Mein Gewicht heute früh nach Fastentag 1 von drei nicht zusammenhängenden Fastentagen in dieser Woche: 85 Kilogramm exakt. Das sieht richtig gut aus, ich erwarte, vor Beginn der nächsten Chemo am Montag mit einem Vorher-Gewicht von 87 Kilo plusminus ein bißchen was mit dem langen Fastenintervall zu starten und bereits vor dem letzten Fastenintervall mein Vor-Chemo-Gewicht vom Oktober wieder erreicht zu haben.
Die Nebenwirkungen sind jetzt nahezu vollständig weg, von dem latenten Magen-Darm-Zeugs einmal abgesehen, das aber nicht weiter stört. Also genieße ich gerade die Woche bis zu nächsten Chemo. Mein Mann hat Spätschicht, also habe ich keine festen Essenszeiten und esse nach Laune. Heute vormittag zum Beispiel habe ich mir ein Omelett gemacht, das ich in einem koreanischen Rezeptvideo auf YouTube gesehen und für eine herzhafte Version abgewandelt hatte: Drei Eier trennen, das Eiweiß zu Schnee schlagen, salzen und pfeffern, die Eigelbe verquirlen. Erst das gequirlte Eigelb bei relativ geringer Hitze in eine Deckelpfanne, bis man es vom Boden ablösen kann, dann den Eischnee obendrauf und dann Deckel drüber. Der Eischnee bläht sich dann noch weiter auf, das gesamte luftige Ding wird echt riesig. Am Ende ggf. füllen und zusammenklappen. Dazu gab es Thunfisch, mit kleingeschnittenen Oliven und Zwiebelringen in einer zweiten Pfanne angebraten und mit etwas Frischkäse gemischt.
Die Hälfte davon gab es aber erst später zum Mittagessen, zusammen mit Zucchininudeln, die ich erst kürzlich für mich entdeckt habe. Ich kannte "Zoodles" natürlich dem Namen nach, hatte aber nicht erwartet, daß ich so begeistert von ihnen sein würde. Das entdeckte ich erst, als ich im Gemüsefach vor ein paar Wochen eine Zucchini hatte, die dringend verbraucht werden mußte, und auf die Schnelle war mir da nichts anderes eingefallen, als sie mit dem Spiralschneider zu verarbeiten und so zu tun, als wäre das Ergebnis Pasta. Mit Sahnesoßen kombiniert ist das wirklich viel schmackhafter, als ich gedacht hatte, und es geht ruckzuck, ist also auch für Spätschicht-Spontan-Eßlust zu ungewohnten Zeiten tauglich.
Irgendwo habe ich mal gelesen, Zucchini seien das langweiligste Gemüse der Welt und es gebe für jemanden, der sie im eigenen Garten hat und seine Ernte zu verbrauchen versucht, nicht genügend brauchbare Rezepte, um nicht im Lauf des Sommers eine Art Zucchini-Trauma zu entwickeln. Das kann ich echt nicht bestätigen, ich wäre heilfroh, sollte es diesen Sommer endlich mal mit eigenen Balkon-Zucchini klappen, denn die letzten beiden Jahre haben die Pflanzen zwar geblüht, aber Früchte haben sich nicht entwickelt. Aber neues Jahr, neues Glück! Vielleicht gelingt es im dritten Anlauf endlich.
Was die Verwendung betrifft, mache ich mir gar keine Sorgen. Bei mir findet sich immer eine Verwendung für Zucchini. Zucchini sind vor allem auch eine echte Low-Carb-Wunderwaffe. Fünf Eier und eine geraspelte Zucchini mit ein bißchen Salz angemischt ergeben, zehn Minuten im Backofen gebacken, einen Teig, der ausgezeichnet für Döner- oder Big-Mac-Rollen und für Füllungen aller Art taugt und mir viel besser schmeckt als der schwere Eier-Käse-Teig aus dem Originalrezept der Big-Mac-Rolle.
Neulich habe ich sogar einen Pizzaboden aus Zucchini entwickelt (ohne irgendeine Rezeptvorlage, darauf war ich richtig stolz): Zucchini mit der Brotschneidemaschine längs in relativ dünne Scheiben (1-2 mm) geschnitten erst salzen und auf einem Küchentuch entwässern lassen (ggf. ein- bis zweimal wechseln, falls das Küchentuch nach einiger Zeit zu durchnäßt ist). Gitterförmig auf einem Backblech mit Backpapier übereinanderlegen. Zwei bis drei Eier und geriebenen Parmesankäse mischen und darüber so verteilen, daß keine Lücken zwischen den Zucchinischeiben ungefüllt bleiben, diesen "Pizzateig" ca. 10 bis 15 Minuten vorbacken, dann mit Tomatensoße und dem gewünschten Pizzabelag belegen und noch einmal für ca. 15 Minuten in den Backofen. Geschmacklich und in der Konsistenz kam das der echten Pizza näher als jede andere Low-Carb-Variante, die ich bislang probiert hatte.
Bis ich am ersten April wieder anfange, normal zu essen, habe ich noch genügend Low-Carb-Rezepte, die ich unbedingt ausprobieren möchte, um diesen Zeitraum mit Experimenten zu füllen. Nächstes Wochenende versuche ich mal ein Brot aus roten Linsen. Das hatte ich mich diesmal noch nicht getraut, weil ich mir nicht sicher war, ob meine pertuzumabstrapazierte Verdauung mit Hülsenfrüchten schon einverstanden sein würde. Aber ein paar alte Freunde, wie die Big-Mac-Rolle, müssen zwischendurch natürlich auch wieder an die Reihe kommen.
Schon erstaunlich, im Herbst fiel mir das Durchhalten der Low-Carb-Zeit ja wirklich ein bißchen schwer, aber diesmal ist das nicht so. Offenbar sind die Fastentage ein Schlüsselfaktor, um keine Sehnsucht nach carblastigen Leibgerichten und irgendwelchem Süßkram zu bekommen. Mein Mann hat kurz vor Silvester einen mittels 3-D-Drucker selbstgebauten Süßigkeitenautomaten in die Küche gestellt, der randvoll ist mit M&Ms, ich sehe die Dinger also jeden Tag mehrmals, aber sie lösen bei mir keinerlei Versuchung aus, obwohl die eigentlich wirklich gerne mag.
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Den Nebenwirkungsartikel muß ich leider noch einmal verschieben, weil ich gerade so nebenwirkungsfrei bin, daß mir irgendwie im Moment die nötige kriminelle Energie für dieses Thema fehlt. Außerdem stieß ich jüngst auf weitere Neuigkeiten aus dem Märchenland der Ernährungswissenschaft, die prima zu meinem letzten Blogartikel passen, also nutze ich die Gelegenheit, um eine Art Fortsetzung zu schreiben.
Antioxidantien nämlich, sonst ja immer gepriesen für ihre gesundheitsfördernden Eigenschaften, müssen unter Ernährungswissenschaftlern und Epidemiologen neuerdings in Ungnade gefallen sein. Anders kann ich es mir nicht erklären, daß nach jener Studie aus meinem letzten Blogartikel jetzt auch der Herr Professor Smollich - nein, ich folge ihm nicht mehr, aber er wurde mir ungewollt in die Timeline gespült - fest daran glaubt, daß von ihnen jedenfalls in Form von Nahrungsergänzungsmitteln unbedingt abgeraten werden müsse. Er bezog sich dabei zwar auf eine ganz bestimmte Art von Nahrungsergänzungsmitteln, aber eines seiner Argumente war ebenfalls die potentielle generelle Schädlichkeit von Antioxidantien im Falle von Krebserkrankungen - also müßte dieser Teil seiner Warnung natürlich ebenso für einschlägig bekannte Lebensmittel gelten. Das ist schon kurios, daß die Autoren nie zu bemerken scheinen, was aus dieser Art von Bedenken gegen Antioxidantien logischerweise zu schlußfolgern wäre. Denn dann müßten Krebskranke nicht nur Nahrungsergänzungsmittel, sondern auch unter anderem folgende, sonst eigentlich immer sehr empfohlene Lebensmittel vermeiden:
- Äpfel
- Beeren: Heidelbeeren, Johannisbeeren, Brombeeren
- Brokkoli
- Karotten
- Knoblauch
- Nüsse
- Paprika
- Rosenkohl
- Tomaten
Darauf mußte ich mir jetzt gleich einen leckeren Boskoop aus der Küche holen. 😋
Über Sinn und Unsinn der Zufuhr von Vitaminen durch Nahrungsergänzungsmittel statt Lebensmitteln habe ich ja im letzten Blogartikel schon ausführlich geschrieben. Für Antioxidantien gilt natürlich dasselbe. Trotzdem habe ich aber in den letzten Jahren in der Tat ein bestimmtes Nahrungsergänzungsmittel regelmäßig genommen, und genau vor dem hat der Professor jetzt ausdrücklich gewarnt, nämlich meine Grüner-Tee-Kapseln - deren Einnahme ich aber auch ohne seinen Rat vor Beginn der Chemotherapie unterbrochen hatte und die ich auch nicht wiederaufnehmen werde.
