Montag, 16. März 2020

Pandemie, Politik, Propaganda und Panik - was mir zum Coronavirus einfällt

Mein Gewicht heute morgen zu Beginn des ersten Fastentags der Woche: 102,8 Kilogramm, das ist so lala. Am Freitag ist mein dritter Intervallfasten-Jahrestag und ich hatte eigentlich noch im Januar darauf gehofft, zu diesem Termin den Uhu dauerhaft bei mir zu haben. Das ist leider nichts geworden. Weil ich die Sache aber wenigstens ein bißchen beschleunigen und an meinem Jubiläumstag eine schöne Zahl sehen will, die mit einer 9 anfängt und mit einer 7 vor dem Komma aufhört, habe ich mich entschieden, diese Woche wieder zweimal zwei Fastentage einzulegen.

Trotzdem bin ich eigentlich nicht unzufrieden mit meiner Entwicklung, weil die körperlichen Veränderungen weitergehen und ich dadurch sehe, daß ungeachtet der Hartnäckigkeit, mit der meine Waage mir höhere Zahlen zeigt, als ich sie eigentlich sehen möchte, alles weiterhin in die richtige Richtung läuft. Gestern beim Abendessen sagte mein Mann ganz unerwartet zu mir, mein Gesicht sei so viel schmäler geworden, wenn er nicht wüßte, warum, würde er anfangen, sich um meine Gesundheit Sorgen zu machen. Schon vor einer Weile hat er mir außerdem bestätigt, daß auch mein berüchtigtes Schnarchen nachgelassen habe.

Darauf wartete ich schon seit geraumer Zeit! Noch vor ca. einem Jahr sagte er mir, als ich ihn mal direkt danach fragte, alles sei so wie immer. Aber das scheint sich im Lauf der letzten zwölf Monate geändert zu haben. Er könne nicht einmal sagen, ob das plötzlich oder schleichend gekommen sei, aber jedenfalls sei ich des Nachts jetzt merklich weniger geräuschvoll.

Ansonsten habe ich viel Arbeit, was in Zeiten, in denen man möglichst daheim bleiben sollte, um sich nicht am kollektiven Virenschleudern zu beteiligen, nicht die schlechteste Sache ist.

COVID-19 zeigt mal wieder deutlich, wie rasch es gehen kann von der vermeintlichen Normalität zum Ausnahmezustand, und wer weiß, ob es sich nicht irgendwann als Glücksfall herausstellen wird, daß dies mit einer Krankheit geschehen ist, bei der die Sterblichkeit - bei aller Dramatik, die sich entwickelt, wenn die Zahl der Krankheitsfälle wie in Italien die medizinischen Kapazitäten zu sprengen beginnt und dies dann zu weiteren, eigentlich vermeidbaren Todesfällen führt - vergleichsweise gering ausfällt. Man stelle sich nur vor, die Ebola-Epidemie vor einigen Jahren mit ihrer Sterblichkeit von um die 70 % hätte sich aus ihren afrikanischen Ursprüngen heraus zu einer Pandemie entwickelt.

Ich bin eigentlich ganz optimistisch, daß die jetzt in Deutschland getroffenen Maßnahmen sich als recht wirkungsvoll erweisen werden. Im internationalen Vergleich gehört Deutschland zwar zu den Ländern mit den meisten gemeldeten Infizierten, aber die Anzahl der Todesfälle wie auch die Anzahl der Patienten in bedenklichem Zustand liegt wesentlich niedriger als in vergleichbar stark betroffenen Ländern, das scheint mir darauf hinzudeuten, daß im Umgang mit der Krankheit vieles richtiger als anderswo gemacht wurde. Es ist ja immer einfach, die Politik zu kritisieren, nachdem eine Situation einmal eingetroffen ist, die man auch selbst nicht kommen sehen hatte. Aber wer hätte Maßnahmen wie Schulschließungen akzeptiert, als die Zahl der Infektionen noch gering war?

