Montag, 29. Juni 2020

Uhu-Nistplatz und private Experimentierfelder

Mein Gewicht heute früh zu Beginn des ersten von drei Fastentagen diese Woche: 99,7 Kilogramm. Damit hat sich der Uhu also dauerhaft bei mir niedergelassen, und das soll auch so bleiben. Deshalb werde ich in den nächsten Wochen mit Argusaugen beobachten, ob es auch wirklich dabei bleibt. Sollte ich die 100 in den nächsten drei Wochen zu Beginn der Fastenwoche wieder überschreiten, werde ich in Woche Nr. 4 meine letztwöchige Aktion mit den fünf Fastentagen wiederholen, allerdings in einer modifzierten Variante, nämlich vier Fastentagen und einem "Aufbautag". Was genau ich an so einem Aufbautag alles essen und was ich lieber bleibenlassen will, muß ich mir noch überlegen (Vorschläge von versierten Fastern sind herzlich willkommen!), die Bouillon mit Ei und viel Schnittlauch, mit der ich am Freitagabend eingestiegen bin, ist bestimmt kein Fehler, aber da gibt es bestimmt noch andere Lebensmittel, mit denen ich meinen Verdauungstrakt an die Wiederaufnahme des Essens gewöhnen kann.

Es ist schon verblüffend, wie durchschlagend die Wirkung dieser letzten Woche gewesen ist. Ich habe mein vorheriges Niedrigstgewicht - das ich einen geschlagenen Monat lang nicht einmal annähernd wiedererreicht hatte - um 2,2 Kilogramm unterboten, und heute unterbiete ich mein Gewicht vom letzten Montag, vor Beginn dieser fünf Fastentage, um 2,1 Kilogramm. Eine so starke Gewichtsabnahme von einer Woche zur nächsten hatte ich schon seit einer Ewigkeit nicht mehr, und obwohl ich natürlich hell begeistert bin, grüble ich doch auch über die Gründe dafür nach. Was habe ich letzte Woche richtiger gemacht als in der letzten Maiwoche, in der ich zweimal zwei Fastentage hatte, was ja auch nicht wenig ist? Und falls ich damals nichts falscher und jetzt nichts richtiger gemacht haben sollte: Was spielte sich in meinem Körper ab, das vor einem Monat zu meinem Ärger bewirkte, daß ich fast ein Kilogramm über meinem Niedrigst-Gewicht blieb und nach zwei Tagen schon wieder über 100 Kilogramm auf die Waage brachte?

Wie ich ja schon wiederholt erwähnt habe, hatte ich auch in den Monaten, in denen die Waage nach dem Wochenende immer stur wieder zum Ausgangsgewicht zurückkehrte, trotzdem das Gefühl, daß sich meine Körperform veränderte. Das müßte eigentlich bedeuten, daß das wiederkehrende Gewicht nicht aus Speicherfett bestanden hat, aber was war es dann? Ich zögere, das auf Muskelaufbau zu schieben (obwohl es nicht ausgeschlossen ist, da ja beim Fasten Wachstumshormone ausgeschüttet werden), weil ich mir das in solchem Umfang nicht so recht vorstellen kann, wenn man keinen Sport treibt, und das mache ich ja nicht.

Irgendwas ist da seltsam, aber es muß eine vernünftige Erklärung dafür geben, denn ich bilde mir das nicht nur ein. Vorhin stand ich in einem meiner neuen Kleider vor dem Spiegel - letzten Freitag gekauft, Größe 40/42 - und grübelte darüber nach, wann ich es zuletzt gewagt hätte, in einem solchen Kleid auf die Straße zu gehen. Zu der Zeit, als ich zuletzt knapp unter 100 Kilo gewogen habe, definitiv nicht. Wann das war, weiß ich zufälligerweise sogar ziemlich genau, das war kurz nach meinem Umzug in meine jetzige Wohnung im Jahr 2000, der ohne Urlaub sozusagen während des laufenden Betriebs stattfand; die Umzugshelfer zogen mir mehr oder weniger den Schreibtisch unter meinen zu bearbeitenden Papierstapeln weg. Ich stand so unter Streß, daß ich Schwindelanfälle bekam, und deswegen war ich beim Arzt, der mich unter anderem auf die Waage stellte. Ich selbst besaß ja lange Zeit gar keine. Die exakte Zahl weiß ich nicht mehr, aber es fehlte meiner Erinnerung nach nicht mehr viel zu den 100 Kilo. 2002 war ich im Krankenhaus, und da wurde ich ebenfalls gewogen und hatte ich 100 Kilo überschritten.

Also, ein Kleid, das so geschnitten ist, hätte ich damals vor zwanzig Jahren keinesfalls getragen, obwohl mein Körpergewicht ungefähr meinem jetzigen entsprochen hat. Ich legte damals großen Wert darauf, meine nichtvorhandene Taille zu kaschieren. Das habe ich jetzt, behauptet mein Spiegelbild, eigentlich nicht mehr nötig, die kleine Wölbung des Bäuchleins, das noch abgetragen werden muß, ist zwar erkennbar, fällt aber nicht wirklich unangenehm auf. Damals war mein Oberkörper auch viel wuchtiger. Irgendwie stimmen die Proportionen jetzt wieder, auch wenn ich noch über 20 Kilo abzunehmen habe, bis ich mein Zielgewicht erreicht habe.

Ein bißchen Statistik:

Ich mache das mit dem Intervallfasten seit 39 Monaten, und mit den 36-Stunden-Fastenintervallen habe ich vor 30 Monaten bei einem Körpergewicht von 127,6 Kilogramm ernsthaft begonnen. Die knappen 20 Kilogramm Abnahme davor - mit sehr viel kürzeren Fastenintervallen - führe ich praktisch ausschließlich darauf zurück, daß sich mein Hormonhaushalt durch das Fasten wieder normalisierte. Die extrem schnelle Abnahme fast exakt des Gewichts, das ich in den Monaten davor so extrem schnell zugenommen hatte, fand ein Ende, als der - wie ich vermute - "krankhafte" (und vermutlich auch eine echte Gesundheitsgefahr signalisierende) Teil meiner Gewichtszunahme wieder abgebaut war.

Ich glaube nicht, daß es mir gelungen wäre, mit meinem alten Fastenrhythmus (dreimal die Woche 18:6 bzw. 21:3 im wöchentlichen Wechsel) eine schleichende Gewichtszunahme zu verhindern, die bei mir offenbar genetisches Erbe ist und die mir, egal, was ich getan habe, bevor ich das Fasten entdeckte, im Jahr ca. ein Kilo plus beschert hat. Der konnte ich nur mit Fastenintervallen beikommen, die lang genug waren, um meinen Organismus zu zwingen, seinen Energiebedarf aus dem "Ersparten" zu decken.

