Mein Gewicht heute früh: 78 Kilogramm ganz exakt. Eigentlich hätte ich heute einen Fastentag gehabt, aber ich habe schon gestern entschieden, ihn ausfallen zu lassen. Weihnachten ist mir immer zu sehr Ausnahmezustand, und außerdem habe ich heute kaum Arbeit am Schreibtisch gehabt. Also habe ich lieber die Einkäufe für Silvester vorgezogen und faste nun erst wieder am Montag. Ich bin ja jedes Jahr heilfroh, wenn die Feiertage nach Dreikönig vorbei sind und bei mir wieder Alltag einkehrt, und dieses Jahr ganz besonders, weil sich mein Alltag ja erst neu bilden muß.
Zu meinem aktuellen Alltag gehört auch das tägliche Kontrollieren unserer Mausefalle, denn ein paar Tage vor Weihnachten sah ich, als ich den Spülen-Unterschrank öffnete, eine Maus vor mir flüchten. Ich hatte ja schon ein Weilchen geargwöhnt, daß wir Mäuse im Haus haben - immerhin ist es ein sehr altes Haus und wir leben jetzt auf dem Land -, aber weil ich mehrere Wochen lang nicht die kleinste Spur von ihnen bemerkt hatte, ließ meine Aufmerksamkeit im Lauf der Zeit wieder nach. Als ich dann diese höchst reale Maus sah, stieß ich einen spitzen Schrei aus, der jeder Fünfziger-Jahre-Komödie Ehre gemacht hätte. Es fehlte nur noch, daß ich auf den Tisch gesprungen wäre. Aber sicherlich ist die Maus nicht weniger erschrocken gewesen. Ich glaube aber, in dem Spülenschrank war sie zuvor nicht gewesen, denn der Mäusekot, der nun auf dem Boden zu sehen war, war die Tage davor noch nicht dagewesen.
Womöglich hatte das kalte Wetter sie ins Haus getrieben?
Wir fanden nirgends Mäuselöcher, also vermuteten wir, daß wir die Küchenzeile abbauen müßten, um sie zu entdecken. Wahrscheinlich leben die Mäuse eigentlich im Keller und kommen irgendwie durch die Öffnungen nach oben, durch die die Wasser- und Gasleitung verlaufen. Damit hat sich die Priorität einer neuen Küche plötzlich erhöht. Wir haben ja die Küche des Vorgängers auch deshalb übernommen, weil wir keine neue Küche einbauen wollten, ohne erstmal im Alltag erlebt zu haben, was an der vorhandenen Küche nützlich und was unpraktisch ist, um bei unserer künftigen Küche nicht gar zu viel modischen Murks zu machen. In der alten Wohnung hatte ich mich etwa darauf verbiestert, eines dieser runden Spülbecken einzubauen - das habe ich jahrelang bereut.
Aber bis wir hinter die Küche schauen und ihre Löcher finden konnten, müssen wir natürlich der Mäuse auf andere Weise Herr werden. Also bestellte mein Mann zwei Mausefallen. Natürlich Lebendfallen, keine Schlagfallen oder gar Giftköder. Wir sind ja keine Unholde, wir wollen bloß keine Mäuse in der Küche. Am Nachmittag des 23.12. kam die Sendung wundersamerweise schon an, und so stellte ich am Tag vor Weihnachten die Fallen auf, eine im Spülenschrank, wo ich die Maus gesehen hatte, und eine am anderen Ende der Küchenzeile bei der Therme.
Am Morgen des vierundzwanzigsten kam ich frühmorgens in die Küche, um den Kaffee zu machen, und fand zu meiner Überraschung eine der Fallen samt enthaltener Maus vor der Spüle. Mein Mann hatte sie dort als Weihnachtsüberraschung für mich abgestellt, nachdem er die Falle bei der Therme am späten Abend noch mit einem lauten Klappgeräusch zuschnappen gehört hatte, als ich längst im Bett war.
59 Jahre mußte ich alt werden, bis das Christkind mir endlich mal ein niedliches Tierchen gebracht hat! Und was noch schöner war, ich durfte es dann auch selbst wieder freilassen. :-)
Natürlich nicht in der Küche. Aber ich bin auch dem üblichen Ratschlag nicht gefolgt, die Maus möglichst weit vom Haus wegzubringen. Ich habe sie stattdessen beim Kompost freigelassen. Mein Mann schwört, daß er genau diese Maus auf unserem Livestream von der Terrasse drei Nächte später wiedererkannt hat, als sie unter den Vogelfutterstationen die heruntergefallenen Körner vom Boden vertilgte. Das spart einiges an Kehrarbeit, also findet diese neue Betätigung unserer des Hauses verwiesenen Maus meinen uneingeschränkten Beifall. Wenn sie nicht wieder versucht, in meine Küche einzudringen, können wir vielleicht ja noch echte Freunde werden.
Es handelte sich übrigens weder um eine Hausmaus noch um eine Feldmaus, sondern vielmehr klar um eine Waldmaus. Sie hatte nämlich riesige Augen, fast wie ein Siebenschläfer, deshalb wurde ich stutzig und recherchierte. Bis dahin hatte ich gar nicht gewußt, daß es so was wie Waldmäuse gibt. Waldmäuse haben neben den auffallenden Augen auch relativ große Ohren und kein graues, sondern ein braunes Fell. Sie sind ausgesprochen putzig ... aber das heißt noch lange nicht, daß ich bereit bin, mir von ihnen meine Lebenmittel benagen und meine Küche vollscheißen zu lassen, denn das machen sie genauso wie andere Mäuse auch.
Die spannende Frage war dann natürlich: War das eine Einzelmaus, die sich in meine Küche verirrt hatte, oder war damit zu rechnen, daß ich auch mit Visiten ihrer Eltern, Geschwister, Kinder und Kindeskinder sowie Onkel und Tanten zu rechnen hatte?
Es stellte sich heraus, daß letzteres zutraf. Denn als ich am 26.12. vom Weihnachtsbesuch bei meiner Mutter zurückkam, fand ich zwar die zweite Falle leer vor, aber als ich nun auch die erste Falle wieder scharfstellte und am gleichen Platz wie zuvor bei der Therme hinsetzte, fand am nächsten Morgen eine neue Maus darin vor.
Nein, es war nicht dieselbe Maus, die sich wieder ins Haus geschlichen hatte. Erstens war sie dicker, aber zweitens verhielt sie sich auch ganz anders. Die Weihnachtsmaus hatte ziemlich abgeklärt auf die Situation reagiert, daß sie in der Falle saß. Wir hatten sie zum Kaffeetrinken auf dem Tisch stehen, und das nahm sie total gelassen. Sie nagte an der Wurstscheibe, mit der wir sie geködert hatten und an der sie sich die Nacht über auch schon gütlich getan hatte, zwischendurch putzte sie sich und wirkte insgesamt überhaupt nicht ängstlich. Als ich die Falle aufmachte, war sie so schnell aus ihr raus, daß mein Mann, der das mit seinem Smartphone filmen wollte, gar nicht hinterherkam. Die Zweitmaus vom 27.12. war dagegen total verängstigt, sie drückte sich die ganze Zeit in eine Ecke und wirkte ganz verkrampft, auch den Köder hatte sie die ganze Nacht nicht angerührt. Und als ich im Garten - diesmal ganz am anderen Ende des Grundstücks bei der Gartenhütte - die Falle öffnete, traute sie sich zunächst gar nicht nach draußen, bis ich sie von hinten ein bißchen stupste. Sobald sie begriffen hatte, daß sie ihr Testament jetzt doch wieder zerreißen konnte, war sie dann aber hastenichtgesehen in der Gartenhütte verschwunden. Möge sie sich dort wieder von ihrer Panik erholt haben.
Mäuse sind halt auch Persönlichkeiten, genau wie unsereins.
Jetzt bin ich supergespannt, ob ich morgen eine Drittmaus in der Falle an der Therme vorfinden werde. Unser Nachbar, der jahrelange Erfahrungen mit mausigen Untermietern hat, meinte, meistens sei die Sache für den Rest des Winters ausgestanden, wenn drei oder vier Mäuse in einer Falle gelandet sind. Mäuse sind ja nicht doof. Vielleicht sind dann immer noch welche im Keller, aber sie verzichten auf Ausflüge nach oben, wenn sie merken, daß das zu gefährlich ist. Er sagte außerdem, das Problem mit den Mäusen bestehe nur im Winter. In den Sommermonaten finden sie es draußen offenbar gemütlicher. Also setze ich darauf, daß ein Umbau der Küche im Sommer, verbunden mit der Abdichtung aller Spalte und Öffnungen, durch die eine Maus durchschlüpfen kann, für künftige Winter eine gute Anti-Mäuse-Versicherung sein wird.
Die Überwachungskamera ist ja eigentlich dafür gedacht, die Vögel an unseren Futterstationen zu beobachten. Aber auch nachts kann man da interessante Besucher sehen. Katzen und Marder etwa - unsere Weihnachtsmaus sollte sich also in acht nehmen.
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Professor Seyfried hat ein neues Paper zur klinischen Anwendung des von ihm (mit-)entwickelten Press-Pulse-Verfahrens publiziert, das sehr ausführlich sowohl die biologischen Mechanismen wie auch die praktische Anwendung sowohl die therapeutische Ketose betreffend wie auch die Herangehensweise, um die Glutamin-Zufuhr "pulsierend" immer wieder zu unterbrechen, beschreibt, und zwar hier bezogen auf Gehirntumore, bei denen die Standardverfahren ja eine besonders schlechte Erfolgsbilanz aufweisen. Grundsätzlich wäre dieses Verfahren aber bei allen Arten von Tumoren anwendbar, und ich meine, gerade diese Arbeit ist besonders geeignet, um dem eigenen Onkologen zu sagen, genau das, was in diesem Papier beschrieben ist, wolle man selbst auch weitestmöglich umsetzen. Falls der Onkologe sich dann - wie zu erwarten - unwillens zeigen sollte, kann man ihn immerhin dazu nötigen, seine Einwände auch zu begründen.
Bei mir ist übrigens die Situation jetzt eingetreten, daß es in meinem erweiterten Bekanntenkreis einen Krebsfall gibt und ich eigentlich wahnsinnig gerne die Betroffene in die Seyfried-Methode einweihen würde. Aber leider bin ich an der betroffenen Person nicht nahe genug dran. Das Problem ist außerdem, daß jeder Krebskranke von allen möglichen Leuten Ratschläge bekommen, die meistens aber nicht viel taugen und noch dazu oft im Widerspruch zueinander stehen. Kein Wunder, wenn dann eine weitere unorthodoxe Methode nicht auf sonderliches Interesse stößt, noch dazu, wenn man von seinem Onkologen dafür bestenfalls ausgelacht wird, wenn man ihn danach fragt. Es wäre echt an der Zeit, daß Seyfried es schafft, in den onkologischen Mainstream jedenfalls so weit vorzudringen, daß der Durchschnitts-Onkologe wenigstens mal von ihm gehört hat und ihn nicht mit Leuten vom Kaliber dieses Lothar Hinreise in einen Topf wirft.
Eigentlich wollte ich an dieser Stelle auch mal wieder nachsehen, ob bei der Skool-Gruppe "Keto for Cancer" von Johnny Rockermeier vielleicht auch für Deutschland inzwischen ein paar Ärzte aufgezählt werden. Zu meinem Verdruß ist die Gruppe aber nicht mehr offen einsehbar. Wer die dortigen Ressourcen, also auch die Ärzteliste, nutzen möchte, muß 14 Dollar monatlich bezahlen.
Ob einem die Gruppe dieses Geld wert ist oder nicht, muß jeder selbst entscheiden. Ich habe ja immer mal wieder einen Blick reingeworfen, aber so richtig bin ich vor allem mit dem Betreiber nicht warm geworden, und daß man jetzt, nachdem sich die Gruppe wohl gut etabliert hat, den Leuten regelmäßig Geld abzuknöpfen versucht, macht mir die Sache nicht sympathischer. In einem seiner neueren Podcast-Auftritte erwähnte übrigens auch Seyfried - ohne Namen zu nennen -. zum ersten Mal, daß er nicht mit allem, was echte oder vermeintliche Unterstützer in seinem Namen machen, so richtig glücklich ist. Keine Ahnung, ob er dieses Projekt oder vielleicht auch den Charity-Kanal meint, auf dem alte und neue Videos mit Seyfried publiziert werden, der aber ebenfalls mit Rockermeyer verbandelt sein muß, weil für seine Zusammenfassungen von Seyfrieds Opus magnum dort immer Werbung gemacht wird. Freilich, ich habe leicht reden, wenn ich sage, mir ist die Gruppe das Geld nicht wert, denn das würde sich vielleicht ändern, falls ich akut in die Lage käme, Seyfrieds Methode praktisch anwenden zu müssen.
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Es geschehen noch Zeichen und Wunder: Die lange hinausgezögerte Publikation der Virta-Fünf-Jahres-Ergebnisse ist endlich erfolgt, nachdem man sich ermüdend lange an einer bloßen Pressemitteilung festhalten mußte, in der viele wichtige Fragen offen blieben und deren optimistischer Ton außerdem vom Inhalt Lügen gestraft wurde.
Virta, nur zur Erinnerung, behandelt Diabetes-Patienten mit ketogener Ernährung und war damit nach Ablauf des ersten Jahrs der Studie unheimlich erfolgreich. Auch das Ergebnis nach zwei Jahren konnte sich noch sehen lassen, obwohl schon hier erkennbar war, daß die Erfolge des ersten Jahres zu bröckeln begannen. Die Jubelarie in der Pressemitteilung zu den Fünf-Jahres-Ergebnissen kann von den Autoren aber noch nicht einmal selbst geglaubt worden sein. Es war nie Virtas Anspruch und Meßlatte, lediglich ein bißchen erfolgreicher als die konventionelle Diabetes-Therapie zu sein - was sich den Fünf-Jahres-Ergebnissen immerhin tatsächlich entnehmen ließ. Aber ansonsten war für mich noch nicht einmal die kontinuierliche Verringerung des Vorsprungs vor anderen Therapien die eigentliche Enttäuschung, sondern die Anstrengungen, die Virta unternahm, um dies in einen Riesenerfolg umzuinterpretieren. Da konnte ich nur das Fazit ziehen: Die Anhänger von Außenseitermethoden verfallen erschreckend schnell in dieselben Fehler, die sie dem Mainstream vorwerfen, der ihre Methoden ablehnt.
Viel Neues brachte die Studie im Vergleich zu Pressemitteilung dann allerdings nicht.Interessant fand ich vor allem die Entwicklung der Teilnehmerzahl. Begonnen wurde einmal mit 262 Patienten, von denen 218 das erste Jahr lang und 194 auch das zweite Jahr durchhielten. Das liegt, meine ich im normalen Bereich bei Studien. Von diesen 194 waren 169 bereit, drei weitere Jahre mitzumachen, und das hielten dann nur 122 durch. Auch das liegt wohl im normalen Bereich. Es bedeutet aber auch, daß mehr als die Hälfte der anfänglichen Studienteilnehmer nicht mehr im Boot waren - sicherlich aus den unterschiedlichsten Gründen, aber es wäre eine merkwürdige Vorstellung, daß ausgerechnet die erfolgreicheren 60 Prozent die Lust an der Teilnahme verloren hatten. Es liegt wesentlich näher, anzunehmen, daß die 40 Prozent, die weiter mitmachten, überwiegend erfolgreicher als die Drop-outs gewesen waren und ebenso, daß es ihnen leichter fiel, die Low-Carb-Ernährung beizubehalten.
Festzuhalten ist also, daß bei den erfolgreicheren 60 Prozent der Teilnehmer nach fünf Jahren durchschnittlich die Hälfte ihrer Gewichtsabnahme wieder zugenommen hatten und ihr HbA1C beinahe wieder beim Ausgangswert war. Würde man die Drop-outs mit dazurechnen können, wäre das Ergebnis wohl geradezu katastrophal ausgefallen. Wenn die Virta-Leute darüber nicht enttäuscht gewesen sein sollten, sind sie meiner Meinung nach ihr Honorar nicht wert. Auch der Studie kann man davon aber nicht das Geringste anmerken. Man beschränkt sich dort also auch auf das übliche "So tun, als ob". Das hilft nicht nur den Patienten viel weniger, als man es ihnen versprochen hat, es macht auch ihre Methode so angreifbar machen, daß ihre Weiterentwicklung, wenn schon nicht durch Virta selbst, auch durch andere unwahrscheinlicher macht.
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Daß Dr. David Ludwig, der sich auch im
Keto-Lager befindet, mehr Wissenschaftler ist als die Autoren der Virta-Studie, ergibt sich für mich daran, daß er sich zu einem Selbstversuch
mit mehrtägigem Fasten entschlossen hat, um herauszufinden, was dann mit ihm passiert. Fünf Tage lang hat er gefastet.
Interessanterweise zählte er zu den Glückspilzen, die Fasten in der
Rückschau als "überraschend einfach" bezeichnen konnten. Das geht nicht jedem so, der diesen Selbstversuch wagt. Professor Seyfried erzählte etwa wieder und wieder davon, wie schwierig er es fand, seinen dreitägigen Fasten-Versuch durchzuhalten.
Es wäre interessant, herauszufinden, woran das liegt, daß die Leute darauf so unterschiedlich reagieren. Aber eines kann man nicht oft genug betonen: Praktisch jeder hat sich vor dem Beginn des Fastens davor gefürchtet. Diese Angst ist also kein Grund, es nicht auszuprobieren. Falls es sich wirklich als gräßlich herausstellen sollte, weiß man es dann, daß man es wirklich gräßlich findet. Aber falls man wie Ludwig oder ich positiv überrascht davon ist, daß das ja überhaupt nich schwierig war, hat man plötzlich ein paar leicht umsetzbare neue Handlungsoptionen gewonnen. Deswegen ärgert es mich immer ein bißchen, wenn Prof. Seyfried seine eigene Erfahrung für die normale und bei jedem zu erwartende präsentiert, denn das ist einfach nicht korrekt.
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