Freitag, 26. August 2022

Denken wie ein Mühlenbach, aussehen wie ein Idiot und handeln wie ein Erdbeben

Mein Gewicht heute früh nach dem ersten viertägigen Fastenintervall nach dem Urlaub: 83,4 Kilogramm.

Oh ja, das enttäuscht mich. Ich war eigentlich bis zum letzten Tag des Urlaubs sicher gewesen, daß ich mit einem neuen Tiefstgewicht rechnen können sollte, da mein Gewichtsverlauf in den vier Wochen ohne lange Fastenintervalle so ausgesehen hatte: 


Tja, und dann wog ich am Montag - womit ich niemals gerechnet hätte - 89,1 Kilogramm. 1,3 Kilogramm mehr als am Sonntag. Ein völlig anderer Verlauf als an den Wochenenden davor. Ich kann wohl froh sein, daß ich am Ende des langen Fastenintervalls trotzdem exakt beim Ergebnis des letzten langen Fastenintervalls stand. - Na, meinetwegen. Neues Fastenintervall, neues Glück.

Aber eigentlich hatte ich vor dem Urlaub mit mehr als dem, was ich jetzt habe, ja gar nicht gerechnet, erst als mein Gewicht während des Urlaubs stabil unter 88 Kilo geblieben war, hatte ich zum Schluß nicht mehr damit gerechnet, daß da noch irgendwas schiefgehen könnte mit dem neuen Tiefstgewicht. Ich war mir völlig sicher, daß ich am Ende des Fastenintervalls die 82 sehen würde ... 

Am besten verbuche ich das unter "Die Waage erzählt nie die ganze Wahrheit"; ich hatte zwischendurch während des Urlaubs ja auch einen ebenfalls unerklärlichen Rutsch auf weniger als 85 Kilo nach einem einzelnen Fastentag. Irgendwann im Juni hatte ich schon einmal von einem langen Fastenintervall aufs Nächste einen Gewichtsrutsch von mehr als zwei Kilogramm, nachdem ich seit dem Ende meiner Frühlings-Low-Carb-Phase fast zwei Monate lang dauernd vor langen Fastenintervallen noch die 90 gesehen hatte - und seitdem, also ebenfalls zwei Monate lang, war mein Gewicht auch nicht mehr (mit Ausnahme dieses Montags) auf ein Gewicht von größer/gleich 89 gestiegen - allerdings auch vor dem Urlaub nicht mehr darunter. 

Irgendwas tut sich da in meinem Inneren, das ich von außen nicht so ganz durchschaue. Aber an der Entwicklung meiner Körperform merke ich schon, daß ich keinen Grund zur Panik habe.

Erfreulich finde ich etwa, daß ich die Veränderung auch diese Woche vor allem am Bauch spüre. Ich habe jetzt einen Bauchumfang von 95 cm. Leider habe ich die Veränderungen bei den Umfängen nicht regelmäßig erfaßt, obwohl ich immer mal wieder messe, aber meistens hat sich ja im Vergleich zum letzten Mal nicht allzuviel getan, und da kommt es mir albern vor, es aufzuschreiben. Vielleicht sollte ich mir da einen fixen Termin jedes halbe Jahr setzen?

Vor knapp zwölf Monaten waren es jedenfalls noch genau 100 cm, aber ich könnte schwören, daß diese fünf Zentimeter mir erst in den letzten Monaten verloren gegangen sind, weil ich diese fortschreitende Veränderung an meinen Kleidern merke. Im halben Jahr davor waren die deutlichsten Veränderungen an den Oberschenkeln und im Brustbereich. Ich sehe diesen Sommer auch richtig ausgeprägte Schlüsselbeine, wenn ich in den Spiegel schaue, das ist immer noch ziemlich ungewohnt für mich und verändert das Körperbild erstaunlich stark. An den Oberarmen habe ich das Gefühl, daß sie weniger schlaff geworden sind, also wurde da wohl einiges an Haut absorbiert, was auch nicht schadet. (Die Leute, die unbedingt möglichst nur Fettmasse verlieren wollen, wissen echt nicht, was sie sich wünschen ...)