In diesen 30 Monaten hatte ich, Stand heute früh, 331 Fastentage. Als ich letztes Frühjahr die durchschnittliche Abnahme pro Fastentag ausgerechnet habe, lag sie noch sehr viel höher als jetzt, nämlich bei 145 Gramm. Mittlerweile sind es nur noch 85. Ich bin mir aber nicht sicher, wie sich diese geringere Abnahme genau erklären läßt, also ob es wirklich eine geringere Abnahme an Fastentagen oder vielleicht doch eine höhere Zunahme an Eßtagen ist - oder eventuell auch beides. Das Desinteresse in der Epidemiologie am Fasten finde ich gerade dann, wenn ich nach Ansatzpunkten suche, um meine durchschnittliche Abnahme pro Fastentag vielleicht wieder zu erhöhen, wirklich ärgerlich, und in solchen Fragen hilft mir dummerweise auch Dr. Fung nicht weiter.

Es gibt zwei Bereiche, in denen ich Jason Fung mittlerweile kritischer sehe. Der eine ist, daß man bei ihm den Eindruck bekommen könnte, daß es keinen Unterschied macht, ob jemand mit 16 100 Kilo wiegt oder mit 60. Das ist aber eindeutig ein Unterschied, weil 16jährige, die 100 Kilo wiegen, noch vor dreißig Jahren eine ausgesprochene Seltenheit waren, während 60jährige mit diesem Gewicht schon damals - bei einer Körpergröße, wie ich sie habe - ziemlich verbreitet waren. Es sind also zwei verschiedene Problemstellungen, von denen eine schon uralt, aber die andere ziemlich neu ist, die dann wohl auch unterschiedliche Lösungsansätze benötigen. Und das zweite ist, daß man von ihm zwar viel über die anfänglichen Abnehmerfolge hört, aber kaum etwas darüber, wie sich die Abnahme im Lauf der Zeit entwickelt. Das ärgert mich ein bißchen, denn es vermittelt einen falschen Eindruck, und das in derselben Weise, wie es auch die von mir ein einem meiner letzten Posts kritisierten wissenschaftlichen Untersuchungen über die Wirkung von Diäten machen.

Ich vermute, meine Erfahrungen, daß es auch mit Fasten im Lauf der Zeit immer zäher wird, sind nicht untypisch, und wenn dagegen keine Strategien entwickelt werden, besteht die Gefahr, daß die Euphorie nach den Anfangserfolgen bei der Mehrheit der Fastenden in ein resigniertes "Auch nicht besser als andere Abnehmmethoden" umschlägt und Intervallfasten am Ende - wie Atkins, Montignac und andere Ansätze, die eher versehentlich hormonelle Faktoren (mit-)nutzten - auf dem Friedhof der Modediäten landet.

Das fände ich eine katastrophale Fehlentwicklung. Der hormonelle Ansatz hat mich absolut überzeugt, und ich bin vor allem sicher, daß - auch wenn spektakuläre Abnahmen zeitlich begrenzt sind - jedenfalls durch alle Abnehmmethoden, die diese hormonellen Faktoren nutzen (vor allem Intervallfasten und Low Carb) die bislang irrtümlich dem Übergewicht selbst zugeschriebenen Gesundheitsgefahren zu einem großen Teil beseitigt werden können, und zwar sogar dann, wenn das Körpergewicht weiterhin im angeblich gefährlichen Bereich liegen sollte.

Wenn niemand anderes bereit ist, herauszufinden, wie man seine Anfangserfolge beim Fasten erfolgreich fortsetzen kann - Vorschläge wie Kalorienzählen oder Sport treiben lehne ich dabei ab, weil das erste nachweislich innerhalb relativ kurzer Zeit fast bei jedem zum Bumerang wird und die Körperzusammensetzung oft negativ beeinflußt, während das zweite nur dann einen Sinn hat, wenn man es dauerhaft beibehalten will und kann -, werde ich eben weiter experimentieren müssen. Denn nachdem ich mir einmal ein Zielgewicht gesetzt habe, will und werde ich es auch erreichen. Es ist mir auch egal, wie lange ich dafür brauche; wenn man ohne Kompaß unterwegs ist und keine Wanderkarten existieren, muß man sich nun einmal darauf einstellen, daß man für seinen Weg ein bißchen länger braucht. Ich hoffe allerdings, daß ich mich in diesem Bereich als talentierter als beim Wandern herausstellen werde, denn ich bin berüchtigt dafür, mich in freier Wildbahn unweigerlich zu verlaufen und deshalb ein dankbarer Nutzer von GPS-Signalen, mit denen ich meinen Standort orten und wieder auf den richtigen Weg zurückfinden kann.

Im Moment interessiert mich vor allem, wie sich bei mir auswirken wird, daß ich jetzt übers Wochenende nur noch zwei statt drei Tage vor dem nächsten Fastentag esse. Sollte das alleine schon ausreichen, um mich unter 100 zu halten, war es vielleicht ja gar nicht eine geringere Abnahme an Fastentagen, sondern eine höhere Zunahme an den Eßtagen, die bei mir die Abnahme so verringert hat. Mir ist aber auch schon durch den Kopf gegangen, daß die an zwei Tagen gespeicherte Glukose schneller verbraucht sein wird als die von drei Tagen, also mein Körper an Fastentagen nach zwei Tagen, an denen ich gegessen habe, schneller wieder in den Fettverbrennungsmodus switcht als nach drei Tagen. Das würde die Frage aufwerfen, was wohl passieren würde, falls ich testhalber an einem Wochenende mal Low Carb essen würde.

So richtig kann ich mich mit dem Gedanken, Low Carb zu essen, nicht anfreunden, jedenfalls nicht als dauerhafte Lösung. Aber ausprobieren könnte ich es schon mal für ein Wochenende, nur um zu sehen, was dann passiert.

Aber das mache ich irgendwann anders, vorläufig bleibe ich auf dem Pfad, den ich jetzt eingeschlagen habe, und hoffe, daß ich nicht wie beim Wandern plötzlich merke, daß ich auf dem Holzweg gelandet bin. Es bleibt spannend, und mein Ziel bleibt weiterhin ein Gewicht von 73,5 Kilogramm.










Samstag, 27. Juni 2020

Bilanz meiner fünftägigen Fastenwoche

Mein Gewicht heute früh: 95,1 Kilogramm. Damit war meine fünftägige Fastenwoche ein ziemlich spektakulärer Erfolg, der mit einem Ergebnis von 2,2 Kilogramm unter meinem bisherigen Niedrigstgewicht meine Erwartungen deutlich getoppt hat. Trotzdem werde ich das in dieser Form nicht wiederholen. In den nächsten Wochen will ich bei drei Fastentagen die Woche bleiben, und sollte ich - was durchaus möglich ist - zu Beginn der Fastenwoche wieder über 100 Kilogramm rutschen, werde ich irgendwann mal eine viertägige Fastenwoche einschieben, aber dann vier Tage am Stück, nicht wie sonst mit einem Eßtag dazwischen. Fünf Tage ist, glaube ich, doch zu lang.