Ich hatte das seinerzeit ja angefangen, weil ich auf eine unterstützende Wirkung bei der Abnahme gehofft hatte. Eigentlich brauche ich diese Unterstützung aber schon lange nicht mehr, und, ehrlich gesagt, ich war mir auch nie ganz sicher, ob das überhaupt jemals irgendetwas gebracht hat, denn begonnen hatte ich damit sogar schon, bevor ich mit dem Intervallfasten angefangen habe, und meine galoppierende Zunahme hat es ja auch nicht verhindert. Daß ich trotzdem so lange mit der Einnahme weitergemacht habe, ist teils die Macht der Gewohnheit gewesen, teils eine - zugegebenermaßen nicht sonderlich rationale - Reaktion darauf, daß jedes Mal, wenn ich die Einnahme beenden wollte, irgendetwas Blödes mit meiner Verdauung oder meiner Abnahme passiert ist, das aber höchstwahrscheinlich in gar keinem Zusammenhang mit dem Absetzen stand. Ich bin halt manchmal auch nur ein "Mensch in seinem Wahne". ;-)
Als ich mich vor der Chemo schlau machte, was ich sinnvollerweise während ihrer Dauer tun und lassen sollte, fiel meine Entscheidung für eine Unterbrechung der Einnahme, obwohl ich das Risiko für minimal hielt und außerdem meine Zweifel an der Stichhaltigkeit der Argumente hatte, mit denen das Risiko begründet wurde, vor allem deshalb, weil ich nun einmal schon länger keinen erkennbaren Nutzen der Einnahme gesehen hatte und mir nicht einleuchtete, warum ich dann ein noch so geringes Risiko dafür in Kauf nehmen sollte. Erst neulich bin ich aber endlich so weit über meinen Schatten gesprungen, daß ich auch entschieden habe, nicht mehr mit der Einnahme anzufangen. Diese Tigovit-Kapseln sind ja nicht ganz billig, und eigentlich ist es genausowenig einzusehen, warum ich dann weiterhin Geld dafür ausgeben sollte. Die letzten 14 Kilo krieg ich in jedem Fall auch ohne sie noch weg.
Was mich ein wenig irritiert, ist die Vehemenz, mit der Smollich seine Warnung ausgesprochen hat, vor allem die Warnung vor möglichen Leberschäden, schlimmstenfalls bis hin zur Notwendigkeit einer Transplantation. Denn, sorry, dafür ist die Faktenlage doch ziemlich dünn. Ich habe mich bemüht, das aufzudröseln, und es erwies sich als ungewohnt schwierig, weil von den meisten der einschlägigen Studien, in denen Leberschäden wegen Grünem Tee oder Grüner-Tee-Kapseln (mit-)abgehandelt werden, nur Abstracts frei im Web verfügbar sind. In diesen Abstracts stand aber nie, was ich wissen wollte, nämlich um was für Mengen dieser Nahrungsergänzungsmittel es dabei gegangen ist.
Glücklicherweise stieß ich bei der Recherche auf eine recht aktuelle österreichische Diplomarbeit aus dem Jahr 2019 die sich mit positiven und negativen Wirkungen von grünem Tee befaßte und dabei in einem Kapitel auch die potentiellen hepatoxischen (also leberschädigenden) Wirkungen von Nahrungsergänzungsmitteln auf Grüner-Tee-Basis abhandelte und einen guten Überblick über alle der Wissenschaft bekannten Fälle und deren Begleitumstände bietet.
Was ich daraus vor allem mitnahm: Die Zahl dieser Fälle ist wirklich SEHR spärlich. Wir reden hier von einer zweistelligen Zahl im Laufe von ca. dreißig Jahren, in denen meistens ein Zusammenhang mit dem Nahrungsergänzungsmittel außerdem nur VERMUTET wurde und bei denen es mehrheitlich NICHT um schwerwiegende Leberprobleme ging. Ein einschlägiges Medikament, das tatsächlich zur Gewichtsreduktion eingesetzt wurde, mußte offenbar wegen des Verdachts auf Leberschäden vor ungefähr 20 Jahren vom Markt genommen werden, aber in Deutschland war es ohnehin nie zugelassen. Bei diesem Medikament ging es um 15 Verdachtsfälle, die einen ziemlich großen Teil aller bekannten Fälle auszumachen scheinen. In einem anderen, einzelnen Fall solcher Leberschädigungen hatte die Patientin das Zeug in unbekannter Dosierung intravenös durch einen Alternativmediziner verabreicht bekommen.
Insgesamt verstehe ich die Aufregung nicht. Das Problem bei Nahrungsergänzungsmitteln ist halt dasselbe wie bei Nahrungsmitteln und Medikamenten: Es gibt immer Leute, die es zu gut machen wollen und dabei an das Prinzip "Viel hilft viel" glauben. Überdosierungen, auch solche mit gesundheitlich relevanten Folgen, können bei allem frei Verkäuflichen vorkommen, vom pappsüßen Eistee bis zum Aspirin - das erstere führt dann zu Gewichtszunahme mit allen damit in Verbindung stehenden möglichen Folgen, dem letzteren werden mehrere Tausend Todesfälle pro Jahr nachgesagt, eine ganz andere Größenordnung als die paar Fälle von leichten bis sehr wenigen sehr schwerweigenden Fällen von Leberproblemen (darunter erinnere mich an keinen einzigen Todesfall, aber da kann ich mich täuschen, denn ich habe auf diesen Punkt nicht geachtet), bei denen es um Grünen Tee geht.
Auf den ersten Blick viel einleuchtender ist diese Alarmmeldung hier, bei der es um den Zucker in Erfrischungsgetränken geht, und auch sie wurde von Smollich bei Twitter aufgegriffen. Ich muß indes gestehen, ich traue ihr allerdings auch nicht. Die Rolle des Zuckers bei Adipositas scheint ja völlig einleuchtend und ich wäre davon ziemlich leicht zu überzeugen, wenn da nicht eine ganz bestimmte Sache wäre, für die ich keine befriedigende Erklärung weiß:
Ich halte es für nahezu unmöglich, daß heutige Kinder noch mehr Zucker konsumieren als meine Generation in ihrer Kindheit während der siebziger Jahre. Wir waren ja keine armen Nachkriegskinder mehr, deren Eltern Mühe hatten, uns satt zu bekommen, sondern die erste Generation, die von klein auf im Wohlstand aufwuchs. Daheim gab es zwar - jedenfalls bei uns - Restriktionen bei den Süßigkeiten, aber spätestens ab dem Alter, in dem man Taschengeld bekommt, haben wir alle, die wir heute gesetzte Damen und Herren in vorgerückten Jahren sind und anfangen, uns auf unsere Rente zu freuen, unsere Taschengeld-Groschen wie auch manchmal das Geld, um in der Schule ein Vesper zu kaufen, gnadenlos in Süßigkeiten umgesetzt. Außerdem hatte damals noch niemand Einwände gegen Limonaden, in allen Familien gab es die kistenweise. (Cola dagegen war damals noch verpönt.) Ich habe meine ganze Kindheit hindurch fast ausschließlich Limonade getrunken, und ich war keineswegs damit eine Ausnahme. Auch nicht ganz unwichtig: Cola light wartete samt allen anderen Süßstoff-Limonaden noch auf seine Erfindung. Heute macht das aber mit mehr als einem Fünftel aller Limonaden einen nicht ganz unwichtigen Teil des Marktes aus.
Wie kann das dann aber sein, daß unter Kindern damals Normalgewicht im eher unteren Bereich noch so üblich war, daß ich, die ich doch während meiner ganzen Kindheit nicht den Normalgewichtsbereich für meine Größe überschritten habe, von Aussehen her schon als "fett" aufgefallen bin? Es gab schlicht so gut wie keine wirklich adipösen Kinder. Schon meine leichte Moppeligkeit war ein Ausreißer nach oben, der optisch auffiel. Wenn sich die Rolle des Zuckers seit damals, vor ca. fünfzig Jahren, verändert hat, dann aber doch eher, daß er immer stärker problematisiert wurde und dies auch auf einen wachsenden Anteil der Eltern einen Einfluß hatte. Also müssen heute doch viel mehr Eltern als in meiner Kindheit darauf achten, daß ihre Kinder wenig Zucker konsumieren.
Auch bei der Sache mit dem Zucker kann meiner Meinung nach irgendetwas nicht stimmen, obwohl ich keine Ahnung habe, was es ist und warum Zucker uns damals so viel weniger als heutigen Kindern ausgemacht zu haben scheint. Die Verwendung von Fructose kann es übrigens auch eher nicht sein, weil sie ihren Höhepunkt vor ca. 20 Jahren hatte, ohne daß der Rückgang sich seitdem aber in sinkenden Adipositas-Zahlen niedergeschlagen hätte, sondern sie im Gegenteil noch weiter gestiegen sind. Aber gerade deshalb, weil die Datenlage so verwirrend ist, stört mich auch diese Agitation der einschlägigen Pressure-Groups, die immer so tun, als werde das von ihnen verfolgte Ziel in jedem Fall gesünder machen. Mir fällt dazu immer diese Zeitungsmeldung aus den Siebzigern ein, die ich schon wiederholt erwähnt habe, in der US-Verbraucherschützer triumphierten, weil es ihnen gelungen war, die Fast-Food-Ketten dazu zu bringen, den "ungesunden" Rindertalg, in dem bis dahin die Pommes frittiert worden waren, durch "gesunde" Transfette zu ersetzen. Die glaubten damals auch, daß sie die Amerikaner nun gesünder gemacht hätten, aber in Wirklichkeit ging es genau da erst richtig los mit der Adipositas-Krise.
***
Mich beschäftigt sowohl an den Warnungen vor Grüner-Tee-Präparaten wie auch dieser Zucker-Sache, die ja nur zwei Beispiele unter vielen sind, ein grundsätzliches Problem: Wie
soll man es nur anstellen, unter den ständigen Warnrufen von allen
Seiten "Der Wolf kommt! Der Wolf kommt!" diejenigen einigermaßen
sicher herausfinden, bei denen die Warnung berechtigt ist? Denn manche sind ja berechtigt. Bei Corona war das zum Beispiel der Fall, weil es eine neue Infektionskrankheit war, für die es keine wirksamen Behandlungsmöglichkeiten und keine Impfstoffe gab und bei der zu beobachtenden exponentiellen Verbreitung ohne Gegenmaßnahmen zu schnell zu viele schwere Erkrankungsfälle eine unbeherrschbare Lage hätte schaffen können. Darauf bin ich aber gekommen, ohne dafür den Experten vertrauen zu müssen (denen ich so wenig vertraue wie der unterbelichtetste Covidiot), weil sich das aus allgemeiner Logik und gesundem Menschenverstand so ergibt und ich es für blanke Idiotie halte, ohne nachzudenken immer das Gegenteil dessen für richtig zu halten, was nicht vertrauenswürdige Experten empfehlen. Ein bißchen komplizierter ist das Leben dann leider doch.
Ich war, auch deshalb, mal so frei, im Blog von Professor Smollich über die Suchfunktion nach dem Wirkstoff "Semaglutid" und den Produktnamen "Ozempic" und "Wegovy" zu suchen, unter denen er vertrieben wird. Treffer erzielte ich bemerkenswerterweise keine. Offenbar interessiert sich der Herr Professor eher für die kleinen bis winzigen Gesundheitsgefahren als für die wirklich großen Risiken im Ernährungsbereich - was betrüblich, aber irgendwie doch bezeichnend für seine Profession ist.
Semaglutid ist das neue Wundermittel zum Abnehmen, mittlerweile ist es auch in Deutschland dafür zugelassen. Der Wirkstoff zählt zu den sogenannten "GLP1[Glucagon-like-Peptide]-Rezeptor-Agonisten". GLP-1 ist ein Darmhormon. Es wird nach der Nahrungsaufnahme ausgeschüttet, fördert wiederum die Ausschüttung von Insulin und hemmt dessen Gegenspieler Glukagon. Es trägt außerdem dazu bei, daß ein Sättigungseffekt einsetzt. GLP1-Rezeptor-Agonisten imitieren diese Wirkung, wirken aber deutlich länger.
