Samstag, 23. März 2019

Intervallfasten: maßgeschneidert oder von der Stange?

Wahrscheinlich liegt es an mir: Ich schaffe es irgendwie selten, mit einem vorgegebenen Schema zurechtzukommen und muß mir ständig irgendetwas eigenes basteln, das zwar so ähnlich ist wie die Vorlage, die ich verwenden könnte, aber eben doch in manchen Punkten anders. Ob Haushaltsbuch, Software für die Steuererklärung oder Kochrezepte: Meistens komme ich mit dem, was ich nur nachmachen oder ausfüllen müßte, nicht befriedigend zurecht, sondern verändere daran alles mögliche in einem eigenen Modell. So ging es mir auch beim Intervallfasten. Keines der populären Modelle, die bekanntesten das 16:8- und das 5:2-Modell, sagte mir vollständig zu, also entschied ich mich für eine individuelle Variante.

Manchmal habe ich den Eindruck, den meisten, die diesen Trend mitmachen, ist gar nicht klar, daß man das kann, so ausschließlich wird Intervallfasten oft mit diesen beiden Modellen gleichgesetzt, denen irgendwer mal einen bestimmten Namen gegeben hat. Das einzige, was man beim Intervallfasten aber wirklich beachten muß, wenn es zu einer Gewichtsabnahme führen soll, ist ein Minimum von ca. 16 Stunden. Es können aber statt 16 auch 17 oder 19 1/2 sein oder am einen Tag 16 und am anderen 20, je nachdem, was gerade besser passt. Man muß sein Leben nicht um einen vorgegebenen Fastenrhythmus herumplanen, sondern kann umgekehrt ihn an sein Leben anpassen.

Anfangs, vor zwei Jahren, sah mein Fastenrhythmus folgendermaßen aus: dreimal in der Woche 18 Stunden fasten und sechs essen, und zwar im wöchentlichen Wechsel mit dreimal in der Woche 21 Stunden fasten und drei Stunden essen.

Warum das? Weil ich anfangs mit niemandem, und schon gar nicht meinem Mann, über das sprechen wollte, was ich machte, und mein Mann arbeitet in Wechselschicht. Wenn er Frühschicht hatte, fastete ich bis 15 Uhr, der Uhrzeit, zu der wir anschließend zusammen Kaffee tranken. Aber eigentlich fand ich die 18 Stunden gefühlt ein bißchen zu wenig, also fastete ich in seinen Spätschichtwochen drei Stunden länger, bis 18 Uhr. In seiner Anwesenheit benahm ich mich aber genauso wie sonst auch, das heißt auch, ich aß alles, was ich sonst auch gegessen hatte. Auf diese Weise stellte mir niemand Fragen, auf die ich keine Antwort geben wollte.

Eigentlich rechnete ich damals auch damit, daß dies meinen Erfolg um das eine oder andere Kilogramm schmälern würde; das nahm ich in Kauf, weil es mir die Sache wert war. Diäten sind nun einmal ziemliche Beziehungstöter. Womit ich ganz sicher nicht gerechnet hatte, war eine Gewichtsabnahme von sage und schreibe 20 Kilogramm in 6 Monaten und 2 Wochen mit einem solchen "Schmalspur-Fasten". Die ersten zehn Kilos hatte ich dabei schon nach unglaublichen 6 Wochen herunter.

Als ich zwanzig Kilo abgenommen hatte, fühlte ich mich meiner Sache endlich sicher genug, um auch meinen Mann einzuweihen. Kurze Zeit später bedauerte ich das schon wieder, denn es war, als hätte ich wie im Märchen schweigen müssen, damit der Zauber weiter wirkt: Kaum hatte ich ihm die Sache erzählt, kam meine Gewichtsabnahme ins Stocken und einen Monat später hatte ich sogar den Eindruck, daß es wieder nach oben ging. (Das ist nämlich gar nicht so einfach zu sagen, weil die Gewichtsschwankungen von einem Tag auf den nächsten alle möglichen Gründe haben können, die gar nichts mit dem zu tun haben, worum es beim Abnehmen geht.)

Das ist auch einer der Gründe, warum ich am ersten Jahrestag des Intervallfastens kaum besser dastand als nach einem halben Jahr: minus 22,6 Kilogramm. Aber zu diesem Zeitpunkt hatte ich die Winter-Durststrecke bereits wieder überwunden.

Keine Ahnung, ob das anderen ebenso geht: Im Winter nehme ich generell langsamer ab und bei Unterbrechungen rascher wieder zu, das habe ich nach zwei Wintern jetzt gelernt und nehme es nicht mehr tragisch. Im Frühjahr und Sommer kann ich dagegen problemlos für Urlaub und ähnliches das Fasten einfach unterbrechen, ohne dabei zuzunehmen, ich hatte dies während meines ersten halben Jahres auch mehrere Male ohne irgendwelche Folgen getan, einmal sogar vier Wochen lang. Im ersten Winter nach Beginn des Intervallfastens ahnte ich zunächst aber noch nicht, daß das diesmal nicht funktionieren würde, und nahm mir fröhlich und ahnungslos über Weihnachten eine dreiwöchige Auszeit. Das katapultierte mich prompt von 126 Kilogramm vor Weihnachten auf fast 129 am 9. Januar, und es dauerte bis zum Februar, bis ich wieder mein Vor-Weihnachts-Gewicht hatte. Im zweiten Winter war ich schlauer und nahm mir nur an den Feiertagen selbst "fastenfrei"; als die Feiertagssaison wieder vorbei war, lag mein Gewicht nur 1,3 Kilogramm höher als vor Weihnachten, und innerhalb von zwei Wochen unterbot ich mein Vor-Weihnachts-Gewicht.

