Mein Gewicht heute früh: 75,8 Kilogramm. Das enttäuscht mich schon ein bißchen, eigentlich hätte ich erwartet, mit weniger als 75 Kilogramm in dieses an die Low-Carb-Phase anschließende lange Fastenintervall zu starten. Aber immerhin, die ganze letzte Woche waren meine Gewichtsschwankungen nach oben wie nach unten völlig unvorhersehbar, und zeitweise befürchtete ich sogar, daß ich heute mehr als 76 Kilo auf die Waage bringen würde, also ist das ein Fall von: Es hätte schlimmer kommen können. Mal sehen, ob mir ein neues Tiefstgewicht zum Freitag trotzdem gelingt; dafür müßte ich in vier Tagen eine Abnahme von 4,8 Kilogramm oder mehr verzeichnen. Das sieht mir keineswegs undenkbar aus, aber in der Low-Carb-Phase diesen Herbst hatte ich bislang immer deutlich geringere Abnahmen. Mal sehen. Ärgerlich ist vor allem, daß ich nun befürchten muß, zum ersten März das Zielgewicht doch erneut zu verfehlen. Wenn das passiert, ist es vermutlich aber nur geringfügig, das spräche dann für einen zweiten Anlauf eines Endspurts.
Es hätte jedenfalls nicht viel Sinn, im Moment mit Low Carb weiterzumachen, erstens weil ich mich darauf freue, wieder Bratkartoffeln oder Spätzle zu machen, zweitens, weil das Potential, damit das Gewicht zu drücken, jetzt mehr oder weniger erschöpft zu sein scheint. Neues Jahr, neues Glück.
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Die diesjährige Ausgabe des alljährlichen Ernährungsreports war mir mal wieder einen Blick wert und ebenso ein paar Sätze hier im Blog. Ich weiß nicht, ob ich diesen Teil in früheren Ausgaben übersehen habe oder ob er in ihnen weniger betont wurde, weil die aktuellen Trends, von vegan aufwärts, von den Vorgängern des aktuellen Landwirtschaftsministers so hervorgehoben wurden, daß diese Sache unterging. Nämlich die Sache mit den Kalorien:
Dass ihnen kalorienarmes Essen sehr wichtig oder wichtig ist, geben 36 Prozent der Befragten an. In den vergangenen zehn Jahren ist dieser Wert leicht, aber signifikantDer Anstieg spiegelt die zunehmenden Probleme mit Gewichtszunahmen im Laufe des Lebens wider, aber auch bei der jüngsten Altersgruppe finde ich ein Viertel schon bemerkenswert viel. Das gilt noch mehr, weil es da ganz bestimmt erhebliche Geschlechterunterschiede gibt und Mädchen bzw. junge Frauen wahrscheinlich überrepräsentiert sind.
gesunken (2015: 44 Prozent). Frauen achten stärker auf weniger Kalorien (43 Prozent) als Männer (29 Prozent). Mit dem Alter steigt die Bedeutung des Kaloriengehalts: Bei den 14- bis 29-Jährigen finden ihn 24 Prozent (sehr) wichtig, bei den 30- bis 44-Jährigen 31 Prozent, bei den 45- bis 59-Jährigen 40 Prozent und bei den ab 60-Jährigen 43 Prozent.
Was vermeldete der Ernährungsreport sonst noch? Der Anteil derer, die sich als Veganer bezeichnen, liegt bei 2 Prozent, als Vegetarier sehen sich 7 Prozent. Das dürfte aber nicht den Anteil wiedergeben, die das tatsächlich konsequent tun, da solche Selbstbeschreibungen flexibler als die zugehörige Definition zu sein scheinen. Und auch die nach wie vor bestehende Popularität, sich als "Flexitarier" zu bezeichnen (wie das 37 % tun), sagt letzten Endes wenig darüber aus, was die Leute tatsächlich tun. Erwartbar war, daß der Anteil aller drei Gruppen in Großstädten am höchsten ist - mit immerhin 5 %, die sich als Veganer bezeichnen - und bei kleineren Städten und Dörfern umso mehr sinkt, je kleiner der Ort ist.
