Mein Gewicht heute früh: 90,3 Kilogramm. Kein Grund zum Jubeln, aber wohl auch keiner, in Schwermut zu verfallen. Das ist offenbar mein momentaner Pegel, und ob der Pegel bis zum Start des zweiten Teils der Chemo noch einmal ansteigt, muß sich erst noch erweisen. Gut möglich, daß ich, wenn ich das Intervallfasten im Mai oder Juni wieder anfange, tatsächlich wieder auf dem Stand von Anfang 2022 sein werde. Aber das ist halb so schlimm, da ich fest davon ausgehe, daß es kein Problem sein wird, vom neuen Startpunkt genauso problemlos mit dem Gewicht wieder nach unten zu kommen und dann halt denselben Zeitplan ein Jahr später zu Ende bringen werde.
Das einzige, was mich gerade wirklich ein bißchen stört, ist, daß sich diese zwei bis drei Kilo plus ausgerechnet am Bauch angesiedelt zu haben scheinen. Aber andererseits, wundert es mich? Nö. Natürlich der Bauch, weil ich es genau dort am wenigsten haben wollte.
Eigentlich schiebe ich diesen Beitrag aber aus einem ganz anderen Grund ein, und der ist viel erfreulicher: Die Murmel in der Achsel ist seit letzter Nacht weg. Ich kann sie nicht mehr ertasten, auch nicht mit Verrenkungen und auch nicht in Erbsengröße. Ein Ultraschallgerät würde bestimmt immer noch irgendetwas lokalisieren können. Aber mit meinen Fingern ist da rein gar nichts mehr zu finden. Auch die Murmel in der Brust kommt mir ein Stückchen kleiner vor - aber da bin ich mir nicht völlig sicher, und ich will ja nicht auf Wunschdenken hereinfallen. Bis zur nächsten Mammographie am neunten Januar werde ich mich also gedulden müssen für eine realistische Einschätzung, ob und wenn ja wie viel sich an dieser Stelle verändert hat.
Was mich an diesem grußlosen Abschied der Achselmurmel so freut, ist, daß ich damit eigentlich gar nicht mehr vor Jahresende gerechnet hatte. Ich ging davon aus, daß die Wirkung jedes Chemozyklus im Vergleich zu der des vorherigen einen Tick schwächer ausfallen würde, und daß die Restmurmel vom letzten Zyklus sich schon jetzt (mit einem Plopp, den meine Phantasie sich hartnäckig mit dazudenkt) komplett auflösen würde, dafür kam sie mir doch noch zu groß vor.
Dieser vierte EC-Zyklus ähnelte in Art und Intensität der Nebenwirkungen wieder mehr dem zweiten als dem dritten Zyklus: Sie kamen mir besonders leicht vor, und der Höhepunkt mit den Muskelschmerzen kam sogar einen Tag früher als erwartet, am Abend von Tag 6. Mit einem Tag Verzögerung folgten dann die ertastbaren Veränderungen.
Seit heute fühlt sich alles schon wieder größtenteils normal an, nur der Schwindel schwindelt ab und zu noch ein bißchen vor sich hin. Das mit dem Schwindel fühlte diesmal übrigens subjektiv merkwürdig anders an als sonst, denn es war die meiste Zeit, wenn er zu spüren war, eher ein bißchen wie "high sein" - es war, als würde der leichte, manchmal kaum wahrnehmbare Schwindel bloß jeder Bewegung eine Winzigkeit mehr Schwung als sonst verleihen. Solange ich dabei im Rhythmus blieb, war das sogar ein richtig gutes Gefühl, und so hatte ich nicht nur ein fröhliches, sondern auch ein sehr beschwingtes Weihnachten. Nur wenn ich aus dem Takt kam, bewegte sich manchmal plötzlich doch der Boden unter mir.