Die Art und Weise der Wirkung, die da erzielt wird, hat ihre beunruhigenden Aspekte, darüber habe ich unter anderem in diesem Blogartikel schon geschrieben: die Tatsache, daß das Absetzen dieses Medikaments sofort zu einer vergleichbar raschen Wiederzunahme führt, eine Wirkung, die zum Beispiel Magenverkleinerungen - bei allen sonstigen Bedenken, die ich dagegen habe - wenigstens nicht haben. Daß damit für die Hersteller natürlich ein feuchter Traum in Erfüllung zu gehen verspricht - Patienten, die ihnen lebenslang erhalten bleiben -, führt zu einer besonders aggressiven Vermarktung bei immer jüngeren Patienten. Mittlerweile wurde bei den Amis dieses Zeug ja schon Kindern ab 12 Jahren zugelassen. Daneben ist es außerdem bei eigentlich Normalgewichtigen ungeheuer populär geworden und gilt als neueste Modediät von Hollywood, obwohl das angesichts der zu erwartenden raschen Wiederzunahme ziemlich wenig Sinn ergibt.
Dumm außerdem, daß bei einem Medikament immer auch Langzeitwirkungen entstehen können, und bei Semaglutid kennt die im Moment noch kein Mensch und kann sie auch gar nicht kennen, weil es erst 2015 in den USA zugelassen wurde, und zwar zunächst nur als Diabetesmedikament. Die Zulassung als Abnehm-Wundermittel wegen der dabei beobachteten "Nebenwirkung" Gewichtsabnahme erfolgte erst später - und in dieser Rolle wird es, wie ich las, außerdem höher dosiert. Das kann vor allem den Amis also noch gehörig um die Ohren fliegen, weil es dort schon länger als bei uns verwendet wird. Aber auch wir können damit noch unser blaues Wunder erleben.
Ist es nicht eigenartig, daß Leute wie dieser Professor Smollich mit solcher Begeisterung Lebertransplantationen für Tigovit-Konsumenten heraufbeschwören, obwohl die Zahl der dokumentierten Fälle innerhalb von mehreren Jahrzehnten im einstelligen Bereich liegt, aber eine potentielle tickende Zeitbombe wie Semaglutid nicht weiter erwähnenswert finden, obwohl eine der möglichen, wenn auch seltenen Nebenwirkungen - aber ich möchte fast wetten, daß die längst häufiger aufgetreten ist als Leberschädigungen durch Grünen Tee - ein Versagen der Bauchspeicheldrüse ist, was keineswegs weniger schlimm ist als eine kaputte Leber.
Einen Hinweis darauf, worin Semaglutid ungeachtet der Abnahmeerfolge langfristig für einen Teil der Patienten problematisch werden könnte, las ich bei Peter Attia. Attia nämlich interessierte sich dafür, ob die starke Abnahme bei den Patienten denn auch zu einer besseren Körperzusammensetzung führt, und stellte dabei fest, daß mit Semaglutid in den Studien(-teilen), in denen auch dieser Aspekt berücksichtigt wurde, einen deutlich höheren Verlust an fettfreier Körpermasse bewirkt als andere Abnahmemethoden: etwa 40 Prozent der Gesamtabnahme vs. 25 Prozent, die Attia als typische bezeichnete - was dazu führte, daß ich mich natürlich sofort vergewissern mußte, daß dies wirklich so ist, und es ist in der Tat der Fall.
Jetzt ist natürlich die Frage, ob Attias Beobachtung wirklich so beunruhigend ist, wie sie auf den ersten Blick klingt, oder sich darin vielleicht doch nur ausdrückt, daß mit diesem Wundermittel sogar die Bildung von Fettschürzen ausbleibt, während die "normalen" 25 Prozent dies nicht leisten. Denn man muß natürlich unbedingt genügend fettfreie Masse verlieren, um dieser unangenehmen Begleiterscheinung starker Gewichtsabnahmen zu entgehen, da diese Hautlappen ja aus fettfreier Masse bestehen. Also habe ich versucht, herauszufinden, ob bei Abnahme mit Ozempic diese Fettschürzen ebenfalls zu erwarten sind oder nicht. Falls es in irgendwelchen Studien erwähnt wurde, habe ich sie nicht gefunden, aber einen Hinweis fand ich, daß das Problem mit hängender Haut vermutlich auch bei Ozempic besteht. Es gibt nämlich längst auch den Begriff "Ozempic Face", mit dem ausgedrückt wird, daß nach der einfachen und schnellen Gewichtsabnahme das Gesicht schlaffer und faltiger, man mit einem Wort älter aussieht. Wenn das so ist, warum sollte man dann davon ausgehen, daß der Bauch, die Arme und Beine davon nicht betroffen sind?