***

Die Gaskrise treibt sonderbare Blüten, aber das liegt natürlich daran, daß wir ja auch ins Gas damals schon blindwütig gerannt sind, um mittelfristig den Atomstrom loswerden zu können, den uns wiederum die Ölkrise eingebrockt hatte, die eine ähnliche Erpressungstaktik der Opec war, wie sie jetzt Rußland mit dem Gas an uns testet. Wir machen uns, was Energie betrifft, schon seit Jahrzehnten unnötig stark von irgendwelchen Dritten und damit von deren Eigeninteressen abhängig. 

Ambrose Bierce definierte eine Notlage als den Zustand, der erfordere, daß man "denke wie ein Mühlenbach, aussehe wie ein Idiot und handle wie ein Erdbeben". Genau das scheint uns in jeder Energiekrise aufs Neue zu passieren.

Das hat viel mit der irritierenden Gewohnheit zu tun, immer nach möglichst großen Lösungen zu suchen. Ich wäre ja im Gegenteil für eine möglichst kleinteilige Energieerzeugung, aber nein, es müssen ja unbedingt auch bei den Erneuerbaren große Lösungen mit gewaltigen logistischen Herausforderungen (Pipelines etc.), vorzugsweise aus anderen Ländern, sein, anstatt vielleicht kleinräumig - etwa auf Kommunen- bzw. Stadtteilebene und/oder allenfalls Landkreise - wenn nicht gerade komplette Energieautarkie, so doch eine für Notfälle noch ausreichende Balance zwischen Energieerzeugung und Verbrauch herzustellen. Nur weil Marokko oder Katar oder sonstwer nicht Rußland ist, bedeutet das nämlich noch lange nicht, daß diese neuen Lieferanten nicht eines Tages ebenfalls auf die Idee kommen werden, unseren Energiebedarf als ein Druckmittel zu verwenden.

Und natürlich kommen in der aktuellen Debatte unter allen möglichen Steinen auf einmal wieder die (prinzipiellen) Atomkraftbefürworter hervorgekrochen! Das Problem mit den Atomkraftwerken ist aber ein prinzipielles, deshalb bin ich auch prinzipiell dagegen, und alle anderen Gründe, wie ich sie meistens in Debattenbeiträgen zur Atomkraft von beiden Seiten lese, sind ihm gegenüber so nachrangig, daß ich keinen Grund sehe, über sie nachzudenken, geschweige denn, ausufernde Diskussionen zu führen. 

Dazu muß ich jetzt ein bißchen weiter ausholen:

Vor über 40 Jahren schrieb ich in der Schule einen Aufsatz, eine Erörterung zum Thema Todesstrafe, also Für und Wider dieser Art von Strafe sowie abschließend meine eigene Meinung dazu. Ich bekam damals Notenabzug dafür, daß meine Haltung vor dem Schlußabsatz nicht eindeutig genug erkennbar gewesen sei.

Das lag daran, daß ich während des Aufsatzschreibens meine Meinung geändert habe, und deshalb bin ich auf diese Note Abzug immer noch ein kleines bißchen stolz.

Als ich zu schreiben begann, war ich für die Todesstrafe gewesen, natürlich streng begrenzt auf Fälle, bei denen erstens das Verbrechen sehr schwer und für das Opfer ebenfalls den Tod bedeutet hat und also gar nicht wieder gutzumachen ist, und zweitens eine gesellschaftliche Wiedereingliederung des Täters nicht zu erhoffen war. Mir leuchtete damals, ich muß 14 oder 15 gewesen sein, gar nicht ein, warum in solchen Fällen der Verbrecher bis zu seinem natürlichen Ableben der Gesellschaft als Komplett-Versorgungsfall aufgebürdet werden müssen sollte, wie das natürlich die logische Konsequenz einer Nicht-Resozialisierungsfähigkeit sein muß.

Bis mir während des Schreibens klar wurde, daß mein Konzept etwas erfordern würde, das es nicht gibt, und zwar Unfehlbarkeit. 

Schon eine einzige Hinrichtung eines Unschuldigen wäre nämlich zu viel, sie verletzt etwas Fundamentales, das in einem Rechtsstaat niemals verletzt werden sollte, da jemand, der tot ist, weiter tot bleibt, egal, wie sehr der Irrtum bedauert wird. Man kann viele Fehler wiedergutmachen oder wenigstens den Schaden lindern. Bei der Todessstrafe ist das nicht möglich. Es gibt aber auch keine Möglichkeit, hundertprozentig sicher zu verhindern, daß dies passiert. Also konnte ich nicht weiter für die Todesstrafe sein. 

