Freitag, 24. Juni 2022

Stell dir vor, du lebst vegan und schadest damit dem Klima

Mein Gewicht heute früh: 83,8 Kilogramm. Neues Niedrigstgewicht, aber doch höher, als ich nach dem überraschend niedrigen Startgewicht von 88,3 Kilogramm erwartet hatte. 4,5 Kilogramm Abnahme in vier Fastentagen - weniger als 5 Kilogramm hatte ich sonst bislang nur in meinen Low-Carb-Phasen zu verzeichnen, und Carbs hatte ich in der zweiten Wochenhälfte nicht zu knapp. Also war wohl doch mein Startgewicht aus irgendeinem Grund, den ich nicht kenne, nach unten verzerrt. Falls ich vor dem nächsten langen Fastenintervall mit demselben oder einem noch höheren Gewicht starten sollte, kann ich das zweifelsfrei voraussetzen.

Aber egal, das neue Tiefstgewicht ist endlich da, nachdem ich mehr als zwei Monate darauf warten mußte. 400 Gramm weniger als mein altes Tiefstgewicht vom April und 600 Gramm weniger als vor zwei Wochen, das zeigt, daß es weiter vorwärts geht.

Ich bin mal wieder südlich des Adipositas-Äquators:

Meine Krankenkasse setzt sogar noch einen drauf, denn aus ihrer Sicht habe ich nur noch "leichtes Übergewicht": 

 

Bei ihr hätte ich unter 82,8 Kilogramm schon Normalgewicht, also gerade mal ein Kilo weniger, als ich im Moment habe. Damit weicht die TK schon erheblich vom BMI-Mainstream ab, und das, obwohl sie im Nachgang prompt die üblichen schwachsinnigen Empfehlungen gibt, die ich selbstverständlich nicht beherzigen werde. Vielmehr werde ich genau mit dem weitermachen, was mir zu meinem Gewichtsminus von, Stand heute, 63,2 Kilogramm verholfen hat.

Schade, ich wäre heute wahnsinnig gerne zum ersten Mal weniger als 10 Kilogramm von meinem Zielgewicht entfernt gewesen. Dafür hätte die Waage allerdings weniger als 83,5 anzeigen müssen. Tat sie nicht, also Schwamm drüber und nächster Anlauf auf einen solchen Wert in zwei Wochen. 

Überraschenderweise haben sich ein paar meiner Körpermaße, seit ich das letzte Mal das Maßband angelegt habe, viel deutlicher als mein Körpergewicht verändert: Unterbrustweite 91 cm (letztes Mal: 93) und noch deutlicher am Bauch 96 cm (statt 99). Irgendwo habe ich mal gelesen, unter gesundheitlichen Aspekten solle man einen Bauchumfang von 80 cm anstreben. Was mir wichtiger wäre: Ich möchte einen Bauchumfang, der geringer ist als meine Unterbrustweite, aber ich nehme an, diesen Punkt werde ich noch ein Weilchen vor meinem Zielgewicht erreichen, also mal sehen, wie lange es dauert, bis ich bei beidem denselben Wert messen kann, da der Abstand jetzt auf 5 Zentimeter  geschrumpft ist. Langsam schmelzen meine anderen Abnahmepotentiale ja immer mehr dahin, also muß irgendwann natürlich auch der Bauch an die Reihe kommen.

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Meine schlechte Meinung vom unter Ernährungsstrategen ständig populärer werdenden Nudging setze ich mal als bekannt voraus, längere Begründungen dafür finden sich hier und hier. Warum ich das Thema dennoch schon wieder aufgreife, hat damit zu tun, daß ich dies hier in einem einschlägigen Text las, der mir auf Twitter zugelaufen ist:

Nudging funktioniert ohne Verbote und ohne starke, vor allem finanzielle Anreize. Vielmehr wird die Entscheidungsarchitektur verändert, ohne die Entscheidungsfreiheit einzuschränken. Dabei setzt Nudging an unserem Autopiloten an. Das ist jenes System, das uns zu automatischen, schnellen und wenig reflektierten Entscheidungen bewegt.