Mir gefiel an dieser Fastenwoche, daß sie wieder so einfach durchzuhalten war, aber am fünften Tag - vielleicht lag das aber zum Teil am schwülen Wetter - hat sich offenbar meine Darmflora von mir verabschiedet, jedenfalls mußte ich zweimal notfallmäßig "für kleine Fasterinnen", und das war verbunden mit heftigem Durst und sogar leichten Schwindelanfällen, die aber immer vergingen, wenn ich erst einmal auf dem stillen Örtchen gewesen war. Ich lernte außerdem, daß der Verdauungsprozeß bei mir fünf Tage zu dauern scheint, obwohl ich immer angenommen hatte, nach drei Tagen dürfte ich nichts mehr in meinem Verdauungstrakt haben. Die Fakten sprachen diese Woche aber eindeutig für einen längeren Verdauungsvorgang.

Was mich am meisten gefreut hat, ist, daß sich schon nach dem dritten Fastentag abgezeichnet hat, daß ich diesmal nicht unter meinen Erwartungen bleiben würde, wie mir das in den letzten Monaten häufig passiert ist.

Mein Mann hat gestern auch wieder gefastet, und diesmal mußte er abends richtig kämpfen. Wir haben deshalb vereinbart, daß wir gleich nach dem Aufstehen miteinander frühstücken, und das hat ihm beim Durchhalten geholfen. Daraus hat sich nebenbei noch ergeben, daß ich mich heute früh dreimal gewogen habe, nämlich das erste Mal vor dem Kaffee; da lag mein Gewicht bei 94,8 Kilogramm, dann nach dem Kaffee, da lag ich bei 95,1, und nach dem Frühstück bei 95,7 Kilogramm. Das war auch mal interessant. Normalerweise wiege ich mich immer nach dem Kaffee, deshalb ist 95,1 der "richtige", nämlich der Wert, mit dem ich die Werte der letzten Tage vergleichen muß. Bislang wußte ich nicht, welche Differenz sich daraus ergibt, weil auf die Waage steigen den Weg einen Stock tiefer erforderlich macht, was ich vor dem ersten Kaffee normalerweise nicht mache. Welchen Unterschied das Frühstück macht, wußte ich aber auch nicht. Also habe ich das jetzt auch mal gesehen.

Wir werden gleich abgeholt, um zur Kirschenernte zu fahren, also soll es das für heute gewesen sein. Aber meinen neuen Allzeit-Tiefststand wollte ich noch publik machen.













Donnerstag, 25. Juni 2020

50!

Mein Gewicht heute morgen, nach drei von fünf Fastentagen diese Woche: 96,8 Kilogramm. Damit habe ich zum ersten Mal eine Gewichtsabnahme von 50 Kilogramm überschritten, und ich nehme an, daß ich am Samstag auch noch ein bißchen weniger als heute wiegen werde ... wenn das auch keine Riesenschritte nach unten mehr sein werden. Angefangen habe ich am Montag mit 101,8 Kilogramm, Dienstag 99,8, Mittwoch 97,8. Mit viel Glück reiße ich diese Woche vielleicht auch noch die 96, aber da lasse ich mich überraschen, denn ab dem vierten Fastentag bewege ich mich wieder in unbekanntem Terrain und habe keine Ahnung, was weiter auf mich zukommen wird, während fünf Kilo Abnahme an drei Fastentagen in etwa das war, worauf ich auch spekuliert hatte. Was ich heute und morgen zusätzlich noch abnehmen werde, dürfte sich langsam der "echten" Abnahme annähern, also kaum noch Wasser enthalten. Das wird also zwangläufig weniger sein als bisher.

Mir geht es blendend, ich habe keinen Hunger und keine irgendwie physischen Beschwerden, allerdings leichte Blähungen, von denen ich keinen Schimmer habe, was sie ausgelöst haben mag, denn eigentlich kann sich in meinem Darmtrakt nach drei Tagen ja nicht mehr viel befinden. Vielleicht schlucke ich nachts im Schlaf eine Menge Luft? Der Erfolg schon nach drei Tagen sorgt zusätzlich für gute Laune. Es war, glaube ich, ein Glücksfall, daß ich just seit Ende letzter Woche so viel Arbeit auf dem Tisch habe, daß ich sie erst morgen fertigstellen werde. An solchen Tagen ist es eine Kleinigkeit, einfach nichts zu essen, weil ich mich auf anderes zu konzentrieren habe.

Am Montag hat nun auch mein Mann das erste Mal einen Fastentag eingelegt. Ihm kommt es nicht auf ein bestimmtes Gewicht an, er will nur seine Hosen wieder vernünftig zukriegen, deshalb hat er sich strikt geweigert, vorher auf die Waage zu steigen. Gestern hat er seinen zweiten Fastentag absolviert und mir gestanden, daß es ihm deutlich schwerer als beim ersten gefallen ist, ihn durchzuhalten, aber er merkt schon jetzt eine Veränderung um den Bauch herum, und das spornt ihn natürlich an, dabei zu bleiben. Er will künftig immer, wenn er Spätschicht hat, drei Tage die Woche, also Montag, Mittwoch und Freitag, fasten, in seinen Frühschichtwochen aber normal essen. Das ist eine vernünftige Herangehensweise, denn wenn er Spätschicht hat, kommt er so spät heim, daß er erst kurz vor Mitternacht essen kann, und daß ihm das nicht bekommt, merkt er schon seit geraumer Zeit.

Am Wochenende fahren wir zusammen zu meiner Mutter, um Kirschen zu ernten. Das wird spannend, nachdem ich eine ganze Woche lang nichts gegessen habe und wir von unseren üblichen Essenszeiten und -ritualen abweichen. Am Freitagabend werde ich deshalb meinen Verdauungstrakt mit einer Bouillon mit Ei darauf vorbereiten, daß er wieder aktiv werden sollte, und am Samstag gegen meine Gewohnheit gleich morgens eine Kleinigkeit frühstücken.

Soviel für diesmal; mir fehlt gerade die Zeit für irgendwelche tiefschürfenderen Betrachtungen, weil ich wieder an die Arbeit muß. Aber daß ich die 50 geknackt habe, die sich so hartnäckig und lange gewehrt hatte, mußte ich jetzt doch noch rasch öffentlich verkünden. ;-)





Montag, 15. Juni 2020

Warum Vorurteile unvermeidlich sind

Mein Gewicht heute morgen: 101,5 Kilogramm. Hört sich besser an, als es eigentlich ist, denn normalerweise hätte ich erst morgen meinen ersten Fastentag der Woche gehabt, aber weil die letzte Woche recht enttäuschend verlaufen ist, habe ich mich entschieden, bis auf weiteres auch in den Frühschichtwochen meines Mannes drei Tage zu fasten, bis ich endlich stabil und dauerhaft unter die 100 Kilo gekommen bin. Ich spiele gerade außerdem mit dem Gedanken, nächste Woche wirklich einmal die ganze Woche durchzufasten, also von Montag bis Freitag, wobei ich aber am Freitag vermutlich schon abends eine Kleinigkeit essen werde, um am Samstag vernünftig frühstücken zu können, ohne daß meine Verdauung sofort einen Salto schlägt.