Der Fleischersatzprodukte-Hype ist augenscheinlich ein Großstädter-Phänomen, denn gleichzeitig sinkt auch der Anteil derer, die täglich kochen, umso mehr, je mehr Einwohner sein Wohnort hat. Auch wenn "Kochen" ebenfalls eine Definítionsfrage ist und ich mir sicher bin, daß ich einen nennenswerten Anteil dieses Kochens als das Aufwärmen von Fertigfraß bezeichnen würde. Großstädter leben offenbar ungesünder, weil sie mehr Fertigprodukte konsumieren, und glauben vielleicht ja ernsthaft, der mehr oder weniger regelmäßige Verzehr von veganem Fleischersatz könne dem entgegenwirken.
Noch interessanter für realistische Einschätzungen ist, wer alles - ohne deshalb konsequent vegetarisch oder vegan zu leben - täglich vegane Fleischersatzprodukte zu verzehren angibt. Das haben nämlich im Jahr 2025 von der jüngsten Altersgruppe 14 Prozent und von der ältesten vier Prozent geantwortet. In den beiden Vorjahresberichten von 2023 und 2024 lag der Wert bei den unter Dreißigjährigen allerdings bei 18 Prozent und bei den über 60jährigen bei 5 Prozent. 2022 wurde auf diese Frage noch nicht eingegangen, aber damals bezeichneten sich noch 44 Prozent der Befragten als Flexitarier, 2025 waren es nur noch 37 Prozent.
Der Reiz des Neuen ist also vorbei, und der soziale Druck ist auch gesunken, denn die Medien haben längst nicht mehr so viel Zeit, um sich für den Segen der veganen Ernährung zu verkämpfen, weil wir genügend echte Krisen haben, über die sie zu berichten haben. Jetzt kommt es bei Befragungen zunehmend darauf an, ob man sich (egal, mit welcher Begründung) wirklich so ernähren will oder nicht. Mal sehen, wie die Zahlen für 2026 aussehen werden.
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Kürzlich schrieb ich über die Ideen, die unser aller Drogenbeauftragter über kostspielige Krebstherapien für alte Leute hatte, und erwähnte nebenbei die Problematik des assistierten Suizids, der neben der gewünschten selbstbestimmten und die eigene Würde bewahrenden Eigenentscheidung auch ein Notausgang aus unzureichender Behandlung, Pflege und daraus resultierender Entwürdigung werden kann. Es ist davon auszugehen, daß etwaige Einschränkungen bei der Krebstherapie zu einem Anstieg bei der Zahl derer führen würden, die ihr Leben aus solchen Gründen beenden. Und das wäre dann ein klarer Fall von Notausgang, nicht etwa das, was der Begriff "Freitod" ausdrücken soll. Deshalb interessierten mich die Erfahrungen mit assistiertem Suizid in Kanada, wo er seit zehn Jahren möglich ist und jährlich darüber Bericht erstattet wird.
Im Lauf der letzten zehn Jahre gab es jedes Jahr mehr Menschen, die ihrem Leben auf diese Weise ein vorzeitiges Ende gesetzt haben, wobei sich der Anstieg inzwischen abgeschwächt hat. Etwa fünf Prozent der Todesfälle des Berichtsjahres 2024 in Kanada, genauer gesagt, 16.499 Todesfälle, beruhten auf einem assistierten Suizid. Anträge auf assistierten Suizid gab es noch erheblich mehr, nämlich 22.535. Knapp über 4000 Antragsteller starben, bevor entschieden werden konnte, knapp 700 zogen den Antrag zurück, abgelehnt wurden exakt 1327 Anträge. Möglicherweise ist dies nur die Spitze des Eisbergs, da es nur die Fälle sind, in denen ein Arzt eine solche Ablehnung gemeldet hat. Wieviele Ablehnungen durch den behandelnden Arzt erfolgten, ohne daß es weitergemeldet wurde, ist kaum zu beziffern. Die Gründe für die Ablehnung waren überwiegend die Einschätzung des Arzts über die Schwere und Irreversibilität der Erkrankung wie auch die Entscheidungsfähigkeit des Patienten. Ein knappes Viertel der als abgelehnt verzeichneten Patienten konnte oder wollte sich aber auch einfach nicht entschließen, die letzte Hürde einer schriftlichen Zustimmung auch noch zu nehmen, war sich also am Ende doch nicht sicher genug.
