Mittwoch, 4. Dezember 2019

Kalorienbasierte Diäten: Das Ende nahet?

Mein Gewicht heute morgen nach zwei aufeinanderfolgenden Fastentagen: 101,5 Kilogramm, ein Minus von 4,1 Kilogramm im Vergleich zum Montagmorgen. Interessanterweise war die Abnahme an beiden Tagen ungefähr gleich, von Mo auf Di 2,1 Kilogramm und von Di auf Mi 2,0 Kilogramm. Bekanntlich ist ja der größte Teil dieser Abnahme Wasser, und eigentlich bin ich es so gewöhnt, daß der erste Fastentag einer Woche mit höherem Wasserverlust (300 bis 500 Gramm mehr) verbunden ist als die späteren. Diesmal war das offenbar nicht so, und ich frage mich, warum.

Vielleicht besteht ein Zusammenhang damit, daß meine Abnahme von Montag auf Dienstag eigentlich niedriger als erwartet war, ich also weniger Wasser als erwartet verloren habe. Ich kann mir eigentlich nur vorstellen, daß meine blöden Gewichtszunahmen im Oktober und dann noch einmal im November aus Wasser bestanden haben, denn ich merke ja, daß ich an allen Ecken und Enden "schrumpfe", also kein Fett eingelagert worden sein kann. Irgendwas legt in meinem Körper offenbar großen Wert auf volle Wasserspeicher, aber längeres Fasten scheint dann doch auf welche Weise auch immer den klemmenden Wasserhahn wieder  aufzudrehen. Gestern war ich irgendwie ständig "für kleine Mädchen".

Natürlich werde ich am zweiten Tag aber auch eine höhere "echte" Abnahme zu verzeichnen gehabt haben als am ersten. Aber ich kann mir nicht vorstellen, daß das mehr als 100 bis maximal 200 Gramm hin oder her ausgemacht haben kann. 

Heute habe ich gegessen (genaugenommen kaue ich gerade noch), und morgen/übermorgen folgt die zweite Fastentags-Zweierserie. Sollte ich im Anschluß daran am Samstag ein Gewicht von unter 100 Kilogramm aufweisen, mache ich wieder in meinem normalen Fastenrhythmus weiter, andernfalls kommen am Montag/Dienstag noch einmal zwei Fastentage in Folge. Ich habe die Faxen jetzt nämlich dicke. Einmal will ich vor Weihnachten mindestens beim Wiegen eine 9 vorne sehen, auch wenn mir klar ist, daß ich mich danach wieder in Geduld fassen muß, bis ich diese Zahl das nächste Mal wiedersehen werde.

Einmal habe ich schon zwei Fastentage hintereinander gemacht, im Oktober, aber das war mehr oder weniger ein Versehen und wurde von mir erst, als der zweite Fastentag schon beinahe vorbei war, wirklich so entschieden. Die letzten beiden Tage waren also das erste Mal, daß ich so etwas vorher geplant hatte. Es fiel mir - wieder einmal - verblüffend leicht. Am gestrigen zweiten Fastentag hatte ich praktisch überhaupt kein Magenknurren und habe die meiste Zeit nicht einmal an Essen gedacht. Ganz kurz dachte ich heute morgen sogar darüber nach, ob ich heute vielleicht noch einen dritten Fastentag anhängen sollte. Aber dann bin ich doch lieber bei meinem ursprünglichen Plan geblieben.

Ich bin schon gespannt, wie das mit dem Wasser an den beiden Fastentagen morgen und übermorgen sein wird. Es kommt mir an sich unmöglich vor, wieder zweimal zwei Kilo abzunehmen, ich tippe eher auf drei insgesamt ... wie auch immer sich das dann auf beide Tage verteilen wird. Aber vielleicht passiert das ja wieder, daß ich am Ende vier Kilo abgenommen haben werde?

Aber da schau her, zweitägiges Fasten - insgesamt 60 Stunden - ist eine bequemere Allzweckwaffe als gedacht, also werde ich sie vielleicht öfter mal einsetzen, wenn ich kopftechnisch mal wieder ein Erfolgserlebnis benötige, das sich von alleine gerade nicht einstellen will. Regelmäßig werde ich das aber lieber nicht machen, weil ich mir nicht sicher bin, ob mein Grundumsatz dadurch negativ beeinflußt wird.

Ich bin wieder einmal auf eine interessante Studie gestoßen. Diesmal ging es weder um genetische Fragen noch um die Wirkung von Gewichtsreduktionsmethoden, sondern um die Frage, was Ärztinnen eigentlich machen, wenn sie abnehmen wollen. Die Ärztinnen gehörten dieser Community an. Ich bin mir nicht sicher, wie repräsentativ das Ergebnis ist, aber es hat mich doch ein bißchen umgehauen:

Von den 873 Befragten, die selbst abzunehmen versuchten, wurden folgende Methoden angewandt:
  • Intervallfasten (14 bis 24 Stunden): 72 %
  • Ketogene Ernährung: 46 %
  • Low Carb plus Kalorienrestriktion: 26 %
  • Verlängerte Fastenintervalle (länger als 24 Stunden) 14 % 
Die überwältigende Mehrheit (78 %) wandte mehrere Methoden gleichzeitig an, die verbreitetste Kombination bestand dabei aus Intervallfasten plus ketogener Ernährung (38 %) oder plus Low Carb mit Kalorienrestriktion (17 %), was zusammen mehr als 50 % ausmacht.

Alle anderen Methoden, von klassischem Kalorienzählen über kommerzielle Programme bis hin zu veganer Ernährung, einzeln oder in Kombination mit anderem, kamen zusammengenommen auf gerade mal 32 %. Das ist schon ein Ausrufezeichen; man könnte es als eine Art Abstimmung mit den Füßen bezeichnen.

Bemerkenswert finde ich, daß diese Ärztinnen ihren Patienten zwar ebenfalls häufig die drei erstgenannten Methoden empfehlen (verlängerte Fastenintervalle, wie auch ich sie mache, werden selten empfohlen und wohl eher als eine Variante für Fortgeschrittene betrachtet), aber dabei dominiert mit Low Carb plus Kalorienrestriktion ein kalorienbasierter Ansatz, und ziemlich viele verweisen Patienten auch auf kommerzielle Programme oder auf Diäten wie die Mittelmeerdiät.

Diese Community wendet also in der überwältigenden Mehrheit für sich selbst Ansätze an, deren Erfolgschancen außerhalb der Kalorienlogik erklärt werden können, weiß das aber vermutlich nicht und erklärt sich Erfolge innerhalb der Kalorienlogik. Anders ist es nicht zu erklären, warum sie Patienten mehrheitlich kalorienbasierte Maßnahmen empfehlen.

Es ist anzunehmen, daß auch Gruppendynamik dafür mitverantwortlich ist, daß so viele Mitglieder der Community fasten und Kohlenhydrate einschränken, um abzunehmen oder ihr Gewicht zu halten. Andere Gruppen, in denen das Fitnesstudio oder vegane Ernährung als Nonplusultra gelten, werden wohl ähnlich einhellig die dort meistvertretenen Methoden anwenden. Trotzdem finde ich dieses Ergebnis ermutigend. Wenn bestimmte Methoden sich anderen Methoden so eindeutig überlegen erweisen, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie sich auch durchsetzen. Je mehr Ärzte selbst fasten oder Low Carb essen, desto schneller wird das gehen.

Was im Moment aber noch fehlt, ist das Begreifen, WARUM die vier von den Ärztinnen klar favorisierten Methoden bei ihnen so viel besser funktionieren als andere, daß sie von den meisten angewandt werden. Ich hab's bei meinem Doc ja ebenfalls erlebt: Alles ist im Prinzip auch mit Kalorienlogik erklärbar. Auch wenn das manchmal erforderlich macht, dem Patienten zu unterstellen, daß er lügt, oder man sich die Sache auf andere Weise so hinbiegen kann, daß es nicht völlig ausgeschlossen ist, es könnte so gewesen sein.

Das ging eigentlich aber auch umgekehrt. Wenn man die Annahme einmal als wahr voraussetzt, daß Insulin der Schlüssel zum Abnehmen ist, lassen sich die (Teil-)Erfolge einer ganze Reihe von zum Teil zeitweise als vermeintliche Wunderdiät gehypten Diäten, von den siebziger Jahren bis heute, dadurch erklären:
  • Atkins-Diät
  • Montignac-Diät
  • Apfelessig
  • Kohlsuppendiät
  • Very-Low-Calorie-Diäten (unter 800 kcal pro Tag)
  • Low Carb

Bestimmt habe ich mindestens ein halbes Dutzend weitere Diäten dabei übersehen.

Irgendwie finde ich das tragisch, daß man eigentlich schon öfter ganz nahe dran war, aber am Ende daran scheiterte, daß alle diese Diäten, angewandt auf Basis der Kalorienlogik, von den meisten, die sie anwenden, eben doch nur vorübergehend durchgehalten werden können.

Auf den Moment, in dem sich die Erkenntnis im medizinischen Mainstream durchsetzt, daß die ganze Kalorienzählerei von vornherein für'n Arsch gewesen ist und man nicht die mangelnde Willenskraft der Patienten bekämpfen, sondern ihren entgleisten Hormonhaushalt reparieren muß, freue ich mich schon jetzt. Wie weit dieser Moment entfernt ist, weiß ich nicht. Aber der Hype ums Intervallfasten läßt bislang nicht nach, also läßt sich dieses heiße Eisen jetzt schmieden. Dr. Fung, der alle Register zu ziehen scheint, um mitsamt seinen Thesen auch außerhalb der kleinen Community der Überzeugten wahrgenommen zu werden, hat es heute immerhin schon ins kanadische Frühstücksfernsehen geschafft (was seine ganz eigene Ironie hat, bedenkt man, daß er Frühstück für total überflüssig hält).



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