Freitag, 28. Februar 2020

Die Rolle der Kalorien bei Zu- und Abnahme

Mein Gewicht heute früh: 99,5 Kilogramm nach dem gestrigen Eßtag, dem eine spontane dreitägige Fastenphase vorausgegangen war. Heute faste ich wieder "normal" einen Tag lang. Morgen früh wird es spannend: Knacke ich mein bisheriges Tiefstgewicht von 98,1 Kilogramm? Dazu bräuchte ich nur eine Abnahme von 1,5 Kilogramm, und das kommt mir nicht unmöglich vor.

Der Beton hat sich aus meinem Gedärm verabschiedet, aber nicht etwa schon gestern früh, sondern erst, als ich gegen halb eins endlich gefrühstückt habe. So lange hatte ich eigentlich gar nicht warten wollen mit dem Essen. Ich hatte um 11 Uhr Training und wollte eigentlich im Anschluß daran etwas vom Bäcker holen, bevor ich auf den Wochenmarkt gehe. Umgestimmt hat mich eine perfekt getimte Warnung auf Twitter, kurz bevor ich losmusste, vor dem "flotten Otto", der bei mehrtägigen Fastenintervallen wohl nach der ersten Mahlzeit keine Seltenheit ist. Bei meinen betonierten Gedärmen war ohnehin zu erwarten, daß es ein "schwungvolleres" Ende geben wird. Für so was sollte man sich doch besser in der Nähe der eigenen Toilette befinden, also habe ich das Frühstück doch lieber verschoben, bis ich wieder daheim war.

Die Warnung enthielt außerdem die Empfehlung, um diese Wirkung zu vermeiden, ein Glas Wasser mit einem Teelöffel Flohsamenschalen eine halbe Stunde vor der Mahlzeit zu trinken, und da ich zufälligerweise Flohsamenschalen im Haus habe (als Bestandteil meines bislang noch nicht so richtig geglückten Experiments, für meine an Zöliakie sowie diätbedingt an heftigem Pizzaschmacht leidende Schwägerin einen glutenfreien Pizzateig zu entwickeln, der wirklich wie Pizzateig schmeckt), habe ich das gemacht und damit meine Mahlzeit noch etwas weiter verzögert. Vor dem plötzlichen Drang, das "heimlich Gemach" aufzusuchen, hat mich das nicht bewahrt, aber das war mir auch vorher schon klar gewesen. Beton im Gedärm löst sich immer mit einem Donnerschlag, daran können Flohsamenschalen im Magen auch nichts ändern. Aber ich hoffe mal, daß ich damit tatsächlich die Verdauung meiner gestrigen Mahlzeit verbessern konnte, also künftige Reaktionen abfedern kann. Dieses Mittel werde ich jetzt mindestens bei mehrtägigen Fastenintervallen wohl häufiger anwenden, denke ich. Schaden wird es ja wohl kaum anrichten können. Vielleicht nehme ich es auch morgen früh noch einmal.

Mein gestriges morgendliches Gewicht lag - inklusive Beton, der leicht bis zu ein Pfund hin oder her ausgemacht haben kann - übrigens bei 98,2 Kilogramm, also bin ich ganz optimistisch, daß ich morgen wirklich ein neues All-time-Low zu verzeichnen haben werde.

Und nun zum eigentlichen Thema, das mich gerade beschäftigt: 

Mir geht in den letzten Tagen immer wieder durch den Kopf, daß ich die Kalorienfrage doch noch ein bißchen differenzierter als bislang durchdenken muß. Auslöser war ein Podcast, den ich vor ein paar Tagen gehört habe und in dem die sehr einleuchtende Randbemerkung vorkam, daß niemand zunehmen kann, ohne mehr Energie aufzunehmen, als sein Körper benötigt. Beißt sich das aber nicht mit meiner Annahme, daß Kalorien ein "durchlaufender Posten" sind? Die Antwort muß natürlich "nein" lauten, denn unabhängig davon, aus welchen Gründen eine Speicherung von Fettreserven passiert, kann sie natürlich dann keinesfalls geschehen, wenn man weniger Energie aufnimmt, als man verbraucht. Das ist logisch, auch wenn mir sonst die Kalorienlogik nicht einleuchtet und das "Calories in/Calories out"-Modell als Abnahmegrundlage meiner Meinung nach untauglich ist: Der Körper paßt seinen Bedarf der Zufuhr an, und bei einem Hase-und-Igel-Spiel mit der Energie kann man ihn zwar erst einmal problemlos austricksen, aber seine Anpassung erfolgt mit solcher Zeitverzögerung, daß man Ursache und Wirkung (also Kalorienreduktion und sinkender Grundumsatz bzw. mehr Sport und sinkender Leistungsumsatz) einander spontan nicht zuordnen kann und damit auch kaum eine Chance hat, den Grund für die plötzliche Wiederzunahme zu erkennen.

Ein weiterer Haken ist dafür verantwortlich, daß der Körper trotz dieser Anpassung zwar meinem dringenden Verdacht nach die meiste überschüssige Nahrungsenergie einfach verheizt, aber eben nicht alles davon. Sofern man nicht - unbewußt oder wissentlich - auf die richtige Weise (nämlich durch vorübergehendes Auslassen ganzer Mahlzeiten, eine kohlehydratarme Ernährungsweise oder andere insulinbeeinflussende Mittel) dafür sorgt, daß es nicht geschieht, landet ein Teil davon am Ende auf den Hüften, Wieviel man da kalkulieren muß, kann man allenfalls an sich selbst beobachten, weil das individuell ganz unterschiedlich zu sein scheint. Bei mir war es in der Phase, in der ich mich um mein Gewicht gar nicht kümmerte, durchschnittlich ein Kilo pro Jahr. Das war im Alter zwischen 22 und 42 Jahren.

Ich kann nicht ausschließen, daß dieser Durchschnittswert auch wieder ein bißchen irreführend ist. Möglich wäre es nämlich auch, daß sich meine Zunahme im Lauf der Zeit gesteigert hat, also in den ersten Jahren weniger und in den letzten mehr als ein Kilo war (dafür spräche auch, daß ich ab ca. Ende 30 die Zunahme auch selbst wahrzunehmen begann), oder daß sie vielleicht auch in Schüben kam. Herausfinden kann ich das leider nicht, ich weiß nur mein ungefähres Gewicht zu Beginn 1987 (ca. 87 bis 88 kg) und am Ende 2007 (ca. 107 bis 108), und für den Zeitraum dazwischen habe ich nur zwei datierbare Werte: Im Jahr 2000 wog ich bei einem Arztbesuch knapp unter 100 Kilogramm. Im Jahr 2003 wog ich bei einem Krankenhausaufenthalt ein bißchen mehr als 100.

Wäre der Kalorienüberschuß aber der Grund für die Zunahme, hätte ich eigentlich viel mehr zunehmen müssen. Ein Kilo pro Jahr Zunahme entspricht ja nur lächerlichen 20 Kalorien am Tag Überschuß. Ich bin mir ziemlich sicher, daß ich einen sehr viel größeren Kalorienüberschuß zu verzeichnen hatte. Das heißt, der Grund für die Zunahme muß ein anderer gewesen sein (und ich halte einen Insulinüberschuß für diesen Grund), allerdings war der Überschuß - und das hatte ich mir so bislang noch nie überlegt - eine Voraussetzung dafür, daß sie stattfinden konnte. Letztlich ist es geringfügig, was ich in meinen Überlegungen zu korrigieren habe, aber trotzdem kommt mir mein theoretisches Modell nun unvollständig vor, wenn ich diese Kleinigkeit weglasse.

Umgekehrt bedeutet die Anpassungsfähigkeit des Körpers an die Energieaufnahme und den Energieverbrauch auch nicht, daß es völlig unmöglich ist, sein Gewicht auf dieser Basis zu kontrollieren, es ist nur viel mühsamer, als es das der "Calories in/Calories out"-Theorie nach sein sollte. Eine Untergrenze der Anpassung muß es ja auch beim sinkenden Grund- und Leistungsumsatz geben. Nimmt man weniger Energie auf als diese Untergrenze, nimmt man also auch bei gesunkenem Energieumsatz des Körpers weiter ab. Bleibt man genau auf der Grenze, kann man sein Gewicht halten, und das natürlich auch dauerhaft. Allerdings muß man dabei gegen den Widerstand des eigenen Körpers ankämpfen, heimtückischerweise ist dabei nicht nur der Magen, sondern auch das Gehirn mit im Spiel. Unkontrollierbare Heißhungerattacken gehören wohl oft auch in diesen Bereich "Widerstand des eigenen Körpers" mit hinein.

Manchen - allerdings eher wenigen - Leuten gelingt das Gewichthalten nach einer Abnahme trotz dieser erschwerten Bedingungen dauerhaft, die Frage ist nur, um welchen Preis. Aus Gesundheitsblickwinkel stellt sich außerdem die Frage, wie gesund es sein kann, wenn der Körper seine Energieversorgung bis zum maximal möglichen Punkt drosselt. Alle reduzierten Funktionen sind höchstwahrscheinlich nicht akut überlebensnotwendig, haben aber dennoch einen Sinn. Wenn sie nicht auf voller Leistung laufen, fehlt dem Körper also etwas.Vielleicht etwas, das man nie benötigen wird. Aber vielleicht irgendwann einmal ja doch ...?

Je wichtiger die Rolle, die Sport, sowohl beim Abnehmen als auch beim Gewichthalten nach dem Kalorien-Prinzip, spielt, desto besser scheint die Sache zu funktionieren ... solange sie funktioniert. Wird man allerdings durch eine Krankheit oder schwerere Verletzung außer Gefecht gesetzt, bleibt einem der niedrigere Leistungsumsatz natürlich erhalten und nimmt aus diesem Grund sehr schnell zu, und dabei ist davon auszugehen, daß der Körper sich alle Mühe gibt, möglichst viel als Fett zu speichern, ebenso, wie das auch bei "normalen" Zunahmen nach dem Ende einer Diät typisch ist.

Was das Nicht-zunehmen-Wollen betrifft, also wenn man das Gewicht, das man gerade hat, weiter halten will, kann es angesichts dessen unter Umständen durchaus wirkungsvoll sein, auf die Kalorien zu achten und zum Beispiel auf für seine normale Ernährung untypische Kalorienbomben zu verzichten. Genausogut kann man sie aber auch zu sich nehmen und dafür am nächsten Tag weniger essen, vorzugsweise, indem man eine Mahlzeit komplett ausläßt.

Das Interessante ist, daß ich so etwas ähnliches bei bestimmten Gelegenheiten eigentlich schon immer mache. Ich gehe nämlich gerne - wenn auch nicht allzu häufig; vielleicht drei- oder viermal im Jahr - brunchen, immer ins gleiche Lokal, in dem das Büffet einfach spektakulär gut ist - und ja, natürlich, das habe ich in den letzten drei Jahren selbstverständlich genauso wie vorher gemacht. Meistens kommen wir so gegen 13 Uhr und verabschieden uns gegen 15 Uhr. In der Zwischenzeit schlagen wir uns den Bauch voll: Brot und Brötchen mit Butter, Käse, Schinken, Salate aller Art, mindestens zwei der vier angebotenen warmen Gerichte, und am Ende, wenn wir eigentlich schon nicht mehr können, wenigstens eine Kostprobe von möglichst allen angebotenen Nachtischen. Anschließend noch ein gemütliches Bier. Wenn kurz vor 15 Uhr noch allen Gästen angeboten wird, sich ein letztes Mal zu bedienen, bevor abgeräumt wird, war ich bislang nur ein einziges Mal noch imstande, von dem Angebot Gebrauch zu machen, und das war, als sie diese großartigen Süßkartoffel-Pommes hatten, von denen ich unbedingt noch eine kleine Handvoll nehmen mußte, um sie nebenbei zu knabbern, während wir unser Bier fertigtranken.

Ich habe noch nie erlebt, daß ich an so einem Tag am Abend imstande gewesen wäre, etwas zu essen. Das heißt, dem geschilderten Exzeß folgt in meinem Fall unweigerlich ein ca. 18-stündige Fastenphase, weil ich erst dann wieder etwas essen mag. Ich halte aus diesem Grund meine sporadischen Brunch-Freßorgien für einen Genuß ohne Reue und freue mich schon auf das nächste Mal.

Auch umgekehrt betrachtet, nämlich wenn ich nicht frage "Warum nehme ich zu?", sondern "Warum nehme ich ab?" ist mir zu den Kalorien - die ich allerdings weiterhin an sich für eine vernachlässigbare Größe halte - ein neuer Gedanke gekommen:

Auch wenn die Nahrungsenergie, die ich mir zuführe, ein "durchlaufender Posten" sein sollte, bedeutet das natürlich noch lange nicht, daß, wenn ich faste, jahrelang linear gleichmäßig viel Energie meinen körpereigenen Speichern entnommen werden muß. Denn wenn mein Körper von Zucker- auf Fettverbrennung umschaltet, entnimmt er natürlich nur so viel, wie er für dessen Funktionen benötigt, und es leuchtet ja ein, daß er immer weniger benötigt, je geringer mein Gewicht ist.

Damit erscheint mir im Großen und Ganzen plausibel erklärt, aus welchem Grund sich meine Abnahme zwangsläufig im Lauf der Zeit verlangsamen muß. Nicht plausibel erklärt finde ich aber den starken Rückgang meiner Abnahme im letzten Jahr. Tatsächlich war es ja in allen drei Jahren, seit ich mit dem Fasten begonnen habe, so, daß meine Abnahme fast ausschließlich den Monaten März bis September zuzuordnen war:

Jahr 1: 22 Kilogramm, das entsprach einem Durchschnitt von knapp über 3 kg pro Monat der betreffenden sieben Monate.
Jahr 2: 16 Kilogramm; Durchschnitt 2,3 kg (minus 0,7 kg).
Jahr 3: 10 Kilogramm; Durchschnitt 1,4 kg (minus 0,9 kg).

Bedenkt man, daß im ersten Jahr eine spektakulär rasche anfängliche Abnahme von 10 kg innerhalb von nur sechs Wochen erfolgte, die vermutlich mit der Beseitigung eines krankhaften Zustands (Insulinresistenz) zu tun hatte, während die nächsten 10 kg fünf Monate benötigten, um sich ebenfalls zu verabschieden (2 kg pro Monat), ergibt die Annahme nicht viel Sinn, eine viel stärker beschleunigte Verlangsamung der Abnahme im dritten Jahr alleine einem geringeren Energiebedarf des Körpers zuzurechnen. Denn der Energiebedarf meines Körpers hatte sich ja im Jahr 2 im Vergleich zu Jahr 1 wegen der höheren Abnahme noch stärker verringert.

Würde sich der Rückgang meiner Abnahme linear fortsetzen, könnte ich in den nächsten zwölf Monaten nur noch mit vier Kilogramm Abnahme rechnen - was sich hoffentlich nicht als zutreffend herausstellen wird, denn das ist mir eindeutig zu wenig. Ich habe ja noch ca. 25 Kilo Abnahme vor mir. Außerdem müßte es ja wohl auch bedeuten, daß die Abnahme nächstes Jahr ganz stoppen oder in eine Zunahme umschlagen würde, und das geht nun echt gar nicht. ;-)

Wie auch immer, der letzte Winter ist ungefähr so verlaufen wie die beiden Winter zuvor, das heißt, viel Abgestrampel ohne eine nachhaltige Abnahme, und das, obwohl ich jeden Winter auf irgendeine Weise gegenzusteuern versucht habe. Noch diese Woche begann ich nach dem Wochenende mit über 104 Kilogramm, wie schon im September. Ein interessanter Unterschied besteht darin, daß mein Gewichtsminmum am Ende der Fastenwoche, also vor dem Wochende, im September bei 101,3 Kilogramm lag, und Stand heute befinde ich mich bereits mehr als drei Kilogramm tiefer bei 98,1 Kilogramm (und morgen vielleicht noch niedriger). Irgendwas hat sich über den Winter also dennoch verändert.

Vielleicht platzt der Knoten ja jetzt endlich; immerhin steht der Beginn des Monats März unmittelbar bevor. Die eigentliche Stunde der Wahrheit, in der ich entscheiden werde, wie ich weiter vorgehe, wird wohl erst Ende April/Anfang Mai schlagen. Dann weiß ich, ob mit dem Frühjahr der Schwung in die Abnahme zurückgekehrt ist, der letztes Jahr leider ausgeblieben ist, während er im Jahr davor so deutlich erkennbar war.

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