Freitag, 12. August 2022

Fuck Science - es lebe meine persönliche Anekdote!

Die Waage verkündete mir heute morgen, nach dem zweiten von zwei nicht aufeinanderfolgenden Fastentagen der Woche, ein nicht erwartetes, aber sehr willkommenes Gewicht: 84,8 Kilogramm. Damit bin ich zum ersten Mal außerhalb eines langen Fastenintervalls südlich des Adipositas-Äquators (hier der BMI bei einem Gewicht von 85 kg): 

 

Spätestens nach der nächsten Low-Carb-Phase, also noch vor Jahresende, werde ich mich dauerhaft außerhalb des Adipositas-Bereichs befinden. Daß mir das in diesem Leben noch gelingen könnte, hätte ich mir 2017, als ich mit einem BMI von 51,5 mit dem Intervallfasten begonnen habe, in meinen kühnsten Träumen nicht auszumalen gewagt. Inzwischen ist dieser Punkt schon zum Greifen nahe.

Ich sollte mich also gar nicht mehr über diese Pappnasen von der WHO aufregen, denn sie kann mir - jedenfalls in diesem Bereich - mit ihrer Märchenstunde über Adipositas ja nicht mehr schaden. Sie regen mich trotzdem auf, erstens, weil ihre Propaganda ja von meinen Steuergeldern mitbezahlt wird, und zweitens, weil ich überzeugt davon bin, daß sie in keinem Bereich vertrauenswürdiger als in diesem ist, was drittens bedeutet, daß ein Vielfaches der Toten auf ihr Konto geht, als sie es der Tabakindustrie so gerne zuschreiben. Ich würde der WHO echt keine Träne nachweinen, falls sie abgeschafft würde, was aber leider nicht zu erhoffen ist.

Hier der Grund für meinen Ärger:

The fundamental cause of obesity and overweight is an energy imbalance between calories consumed and calories expended. 

...

Overweight and obesity, as well as their related noncommunicable diseases, are largely preventable. Supportive environments and communities are fundamental in shaping people’s choices, by making the choice of healthier foods and regular physical activity the easiest choice (the choice that is the most accessible, available and affordable), and therefore preventing overweight and obesity.

...

The food industry can play a significant role in promoting healthy diets by:

  • reducing the fat, sugar and salt content of processed foods;
  • ensuring that healthy and nutritious choices are available and affordable to all consumers;
  • restricting marketing of foods high in sugars, salt and fats, especially those foods aimed at children and teenagers; and
  • ensuring the availability of healthy food choices and supporting regular physical activity practice in the workplace.

Die WHO-Position ist sozusagen die Adipositas-für-Unterbelichtete-Herangehensweise, die eisern ignoriert, daß genau diese Lösungsvorschläge schon seit fünfzig Jahren angewandt werden und "Mehr vom Gleichen" kaum jetzt auf einmal funktionieren wird, wenn es dies ein halbes Jahrhundert lang nicht getan hat. Sie wird vertreten von der großen Masse der Wissenschaftler, Ärzte und Abnehmenden sowie leider Gottes auch von der deutlichen Mehrheit der "Multiplikatoren" ihrer Weisheiten, nämlich Journalisten, Fernseh-Größen wie Bill Maher oder Influencern.

Das besonders Schreckliche ist, daß auch in der vergleichsweise kleinen Minderheit derjenigen, die gemerkt haben, daß es sinnlos ist, wie eine Stubenfliege wieder und wieder gegen dieselbe Stelle des geschlossenen Fensters anzufliegen, ein fundamentaler Irrtum, dem nahezu jeder zu erliegen scheint, Fortschritte mit echtem Durchbruchscharakter verhindert: Die Annahme, es müsse doch eine einzige Lösung geben, die bei jedem, jederzeit und für immer funktioniert. 

Alle angebotenen Alternativerklärungen zur WHO-Position kranken an dieser Fehlannahme:

  • Diejenige, die Adipositas als unverschuldete chronische Krankheit betrachtet
  • Diejenige, die der pösen Lebensmittelindustrie die Alleinschuld in die Schuhe schiebt
  • Innerhalb beider Gruppen diejenigen, die irgendeinen Nahrungsmittelbestandteil als suchterzeugend betrachten
  • Die Fat-Acceptance-Bewegung, deren Position voraussetzt, daß "Widerstand zwecklos" ist und man sich dann wenigstens in seinem eigenen Körper wohlfühlen dürfen sollte
  • Die Magenzerschnipsler, deren Kosten-Nutzen-Rechnung im Vergleich zur WHO-Methodik zwar sehr wohl aufgeht, deren Langzeiterfolge aber keineswegs so viel besser als die von Low Carb sind, um die Langzeitnebenwirkungen rechtfertigen zu können
  • Die Pillenschluck-Begeisterten, die sich teils in direkter Konkurrenz zu den Schnipslern sehen, deren Methode den Pferdefuß hat, daß sie lebenslängliche Medikation bedeutet, weil mit dem Ende der Medikamenteneinnahme sofort die Wiederzunahme im Jojo-Maßstab einsetzt ... was sie natürlich zur Lieblingsmethode der Pharmaindustrie macht
  • Und leider auch die Low-Carb- und die Intervallfasten-Communitys, die immerhin zahlreiche erfolgreiche Abnahmen zu verzeichnen haben, allerdings für die in einer Langzeitperspektive zu erwartenden Plateaus keine überzeugenden Erklärungen haben und denen nach dem Ende der meist erfolgreichen Anfangsphase zunehmend die motivierten Anwender wegbröckeln

In Wirklichkeit haben alle in Teilbereichen recht. Unrecht haben sie, wenn sie ihre Beobachtungen und Begründungen absolut setzen und die der "Konkurrenz" als, nun ja, eben Konkurrenz bekämpfen, statt sich vielleicht einmal zusammenzusetzen und zuzugeben, in welchen Bereichen die Pferdefüße der eigenen vertretenen Position liegen, um herauszufinden, ob man vielleicht weiterkommt, wenn man alle Theorien innerhalb eines Gesamtbilds als Teillösung unterzubringen versucht, die ja vielleicht in Kombination mit irgendwas von den anderen noch besser klappt.

Es ärgert mich, daß die Leute, um die es eigentlich gehen sollten, für eine solche Herangehensweise ein weiteres Mal als zu unwichtig erachtet werden, weil es offenbar mal wieder nur darum geht, recht behalten zu können und - Vorsicht, Unterstellung - eines Tages reich und berühmt dadurch zu werden.

Besonders erbost es mich, wenn dies mit irgendwelchen Studien begründet wird. Es ist offensichtlich, daß die "Verfechter der Wissenschaft" überwiegend Teil des Problems sind und zu einer Lösung der Adipositas-Krise gar nichts beitragen können und das noch nicht einmal ernsthaft zu wollen scheinen. Die Wissenschaft interessiert sich gar nicht für den einzelnen Abnehmenden und das, was bei ihm wirken würde, sondern nur für die Ergebnisse, die für alle Teilnehmer ihrer Studien im Durchschnitt herausgekommen sind. Diese Durchschnittswerte wären aber nur dann von Interesse für den einzelnen Abnehmenden, wenn die daraus gewonnenen Erkenntnisse in den letzten paar Jahrzehnten zur Entwicklung funktionierender praktischer Anwendungen geführt hätte. ("Funktionierend" hier definiert als: Der Patient nimmt bis zu dem gewünschten, idealerweise im Normalgewichtsbereich liegenden Gewicht ab und kann dieses Gewicht im Anschluß halten.) Das war aber nie und nirgends der Fall, weder bei den Arbeiten, die auf der Kalorienlogik basierten, noch bei denen, die auf alternativen Ansätzen basierten. Allerdings gibt es erkennbar erfolgreichere und weniger erfolgreiche Methoden. 

Eine der erfolgreicheren Methoden neben Intervallfasten ist Low Carb, das macht es hochgradig ärgerlich, wie die Auseinandersetzungen zwischen ihren Verfechtern und Gegnern ablaufen. Denn das "Carbohydrate Insulin Model" von Dr. David Ludwig ist definitiv ein Schritt in die richtige Richtung; es benennt die Fehler in den üblichen Annahmen korrekt, und die angebotene Lösung ist überhaupt nicht als Endpunkt gedacht, sondern der Punkt, von dem aus man weitersuchen könnte.

Welche Fehler auch immer dieses Modell enthalten mag, der destruktive Ansatz, den etwa die Wissenschaftsjournalistin Tamar Haspel verfolgt, um es zu "widerlegen", ist ein Negativbeispiel für das, was ich kritisiere: Für die einzelnen Menschen, die - oft in Verzweiflung - mit ihrem Körpergewicht kämpfen, ist das, was Frau Haspel macht, eindeutig schädlich. Es läßt viele von ihnen davor zurückschrecken, eine Gewichtsabnahme auf Basis dieses Modells auch nur zu versuchen. Und auch dann, wenn es nicht bei jedem funktionieren würde - wovon ich ausgehe - und wenn die Mehrheit derer, bei denen es funktioniert, nicht ihr Gewichtsziel erreichen sollte, hat Frau Haspel die Gesundheit und die Lebensqualität derer, bei denen es besser als andere Methoden funktioniert hätte, mit auf dem Gewissen. 