Aber ob ich das wirklich machen werde, habe ich noch nicht definitiv entschieden.

Ansonsten beschäftigt mich gedanklich gerade vor allem die aktuelle Rassismus-Debatte, in der meinem Gefühl nach einiges aus dem Ruder gelaufen ist.

Die Proteste in den USA finde ich dabei durchaus einleuchtend, auch wenn ich mich frage, wie sehr sie die dortige bedenkliche Corona-Situation verschlimmern könnten. Die "Black Lives Matter"-Bewegung, unter deren Namen das läuft, hat dabei allerdings das wahrscheinlich unverdiente Pech, daß sie mir zum ersten Mal bei einer Gelegenheit richtig aufgefallen war, in der sich manche ihrer Aktivisten nicht gerade mit Ruhm bekleckert haben. Die hatten nämlich irgendeine Online-Kampagne just zu der Zeit, als die Terroranschläge von Paris die Welt erschütterten. Während Twitter überlief vor Trauerbekundungen und Entsetzen sah ich auch Tweets von BLM-Aktivisten, die sich in ziemlich weinerlichem Ton darüber beschwert haben, daß nun ihr Anliegen zu wenig Aufmerksamkeit erlangte. Das schien mir bemerkenswert unempathisch für jemanden, der von anderen für die eigenen Anliegen Empathie verlangt.

Im Kopf weiß ich genau, daß diese Tweets die BLM-Bewegung nicht ausmachen, aber das ändert nichts daran, daß sie bis heute das erste sind, was mir einfällt, wenn ich höre oder lese "Black Lives Matter". Es ist ein Ausdruck meiner Vorurteile, allerdings dennoch kein Rassismus, denn diese Vorurteile hängen nicht mit Hautfarbe, sondern mit meiner generell eher reservierten Haltung gegenüber Massenbewegungen zusammen. In allen weltanschaulichen Bewegungen gibt es meiner Beobachtung nach einen Hang dazu, daß die radikalsten Ansichten und die skrupellosesten Akteure sich mittelfristig durchsetzen, weshalb ich zum Beispiel auch gar nicht unglücklich darüber bin, daß man mittlerweile nicht mehr allzu viel von Fridays for Future hört.

Besonders irritierend finde ich aber, was für Diskussionen über Rassismus in Deutschland ausgelöst wurden.

Wir haben beim Thema Rassismus ein Definitionsproblem, das mir erst vor ein paar Jahren bewußt wurde, als ich in einer Diskussion erkannte, daß mein Kontrahent und ich von völlig verschiedenen Definitionen von Rassismus ausgegangen waren und deshalb total aneinander vorbeiargumentiert hatten. Rassismus, das habe ich damals gelernt, drückt jedes Vorurteil gegenüber Menschen anderer ethnischer Herkunft aus, unabhängig von den Absichten, mit denen sie geäußert werden, und sogar unabhängig von der Frage, ob sie überhaupt irgendeine Wirkung erzielen. Theoretisch könnte es sogar ein "positives Vorurteil" sein, also indem man einer bestimmten Ethnie unterschiebt, sie unterscheide sich positiv von Menschen anderer Herkunft.

Das Problem ist, diese Art von Rassismus - wenn man dies als die korrekte Definition von "Rassismus" akzeptiert - kann man gar nicht sinnvoll bekämpfen, und deshalb sind entsprechende Forderungen von vornherein sinnlos. Vorurteile sind eine notwendige Vorstufe von Urteilen, sozusagen die Arbeitshypothese der Einzelperson über alles, was sie nicht aus eigener Erfahrung kennt, worüber sie aber schon gehört oder gelesen hat. Erst die persönliche Erfahrung verändert das Vorurteil zu einem echten Urteil.

Wenn also ein in Deutschland geborener Schwarzer ständig gefragt wird, wo er herkomme, hängt das damit zusammen, daß in Deutschland geborene Schwarze seltener zum Repertoire der persönlichen Erfahrungen gehören als Schwarze, die aus anderen Ländern eingewandert sind. Bekommt der Frager die Antwort, man sei in Deutschland geboren, hat man sein Erfahrungswissen also verändert.

So gut ich verstehen kann, daß diese Frage die Betroffenen nervt, die Dramatisierung solcher Erfahrungen leuchtet mir nicht ein. Vergleichbare Dinge passieren ja auch Weißen, die auf irgendeine andere Weise "anders" sind, von Rollstuhlfahrern über Kleinwüchsigen bis hin zu stark Übergewichtigen. In meiner Kindheit ging mir das auch als Brillenträgerin noch so. Ich bin kurzsichtig und bekam meine erste Brille schon in Klasse 1, als sich herausstellte, daß ich Wörter auf der Tafel nicht entziffern konnte. Bis zum Ende meiner Schulzeit war ich immerhin nicht mehr die einzige Brillenträgerin in der Klasse, aber blöde Sprüche mußte ich mir noch mit 16, 17 Jahren anhören. Ein paar Jahre später war die Sache dann gekippt, Brillen wurden von einem medizinischen Hilfsmittel zu einem modischen Accessoire, und manche Leute trugen sogar Brillen mit Fensterglas, weil sie auf das Accessoire Brille nicht verzichten wollten.

Eine Nachbarin, die ca. zehn Jahre älter ist als ich, hat mir überzeugend und glaubwürdig davon erzählt, wie sie als Kind darunter gelitten hat, daß sie rothaarig war, weil sie gnadenlos deswegen gehänselt wurde. Das war mir selbst schon ganz fremd; irgendwann in der Hippiezeit war Henna ja in Mode gekommen und damit hörten rote Haare auf, aus dem Rahmen des Üblichen zu fallen. Andererseits hätte sie auch einen noch viel schlechteren historischen Zeitpunkt erwischen können, um rothaarig geboren zu werden, denn im Zeitalter der Hexenverfolgung wäre sie mit roten Haaren wohl ein paar Grade gefährdeter als andere Frauen gewesen, ins Fadenkreuz der Inquisition zu geraten.

