Donnerstag, 25. März 2021

Der Uhu ist ein Zugvogel oder: Frühlingsgefühle auf der Waage

Manchmal platzt der Knoten unerwartet - aber Hauptsache, er platzt überhaupt. 

Mein Gewicht ist seit dem letzten langen Fastenintervall langsamer als sonst wieder angestiegen: Von 95,7 Kilogramm über 96,6 und 97,7 auf 99,0 am Montag, immer ungefähr ein Kilogramm weniger als vor zwei Wochen beim letzten langen Fastenintervall. Die eigentliche faustdicke Überraschung kam aber am Dienstag, als ich wie am Montag 99 Kilogramm wog, statt noch einmal ein Kilo mehr auf die Waage zu bringen. Aber vor allem heute, am zweiten Fastentag der Woche, als die Waage ein Startgewicht von 98,3 Kilogramm anzeigte, nachdem mein Gewicht von Montag auf Dienstag weniger als erwartet nur auf 97,5 zurückgegangen war. 

Damit werde ich morgen früh endlich mal wieder ohne langes Fastenintervall höchstwahrscheinlich bei einem Gewicht unter 97 Kilogramm - also einer Abnahme von mehr als 50 Kilogramm - landen. Möglicherweise sogar relativ weit unter dieser Marke. 

Wenn man bedenkt, daß ich letzte Woche nach vier Tagen Fasten auch nur knapp unter 96 Kilogramm aufgeschlagen bin, ist das schon spektakulär.

Ich mußte in meiner Gewichtstabelle ziemlich weit hochscrollen, um ein noch niedrigeres Ausgangsgewicht am zweiten Fastentag in einer Woche mit nur zwei Fastentagen zu finden, und es gab nur ein Ergebnis das noch besser war, nämlich am 15. Oktober letztes Jahr. Jetzt bin ich also wieder ungefähr an dem Punkt, an dem ich war, bevor der Herbst seine alljährliche Sabotagearbeit aufgenommen hat.

Ist das zu fassen? Seit Januar waren die Ausschläge auf der Waage wie festzementiert, und jetzt, wo ich gerade erst meine komplette Ratlosigkeit eingestanden habe, wartet der häßliche Ühu vergeblich darauf, wie gewohnt den Platz seines flatterhaften Kollegen einnehmen zu können.

Diese Wiederzunahmen nach viertägigen Fastenintervallen, ich sollte es wohl wiederholen, sind normal und unvermeidbar. Von den durchschnittlich sechs bis sieben Kilogramm Abnahme in diesen vier Tagen sind mindestens vier Wasser und eines Magen-Darm-Inhalt. Mein Problem der letzten zwei Monate bestand darin, daß ich immer die vollen sechs bis sieben Kilogramm wieder zugenommen habe und die Gewichtstendenz, wenn überhaupt, eher leicht nach oben ging statt nach unten. Erklären konnte ich mir das nicht. Es ergibt schließlich keinen Sinn, zu vermuten, daß bei vier Tagen Nahrungsverzicht überhaupt keine Fettverbrennung stattgefunden haben soll, und ich kann ja sehen und spüren, daß mein Bauch weniger geworden ist.

Mein Uhu scheint ein Zugvogel zu sein. Immerhin, der Lenz ist da, ich höre es am Vogelgezwitscher draußen. Und noch jedes Jahr hat es im Frühjahr dann auf einmal wieder mit dem Gewichtsverlust funktioniert.

Oder sollte das wahrhaftig eine Wirkung des früheren Abendessens sein? Wenn ja, ging das ja irre schnell. Es ist ja noch nicht einmal eine volle Woche her, daß ich damit angefangen habe.

So ganz einfach war die Umstellung auf das frühe Abendessen zu Beginn übrigens nicht. Am Samstag ist es doch wieder 20 Uhr geworden, bis das Essen auf dem Tisch stand. Am Sonntag gelang es immerhin um 18.30 Uhr, und erst am Montag gingen wir wirklich um 18 Uhr zu Tisch. Mein Magen besaß prompt die Frechheit, gegen 23 Uhr, als ich schon im Bett war, herumzuknurren. Aber der gewöhnt sich schon noch daran.

Eine Theorie, was den unerwarteten Gewichtsrutsch in diesem Zusammenhang ausgelöst haben könnte: Die Zunahme im Februar, über die ich so entsetzt war, war gar keine Zunahme im eigentlichen Sinne, sondern hatte irgendetwas mit dem auffallend häufigeren Auftreten des Sodbrennens zu tun, vielleicht irgendeine Infektion im Magen-Darm-Bereich, die aus irgendwelchen Gründen zu mehr Körperwasser führte. Sodbrennen habe ich nicht mehr gehabt, seit wir das Abendessen vorverlegt haben, aber noch ist es natürlich viel zu früh, es für dauerhaft beendet zu erklären. 

Auch mein Mann hat das Gefühl, daß es ihm guttut, er sagt, er schläft auf einmal viel besser. Wenn man bedenkt, daß wir vor allem seinetwegen immer so spät gegessen haben ...