Dr. Ludwigs Annahmen sind mindestens ergänzungsbedürftig. Aber wenn Frau Haspel glaubt, daß sie diese von ihr seinem Modell entnommene Annahme hier

"1. You will burn more calories with a low-carb diet, compared to a regular-carb diet with the same number of calories."

sauber wissenschaftlich widerlegt hätte, so muß ich dem entgegenhalten, daß ich letzten Herbst ja wirklich in den acht Wochen Low Carb mehr Kalorien als in den vier Wochen davor zu mir genommen hatte und sich dennoch meine Abnahme in diesen acht Wochen beschleunigt hat. Das, was Frau Haspel widerlegt zu haben glaubt, wäre eigentlich schon die plausibelste Erklärung dafür.

Es interessiert bloß niemanden, am wenigsten natürlich Frau Haspel. Ist ja nur eine "Anekdote".

Die traurige Wahrheit lautet: Für uns interessiert sich die Wissenschaft in Wirklichkeit gar nicht. Sie interessiert sich nur für die Nachkommastelle in ihren Studien, der wir am ähnlichsten sind. Mich interessiert dieses Daten-Paralleluniversum aber viel weniger als die Zahl, die mir von meiner Waage angezeigt wird. Auf mich als Einzelperson bezogen, hat im Zweifelsfall meine Waage recht und die Studie, mit der Frau Haspel mir vor dem Gesicht herumwedelt, hat halt unrecht, wenn ihr zufolge meine Waage etwas anderes anzeigen müßte.

Ich habe es schon wiederholt geschrieben: Ich glaube fest an Ursachen und Wirkungen. Das heißt aber noch lange nicht, daß ich an Studien auch glauben muß. Oder an Wissenschaft. Jedenfalls dann nicht, wenn ich Wirkungen bei mir beobachte, deren Ursachen durch die Studien nicht erklärt werden können. 

Nächstes Jahr gedenke ich mein Zielgewicht von 73,5 Kilogramm zu erreichen, und zwar weiterhin mit einer von der Wissenschaft nicht gedeckten Methode, basierend auf einer Theorie, die ich im Laufe der letzten drei Jahren mehrfach modifiziert habe, die aber deshalb noch lange nicht richtig sein muß. Darauf kommt es mir aber gar nicht an - mir geht es ausschließlich darum, daß die Wirkung so ist, wie ich sie haben will. 

In diesem Sinne: Fuck Science - es lebe meine persönliche Anekdote. 

***

Ich kaufe selten Wurst im Discounter, aber manchmal eben doch eine Leberwurst oder, speziell bei Aldi, diesen "Biergarten-Fleischkäse", den ich tatsächlich gut fand und deshalb immer mal wieder mitnahm. Jetzt habe ich aber im Lauf der letzten paar Wochen festgestellt, daß die Wespen - die ich auch diesen Sommer wieder füttere - weder die Leberwurst noch den Fleischkäse anrühren. Schinken nehmen sie weiterhin, auch wenn er abgepackt war, aber vor allem das Gerippe des Grillhähnchens vom letzten Samstag, das ich ihnen seitdem nach und nach verfüttert habe, hat sie vorbehaltslos begeistert. (Ein so perfekt abgenagtes Hähnchen gab es bei uns noch nie. Die Wespen haben wahrhaftig sogar kleinere Knochen komplett zerlegt.)

Mit der Wurst vom Discounter stimmt also etwas nicht. Keine Ahnung, was das sein mag, aber das ist neu - noch letztes Jahr habe ich bei Lidl manchmal ein kleines Portionspäckchen Wurst speziell für die Wespen gekauft, und sie mochten es. Vielleicht irgendein neuer Geschmacksverstärker oder ein neues Schutzmittel vor raschem Verderb? Oder wird uns neuerdings insgeheim Vegan-Zeugs untergejubelt? Wie auch immer und egal, ob Sie mich jetzt für verrückt halten (schließlich weiß ich schon seit Jahren, daß ich häufig ganz andere Dinge wichtig finde als andere Leute): Wespen lügen nicht. Wenn sie die Aldi-Wurst nicht für den Verzehr durch ihren Nachwuchs für geeignet halten, nehme ich bis zum Beweis des Gegenteils vorsichtshalber an, mir tut sie auch nicht so richtig gut. Also werde ich sie von nun an nicht mehr kaufen. 



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