Sonntag, 16. August 2020

Flohmarkt in Corona-Zeiten ... und die Frage, wie es mit der Pandemie weitgehen wird

Mein Gewicht heute morgen: 99,9 Kilogramm, ein ganz normales "So lala"-Gewicht in dieser "So lala"-Phase mit zwei Fastentagen die Woche. 

Gestern war ich das erste Mal dieses Jahr auf einem Flohmarkt, von dem ich erst sicher war, daß er wirklich stattfand, als ich vor Ort war und die Stände sah. Wie sich herausstellte, sind Flohmärkte zwar inzwischen erlaubt, aber es darf keine Werbung dafür gemacht werden, damit nicht zu viele Leute kommen und die Ansteckungsgefahr zu groß wird. Entsprechend gemischt war die Stimmung bei den Händlern, einige wirkten ganz zufrieden, andere waren enttäuscht. Mir hat es gefallen, daß das Gedrängel nicht so groß war, und ich habe eingekauft, als müßte ich alle ausgefallenen Flohmärkte des Jahres nachholen. Zum ersten Mal überhaupt habe ich dabei auch die Klamottenständer etwas systematischer durchwühlt und mir einige Teile gegönnt, darunter ein hübsches Sommerkleid (das ich erst daheim anprobieren konnte, und es erwies sich als geringfügig zu weit, aber durchaus tragbar), eine Jeansweste und, etwas, das ich im Winter tatsächlich brauchen werde, eine lange Strickjacke, die mir perfekt paßt.

Meine beiden kuscheligen Strickjacken in Größe 48/50 (in Grün) und 44/46 (in Blau) sind mir nämlich definitiv schon diesen Winter viel zu groß gewesen, und angesichts meines geschrumpften Brustumfangs komme ich mir darin nächsten Winter sicherlich unmöglich vor. Ich mochte diese Strickjacken sehr, weil sie so schöne leuchtende Farben hatten, und hätte mir gerne "dasselbe ne Nummer kleiner" gekauft, aber leider gibt es sie nicht mehr. Einmal sah ich ein Exemplar bei eBay, noch dazu in der einzigen und ebenfalls sehr schönen Farbe, die mir noch fehlte (ein ebenfalls sehr schönes, kräftiges, aber etwas dunkleres Rot), allerdings in Größe 56, was kaum eine Verbesserung gewesen wäre. 😳

Was Mode betrifft, bin ich schon immer ein hoffnungsloser Fall gewesen. Ich trage meine Lieblingsteile viele Jahre lang, bis sie in Fetzen an mir herunterhängen (robustere Teile bis zu zehn Jahre oder bis sie nicht mehr passen), und dann hätte ich gerne "genau dasselbe, bloß ohne Löcher" und finde es dann natürlich nicht mehr, obwohl ich sehr ausdauernd sein kann, was das Suchen danach betrifft. Im Falle der Strickjacke habe ich mich langsam damit abgefunden, daß ich eine andere kaufen muß, und in den letzten Tagen nach Alternativen gesucht, da das, was ich eigentlich will, nicht mehr zu bekommen ist, und war ziemlich unentschlossen. Jetzt kann ich die Suche glücklicherweise beenden, das Teil, das ich gekauft habe, erfüllt alle Voraussetzungen - außer, daß es natürlich nicht das ist, was ich insgeheim immer noch haben möchte. Aber sobald ich angefangen habe, diese Jacke zu tragen, werde ich diese Zwangsvorstellung von mir abschütteln können.

Außerdem habe ich mir ein Wiegemesser gekauft und heute gleich zum Einsatz gebracht, einen gußeisernen Untersetzer mit einem prächtigen bunten Gockel und daneben auch eine merkwürdige Schere, von der ich mir gar nicht erklären konnte, wofür sie gut sein soll. Es stellte sich heraus, daß es sich um eine Konturenschere handelt, mit der man dekorativ gemusterte Ränder schneiden kann, die ähnlich aussehen wie bei alten Fotografien aus den fünfziger Jahren. Ich habe noch keine Ahnung, wofür ich das brauchen könnte, aber ich bin froh, daß ich sie gekauft habe. Ein Flohmarkt ohne einen einzigen Kauf von irgendwas, das ich eigentlich nicht brauche, aber total abgefahren finde, wäre ja kein richtiger Flohmarkt. 

2020 wurde also doch nicht das "Jahr ohne Flohmärkte", das ich im Frühjahr befürchtet hatte, nur wird es nicht ganz einfach werden, von stattfindenden Flohmärkten zu erfahren. Die Abstände zwischen den Ständen waren zwar etwas größer als sonst, aber die Zahl der Stände hat mich dennoch angenehm überrascht. Bis auf einen Stand, an dem man aufgefordert wurde, sich die Hände zu desinfizieren, bevor man etwas anfaßte, war auch alles wie immer. Ich hatte meine Maske dabei, und wenn es wirklich mal etwas dichteres Gedrängel gab, habe ich sie mir übergezogen, aber das empfand ich nur zwei- bis dreimal als nötig. 