Heute könnte ich für meine Ablehnung der Todesstrafe auch noch andere Gründe aufzählen, aber dies war der Grund für meinen abrupten Meinungswechsel, also spielen sie an dieser Stelle keine Rolle.

Genau dieses Unfehlbarkeits-Problem haben wir aber auch mit Atomkraftwerken. Sie wären nur dann eine akzeptable Option, wenn man hundertprozentige Sicherheit schaffen könnte, daß weder beim Bau noch beim Betrieb Fehler passieren, die zu einem neuen Tschernobyl oder Fukushima und den damit verbundenen weitreichenden Folgen führen können. Seit dem Ukrainekrieg wissen wir außerdem, daß sie gegen etwaige böse Nachbarn vom Schlage eines Putin oder Selbstmordattentäter ebenfalls besser geschützt sein sollten, als sie es tatsächlich sind, aber das wäre ohne die Unfehlbarkeitssache ein lösbares Problem. Der mögliche Schaden ist aber einfach zu groß, um ihn als Folge der menschlichen Fehlbarkeit, sei es durch einen Konstruktionsfehler oder eine übersehene selten auftretende Gefahr wie bei Fukushima dieser Tsunami, gegen die man sich nicht oder nicht ausreichend geschützt hat, oder menschlichem Versagen im laufenden Betrieb oder sonst etwas, hinzunehmen. Die einzige Möglichkeit, dieses Risiko auf Null zu senken, besteht darin, auf Atomkraftwerke ganz zu verzichten.

Menschen machen Fehler, auch die ausgeklügeltsten Schutzkonzepte können das zwar reduzieren, aber nicht verhindern. Deshalb kann ich auch ein Verfahren, das im dauerhaften Null-Fehler-Falle besonders wirtschaftlich wäre, wie das der Atomkraft nachgesagt wird, nicht für klug halten. Denn Null-Fehler-Konzepte, wie es sie auch in Konzernen häufig gibt, können von vornherein nicht funktionieren, und meistens läuft es dann darauf hinaus, daß Fehler in solchen Unternehmen von ihren Verursachern mit der maximal möglichen Raffinesse vertuscht werden, was meistens einen ganzen Rattenschwanz von Folgefehlern (und zuweilen einen Super-GAU) nach sich zieht. Es gibt also auch eine Grenze der Risikoreduktion bei Atomkraftwerken, deren Überschreiten das Risiko im Gegenteil wieder erhöht.

Im alleräußersten Notfall fände ich zwar eine Verlängerung der Betriebszeit von Atomkraftwerken, die bereits am Netz sind und mit geringem Aufwand für eine gewisse Zeit länger am Netz gehalten werden können, schon noch vertretbar. Aber diesen Notfall halte ich nicht für gegeben. Bei der Wahl zwischen klimaschädlichen Kohlekraftwerken mit einer geringfügigen negativen Zusatzwirkung auf das Klima, die man andernfalls vermeiden könnte, und dem geringen Risiko auf eine einmalige schwerwiegende Schädigung sehr vieler Menschen in einem großen Gebiet, wie sie bei Atomkraftwerken besteht, scheint mir ersteres die bessere Wahl. Anders als bei Atomkraftwerken kann diese Art der Energieerzeugung nämlich mit ganz normalen fehlbaren Menschen als Bedienern funktionieren. 

Ja, und das Klima? Wie kann ich die Sache im Hinblick auf diese Frage rechtfertigen? Immerhin argumentieren auch Atomkraftbefürworter mit der Klimafreundlichkeit der Atomkraftwerke im Vergleich zu Kohlekraftwerken.

Beim Thema Klimawandel traue ich mir fachlich kein fundiertes Urteil zu. Die sogenannten "Klimaleugner" haben mich eigentlich noch nie überzeugt, aber ich gleichzeitig traue ich der offiziellen Linie halt auch nicht über den Weg, weil die mir zu viel PR für ihre Sache machen, und dazu gehört die Kunst des dramatischen Zuspitzens und des kreativen Weglassens von allem, was dabei hinderlich wäre. Wie sollte ich dann aber der sachlichen Richtigkeit ihrer Argumente vertrauen? Da ich mich darauf nicht verlassen kann, müßte ich es aus eigenem Wissen fachlich beurteilen können, aber das kann ich nicht. 

