Mein Gewicht heute früh am ersten Fastentag der Woche (der zweite folgt am Donnerstag): 98,7 Kilogramm, ein gutes Stück niedriger als zu Beginn der zweiten Woche nach dem vorletzten langen Fastenintervall und auch in beruhigendem Abstand von der ominösen 100. Damit bin ich mit dem ausgebliebenen Niedrigstgewicht nach dem langen Fastenintervall versöhnt, denn genau das hatte ich mir erhofft. Spannend bleibt die Frage, ob ich trotz meiner Fastenpause nächste Woche bis zum nächsten langen Fastenintervall ab Montag, 2.11., ein Zurückrutschen über 100 vermeiden kann.
Angesichts des Anstiegs der Corona-Infektionen habe ich die Entscheidung, ob ich zum 85. Geburtstag meiner Mutter für ein paar Tage kommen soll oder nicht, davon abhängig gemacht, ob sie selbst es will, und da sie es wollte, fahre ich auch. Weil ich im Homeoffice arbeite und in letzter Zeit auch sonst eher häuslich gewesen bin, war ich so wenig unter Leuten (und wenn, dann mit Maske und unter Einhaltung der Regeln), daß ich glaube, das Risiko ist minimal, obwohl ich in einem Corona-Hotspot lebe. Das Fasten setze ich dort natürlich aus, und da wir Herbst haben, sollte ich mich auf eine Gewichtszunahme gefaßt machen. Ich bin jetzt mal optimistisch und spekuliere darauf, daß ich dennoch die 100 nicht überschreiten werden, aber falls doch, wird das hoffentlich ein sehr kurzes Intermezzo, weil ich im November ja zwei lange Fastenintervalle geplant habe.
Ich bin nach wie vor unzufrieden über die Corona-Kommunikation, aber daran wird sich wohl kaum etwas ändern. Mich stört es, wenn behauptet wird, wir bräuchten bundesweit einheitliche Regelungen, weil die Leute sie nur dann verstehen würden. Daran glaube ich nicht, von den Mindestgrundlagen einmal abgesehen. Im Gegenteil bin ich der Meinung, unser föderalistisches System ist gerade beim Umgang mit Corona eine Stärke. Ob eine bestimmte unter den Ländern umstrittene Einzelmaßnahme in einem einzelnen Bundesland erfolgreich eingesetzt wird oder eben nicht, läßt sich ja rasch feststellen, und darauf können dann die anderen Bundesländer reagieren.
Sollte man den Menschen nicht ein bißchen mehr zutrauen? Und könnte man vor allem auch endlich damit aufhören, unsere föderale Struktur systematisch schlechtzureden? Was mich verstört, ist, wie leicht es ist, ein solches System durch die bloße Wortwahl als mangelhaft abzuqualifizieren, und wie hemmungslos das die Medien tun, wenn etwa gebetsmühlenartig von einem Flickenteppich die Rede ist. Ich kann aber beim besten Willen nicht erkennen, inwiefern es beispielsweise für Frankreich ein Vorteil gewesen sein soll, daß der Staatsaufbau dort zentralistisch ist und deshalb alles vom Informationsstand und Urteilsvermögen eines einzelnen Entscheiders abhängt. Frankreich hat nämlich bei beiden Corona-Wellen den richtigen Moment verpaßt, die Ausbreitung des Virus zu beschränken.
Meinem Eindruck nach sind es vor allem die Medien, die sich damit schwertun, zu begreifen, welche Informationen wann und warum wichtig sind, denn im Frühjahr wurde teilweise wochenlang Infomüll verbreitet, etwa war nach Wochenenden oft von einem Rückgang der Infektionen die Rede, obwohl aufgrund des Musters über mehrere Wochen hinweg schnell klar war, daß diese Rückgänge gar keine waren, sondern auf weniger Meldungen an Wochenenden zurückzuführen war. Mittlerweile immerhin scheint diesen Punkt auch der letzte Praktikant in einer Zeitungsredaktion kapiert zu haben. Aber immer muß man damit rechnen, daß Unwichtiges überbetont wird und Wichtiges in einem Nebensatz abgehandelt wird. Noch vor kurzem befremdete mich sehr, daß eine ziemlich deutliche Entwicklung, nämlich die im Verhältnis zur Infektionszahl vergleichsweise niedrig bleibenden Todesfallzahlen, nirgends auch nur erwähnt wurde. Ich glaube sogar, als ich in einem Blogartikel das erste mal darüber schrieb, gab es noch keinen einzigen Bericht in irgendeinem Informationsmedium zu diesem Thema, dabei sprang diese Auffälligkeit geradezu ins Auge.
Was mich ebenfalls beunruhigt, ist, daß die Schwerpunkte, die von den Medien gesetzt werden und die überwiegend auf "Verkäuflichkeit" durch möglichst hohen Sensationswert setzen, oft etwas von selbsterfüllenden Prophezeiungen an sich haben; deshalb war ich nicht glücklich über die Art, wie über die Anti-Corona-Demonstrationen berichtet wurde, und dabei fiel mir besonders Dunja Hayali unangenehm auf, die im Prinzip eine Art Werbesendung für diese Leute fabriziert hat, die letztendlich ganz überwiegend sehr viel normaler wirkten, als das die aggressive Promotion für ihr ach so "investigatives" Filmchen von der Demonstration am 1. August suggerierte. Besonders skurril fand ich den theatralischen Abbruch des Drehs, nach dem Hayali sicherlich noch weitere zehn Minuten unter den Demonstranten unterwegs war, ohne daß eine ernsthafte Bedrohung ersichtlich gewesen wäre.
