Freitag, 5. April 2024

Fasten, Keto und Trastzumab/Pertuzumab/Pembrolizumab usw.: Das eine tun, ohne das andere zu lassen

Mein Gewicht heute früh: 71,7 kg. Neues Tiefstgewicht, aber es hätte gerne noch tiefer sein dürfen. Diesmal hatte ich aber ein paar ganz verrückte Gewichtsschwankungen, erst einen Satz von 2,3 Kilo minus von Tag 1 auf Tag 2, danach zusammengenommen nur noch 2,7 Kilo an den drei Folgetagen - wobei ich über Nacht dreimal jeweils nur zwischen 300 und 600 Gramm Minus zu verbuchen hatte, was sehr untypisch ist; im Durchschnitt ist das sonst immer am Morgen im Vergleich zum Vorabend ca. ein Kilogramm weniger. Andererseits ist mein Bauchumfang wieder merklich geschrumpft und liegt jetzt bei 85 cm. Da war also irgendetwas sehr seltsam. Also verbuche ich mein heutiges Gewicht auch auf diesem Sehr-seltsam-Konto und bemühe mich, mich nicht über Gebühr darüber zu ärgern.

Mein Keto-Mojo-Gerät ist mittlerweile angekommen, und es erwies sich als ein ziemlich harter Kampf, bis ich glücklich meine ersten Werte ablesen konnte. Wobei ich den ersten der Glukose-Teststreifen prompt als Erstes mal versaute, und mein Versuch, den GKI auf dem Gerät anzeigen zu lassen, endete damit, daß die Anleitung nunmehr ein paar dekorative Blutflecken aufweist, ohne daß ich etwas gefunden hätte, das mich erleuchtet hätte. Ich mußte die Werte also in einen Online-GKI-Rechner eingeben, der mir einen GKI anzeigte, den ich am dritten Tag ohne Essen erst mal gar nicht glauben konnte: 14,5. Gut, die Messung erfolgte am späten Nachmittag, aber dennoch ...

Entnervt schaltete ich das Gerät aus und entschied, es am nächsten Morgen noch einmal zu versuchen. Außerdem suchte ich meine restlichen Keto-Sticks heraus, um eine Gegenprobe zu machen. Es zeigte sich am Morgen des vierten Tags ohne Essen, daß mein Urin Spuren von Ketonen aufwies, und dies bestätigte sich auch bei der Messung einige Minuten später am Schreibtisch. Nunmehr lag mein GKI bei 8,44. Somit kann ich bestätigen, daß die Ketose tatsächlich erst nach drei Tagen Fasten einzutreten scheint - allerdings ist sie dann immer noch meilenweit von einer therapeutischen Ketose entfernt. Das war schon ein Aha-Effekt.

Was mich aber wirklich umgehauen hat, war der zugehörige Glukosewert, der lag nämlich bei 7,6. Wie es scheint, hatte Professor Seyfried außerdem auch recht mit seiner Behauptung über die Wirkung von schwarzem Kaffee auf den Glukosewert, denn das war das einzige, was ich zuvor - mit einem Zeitabstand von etwa einer Stunde - zu mir genommen hatte. Ehrlich gesagt, richtig geglaubt hatte ich das noch nicht, als ich es in seinem Buch gelesen habe, aber jetzt wird mir wohl nichts anderes übrig bleiben, als es zu glauben, da das Gerät es mir so anzeigt.

In diesem Fall ist es natürlich verkehrt, die Messung nach dem Kaffee vorzunehmen. Deshalb entschied ich, sie am Freitagmorgen, nach dem vierten Fastentag, morgens zweimal vorzunehmen, einmal vor dem Kaffee und einmal danach, aber noch vor der ersten Mahlzeit. Das Ergebnis bestätigte meine Vermutung: Glukose 4,7 und Ketone 1,3 vor dem Kaffee, was einem GKI von 3,68 entspricht. Nach dem Kaffee lagen Glukose bei 7,1 und die Ketone bei 2,1, also trotz der höheren Glukose ein GKI von 3,38.

Eine therapeutische Ketose im Sinne von Professor Seyfried ist damit noch ein Stückchen entfernt, sieht aber nicht unerreichbar aus, falls ich sie wirklich einmal haben möchte. Ich fürchte aber, von meinem morgendlichen schwarzen Kaffee müßte ich mich dann doch verabschieden.

Für jemanden, der den Empfehlungen folgt und mehrmals am Tag testet, geht das ganz schön ins Geld angesichts der Kosten dieser Teststreifen! Allzu lange werden die 60 Teststreifen beider Sorten, die ich bestellt habe, nicht vorhalten, das wird wohl gerade so ausreichen, um das zu machen, was ich mir vorgenommen habe. Aber das, was ich jetzt gerade herausfinde, sind schon Dinge, die ich wissen sollte, falls ich tatsächlich eines Tages Grund bekommen sollte, einen GKI unter 1,0 anzustreben. Für das Ziel einer Gewichtsabnahme braucht man das augenscheinlich aber nicht, also habe ich glücklicherweise keinen Grund, mich über unerwartete Werte zu entsetzen. Ich habe mir ein paar Erklärvideos angesehen und wurde hellhörig, als in einem von ihnen erwähnt wurde, daß sich womöglich auch der GKI im Lauf der Zeit anpaßt. Falls das wirklich so wäre, würde man sich selbst das Erreichen eines angestrebten GKI unnötig erschweren, wenn man sich gar zu viel Mühe gibt, immer das Optimallevel zu halten, ähnlich wie das auch bei der Gewichtsabnahme ist.

Dann probiere ich jetzt halt unter den verschiedenen Normal-Bedingungen in meinem Alltag herum, um beim nächsten Mal zu wissen, mit was für ungefähren Werten ich unter welchen Voraussetzungen rechnen sollte. Ich schätze, ich werde jetzt zehn Tage lang mindestens einmal täglich messen, anschließend nach Beginn der Haltephase noch einmal zehn Tage zum Vergleichen unter den neuen Normalbedingungen, und dann kommt das Gerät erst einmal in die Schublade bis zum Beginn meiner nächsten Low-Carb-Phase, auf die ich in Bezug darauf auch neugierig bin und bei der ich ja vielleicht auch die Art meiner Ernährung so lange anpasse, bis ich wenigstens einmal die therapeutische Ketose erreicht habe. Und ja, zum Teufel, ich werde zu diesem Zwecke sogar auf meinen Kaffee verzichten, obwohl ich das nicht gerne tue.

Da ich kein Smartphone habe und Fossile wie ich, die die App ganz gerne auf ihrem Windows-Rechner nutzen würden, von den Entwicklern nicht vorgesehen waren, kann es sein, daß ich mich dauerhaft an diesen Online-GKI-Rechner halten werde - Weg des geringsten Widerstands. "Ich war in meinem ganzen Leben überhaupt noch nie flexibel, und auf meine alten Tage fange ich damit auch nicht mehr an", habe ich erst kürzlich zur Antwort gegeben, als jemand an meine Flexibilität appelliert hat. Könnte also bitte irgendwer die Welt anhalten, falls sie sich zu schnell für mich weiterdreht? ;-)

Auf die Gefahr hin, als Zimperliese belächelt zu werden: Vor dem Pieksen hatte ich mich schon ein kleines bißchen gegruselt, aber es kostete nur beim ersten Mal ein bißchen Überwindung, bis ich wußte, was dabei in Wirklichkeit auf mich zukommt, und es war echt nicht der Rede wert. Ich mußte allerdings, nachdem ich alle vier vorhergehenden durchprobiert hatte, bei der Nadel die maximale Länge auf Stufe 5 einstellen, damit genügend Blut für die Messung kam. Das habe ich am Anfang falsch gemacht und mir mit einer nicht ausreichenden Menge den ersten Teststreifen verdorben. Offenbar habe ich trotz meiner Zimperlichkeiten eine ziemliche Elefantenhaut. 