Was man ganz bestimmt nicht abschaffen kann, ist, daß das auffallend andere als anders auffällt. Ein Deutscher schwarzer Hautfarbe fällt als "anders" auf, weil die Mehrheit weiß ist. Wo Schwarze ein vergleichsweise seltener und deshalb ungewohnter Anblick sind - also in Großstädten mittlerweile eher nicht mehr so sehr, aber je ländlicher die Gegend, desto wahrscheinlicher -, ziehen sie auch neugierige Blicke auf sich und bekommen Fragen gestellt, die ihnen dumm vorkommen können. Genau dasselbe passiert auch Weißen in Asien oder Afrika in Gegenden, die keine Tourismushochburgen sind, das kann man jeden x-beliebigen Rucksacktouristen oder Expat fragen. Und solange Schwarze typischerweise aus anderen Ländern nach Deutschland gekommen sind, wird auch die Frage nach der Herkunft nicht auszurotten sein, egal wie lästig sie den Betroffenen fällt.

Es ist auch nicht möglich, zu verhindern, daß dies – was sicherlich keine Seltenheit ist, und ich begreife auch, daß das unangenehm ist – auf dümmliche Weise geschieht. Die Bevölkerungsmehrheit ist meiner Erfahrung nach von vornherein außerstande, außerhalb ihres gewohnten Bezugsrahmens besonders intelligent zu reagieren, und davon betroffen sind auch nicht exklusiv Schwarze. Fragen Sie dazu gerne jeden x-beliebigen Rollstuhlfahrer – oder einen stark Übergewichtigen. Deswegen halte ich solche Leute weder für dumm noch für böse; in dem Rahmen, mit dem sie vertraut sind, sind die meisten der Leute, die ich hier meine, weder das eine noch das andere. Schwierigkeiten entstehen nur außerhalb dieses Rahmens. Das ist eine Gegebenheit, die man einfach als vorhanden anerkennen und sie aushalten muß; sie vergeht nämlich nicht, nur weil im Chor ultimativ verlangt wird, daß sie auf der Stelle aufhören müsse.

Ich fände es besser, die heute als verbindliche geltende Definition von "Rassismus" so zu verändern, daß sie nicht dazu führt, daß im hohen moralischen Ton ständig unerfüllbare Forderungen wie die gerade beschriebenen damit verknüpft werden. Denn weder offener oder versteckter Rassenhaß noch strukturelle Benachteiligungen sind etwas, was wir als Gesellschaft einfach hinnehmen sollten. Mir fehlt hier ein Sinn für Prioritäten, wenn sich die Leute ausufernd über läppischen Kram wie die Frage nach der Herkunft beschweren, die lästig, aber unter dem Strich harmlos sind. 

Ich oute mich hiermit selbst in einer weniger harmlosen Frage als einen Rassisten, nämlich in meiner Eigenschaft als Vermieterin. Um das zu erklären, muß ich ein bißchen weiter ausholen:

Als Vermieterin bin ich „vom alten Schlag“: Mit mir kann man nicht nur per Handschlag Vereinbarungen treffen, ich verlange auch weder Verdienstnachweis noch Schufa-Auskunft und noch nicht einmal eine Kaution, ich gehe nämlich davon aus, daß die Zahlungsfähigkeit gegenüber der Zahlungswilligkeit eine nachrangige Frage ist, also interessiere ich mich vor allem für letztere.

Wenn ich eine Wohnung vermiete, entscheide ich – neben meinem „Näschen“ für den richtigen Bewerber – normalerweise nach dem Kriterium, welcher der Bewerber den größten Vorteil davon hat, speziell diese Wohnung mieten zu können, weil ich davon ausgehe, daß genau dieser Mieter im Zweifelsfall alle Hebel in Bewegung setzen wird, um irgendwie das Geld für die Miete aufzutreiben, wenn es bei ihm finanziell einmal klemmt. Damit bin ich jetzt auch zwanzig Jahre lang gut gefahren, obwohl mir klar ist, daß ich irgendwann auch mal den berühmten Griff ins Klo machen kann. Denn natürlich gibt es Leute, die mit Großzügigkeit und Entgegenkommen nicht umgehen können und sich einbilden, dies sei eine Einladung, mit einem Schlitten zu fahren. (Bislang hatte ich noch nie einen solchen Mieter, aber sollte sich das ändern, wird er rasch merken, daß ich auch ganz anders kann, und er wird es ziemlich schnell bereuen, mich unterschätzt zu haben.)

Mein strukturelles Rassismusproblem als Vermieter lautet: Ich fühle mich außerstande, Menschen sicher genug einzuschätzen, deren kultureller Background meinem nicht ähnelt, und selbstverständlich ist das für ausländische Bewerber ein erheblicher Nachteil. Nur, diesen Nachteil kann ich nicht ändern.

Bei allem Respekt, ich vermiete nicht, weil ich anderen damit möglichst viel Gutes tun will, sondern diese Wohnungen sind Bestandteil meiner Altersvorsorge; noch habe ich einen Haufen Schulden, für die ich pünktlich Zins und Tilgung leisten muß, und wenn alles so läuft, wie ich das geplant habe, stehen mir, wenn ich mich zur Ruhe setze, die Mieteinnahmen für meinen Lebensunterhalt zur Verfügung. Sollten die damit verbundenen moralischen Ansprüche gegen mich - die ich, siehe oben, grundsätzlich berechtigt finde - mich meinem Empfinden nach über Gebühr benachteiligen, würde ich meine Wohnungen verkaufen und meine Altersvorsorge irgendwie anders regeln.

Das heißt, die berechtigten Interessen des Mieters und meine berechtigten Interessen müssen unter einen Hut gebracht werden können, damit ich bereit bin, mit ihm ein Vertragsverhältnis einzugehen. Dabei ist mein zentrales Kriterium, daß ich die Sache am liebsten so unkompliziert wie möglich haben möchte. Ich vermiete nicht zu Wucherpreisen, sondern bleibe innerhalb des Rahmens, den der Mietspiegel gibt, aber mir ist ein Mieter dann natürlich auch am liebsten, der nicht wegen jedes tropfenden Wasserhahns bei mir auf der Matte steht, sondern sich - in einem vertretbaren Rahmen - auch ein bißchen selbst zu helfen weiß. Daneben möchte ich natürlich meine Miete regelmäßig und pünktlich haben, und ich möchte auch keine ständigen Beschwerden der Nachbarn über meinen Mieter.

Komme ich zu dem Schluß, daß jemand diese Kriterien erfüllt, sind mir Hautfarbe, Herkunft, Alter und Geschlecht egal. Allerdings vermitteln Männer deutscher Herkunft diesen Eindruck häufiger überzeugend als andere Mietinteressenten. Das ist einfach so, ich kann's nicht ändern, und meine bislang einzige weibliche Mieterin hat meine Vorurteile durch komplette handwerkliche Hilflosigkeit eher noch verschlimmert. Daß ich ihr manchmal keinen Handwerker bestelle, sondern ihr ein YouTube-Video mit einer Anleitung für Anfänger schicke, wenn bei ihr in der Wohnung irgendeine harmlose Kleinigkeit nicht funktioniert, hat sie inzwischen gelernt.