Ich war nicht sonderlich überrascht, als die nächste Demonstration in Berlin am 29. August - diejenige, bei der einige rechtsradikale Spinner den Reichstag zu stürmen versuchten - noch mehr Zulauf als die vorherige fand.
Obwohl ich beide Demonstrationen mit einer fünfstelligen Teilnehmerzahl, die überwiegend busladungsweise nach Berlin gekarrt worden waren, angesichts des herrlichen Sommerwetters und des loveparadeähnlichen Event-Charakters in Wirklichkeit gar nicht so besonders eindrucksvoll besucht fand. Der Sommer ist nun vorbei, und die zweite Corona-Welle scheint die Protestbewegung hinweggespült zu haben, allen "Investigativ"-Anstrengungen und Empörungsorgien der Medien zum Trotz. Zu den letzten Demonstrationen konnten längst nicht mehr so viele Teilnehmer mobilisiert werden, was zum Glück auch bedeutet, daß die Medien weniger berichten.
Wie groß der Anteil der Medienberichterstattung an Negativentwicklungen ist, wird oft unterschätzt. Bei der Wahl Donald Trumps 2016, die ja knapp genug ausgefallen ist, könnte die tägliche aufgeregte Berichterstattung durchaus als Zünglein auf der Waage entscheidend gewesen sein, und wenn ich bedenke, wie ausufernd praktisch täglich über jeden dämlichen Tweet des US-Präsidenten berichtet wird, hat man daraus auch bislang rein gar nichts gelernt. Aber manchmal funktioniert das auch ohne Zutun von Journalisten durch Gruppendynamik in sozialen Medien. Seit ca. einer Woche trendet beispielsweise "Klopapier" auf Twitter, und prompt fiel mir beim Einkaufen auf, daß tatsächlich nicht mehr besonders viel dort verfügbar war, daraufhin habe ich - mit schlechtem Gewissen - eine Packung mitgenommen, obwohl ich eigentlich noch zwei, drei Wochen Zeit gehabt hätte mit diesem Kauf.
Das schlechte Gewissen hatte ich deshalb, weil mir schon klar war, daß jeder, der diesem Impuls nachgibt, natürlich die Knappheit verstärkt. Aber andererseits konnte ich es auch nicht einsehen, das Risiko einzugehen, dann, wenn ich es wirklich brauche, keines mehr zu bekommen. Für die Klopapierverknappungen der nächsten zwei bis drei Monate bin ich jetzt jedenfalls nicht mehr verantwortlich, da ich jetzt bis sicherlich zum Jahresende versorgt bin. Beim Mehl muß ich regelmäßiger nachkaufen, also hoffe ich mal, daß es da nicht noch einmal zu Engpässen kommt. Mit Hefe bin ich gut genug versorgt, um notfalls auch eine Durststrecke bis Jahresende überbrücken zu können.
Abschließend zu etwas viel Erfreulicherem:
Vor zwei Wochen habe ich den Balkon abgeräumt und zum ersten Mal ein Futterhäuschen für Vögel dort aufgehängt, ein ziemlich kleines Ding, vielleicht 15 auf 15 Zentimeter - wenn ein Spatz drinsitzt, paßt kein zweiter mehr rein. Zusätzlich habe ich Futter auf eine Ablage gestreut, die am Balkon eingehängt ist.
Inzwischen haben die Vögel aus der Nachbarschaft mein Angebot entdeckt, und jetzt geht es bei mir auf dem Balkon zu wie an einem Bahnhofsimbiß. Ich hatte zuvor keine Ahnung gehabt, wie viele Blaumeisen es bei uns hat, die sieht man am häufigsten und von denen sind auch oft zwei oder drei gleichzeitig da, aber im Gegensatz zu den geselligen Spatzen, die sich in Gruppen einfinden (bisheriges Maximum waren fünf), bleiben sie jeweils für sich. Gesehen habe ich aber auch schon Kohlmeisen, Buchfinken und Grünfinken und einen komischen Vogel, den ich nicht identifizieren konnte, weil er sich so plaziert hatte, daß er schlecht zu sehen war. Er kam mir größer vor als die anderen, und wäre der dazu nicht passende Schnabel nicht gewesen, hätte ich auf einen Grünspecht getippt. Ich hoffe ja, daß ich auch noch andere Vögel sehen werde, von denen ich weiß, daß wir sie im Viertel haben, etwa den besonders hübschen Stieglitz.
Was ich interessant finde, ist, wie individuell die Futtergewohnheiten sind. Manche Blaumeisen holen sich immer wieder ein einzelnes Körnchen und fliegen sofort wieder weg, um es anderswo aufzuhacken, andere setzen sich mitten ins Häuschen und vespern zehn Minuten lang, manchmal, bis ein auf der Wäschenleine wartender Kollege ungeduldig wird und sie fortjagt. Die schlechtesten Tischmanieren sah ich bei einem Buchfink, der so gewalttätig auf den Körnerhaufen einhieb, daß nach Ende seiner Mahlzeit die Hälfte davon auf dem Boden des Balkons lag. Das war aber nicht so schlimm, denn die Spatzen holen sich auch das, was am Boden liegt.
Ich hätte nie gedacht, daß meine Futterstation so lebhaft frequentiert wird. Vor Jahren habe ich mehrere Winter hintereinander immer Meisenknödel aufgehängt, für die sich aber nie ein Vogel interessiert hat, deshalb war das nach vielen Jahren mein erster Versuch, Vögel auf meinen Balkon zu locken.
Das ist jetzt also mein neues Küchenkino, und ich betrete meine Küche nun schon reflexartig mit ganz langsamen Bewegungen, um niemanden auf dem Balkon zu erschrecken. Von mir aus kann die Corona-Welle draußen toben, mir wird es daheim ganz bestimmt nicht langweilig.
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