Genau von diesem Autopiloten schrieb auch ich in meinem letzten Beitrag, als es ums Energiesparen ging, und den zu kennen und gezielt zu nutzen, ist natürlich gut, richtig und vernünftig. Denn natürlich wäre es Unsinn, vor jedem Handgriff erst einmal durchdenken zu müssen, was man damit will. Also ist es auch nützlich, sich Automatismen für alle möglichen Alltagsverrichtungen aktiv anzueignen, wenn die unbewußt angewöhnten Automatismen erkennbar unerwünschte Wirkungen zeigen. 

Ich habe also gar nichts dagegen, den persönlichen Autopiloten wissentlich umzuprogrammieren. Entscheidend finde ich aber, daß man das selbst tut, und zwar, nachdem man die Entscheidung getroffen hat, was man tun will, warum man es tun will und was man damit bezweckt. Denn das ist zwingend erforderlich, um Korrekturen vornehmen zu können, falls es sich heraussstellt, daß die Wirkung anders ist als erwartet oder unerwartete Nebenwirkungen auftreten, mit denen man sich nicht arrangieren kann oder will. 

Beim Nudging nutzen dagegen außenstehende Dritte die bestehenden Automatismen im Verhalten, die auch weiterhin unbewußt bleiben sollen, um uns dazu zu bringen, das zu tun, von dem diese Dritten glauben, es wäre zu unserem Besten. Das ist ein absichtliches gezieltes Untergraben der persönlichen Entscheidungsfähigkeit und ebenso des persönlichen Veränderungswillens. Es ist Ausdruck eines verfehlten Zeitgeists, wenn etwas so Entmündigendes und Entwürdigendes etwas unter Experten mehrheitsfähig wird. Damit werden dieselben erwachsenen Bürger, über die man sich in anderen Belangen immer so wortreich beklagt, wenn sie keine erwachsenen eigenen Entscheidungen treffen, wie Kinder behandelt, denen man die Entscheidungen von vornherein abnehmen dürfe oder gar müsse. 

Im Moment scheint es aber unmöglich, irgendetwas Wirksames gegen diese unangenehme Modeerscheinung zu tun, also werde ich das wohl aussitzen müssen, denn irgendwann geht ja jede Mode vorbei.

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Sich auf die oben beschriebene Weise in eine vegane Ernährung hineinnudgen zu lassen, weil das für besonders klimafreundlich gehalten wird, könnte - je nach Art der Lebensmittel, die man ißt, und ihrer Herkunft - kontraproduktiv sein, sofern man dieser Studie Glauben schenkt.  (Paywall, hier aber frei zugänglicher ein Bericht darüber.) Denn fast zwanzig Prozent der CO2-Emissionen durch Lebensmittel entstehen laut dieser Studie durch deren Transport. 

Man braucht kein Mathematiker zu sein, um zu begreifen, daß das die Emissionsbelastung eines Hähnchens oder Steaks aus der Region deutlich verringert und die von Erdbeeren oder Gurken aus Spanien, ganz zu schweigen von exotischeren Lebensmitteln mit längeren Transportwegen deutlich erhöht. Am Ende sind dann wohl beide Ernährungsweisen emissionstechnisch mindestens auf Augenhöhe, wenn nicht gar die Fleischesser, die Wert auf regionale Ernährung legen, sogar einen Vorteil haben.

Nicht ganz so fatal wäre es, sich zum Verzicht auf ein Auto nudgen zu lassen, aber möglicherweise ziemlich sinnlos. Lebensmitteltransporte, stellte sich nämlich außerdem heraus, machen fast die Hälfte aller direkten Emissionen von Straßenfahrzeugen aus. Und zu guter (schlechter) Letzt wird beinahe die Hälfte dieser Lebensmitteltransport-Emissionen durch die 12,5 % der Menschen verursacht, die Bewohner von Industrieländern sind. (Unklar ist mir allerdings, welche Länder dazu zählen. Genannt wurden, allerdings nur als Beispiele, die USA, Deutschland, Frankreich und Japan.)

Das wiederum würde bedeuten, daß eine Ernährung, die vorrangig auf regional erzeugte Lebensmittel setzt und die Zahl der Lebensmitteltransporte reduziert, klimafreundlicher sein könnte als der Verzicht aufs Auto.

Ob diese Ergebnisse sich bei einer gewissenhaften Überprüfung bestätigen, bleibt abzuwarten, obwohl sie aus meiner Sicht in Teilbereichen sehr viel Sinn ergeben (und außerdem das bestätigen, was ich die ganze Zeit schon auf Basis allgemeiner Logik und gesunden Menschenverstands gemutmaßt hatte - Disclaimer: Ich bin somit also nicht völlig objektiv). Verwundert bin ich aber - auf derselben Basis - doch über den extrem hohen Anteil der Lebensmitteltransporte an den Gesamtemissionen, denn es werden ja ständig auch noch eine Unmenge andere Arten von Waren und Gütern wie nicht gescheit durch die Gegend gekarrt, und hinzu kommt noch der normale Verkehr von Pkws. Kann das also wirklich sein? Dazu müßte ich eine plausible Erklärung kennen, und da sich der Studien-Volltext hinter einer Paywall befindet, habe ich sie zumindest im Moment nicht.

Aber auch falls dieser Teil einen Fehler enthalten sollte: Sofern der Rest auch nur zur Hälfte stimmen sollte, wäre jedenfalls mein Vorschlag einer Transportsteuer nicht nur ein geeigneteres Mittel, um ungesundes hochverarbeitetes Essen aus billigsten Zutaten endlich mal teurer als Lebensmittel zu machen, die aus der Region stammen und nicht viel herumtransportiert werden müssen, sondern außerdem auch eine viel wirksamere Maßnahme zum Klimaschutz als der Verzicht auf Fleisch. 

Wieso ist dieser Gedanke bis dato noch nicht ein einziges Mal in die öffentliche Diskussion gelangt? Sogar ich als Nichtexperte bin von alleine auf ihn gekommen, und bislang fand ich noch keinen Grund, ihn wegen irgendwelcher von mir übersehenen Faktoren wieder zu verwerfen oder zu relativieren. Gerade jetzt fände ich es außerdem sinnvoll, ihn erneut aufzugreifen, denn weniger Transporte würden natürlich auch weniger Energie benötigen, was ja von unserem Wirtschaftsminister wegen der Möglichkeit einer Energiekrise aufgrund des Einsatzes von russischem Gas als wirtschaftliche Waffe als ein Gebot der Stunde bezeichnet wurde. 

Aber ich habe schon öfter den häßlichen Gedanken gehabt, daß es vielen, die angeblich aus Sorge um das Klima dies tun oder jenes unterlassen, vor allem darum geht, von anderen als besonders tugendhaft wahrgenommen zu werden, während die tatsächliche Wirkung des eigenen Tuns und Lassens eigentlich nur eine Nebenrolle spielt.

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Wie im letzten Beitrag erwähnt, Energiesparen ist in jedem Fall nützlich, mindestens indem es die eigene Strom- und Gasrechnung verringern kann, und dazu muß man auch nicht im Winter frierend bei 19 Grad in der Wohnung sitzen (was ich bestimmt nicht aushalten würde, bei weniger als 21,5 Grad friere ich auch mit Strickjacke). Es reicht schon, sich bewußt zu machen, wo die Energie eingespart werden kann, ohne dafür leiden zu müssen, und sich dann die zugehörigen Automatismen - siehe oben - auszudenken und anzugewöhnen.