Auf Twitter habe ich mich dazu hinreißen lassen, auf diesen Tweet hier eine Antwort zu schreiben:
Und das hier war meine Antwort:
Ich weiß selbst, daß ich mir das eigentlich hätte sparen können. Beim Thema Immobilien stehe ich schon seit geschlagenen dreißig Jahren konsequent und immer quer zu dem, was gerade als "allgemeiner Wissensstand" gilt und über die Medien herumtrompetet wird. Und das, obwohl sich diese Weisheiten immer mal wieder gedreht haben. Mich hat das auch schon fassungslos gemacht, als Mitte bis Ende der nuller Jahre sämtliche "Experten" im Chor von Immobilien abrieten und Hinz und Kunz ihnen das nachplapperte - ausgerechnet zu einer Zeit, als die Kaufpreise nach fünfzehn Jahren stetigem Rückgang so niedrig lagen, daß das Verhältnis Kaufpreis/Miete unheimlich günstig war und sich trotz der damaligen Zinsen - die fast doppelt so hoch lagen wie jetzt - viele bereits (zu Nicht-Wuchermieten) vermietete Wohnungen zur Kapitalanlage mehr oder weniger von alleine abzahlten. Aber auch Eigennutzer standen mehrheitlich besser da, als hätten sie ein vergleichbares Objekt gemietet.
Trotzdem hatten eine Menge Leute fast schon panische Angst davor, sich eine Immobilie ans Bein zu binden.
Seitdem sind die Immobilienpreise ins Himmelhohe gestiegen, und ausgerechnet das hat die Sache ins Kippen gebraucht und die Leute auf einmal dazu animiert, nun auf einmal wie die Bescheuerten Immobilien zu kaufen. Nur, anders als zu jener Zeit wurden die Mieter nun rausgeschmissen, sei es, weil der Erwerber selbst einziehen wollte (und der Kauf einer noch zu "entmietenden" Wohnung ihn ein paar Tausender weniger kostete), sei es, weil er die Wohnung möblieren und zimmerweise vermieten wollte - die beiden einzigen Nutzungsvarianten, die noch rentabel waren oder es jedenfalls in bestimmten Fällen sein konnten.
Und heute also können sich auf einmal nicht einmal die zehn Prozent mit den höchsten Einkommen noch ein Haus leisten?
Das ist völlig absurd. Natürlich kann man sich von 3850 Euro Nettoeinkommen im Monat als Single
ein Haus leisten - wofür auch immer man als Single unbedingt gleich ein
ganzes Haus nötig zu haben glaubt. Obwohl der Herr Willburger heute im Nachgang noch eine ganze Salve von Zahlen hinausgefeuert hat, mit denen er offenbar meint, seine Behauptung belegen zu können. Richtig ist außerdem - aber das war es ja nicht, was zu widerlegen war - daß man auch mit diesem Einkommen nicht JEDES Haus in JEDER Lage bezahlen kann - und schon gar nicht auf Zuruf ohne jeden Planungshorizont und ein paar eigene Vorarbeiten. Wer glaubt, er habe ein Geburtsrecht darauf, morgen früh in Schloß Neuschwanstein einziehen können zu dürfen, weil es ihm heute nacht davon so schön geträumt hat, und falls das nicht möglich sei, spiele die Welt ihm übel mit, der wird natürlich enttäuscht werden. Einen legitimen Anspruch darauf, daß andere ihn dafür bedauern, hat er damit noch lange nicht und es wundert mich immer wieder, wie viele Menschen das nicht einmal bemerken.
Der Casus knacksus bei der Art von statistischem Populismus - wenn ich das mal so nennen darf - in den diversen Folgetweets war das suggestive Absolutsetzen bestimmter Variablen, für die es keineswegs ausreicht, sie in dieser Form zu bewerten. Etwa, wenn man die Immobilienpreise von vor zehn Jahren mit den heutigen vergleicht, ohne die sich daraus jeweils ergebende monatliche Belastung zu vergleichen, in der zusätzlich der Zinssatz noch eine maßgebliche Rolle spielt. Oder diese monatliche Belastung zu einem bestimmten Zeitpunkt mit den ortsüblichen Kosten bei Neuanmietung einer vergleichbaren Immobilie. Und so weiter, es gibt noch etliche mehr davon.