Was mir aufgefallen ist, war, daß der große Unterschied nicht in einer höheren Abnahme an einem Fastentag, sondern an einer niedrigeren Wiederzunahme an normalen Eßtagen besteht. Auch meine Abnahme am Dienstag war mit 1,5 Kilogramm niedriger als sonst. Wahrscheinlich kann ich auch morgen nicht mit einer höheren Abnahme als dieser rechnen. Aus irgendeinem Grund sind offenbar die wasserbedingten Schwankungen seit letzten Freitag niedriger als sonst ausgefallen. Ob das nun so bleiben wird? Und kann ein Zusammenhang mit dem früheren Abendessen bestehen?

Es könnte schon sein, daß das frühe Abendessen der entscheidende Schlüssel gewesen ist. Mal sehen, ob das ein einmaliger Schub nach unten gewesen ist oder ob ich mich nun endlich mal wieder auf eine kontinuierliche Abnahme freuen kann.

Auf einmal befindet sich mein Gewicht wieder in der Nähe meiner Bestwerte im Gewicht Anfang Oktober, und prompt werde ich wieder größenwahnsinnig: Nächste Woche lege ich außerplanmäßig eine weitere viertägige Fastenrunde ein. Wenn ich Glück habe (bitte Daumen drücken!), starte ich in diese Fastenrunde zum überhaupt allerersten Mal mit einem Startgewicht von unter 100 Kilogramm. Und wenn ich noch mehr Glück habe, dann winkt nächste Woche am Freitag vielleicht sogar endlich ein neuer Niedrigstwert, hoffentlich dann außerdem nur der erste von regelmäßig immer weiteren. Bitte anschnallen für eine hoffentlich zügige Fahrt nach unten!

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Eine Corona-Folge, die weltweit zu Buche schlägt, ist ein im Durchschnitt steigendes Körpergewicht der Bevölkerung. Weltweit im Durchschnitt soll die Gewichtszunahme 6,1 Kilogramm für das gesamte letzte Jahr betragen; Deutschland liegt in diesem Punkt mit 5,9 Kilogramm knapp unter dem Durchschnitt. Spitzenreiter innerhalb der EU war Polen mit 7,2 Kilogramm und weltweit Mexiko mit 8,5 Kilogramm. 

Was beschwere ich mich da eigentlich über meine Gewichtsentwicklung über den Winter? Allerdings bin ich mir wie immer keineswegs sicher, ob ich solchem Zahlenabrakadabra wirklich trauen kann. 

Was mir außerdem dazu noch durch den Kopf ging: Mexiko, das war doch das Land mit diesen vielgepriesenen "tollen Erfolgen" einer Zuckersteuer. Wenn die Corona-Gewichtszunahme ausgerechnet in diesem Land - das noch dazu nie einen richtigen Lockdown hatte - am stärksten zu Buche geschlagen haben sollte und dies mit den ungesunden Ernährungewohnheiten begründet wird, dann sollte endlich auch zugegeben werden, daß diese seit nunmehr sieben Jahren geltende Zuckersteuer ganz einfach ein Schuß in den Ofen gewesen ist. 

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Auf Twitter hat die DGE einen Artikel über Intervallfasten verlinkt. In dem Tweet wurden die Verbreiter des Intervallfastens dafür gerügt, daß meistens Empfehlungen für eine Ernährungsumstellung "hin zu einer ernährungsphysiologisch günstigen Lebensmittelauswahl" fehlten. 

Es hat nicht viel gefehlt, und ich hätte eine Antwort geschrieben, nur, wozu wäre das gut gewesen? Außerdem hätte mir die Zeichenzahl nicht ausgereicht. Ich kann nur immer wieder meinem Schicksal dafür danken, daß ich rechtzeitig alleine auf das Intervallfasten gekommen bin und nicht darauf warten mußte, daß dieser Sorte Experten ein Licht aufgeht.

Ernährungsempfehlungen, my ass. Werte Frau Dr. Backes, wenn man mit Intervallfasten auch ohne "ernährungsphysiologisch günstige" Ernährungsumstellung abnimmt, aber umgekehrt nicht durch besagte Ernährungsumstellung ohne Intervallfasten, sollte an der Methode ja irgendwas dran sein. 

Ach ja, das kann ich ja ruhig auch noch erwähnen: Die unerwartete Talfahrt beim Gewicht diese Woche hatte selbstredend nicht den Grund, daß ich mich in welcher Form auch immer "ernährungsphysiologisch günstig" ernährt hätte. Ich habe jeden Tag, an dem ich gegessen habe, gut und mit Genuß gegessen, und morgen habe ich genau das auch wieder vor. Da wir gestern das Brot bis zum letzten Krümel aufgegessen haben, werde ich morgen früh Pogatschen backen, die bekanntlich ungefähr eine Milliarde Kalorien haben (viiiiiel Butter!), und mir dazu meinen berüchtigten 1000-Kalorien-Salat machen, diesmal wieder mit Feta. Außerdem denke ich über eine Torte nach, mir schwebt momentan irgendwas Käse-Sahne-Artiges vor (aber mal sehen, was mein kulinarisches Kopfkino nachher, wenn ich im Bett bin, für Alternativvorschläge haben könnte), das für drei Tage ausreichen soll. Von der gibt es morgen nach dem Abendessen - Maultaschen in der Brühe - ein ordentliches Stück als Nachtisch.

Und ja, so ungefähr esse ich schon seit vier Jahren, und nebenbei habe ich abgenommen. Der mehrmonatige Stillstand, der jetzt hoffentlich beendet sein wird, hatte jedenfalls nichts damit zu tun, daß mich "ernährungphysiologisch ungünstiger" als sonst ernährt habe. 



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