***

Im Seyfried-Videokanal sah ich vor ein paar Tagen eines, in dem er - im Nachgang zu einem Vortrag, der vor vier Jahren gehalten worden zu sein scheint - auf die Frage antwortete, was er selbst tun würde, falls er an Krebs erkranken würde. Er gab eine ausführliche Antwort, die sehr kompromißlos ausgefallen ist und Peter Attia keinesfalls gefallen hätte, weil er sich noch nachdrücklicher, als ich das bei allen bisherigen Gelegenheiten erlebt habe, gegen Biopsien aussprach. Ich kann von mir nicht behaupten, daß ich mir SO sicher gewesen wäre, um seiner Empfehlung folgen zu wollen, hätte ich dies vor anderthalb Jahren gekannt. Nicht bei einem voraussichtlich gut behandelbaren Krebs im Frühstadium, wie ich ihn hatte, bei dem eine Biopsie Voraussetzung einer zielgerichteten und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch erfolgreichen Behandlung nach aktuell gültigen Behandlungsstandards gewesen wäre. 

Eine Mitpatientin von mir, die zu den ersten Glücklichen gehörte, die zum Chemo-Cocktail für triple-negativen Brustkrebs Pembro mitverabreicht bekamt, hat jetzt das Laborergebnis nach ihrer OP: pathologische Komplettremission. Ich habe mich mit ihr mitgefreut, denn ihre Ärztin hatte ihr auf dieses Ergebnis anfangs eigentlich keine großen Hoffnungen gemacht. Mir kam nun der Gedanke, daß ich anfangs ja geglaubt hatte, ich hätte auch einen triple-negativen Tumor. Da bei mir erst die Antikörper eine wirklich durchschlagende Wirkung hatten und ich damals noch keine hätte bekommen dürfen, bezweifle ich sehr, daß es bei mir mit der Behandlung nach dem Standard vom Herbst 2022 zu einer pCR gekommen wäre. Das war mal wieder Dusel im Unglück, daß ich für Antikörper die schon damals richtige Krebs-Variante hatte.

Ich weiß nicht, was ich davon halten soll, daß Seyfried sich in dem verlinkten Video so aggressiv gegen diese Antikörpertherapien ausgesprochen hat. Er erwähnte sogar zwei Todesfälle, die seiner Meinung nach auf sie zurückzuführen seien. Mir ist aber nach wie vor noch niemand begegnet, der unter dieser Behandlung stärker gelitten hat als unter der Chemotherapie. Auch die erwähnte Mitpatientin, die noch ein paar Monate lang Pembro bekommen wird und die Chemo extrem schlecht vertrug, findet Pembro alleine von den Nebenwirkungen her total harmlos. Ist das bei manchen anderen dieser Mittel anders oder hängt es vom Stadium der Erkrankung ab? Oder ist das wieder eine dieser individuellen Sachen, die beim einen so sind und beim anderen anders?

Ich bin jedenfalls der Meinung, die Kombination aus Low Carb, Fasten um die Chemo-Tage herum plus zusätzliche Fastentage angelehnt an meinen normalen Fastenrhythmus plus Trastzumab und Pertuzumab plus das eigentlich ungeplante, aber wahrscheinlich geschehene Kaloriendefizit haben zusammengenommen bei mir die pCR bewirkt.  Voraussetzung dafür, daß diese Faktoren zusammenkamen, waren erstens eine Biopsie und zweitens die Möglichkeit dieser Antikörpertherapie. Eine dritte Voraussetzung, um die Sache noch zu optimieren, fehlte, nämlich die Kenntnis der Seyfried-Herangehensweise, also werde ich nie erfahren, ob diese Wirkung bei mir schon in der ersten Chemo-Hälfte noch vor den Antikörpern erzielbar gewesen wäre oder ich jedenfalls nach den vier EC-Zyklen schon erkennbar näher an ihr dran gewesen wäre. 