All diese Faktoren - kombiniert mit den jeweiligen Möglichkeiten des kaufinteressierten Haushalts - spielen eine Rolle bei der Abwägung, ob man Wohnraum kaufen oder mieten kann bzw. möchte, was für eine Wohnfläche man dabei mindestens akzeptieren will und maximal stemmen kann, Ausstattung, Lage und all diesen Kram. Aber der entscheidende Faktor - sofern das Haushaltseinkommen nicht weit unterdurchschnittlich ist oder sonstige Gründe von vornherein einen Kauf deutlich erschweren oder ganz unmöglich machen - ist, ob man eine eigene Immobilie oder eine gemietete bevorzugt. Und dann sollte man außerdem bereit sein, der Vorbereitung dieser Sache, die ja immerhin auch eine Art Lebensentscheidung ist, eine ausreichende Phase der Vorbereitung zu geben.
Tatsache ist, der perfekte Moment, um eine Immobilie zu kaufen, ist nicht jetzt und war auch nicht letztes Jahr und wird es nächstes Jahr auch noch nicht sein. Das macht aber nichts. Die meisten Immobilienbesitzer in Deutschland haben nicht zu einem perfekten Moment kaufen können. Ich auch nicht. Wir konnten es aber trotzdem.
Die einzigen, die es nie zu Wohneigentum bringen werden, obwohl sie behaupten, es unbedingt haben zu wollen, sind nämlich diejenigen, die fest daran glauben, dies ginge nur mit den Rahmenbedingungen, die vor einem Jahr gerade aktuell waren und es nun nicht mehr sind, denn auf diese Weise kommt man nie auf einen grünen Zweig.
Wer es aber richtig elegant hätte machen wollen, der hätte letztes Jahr dem Rat folgen sollen, den ich damals meinem afghanischen Mieter gegeben habe, als er in eine größere Wohnung zog (und den er, soweit ich weiß, leider nicht befolgt hat, was mir jetzt ein bißchen für ihn leidtut). Dem hatte ich nämlich empfohlen, falls er in einigen Jahren Wohneigentum haben wolle, unbedingt JETZT zwei bis drei Bausparverträge mit relativ flexiblen Zeiträumen und Vertragssummen im Gesamtumfang von ca. 50 bis 70 Prozent des Gesamtbetrags abzuschließen, den er später für eine Immobilie ausgeben möchte.
Warum? Weil man damit letztes Jahr die Niedrigzinsen sichern konnte und ihren Einsatz sehr flexibel auch zeitlich an den Bedarf hätte anpassen können. Und, jetzt mal ehrlich: Jedem Normalbegabten hätte doch eigentlich klar sein müssen, daß diese Niedrigzinsphase irgendwann einmal vorbei sein würde. Ich bin kein Genie, und mir war es klar, auch wenn ich den exakten Moment des Umschwungs und den zugehörigen Auslöser nie in einer Glaskugel gesehen habe. Aber außerdem auch, weil die aktuellen Kaufpreisvorstellungen zwar langsam, aber dennoch dem Gesetz von Angebot und Nachfrage folgend den niedrigeren finanziellen Spielräumen, die sich aus den höheren Zinsen zwangsläufig ergeben, folgen. Das hat längst eingesetzt, ich sehe es bei den Angebotspreisen in meiner Stadt bei Immoscout. Die Auswertung der tatsächlichen Verkaufserlöse wird mit ca. einem halben Jahr Zeitverzögerung diese Entwicklung auch zeigen.
Jedenfalls hätte man mit jenem Modell - bei ausreichend langer Zeit, sich über die Details seines Immobilienwunsches und den genauen Zeitplan klar zu werden und sich in Ruhe auf das richtige Angebot zum richtigen Zeitpunkt vorzubereiten - den Vorteil der niedrigen Zinsen mit dem Vorteil der wieder gesunkenen Immobilienpreise kombinieren können und auf diese Weise gerade wegen der Veränderungen, über die alle gerade so zetern, besonders günstig finanziert. Man hätte halt bloß ein bißchen mitdenken müssen.