In jenem ersten Winter trieb es mich natürlich ziemlich um, daß die Herrlichkeit möglicherweise schon wieder vorbei sein könnte, und ich begann zu recherchieren. Dabei entdeckte ich die Insulin-Theorie, der ich seitdem beim Fasten folge, und fand außerdem heraus, daß mein Fastenrhythmus nach dieser Theorie vergleichsweise ineffizient war. Also änderte ich ihn, und dafür war ich dann doch wieder froh, daß mein Mann inzwischen eingeweiht war, denn was ich nun vorhatte, konnte ich vor ihm nicht mehr verheimlichen. Übrigens habe ich seitdem auch keinerlei Klagen über mangelnde Unterstützung von seiner Seite vorzubringen.

Schon Ende November 2017 fing ich an, 36stündige Fastenintervalle auszuprobieren, aber letztlich dauerte es bis Anfang März 2018, bis ich meinen heutigen Fastenrhythmus regelmäßig umzusetzen begann: wieder im wöchentlichen Wechsel jeweils zwei (Dienstag und Donnerstag) bzw. drei Tage (Montag, Mittwoch und Freitag), aber nun aß ich dann jeweils den ganzen Tag nichts. Über das Wochenende esse ich immer drei Tage normal, entweder von Freitag bis Sonntag oder von Samstag bis Montag.

Das Gewicht am Morgen des ersten Fastentags einer Woche, also im Wechsel Montag oder Dienstag, ist das Gewicht, das für mich maßgeblich ist. Am Tag meines ersten Blogbeitrags am Dienstag, 19.3., wog ich 110,4 Kilogramm. Einen Tag später, nach dem Fasten, waren es 108,6. Das ist eine unterdurchschnittliche Abnahme, aber noch im typischen Bereich nach 36 Stunden Fasten. Im Durchschnitt habe ich nach einem Fastentag eine Differenz von zwischen 2 und 2,5 Kilogramm zum Morgen davor. (Die geringste Abnahme, die ich bislang nach einem Fastentag verzeichnet habe, lag einmal im Hochsommer bei ca. 1 Kilogramm, die höchste bei 3.)

Das meiste von dieser Abnahme ist allerdings nur Wasser. Einen Tag später habe ich einen Teil davon schon wieder zugenommen. Am zweiten Fastentag einer Woche nehme ich oft etwas weniger ab als am ersten; das liegt daran, daß mein Wasserhaushalt sich am Tag dazwischen nur teilweise ausgeglichen hat und ich deshalb beim Fasten weniger Wasser verliere. Nach dem Wochenende und drei Tagen ohne Fasten kann ich aber davon ausgehen, daß mein Wasserhaushalt sich wieder in etwa eingependelt hat. Deshalb orientiere ich mich an dem Gewicht, das ich nach dem Wochenende habe, weil es am realistischsten wiedergibt, wo ich gerade stehe.

Wenn ich meine Gewichtsabnahme zwischen März letzten Jahres und heute nehme und durch die Anzahl der Fastentage im letzten Jahr dividiere, komme ich bei 145 Gramm "echter" Gewichtsabnahme pro Fastentag als Durchschnitt heraus. Darin mit eingeschlossen sind auch alle etwaigen Wiederzunahmen an den Nicht-Fastentagen. Ich finde, das ist ein ganz ordentlicher Wert, zumal wenn man bedenkt, daß ich mir außerhalb der Fastentage beim Essen keinerlei Beschränkungen auferlege. Das hatte ich, siehe oben, so angefangen, um allen Diskussionen aus dem Weg zu gehen. Da es aber einer eindrucksvollen Gewichtsabnahme nicht im Wege stand und mich immer noch nicht am Abnehmen hindert, habe ich es beibehalten.

(Nachtrag: Die bei seinen Patienten zu erwartende durchschnittliche Gewichtsabnahme pro Fastentag, die aber zusätzlich zum Fasten auch einer kohlenhydratreduzierten Ernährung folgen, gibt Dr. Fung (siehe dieser Beitrag) in diesem kurzen Erklärvideo mit "half a pound of fat" an, das entspricht zwischen 220 und 230 Gramm am Tag. Auch daran gemessen finde ich meine 145 Gramm, zwischen 60 und 70 % des Erfolgs durch ein optimiertes "Maximalprogramms", gar nicht so übel.)

Natürlich hat das Gewicht nach einem Fastentag aber einen, wie soll ich sagen, höheren Gefühlswert, vor allem, wenn ich einen neuen Niedrigstwert erreicht habe. Bislang lag mein niedrigstes Gewicht bei exakt 108,0 Kilogramm, allerdings war das eine Folge einer Magen-Darm-Infektion Ende Februar, die mich nicht nur mehrere Tage lang außer Gefecht setzte, sondern unter anderem auch dafür sorgte, daß ich einen quasi vollständig restentleerten Magen-Darm-Trakt aufwies, was natürlich auch einen Einfluß auf das Gewicht hat; ich schätze, es macht ungefähr ein Kilogramm hin oder her aus. Nachdem ich wieder genesen war, stieg mein Gewicht tagelang unverhältnismäßig, was aber nur daran lag, daß sich mein Verdauungstrakt wieder füllte. Nun scheint es endlich wieder normal zu laufen, aber darauf, daß ich die 108,0 endlich wieder erreiche oder unterschreite, habe ich diese Woche vergeblich gewartet. Vielleicht klappt es ja nächste Woche.





Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen