Freitag, 14. August 2020

Lob der Pizza

Mein Gewicht heute morgen: 100,9 Kilogramm, das liegt in etwa noch im Rahmen meiner Erwartungen, auch wenn es gerne noch ein bissel weniger hätte sein dürfen. Ich gehe davon aus, daß ich als "Belohnung" morgen überdurchschnittlich Gewicht verloren haben werde, da die Bullenhitze erst mal vorbei zu sein scheint. Die ganze Woche hatte ich merkwürdige Gewichtsentwicklungen, so habe ich nach meinem ersten Fastentag am Dienstag weniger als 2 Kilogramm abgenommen, womit ich nicht unbedingt gerechnet hatte, aber das ist wohl eine Folge der Hitze und des Schwitzens, durch die ich auch an Eßtagen leicht dehydriert war. 

Gestern früh wog ich 99,7 Kilogramm. Nachmittags war ich gestern im Baumarkt und unterwegs bekam ich, noch bevor ich angekommen war, auf einmal einen höllischen Durst. Eigentlich hatte ich gehofft, daß ich im Kassenbereich auch gekühlte Getränke vorfinden würde, aber es gab bloß Eis. Mangels Alternativen kaufte ich eines, mit dem Ergebnis, daß der Durst noch viel schlimmer wurde. Ich mußte die Versuchung niederkämpfen, auf dem Heimweg noch irgendwo ein Bierchen zu trinken, und vor einer Kneipe an strategisch günstiger Stelle in der Nähe der Bushaltestelle rettete mich nur noch das Schild, das mich darauf aufmerksam machte, daß ich mir meinen Platz erst zuweisen lassen müsse. Das war mir dann doch zuviel bürokratische Abschreckung, also ließ ich sie links liegen und ging gleich zum Bus, der erfreulicherweise auch gerade herangefahren kam.

Neugiershalber stellte ich mich daheim gleich auf die Waage, noch bevor ich mich über meinen dringend benötigten Sprudel hermachte, und ich wog tatsächlich hundert Gramm weniger als am Morgen. Soviel zu der Rolle, die Schwankungen im Wasserhaushalt bei Gewichtssprüngen spielen können. Ich habe nicht ernsthaft damit gerechnet, daß ich heute unter 100 Kilo davonkommen würde, also trage ich es mit Fassung, daß ich nur knapp an der 101 vorbeigeschrammt bin, und bin weiterhin entschlossen, mich für die nächsten beiden Wochenauf zwei Fastentage pro Woche zu beschränken. Auf diese Weise krieg ich jedenfalls ein realistisches Vorher-Gewicht angezeigt; mir ist ja klar, daß mein Gewicht in gewisser Weise "gemogelt" ist, wenn ich drei Tage die Woche faste und auch nach dem Wochenende noch nicht voll redhydriert bin. Ich hatte bloß gehofft, mit diesem Trick den Abflug des Uhus so lange verhindern zu können, bis er es eingesehen hat, daß er bei mir wirklich sein Zuhause hat.

Nach diesen nächsten zwei Wochen folgt dann aber wieder ein viertägiges Fastenintervall, und weil ich den August ausgelassen habe, hänge ich zwei Wochen später vermutlich gleich ein zweites mit an, und dann wollen wir doch mal sehen, ob das den verdammten Geier nicht endlich bei Fuß bleiben läßt. In der dazwischenliegenden Frühschichtwoche meines Mannes faste ich dafür bloß zwei Tage. Das einzig Doofe daran ist, daß ich diese zwei Tage nicht auf Dienstag und Donnerstag, wie gewohnt, legen kann, weil ich an mindestens einem dieser Tage den Wochenmarkt heimsuchen sollte. Ich glaube, ich entscheide mich dann für Montag und Mittwoch als Fastentage. Dann starte ich in die viertägigen Fastenintervalle nach vier Tagen Essen und habe damit ein realistisches Vorher-Gewicht.

Gestern vormittag war ich ebenfalls auf dem Wochenmarkt und habe mich mit allem eingedeckt, was man so braucht: Karotten, Paprika, eine Gurke, Rettiche natürlich, Kohlrabi und neugiershalber habe ich mir auch mal eine Fenchelknolle mitgenommen. Fenchel habe ich noch nie probiert, also wird es mal Zeit. Außerdem Eier, Mirabellen und die gerade erntereif gewordenen Gaishirtle-Birnen. Ich war blöd genug, die Mirabelle zuunterst einzupacken, aber die meisten sind unversehrt geblieben. Die drei zerquetschten habe ich den Wespen hingestellt, die sich mit großer Begeisterung auf den Mirabellenmatsch gestürzt haben und sich seither nicht mehr für die Apfelreste interessieren. Die Wespen-Prioritäten sind da ganz eindeutig.

Und jetzt muß ich mal was über meine eigenen Prioritäten, nämlich Pizza, schreiben, weil es mich wundert, warum ausgerechnet Pizza immer als Prototyp ungesunden und dickmachenden Essens herhalten muß, beispielsweise hier:

https://twitter.com/DoctorTro/status/1293912908187893761

3 Stück Pizza sollen 1200 Kalorien haben? 👀 Eine Pizza, die dieses Merkmal aufweist, würde ich für praktisch ungenießbar halten, weil sie entweder einen viel zu dicken Boden hat oder mit pfundweise  Käse bedeckt ist oder in Öl regelrecht schwimmt. Oder, gruseliger Gedanke, alles zusammen.

Normalerweise zähle ich keine Kalorien, aber jetzt habe ich einmal eine Ausnahme gemacht und mir den Brennwert meiner selbstgemachten Pizza ausgerechnet (Werte auf die nächste glatte Zahl auf- oder abgerundet). Diese Pizza mache ich öfter, und sie macht zwei Personen, die gerne, gut und viel essen, nämlich mich und meinen Mann, satt und glücklich.

Pizzateig aus 250 Gramm Weizenmehl, ½ Würfel Hefe, ½ Tl Salz, Wasser

Wasser: 0 Kalorien

Salz: = 0 Kalorien

Weizenmehl: (100g: 364 Kalorien mal 2,5 =) 910 Kalorien

20 Gramm Hefe: (83 Kalorien/100 Gramm geteilt durch 5 =) ca. 20 Kalorien

Summe Teig: 930 Kalorien

Belag

Passierte Tomaten, ca. 200 gr: (32 Kalorien/100 Gramm mal 2 =): 60 Kalorien

Salami (ca. 50 gr): (336 Kalorien/100 Gramm geteilt durch 2 =): 170 Kalorien

Schinken: (ca. 50 gr) (100 Kalorien/100 Gramm, geteilt durch 2 =): 50 Kalorien

Champignons (50 gr): (24 Kalorien/100 Gramm, geteilt durch 2 =) 10 Kalorien

Mozzarella (gerieben, 100 gr):  (254 Kalorien/100 Gramm =) 250 Kalorien

Olivenöl (2 EL): (90 Kalorien/Eßlöffel mal 2 =) 180 Kalorien

Summe Belag: 720 Kalorien

Gesamt: 1650 Kalorien

Geteilt durch zwei Personen: 825 Kalorien

Für ein Abendessen finde ich das auch für eingefleischte Kalorienzähler, deren Ziel in Gewichthalten besteht, absolut im Rahmen, da kann man gut auch noch einen Salat dazu machen - und es handelt sich außerdem um eine Portion, die eingefleischte Kalorienzähler vermutlich gar nicht schaffen würden. Vor ein paar Tagen war ich zum Beispiel mit einer Bekannten nett essen, die seit Jahren mit ihrem Gewicht ringt (allerdings auf niedrigerem Gewichtslevel als ich, sie liegt bei ca. 80 Kilo). Wir haben uns für dasselbe Gericht entschieden und wir haben es auch beide ganz aufgegessen. Ich fand die Portion aber genau richtig, während sie am Ende stöhnte, wie viel das doch gewesen und wie pappsatt sie nun sei. 

So ganz sicher bin ich mir in solchen Situationen ja meistens nicht, ob das wirklich ernst gemeint ist, oder ob das vor allem eine psychisch entlastende Funktion hat. Ähnlich geht es mir bei Übergewichtigen, die, nach ihrem Lieblingsgericht gefragt, behaupten, ein bunter Salat sei das, was sie am allerliebsten essen. So gerne ich Salate selbst mag - und an manchen Tagen ist mir ein Rettichsalat mit Walnüssen oder ein Gurkensalat mit Feta oder eine Mischung aus Paprika, Karotten und Rettich als Salat lieber als jedes Fleisch- oder Pastagericht -, so etwas würde ich alleine schon deshalb niemals behaupten, weil das jemandem, der Übergewicht hat, sowieso niemand glauben würde. Damit bedient man doch nur die Vorurteile derjenigen, die jedem Übergewichtigen Selbstbetrug unterstellen. Es gibt ja auch Leute, die essen, wenn andere dabei sind, immer nur wie ein Spatz, Freßorgien gönnen sie sich nur heimlich. Andererseits kenne ich auch Leute, bei denen mir einleuchtet, warum sie kleine Portionen bevorzugen; sie essen von Haus aus meistens langsamer als andere und sind oft schon von ziemlich kleinen Mengen satt. 