Ehrlicherweise muß ich aber zugeben, direkt nach einem langen Fastenintervall sehe auch ich im Gesicht ein bißchen faltiger aus, obwohl meine Haut sich ansonsten immer brav meinen verlorenen Pfunden angepaßt hat. Ich führe das vor allem auf den hohen Wasserverlust zurück. Also ist das Ozempic Face eigentlich zu wenig, um sicher sagen zu können, was mit dem Rest der Haut passiert.
Mir kam dann außerdem noch die Idee, zu überprüfen, wie die Anteile Fettmasse/fettfreie Masse eigentlich bei der Abnahme nach bariatrischer Chirurgie verteilt sind. Dazu fand ich eine Studie, und da sieht die Sache so aus:
36 Monate nach der OP liegt der Anteil der fettfreien Masse am Gewichtsverlust - nachdem er zunächst ein gutes Stück niedriger liegt - also tatsächlich bei ungefähr 25 Prozent. Da im Fall von bariatrischer Chirurgie das Zurückbehalten von Fettschürzen typisch ist, ist dieser Anteil also tatsächlich zu gering, um dies zu verhindern.
Was das jetzt für Ozempic und die 40 Prozent Anteil fettfreier Masse bei der Abnahme bedeutet, kann ich im Moment leider nicht sagen. Aber angenommen, die Fettschürzen-Problematik wäre mit diesem Mittel dieselbe wie bei anderen Abnahmearten, ließe sich schon vermuten, daß dieser Anteil ein Problem darstellt. Womöglich ist es dann so, daß tatsächlich überdurchschnittlich viel Muskelmasse verloren geht.
Das ist schon kurios, daß die FDA in den USA im Falle dieses Medikaments gar nicht nach solchen Dingen gefragt zu haben scheint, sondern Gewichtsabnahme immer für Gewichtsabnahme und damit für positiv hält. Dabei gibt es ja mit der Tumorkachexie einen anderen Fall, in dem die Abnahme eindeutig nicht positiv ist, und der ist dann wieder schuld daran, daß Ärzte es pauschal für bedenklich halten, wenn man während einer Chemotherapie abnimmt und damit auch mitbegründen, daß Fasten und Low Carb bei Krebs gefährlich seien, obwohl es sich um zwei ganz unterschiedliche Arten von Gewichtsverlust handelt.
Bemühungen, einen tumorbedingten Gewichtsverlust durch eine kalorienreiche Ernährung zu verhindern, bewirkten übrigens nicht, daß sich die Körperzusammensetzung wieder verbessert. Allenfalls nimmt die Fettmasse zu. Was, wenn das nach einer Ozempic-Abnahme ähnlich wäre?
Wenn wir Glück haben, gibt es in allen bedenklichen Bereichen irgendwann eine Art von Entwarnung, und dann haben wir nur noch das Problem, daß die Pharmaindustrie wie verrückt an ihren Mitteln Geld scheffeln wird, weil ihre Patienten ja nie wieder damit aufhören können, Ozempic zu nehmen, ohne daß ihr Gewichtsproblem sofort wiederkommt, und daß, weil nun das Problem gelöst zu sein scheint, weiterhin niemand danach fragen wird, ob man dasselbe Ergebnis auch kostenlos und ohne die Nebenwirkungen, die Ozempic ja auch hat (sie scheinen übrigens denen von Pertuzumab etwas zu ähneln) durch Intervallfasten und/oder Low Carb erzielen könnte. Aber wir könnten auch Pech haben und eine Art Opioidkrise 2.0 mit anderen Mitteln heraufbeschworen haben.
Eines jedenfalls kann man schon sicher sagen: Mit Grüner-Tee-Kapseln wird das immerhin nicht mehr passieren, dafür gibt es sie schon zu lange.
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