Daß sich im Lauf der Zeit dennoch die meisten von uns anstecken werden, macht eine Verzögerung noch lange nicht nutzlos. Zeit gewinnen hilft zum einen, die ernsteren Krankheitsverläufe angemessen behandeln zu können, weil sie nicht alle auf einmal kommen, gibt aber auch Zeit, die Behandlung zu verbessern und neue Medikamente zu entwickeln. Und irgendwann wird es natürlich auch einen Impfstoff geben.

Großbritannien hätte sich ja um ein Haar entschieden, sich die Infektionsvermeidung, wie sie sonst überall in Europa das Ziel ist, ganz zu sparen, in der Annahme, daß es besser sei, die Sache rasch hinter sich zu bringen und anschließend "Herdenimmunität" erreicht zu haben. Ein britischer Statistiker schriebe dazu gestern, am 15.3., einen interessanten Blogartikel. Basierend auf den offiziellen Infektionszahlen von gestern (1372 Infizierte in UK) ging er von 10.000 Infizierten bis zum 23.3. aus, 100.000 bis zum Ende des Monats März, einer Million bis zum 9.4., 10 Millionen bis zum 18.4. und bis zum 24.4. wäre die gesamte Bevölkerung, 66 Millionen, infiziert.

Wenn man annimmt, daß nach der Wiedergenesung Immunität gegen das Virus besteht, hätte Großbritannien die Epidemie also wohl spätestens Ende Mai überstanden, aber um den Preis einer sehr hohen Zahl von Todesfällen in sehr kurzer Zeit. Je Million Infizierte bedeutet auch eine Sterblichkeit von scheinbar niedrigen 1 % 10.000 Tote, und das mal 66. Hinzu kommt aber außerdem, daß die Behandlung der schwer Erkrankten in einem Zeitraum von gerade mal fünf bis sechs Wochen das Gesundheitssystem so überlasten würde, daß die Sterblichkeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sehr viel höher als 1 % liegen würde. In Italien, wo genau das geschehen ist, liegt die Sterblichkeit am Virus nach aktuellem Stand bei über 6 %.

Nur zum Vergleich: In einem "normalen" Jahr liegt die Anzahl der Todesfälle in UK bei etwas über 600.000, und auch wenn ein Teil der COVID-19-Toten auch ohne das Virus wenig später an ihren Vorerkrankungen gestorben wäre, darf man davon ausgehen, daß die "Augen zu und durch"-Methode, mit der die britische Regierung dem Virus beizukommen hoffte, nur mit viel Glück lediglich zu einer Verdoppelung dieser Zahl im laufenden Jahr geführt hätte, mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit aber zu einer Vervielfachung. Was genau die Gründe waren, warum die Regierung Boris Johnson dies vorübergehend für ein geringeres Übel hielt, ist mir nicht bekannt. Jedenfalls hat sie ihre Meinung inzwischen geändert und bemüht sich nun, wie andere Länder auch, um eine Verlangsamung der Infektionsgeschwindigkeit.

Merkwürdig und sogar ein bißchen kläglich fand ich die Reaktion der Weltgesundheitsorganisation. Alle möglichen nicht übertragbaren Leiden hat sie in der Vergangenheit bereits gewohnheitsmäßig als "global epidemic" bezeichnet, etwa Rauchen und Übergewicht, was dann zwar nicht von ihr selbst, aber in Fachpublikationen durchaus gerne als "pandemic" übersetzt wurde, womit die Begriffszusammensetzung einer "globalen Epidemie" auch völlig korrekt umschrieben ist. Ehrlicherweise hätte man beide Begrifflichkeiten aber nie dafür verwenden dürfen; sie sind als reine Propagandvokabeln zu werten, als Marketingbegriffe, die wohl vor allem Dringlichkeit suggerieren und den Weg zu drastischen Bekämpfungsmaßnahmen ebnen sollten. Was eine wirkliche Pandemie ist, können wir aber jetzt gerade live verfolgen: eine ansteckende Krankheit, die sich in hoher Geschwindigkeit weltweit verbreitet ... und wir stehen dabei immer noch ziemlich am Anfang, vor allem, was unser Wissen über die Anzahl der Infektionen betrifft. Denn eine niedrige Infiziertenzahl, wie sie etwa aus Ländern wie Rußland oder UK bekannt ist, bedeutet nicht unbedingt eine tatsächlich niedrige Zahl von Infizierten. Vielleicht wird zu wenig getestet, oder vielleicht wählt man auch die zu Testenden nach falschen Kriterien aus. Bevor die ersten Krankheitszeichen einsetzen, läuft jeder nicht Getestete, der infiziert ist, noch über eine Woche lang herum und steckt andere Leute an.