Schade, daß ich diese Chance nicht hatte, aber noch bedauerlicher, daß sie weiterhin fast niemand hat, weil diese Möglichkeit, das eine - was Seyfried empfiehlt, soweit es vom Patienten alleine umsetzbar ist - zu tun, ohne das andere zu lassen, was der Onkologe mit einem vorhat, sogar noch unbekannter ist als Seyfrieds Methode für sich alleine genommen, weil Seyfried selbst sie genausowenig als Option zu betrachten scheint wie jeder andere Onkologe, nur aus der Gegenrichtung heraus. Was soll man als Patient da eigentlich machen? Entweder man glaubt Seyfried, ohne seine Methode anwenden zu können, oder man glaubt seinem Onkologen und versucht es nicht einmal mit einer leicht umsetzbaren Teillösung. Zur Krebsbekämpfung ist beides um einiges weiter vom Optimum entfernt, als es ein Kompromiß wäre.

Warum Professor Seyfried dieses Potential, das ja real existierenden Patienten vermutlich Lebensqualität wie auch Genesungsaussichten verbessern würde, so hartnäckig ignoriert und immer nur den Eindruck vermittelt, es ginge um ein "Ganz oder gar nicht", verstehe ich wirklich nicht. Ich würde mir ein pragmatisches "Sowohl - als auch" wünschen. Es ist mir dabei scheißegal, wenn der "Standard of Care" im Moment auf falschen Grundannahmen basiert, wenn er nun einmal das einzige ist, was mir im Moment angeboten wird. Die Möglichkeiten, die sich aus den richtigen Grundannahmen zusätzlich dazu ergeben, sind auch dann für den Patienten eine Verbesserung, wenn sein Onkologe sie ihm aus den falschen Gründen vorschlägt ... oder wenigstens nicht von ihnen abrät.

Bei allem Verständnis sowohl für das Grundproblem, daß es Seyfrieds Hauptanliegen ist, das Verständnis der biologischen Abläufe bei der Entstehung von Krebs zu verändern, und ebenso dafür, daß es ihm viel dringlicher vorkommen muß, das Potential für Patienten mit fortgeschrittenen Krebserkrankungen nutzen zu können - es wäre dennoch auch ein Mittel, um den Anteil der fortgeschrittenen Krebserkrankungen, die sich aus einer frühen Krebserkrankung heraus entwickeln, zu verringern. Und höchstwahrscheinlich ließe sich das auch ohne das Seyfriedsche Maximalprogramm schon bei einem Teil der Patienten bewerkstelligen, und das nahezu zu hundert Prozent risikolos. Nur, da muß im Moment jeder für sich alleine draufkommen und oft genug dann noch mit seinen behandelnden Ärzten darüber herumstreiten. Das ist schon ein bißchen deprimierend.

***

Auf der lokalen Ebene bleibe ich ebenfalls weiter auf mich alleine gestellt. Das geplante Gespräch mit meinem Onkologen hat sich erübrigt, da er in zwei, drei Wochen seine Tätigkeit beenden und anderswo seine Laufbahn fortsetzen wird, was seine Patienten jetzt erst nach und nach erfahren. Falls ich also eines Tages doch wieder in die Verlegenheit kommen sollte, einen Onkologen zu benötigen, muß ich mir sowieso einen anderen suchen. Schade einerseits, andererseits war ich mir ja sowieso nicht sicher, wie er auf mein Ansinnen reagieren würde. Am besten wäre es ja ohnehin, wenn ich nie wieder einen Onkologen brauchen würde.


2 Kommentare:

  1. Genau! Das wünsche ich dir sooo sehr, dass du nie wieder einen Onkologen brauchen wirst. Und dann schau bitte unbedingt nach einem in einem zertifizierten Brustkrebszentrum. Aber da warst du ja auch - oder?

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  2. Ja, ich wurde in einem zertifizierten Brustzentrum behandelt. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob das bei einem etwaigen weiteren Mal für mich wirklich ein zentrales Kriterium wäre. Das hängt auch davon ab, ob ich anderswo eine Behandlung auf Basis der Mitochondrien-Theorie bekommen könnte.

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