs seit ca. sechs Wochen überraschend niedrig, und auch die Intensivstationen füllen sich offenbar nicht.
Phoenix interviewte am Wochenende einen Experten dazu. Dabei hatte ich den Eindruck, der Interviewer hätte unheimlich gerne gehört, daß dies an einer Mutation des Virus liege, jedenfalls ritt er auf dieser dritten von drei genannten Möglichkeiten - die der Experte dafür ganz unmißverständlich nicht verantwortlich machen wollte - so lange herum, bis ich so genervt war, daß ich vorzeitig abschaltete, auf die Gefahr hin, in den letzten paar Minuten zu verpassen, daß das Gespräch doch wieder interessant wurde.
Die beiden anderen angesprochenen Erklärungsmöglichkeiten waren:
1) Solange nur Menschen mit Krankheitssymptomen getestet wurden, waren die Fälle im Durchschnitt schwerwiegender, mittlerweile werden viele getestet, die symptomfrei sind.
2) Die Behandlung ist besser geworden.
Beides ist nach Expertenmeinung aber nur für einen Teil, nicht für das Gesamtphänomen verantwortlich. Es werden in der Tat mehr Personen mit mildem oder symptomfreien Infektionsverlauf getestet. Und die Behandlung sei tatsächlich besser geworden, insbesondere der Einsatz von Remdesivir in einem frühen Erkrankungsstadium habe mit Sicherheit viele schwerwiegende Krankheitsverläufe verhindern können. Aber das erkläre das Phänomen nicht insgesamt. Eine Mutation des Virus wiederum könne zwar in lokalem Ausbruchsgeschehen beobachtet werden, aber nicht flächendeckend.
Das ergibt aus meiner Sicht auch deshalb einen Sinn, weil diese spezielle weniger gefährliche Mutation dann ja unheimlich flott in zahlreichen Ländern auf der ganzen Welt das ursprüngliche Virus verdrängt haben müßte, in denen überall die Todesfälle in der zweiten Welle nicht mehr so häufig waren wie in der ersten. Viren sind instabil und mutieren ziemlich schnell, also sind vermutlich schon eine Menge veränderte Versionen im Umlauf, aber daß die alle ungefährlicher als das Original sind, wäre schon ein sonderbarer Zufall. Mutationen können es ja auch gefährlicher machen.
Trotz all meiner Reserviertheit gegenüber Experten bin ich geneigt, ihm in dieser Frage recht zu geben.
Irritierend fand ich es aber, daß die Frage, welche vierte oder weitere Erklärung die im Interview angesprochene Lücke dann schließen kann. Es gäbe noch mehrere für mich denkbare Möglichkeiten (und vermutlich auch noch einige weitere, auf die ich selbst nicht gekommen bin):
- Die Schwere der Erkrankung könnte von der Höhe der Virenlast abhängen; Sommer, Hitze, mehr Aufenthalt im Freien, aber auch Masken und weitere Schutzmaßnahmen verringern im durchschnittlichen Infektionsfall die Menge an Viren, die ein Erkrankter aufnimmt, was die Infektion dann vielleicht leichter verlaufen läßt.
- Auch Personen, bei denen keine Antikörper nachgewiesen wurden, könnten in Berührung mit dem Virus gekommen sein und deren Abwehr hat sich darauf eingestellt.
- Es ist mittlerweile gelungen, Risikogruppen besser abzuschirmen.
Der letztere Punkt scheint mir am unwahrscheinlichsten. So etwas würde kaum in allen Ländern klappen, in denen diese geringere Todesfallrate im Verhältnis zu den Infektionen festgestellt werden kann. Wenn es bei der ersten Welle praktisch nirgends gelungen ist, das Virus von den Pflegeheimen fernzuhalten, und das in den meisten Ländern trotz strengerer Lockdowns als bei uns, wie sollte es jetzt besser möglich geworden sein? Auch Pflegekräfte gehen mal essen oder besuchen Freunde, während des Lockdowns taten sie das weniger als jetzt.
Am ersten Punkt habe ich deshalb gewisse Zweifel, weil Indien gerade keinen Winter, aber dennoch rapide steigende Infektionszahlen aufweist und auch in Ländern wie Mexiko oder Brasilien warmes Wetter sein sollte. Einen Zusammenhang zwischen Sommer und sinkenden Infektionszahlen erkenne ich deshalb nicht so recht.
Mir fiel aber beim Sichten der internationalen Daten bei Wordometers noch etwas Interessantes auf, das den zweiten Punkt stützen könnte. Es gibt nämlich ein paar Länder, bei denen das Kunststück "Mehr Infizierte - weniger Tote in der zweiten Welle" nicht funktioniert zu haben scheint, etwa Israel. Die Besonderheit dabei ist, daß Israel bei der ersten Welle besonders gut weggekommen war. In Tschechien, das ebenfalls im Frühjahr verblüffend besser dastand als die meisten anderen europäischen Länder, zeichnet sich gerade - in den ersten Anfängen - vermutlich dasselbe ab. Könnte es also sein, daß der Schweizer Immunologe im Ruhestand Beda M. Stadler doch in gewisser Hinsicht recht hat mit seiner Behauptung, es gäbe eine Art Grundimmunität in der Bevölkerung? Woher auch immer die stammen mag, ob von Erkältungsviren oder einem niedrigschwelligen Kontakt mit Corona.
Ich habe Stadler bislang nicht so ernst genommen, weil das Umfeld, in dem er seine Thesen äußert, nicht sonderlich seriös ist. Und wenn es so eine Grundimmunität von vornherein gegeben haben sollte, wie er meint, leuchtet mir auch nicht ein, warum die zweite Welle harmloser ausfällt. Man kann ja kaum behaupten, daß die erste Welle alle Risikogruppen so konsequent dahingerafft habe, daß jetzt nur noch die ohne größere Risiken übriggeblieben seien und dies die gesuchte Erklärung sein könne. Dafür sind die Todesfallzahlen - gemessen an der Bevölkerungszahl - in der ersten Welle doch erheblich zu unterschiedlich in verschiedenen Ländern ausgefallen, und daß ausgerechnet Deutschland mit seinem hohen Anteil alter und sehr alter Menschen dabei ziemlich glimpflich davongekommen ist und bislang auch in der zweiten Welle keinen größeren Anstieg bei den Todesfällen zu verzeichnen hat, spricht meiner Meinung nach gegen Stadlers Annahme.
Irgendetwas ist jetzt - in den Ländern, in den die zweite Welle rollt - anders als bei der ersten, und vielleicht hat sich ja tatsächlich eine Teilimmunität verbreitet, die von den Antikörpertests nicht als coronaspezifisch registriert wird. Dort, wo besonders früh und besonders strikt reagiert wurde, hätte die sich dann vielleicht nicht verbreiten können.
Daß man mit Adipositas zu den Risikogruppen gehört, liest man auch immer öfter, und ich nehme grundsätzlich schon an, daß da was dran ist. Der verlinkte Artikel weckt allerdings meinen Widerspruchsgeist.
Ein Team um Scott Solomon vom Brigham and Women’s Hospital in Boston hat die Daten von 3.222 Erwachsenen im Alter von 18 bis 34 Jahren ausgewertet, die wegen COVID-19 stationär behandelt wurden ... Auffällig ist, dass 1/3 (36,8 %) der jungen Patienten adipös war. Jeder vierte hatte mit einem Body-Mass-Index von 40 oder mehr sogar eine morbide Adipositas. Trotz des jungen Alters hatten 18,2 % bereits einen Diabetes und 16,1 % eine arterielle Hypertonie.
Mal ganz blöd gefragt: Worin unterscheidet sich eigentlich ein Body-Mass-Index von 40 vor einer "morbiden Adipositas"? Ich würde nämlich sagen, das ist dasselbe. Was für Leute schreiben eigentlich die Artikel im Ärzteblatt, wenn sie das nicht wissen?
Ich lese aber auch heraus, daß fast zwei Drittel der jungen Patienten NICHT adipös waren, 75 Prozent KEINEN BMI von 40 oder mehr, mehr als 80 Prozent KEINEN Diabetes hatten und knapp 84 Prozent KEINE arterielle Hyptertonie.
Insgesamt 41 % der Patienten, die mechanisch beatmet wurden oder an COVID-19 starben, hatten eine morbide Adipositas. ... Für die Hypertonie betrug die adjustierte Odds Ratio 2,36 (1,79 bis 3,12). Ein Typ-2-Diabetes erhöhte ebenfalls das Risiko, die adjustierte Odds Ratio von 1,31 (0,99 bis 1,73) verfehlte allerdings das Signifikanzniveau. ... Wenn 2 oder 3 Risikofaktoren (morbide Adipositas, Hypertonie und Diabetes) vorlagen, war das Risiko laut Solomon auf einen schweren Verlauf ebenso hoch wie bei Erwachsenen im Alter von 35 bis 64 Jahren ohne diese Risikofaktoren.
Hier gilt entsprechend dasselbe: 59 Prozent der beatmeten und/oder verstorbenen Patienten hatten KEINE morbide Adipositas, und bei Hypertonie und Diabetes lag der Anteil der nicht davon Betroffenen noch niedriger.
Wenn ich die hier zitierte Studie im Volltext sichte, frage ich mich daneben, warum Beatmung und Tod hier in einen Topf geworfen wurden und im Kopf des Lesers - unbewußt - miteinander gleichgesetzt werden. Denn Todesfälle machten ausweislich der ersten Grafik nur ca. ein Viertel der Beatmungsfälle aus, und zwar auch bei den Fällen mit zwei oder drei Risikofaktoren gleichzeitig, und niemand kann so genau wissen, ob Personen, die von den Ärzten als Risikopatienten, etwa wegen Adipositas, eingestuft wurden, vielleicht sehr viel schneller eine Beatmung verordnet wurde als anderen. Was mir dabei auch zu denken gibt, ist, daß nach anderen Berichten insgesamt mehr als die Hälfte der Corona-Patienten, die beatmet werden mußten, verstorben sein sollen. Wie paßt das zusammen, daß das ausgerechnet bei den Risikogruppen so auffallend seltener passiert ist? Könnte es sein, daß diese Risikogruppen einfach von vornherein schneller intensivbehandelt wurden?
Worauf ich eigentlich hinauswill:
Wenn mehr als die Hälfte der Beatmeten/Verstorbenen unter diesen jüngeren Patienten NICHT adipös war, müssen ja noch einer oder mehrere andere Faktoren bei einem schweren Krankheitsverlauf eine Rolle spielen.
Ich finde den Gedanken beunruhigend, daß der Eindruck erweckt wird, man habe Ursachen herausgefunden, während man sich aber in Wirklichkeit nur, wie üblich, an Korrelationen festhält, die praktischerweise bewirken, daß der optische Eindruck ("Der da ist fett, also Risikopatient") und typische Routinedaten zur Einschätzung der Gefährdung verwendet werden. Ich nehme aber eher an, das erhöhte Risiko hängt mit einem bislang unbeachteten Faktor zusammen, der bei den drei aufgezählten Punkten ebenfalls eine Rolle spielt, aber auch ohne deren Vorliegen vorkommen kann. Dieser unbekannte Faktor ist es, der eigentlich wichtig ist, und ihn müßte man herausfinden - jedenfalls dann, wenn man es ernst damit meint, die Bevölkerungsgruppen mit erhöhtem Risiko auch unter jüngeren Leuten herausfinden und schützen zu wollen. Dieses ständige wichtigtuerische und sinnlose Nur-so-tun-als-Ob sollte in diesem Fall wirklich mal durch ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema ersetzt werden.
Am Rande bemerkt sei noch, daß ich ebenfalls immer noch, wenn man nach BMI geht, Adipositas habe; um da herauszurutschen, muß ich um die 87 Kilo erreichen, und bis ich da angekommen bin, das wird wohl noch ein Jahr (oder wenn ich Pech habe, noch länger) dauern. Ich zähle mich aber nicht zu den Corona-Risikogruppen. Aus zwei Gründen: Erstens rauche ich (und Raucher sind bemerkenswert stark unterrepräsentiert, was die Fachkreise sich nach Kräften bemühen, nicht allgemein bekannt werden zu lassen), und zweitens nehme ich an, der unbekannte Faktor x hat nichts mit dem erreichten Gewicht, sondern mit dem Prozeß des Zunehmens und den zugehörigen auslösenden bzw. ihn begleitenden hormonellen Faktoren zu tun. Ich fühle mich deshalb ziemlich sicher vor einer Erkrankung mit schwerem Verlauf, zumal ich im Vergleich zu vielen anderen wenig mit anderen Menschen zusammenkomme, also auch in weniger potentiellen Ansteckungssituationen bin. Bei mir läuft ja hormonell genau das Gegenteil ab, solange ich regelmäßig faste.
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