Was ich viel besser beurteilen kann, ist die Frage, ob sich diejenigen, die sich zur Klimafrage äußern, vertrauenswürdig verhalten oder nicht. Und dabei fallen sie mir unangenehm auf nicht nur durch fragwürdige alarmistische Zuspitzungen, sondern auch durch ihre moralisierende Art. Alleine schon, daß sie den Begriff "Leugner" - ja, ich weiß, ich habe ihn gerade selbst verwendet - für jede Art von Zweifel oder Kritik an ihrer hehren Tätigkeit erfolgreich etablieren konnten, zeigt ja, daß wir es nicht mit einer wissenschaftlichen, sondern eine quasireligiösen Herangehensweise zu tun haben. Es ist ja auch kein Versehen, daß (vereinzelte) Vertreter des Kampfs gegen den Klimawandel sich schon dazu hinreißen ließen, sich eine Art Klimadiktatur zu wünschen, weil die halt kein Aushandlungsverfahren benötigen würde und somit alles schneller umgesetzt werden könnte, was für nötig gehalten wird.

Das ist natürlich - neben allen sonstigen Einwänden - eine Milchmädchenrechnung, die Leuten, die aus der Pubertät raus sind, nicht mehr passieren sollte. Denn wenn dieser Klimadiktator erst einmal volle Entscheidungsgewalt hat, könnte ihn ja auch niemand mehr daran hindern, plötzlich irgendetwas anderes noch wichtiger zu finden. Wer einen Klimadiktator erhofft, bekäme in Wirklichkeit wahrscheinlich etwas völlig anderes, sei es zusätzlich zum Erhofften oder stattdessen, und zwar etwas, bei dem es niemandem mehr helfen würde, zu beteuern, daß man das nicht gewollt habe.

Das Problem bei quasireligiösen Bewegungen besteht darin, daß sie dazu neigen, sich im Lauf der Zeit zu radikalisieren. Das kann einem mindestens so viele Sorgen machen wie die Möglichkeit, daß die Erderwärmung samt der schlimmstmöglichen unter den prophezeiten Begleiterscheinungen wirklich genauso kommen wird, wie das behauptet wird. Gruppierungen wie die "Letzte Generation", die sich dazu berufen fühlen, den Klimawandel zu verhindern, sind ja in der Nachfolge der Fridays-for-Future-Bewegung, die mehr oder weniger in sich zusammengefallen zu sein scheint, gerade ziemlich aktiv. Sie sind aggressiver und scheinen mittlerweile auch bei der "Gewalt gegen Sachen" angekommen zu sein, wie es bei den Resten der sich allmählich verlaufenden 68er-Bewegung, aus denen sich allerhand radikale Grüppchen bildeten, ebenfalls geschehen ist, bevor die Allerradikalsten dann zur RAF wurden. Diese Leute waren damals auch entgleiste Idealisten, die sich innerhalb einer Echokammer von Gleichgesinnten in immer radikalere Positionen hinaufgeschraubt haben. 

Die "Letzte Generation" hält es ernsthaft für ihre Pflicht, zu tun, was sie tut, weil das, wie sie meint, nötig ist, um die Welt zu retten. Diese jungen Leute handeln zweifellos guten Glaubens und aus einer ethisch untadeligen Haltung heraus. Nur, das macht das, was sie tut, nicht weniger plemplem. Gleichzeitig sind diese Leute natürlich außerdem ein Produkt der erwähnten alarmistischen Klimakatastrophen-Kommunikation. Sie hören, sehen und lesen diesen Alarmismus überall, sie nehmen ihn ernst und sie sind - auch aus meiner Sicht - die Einzigen, die konsequent "etwas dagegen tun" wollen, weil - so wurde ihnen das ja pausenlos vermittelt - es später zu spät dafür sein wird. Ich verstehe diese Leute viel besser, als es mir lieb ist. Aber genau deshalb sehe ich auch, wo und warum sie falsch liegen. Sie haben zu großes Vertrauen in die Wissenschaft. Sie glauben, aus dieser Richtung kämen ausschließlich rational begründbare Argumente, beruhend auf hieb- und stichfesten Fakten. Daß es in der Wissenschaft einen "menschlichen Faktor" gibt und wie der sich auswirkt, ist ihnen nicht klar. Und daß PR nicht nur von Unternehmen mit Gewinnerzielungsabsichten kommt und auch von "guten" Akteuren immer verfälschende Elemente enthält, ist auch in meiner Altersgruppe nur einer Minderheit wirklich bewußt.