Das alles hat mich aber nicht daran gehindert, vor einigen Jahren eine Wohnung an einen afghanischen Flüchtling zu vermieten, der bis dahin im Flüchtlingswohnheim gelebt hatte. Diesen Mieter hatte mir mein Mann empfohlen, der von ihm als neuen Arbeitskollegen rasch eine hohe Meinung bekommen hatte. Nach mehreren Jahren kann ich ein Zwischenfazit ziehen: Es gibt im Umgang mit ihm schon so ein gewisses kulturelles Dingens, das ein paar Reibungsflächen bietet. Aber im Großen und Ganzen funktioniert die Sache gut, also will ich nicht meckern. Was Vermieter in Deutschland anders haben wollen als in Afghanistan, lernt man am besten nach der Methode Learning by doing, und dafür braucht man erst einmal einen ersten Vermieter. Der bin jetzt halt ich. Den Mehraufwand, den mich das im Vergleich zu meinen sonstigen Mietverhältnissen gekostet hat, schenke ich unserer Gesellschaft, denn für die ist mein Mieter meiner Meinung nach ein Gewinn.

Was lernen wir daraus über strukturellen Rassismus? Persönliche Beziehungen schlagen die Strukturen, genauso, wie sie auch Vorurteile in Urteile verändern können. Strukturen wie Vorurteile verändern sich, aber nicht von alleine und auch nicht, indem man sich möglichst laut über sie beschwert, sondern dadurch, daß ihre Anpassung sich als sinnvoll herausstellt. Wenn genügend Leute die persönliche Erfahrung gemacht haben, daß ihnen bislang unbekannte Schwarze häufig fließend Deutsch sprechen, in Deutschland geboren und/oder deutsche Staatsbürger sind, liegt die Frage nach Herkunft einfach nicht mehr nahe; bis dahin müssen die davon Betroffenen solche Fragen meiner Meinung nach aushalten. Wer keine gravierenderen Beschwerden über selbst erlebten Rassismus vorzubringen hat, der hat nur ein Luxusproblem, das er meiner Meinung nach genauso aushalten kann wie ich die Reibungsverluste in meinem Mietverhältnis.


Freitag, 5. Juni 2020

Ich bin zu alt für diesen Scheiß

Mein Gewicht heute früh: 98,6 Kilogramm, das ist im Bereich befriedigend bis ausreichend, einerseits kein Grund zum Meckern, andererseits aber auch kein Grund, in Jubel auszubrechen, und eigentlich nur deshalb von Interesse, weil eine Wirkung des EMS-Trainings - immerhin das erste nach ca. zehn Wochen - nicht einmal mit einem Mikroskop erkennbar ist. Zwischendurch fragte ich mich ja schon, ob ich diese Wirkung vielleicht doch unterschätzt haben könnte.

Wenn ich mein heutiges Gewicht mit dem vergleiche, bei dem ich vor ca. einem halben Jahr stand, dann bin ich eigentlich nicht so wahnsinnig unzufrieden. Die letzte Novemberwoche letztes Jahr, die ich zu diesem Vergleich heranziehen muß, weil ich in jener Woche ebenfalls zwei Mal gefastet habe, lag ich am Freitag nach dem zweiten Fastentag der Woche bei 103,2 Kilogramm. Und vor einem ganzen Jahr, am 31.5.2019, ebenfalls ein Freitag nach einer Woche mit zwei Fastentagen, wog ich 107,5 Kilogramm.

Damit wiege ich heute knappe 9 Kilogramm weniger als vor einem Jahr und 4,6 Kilogramm weniger als vor einem halben Jahr. Nach Bauchgefühl hätte ich jetzt noch weniger befürchtet, weil es gerade in den letzten Wochen nur im Schneckentempo vorwärts gegangen ist. Aber auch Schnecken kommen vorwärts, wie man sieht, auch wenn ich meine spezielle Schnecke gerne wieder auf ein Tempo von mehr als 10 Kilo pro Jahr brächte. Aber im Zweifelsfall begnüge ich mich lieber mit dem, was meine Methode hergibt, als mir etwas auszudenken, das ich nicht für den Rest meines Lebens weitermachen würde.

Es zeichnet sich außerdem ab, daß ich mich aus dem Forum Abnehmen.com zurückziehen werde. Ich habe mich dort heute über eine Moderatorenentscheidung geärgert, und zwar weniger über die Entscheidung als solche, sondern darüber, daß jeder etwaige Einwand dagegen mit einer Threadschließung von vornherein abgewürgt wurde. Bin ich zickig, wenn ich keine Lust habe, so mit mir umspringen zu lassen?

Falls es zickig sein sollte, ist es eigentlich aber auch egal. Ich habe definitiv keine Lust darauf, man kann die Sache drehen und wenden, wie man will. Ich bin einfach zu alt für diese Art von Scheiß.

Bei allem Respekt vor Forumsmoderatoren - und ich unterschätze den Aufwand und die Verantwortung nicht, ich habe nämlich selbst schon ein Forum mit kontroversen politischen Themen moderiert -, habe ich doch keine Lust, meine Zeit in Diskussionsplattformen zu verbringen, in denen die Grenze zwischen akzeptierten und nicht akzeptierten Themen erstens nirgends niedergeschrieben, sondern eine Art Geheimwissenschaft einer eingeweihten Elite und zweitens nicht verhandelbar ist. Und ich habe mich nicht in den letzten Jahren nach und nach aus allen politischen Diskussionsplattformen abgemeldet, weil ich es so entwürdigend finde, mich dem unhinterfragbaren Urteil irgendwelcher undurchschaubaren und oft willkürlich wirkenden Zensoren im Hintergrund zu unterwerfen, um mich jetzt dort wieder mit so etwas ähnlichem arrangieren zu müssen. Auch wenn es, zugegebenermaßen, das erste Mal ist, daß mir in diesem Forum eine Moderation überhaupt aufgefallen ist.

Konkret ging es darum, daß ein Thema geschlossen wurde, in dem eine Teilnehmerin ihre einwöchige Nulldiät ankündigte. Nulldiäten fallen offenbar unter die im Forum "verbotenen" Methoden, abzunehmen, und werde auf dieselbe Stufe wie Eßstörungen, Untergewicht und Bulimie gestellt, was ich für ziemlich lächerlich halte.