Nebenbei sei außerdem noch erwähnt, daß 1) neben dem assistierten Suizid natürlich auch die üblichen Selbstmorde noch bestehen, sie machen in etwa weiter 4500 der Todesfälle in Kanada aus, und 2), daß die assistierten Suizide keine eigene Rubrik in der Todesfallstatistik ausmachen. Zum 3) ist noch zu ergänzen, daß die Zahl der "normalen" Selbstmorde durch die Möglichkeit des assistierten Suizids nicht zurückgegangen, sondern eher noch gestiegen zu sein scheint. Ich habe zwar nicht viel Zeit für die Recherche verwendet, aber 2009 lag die Gesamtzahl unter 4000.
Die gute Nachricht für Kanada lautet, daß weder bei der Ablehnung des Antrags durch den Arzt noch beim Zurückziehen des Antrags durch die Patienten ein Einfluß durch Druck durch andere Personen besonders häufig vom Arzt wahrgenommen wurde. Die einschränkende schlechte Nachricht lautet, daß etwa die Hälfte der Antragsteller das eigene Gefühl, eine Belastung für Familie, Freunde und Pflegende zu sein, unter den Gründen für ihren Entschluß aufzählt. Das Problem sind also weniger etwaige Erbschleicher, sondern das eigene Gefühl, nicht nur selbst nur noch schlecht zu leben, sondern nebenbei auch Angehörigen das Leben sauer zu machen.
Den selbstbestimmten Tod bei einer voraussichtlich in absehbarer Zeit tödlich verlaufenden Krankheit suchen ausweislich einer entsprechenden Untergliederung häufiger Menschen in den wohlhabenderen Wohngegenden. Unter der Minderheit der Antragsteller ohne eine solche Erkrankung - in der Regel geht es um eine Behinderung, die das Leben extrem einschränkt - sind dagegen Frauen in den ärmsten Wohngegenden überrepräsentiert. Es fällt mir schwer, dies ebenso als selbstbestimmt zu interpretieren, denn das wirkt auf mich schon eher wie eine Reaktion auf eine Versorgung, die schlechter ist, als sie anderswo geboten werden kann, aber ebenfalls schlechter als die Versorgung, die Männer in derselben Situation, meist eine dauerhafte und schwerwiegende Behinderung, zu erwarten haben. Ich bin sonst nicht so schnell dabei, Frauen für benachteiligt zu erklären, aber das sieht mir sehr danach aus, als fehlte mehr Frauen als Männern die Möglichkeit, ihre Würde auch bei Behinderung durch eine entsprechende Versorgung gut genug wahren zu können, um nicht am Sinn ihres Weiterlebens zu verzweifeln.
