Montag, 19. Februar 2024

Der galoppierende Rinderwahnsinn

Mein Gewicht heute früh zu Beginn des letzten viertägigen langen Fastenintervalls in der Low-Carb-Phase: 79,3 Kilogramm. Darüber bin ich echt enttäuscht, auch wenn das während einer Krankheitsphase kommt - ich war die ganze letzte Woche nicht auf dem Damm - und ich deshalb mit einem etwas höheren Gewicht rechnen mußte. Aber so hoch hätte ich es nicht erwartet. Nun ja, jetzt ist es halt, wie es ist, und nun lasse ich mich überraschen, was die Waage am Freitag anzeigen wird. 

Ich weiß gar nicht so genau, was ich mir da eingefangen habe. Letzte Woche war ich vergrippt, wenn auch nicht extrem, und das ist inzwischen vorbei, aber ich hatte auch Magen-Darm-Probleme, die weiter anhalten. Was mir dabei vor allem auffällt, ist, daß ich phasenweise (nicht ständig, aber gerade jetzt im Moment auch) einen richtig unangenehmen Geschmack im Mund habe, der mich ein bißchen an die frühe Chemo-Zeit erinnert, obwohl ich mir beim besten Willen nach so langer Zeit keinen Zusammenhang mit der Chemotherapie mehr vorstellen könnte. 

Na ja, da muß ich jetzt halt durch. Ich hoffe, im Lauf der Woche kann ich das auch wieder abhaken.

***

Vor ein paar Tagen ist mir etwas passiert, das ich - wie bereits erwähnt - öfters erlebe: Ich runzelte die Stirn beim Anhören der Radionachrichten. Diesmal allerdings zog ich nicht den Nachrichtenwert in Zweifel sondern die zwischen den Zeilen herausgehörte Botschaft. Es ging um eine Kaffeerösterei in Tübingen, die von Haßmails überflutet wurde, nachdem sie in ihrem Onlineshop, bevor man bestellen konnte, folgende Bestätigung verlangte: 

 "Hiermit erkläre ich, dass ich mich von rechtem Gedankengut distanziere. Insbesondere hege ich keinerlei Sympathien für die AfD und ihr nahestehende Gruppierungen."

Einmal ausgeklammert, daß Haßbotschaften und vor allem Drohungen inakzeptabel sind und hoffentlich, soweit strafrechtlich relevant, entsprechend verfolgt werden. Und ebenso ausgeklammert, daß ich der Meinung bin, jeder Selbständige darf sich seine Kunden selbst aussuchen. Trotzdem frage ich mich nämlich, was die Betreiber auf die  Idee brachte, die Bestellung eines Produkts wie Kaffee mit einer weltanschaulichen Gesinnungsprüfung für ihre Kunden zu verbinden. 

Einschlägige kleine Kaffeeröstereien sind ja in angesagteren Innenstadtbezirken überall wie die Pilze aus dem Boden geschossen. Sie bieten ein hochpreisiges hippes Lifestyleprodukt an, deren Zielgruppe der linksliberal-ökologische Mainstream ist. Da AfD-Anhänger unter ihren Kunden sowieso kaum zu erwarten sind, ist die Frage im besten Fall  nichts weiter als billige Effekthascherei, mit der man seine tadellose Gesinnung zur Schau stellen wollte, ohne damit ein geschäftliches Risiko einzugehen. Es kann aber auch sein, daß die Betreiber von vornherein einen Online-Shitstorm erzürnter AfD-Freunde auslösen wollten. Ziel wäre dann die daraus leicht zu erzeugende mediale Aufmerksamkeit gewesen, die einem kleinen Onlineshop über ihr eigentliches Einzugsgebiet hinaus eine Menge Solidaritätskäufer mit der gewünschten korrekten Gesinnung verschaffen konnte.

So oder so, der wichtigere Punkt dabei ist, daß ich beim besten Willen nicht nachvollziehen kann, inwiefern diese Kaffeerösterei erwartet haben soll, mit ihrer Aktion eine Wirkung gegen rechtes Gedankengut zu erzielen. So überwältigend gut kann ihr Kaffee ja kaum sein, um jemanden, der mit der AfD sympathisiert, davon abzubringen. Polarisierung scheint mir außerdem genau die falsche Methode, um Extremisten und Populisten beizukommen. Sie führt zwar voraussichtlich dazu, daß manche Leute Stellung beziehen, die zuvor keine bezogen hatten, aber das bedeutet nicht zwangsläufig, daß dies mehrheitlich auf der gewünschten Seite geschieht. Es ist, glaube ich, ein Denkfehler, diejenigen, die sich politisch nicht rechts, links oder sonstwie klar positioniert haben, für grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber politischer Missionierung für die selbst vertretene Meinung zu halten, und gerade die Methode "Viel hilft viel" kann auch böse nach hinten losgehen.

Manche Leute haben in den letzten Tagen ihre Genugtuung darüber ausgedrückt, daß die AfD in der Wählergunst "eingebrochen" sei, und dies aus irgendwelchen Gründen mit den Massendemonstrationen gegen rechts in Verbindung gebracht, die es in letzter Zeit gab. In Wirklichheit liegt das aber nur daran, daß ein Teil der bisherigen AfD-Sympathisanten zur neuerdings ebenfalls abgefragten neu gegründeten Wagenknecht-Partei BSE BSW übergelaufen ist. (Man sollte es ja nicht meinen, daß eine Partei, die ich spontan mit "Rinderwahnsinn" in Verbindung bringe, einen solchen Zulauf hat, daß sie nach aktuellem Stand die Fünf-Prozent-Hürde überspringen würde. Aber so ist es, jedenfalls für den Moment.) 

Eine wirkliche Verbesserung zur bisherigen Verteilung der Wählersympathien aus Sicht der Tübinger Kaffeerösterei kann das eigentlich aber nicht sein, auch wenn BSW im Prinzip weder links noch rechts, sondern gewissermaßen flexibel populistisch ist. "Bündnis Sahra Wagenknecht" ist ja schon im Namen ausdrücklich nicht auf irgendwelche Inhalte fokussiert. Das bietet die Möglichkeit, Inhalte nach jeweiligem Bedarf an das anzupassen, was von ihrer Klientel am besten aufgenommen wird. 

Die Chancen stehen gar nicht so schlecht, diese Partei erfolgreich im politischen Spektrum zu etablieren. Inhalte werden nämlich überschätzt, was ihren Einfluß auf das Wahlverhalten betrifft. Diese Schlußfolgerung habe ich erstmals nach der Bundestagswahl 2009 gezogen. Die FDP hatte mit fast 15 % Wählerstimmen ein echtes Traumergebnis erzielt und wurde Regierungspartei zusammen mit der CDU. Aber als sie sich voller Selbstbewußtsein daran machte, ihre Wahlversprechen umzusetzen, fielen ihre Umfragewerte sofort ins Bodenlose und lagen bei der nächsten Bundestagswahl, 2013, sogar unter der Fünf-Prozent-Grenze. Die FDP flog aus dem Bundestag, zog aber vier Jahre später wieder ein und bewegte sich seitdem wieder ziemlich zuverlässig im erwartbaren Rahmen der Wählergunst. Bis vor kurzem jedenfalls. Neuerdings muß sie nach etlichen stabilen Jahren die Fünf-Prozent-Hürde doch wieder von unten anschauen, gerade jetzt, da sie sich wieder mit so großem Eifer darum bemüht, in der Regierung, der sie mit angehört, FDP-typische Akzente zu setzen.

Diejenigen, die damals massenhaft bei der FDP ihr Kreuzchen gemacht hatten, waren an deren Wahlprogramm offenbar also von vornherein nicht interessiert. Ihre Botschaft an die Politik im allgemeinen sowie die Partei, die sie gewählt hatten, muß also anders gemeint gewesen sein. Dafür, wie diese Botschaft lautete, interessierte sich in der Politik allerdings kein Mensch - und in der FDP schon gar nicht. Gewundert hat man sich vielleicht schon, aber es schien wohl opportun, in gewohnter "So tun, als ob"-Manier sich so zu verhalten, als hätte man diese Wähler mit Personal und Inhalten überzeugt. Falls irgendwer sie gewählt hatte, ohne mit so etwas zu rechnen, war er ja selber schuld gewesen, ihnen diese Möglichkeit zu verschaffen.

Bis hierhin kann ich mich in die Sache hineindenken. Eigenartig finde ich es aber, daß auch später nie eine Aufarbeitung versucht worden ist. Sowohl das gute Wahlergebnis der FDP wie auch, daß sie danach so rasch bei den Wählern in Ungnade fiel, verlangte doch eigentlich nach einer Erklärung. Und welches Interesse hat die FDP daran, immer wieder aus dem parlamentarischen Prozess herausgeschüttelt zu werden? Falls ihr das bei der Bundestagswahl nächstes Jahr wieder passieren sollte, ist ja nicht gesagt, daß sie es ein zweites Mal zurückschafft. Aus schierem Eigennutz müßte sie doch eigentlich interessieren, was ihr da passiert war, warum es passierte und wie man das in Zukunft verhindern soll. Aber auch die anderen Parteien, die 2009 ja noch Wähleranteile hatten, von denen sie heute bloß noch träumen können, hätten eigentlich alleine schon in ihrem eigenen wohlverstandenen Interesse nicht nur dies, sondern auch den zusätzlich verzeichneten Zuwachs bei den "sonstigen Parteien" verstehen wollen sollen. 

Daß sie diese Fragen uninteressant gefunden haben müssen, demonstriert, finde ich, auch fehlendes Urteilsvermögen in anderen Fragen. Denn jetzt mal ehrlich: Was für zukunftsweisende Weichenstellungen, vom Weltfrieden bis zum Klimawandel, sollen wir denn als Wähler Parteien zutrauen können, wenn sie noch nicht einmal der schnödeste Eigennutz dazu bewegen konnte, beobachtbare und potentiell bedenkliche Veränderungen in der Parteienlandschaft zu analysieren, um einem etwaigen Abrutschen, womöglich ja sogar in die politische Bedeutungslosigkeit, wie das nicht nur der FDP, sondern auch der SPD durchaus noch blühen könnte, möglichst effektiv entgegenwirken zu können? 

Mein eigener Deutungsversuch:

Ich nehme an, die damaligen FDP-Wähler wollten mit ihrem Kreuzchen auf dem Stimmzettel vor allem "Nein" zu anderen Parteien sagen. Das galt nicht zuletzt der SPD, die sich durch Gerhard Schröders Agenda 2010 die Ungnade ihrer einstigen Stammwähler zugezogen hatte. Die SPD selbst scheint im Lauf der Zeit zu dieser Schlußfolgerung gekommen zu sein, denn mittlerweile hat sie mehr oder weniger alles rückgängig gemacht, was ihr an der Agenda 2010 so übelgenommen worden war. Die Wähler haben sich aber als nachtragend erwiesen und sagen immer noch "Nein" zur SPD, sogar nachdrücklicher denn je. Übrigens: Ich bin als einstige SPD-Stammwählerin der Meinung, genau das hat sie auch verdient.

Die Agenda 2010 alleine kann die Entwicklung aber nicht ausgelöst haben, denn in anderen Ländern gab es sie nicht, aber trotzdem gab es in ihren politischen Systemen seit ungefähr dieser Zeit ähnlich heftige Ausschläge, die nicht nur bereits bestehenden kleineren Parteien manchmal überraschend hohe Zugewinne bescherte (etwa den LibDems in UK), sondern auch den Einzug von Glücksrittern, Populisten aller Couleur und manchmal schlichten Wirrköpfen in Regierungsämter mit sich brachte. Andererseits haben wir aber auch miterlebt, daß beispielsweise der französische Präsident Macron, der aus der etablierten Politik kam, mit einer ziemlich kurz vor der Wahl neu gegründeten Partei in sein Amt gespült wurde, obwohl wenige Wochen davor ein Wahlsieg der Rechtspopulistin Le Pen noch sicher zu sein schien. Macron war geradezu in die Gegenrichtung radikal, das auf die Spitze getriebene Polit-Establishment. 

Donald Trump (USA), Emmanuel Macron (Frankreich), Wolodymyr Selenski (Ukraine) und Javier Milei (Argentinien) haben nur eine Sache gemeinsam: Alle vier mischten den etablierten Polit-Betrieb ihres Landes als Außenseiter auf. Und überhaupt ist das Aufkommen von Außenseiterparteien auch eines der besonderen Merkmale in der Parteienlandschaft nicht nur in Deutschland. Das Wählerpotential der "sonstigen" Parteien im Jahre 2009 steuerte seitdem in parlamentseinzugsfähige Stimmenanteile für die AfD, vorübergehend für die Piratenpartei und neuerdings möglicherweise BSW. Bemerkenswerterweise ist in Umfragen der Wähleranteil der "Sonstigen" aber trotzdem nicht geringer geworden. Es gibt also weiterhin eine ganze Menge Wähler, die zu dem gesamten Parteienangebot, etabliert oder populistisch, immer noch aktiv "Nein" sagen, und dazu eine Menge, die das passiv tun, indem sie gar nicht wählen - zum Beispiel ich.

Wie wenig sich dieses Wählerverhalten mit der Links/Rechts-Einteilung erklären läßt, zeigt sich daran, daß die drei Bundesländer Brandenburg, Sachsen und Thüringen, in denen dieses Jahr noch gewählt wird, bis vor wenigen Jahren noch Hochburgen der Linkspartei waren. Schon seit Aufkommen der AfD hat sie kräftig Federn lassen müssen, aber nun ist sie im ersten Bundesland, Sachsen, sogar unter die Fünf-Prozent-Hürde gerutscht. Ich meine, daraus läßt sich schlußfolgern, daß die Linkspartei im Osten nicht deshalb noch vor zehn, fünfzehn Jahren Ergebnisse erzielte wie heute die AfD, weil sie links war oder gar, weil sie in Nachfolge der SED unseligen Angedenkens stand. Im Umkehrschluß bedeutet das aber auch, daß die AfD dort nicht deshalb gewählt wird, weil sie rechts ist. Beide wurden dort von besonders vielen gewählt, weil besonders viele zur etablierten Bundespolitik "Nein" sagen wollen. Die Linkspartei scheint ihnen dafür aber offenbar in den letzten Jahren nicht mehr geeignet.

Irgendwie hat immer die gerade neueste Partei die größten Vorteile bei den Wählern. Ich riskiere deshalb die Vorhersage, daß die Rinderwahnsinns-Partei der bereits ja auch schon etwas ältlichen AfD bei den dieses Jahr anstehenden Wahlen - Europawahl, aber vor allem auch mehrere Landtagswahlen mit besonders hohem AfD-Wählerpotential - mindestens nahekommen, möglicherweise aber auch den Rang ablaufen wird. Es ist auch nicht auszuschließen, daß wir im Herbst eines oder mehrere Beispiele von AfD/BSW-Koalitionen erleben werden - wobei noch nicht gesagt ist, ob sich diese beiden überhaupt zusammenraufen können und wenn ja, wer in dieser Kombination Koch und wer Kellner sein wird, da der eigentliche Take-off des BSW in den Umfragen möglicherweise erst noch bevorsteht. 

In Brandenburg bekämen nach aktuellem Stand AfD und die BSE-Partei 41 Prozent der Stimmen, CDU, SPD und Grüne zuammengenommen kämen auf 43 Prozent, lägen also haarscharf vorne. In Sachsen wäre es mit 43 zu 44 Prozent noch knapper. In Thüringen würde es aber nicht einmal mehr helfen, wenn die Linkspartei das bürgerliche Lager mitverstärken würde, da läge dieses Lager nämlich derzeit mit 46 gegen 48 Prozent für AfD/BSW hinten. 

Wie sich galoppierender Rinderwahn in der praktischen Gestaltung von Landespolitik so macht, werden wir also vielleicht bald live bestaunen können. Ich kann nicht behaupten, daß mich diese Aussicht sonderlich begeistert, aber ändern kann ich ja nichts daran, und ich bin außerdem der Meinung, siehe oben, die etablierte Politik hat sich (und uns) das zu einem erheblichen Teil selbst eingebrockt. Bis zum Herbst diesen Jahres ließe sich daran auch dann keine Umsteuerung mehr vornehmen, wenn man das ernsthaft wollte. Und niemand scheint es außerdem zu wollen. Vielleicht bieten ja diejenigen, die weiterhin bei ihrem "Nein" bleiben, sei es als Wähler von "sonstigen" Parteien, sei es als Nichtwähler, ja wenigstens in einer mittelfristigen Perspektive einen Hoffnungsschimmer. Ich jedenfalls werde ein "Nein" mit meiner Wählerstimme dann zum Ausdruck bringen, falls Populisten in meinem Bundesland oder auf Bundesebene mehrheitsfähig zu werden drohen, denn ich glaube nicht daran, daß dadurch irgendwas besser wird, sondern befürchte eine erhebliche Verschlechterung beispielsweise auch durch Bemühungen um Demontage von Teilen der rechtsstaatlichen Gesamtkonstruktion, wie das ja überall passiert, wo Populisten Zugriff auf den Regierungs-Werkzeugkasten bekamen. 

Gerne täte ich das aber nicht. Viel lieber wäre es mir, endlich mal wieder zu einer Partei "Ja" sagen zu können.

Es gab eine politische Personalie, zu der in Umfragen ein ziemlich überraschend eindeutiges "Ja" gesagt wurde. Welches Vertrauen dem nunmehrigen Verteidigungsminister Boris Pistorius praktisch vom ersten Tag an von der Öffentlichkeit entgegengebracht wurde, finde ich ebenso bemerkenswert wie die Tatsache, daß er ungeachtet aller Probleme, die die aktuelle Weltlage für sein Amt nun einmal mit sich bringt, dieses Vertrauen nach wie vor zu besitzen scheint. Als Boris Pistorius für die Nachfolge von Christine Lamprecht das erste Mal erwähnt wurde, kannte ich ihn gar nicht und schmunzelte über seinen Namen. Darüber hinaus sieht er auch noch aus, als wäre er direkt aus den achtziger Jahren in unsere Zeit gebeamt worden. Pistorius ist gewissermaßen der fleischgewordene "alte weiße Mann", aber ihm vertraut die Öffentlichkeit in einem Amt, in dem zuvor in relativ kurzer Zeit drei Frauen verschlissen worden waren. Tatsächlich ist Pistorius aktuell sogar der überhaupt einzige abgefragte Politiker, mit dem mehr Menschen zufrieden als unzufrieden zu sein scheinen. Ob das vielleicht auch einen Fingerzeig gibt, wozu die Wahlberechtigten dauernd "Nein" sagen? 

Und nein, ich will damit jetzt nicht darauf hinaus, daß wir mehr alte weiße Männer und weniger Frauen in Regierungsämtern benötigen. Meine Vermutung ist eher, daß Pistorius, gerade weil er so altmodisch wirkt, auch mit altmodischen Qualitäten assoziiert wird, die Politikern, die auf der Höhe der Zeit sind, offenbar nicht mehr zugetraut werden, ihm aber schon. Ob er diese Einschätzung wirklich verdient hat, weiß ich nicht. Wenn Politiker aber wollen, daß man zu ihrer Partei "Ja" sagt, dann sollte sie meiner Meinung nach herauszufinden versuchen, wie sie diese altmodischen Qualitäten erwerben, nach denen die Wähler sich gerade in unsicheren Zeiten so sehr zu sehnen scheinen.

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In den letzten vier Monaten habe ich meine Lebensmitteleinkäufe ziemlich konsequent nur noch mit Bargeld bezahlt. Es gab nur wenige Ausnahmen: Einmal hatte ich kein Bargeld bei mir und zwei, drei andere Male ging ich mit jeweils einem einzelnen Artikel zur Selbstbedienungskasse, weil es so schneller ging. Und meinen Wein für die Weinschorle bestelle ich direkt beim Erzeuger in dessen Online-Shop. Dafür habe ich aber mit diesem Bargeld auch alles an anfallenden Nichtlebensmitteln bezahlt, von der Blumenerde über vereinzelte Aktionsartikel bis zum Waschpulver. Unter dem Strich sollte es ein realistisches Bild ergeben, wenn ich einfach unterstelle, daß sich die Sache so weit ausgleicht, daß ich sagen kann, meine Bargeldausgaben der letzten drei Monate entsprächen meinen gesamten Lebensmittelausgaben.

Jetzt kann ich es also wieder relativ genau sagen, wieviel Geld ich für Essen ausgebe, und das ist in der Tat erheblich mehr geworden als noch vor drei Jahren, bevor die Preise anfingen, nach oben zu gehen: Pro Woche habe ich für zwei Personen (die meiste Zeit freilich in Low-Carb-Phasen, eine Ernährungsform, die als kostspielig gilt), durchschnittlich ziemlich genau 100 Euro wöchentlich benötigt. Im Dezember war es ein bißchen mehr, aber da habe ich mir auch einige Luxus-Einkäufe geleistet, vom Rehbraten für Weihnachten aufwärts. Dafür war es im Januar und Februar etwas weniger. 