Gerade in diesem Fall ließ sich die WHO aber erstaunlich viel Zeit, bevor sie sich dazu entschließen konnte, die weltweite Ausbreitung von COVID-19 als das zu bezeichnen, was es tatsächlich ist: eine Pandemie. Wie kann es sein, daß die Weltgesundheitsorganisation sich erst am 11. März dazu durchringen konnte, als bereits 114 Länder betroffen waren? Schon Wochen vorher war bereits abzusehen, daß dieser Geist nicht mehr in die Flasche zurückzubekommen war. Im Grunde schon, als in Südkorea ab Mitte Februar die Zahlen unkontrollierbar nach oben schnellten, spätestens aber, als wenige Tage später im Iran und Italien dieselbe Entwicklung zu verzeichnen war. Wer hätte zu jenem Zeitpunkt denn immer noch im Ernst daran glauben können, diese Infektionen ließen sich auf die vier hauptbetroffenen Länder begrenzen?

Die WHO, habe ich den Eindruck, ist so verstrickt in all die Aktivitäten, die mit ihrem Kampf gegen das Rauchen und "falsche" Ernährung verbunden sind und die mehr mit Marketing als mit Medizin zu tun haben, daß sie eine echte weltweite medizinische Krise erst erkennt, wenn sie von ihr in die Nase gebissen wird. Das wirft für mich Fragen auf, denn eigentlich hätte sie spätestens aus dem Ebola-Ausbruch vor ein paar Jahren (2015, wenn mich nicht alles täuscht), bei dem die WHO ebenfalls gar nicht gut aussah, sich an die Ausarbeitung von Notfallplänen machen müssen, wenn sie über so etwas wie Selbsterhaltungstrieb verfügen würde. Ich erinnere mich noch, daß Frau Chan, während in Afrika gerade Kranke wie die Fliegen starben, ausgerechnet nach Rußland reiste, um Putin, der gerade in der Ukraine einen verdeckten Krieg führte, aber andererseits zum Entzücken der WHO in Rußland Rauchverbote verhängt hatte, in einen gewissen Körperteil zu kriechen.

Ein weiteres makaberes "Highlight" war die Rüge, die die Weltgesundheitsorganisation Syriens Machthaber Assad 2016 erteilte, aber  nicht etwa, weil er Aleppo gerade in einen Trümmerhaufen bombte und seine Bevölkerung in hellen Scharen aus dem Land floh, sondern weil ihr seine Tabakbekämpfungsmaßnahmen nicht ausreichten. Egal, für wie dringend man den Kampf gegen das Rauchen hält: Den Syrern drohten in jenem Jahr weiß Gott akutere Gesundheitsgefahren als ausgerechnet diese; fast eine halbe Million von ihnen waren im Bürgerkrieg schon zu Tode gekommen, und zwar in ihrer deutlichen Mehrheit durch die Aktivitäten genau desselben Mannes, der nach Meinung der WHO seiner Bevölkerung im Grunde nichts weiter als einen energischeren Kampf gegen das Rauchen schuldete. 

Wer setzt in dieser Organisation eigentlich die Prioritäten und nach welchen Kriterien? Hat man sich dort schon so daran gewöhnt, die eigenen Verlautbarungen für die einzig wichtige Realität zu halten, daß man die "echte" Realität nicht mehr so richtig wahrnimmt, solange niemand einen dazu zwingt?