Aber ich bin immer noch der Meinung, daß es im Winter alles gar nicht so schlimm kommen wird, sofern nicht noch ein paar unvorhersehbare ungünstige Faktoren uns einen Strich durch die Rechnung machen. Etwas ähnliches zeichnet sich gerade bei einem anderen Panik-Thema der letzten Wochen ab: Die Getreidepreise sinken nämlich wieder. Die Getreidernte beginnt nämlich  in Europa, und wir bekommen offenbar ein gutes Erntejahr. Muß die Welt am Ende jetzt doch nicht hungern? Fast habe ich das Gefühl, das müsse die Medien ein wenig enttäuschen, so wollüstig hatten sie das in letzter Zeit immer ausgemalt.

So ähnlich kann es, wenn wir ein wenig Glück haben und uns jetzt gut vorbereiten, auch mit dem Gas laufen - freilich, genauso wie eine Mißernte in Europa das Bild hätte dramatisch verändern können, ist natürlich auch nicht auszuschließen, daß ein besonders harter Winter die Lage doch noch verschlechtert. Deswegen ist es auch gut und richtig, daß die zweite Warnstufe ausgerufen wurde, und ebenso ist es gut und richtig, wenn alle sich mit der Frage befassen, ob und wie sie ihren Energieverbrauch reduzieren können. Was ich aber für völlig unbegründet halte, ist der mediale Panikmodus.

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Bei meiner Hausbank sind die Zinsen für zehnjährige Hypothekendarlehen auf 3,61 Prozent effektiv hochgeschnellt, parallel dazu kann ich bei der Zahl der angebotenen Eigentumswohnungen hiermit feierlich eine Verdoppelung der Zahl der Angebote vermelden, ab der meiner Vermutung vom 1.4. des Jahres nach die Angebotspreise anfangen werden, nachzugeben. Ich bin der Meinung, diesen Trend erkenne ich mittlerweile auch tatsächlich schon bei den Angebotpreisen neu bei Immoscout eingestellter Objekte, aber beweisen könnte ich es noch nicht, dafür ist er noch nicht deutlich genug ausgeprägt. 

Würde ich die beiden Wohnungen, die ich 2019 erworben habe, jetzt kaufen wollen, dann müßte ich mit Gesamtkosten (Kaufpreis der zwei Wohnungen plus Kaufnebenkosten minus Verkaufserlös für die von mir für das Eigenkapital veräußerte kleinere Wohnung) von konservativ gerechnet 700.000 Euro rechnen. Ich habe mir die Sache gerade überschlagen: Meine monatliche Belastung läge in diesem Fall mittlerweile mehr als doppelt so hoch, als sie es tatsächlich ist. 

Eine so starke Verteuerung muß die Zahl der potentiellen Käufer natürlich drastisch verringern.

Einen ungünstigeren Moment zum Erwerb von Wohneigentum als jetzt könnte ich mir gar nicht vorstellen. Wer mit einem Immobilienerwerb liebäugelt, aber nicht in einer Zwangslage ist, tut gut daran, nicht - wie das in der Börsensprache lautet - ins fallende Messer zu greifen. Die Immobilienpreise werden sich jetzt den veränderten Möglichkeiten anpassen müssen, damit die Objekte zu den aktuellen Bedingungen verkäuflich sind, und wer jetzt kauft, zahlt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mehr als in zwei bis drei Jahren. Wer aber eine Immobilie verkaufen will und bislang gezögert hat, der hat leider die günstigste Phase verpaßt, aber jetzt sollte immer noch ein höherer Kaufpreis erzielbar sein als in zwei, drei Jahren, also sollte er sich beeilen. 

Ich selbst kann leider meinem eigenen Ratschlag nicht folgen, obwohl ich möglicherweise in zwei Jahren noch einmal einen Wohnungsverkauf tätigen muß. Ob es wirklich erforderlich ist, ist aber noch nicht heraus, und falls ich es vermeiden kann, werde ich es natürlich vermeiden. Das hätte ich aber auch bei steigenden Immobilienpreisen so gehalten. Ich habe nämlich noch nie eine Immobilie aus spekulativen Gründen gekauft und mich auch von der 2019 verkauften Wohnung nur ungern getrennt.






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