Die Grundproblematik verstehe ich dabei eigentlich schon, und ebenso, daß es schwierig ist, eine Grenze zu ziehen zwischen dem, was akzeptiert wird und was nicht mehr als akzeptabel gilt. Das zugrundeliegende Problem ist, daß es ja eigentlich schon ein Ausdruck einer Eßstörung ist, wenn man sein Gewicht zum zentralen Dreh- und Angelpunkt seines ganzen Lebens macht. Aber das ist ein kulturelles Dingsbums, das uns schon seit Jahrzehnten begleitet und wahrscheinlich bei jedem unterschwellig präsent ist. Schon in meiner Teenagerzeit war es ja so, daß man aus allen Richtungen mit Propaganda überschüttet wurde, von der unvermeidlichen Brigitte-Diät bis zu AOK-Broschüren und natürlich einer Menge einschlägiger Bücher, von Atkins bis Kohlsuppendiät. Dazu kamen das Trimm-dich-Männchen, Jogging, Aerobic und so weiter. Als ich meine erste Diät hielt, mit 13, war ich, technisch gesehen, noch im Normalgewichtsbereich. De facto war ich aber erkennbar ein bißchen "mehr" als die Mädels um mich herum ... und sogar die fingen damals in dem Alter schon an mit den Diäten, weil eben Normalgewicht nur ein Trostpreis ist, wenn man auch ein Idealgewicht erlangen könnte, bei dem man ja schon am Namen ablesen kann, daß man mit ihm eine Art von strahlender Perfektion erlangen kann, während man andernfalls nur irgendwie langweilig normal ist.

Ich erinnere mich noch, daß ich mir damals mit 13 (und bei einem Lebendgewicht von ca. 70 Kilo) ein Gewicht unter 60 Kilo gewünscht hätte, welche genaue Zahl ich dabei im Kopf hatte, daran erinnere ich mich nicht mehr. Neugiershalber habe ich mal nachgesehen: Laut BMI-Rechner wäre ich zwischen 54 und 70 Kilogramm im Normalgewichtsbereich. Das heißt, auch ich habe mich damals an einem vermeintlichen Optimum von "möglichst nahe an der Untergewichtsgrenze" orientiert, was ich rückblickend ziemlich kritisch sehe. Es ist auch der Grund, warum mein Zielgewicht ein bißchen höher liegt als die Grenze zum "offiziellen" Normalgewichtsbereich. Ich habe überhaupt keinen Grund, den falschen Idealen meiner Teenagerzeit (falsch deshalb, weil sie mir von außen als vermeintliche Norm präsentiert wurden, der ich glaubte, genügen zu müssen, statt sie kritisch zu hinterfragen) immer noch nachzujagen. Auch für diese Art von Scheiß fühle ich mich inzwischen zu alt.

Oder, um es anders zu formulieren: Ich kann heute nachsichtig über mich selbst lächeln. Auch darüber, daß ich, als ich später damit begann, das Idealgewicht kritisch zu hinterfragen, erst recht alles falsch gemacht habe, indem ich annahm, daß mein Gewicht sich an seinem "Set Point" schon einpendeln würde. So stand das in den "Anti-Diät-Ratgebern", denen ich alleine schon deshalb glaubte, weil mir die praktische Anwendung der Diätratschläge ja gezeigt hatte, daß sie nicht einmal bei regelmäßiger Wiederholung das Ergebnis brachten, das sie angeblich bringen sollten. Daß jemand, der den Fehler eines anderen korrekt benennen konnte, deshalb noch lange nicht selbst die richtige Lösung gefunden haben muß, habe ich sozusagen auf die harte Tour gelernt.

Abnehmen ist ein Thema, bei dem der Menschheit und dem Gesundheitswesen vermutlich ein Dienst erwiesen würde, wenn ein Publikationsverbot für Abnehmratschläge verhängt würde, die sich nicht im praktischen Selbstversuch beim Autor sowie mindestens zwanzig Prozent einer zuvor ausgewählten Gruppe von Anwendern als dauerhaft (= mindestens über fünf Jahre hinweg) hilfreich erweisen. Und das hätte sich auch schon in meinen Teenagerjahren gelohnt.

So ein Forum zu diesem Thema ist aber schon eine Gratwanderung. Auch dort schlagen ja öfter mal Mädels auf, bei denen es auch nur um drei oder vier Kilo hin oder her geht, die ihnen zum ersehnten BMI 20 oder 19 fehlen. Weniger als 19 wäre Untergewicht, und solche Zielsetzungen wären für das Forum nicht mehr akzeptabel, und das leuchtet mir auch ein. Aber ist es nicht auch schon ein bedenkliches Zeichen, wenn jemand von BMI 22 oder 23 auf BMI 19 kommen will, wie das auch meine Altersgenossinnen damals wollten? Hindern kann man natürlich niemanden daran, aber ob man es wirklich unterstützen sollte?

Wenn ja, wüßte ich allerdings nicht, warum Fasten, also: eine Nulldiät (über einen begrenzten Zeitraum von, ja, bis zu einer Woche) dafür bei einem gesunden Erwachsenen nicht in Frage käme. Daß man das Fasten abbrechen sollte, falls sich unerwartete Beschwerden einstellen, versteht sich dabei natürlich von selbst. Evolutionsbiologisch gibt es gar nichts Normaleres, als vorübergehend nicht zu essen, auch ohne irgendwelche esoterischen Vorbereitungen (weil es während des längsten Teils der Menschheitsgeschichte öfter mal vorkommen konnte, daß gar nichts zu essen verfügbar war, was auch ohne Vorwarnung passieren konnte). Der menschliche Stoffwechsel ist meinem Eindruck nach darauf eingestellt. Ich jedenfalls habe mich noch nie irgendwie darauf vorbereitet, wenn ich ein dreitägiges Fastenintervall vorhatte, ich habe einfach aufgehört zu essen.

Länger als drei Tage habe ich noch nie gefastet, aber ich wüßte keinen Grund, warum das, was ich schon drei Tage lang gemacht habe, nicht auch sieben Tage lang gemacht werden könnte. Tatsächlich habe ich ja die Erfahrung gemacht, daß der zweite und dritte Fastentag total easy sind, man bekommt anders als am ersten Tag überhaupt keinen Hunger mehr, und irgendwelche Schwächegefühle sind auch nicht damit verbunden. Ich habe normal gearbeitet und auch mein EMS-Training schon im Anschluß an mehrere aufeinanderfolgende Fastentage gemacht, ohne mich irgendwie anders als sonst dabei zu fühlen. Warum das am vierten bis siebten Tag plötzlich in etwas Lebensgefährliches umschlagen sollte, leuchtet mir so wenig ein, daß ich es vielleicht wirklich einmal selbst ausprobieren sollte. Allerdings glaube ich nicht so recht daran, daß es mir beim Abnehmen einen echten Vorteil bringen wird, weil ich vermute, an irgendeinem Punkt stellt der Stoffwechsel auch beim Fasten auf Sparmodus um, und ich argwöhne, das geschieht schon vor dem siebten Fastentag. Vielleicht beschränke ich mich also doch lieber auf fünf Tage, mit denen fühle ich mich sicherer, weil die Ausschüttung des Wachstumshormons am fünften Tag in einer Reihe von Fasten-Experimenten ihren Höhepunkt erreichte und ich mir deshalb nicht vorstellen kann, daß gleichzeitig der Stoffwechsel schon auf Sparflamme schaltet.