Was sonst noch erwähnenswert war: Bei mehr als 95 Prozent der Antragsteller war der Tod in absehbarer Zukunft zu erwarten, das Medianalter lag bei 78 Jahren - Hendrick Streecks Vater war in diesem Alter - und mehr 60 Prozent von ihnen hatten Krebs. Etwa ein Drittel gab eine körperliche Behinderung an, wobei Behinderungen unter den nur 4,4 Prozent der Fälle, in denen kein baldiges Lebensende absehbar war, fast zwei Drittel ausmachten. Fast 90 Prozent betrafen Menschen, die 65 Jahre alt oder älter, also im oder jedenfalls nahe am Rentenalter waren. Männer und Frauen waren nahezu gleich häufig vertreten. Speziell bei Krebserkrankungen zeigte sich, daß in der Altersverteilung der assistierten Freitode die Altersgruppen zwischen 65 und 84 im Vergleich zur generellen Altersverteilung der Krebstode überrepräsentiert war. Die über 85jährigen und noch älteren nutzten diese Möglichkeit im Vergleich zu allen Todesfällen ihrer Altersgruppe weniger häufig, und das galt bei ihnen für die meisten der anderen untersuchten zum Tode führenden Krankheiten.
Meiner Meinung nach ist es keine allzu verwegene Annahme, daß eine Beschränkung der Behandlungsmöglichkeiten für Ältere bei Krebs, wie sie Streeck in die Diskussion zu bringen versuchte, dazu führen würde, daß die Wahl des Freitods in der Altersgruppe ab 85 ansteigen, möglicherweise sogar dramatisch ansteigen würde. Dies wäre nämlich ein Signal, das den Betroffenen vermittelt, daß sie nicht nur für die Menschen, die sie lieben (wie das so viele von ihnen ohnehin schon glauben), sondern auch für das Gesundheitssystem nur noch eine Belastung sind. Wie soll diese Vorstellung einen Menschen, dem es sowieso schon selbst schlecht geht, nicht noch weiter demoralisieren? Und womöglich noch, wenn er vielleicht sowieso an der Armutsgrenze herumkrebsen sollte, wie das ja immer mehr Rentnern geht und künftig allen Prognosen nach noch viel mehr gehen wird.
Das eigentliche Problem mit der alternden Gesellschaft besteht m. E. in dem inneren Widerspruch einer Gesellschaft, in der "Leistung" nicht nur verherrlicht, sondern auch als "durch die Wirtschaft verwertbare Leistung" verstanden wird. Damit reduziert man das menschliche Leben zu einem reinen Wirtschaftsfaktor, und es ist absurd genug, daß ein Teil der wirtschaftlichen Leistung nur deshalb erforderlich wird, weil man weite Teile seines Lebens alles, was diese Leistung schmälern würde, bleibenlassen oder an bezahlte Dienstleister outsourcen soll. Hier stimmt im gesamten mentalen Gefüge etwas Grundsätzliches nicht, über das meiner Meinung nach viel zu wenig diskutiert wird. Streecks unqualifizierte Einlassungen sind da nur die Spitze des Eisbergs. Aber ich muß außerdem gestehen, auch viel von dem empörten Widerspruch an seine Adresse mißfiel mir, weil es aus hohl tönenden Phrasen bestand, mit denen man diesen realen inneren Widerspruch zu überschreien versuchte. Davon geht er aber nicht weg, der innere Widerspruch.
In so einer Gesellschaft, und auch das ist ein innerer Widerspruch, soll ich andererseits aber wieder auf vieles, was mir jetzt im Moment Spaß macht, verzichten, nur um möglichst alt zu werden. Mache ich das, muß ich aber darauf gefaßt sein, daß mir - falls die Sache überhaupt klappt, ich also steinalt werde - dann von allen Seiten - und vielleicht dann ja nicht einmal mehr sonderlich subtil - vermittelt wird, daß meine Existenz überflüssig ist und eigentlich auch von niemandem mehr so richtig gewünscht wird.
So alt wie möglich zu werden, wird uns einerseits als Bürgerpflicht verkauft (und vorzeitiger Tod als persönliches Versagen), ist aber andererseits so kostspielig, daß wir uns für das Altgewordensein dann erst recht schämen sollen. Diese inneren Widersprüche sind es, an denen unsere Gesellschaft vor die Hunde geht, und zwar deshalb, weil sie von allen immer nur beschwiegen werden.
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