Daß Marketing und Propaganda bei COVID-19 wirkungslose Instrumente sind, sobald die Gefahr aus den Medienberichten in den Krankenhäusern und bei eigenen Freunden, Kollegen und Nachbarn angekommen ist, sieht man aber am besten an den USA, für deren Politelite wie auch für das Wirtschafts- und vor allem das Gesundheitssystem diese Krankheit demnächst zu einer Stunde der Wahrheit werden wird, und es ist unwahrscheinlich, daß sie diese Herausforderung gut genug bestehen werden, um unverändert bestehenzubleiben. In den USA wurde viel zu lange möglichst wenig getestet, weil es der Politik vor allem auf die Zahlen ankam ... ohne zu begreifen, daß dies mit weitaus schlimmeren Zahlen als nötig in wenigen Wochen erkauft wurde. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ist in den USA keine Selbstverständlichkeit, ebensowenig wie eine Krankenversicherung vor allem bei Niedriglohnbeschäftigten. Hinzu kommt der hohe Bevölkerungsanteil an bereits in China als Risikogruppen Erkannten: Herzkranken, Diabetikern, an Bluthochdruck Leidenden und Krebskranken. Die USA steuern gerade auf eine Situation zu, wie sie dieses Land seit der spanischen Grippe vor hundert Jahren nicht mehr erlebt hat, und es ist zu befürchten, daß ihre Bevölkerung schlimmeren Schaden nehmen wird als die so manches Drittweltlands, denn die letzteren können zumindest auf den Vorteil weniger schwerer Krankheitsverläufe durch eine junge Bevölkerung hoffen.

Ich habe absichtlich von der "Politelite" geschrieben, nicht nur von Donald Trump. Denn daß die Präsidentschaft dieser unsäglichen Gestalt nun schon über drei Jahre andauert, geht auf das Konto der beiden großen politischen Lager, und zwar der Demokraten nicht allzu viel weniger als der Republikaner, für die Trump 2016 angetreten ist. Die Unfähigkeit und Unwilligkeit gerade der Demokraten zu einer ernsten Gewissenserforschung, was sie selbst dazu beigetragen haben, daß jemand wie Trump überhaupt mehrheitsfähig wurde, zeigte sich ja während der gesamten letzten mehr als drei Jahre, zuletzt auch in den Vorwahlen. Die Republikaner wiederum haben viel mehr Angst davor, politische Macht an die Demokraten zu verlieren, als vor den Folgen der Regierung Trump, und zwar innen- wie außenpolitisch.

Heute in einem Jahr wird Trumps Präidentschaft Geschichte sein, das ist aber nur ein kleiner Trost. Noch vor ein paar Wochen glaubte ich, daß Donald Trump die Wiederwahl schaffen könnte; jetzt bin ich mir völlig sicher, daß COVID-19 ihn im Herbst aus dem Amt fegen wird. 

Gemessen an all diesen Fehlleistungen bin ich geneigt, den deutschen Verantwortlichen, von Bundeskanzlerin über den Gesundheitsminister bis zu Behörden, etwaige Fehleinschätzungen aus den letzten Wochen zu verzeihen. Wie gesagt, wenn man die deutschen Zahlen mit denen anderer Länder vergleicht, scheint hierzulande um einiges weniger falsch entschieden worden zu sein als anderswo.

Was mich persönlich betrifft: Ob mit oder ohne Uhu, ich bin in der glücklichen Lage, keiner Risikogruppe anzugehören (unter anderem dank Intervallfasten, das mich wahrscheinlich vor Diabetes bewahrt hat), und fühle mich auf diese Weise ziemlich sicher, auch im Fall einer etwaigen eigenen Ansteckung. An die Ermahnungen, vermeidbare Sozialkontakte zu vermeiden, halte ich mich vor allem, um die Krankheit keinesfalls versehentlich weiterzureichen.

Bleibt gesund! Verhaltet euch so, daß ihr im anderen Fall möglichst nicht andere Leute anstecken könnt! Kauft mir nicht das ganze Klopapier weg. Aber vor allem: Keine Panik! ;)






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