Es ist kein Zufall, daß das überwiegend sehr junge Leute sind. Als ich in dem einschlägigen Alter war, empfand ich ähnlich, was die Nachrüstungsfrage oder das Waldsterben und andere Aufregerdebatten von früher betrifft, auch wenn mir der letzte Kick fehlte, um mich aktiv zu engagieren; ich hatte einfach zu viel eigenes Leben zu leben und war damit zu sehr in Anspruch genommen. Aber in der Theorie hätte ich es damals eigentlich richtig gefunden, dies zu tun, und habe diejenigen bewundert, die die dafür nötige Konsequenz aufbrachten. Rückblickend bin ich über meine damalige Halbherzigkeit aber ganz erleichtert. Dinge, die wirklich keinerlei Aufschub dulden, erkennt man nämlich daran, daß sie sofortiges Handeln erzwingen, sagen wir, wenn das Haus brennt oder überflutet wird. Alles andere hat zeitliche Spielräume, die man klug nutzen kann und auch sollte.

Ich bin der Meinung, daß wir bei den Kohlekraftwerken durchaus noch Spielraum haben, ohne damit gleich unser aller Untergang heraufzubeschwören. Sämtliche Modellberechnungen zum Klimawandel beruhen ja auf, wie der Name schon sagt, Modellen. Es ist aber schlicht unmöglich, sämtliche Variablen, die dabei eine Rolle spielen müßten, zu berücksichtigen. Eine Menge von ihnen sind außerdem gar nicht bekannt. Das verfälscht die Modelle. 

Es ist im Prinzip dasselbe Problem wie bei Adipositas, und wenn es die Wissenschaft bislang dabei nicht geschafft hat, ein Modell zu entwickeln, dessen Anwendung tatsächlich zu einer Gewichtsabnahme bis zum Wunschgewicht oder jedenfalls bis zum Normalgewichtsbereich und anschließendem Halten dieses Gewichts führt, warum sollte ich ihr dann zutrauen, korrekt vorhersagen zu können, wie sich das Klima in den nächsten hundert Jahren verändert, und was zu tun ist, um dies zu verhindern bzw. wenigstens "das Schlimmste" daran zu verhindern? 

Auch wenn ich in hundert Jahren nicht mehr "Ich habs doch gleich gesagt" sagen kann, weil ich dafür 157 Jahre alt werden müßte, aber ich bin mir ziemlich sicher, daß die dann lebende Bevölkerung sich über ganz andere Panikthemen entsetzt und unsere heutigen Paniken genauso milde belächeln wird, wie wir die früherer Generationen. Der Klimawandel mag real sein und in Teilen menschengemacht - das ergibt schon einen Sinn: Keine Tierart der Welt könnte sich ja folgenlos so explosionsartig vermehren, wie wir das in den letzten hundert Jahren getan haben -, aber es steckt ja doch auch ein Stück Hybris in unserem pausenlosen "Mea culpa" und "Tut Buße". Gut möglich nämlich, daß wir längst nicht so wichtig sind, wie wir glauben, auch in Bezug auf das Klima. Der Mensch hat, seit es geschichtliche Aufzeichnungen gibt, immer geglaubt, imstande zu sein, die Götter oder das Schicksal oder heute das Klima durch Bußübungen beeinflussen zu können, aber aus meiner Sicht spricht nicht viel dafür, daß die Wissenschaftler von heute damit erfolgreicher sein werden als die Priester, Seher und Schamanen von einst. Am Ende wird irgendein Faktor, den "niemand voraussehen" konnte, dazu führen, daß doch alles völlig anders kommt. 

Voraussehen kann man nämlich ziemlich sicher, daß unter den zahllosen in den Klimamodellen nicht enthaltenen Faktoren sich ein paar verbergen, deren Einfluß sich irgendwann als überraschend groß herausstellen wird.

Alle Skepsis gegenüber den Botschaften und vor allem denen, die sie verkünden, ändert aber nichts daran, daß ich keine Einwände dagegen habe, unsere Gesellschaft - in einem Tempo, bei dem die Leute noch halbwegs mitkommen - an die Klimaneutalität heranzuführen, weil es für einen möglichst geringen Verbrauch fossiler Energiequellen eine ganze Reihe weiterer guter, meiner Meinung nach teils sogar noch viel besserer Gründe gibt - unter anderem sind diese Ressourcen endlich und werden irgendwann mal aufgebraucht sein - und weil ich trotz aller Einwände auch nicht ausschließe, daß Klimaneutralität sich tatsächlich rückblickend als besser erweisen wird als "weitermachen wie bisher". 

Probleme habe ich - abgesehen davon, daß mir manche Mittel (Gebäudedämmung!) dafür einfach ungeeignet erscheinen - vor allem mit dieser "Das Ende nahet"-Hysterie, mit der alles jetzt, sofort, auf der Stelle passieren soll, weil sonst angeblich übermorgen die Welt untergeht, und mit den Trittbrettfahrern, die diese Hysterie aufgreifen, weil sie ihren eigenen Zielen nützlich ist - etwa den moralgetriebenen Verfechtern einer veganen Ernährungsweise. Wie sang aber schon Reinhard Mey vor gefühlten hundert Jahren: "Ich übe den Fortschritt und das nicht faul, nehme zwei Schritt auf einmal und fall aufs Maul ..." Das Problem ist, daß die Leute sich immer einbilden, je konsequenter sie ein Ziel wie die Klimaneutralität verfolgen, desto besser sei es. In Wirklichkeit kollidiert das in so vielen Bereichen mit anderen Zielen, die manchmal sehr akut verfolgt werden müssen - wie jetzt gerade das Gasproblem - daß das mit dem Aufs-Maul-Fallen bei übermäßiger Konsequenz schon vorprogrammiert ist. Das Leben besteht halt nicht aus dem einen Erfordernis, das die Klimapanischen für alles überragend halten, sondern aus zahllosen Erfordernissen, die sich teils gegenseitig widersprechen und niemals von jedem in der erwarteten Weise eingehalten werden können. 

Eine Sache, die mehr als 80 % Erfüllungsgrad benötigt, um zu funktionieren, kann m. E. auf Dauer gar nicht funktionieren. 20 % Nichterfüllung müssen ausgehalten werden können; schon bei den Corona-Impfungen hat mich eine Planung mit unrealistisch hohen Vorgaben für den Anteil der Geimpften maßlos irritiert. Sollte es wirklich einmal nötig werden, daß 100 % der Weltbevölkerung eine bestimmte Sache tun oder unterlassen, um den Weltuntergang zu verhindern, wird die Welt untergehen. Wenn ich mir einer Sache wirklich sicher bin, dann dieser.

Frau Perditax, und wo bleibt das Positive? Wo sind die Lösungsvorschläge?

Nun ja, ich bin der Meinung, wir sind schon auf dem besten Weg, daß sich die Lösung von alleine schafft. In der Gaskrise zählen ja diejenigen, die schon vor Jahren darauf gesetzt haben und keine oder kaum noch konventionelle Energieträger nutzen, zu denen, die vielleicht nicht im eigentlichen Sinne Krisengewinner sind (die aus der Gaskrise resultierenden höheren Lebensmittelpreise zahlen sie ja dennoch), aber jedenfalls weniger finanziell gebeutelt werden als alle anderen. Den Idealisten der ersten Stunde und denen, die freiwillig oder gezwungen staatliche Regelungen befolgen mußten, werden nun viele Nichtidealisten aus monetären Erwägungen heraus freiwillig nacheifern.

Es ist ja kaum ein Zufall, daß dieses Jahr gerade bei Industriebetrieben der Gasverbrauch im Vergleich zu den Vorjahren sich mit jedem Monat stärker reduziert. 


Der Januar und der Februar, ganz bzw. fast ganz noch Vorkriegsmonate, waren ziemlich mild, während der März mir temperaturtechnisch eher durchschnittlich vorkam und mein eigener Gasverbrauch im April höher war, als ich - angesichts der neuen Therme - erwartet hatte, also war er wohl doch etwas kälter. Ab Mai spielte das Heizen dann keine nennenswerte Rolle mehr, auch nicht in Industriebetrieben. Das gilt für das laufende Jahr wie für die Vorjahre.  

Die Entwicklung des Gasverbrauchs der Industrie in den drei Monaten Mai, Juni und Juli drückt etwas aus, womit ich eigentlich schon kurz nach Kriegsbeginn und den ersten Gas-Panikdebatten gerechnet hatte: Die Unternehmen sehen überhaupt keinen Grund, ihren Gasverbrauch möglichst hoch zu halten, nur weil niemand sie dazu zwingt, ihn zu senken. Erstens wegen der Kosten, zweitens wegen des Risikos. Sobald in den Unternehmen kapiert wurde, daß niemand sie retten können wird, sollten wir wegen Putin ganz ohne Gas dastehen, haben sie aus schierem Eigennutz ihre Gas-Abhängigkeiten zu reduzieren versucht, und das führte jedenfalls teilweise zu dauerhaften Lösungen.

Das sind mit Sicherheit nämlich größtenteils Einsparungen, bei denen man nicht damit rechnen muß, daß sie wieder rückgängig gemacht werden, sobald Gas wieder verfügbar ist. Dieses zuvor benötigte und genutzte Gas, das jetzt nicht mehr verbraucht wird, wird künftig schlicht nicht mehr auf dem Weltmarkt nachgefragt werden. Teilweise konnte der zugehörige Verbrauch eingespart werden, teils konnte man auf andere Energieträger umsteigen. Da alle fossilen Energieträger gerade so teuer sind, liegt es nahe, daß auf erneuerbare Energie zurückgegriffen wurde, wo es möglich war und wirtschaftlich ist. Nicht nahe liegt dagegen die Annahme, daß dies innerhalb kürzerer Zeiträume wieder rückgängig gemacht wird, sobald wir uns des Gasflusses wieder sicher sein können. Denn wozu sollte das gut sein? Größere Eingriffe in bestehende Systeme ergeben nur dann einen Sinn, wenn sie eine dauerhafte Veränderung bewirken sollen.

Dieser Minderverbrauch bleibt also dauerhaft erhalten, auch dann, wenn die Energiepreise - keine Ahnung, ob und wenn ja wann das kommt - wieder sinken sollten. Ich riskiere außerdem die Prognose, daß sich der Effekt über den Winter noch weiter verstärken wird, allerdings wird dann der Anteil der Einsparungen, die nur vorübergehend bestehen, natürlich höher sein, etwa durch die gesetzlich vorgeschriebenen reduzierten Temperaturen und so weiter. Spannend wird die Sache, falls wir einen strengen Winter bekommen sollten. Da aber zum Jahreswechsel die LNG-Terminals in Betrieb gehen sollen, rechne ich nicht damit, daß es zu einer ernsthaften Gefährdung der Versorgung kommen wird.

Etwas anderes ist es natürlich mit den Kosten. Märkte neigen, wie ich als Aktienbesitzerin sehr genau weiß, zu hysterischen Überreaktionen, und Putin spielt gerade gekonnt damit.

Unsere Gasspeicher sind aber jetzt schon, Ende August, zu mehr als 80 Prozent gefüllt. Frühestens ab Oktober wäre bei einem kompletten Lieferstopp der Russen damit zu rechnen, daß die Zufuhr nicht mehr den Verbrauch übersteigt, also der Füllungsstand sinkt. Dann dürften wir aber schon bei um die 90 Prozent liegen, und die russischen Lieferungen machen ja mittlerweile weniger als zehn Prozent der laufenden Gaslieferungen aus.

Worüber keine Zeitung schreibt: In der Ukraine liegt der Füllungsstand der Gasspeicher gerade mal bei 26 Prozent; das kommt dort noch zu allen weiteren Kriegsfolgen hinzu, mit denen sich die Menschen dort im nächsten Winter herumschlagen müssen. Wir jammern hierzulande wirklich auf hohem Niveau.


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