Besonders absurd kommt mir diese Einordnung des "Gar nicht essens" in die Rubrik der gefährlichen und mit Eßstörungen verbundenen Methoden vor, wenn ich sehe, daß weder Abnehmtabletten noch die  ambulanten chirurgischen Methoden von Magenballon bis POSE-Verfahren in diesem Forum ein Tabu sind, deren Risiken mir sogar noch höher vorkommen als die einer chirurgischen Magenverkleinerung, der immerhin ausgedehnte ärztliche Beratungen und Genehmigungsverfahren der Krankenkassen vorausgehen und die mit einer dauerhaften ärztlichen Überwachung verbunden ist.

Daß ein solches Forum aufpassen muß, um nicht für die Dummheiten eines Teilnehmers mitverantwortlich gemacht zu werden, wenn sie zu ernsthaften Gesundheitsschäden führen, leuchtet mir natürlich schon ein. Und nach welchen Kriterien Inhalte als unerwünscht gelten, muß ich auch akzeptieren, immerhin liegt das im Ermessen der Eigentümer dieser Plattform, die dort gewissermaßen meine Gastgeber sind und die "Hausordnung" festlegen. Aber wo mir die Hausordnung nicht gefällt, muß ich keine Besuche machen. So halte ich das im "richtigen Leben" ja auch.

Na ja, wie auch immer. Ich werde jetzt noch eine Nacht darüber schlafen, und morgen entscheide ich, ob ich mich ganz aus dem Forum abmelde. Einerseits ist es ja nett, sich dort mit anderen austauschen zu können, andererseits kostet es natürlich aber auch Zeit. Wenn ich diese Zeit künftig übrig habe, schaffe ich es vielleicht ja, hier etwas regelmäßiger zu schreiben. 

Mittwoch, 3. Juni 2020

Unspektakulär, aber wichtig

Heute früh wog ich 98,8 Kilogramm, das klingt nicht spektakulär, ist aber bedeutsam, denn es ist das erste Mal, daß ein einziger Fastentag nach dem Wochenende mich unter 99 Kilo gebracht hat.  Mein Gewicht gestern früh zu Beginn des ersten Fastentags in dieser Woche (diesmal sind es zwei mit einem Eßtag dazwischen) lag bei 101,0 Kilogramm, ebenfalls scheinbar unspektakulär, aber der niedrigste Vorher-Wert nach einem Wochenende, den ich jemals hatte.

Daß mein Gewicht seit einem guten halben Jahr dauernd stur wieder auf bereits gehabte Gewichte zurückbouncte, egal, wie weit ich nach dem Fasten heruntergekommen war, hat mich in den letzten Monaten doch etwas zermürbt. Letzte Woche zum Beispiel fing ich mit enttäuschenden 103,2 Kilogramm an. Jetzt ist es mir also endlich gelungen, diese gläserne Decke zu durchbrechen. Mit einem weiteren neuen Tiefststand auch vor dem Wochenende (zu unterbieten wären 97,3 Kilogramm) rechne ich diese Woche aber nicht, dafür sind zwei Fastentage doch zu wenig. Aber vielleicht nächste Woche mit dann drei Fastentagen?

Heute habe ich außerdem den ersten von meinen zwei noch ausstehenden EMS-Trainingstagen. Ich hatte ja meinen Vertrag gekündigt und zwei Trainings waren noch offen, als der Corona-Shutdown kam. Seit heute ist das Studio wieder offen, und da ich beide Trainings schon bezahlt habe, bin ich dort jetzt ein "offener Posten", der nach dem Willen des Geschäftsführers abgearbeitet werden soll, was sich für mich zugegebenermaßen etwas merkwürdig anfühlt. 

Daß das erste Training in einer "kurzen" Fastenwoche stattfindet, kommt mir ganz gelegen. Ob und wenn ja wie groß der Einfluß des weggefallenen Trainings auf meine verlangsamte Gewichtsabnahme gewesen ist, weiß ich nicht, aber sollte ich diese Woche mehr abnehmen, als ich erwartet hätte, ist dieser Einfluß wohl doch größer, als ich vermutet habe. Was ich in diesem Fall machen werde, weiß ich noch nicht so genau. Eigentlich habe ich nämlich keine große Lust mehr auf einen fixen wöchentlichen Termin. Vielleicht entschließe ich mich aber dazu, mir im Oktober eine Zehnerkarte zu kaufen und damit speziell meiner alljährlichen Zunahme-Phase, mit der ich diesen Herbst ja auch wieder rechnen muß, etwas gezielter gegenzusteuern.

Aber das muß ich jetzt noch nicht entscheiden.

Mein Mann hat mich gestern damit überrascht, daß er gerade ernsthaft darüber nachdenkt, ebenfalls mit dem Intervallfasten zu beginnen. Im Moment gruselt es ihn noch ein bißchen davor, aber er hat das Gefühl, daß mit seinem Stoffwechsel etwas nicht stimmt. Ich schlug ihm vor, er könne es ja stattdessen ja auch mit Low Carb probieren, und er fragte ganz entsetzt zurück: "Keine Rosmarinkartoffeln mehr?" Rosmarinkartoffeln hatte ich, zum ersten Mal seit Gottweißwann, am Wochenende gemacht, als Beilage zu gefüllten Champignons, und er war völlig hin und weg davon. Noch so etwas scheinbar Unspektakuläres, das gefühlt eine Riesenbedeutung bekommen hat.

Also wird es wohl für ihn aufs Fasten hinauslaufen, wenn und falls er sich dazu entschließt, etwas gegen seine wachsende Wampe zu tun. Er hat recht, seit ca. letztem Jahr hat sich da etwas verändert, auch optisch. Sogar meine Mutter hat mich schon darauf angesprochen. Ich werde allerdings den Teufel tun und ihn zu irgendetwas zu überreden versuchen, was sie mir dabei wohl andeuten wollte. Aber auf dem Ohr höre ich schlecht. Solche Maßnahmen muß man schon selbst wollen, und ich erinnere mich noch gut daran, daß ich mir anfangs 36stündige Fastenintervalle überhaupt nicht vorstellen konnte - bis ich sie einmal ausprobiert hatte. Kürzere Intervalle kommen bei ihm dummerweise nicht in Frage, weil sein gewohnter Essensrhythmus ohnehin ziemlich nahe an 16:8 liegt, aber keinerlei Wirkung zeigt.

Schauen wir mal. Ich würde mich freuen, wenn er es probieren sollte. Im Moment ringt er noch mit sich, aber falls er es machen sollte, wird er es wohl als Erstes in seinen Spätschichtwochen versuchen, weil ihm da die Essenszeiten ohnehin nicht behagen. Er kommt erst gegen 23 Uhr nach Hause und hat schon länger das Gefühl, es bekommt ihm nicht, wenn er so spät noch ißt.

Mehr fällt mir gerade nicht ein, und ich muß jetzt auch gleich aus dem Haus. Also belasse ich es heute mal bei diesem durch und durch unspektakulären Blogbeitrag.