Bei mir ist es unterschiedlich, welche Menge ich esse; beim Auswärtsessen spielt natürlich das Prinzip "Bezahlen muß ich alles, also esse ich es auch ganz" eine gewisse Rolle, obwohl ich mich selten so sehr überesse, daß ich mich unwohl deswegen fühle, aber daheim höre ich auf, wenn ich genug habe; Reste kann man ja am nächsten Tag noch essen oder einfrieren, oder mein Mann ißt ein Stück mehr, wenn ich meine Hälfte nicht ganz schaffe. Manchmal schaffen wir die Pizza nicht ganz, vor allem dann, wenn ich noch weiteres Mehl zugeben mußte, weil der Teig mir zu weich geraten ist. Wir mögen den Pizzaboden schön dünn, deshalb bemühe ich mich, das zu vermeiden, aber manchmal passiert es eben doch.

Wenn ich so darüber nachdenke: Das widerspricht einer oft gehörten Annahme, daß nämlich Kohlenhydrate angeblich nicht richtig sättigen und deshalb dazu führen, daß zu viel gegessen wird. Bei mir tun sie das schon. Das gilt auch für Brot und Brötchen, und nicht nur bei meinen selbstgebackenen. Manchmal ärgert mich das sogar, etwa, wenn ich in einem Hotel mit einem guten Frühstücksbüffet bin und so viele Brötchen essen könnte, wie ich will. Aber mehr als zwei schaffe ich nur in extremen Ausnahmefällen. Ein Mittagessen brauche ich auch nach einem Hotelfrühstück mit zwei Brötchen übrigens nicht. Ich habe es noch nie verstanden, wie manche Leute es fertigbringen, sich im Urlaub mit drei vollständigen Mahlzeiten am Tag zu verpflegen, obwohl sie genauso wie ich erst gegen 9 Uhr gefrühstückt haben. Bei uns gibt es dann als nächste Mahlzeit entweder einen Kuchen zum Nachmittagskaffee oder ein relativ zeitiges Abendessen. Zum richtigen Genuß beim Essen gehört meiner Meinung nach ein Hungergefühl, bevor man sich zum Essen hinsetzt, und mittags habe ich das nicht, wenn ich gegen 9 Uhr gefrühstückt habe. Zu essen, nur weil es gerade Essenszeit ist, mache ich zwar manchmal auch (wie vermutlich fast jeder), weil Essen nun einmal auch eine soziale Funktion hat, aber ich lege Wert darauf, das nicht zu tun, wenn es keinen äußeren Anlaß dafür gibt.

Genau dieser Genußfaktor ist auch der Grund, warum Low Carb für mich nicht in Frage käme, obwohl ich grundsätzlich davon ausgehe, daß es vergleichbar wirksam ist wie Intervallfasten. Ich fände es genauso trübselig, auf Dinge wie Pizza wegen der Kohlehydrate verzichten zu müssen, wie ich es wegen der Kalorien trübselig fände. Das Fasten hindert mich daran aber nicht; dem Fasten haftet keine Verzichtslogik an, so merkwürdig das vermutlich vielen vorkommt, in deren Augen Fasten der Gipfel des Verzichts ist. Aber beim Intervallfasten muß man nicht verzichten, nur aufschieben. Was ich heute nicht essen darf - weil ich gar nichts essen darf -, das esse ich eben morgen. Das ist etwas völlig anderes als die Forderung, sich für den Rest seines Lebens in dieser oder jener Sache dauerhaft zu disziplinieren. Sich einen Tag lang disziplinieren, das kann eigentlich jeder, es fällt wahrscheinlich denjenigen am schwersten, bei denen diese Disziplinierung eine weitere wäre, die zu anderen, bereits bestehenden Disziplinierungen hinzukommt, die man nebenbei weiterhin ständig im Auge behalten zu müssen glaubt: Kalorienzählen UND Verzicht auf bestimmte Lebensmittel UND regelmäßiges Training UND sämtliche Selbstdisziplinierungen in anderen Bereichen, die nichts mit Ernährung zu tun haben - da kann Intervallfasten natürlich wie der eine Ball zuviel erscheinen, den auch ein versierter Jongleur nicht dauerhaft zusätzlich in der Luft halten kann.

Wahrscheinlich war es mein eigentlicher Glücksfall, daß ich, bevor ich mit dem Intervallfasten begonnen habe, in vielen Bereichen eher undiszipliniert war, obwohl ich einige Maßnahmen, die zur Gewichtsreduktion gedacht waren, durchaus diszipliniert umgesetzt habe, und das über Jahre hinweg. Inzwischen habe ich jede einzelne dieser anderen Maßnahmen aufgegeben, zuletzt das EMS-Training, das ich sage und schreibe acht Jahre lang einmal die Woche durchgezogen hatte, mit maximal einem oder zwei ausgelassenen Termin pro Jahr, wenn ich im Urlaub war. Gemessen daran kann ich mich echt überhaupt nicht beschweren, nur weil meine Gewichtsabnahme sich mit jedem Jahr stärker verlangsamt. Daß nach dreieinhalb Jahren überhaupt noch eine weitere Abnahme erzielt wird, hat ja ausweislich von Studien echten Seltenheitswert.



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