Als "neue Normalität in Corona-Zeiten" war das echt eine angenehme Erfahrung. 

Im Moment bin ich ja sehr gespannt, wie sich die Corona-Lage weiter entwickeln wird, da die Infektionszahlen nun schon seit ca. vier Wochen ständig nach oben gehen. Was mir aufgefallen ist: Bislang sind die Todesfallzahlen hingegen nicht gestiegen. Wahrscheinlich wird das noch kommen, aber ich bin verwegen genug, um darauf zu hoffen, daß sie nicht so stark steigen werden wie bei der ersten Welle. In den USA jedenfalls scheint genau das passiert zu sein; im Sieben-Tages-Durchschnitt liegen die Zahlen seit ca. drei Wochen zwischen 1000 und 1150 Todesfällen. Das ist natürlich schlimm genug, aber es sind nicht die von mir erwarteten 1300 (eine Zahl, die angesichts der doppelt so hohen Infektionszahlen im Vergleich zur ersten Welle niedrig geschätzt war), und der Höhepunkt dürfte in den hauptbetroffenen Bundesstaaten bereits überschritten sein. 

Ich bin gar nicht traurig darüber, daß ich mit meiner Schätzung falsch lag. Wie könnte man sich darüber ärgern, daß eine vierstellige Zahl von Menschen nicht gestorben ist? 

Auch daß Schweden bislang um einiges besser davongekommen ist, als ich erwartet habe, freut mich. Wobei der jüngste Medienhype darum, daß Schwedens Methode "doch erfolgreich" gewesen sei, erstens von falschen Voraussetzungen ausgeht (ebenso übrigens wie die Horrormeldungen in den Wochen davor) und es zweitens ziemlich verfrüht ist, dort das "Ende der Pandemie" auszurufen, wie das ein paar Leichtsinnige schon gemacht haben. Auch in Schweden rollt gerade die zweite Welle an, erkennbar daran, daß der Anteil der Infizierten an allen Getesteten in KW 32 wieder gestiegen ist, von 3 auf 4 Prozent. 

Der starke Anstieg in Schweden im Juni und Juli lag vor allem daran, daß ab KW 23, das war die erste Juniwoche, deutlich mehr Tests (S. 17 des Dokuments) durchgeführt wurden. Der Anteil der Infizierten an allen Getesteten ging parallel ständig zurück - von 13 Prozent bis auf in KW 31 (letzte Juliwoche) nur noch 3 Prozent - obwohl die absolute Zahl der Infizierten ziemlich lange anstieg. Nicht einmal die WHO hat erkannt, daß dieser Anstieg irreführend war und in Wirklichkeit bis KW 25 der Anteil der Infizierten ungefähr gleich blieb. Die Schweden haben sich völlig zu recht über die Panikmeldungen in den internationalen Medien beschwert.

Danach sank der Anteil der Infizierten an den Getesteten, und das ziemlich schnell. Aber das ist leider ebenfalls irreführend. Schwedens sehr lange Sommerferien, von Mitte Juni bis Mitte August, begannen nämlich in KW 25, und das Sinken der Infektionszahlen ist zum einen darauf zurückzuführen, und zum anderen darauf, daß auch weniger getestet wurde. Aber nun sind die Schulferien vorbei, und schon in den letzten zwei Wochen zeigte der Trend beim Anteil der positiv Getesteten unter allen Getesteten wieder in die Gegenrichtung. Wie es weitergeht, wird sich zeigen. Ich nehme an, die Infiziertenzahlen werden nun wieder für einige Wochen nach oben gehen.

Aber Ehre, wem Ehre gebührt: Schwedens Gesundheitssystem ist - im Gegensatz zu Ländern wie UK, die anfangs denselben Kurs verfolgten - bislang zu keinem Zeitpunkt ernsthaft gefährdet gewesen, die Corona-Infizierten nicht ausreichend versorgen zu können, und vermutlich wird das auch in der zweiten Welle nicht geschehen. Das sollte man schon anerkennen, obwohl die Zahl der Todesfälle schrecklich hoch gewesen ist. Im weltweiten Vergleich gibt es ja nur wenige Länder, die gemessen an der Zahl der Gesamtbevölkerung, anteilig mehr Menschenleben verloren haben als Schweden: Belgien. Peru. Spanien. UK. Italien. Und das war's auch schon, wenn man die Zwergstaaten Andorra und San Marino ausklammert. Nicht einmal die USA und Brasilien haben einen so hohen Anteil ihrer Bevölkerung verloren. Aber einen katastrophalen Fehlschlag haben die Schweden dennoch nicht erlitten, den ich befürchtet hatte. Ob es die Sache wert gewesen ist, das muß die schwedische Bevölkerung entscheiden.


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