Immobilienpreise können nämlich auch sinken. Meine erste Wohnung, erworben im Jahr 1992, kurz vor dem Peak der damaligen Preise (also zu einem fast schon legendär dämlichen Zeitpunkt), hätte bis sage und schreibe 2009 jedes Jahr einen geringeren Verkaufserlös erzielt, falls ich sie hätte verkaufen wollen (nur, ich wollte ja gar nicht), und lag in der Verkaufspanik nach der Finanzkrise, als alle Welt plötzlich dringend Immobilien zu Geld zu machen versuchte, gerade noch bei einem Marktwert zwischen 50 und 60 Prozent des ursprünglichen Kaufpreises. Erst danach drehte sich die Richtung wieder. 2013 war sie dann wieder so viel wert wie 1992, und danach stieg es acht weitere Jahre lang weiter, davon die allerletzten drei bis vier Jahre extrem schnell. Letztes Jahr, zum Preishöchststand, hätte man wohl ungefähr das Dreifache des Kaufpreises von 1992 bekommen. Mittlerweile sind davon aber schon wieder um die 20 Prozent weggebröckelt.
Wie weit es noch weitersinken wird? Ich würde sagen: Sobald Immobilien auch für eine normale, konservative Kapitalanlage auch wieder interessant werden - also die Relation Kaufpreise/Mieten wieder günstig genug ist, daß auch solche Kaufinteressenten wieder zugreifen, die keine geborenen Miethaie und Abzocker sind -, haben wir den Boden erreicht. Das kann natürlich auch passieren, indem die Mieten steigen (Stichwort "Inflation"). Welche der beiden maßgeblichen Variablen dabei die größere Rolle spielt, das kann man nur abwarten. Im Moment finde ich die realistisch erzielbaren Renditen in diesem Bereich jedenfalls noch extrem unattraktiv.
Mir geht diese luschige Jammerpose all dieser verhinderten Häuslesbesitzer echt auf den Zeiger. Immer geht alles mögliche nicht, und immer ist die ach so böse Welt daran schuld. Nie hat das etwas mit der eigenen Einstellung, Denkfaulheit und fehlenden inhaltlichen Auseinandersetzung mit der Materie zu tun.
Wer glaubt, beweisen zu können, daß er sich keine Immobilie leisten kann, für den steht immerhin eines fest: Er wird es bestimmt aus eigener Kraft nie zu einer Immobilie bringen, weil er die zugehörigen Möglichkeiten nicht einmal erkennen würde, wenn sie ihn anspringen und ins Bein beißen. Bei mir ist es wahrscheinlich vor allem deshalb gegangen, weil ich mich mit dem Ob gar nicht aufgehalten, sondern mich auf das Wie konzentriert habe. Eine Mietwohnung war für mich damals im Jahre 1992 aus diversen Gründen, die aufzuzählen hier den Rahmen sprengen würde, nämlich noch unerreichbarer als Wohneigentum. Also blieb mir nichts anderes übrig, als mir etwas einfallen zu lassen - entweder dies, oder ich hätte unter die Brücke ziehen müssen.
Ein Haus habe ich bislang noch nicht, dafür haben mein Mann und ich zusammengenommen mittlerweile sechs Wohnungen. Über ein Haus, quasi als Altersruhesitz, denken wir aber gerade nach. Die Sache ist noch längst nicht spruchreif, aber eines steht jetzt schon fest: Die Zinsen spielen dabei für uns keine Rolle mehr. Unsere Grobkalkulation ist ganz simpel und lautet so:
Kaufpreis für 1 Haus = Verkaufserlös für 2 Wohnungen.
Und daran ist auch gar nichts ungerecht, denn dafür haben wir ja immerhin dreißig Jahre solide Vorarbeit geleistet.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen