Mein Gewicht heute morgen: 98,1 Kilogramm - ein neuer Tiefststand, noch dazu einer, der ein ganzes Kilo niedriger als der vom letzten Donnerstag liegt. Überraschend für mich war dabei nicht der neue Tiefststand selbst, sondern, wie tief es diesmal runtergegangen ist. Mit einem All-time-Low hatte ich gerechnet, denn ich habe diese Woche zum ersten Mal - spontan am Mittwoch entschieden - ein dreitägiges Fastenintervall ausprobiert. Der Grund dafür war aber nicht so sehr die dadurch erhoffte größere Abnahme, sondern daß seit dem letzten Wochenende mein linker Knöchel jeden Abend stärker anschwoll und ab Dienstag außerdem hundsgemein wehtat.
Geschwollene Knöchel am Abend nach einem langen Tag am Schreibtisch ... eigentlich dachte ich immer, damit müsse ich mich halt in meinem Alter arrangieren, und war schon heilfroh, daß die Schwellungen spätestens seit dem letzten Sommer deutlich weniger stark ausfielen. Vor Weihnachten, nachdem ich meine Serie von zweitägigen Fastenintervallen beendet hatte, war mir aber erstmals aufgefallen, daß meine Knöchel plötzlich fast gar nicht mehr anschwollen. Gut, ein bißchen dicker wurden sie abends schon, aber das war so minimal, daß man schon sehr genau hinschauen mußte. Gar kein Vergleich mit vorher! Und das war auch seitdem so geblieben, bis zum letzten Wochenende, als es ganz unerwartet plötzlich wieder anfing.
Besteht ein Zusammenhang oder war das ein zufälliges Zusammentreffen? Keine Ahnung. Aber, dachte ich am Mittwoch, vielleicht krieg ich das ja auch diesmal mit einem verlängerten Fastenintervall wieder weg. Weil ich mir nicht sicher war, ob ein zweitägiges Fastenintervall ausreichen würde, habe ich kurzerhand den Donnerstag zum außerplanmäßigen zusätzlichen Fastentag ernannt.
Als positiven Effekt habe ich jetzt in jedem Fall den aktuellen neuen Gewichtstiefststand, und so hat sich das Experiment jedenfalls gelohnt. Was mit dem Knöchel nun passieren wird, da ich wieder esse, muß ich natürlich erst noch herausfinden. Durch das Fasten sieht mein Fuß natürlich erst mal wieder ganz zierlich aus, aber das liegt natürlich daran, daß ich beim Fasten eine Menge Wasser verloren habe und für geschwollene Knöchel schlicht nichts mehr verfügbar gewesen sein dürfte. Wie enorm viel Wasser ich verloren haben muß, ergibt sich aus der Differenz zwischen meinem Gewicht am Montag und heute, die beträgt nämlich 6 Kilogramm. Sogar wenn ich an meinen vier Fastentagen ein volles Kilo Fett abgebaut hätte - was ich für sehr optimistisch halte - müssen 5 Kilogramm Wasser und Magen-Darm-Inhalt gewesen sein.
Ach ja: Die drei aufeinanderfolgenden Fastentage verliefen ganz problemlos. Wie schon bei meinen früheren zweitägigen Fastenintervallen hatte ich an Tag 3 ebenso wie an Tag 2 noch weniger Hunger als an Tag 1, also praktisch gar keinen, denn der Hunger an Tag 1 ist letztlich auch nicht der Rede wert. Aufgefallen ist mir aber, daß ich an Tag 3 den Geschmack von Essen zu vermissen begann und trotz des ausbleibenden Hungergefühls keine große Lust gehabt hätte, das Fasten noch weiter zu verlängern.
Ob ich so etwas noch einmal machen werde, weiß ich nicht. Aber ich glaube schon, daß ich es wiederholen könnte, wenn ich es wollte.
Sehr gespannt bin ich jetzt, wie weit ich bis zum Dienstag wieder zunehmen werde. Letzte Woche hatte ich ja zwischen Donnerstag- und Freitagmorgen, direkt nach meinem zweitägigen Fastenintervall, eine geradezu spektakuläre Zunahme von 3,1 Kilogramm, über die ich richtig entsetzt war. Und an den drei folgenden Tagen nahm ich zusammengenommen noch weitere knapp 2 Kilo zu. Ich kann nur vermuten, daß das bereits etwas mit meinem Knöchel zu tun gehabt hat, denn eine solche Zunahme an einem einzigen Tag habe ich noch nicht erlebt. Und natürlich hoffe ich auch, daß ich sie heute nicht wieder erleben werde! Aber wie schon erwähnt, mein Eindruck ist, daß bei zweitägigen Fastenintervallen die Wiederzunahme meistens schneller erfolgt als bei eintägigen, und bei dreitägigen ist es womöglich noch schlimmer.
Hoffen wir also, daß ich morgen früh nicht wieder so eine unangenehme Überraschung erleben werde. Andererseits, drei Tage Fasten scheinen ein Schrumpfen des Magens zu bewirken, denn mein Frühstück fiel heute kleiner aus als gewohnt (auch nach zwei Tagen Fasten), und seitdem habe ich auch nicht den geringsten Hunger gehabt und nicht einmal einen meiner geliebten Äpfel gegessen. Daß sich mein praktisch restentleerter Magen-Darm-Trakt nur so langsam wieder füllt, wird zumindest aus dieser Richtung wohl eine geringere Zunahme mit sich bringen. Andererseits bin ich heute ziemlich durstig (kein Wunder) und trinke entsprechend viel. Also, mal sehen.
In den letzten Tage habe ich während der Arbeit eine ganze Reihe von Podcasts zum Thema Fasten, Low Carb, Zucker und Kohlenhydrate gehört, u.a. von Nina Teichholz, Robert Lustig und Robert Cywes (neben dem unvermeidlichen Jason Fung), die teils übereinstimmende, im Detail aber manchmal recht unterschiedliche Thesen vertreten, und mir dazu meine Gedanken gemacht. Ich bin bei den meisten dieser Podcasts in Teilen einverstanden gewesen, in andern Teilen bekam ich aber regelrecht ungute Gefühle.
Vor vielen Jahren habe ich einmal, ca. zwei Jahre lang, einen Sekretariatsjob gehabt und damals im Vorzimmer eines Verbandsjustiziars dessen Briefe getippt. Schon damals hat mich vor allem Anwaltskorrespondenz in Streitfällen fasziniert. Denn jedes Mal, wenn von der Gegenseite ein Brief kam, wirkte deren Argumentation im Prinzip auf mich als Gesamtdarstellung des Sachverhalts überzeugend ... bis "unser" Anwalt seine Antwort formuliert hatte, der meistens jedes Detail zerpflückte und - aus Sicht eines Laien wie mir - genauso hieb- und stichfest das Gegenteil behauptete. Mir selbst war es unmöglich, zu entscheiden, wer von beiden recht hatte. Wenn so ein Fall abgeschlossen wurde, was so gut wie immer durch einen außergerichtlichen Vergleich geschah, räumten aber immer auf einmal beide Seiten ein, daß man die Sache ja eigentlich doch auch in diesem oder jenem Punkt anders sehen könnte.
Daraus habe ich damals gelernt, Experten zu mißtrauen. Sie erzählen einem meistens nur den Teil der Geschichte, der ihnen in den Kram paßt, und unterschlagen all das, was im Widerspruch dazu steht. Im Ernstfall, wenn sie unter sich sind, werden sie wohl ähnlich wie diese Anwälte imstande sein, sich auf etwas zu einigen. Aber wir sollten von ihnen nicht "die Wahrheit, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit" erwarten. So ähnlich geht es mir auch mit den Experteneinschätzungen zu den Fragen, die mich umtreiben: Auf welche Weise wird eine Gewichtsabnahme bewirkt? Spielen dabei Kalorien überhaupt eine Rolle und wenn ja, welche? Was kann/soll/muß man essen, was sollte man nicht essen? Das gilt für die "klassischen" Ansichten ebenso wie für die Außenseitermeinungen. Ich rechne einfach nicht mehr damit, daß mir irgendwer "die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit" sagt. Und so tief stecke ich im Thema nicht drin, um beurteilen zu können, was es ist, das unterschlagen wird und welche Bedeutung es für mich haben könnte.
Spontan fehlt mir eigentlich vor allem eines: Die meisten der Low-Carb- und Intermittent-Fasting-Docs im Web schreiben zwar viel über die anfänglichen Erfolge ihrer Patienten, aber wie es nach den ersten ungefähr sechs Monaten weitergeht, bleibt fast immer im Dunkeln. Ich bin mittlerweile zu der Auffassung gekommen, daß die häufig spektakulären Anfangserfolge - wie ich selbst einen erlebt habe - eine unmittelbare Reaktion auf die Beseitigung der Insulinresistenz sein müssen, aber diese Reaktion kann man nur vorübergehend einplanen. Daß nie erwähnt wird, daß man von vornherein damit rechnen sollte, daß die Abnahme ab einem bestimmten Punkt langsamer und mühsamer werden wird, irritiert mich ein bißchen, denn eigentlich leuchtet es mir nicht ein, daß alle Fastenden, die längere Zeit dabei bleiben, sich auf einmal wieder durch Terra incognita bewegen müssen, ohne zu wissen, wie es bei ihnen weitergehen wird.
Aber das nur nebenbei. Ich befinde mich zwar in unbekanntem Terrain, aber augenscheinlich ja immer noch auf dem richtigen Weg. Ich hätte bloß ganz gerne eine Karte, an der ich mich orientieren kann.
Die Podcasts, die ich gehört habe, umfaßten Außenseitermeinungen, die sich allerdings durchaus auf einem wissenschaftlichen Boden bewegen, und gemeinsam haben sie, daß sie der Meinung sind, die Rolle des Insulins im Stoffwechsel werde vom "Mainstream" falsch eingeschätzt. Dafür bringen sie überwiegend dieselben Begründungen vor, allerdings sind ihre Lösungsvorschläge unterschiedlich. Die beiden wichtigsten Strömungen dabei empfehlen entweder Intervallfasten oder Low Carb, also die Reduktion von Kohlenhydraten in der Ernährung (in einer noch radikalerer Form "ketogene Ernährung" genannt). Manche empfehlen auch beides.
Daß ich Intervallfasten praktiziere und nicht eine Low-Carb-Ernährung hat eigentlich nur den Grund, daß ich mit dem Fasten schon angefangen hatte, bevor ich die Theorie dazu kannte, und mich mit dieser Methode absolut wohlfühle. Daß beides funktioniert, davon bin ich aber überzeugt, und zwar, weil beides aus denselben physiologischen Gründen funktionieren sollte, nämlich einer Reduktion der körperlichen Insulinausschüttung. Da ich mich nun dem dritten Jahrestag beim Intervallfasten nähere und in Bälde von mir behaupten können werde, fünfzig Kilogramm Gewicht abgenommen zu haben, sehe ich überhaupt keinen Grund mehr, an der Richtigkeit dieses physiologischen Vorgangs zu zweifeln, nicht zuletzt, weil meine Kalorienzufuhr an den Tagen, an denen ich esse, auch bei vorsichtigster Schätzung bei weitem zu hoch ist, um aus diesem Grund in drei Jahren so viel Gewicht zu verlieren. Gar nicht davon anzufangen, daß eine vergleichbare Kalorienzufuhr in Form einer Diät bei mir nie solche Ergebnisse gebracht hat.
Somit sind für mich auch die Low-Carb-Podcasts von grundsätzlichem Interesse, auch wenn ich nicht die Absicht habe, auf diese Ernährungsweise umzuschwenken. Was mich in diesen Podcasts aber in den letzten Tagen oft unangenehm berührt hat, ist die regelmäßig darin gestellte und beantwortete Frage, wer eigentlich schuld daran ist ... also: an der weltweiten Adipositas-Epidemie, vor allem an der besonders ungünstigen Entwicklung in Amerika, aber auch daran, daß die Wissenschaft die falschen Fragen stellt und deshalb nach dem Prinzip "Garbage in - Garbage out" auch nicht auf die richtigen Antworten kommt. Dabei fallen immer wieder Begriffe wie "Big Pharma" - also: die Konzerne, die Medikamente entwickeln und verkaufen - und "Big Food" - die Hersteller, deren Produkte den größten Teil der Regale im Supermarkt füllen, von Nestlé über Kraft bis Unilever.
Ich halte solche Fragen aber für falsch gestellt und ärgere mich, weil die zugehörigen Bezichtigungen meiner Meinung nach in eine falsche Richtung führen. Es ist ja weder neu noch originell, Konzernen alle möglichen finsteren Pläne und die zugehörigen Einflußmöglichkeiten auf die Politik und die Wissenschaft zu unterstellen.
Ich mache dabei keineswegs den Fehler, die Rolle von Big Food oder Big Pharma zu unterschätzen. Konzerne sind ja immer eine Art Staat für sich, und multinationale Konzerne sind sogar mehr und Schlimmeres als ein "Staat im Staate", weil sie ja gewissermaßen der gesamten Welt auf der Nase herumtanzen können und man oft den Eindruck haben, sie tun das routinemäßig und nehmen Staaten und deren Gesetze nicht so recht ernst. Solche Gebilde nicht zu mögen, ist einfach, und ihnen angesichts ihrer Möglichkeiten, im Recht jedes beliebigen Staats oder Staatenverbunds ständig nach Schlupflöchern zu suchen, mit denen sie sich auf Kosten anderer Vorteile verschaffen können, jede Schandtat zuzutrauen, liegt ziemlich nahe. Ein solcher Verdacht ist wahrscheinlich in drei von vier Fällen auch wirklich zutreffend.
Nur, bedenken sollte man dabei auch, daß jedes gewinnorientiert arbeitende Unternehmen der inneren Logik der maximalen Gewinnerzielung folgt und auch folgen muß. Das liegt in ihrer Struktur, und es sollte von der Politik, von ihren Konkurrenten, Lieferanten und Kunden, aber auch sonst von allen, die mit ihnen zu tun haben, von vornherein zu einkalkuliert werden. Niemand, der so tut, als wäre eigentlich von einem Konzern zu erwarten, daß er sich wie eine karitative Organisation verhält, benimmt sich vertrauenswürdiger als der Konzern selbst, denn genau dies ist von vornherein nicht zu erwarten. Wenn also die Gesetzgebung ihnen mehr Spielräume zu mehr Eigennutz verschafft oder neue Spielräume, die sich aus verändernden Rahmenbedingungen ergeben, nicht ausreichend beschneidet, ist es die Politik und sind es die Regierungen, die am daraus entstehenden Schaden schuld sind.
Ein ausgezeichnetes Beispiel dafür ist die Opioidkrise. Daß sie in der dort vorliegenden extremen Form bis auf weiteres nur in den USA aufgetreten ist, liegt ziemlich eindeutig an einem Fehler in der dortigen nationalen gesundheitspolitischen Gesetzgebung, die viel zu spät auf die bereits deutlich auch durch Laien erkennbaren Probleme reagiert hat. Sogar ich habe schon vor ca. zehn Jahren bemerkt, daß irgendetwas aus dem Ruder gelaufen sein muß, wenn ein Schuß Heroin in New York - wie ich damals einem Zeitungsbericht entnehmen konnte - billiger ist als eine Schachtel Zigaretten. Mir ist und bleibt es unverständlich, warum die Regierung Obama diese heraufziehende Katastrophe so lange ignoriert hat, bis sie wirklich eine Katastrophe geworden war und es seinem Nachfolger überlassen blieb, sich um sie zu kümmern. Richtig ist es natürlich, daß die Produzenten der opioidhaltigen Schmerzmittel mitschuldig sind an diesem Drama, aber das gilt ebenso die Behörden, die zu unkritisch bei ihrer Zulassung waren und den Dingen zu lange ihren Lauf ließen bzw. zu zaghaft bei ihren Gegenmaßnahmen waren.
Den Schaden davongetragen haben aber ganz normale Leute, von denen die meisten nichts Schlimmeres getan hatten, als ihrem Hausarzt zu vertrauen, der ihnen so ein Medikament verschrieben hat.
Pharmakonzerne wie auch Nahrungsmittelerzeuger sind natürlich auch als Sponsoren der Forschung ziemlich problematisch, wie das in diesen Podcasts völlig zu Recht angesprochen wurde. Aber warum wird dies ausgerechnet den Konzernen zum Vorwurf gemacht? Wäre es nicht angebrachter, das Wissenschaftssystem zu kritisieren, das nicht imstande zu sein scheint, Strukturen zu schaffen, mit denen eigennützige Beeinflussung durch interessierte Parteien verhindert werden können?
Außerdem glaube ich sowieso nicht daran, daß Beeinflussung durch Großunternehmen wie Coca Cola, Nestlé, Pfizer und GlaxoSmithKline die einzige Ursache von unbrauchbaren Ergebnissen und in der Folge zu unbrauchbaren Empfehlungen beim Arzt oder Ernährungsberater ist. Auch in der Wissenschaft selbst spielt Eigennutz eine Rolle, sei es der persönliche, sei es der der forschenden Institution. Hinzu kommen Gelehrteneitelkeiten, die einer Korrektur der eigenen Meinung oft im Wege stehen. Forschung, die auf Drittmittel angewiesen ist, wird darüber hinaus auch immer durch Modethemen beeinflußt, nicht nur durch die Eigeninteressen von Konzernen. NGOs beeinflussen die Themen, die für vordringlich gehalten werden, auf Kosten anderer Themen, für die sich keine Pressure Group interessiert. Und speziell in Sachen Ernährung habe ich oft vor allem den Eindruck, alle Beteiligten haben ganz einfach ein Brett vor dem Kopf. Vielleicht ja beeinflußt durch das, was man dort, wie überall, von Kindesbeinen an für wahr gehalten hat. Ich nehme an, von innerhalb eines Systems, in dem alle dieselben Prämissen für wahr halten, ist es fast unmöglich, eine dieser Prämissen anzugreifen. Ein solcher Angriff muß also wohl von außen kommen. Im Fall der Insulin-These sind es derzeit größtenteils praktizierende Ärzte, die an ihren Patienten die Wirkung entsprechender Behandlungen erleben, aber auch wenn sie neuerdings mehr werden: Allzu viele von ihnen gibt es noch nicht.
In der Wissenschaftsgeschichte ist die Zählebigkeit von wissenschaftlichen Irrtümern - auch solcher Irrtümer, die viele Menschenleben gekostet haben - einer der roten Fäden. Ignaz Semmelweis, der später so genannte "Retter der Mütter", wurde bis an sein Lebensende von seinen zeitgenössischen Berufskollegen verspottet und angefeindet, statt daß man seine Entdeckung durch die Einführung von Hygienevorschriften in der Geburtshilfe aufgegriffen hätte. Die vermeidbaren Todesfälle, die daraus resultierten, hat niemand je gezählt.
Ein weiterer interessanter Fall ist der plötzliche Kindstod, eine unheimliche Welle von nicht erklärlichen Todesfällen im Säuglings- bzw. frühen Kleinkindalter ab den siebziger Jahren, als deren Hauptursache erst nach etwa zwanzig Jahren die damals allgemein übliche Empfehlung, Babys in Bauchlage schlafen zu lassen, identifiziert werden konnte. Erst nach langem Zögern hatten sich aber die einschlägigen Organisationen dazu entschließen können, ausdrücklich vor der Bauchlage zu warnen. Als sie es ab Anfang der neunziger Jahre dann doch taten, gingen die Todesfallzahlen sehr rasch zurück. Das eigentlich Bestürzende daran: Die Empfehlung der Bauchlage, die hauptursächlich für den Tod einer fünfstelligen Zahl von Säuglingen und Kleinkindern alleine in Deutschland gewesen ist, beruhte in Wirklichkeit auf keinerlei wissenschaftlichen Erkenntnissen. Trotzdem setzte sie sich in den frühen siebziger Jahren innerhalb der Ärzteschaft rasch durch, ohne daß aber aus dem Bereich der Forschung irgendeine Warnung gekommen wäre. Interessanterweise wurde außerdem sehr lange gezögert, bevor von der Bauchlage ausdrücklich abgeraten wurde.
In beiden Fällen ist weit und breit kein Konzerninteresse auszumachen, das bei den aus heutiger Sicht so offensichtlich falschen Handlungsempfehlungen eine Rolle gespielt haben könnte. Man darf außerdem getrost davon ausgehen, daß weder die ärztlichen Kollegen von Ignaz Semmelweis noch die Epidemiologen und die Kinderärzte in den siebziger Jahren die Absicht hatten, jemandem einen Schaden zuzufügen. Trotzdem haben sie unnötigerweise vielen der ihnen Anvertrauten den größtmöglichen Schaden zugefügt. Der Fehler liegt also irgendwo im System, und vielleicht ist er gar nicht zu vermeiden.
Das ist jedenfalls ein guter Grund, als Patient nicht zu unkritisch dem zu glauben, was der Onkel Doktor einem sagt. Das eigene Hirn sollte man immer einschalten! Und es bleibt einem gar nichts anderes übrig, als im Zweifelsfall sein Eigeninteresse selbst zu verfolgen, notfalls gegen den Widerstand von Hausarzt, Fachleuten und jedermann sonst. Niemand auf der Welt, auch nicht der eigene Hausarzt, hat nämlich ein so großes Interesse an meiner Gesundheit wie ich selbst. Daran, daß ich dem Fachwissen von Fachleuten, siehe oben, nur mit Einschränkungen vertrauen kann, ist im Prinzip nicht viel zu ändern, nicht einmal dann, wenn seitens des Gesundheitssystems wirklich ernsthaftes Interesse an wirklich hilfreichen ärztlichen Empfehlungen bestehen würde, was allerdings in unserem Gesundheitssystem meinem Eindruck nach nicht der Fall ist. Wäre es anders, dann hätte sich unser Gesundheitssystem doch wohl kaum mehr als fünfzig Jahre lang auf immer dieselben falschen Ratschläge beim Kampf gegen das Übergewicht versteift und nebenbei über den ständig größer werdenden Bevölkerungsanteil der Übergewichtigen und der vermeintlich* daraus resultierenden Folgekrankheiten herumlamentiert und den Betroffenen ganz nebenbei auch noch die Schuld an diesen Krankheiten in die Schuhe geschoben.
* Vermeintlich deshalb, weil ich mittlerweile überzeugt davon bin, daß Übergewicht in Wirklichkeit gar nicht die Ursache der Krankheiten ist, sondern lediglich ein Symptom, das auf genau dieselbe Ursache zurückzuführen ist wie auch die Krankheiten, nämlich Hyperinsulinämie, die wiederum ausgelöst wird durch eine Kombination aus zu viel Zucker und Kohlenhydraten in zu vielen über den ganzen Tag verteilten Mahlzeiten, von denen außerdem viele aus hochverarbeiteten Nahrungsmitteln bestehen, die nebenbei auch noch aus minderwertigen Bestandteilen bestehen, von denen möglicherweise auch einige eine Insulinresistenz begünstigen (etwa Pflanzenöle).
Im Detail sind zwar noch viele Fragen offen, aber Hyperinsulinämie ließe sich, entsprechende Gesundheitsaufklärung vorausgesetzt, ziemlich leicht bekämpfen, weil sie aus so vielen unterschiedlichen Richtungen bekämpft werden kann, daß niemand alle möglichen Mittel und Methoden anwenden und auch keineswegs allzu konsequent bei den jeweils gewählten Mitteln sein müßte. Es wäre völlig ausreichend, ab und zu durch eine Blutuntersuchung zu überprüfen, ob das, was man jeweils tut, sich als ausreichend erweist oder ob man noch irgendetwas ergänzen müßte.
Aktuell erfährt man als Patient bei einer Blutuntersuchung aber noch nicht einmal, wie es um das eigene Insulinlevel bestellt ist.
Eine gesundheitspolitische Weichenstellung, die ich aus vielen Gründen befriedigend fände, wäre eine Steuer auf die Transportwege von Waren und deren Vorprodukten. Im Fall von Lebensmitteln hätte das eine besonders gute Lenkungswirkung in die richtige Richtung, nämlich zu einer Begünstigung von weniger verarbeiteten Produkten gegenüber stärker verarbeiteten (bei denen viel mehr Zutaten durch die Welt kutschiert werden müssen) und von regional produzierten Produkten. Fertigprodukte enthalten Billigstzutaten, deshalb lohnt es sich momentan, sie zu produzieren und dabei alle möglichen Bestandteile kreuz und quer durch die Welt zu schicken, bevor das Endprodukt bei uns im Supermarktregal steht. Ich bin der Meinung, die Nahrungsmittelindustrie könnte sich auf so etwas durchaus einstellen; sie stellt sich ja auch regelmäßig auf alle möglichen Ernährungsmoden ein, von Light-Produkten über Bio bis hin zu neuerdings Vegan und Low Carb, und verleitet auch die Vertreter solcher vermeintlich gesunder Ernährungsweisen zum Konsum ungesunderen Essens, wie es Fertigprodukte per se sind.
Meine Idee fände ich gut, nur wird niemand sie jemals umsetzen wollen, und daran kann ich nichts ändern. Was ich tun kann, ist, beim Einkauf wenig hochverarbeitete Lebensmittel zu kaufen, und das mache ich im Grunde schon lange. Dabei bin ich nicht fanatisch; manche dieser Sachen schmecken mir einfach, und die kaufe ich dann auch ohne Reue oder Ängste. Ich glaube nicht, daß sie meine Gesundheit ernsthaft gefährden, erstens weil der Großteil meiner Ernährung aus "echtem" Essen besteht, und zweitens, weil ich ja regelmäßig faste und meine Insulinausschüttung damit regelmäßig auf ein Minimum herunterfahre. Ich mache das, um Gewicht zu verlieren, aber die unglaublich vielen möglichen gesundheitlichen Vorteile, über die, vom Mainstream der Wissenschaft noch weitgehend unbeachtet, in einschlägigen Kreisen diskutiert wird, nehme ich natürlich auch gerne mit. Sollte sich herausstellen, daß ich damit neben Diabetes und den zugehörigen Folgekrankheiten auch vor Alzheimer, Krebs und Herzkrankheiten geschützt sein sollte, wäre das doch ein schöner Bonus.
Eigentlich komisch, daß Fasten angesichts all dieser möglichen Vorteile in der Ernährungsmedizin von vielen immer noch eher belächelt wird.
Eines der großen Probleme, die der genial einfachen Lösung Fasten als Heilmittel gegen Diabetes (und womöglich gegen alles mögliche sonst) als routinemäßige Empfehlung durch den Hausarzt im Wege stehen, ist, daß so gut wie niemand daran Geld verdienen kann. Das Interesse, der Frage auf Forschungsebene nachzugehen, ob es sinnvoll ist, Fasten therapeutisch einzusetzen, kann deshalb kaum aus dem Kreis der industriellen Geldgeber kommen. Denen ist es natürlich viel lieber, Diabetes weiterhin mit Medikamenten zu behandeln, und daß diese Medikamente Diabetes natürlich nicht heilen, sondern nur den Blutzucker unter Kontrolle halten können, um die Schäden, die speziell durch hohen Blutzucker entstehen, vorübergehend zu verhindern, ist aus Perspektive eines gewinnorientiert arbeitenden Unternehmens kein Schaden, sondern ein Nutzen. Ich fände es auch heuchlerisch, ihnen das zum Vorwurf zu machen. Nur, im Interesse des einzelnen Erkrankten ist es nicht, und ebensowenig im Interesse des Arztes, der Krankenkassen und, ganz generell betrachtet, der Gesellschaft.
Wie bekommt man also die Wissenschaft, die Krankenkassen oder den eigenen Hausarzt dazu, sich mit den ungeahnten Möglichkeiten zu befassen, die das Fasten, noch dazu völlig kostenlos, bei der Bekämpfung der wichtigsten Zivilisationskrankheiten bietet?
Meiner Meinung nach ist das einzige Mittel, das in dieser Frage wirksam sein könnte, eine Abstimmung mit den Füßen durch die einzelnen Patienten, die die Wirkung des Fastens selbst und in Eigenverantwortung ausprobieren, erfolgreich damit sind und anderen davon erzählen, unter denen dann wieder manche neugierig werden und es selbst ausprobieren. Irgendwann werden das dann so viele, daß sie beim besten Willen nicht länger ignoriert werden können. Spätestens dann, wenn Ernährungsberater vergeblich auf Beratungswillige warten, Patienten sich beim Hausarzt weigern, sich herkömmliche Diabetesmedikamente verschreiben zu lassen und bei der nächsten Blutuntersuchung Werte im Normalbereich haben, und Weight Watchers Insolvenz anmelden muß.
Das kann natürlich noch ein bißchen dauern. 😋
Wenn man so will, bemühe ich mich, mit diesem Blog einen kleinen Beitrag zu dieser Entwicklung zu leisten: Zu zeigen, was mir mit Hilfe von Intervallfasten möglich war und möglich ist, um damit andere auf den Gedanken zu bringen, daß sie es auch ausprobieren könnten.
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