Das Interessante an diesen Einkäufen ist, daß ich schon seit Sommer 2022 den Eindruck hatte, daß die Kosten für Fleisch im Discounter wieder auf die Vorher-Preise zurückgegangen seien. Seitdem sind sie ziemlich stabil geblieben. Wer einen Gefrierschrank nutzen kann und fürs Einfrieren gezielt Angebote nutzt, könnte meiner Meinung nach sogar günstiger als vor der Preissteigerungswelle wegkommen. Dieser Gedanke kam mir, als ich letzte Woche bei Lidl Kilopackungen mit gemischtem Hackfleisch sah, die zum Preis von 5,99 Euro im Angebot waren, aber wegen kurz bevorstehendem Ablaufdatum noch einmal auf 4,20 Euro reduziert worden waren. So ein Kilo Hackfleisch, in drei Portionen aufgeteilt und eingefroren, entspricht pro Portion 1,40 Euro. Da sind das Pfund Spaghetti und die 500 Gramm passierte Tomaten für die Bolognese zusammengenommen mit ca. 1.60 Euro bereits teurer als das Fleisch. Aber auch ohne diese Preisreduktion wäre das Hackfleisch mit 2 Euro pro 330-Gramm-Portion nur unwesentlich teurer.

Wer bringt's den Leuten in Freiburg schonend bei, die ihren Kitas aus Kostengründen eine vegetarische Ernährung verschrieben haben? ;-)

***

Die Kombination 50 % gemahlene Mandeln und 50 % geraspelter Mozzarella hat sich beim Backen als eine Art Allzweckwaffe erwiesen. Damit gelingt mir nahezu alles, was ich bislang ausprobiert habe. Kombiniert mit ein bis zwei Eßlöffeln Chiasamen und derselben Menge Flohsamenschalen sowie der doppelten Menge, nämlich zwei Eiern (getrennt/Eischnee) je 100 Gramm gemahlene Mandeln ergibt das auch wunderbar lockeren Kuchen oder Muffins. Letzte Woche habe ich Muffins gebacken, und zwar ohne Zucker oder Zuckerersatz, aber dafür mit einem in etwas Holundersirup gekochten zerstückelten Apfel, den ich diesmal nicht als Füllung verwendet, sondern einfach in den ungesüßten Teig untergerührt habe. Das Ergebnis war sehr saftig und höchst aromatisch und absolut süß genug. Aber auch herzhafte Muffins als Brötchen-Ersatz sind mit diesem Teig sehr gut.

Am Wochenende habe ich die neue Allzweckwaffe (diesmal mit der normalen Menge Eier und ohne Eischnee) mal für den Quiche-Teig für einen Lauchkuchen ausprobiert, war aber von dem Ergebnis weniger überzeugt, obwohl es geschmacklich gut war. Ich hatte den Teig extra noch vorgebacken, aber der Boden wurde mir trotzdem zu matschig. Ich glaube, ich hätte für weniger Flüssigkeit im Belag sorgen müssen. - Nächstes Mal dann!

Diese Torte enthielt ebenfalls Mandel/Mozzarella-Teig:






2 Kommentare:

  1. Hallo Perditax! Ich habe lange nicht reingeschaut und jetzt natürlich nicht alles nachgelesen :D Ich habe den Eindruck, daß es dir ganz gut geht und das freut mich sehr! Du bist mir meilenweit voraus und hast meinen ehrlichen Respekt! :)
    Ich bin auch nach wie vor vom Fasten als beste Möglichkeit für mich überzeugt, muss aber nach 3 sehr miesen Jahren nochmal durchstarten... Bin aber guter Dinge. :) LG matz63

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  2. Hallo Matz,
    ohne dich wäre ich wahrscheinlich nie im Leben auf die mehrtägigen Fastenintervalle gekommen - wenn das Leben fair wäre (aber das ist es halt nicht, schon gar nicht, sobald der verdammte Stoffwechsel ins Spiel kommt), müßtest es eigentlich du sein, die mir voraus ist! Ich habe mich schon öfter gefragt, wie es dir wohl geht, und jetzt drücke ich dir die Daumen, daß auf drei miese Jahre dafür jetzt auch drei besonders gute Jahre für dich folgen werden! Halt mich unbedingt auf dem laufenden! :-)

    LG und ein dreifach donnerndes Venceremos
    Perditax




















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